HYP Jahresgruppe
Auf dieser Seite findest Du die in der Jahresgruppe Sanskrit - Lektüre der Hatha Yoga Pradipika erarbeitete Übersetzung der einzelnen Verse der Hatha Yoga Pradipika, eine Wort-für-Wort-Übersetzung mit einer Verlinkung aller Stichwörter zum Sanskrit Glossar, Auszüge aus dem Sanskritkommentar des Brahmananda, Anmerkungen und weiterführende Links.
Kapitel 1 Vers 1 : Einleitung
Versmaß: Indravajra
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Übersetzung
- Verehrung sei dem verehrungswürdigen Adinatha (d.h. Shiva), von dem die Wissenschaft des Hatha Yoga gelehrt wurde,
- die wie eine Leiter erstrahlt für den, der den äußerst erhabenen Raja Yoga zu erklimmen wünscht.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- śrī-ādi-nāthāya : dem verehrungswürdigen (Shri) uranfänglichen Herrn, Beschützer, Gebieter (Adinatha)
- namaḥ : Verneigung, Verehrung (Namas)
- astu : sei (as)
- tasmai : diesem (Tad)
- yena : durch den (Yad)
- upadiṣṭā : gelehrt wurde (Upadishta)
- haṭha-yoga-vidyā : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha Yoga
- vibhrājate : die erstrahlt (vi + bhrāj)
- pronnata-rāja-yogam : den äußerst erhabenen („hohen“, Pronnata) königlichen Yoga (Raja Yoga)
- āroḍhum : zu erklimmen (ā + ruh)
- icchoḥ : für den, der wünscht (Ichchhu)
- adhirohiṇī : eine Leiter (Adhirohini)
- iva : wie (Iva)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert das Wort rāja-yoga (Königs-Yoga) in diesem Zusammenhang im Sinne des höchsten Bewusstseinszustandes, der im Yogasutra als Asamprajnata (Samadhi) bezeichnet wird, und dessen Kennzeichen (Lakshana) das Zurruhebringen (Nirodha) jeglicher (Sarva) Fluktuationen (des Geistes, Vritti) ist: rāja-yogaś ca sarva-vṛtti-nirodha-lakṣaṇo ’saṃprajñāta-yogaḥ.
Kapitel 1 Vers 2 : Zweck des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Nachdem er sich vor (seinem eigenen) verehrungswürdigen Lehrer und Schutzherrn verneigt hat,
- wird von Yogi Svatmarama die Wissenschaft des Hatha (Yoga) gelehrt, einzig zum Zwecke des Raja Yoga.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- praṇamya : nachdem er sich verneigt hat (pra + nam)
- śrī-gurum : vor dem verehrungswürdigen (Shri) (eigenen) Lehrer, Meister (Guru)
- nātham : dem Schutzherrn (Natha)
- svātmārāmeṇa : Svatmarama
- yoginā : durch den Yogin
- kevalam : einzig, ausschließlich (Kevala)
- rāja-yogāya : zum (Zwecke des) königlichen Yoga (Raja Yoga)
- haṭha-vidyā : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha (Yoga)
- upadiśyate : wird gelehrt (upa + diś)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert das Wort kevalam ("einzig") dahingehend, dass das wichtigste (Mukhya) Ergebnis (Phala) der Wissenschaft des Hatha Yoga allein (Eva) der (Zustand des) Raja–Yoga ist, und nicht (Na) die übernatürlichen Fähigkeiten (Siddhi): rāja-yoga eva mukhyaṃ phalaṃ na siddhayaḥ.
Kapitel 1 Vers 3 : Zweck des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Denjenigen, die den Raja Yoga durch das Umherirren in der Dunkelheit vieler (Lehr-)Meinungen nicht kennen,
- schenkt Svatmarama, eine Quelle des Mitgefühls, die Leuchte des Hatha (Yoga).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- bhrāntyā : durch das Umherirren, durch Verwirrung (Bhranti)
- bahu-mata-dhvānte : in der Dunkelheit (Dhvanta) vieler (Bahu) (Lehr-)Meinungen (Mata)
- rāja-yogam : (den) königlichen Yoga (Raja Yoga)
- ajānatām : (denjenigen, die) nicht (er)kennen (jnā)
- haṭha-pradīpikām : die Leuchte des (Hatha Yoga)
- dhatte : gibt, schenkt (dhā)
- svātmārāmaḥ : Svatmarama
- kṛpākaraḥ : eine Quelle (Akara) des Mitgefühls (Kripa)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 4 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Matsyendra, Goraksha und andere kennen zweifellos die Wissenschaft des Hatha (Yoga),
- und Yogi Svatmarama kennt sie durch die Gunst dieser (Meister).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- haṭha-vidyām : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha(-Yoga)
- hi : gewiss, zweifellos (Hi)
- matsyendra-gorakṣādyāḥ : Matsyendra, Goraksha und andere ("die … zum Anfang haben", Adya)
- vijānate : kennen (vi + jnā)
- svātmārāmaḥ : Svatmarama
- atha vā : und (Atha Va)
- yogī : der Yogin
- jānīte : kennt (diese Wissenschaft, jnā)
- tat-prasādataḥ : durch die Gunst (Prasada) dieser (Meister, Tad)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 5 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Der verehrungswürdige Adinatha (d.h. Shiva), Matsyendra, Shabara und Anandabhairava,
- Chaurangin, Mina, Goraksha, Virupaksha und Bileshaya ...
Wort-für-Wort-Übersetzung
- śrī-ādi-nātha-matsyendra-śābarānanda-bhairavāḥ : der verehrungswürdige (Shri) uranfängliche Herr, Beschützer, Gebieter (Adinatha), Matsyendra ("Herr der Fische"), Shabara und Anandabhairava ("der Schreckliche, der Glückseligkeit bringt")
- cauraṅgī-mīna-gorakṣa-virūpākṣa-bileśayāḥ : Chaurangin, Mina ("Fisch"), Goraksha ("Kuhhirt"), Virupaksha ("der unförmige Augen hat") und Bileshaya ("Schlange, Maus")
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 6 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Korantaka, Surananda, Siddhapada und Charpati ...
Wort-für-Wort-Übersetzung
- manthānaḥ : Manthana ("der Schüttler")
- bhairavaḥ : Bhairava ("der Furchtbare")
- yogī : der Yogin
- siddhiḥ : Siddhi ("Erfolg")
- buddhaḥ : Buddha ("der Erwachte")
- ca : und (Cha)
- kanthaḍiḥ : Kanthadi
- koraṇṭakaḥ : Korantaka
- surānandaḥ : Surananda ("dessen Glückseligkeit Gott ist")
- siddha-pādaḥ : Siddhapada ("erhabener Siddha")
- ca : und
- carpaṭiḥ : Charpati
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 7 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Kanerin und Pujyapada, Nityanatha, Niranjana,
- Kapalin und Bindunatha, Kakachandishvara mit Namen ...
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kānerī-pūjya-pādaḥ : Kanerin
- Pujyapada : Pujyapada "dessen Füße (Pada) zu verehren (Pujya) sind"
- ca : und (Cha)
- nitya-nāthaḥ : Nityanatha ("ewiger Beschützer, ewiger Herr")
- nirañjanaḥ : Niranjana ("der ohne Schminke, der Reine")
- kapālī : Kapalin ("der eine Hirnschale als Bettelschale trägt")
- bindu-nāthaḥ : Bindunatha ("Herr des Tropfens, Herr des Samens")
- ca : und
- kāka-caṇḍī-īśvarāhvayaḥ : Kakachandishvara ("Herr der [[Chandi in Form einer Krähe") mit Namen (Ahvaya)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 8 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Allama und Prabhudeva, Ghodacholin und Tintini,
Wort-für-Wort-Übersetzung
- allāmaḥ : Allama
- prabhu-devaḥ : Prabhudeva
- ca : und (Cha)
- ghoḍācolī : Ghodacholin
- ca : und
- ṭiṇṭiṇiḥ : Tintini
- bhānukī : Bhanukin
- nāra-devaḥ : Naradeva ("Fürst")
- ca : und
- khaṇḍaḥ : Khanda
- kāpālikaḥ : Kapalika („Hirnschalenträger“)
- tathā : ebenso (Tatha)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 9 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Diese und andere große Siddhas wandeln, nachdem sie durch die Macht des Hatha Yoga
- den Stab der Zeit (des Todes) zerbrochen haben, im Universum umher.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ity-ādayaḥ : diese und andere (die "so beginnenden", Iti Adi)
- mahā-siddhāḥ : große (Maha) Siddhas ("vollendete Wesen, Meister")
- haṭha-yoga-prabhāvataḥ : durch die Macht, Kraft (Prabhava) des Hatha Yoga
- khaṇḍayitvā : nachdem sie zerbrochen haben (khaṇḍ)
- kāla-daṇḍam : den Stab (Danda) der Zeit, des Todes (Kala)
- brahma-aṇḍe : im Universum, in der Welt ("Ei Brahmans", Brahmanda)
- vicaranti : wandeln umher (vi + car)
- te : diese (Tad)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 10 : Bedeutung des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Für diejenigen, die von sämtlichen Leiden gepeinigt werden, ist der Hatha (Yoga) eine Hütte der Zuflucht.
- Für diejenigen, die mit sämtlichen Yogapraktiken beschäftigt sind, ist der Hatha (Yoga wie) die Schildkröte (bei der Quirlung des Milchozeans) eine feste Grundlage.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- aśeṣa-tāpa-taptānām : für diejenigen, die von allen, sämtlichen (Ashesha) Leiden, Qualen (Tapa) gepeinigt werden (Tapta)
- samāśraya-maṭhaḥ : (wie) eine Hütte, Einsiedelei (Matha) die Zuflucht (gewährt, Samashraya)
- haṭhaḥ : (ist) Hatha (Yoga)
- aśeṣa-yoga-yuktānām : für diejenigen, die mit sämtlichen (Ashesha) Yogapraktiken beschäftigt sind ("konzentriert sind", Yukta); oder: für diejenigen, die vollkommen (Ashesha) im Yoga bzw. mit der Yogapraxis beschäftigt (Yukta) sind
- ādhāra-kamaṭhaḥ : eine Stütze, feste Grundlage (Adhara, (wie) die Schildkröte (Kamatha, nämlich bei der mythologischen Quirlung des Milchozeans)
- haṭhaḥ : (ist) Hatha (Yoga)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 11 : Schutz der Wirksamkeit des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Die Wissenschaft des Hatha (Yoga) ist von einem Yogin, der Erfolg wünscht, streng geheim zu halten.
- (Diese Wissenschaft) ist wirkungsvoll, wenn sie geheimgehalten wird, aber wirkungslos, wenn sie öffentlich gemacht wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- haṭha-vidyā : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha (Yoga)
- param : äußerst, aufs äußerste (Para)
- gopyā : zu verbergen, geheim zu halten (Gopya)
- yoginā : von einem Yogin
- siddhim : Erfolg, Vollkommenheit (Siddhi)
- icchatā : der wünscht (iṣ)
- bhavet : (sie) ist, wird sein (bhū)
- vīrya-vatī : kraftvoll, wirkungsvoll, mächtig (Virya)
- guptā : (wenn) verborgen, geheimgehalten (Gupta)
- nirvīryā : kraftlos, wirkungslos, machtlos (Nirvirya)
- tu : jedoch (Tu)
- prakāśitā : (wenn) offengelegt, öffentlich gemacht (Prakashita)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 12 : Der Ort der Yogapraxis
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Übersetzung
- In einem guten Königreich voller Rechtschaffenheit, in einer Gegend reich an Almosen, frei von Gefahren,
- soll ein Hatha–Yogin an einem einsamen Ort in einer Hütte wohnen,
- die im Umkreis einer Bogenlänge frei von (Gefahren durch) Felsbrocken, Feuer oder Wasser ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- su-rājye : in einem guten Königreich (Surajya)
- dhārmike : voller Tugenden, voller Rechtschaffenheit (Dharmika)
- deśe : in einer Gegend (Desha)
- su-bhikṣe : reich an Nahrungsmitteln, reich an Almosen (Subhiksha)
- nir-upadrave : frei von Gefahren (Nirupadrava)
- dhanuḥ-pramāṇa-paryantam : im Umkreis (Paryanta) einer Bogenlänge (ein Längenmaß, Dhanus-Pramana)
- śilāgni-jala-varjite : frei von (Gefahren durch, Varjita) durch Steine, Felsbrocken (Shila), Feuer (Agni) oder Wasser (Jala)
- ekānte : an einem einsamen Ort (Ekanta)
- maṭhikā-madhye : inmitten (Madhya) einer Hütte, Klause, Einsiedelei (Mathika)
- sthātavyam : soll wohnen ("ist zu wohnen", Sthatavya)
- haṭha-yoginā : ein Hatha–Yogin
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda gibt eine "Bogenlänge" als ein "Maß (Matra) von vier (Chatur) Ellen (Hasta) an, was ca. 184 cm entspricht: dhanuḥ-pramāṇaṃ catur-hasta-mātraṃ. Dort, wo (yatra) sich der Sitz (Asana) des Yogin befindet, sollen im Unkreis (Paryanta) einer Bogenlänge bzw. in einer Entfernung (Matra) von vier Ellen (catur-hasta) keine Steine (Shila), kein Feuer (Agni) und kein Wasser (Jala) sein: yatrāsanaṃ tataś catur-hasta-mātre śilāgni-jalāni na syuḥ.
Kapitel 1 Vers 13 : Der Ort der Yogapraxis
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Die (folgende) Beschreibung einer Yoga-Klause wurde von den Hatha(-Yoga) praktizierenden vollkommenen Meistern überliefert:
- Sie hat eine kleine Tür, keine Fenster, Löcher oder Vertiefungen (im Boden), ist weder zu hoch noch zu niedrig,
- ist vollständig mit einer dicken (Schicht aus) Kuhdung beschmiert, rein, vollkommen frei von Ungeziefer,
- und der Außenbereich ist mit einer Mauer umgeben und schön (ausgestattet) mit einem (kleinen) Schrein, einem Opferaltar und einem Brunnen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- alpa-dvāram : mit kleiner (Alpa) Tür (Dvara)
- arandhra-garta-vivaram : ohne Öffnung, ohne Fenster (a-Randhra), ohne Loch, Grube (a-Garta: ohne Löcher oder Vertiefungen, eben), ohne Öffnung, Spalte, schadhafte Stelle (a-Vivara: ohne Spalten)
- nāty-ucca-nīcāyatam : nicht (Na) allzu (Ati) hoch (Uchcha) niedrig (Nicha) sich erstreckend, sich ausdehnend (Ayata)
- samyak-gomaya-sāndra-liptam : vollständig, auf die rechte Weise (Samyak) beschmiert (Lipta) mit einer dicken (Sandra Schicht aus) Kuhdung (Gomaya)
- amalam : makellos, rein (Amala)
- niḥśeṣa-jantūjjhitam : vollständig, restlos (Nihshesha) frei (von, Ujjhita) Ungeziefer, Insekten, Getier (Jantu)
- bāhye-maṇḍapa-vedi-kūpa-ruciram : draußen, außerhalb (der Hütte, Bahya) einen) einer Gottheit geweihten Ort, (einen kleinen) Schrein (Mandapa) Opferaltar (Vedi) Brunnen (Kupa) schön, ansprechend, zusagend (durch, Ruchira)
- prākāra-saṁveṣṭitam : umgeben mit (Samveshtita) einer Mauer, einem Wall (Prakara)
- proktam : wurde gegeben, wurde gelehrt (Prokta)
- yoga-maṭhasya : einer Yoga-Klause (Yoga–Matha)
- lakṣaṇam : Beschreibung ("Definition", Lakshana)
- idam : diese (Idam)
- siddhaiḥ : von den vollkommenen Meistern (Siddha)
- haṭhābhyāsibhiḥ : den Praktzierenden (Abhyasa) des Hatha (Yoga)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 14 : Der Ort der Yogapraxis
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Übersetzung
- In einer sogearteten Klause wohnend, aller Sorgen ledig,
- soll (der Yogin) in der Weise, wie es von (seinem) Meister gelehrt wurde, ausschließlich Yoga praktizieren.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- evaṁ-vidhe : in einer sogearteten (Evamvidha)
- maṭhe : Klause (Matha)
- sthitvā : sich befindend, wohnend (sthā)
- sarva-cintā-vivarjitaḥ : aller (Sarva) Sorgen (Chinta) ledig (Vivarjita)
- gurūpadiṣṭa-mārgeṇa : in der Weise ("auf dem Weg", Marga) wie es gelehrt wurde (Upadishta) vom (eigenen) Meister (Guru)
- yogam : den (Hatha) Yoga
- eva : einzig, allein, ausschließlich (Eva)
- samabhyaset : soll man praktizieren (sam + abhi + as)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 15 : Was dem Erfolg der Yogapraxis schadet
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Übersetzung
- Übermaß im Essen und Überanstrengung, Geschwätz, Regelversessenheit,
- Umgang mit Leuten und Unbeständigkeit - durch (diese) sechs wird die Yogapraxis wirkungslos.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- atyāhāraḥ : Übermaß im Essen (Atyahara)
- prayāsaḥ : (unangemessene) Anstrengung, Überanstrengung (Prayasa)
- ca : und (Cha)
- prajalpaḥ : Geschwätz, unbesonnene Worte (Prajalpa)
- niyama-grahaḥ : Sichklammern (an), Bestehen, Versessensein (auf, Graha) (unangemessene) Regel(n), Gelübde, Observanz(en, Niyama)
- jana-saṅgaḥ : (unpassender) Umgang, Verkehr (Sanga) mit Leute(n, Jana)
- ca : und
- laulyam : Unruhe, Unbeständigkeit, Gier, Verlangen (Laulya)
- ca : und
- ṣaḍbhiḥ : durch (diese) sechs (Shash)
- yogaḥ : der Yoga
- vinaśyati : geht verloren, wird zunichte, wird wirkungslos (vi + naś)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 16 : Was dem Erfolg der Yogapraxis nützt
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Übersetzung
- Durch Entschlusskraft, Mut, Ausdauer, durch die Erkenntnis der Wahrheit, durch Vertrauen
- und durch Aufgeben des Umgangs mit Leuten - durch (diese) sechs führt die Yogapraxis zum Erfolg.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- utsāhāt : durch festen Willen, Entschlusskraft (Utsaha)
- sāhasāt : durch Mut (Sahasa)
- dhairyāt : durch Ausdauer, ruhiges Wesen (Dhairya)
- tattva-jñānāt : durch die Erkenntnis (Jnana) der Wahrheit (des "Soseins", Tattva)
- ca : und (Cha)
- niścayāt : durch sicheres Wissen, genaue Kentniss, Überzeugung, Vertrauen (in die Lehren des Meisters, Nishchaya)
- jana-saṅga-parityāgāt : durch Aufgeben (Parityaga) (unförderlicher) Gemeinschaft (Sanga) mit Menschen (Jana)
- ṣaḍbhiḥ : durch (diese) sechs (Shash)
- yogaḥ : der Yoga
- prasidhyati : führt zum Erfolg, gelingt (pra + sidh)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 17 : Die zehn Yamas
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Übersetzung
- Gewaltlosgkeit, Wahrhaftigkeit, Nichtstehlen, Enthaltsamkeit, Geduld, Entschlossenheit,
- Mitgefühl, Aufrichtigkeit, Mäßigung beim Essen sowie Reinheit - (dies sind) die zehn Yama (genannten Regeln).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ahiṁsā : Gewaltlosgkeit, Nichtschädigen (Ahimsa)
- satyam : Wahrhaftigkeit (Satya)
- asteyam : Nichtstehlen (Asteya)
- brahmacaryam : Enthaltsamkeit ("Wandel im Brahman", Brahmacharya)
- kṣamā : Geduld, Langmut, Nachsicht ([[Kshama)
- dhṛtiḥ : (innere) Festigkeit, Entschlossenheit (Dhriti)
- dayā : Mitgefühl (Daya)
- ārjavam : Aufrichtigkeit, Redlichkeit (Arjava)
- mitāhāraḥ : Mäßigung beim Essen (Mitahara)
- śaucam : Reinheit, Reinlichkeit (Shaucha)
- ca : und (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- yamāḥ : Yama (genannten Regeln)
- daśa : (dies sind) die zehn (Dasha)
Erläuterungen
Textgeschichtlich handelt es sich bei den Versen 17 und 18, die eine Aufzählung der Yamas und Niyamas beinhalten, um spätere Einschübe. Dies ist daraus ersichtlich, dass sie der Kommentator Brahmananda nicht kommentiert, also offensichtlich in seinen Handschriften nicht vorliegen hatte. Auffällig ist die Ähnlichkeit mit den fünf im Yogasutra (2.30) aufgezählten Yamas (es fehlt lediglich Aparigraha). Bei Patanjali wiederum zählt die "Reinlichkeit" (Shaucha) zu den Niyamas (vgl. auch die Anmerkung zu Vers 40 dieses Kapitels).
Kapitel 1 Vers 18 : Die zehn Niyamas
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Übersetzung
- Askese, Zufriedenheit, Glaube an Gott, Freigebigkeit, die (rituelle) Verehrung Gottes,
- das Hören der Aussagen der Lehrtexte, eine natürliche Scheu, Einsicht, halblaute Mantrarezitation und (rituelles) Opfer -
- (dies sind) die zehn von den Yogatextkundigen genannten Regeln (namens) Niyama.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tapaḥ : Askese, innere Glut, Inbrunst, Verinnerlichung (Tapas)
- santoṣaḥ : Zufriedenheit (Santosha)
- āstikyam : Glaube an Gott, Gläubigkeit (Astikya)
- dānam : Freigebigkeit (Dana)
- īśvara-pūjanam : die Verehrung (Pujana) des Herrn, Gottes (Ishvara)
- siddhānta-vākya-śravaṇam : das Hören (Shravana) der Lehrsätze, Aussprüche, Aussagen (Vakya) der Lehrbücher, der heiligen Texte (Siddhanta)
- hrī-matī : Scham, Schamhaftigkeit (das Gegenteil von Unverschämtheit, d.h. eine natürliche Scheu und Zurückhaltung, Hri) und Einsicht (Mati)
- ca : und (Cha)
- japaḥ : halblautes Wiederholen eines Gebetes oder Mantras (Japa)
- hutam : Opfer (Huta)
- niyamāḥ : (sind die als) Niyamas (bezeichneten Regeln)
- daśa : zehn (Dasha)
- samproktāḥ : die genannt werden (Samprokta)
- yoga-śāstra-viśāradaiḥ : von denjenigen, die mit den Yoga-Schriften (Yoga–Shastra) vertraut sind (Visharada)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 19 : Asana
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Übersetzung
- Die Körperstellungen bewirken (körperliche und geistige) Festigkeit, Gesundheit und Leichtigkeit des Körpers.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- haṭhasya : des Hatha(-Yoga)
- prathamāṅgatvāt : denn das ist das erste (Prathama) Glied (Anga)
- āsanam : Asana ("Sitz", hier i.S. von "Körperstellungen")
- pūrvam : zuerst, als erstes (Purva)
- ucyate : wird genannt, gelehrt (vac)
- kuryāt : bewirkt (kṛ)
- tat : dieses (Tad)
- āsanam : Asana (die Gesamtheit der zu lehrenden Körperstellungen)
- sthairyam : (körperliche und geistige) Festigkeit, Ausdauer (Sthairya)
- ārogyam : Gesundheit (Arogya)
- ca : und (Cha)
- aṅga-lāghavam : Leichtigkeit (Laghava) der Glieder, des Körpers (Anga)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 20 : Asana
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Übersetzung
- Von mir (Svatmarama) werden (nun) einige Körperstellungen gelehrt,
- die (bereits) von den Weisen Vasishtha usw. und den Yogins Matsyendra usw. akzeptiert worden sind.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vasiṣṭhādyaiḥ : Vasishtha usw., und anderen (Adya)
- ca : und, sowohl (Cha)
- munibhiḥ : von den Weisen (Muni)
- matsyendrādyaiḥ : Matsyendra usw., und anderen
- ca : und, als auch
- yogibhiḥ : von Yogins (wie)
- aṅgī-kṛtāni : die akzeptiert, berücksichtigt worden sind (Angikrita)
- āsanāni : Asanas (Körperstellungen)
- kathyante : werden genannt, gelehrt (kath)
- kāni-cit : einige (Ka Chid)
- mayā : von mir (Mad)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 21 : Svastikasana
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Übersetzung
- Indem man beide Fußsohlen auf die rechte Weise zwischen Unter- und Oberschenkel gebracht hat,
- mit aufrechtem Körper sitzend - diese (Sitzhaltung) nennt man Svastika.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- jānūrvoḥ : Knie (Janu) und Oberschenkel (Uru)
- antare : zwischen (Antara)
- samyak : auf die rechte Weise (Samyak)
- kṛtvā : gebracht ("gemacht") habend (kṛ)
- pāda-tale : Fußsohlen (Pada–Tala)
- ubhe : beide (Ubha)
- ṛju-kāyaḥ : mit aufrechtem (Riju) Körper (Kaya)
- samāsīnaḥ : sitzend (Samasina)
- svastikam : Svastika ("gekreuzter Sitz, der Glückbringende")
- tat : das, diese (Sitzhaltung, Tad)
- pracakṣate : nennt man (pra + cakṣ)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "Knie" (Janu) der in der Nähe (Samnihita) des Knies befindliche Teil (Pradesha) des Unterschenkels (Jangha) gemeint ist: jānu-saṃnihito jaṅghā-pradeśaḥ.
Kapitel 1 Vers 22 : Gomukhasana
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Übersetzung
- Man lege den rechten Knöchel an die linke Seite des Gesäßes,
- und den linken (Knöchel) an die rechte (Seite des Gesäßes. Diese Sitzposition heißt) Gomukha, (denn man sitzt) in Form des Gesichts einer Kuh.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- savye : an die linke (Savya)
- dakṣiṇa-gulpham : den rechten (Dakshina) Knöchel (Gulpha)
- tu : jedoch, wiederum (Tu)
- pṛṣṭha-pārśve : Seite (Parshva) des Gesäßes ("Rückens", Prishtha)
- niyojayet : man lege (ni + yuj)
- dakṣiṇe : an die rechte (Seite des Gesäßes)
- api : auch, und (Api)
- tathā : ebenso (Tatha)
- savyam : den linken (Knöchel)
- go-mukham : (diese Sitzposition heißt) Gomukha ("Kuhgesicht")
- go-mukhākṛtiḥ : (denn man sitzt) in Form (Akriti) des Gesichts (Mukha) einer Kuh (Go)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "an der Seite des (unteren) Rückens" (pṛṣṭha-pārśve) der untere (Adhas) Teil (Bhaga) der Hüfte (Kati) gemeint ist: kaṭer adho-bhāge.
Kapitel 1 Vers 23 : Virasana
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Übersetzung
- Man lege den einen Fuß fest auf den anderen Oberschenkel,
- desgleichen den (anderen) Oberschenkel auf den anderen (Fuß) - so wird die Helden-Stellung (Virasana) gelehrt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ekam : einen (Eka)
- pādam : Fuß (Pada)
- tathā : und (Tatha)
- ekasmin : auf den anderen ("einen")
- vinyaset : man lege (vi + ni + as)
- ūruṇi : Oberschenkel (Uru)
- sthiram : fest (Sthira)
- itarasmin : auf den anderen (Fuß, Itara)
- tathā : ebenso, desgleichen
- ca : und (Cha)
- ūrum : den (anderen) Oberschenkel
- vīrāsanam : die Helden-Stellung (Virasana)
- iti : so (Iti)
- īritam : wird gelehrt (Irita)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt es so: Man lege (vinyaset) den rechten (Dakshina) Fuß (Pada) fest (Sthira) auf den linken (Vama) Oberschenkel (Uru) und den rechten Oberschenkel (uruṃ dakṣiṇam) auf den linken Fuß (vāme pāde): dakṣiṇaṃ pādam … vāmoruṇi sthiraṃ vinyaset … vāme pāde ūruṃ dakṣiṇaṃ vinyaset.
Somit liegt der rechte Fuß auf dem linken Oberschenkel und der linke Fuß unter dem rechten Oberschenkel, mit anderen Worten, das rechte Bein liegt im kreuzbeinigen Sitz über dem linken Bein. Im Gegensatz zum halben Lotussitz (Ardha–Padmasana) liegen die Füße hier jedoch in Knienähe auf bzw. unter dem Oberschenkel des jeweils anderen Beines. Diese Sitzhaltung wird auch Ardhasana ("halbe Sitzhaltung") genannt.
Kapitel 1 Vers 24 : Kurmasana
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Übersetzung
- Konzentriert (sitzend), den Damm mit von einander weg weisenden Knöcheln drückend -
- das ist die Schildkröten-Stellung (Kurmasana). So wissen es die Yogakundigen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gudam : den Anus (Guda, hier i.S. von Damm bzw. Beckenboden)
- nirudhya : in dem man verschließt, drückt (ni + rudh)
- gulphābhyām : mit beiden Knöcheln (Gulpha)
- vyutkrameṇa : "in umgekehrter Ordnung", auseinander gehend, von einander weg weisend (Vyutkrama)
- samāhitaḥ : konzentriert (sitzend, Samahita)
- kūrmāsanam : die Schildkröten-Stellung (Kurmasana)
- bhavet : soll sein, sei (zu verstehen als, bhū)
- etat : das, diese (Sitzposition, Etad)
- iti : so (Iti)
- yoga-vidaḥ : die Yogakundigen (Yogavid)
- viduḥ : kennen, wissen (es, vid)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda gibt hier keine nähere Erklärung, wie vyutkrameṇa ("auseinander gehend, in umgekehrter Reihenfolge") zu verstehen ist. Es ist wohl gemeint, dass man sich auf beide Knöchel (Gulpha) setzt, wobei diese nicht zueinander zeigen, sondern beide jeweils nach oben weisen und rechts und links neben dem Anus (Guda) Druck ausüben. Die Stellung ähnelt dann dem Fersensitz (Vajrasana), in Kurmasana liegen die Fersen jedoch zueinander zeigend nahe beisammen, und die Zehen weisen nach außen.
In der Gheranda Samhita (2.32) wird Kurmasana in ganz ähnlichen Worten, jedoch noch etwas ausführlicher beschrieben:
- gulphau ca vṛṣaṇasyādho vyutkrameṇa samāhitau |
- ṛju-kāya-śiro-grīvaṃ kūrmāsanam itīritam ||2.32||
- "Beide Knöchel (Gulpha) unterhalb des Hodensacks (Vrishana, die Füße) auseinander weisend, (sitze man) konzentriert (Samahita),
- Körper (Kaya), Kopf (Shiras) und Nacken (Griva) gerade (haltend) – so wird Kurmasana beschrieben."
Kapitel 1 Vers 25 : Kukkutasana
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Übersetzung
- Nachdem man, den Lotussitz eingenommen habend, beide Unterarme zwischen Unter- und Oberschenkel
- gesteckt hat, (und) sich - in der Luft befindlich - auf dem Boden abstützt, (ist dies) die Hahnenstellung (Kukkutasana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- padmāsanam : den Lotussitz (Padmasana)
- tu : aber, wiederum (Tu)
- saṁsthāpya : eingenommen habend, herstellend (sam + sthā)
- jānūrvoḥ : Knie (Janu i.S. von Unterschenkel) und Oberschenkel (Uru)
- antare : zwischen (Antara)
- karau : beide Hände, Unterarme (Kara)
- niveśya : steckend (ni + viś)
- bhūmau : (und dann) auf die Erde, den Boden (Bhumi)
- saṁsthāpya : aufstellend, stützend
- vyoma-stham : (wenn man sich so nach oben drückt und) in der Luft befindet (Vyomastha)
- kukkuṭāsanam : (ist dies die) Hahnenstellung (Kukkutasana)
Erläuterungen
Das Neutrum vyoma-stham "in der Luft befindlich" kann hier adverbiell verstanden werden.
Zum Verständnis des Dvandva-Kompositums jānūrvoḥ (Genitiv Dual m.) vergl. die Anmerkung zu Vers 1.21 (Svastika).
Kapitel 1 Vers 26 : Uttanakurmasana
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Übersetzung
- Nachdem man die Hahnenstellung (Kukkutasana) eingenommen hat, (und) mit beiden Händen den Hals umfasst hat,
- sei man wie eine Schildkröte, die ihre Unterseite zeigt - das ist die auf dem Rücken liegende Schildkröte (Uttanakurmaka).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kukkuṭāsana-bandha-sthaḥ : sich in (der Ausgangs-)Position (Bandha in Form der) Hahnenstellung (Kukkutasana) befindend (Stha)
- dorbhyām : mit beiden Unterarmen (Dos hier i.S. von Händen)
- sambadhya : umschließend, umfassend (sam + bandh)
- kandharām : den Hals (Kandhara)
- bhavet : sei man, werde man (bhū)
- kūrma-vat : wie eine Schildkröte (Kurma)
- uttānaḥ : die ihre Unterseite zeigt bzw. "öffnet" (Uttana)
- etat : das, diese (Position heißt, Etad)
- uttāna-kūrmakam : Uttanakurmaka "die nach oben geöffnete (d.h. auf dem Rücken liegende oder aufgerichtete) Schildkröte"
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 27 : Dhanurasana
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Übersetzung
- Nachdem man mit beiden Händen beide großen Zehen ergriffen hat, führe man - bis an ein Ohr -
- das Heranziehen (der Sehne) eines Bogens aus. (Das) wird Bogenstellung (Dhanurasana) genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pādāṅguṣṭhau : beide großen Zehen ("Fuß-Daumen", Pada–Angushtha)
- tu : aber, wiederum (Tu)
- pāṇibhyām : mit beiden Händen (Pani)
- gṛhītvā : ergreifend, haltend (grah)
- śravaṇāvadhi : bis zu ("bis zur Grenze", Avadhi) einem Ohr (Shravana)
- dhanur-ākarṣaṇam : das Spannen, Heranziehen (Akarshana der Sehne eines) Bogens (Dhanus)
- kuryāt : man soll machen, ausführen (kṛ)
- dhanur-āsanam : Bogenstellung (Dhanurasana)
- ucyate : wird genannt (vac)
Erläuterungen
Aus Brahmanandas Kommentar wird deutlich, dass es sich nicht um die klassische, als "Bogen" bekannte Stellung Dhanurasana handelt. In der hier beschriebenen Stellung sitzt man im gestreckten Sitz, fasst beide großen Zehen jeweils mit einer Hand und hält einen Arm (ekaṃ pāṇim) und das Bein derselben Körperseite weiterhin ausgestreckt (prasāritaṃ kṛtvā). Dann zieht man die andere Hand (itaraṃ pāṇim), indem man den Arm beugt (ākuñcitaṃ kuryāt), samt Fuß bis zum Ohr (karṇa-paryantam), als wolle man einen Bogen (Dhanus) spannen: ekaṃ pāṇiṃ prasāritaṃ kṛtvā … itaraṃ pāṇiṃ karṇa-paryantam ākuñcitaṃ kuryāt. Die hier beschriebene Stellung ist auch als Akarshana Dhanurasana bekannt.
Kapitel 1 Vers 28 : Matsyendrasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Nachdem man den rechten Fuß auf den Ursprung des linken Oberschenkels aufgelegt hat,
- sowie den linken Fuß an die Außenseite des (rechten) Knies angelegt hat, (und mit der linken Hand den rechten Fuß oberhalb des Knöchels und mit der rechten Hand den linken Fuß) ergriffen hat,
- verweile man mit (nach links) gedrehtem Körper.
- Diese Körperstellung ist von dem erhabenen Matsya Natha gelehrt worden.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vāmoru-mūlārpita-dakṣa-pādam : den rechten (Daksha) Fuß (Pada), der auf den Ursprung, Ansatz (Mula) des linken (Vama) Oberschenkels (Uru) aufgelegt (Arpita) ist
- jānoḥ : des (rechten) Knies (Janu)
- bahiḥ : an die Außenseite ("außerhalb", Bahis)
- veṣṭita-vāma-pādam : den linken Fuß, der angelegt ("gewunden", Veshtita) ist
- pragṛhya : (entsprechend mit der linken bzw. rechten Hand) ergreifend (pra + grah)
- tiṣṭhet : verharre, verweile man (sthā)
- parivartitāṅgaḥ : mit (nach links) gedrehtem (Parivartita) Körper (Anga)
- śrī-matsya-nāthoditam : von dem erhabenen (Shri) Matsya Natha (Matsyendra, "Herr der Fische") gelehrt worden (Udita)
- āsanam : (diese) Körperstellung (Asana)
- syāt : ist ("sei", as)
Erläuterungen
Aus Brahmanandas detailliertem Kommentar zu diesem Vers wird diese komplexe Stellung in allen Einzelheiten klar: Man legt den rechten Fuß an den Ursprung des linken Oberschenkels, d.h. in die Leistengegend. Der linke Fuß wird an die Außenseite des rechten Knies (welches den Boden berührt) gestellt. Dann führt man den rechten Arm an der Außenseite des (aufgestellten) linken Knies vorbei und ergreift (pragṛhya) mit der rechten Hand (Pani) den (aufgestellten) linken Fuß, wodurch der Körper (Anga) einschließlich des Gesichts (Mukha) nach links gedreht (Parivartita) wird. Zudem führt man den linken Arm hinter dem Rücken (Prishtha) zum rechten Fuß und ergreift (pragṛhya) diesen (von rechts kommend) oberhalb des Knöchels (Gulpha). Im Anschluss soll die Stellung zur anderen Seite (gespiegelt), also nach rechts gedreht, ausgeführt werden.
Syntax: Das Absolutivum pragṛhya (wörtl.: "ergriffen habend") bezieht sich jeweils auf das Kompositum vāmoru-mūlārpita-dakṣa-pādam im erstem Pada und veṣṭita-vāma-pādam im zweiten Pada. In der hier beschriebenen Version von Matsyendrasana hält somit die linke Hand den rechten Fuß (oberhalb des Knöchels) und die rechte Hand den linken Fuß.
Kapitel 1 Vers 29 : Matsyendrasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Die Körperhaltung des Matsyendra ist eine Waffe zum Beseitigen einer Menge überaus schrecklicher Krankheiten,
- und verleiht den Menschen, aufgrund ihrer Praxis, das Aufflammen des Verdauungsfeuers, das Erwachen der Kundalini, und die Beständigkeit des Mond(nektar)s.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- matsyendra-pīṭham : die Körperhaltung ("Sitz", Pitha) des Matsyendra
- jaṭhara-pradīptim : das Aufflammen (Pradipti) des Magens, Verdauungsfeuers (Jathara)
- pracaṇḍa-rug-maṇḍala-khaṇḍanāstram : (ist) eine Waffe (Astra) zum) Beseitigen ("Zerstückeln", Khandana) einer Schar, Menge (Mandala) von überaus heftigen, grimmigen, schrecklichen, (Prachanda) Krankheiten (Ruj)
- abhyāsataḥ : aufgrund (ihrer) Praxis, durch das Üben (Abhyasa + Suffix -tas, hier i.S. des Ablativs)
- kuṇḍalinī-prabodham : das Erwachen (Prabodha) der Kundalini
- candra-sthiratvam : die Beständigkeit, Bewegungslosigkeit, Festigkeit (Sthiratva) des Mondes (Chandra, des "Tropfens" Bindu, des Nektars)
- ca : und (Cha)
- dadāti : (sie) gibt, verleiht, verursacht (dā)
- puṁsām : den Menschen (Pums)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass sich der "Mond" (Chandra) in der Region (Bhaga) oberhalb (Upari) des Gaumens (Talu) befindet (Sthita) und ständig (Nitya) herabtropft (kṣarataḥ). Die Stellung des Matsyendra bewirkt (dadāti) die Festigkeit (Sthiratva) bzw. das "Nichtsein" (Abhava) dieses Herabfließens (Ksharana): candrasya tāluna upari-bhāge sthitasya nityaṃ kṣarataḥ sthiratvaṃ kṣaraṇābhāvaṃ ca dadāti.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 92 behandelt.
Kapitel 1 Vers 30 : Pashchimatanasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Beide Beine auf der Erde wie zwei Stöcke ausgestreckt habend,
- mit beiden Händen die beiden Fußspitzen ergreifend,
- und den Bereich der Stirn auf die Knie ablegend
- verweile man - diese (Stellung) nennt man "Ausdehnung des Westens" (Pashchimatana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prasārya : ausgestreckt habend (pra + sṛ)
- pādau : beide Beine (Pada)
- bhuvi : auf der Erde, dem Erdboden (Bhu)
- daṇḍa-rūpau : (zweier) Stöcke (Danda) ähnlich der) Form (Rupa)
- dorbhyām : mit beiden Händen ("Unterarmen", Dos)
- padāgra-dvitayam : die zwei ("das Paar der", Dvitaya) Spitzen (Agra) der Füße (Pada)
- gṛhītvā : ergreifend, haltend ("ergriffen habend", grah)
- jānūpari-nyasta-lalāṭa-deśo : die Gegend, den Bereich (Desha) der Stirn (Lalata) über, auf (Upari) die Knie (Janu) ablegend (ni + as)
- vaset : verweile man (vas)
- idam : das, diese (Stellung, Idam)
- paścima-tānam : Dehnung, Ausdehnung (Tana) der (Körper-)Rückseite ("des Westens", Pashchima)
- āhuḥ : nennt man (ah)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass man mit den gekrümmten (Akunchita) Zeigefingern (Tarjani) der beiden Hände (Dos) den Bereich (Pradesha) der beiden (Yugma) großen Zehen (Angushtha greifen und) kräftig (Bala) heranziehen (Akarshana) soll: dorbhyām ākuñcita-tarjanībhyāṃ … aṅguṣṭha-pradeśa-yugmaṃ balād ākarṣana-purvakam. Die hier beschriebene Stellung ist auch als Pashchimottanasana bekannt.
Kapitel 1 Vers 31 : Pashchimatanasana
Versmaß: Aupachchhandasika
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Übersetzung
- In dieser Weise ist die Ausdehnung der Rückseite (Pashchimatana) die vorzüglichste der Körperstellungen,
- sie lässt die Lebensenergie durch die (Körper-)Rückseite fließen,
- bewirkt das Anwachsen des Verdauungsfeuers,
- Schlankheit und Gesundheit der Menschen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- iti : so, in dieser Weise (Iti)
- paścima-tānam : (ist) die Ausdehnung der Rückseite, des Westens (Pashchimatana)
- āsanāgryam : die vorzüglichste, beste, erste (Agrya) der) Sitzpositionen, Körperstellungen (Asana)
- pavanam : den Atem, die Lebensenergie Prana ("den Wind", Pavana)
- paścima-vāhinam : durch die Körper-)Rückseite (Pashchima, d.h. durch Sushumna) fließen ("fließend", Vahin)
- karoti : sie lässt ("macht", kṛ)
- udayam : das Emporsteigen, Anschwellen, Anwachsen (Udaya)
- jaṭharānalasya : des Feuers (Anala) des Magens (Jathara)
- kuryāt : sie bewirkt ("soll bewirken", kṛ)
- udare : im (Bereich des) Bauches (Udara)
- kārśyam : Schlankheit (Karshya)
- arogatām : Gesundheit ("Krankheitslosigkeit", Arogata)
- ca : und (Cha)
- puṁsām : der Menschen (Pums)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt paścima-vāhinam ("hinten fließend") im Sinne von "(die Lebensenergie) fließt (dann) durch die Sushumna": paścima-mārgeṇa suṣumnā-mārgeṇa vahatīti.
Kapitel 1 Vers 32 : Mayurasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Sich mit beiden Händen auf den Erdboden stützend,
- und sich mit den Ellenbogen der (beiden Arme) seitlich des Nabels stabilisierend
- (gerade wie) ein Stock hoch in die Luft erhoben verweilend -
- diese Körperstellung nennt man Pfau.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dharām : auf die Erde, den Erdboden (Dhara)
- avaṣṭabhya : sich stützend ("sich abgestützt habend ", ava + stabh)
- kara-dvayena : mit beiden ("mit dem Paar", Dvaya) Händen (Kara)
- tat-kūrpara-sthāpita-nābhi-pārśvaḥ : die Seiten, Flanken (Parshva) des Nabels (Nabhi) haltend, stabilisierend (sthā) mit den Ellenbogen (Kurpara) der (beiden Hände bzw. Arme, Tad)
- uccāsanaḥ : hoch, oben, in der Höhe (Uchcha) verweilend (Asana i.S.v. Verweilen)
- daṇḍa-vat : wie ein Stock (Danda)
- utthitaḥ : erhoben, aufgerichtet (Utthita)
- khe : in der Luft ("im Luftraum", Kha)
- māyūram : (Stellung) des Pfauen ("die zum Pfau gehörige", Mayura)
- etat : diese (Etad)
- pravadanti : nennt man (pra + vad)
- pīṭham : Körperstellung ("Sitz", Pitha)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 33 : Mayurasana
Versmaß: Malini
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Übersetzung
- Schnell verscheucht sie sämtliche Krankheiten wie Unterleibsgeschwulste, (Anschwellungen des) Bauches usw.
- und besiegt die (Störungen der drei) Doshas - die ehrwürdige Pfauenstellung.
- Sie verwandelt Nahrung, (bestehend in zu) vielen oder abgestandenen Speisen, (gleichsam) vollständig in Asche,
- bringt das Verdauungsfeuer zum Vorschein, und verdaut (sogar das Gift) Kalakuta.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- harati : verscheucht, überwältigt (hṛ)
- sakala-rogān : alle, sämtliche (Sakala) Krankheiten (Roga)
- āśu : schnell, geschwind (Ashu)
- gulmodarādīn : (wie z.B.) Unterleibsgeschwulst, vergrößerte Milz (Gulma, Anschwellung des) Bauches, (Udara) usw., und andere ("angefangen mit", Adi)
- abhibhavati : besiegt, überwältigt (adhi + bhū)
- ca : und (Cha)
- doṣān : (gestörte) Doshas ("Schaden, Fehler, Gebrechen", ein Übermaß an Vata, Pitta oder Kapha)
- āsanam : die Körperstellung (Asana)
- śrī-mayūram : ehrwürdiger (Shri) Pfau (Mayura)
- bahu-kad-aśana-bhuktam : Nahrung ("Gegessenes" Bhukta, bestehend in (zu) vielen (Bahu oder) abgestandenen (oder überlagerte "schlechte") Speisen, Ashana)
- bhasma : (zu) Asche (Bhasman)
- kuryāt : macht, verwandelt (kṛ)
- aśeṣam : vollständig, restlos (Ashesha)
- janayati : bringt hervor, erzeugt (jan)
- jaṭharāgni : das Feuer (Agni) des Magens, des Bauches (Jathara), das Verdauungsfeuer (Jatharagni)
- jārayet : verdaut (jṛ)
- kāla-kūṭam : (das Gift) Kalakuta ("Fallstrick des Todes")
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass "sie macht zu Asche" (Bhasman kuryāt) "sie verdaut" (pācayet) bedeutet, insofern die Verdauung mit einem Verbrennungsprozess verglichen wird: bhasma kuryāt pācayet.
In der traditionellen indischen Lehre des Ayurveda sowie in der tibetischen Medizin steht das "Feuer des Bauches" (Jatharagni) nicht nur für die transformierende Kraft des "Verdauungsfeuers", sondern auch für ein starkes und intaktes Imunsystem.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 88 behandelt.
Kapitel 1 Vers 34 : Shavasana
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Übersetzung
- Das Ruhen auf dem Erdboden, (auf dem Rücken) ausgestreckt wie ein Leichnam - das ist die Leichenstellung.
- Shavasana beseitigt (körperliche) Erschöpfung und bewirkt die Erholung des Geistes.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- uttānam : (auf dem Rücken) ausgestreckt (Uttana)
- śava-vat : wie ein Leichnam (Shava)
- bhūmau : auf der Erde, dem Erdboden (Bhumi)
- śayanam : das Liegen, Ruhen (Shayana)
- tad : das (ist, Tad)
- śava-āsanam : die Leichenstellung (Shavasana)
- śava-āsanam : die Leichenstellung
- śrānti-haram : beseitigt, nimmt fort (Hara) Ermüdung, Erschöpfung (Shranti)
- citta-viśrānti-kārakam : bewirkt, verursacht (Karaka) Erholung, Ruhe (Vishranti) des Geistes (Chitta)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 35 : Vier Sitzhaltungen
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Übersetzung
- 84 Körperstellungen wurden von Shiva gelehrt.
- Davon habe ich vier ausgewählt und bespreche sie als die wesentlichsten (Sitzpositionen).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- catur-aśīti : 84 (Chaturashiti)
- āsanāni : (Körper-)Stellungen (Asana)
- śivena : von Shiva
- kathitāni : wurden gelehrt, erwähnt (Kathita)
- ca : und, aber (Cha)
- tebhyaḥ : von diesen, aus diesen (Tad)
- catuṣkam : vier ("eine Gruppe von vier", Chatushka)
- ādāya : genommen, ausgewählt habend (ā + dā)
- sāra-bhūtam : als Hauptsache, als Bestes ("als das, was die Essenz ist", Sarabhuta)
- bravīmi : bespreche, beschreibe (brū)
- aham : ich (Aham)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 36 : Vier Sitzhaltungen
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Übersetzung
- Die besten vier (Sitzhaltungen heißen) so: "Vollkommene" (Siddha), "Lotus" (Padma), "Löwe" (Simha) und "Glückliche" (Bhadra).
- Und unter diesen verweile man (am besten) stets in der bequemen "Sitzhaltung der Vollkommenen" (Siddhasana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- siddham : (die Sitzhaltung der) Vollkommenen (Siddha)
- padmam : (die Sitzhaltung des) Lotus (Padma)
- tathā : ebenso, desgleichen (Tatha)
- siṁham : (die Sitzhaltung des) Löwen (Simha)
- bhadram : (die Sitzhaltung der) Glücklichen (Bhadra)
- vā : oder (auch, Va)
- iti : so (lauten, heißen Iti)
- catuṣṭayam : die vier ("die Gruppe der vier", Chatushtaya)
- śreṣṭham : besten (Sitzhaltungen, Shreshtha); oder als Adverb: am besten
- tatra : unter diesen (vier, Tatra)
- api : auch, sogar (Api)
- ca : und, aber (Cha)
- sukhe : (welche besonders) angenehm, bequem ist, Sukha)
- tiṣṭhet : man soll verweilen (sthā)
- siddhāsane : in der Sitzhaltung der Vollkommenen, im vollkommenen Sitz (Siddhasana)
- sadā : immer, stets (Sada)
Erläuterungen
Das Wort śreṣṭham kann syntaktisch als Adjektiv auf das Substantiv catuṣṭayam (Nom. Sg. n.) bezogen werden und bedeutet dann: "die besten vier" (Sitzhaltungen). Ebenso lässt sich śreṣṭham als Adverb auf das Verb tiṣṭhet beziehen: "am besten sitze man". Es ist sogar möglich, dass der Autor beide Bedeutungen im Blick hatte, und śreṣṭham in der jeweiligen Bedeutung sowohl auf den ersten wie auch auf den zweiten Halbvers bezogen werden soll.
Der Lokativ siddhāsane im vierten Pada zeigt an, dass auch die anderen im ersten Halbvers gebrauchten Bezeichnungen der Sitzhaltungen im Sinne von Padmasana, Simhasana und Bhadrasana zu verstehen sind.
Kapitel 1 Vers 37 : Siddhasana
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Man lege die (linke) Ferse fest an die Stelle des Dammes,
- und den (anderen) Fuß über das Glied. Das Kinn drücke man ganz fest auf die Brust.
- Unbeweglich, mit gezügelten Sinnen, schaue man unverwandten Blickes zwischen beide Brauen.
- Diese (Sitzhaltung), die das Öffnen der Tür zur Befreiung bewirkt, wird Siddhasana genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yoni-sthānakam : den Ort, die Stelle (Sthanaka) des Dammes, Beckenbodens ("des Ursprungs", Yoni)
- aṅghri-mūla-ghaṭitam : an die Ferse ("Fuß-Wurzel, Ursprung des Fußes", Anghrimula) angelegt, verbunden (Ghatita)
- kṛtvā : habend ("gemacht habend", kṛ)
- dṛḍham : fest (Dridha)
- vinyaset : man lege (vi + ni + as)
- meṇḍhre : oberhalb des Gliedes, über das Glied (Mendhra)
- pādam : Fuß (Pada)
- atha : und, nun, dann (Atha)
- ekam : einen (Eka)
- eva : wahrlich, nur (Eva)
- hṛdaye : auf der Brust ("der Herzgegend", Hridaya)
- kṛtvā : machend (kṛ)
- hanum : das Kinn (Hanu)
- su-sthiram : ganz fest, stabil (Susthira)
- sthāṇuḥ : aufrecht, unbeweglich (Sthanu)
- saṁyamitendriyaḥ : mit gesammelten, kontrollierten ("bezwungenen", sam + yam) Sinnen (Indriya)
- acala-dṛśā : unverwandt, unbeweglich (Achala) Blick ("Auge", Drish)
- paśyet : man schaue (paś)
- bhruvoḥ : beide Brauen (Bhru)
- antaram : zwischen (Antara)
- hi : weil (Hi)
- etat : diese (Sitzhaltung, Etad)
- mokṣa-kapāṭa-bheda-janakam : das Aufbrechen, Öffnen (Bheda) der Tür (Kapata) zur Befreiung (Moksha) bewirkt, verursacht (Janaka)
- siddhāsanam : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- procyate : sie wird genannt (pra + vac)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt die Bedeutung von Yoni, was hier "Damm" bedeutet, wie folgt: – "der Bereich (Pradesha) zwischen (Madhyama) Anus (Guda) und Geschlechtsorgan (Upastha), das (Tad) ist die Stelle (Sthana) des Dammes (Yoni)": gudopasthayor madhyama-pradeśaḥ yoni-sthanaṃ tat.
Der Kommentator fügt hinzu, dass im ersten Pada die Ferse (Anghrimula) des linken (Vama) Fußes (Charana) gemeint ist: aṅghrir vāmaś caraṇaḥ. Folglich liegt der rechte (Dakshina) Fuß (Pada) über dem Glied (Mendhra): dakṣiṇaṃ pādam ....
Kapitel 1 Vers 38 : Siddhasana
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Übersetzung
- Man lege den linken Knöchel über das Glied, und darüber
- den anderen Knöchel ebenso. Das ist Siddhasana.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- meṇḍhrāt : vom Glied (Mendhra)
- upari : über, oberhalb (Upari)
- vinyasya : (an)legend, platzierend (vi + ni + as)
- savyam : den linken (Savya)
- gulpham : Knöchel (Gulpha)
- tathā : ebenso, in gleicher Weise (Tatha)
- upari : darüber, über (diesen)
- gulphāntaram : den anderen (Antara) Knöchel
- ca : und (Cha)
- nikṣipya : legend ("gelegt habend", ni + kṣip)
- siddhāsanam : die Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- idam : (auch) dies (Idam)
- bhavet : ist, sei, soll sein (bhū)
Erläuterungen
Diese Variation von Siddhasana ist auch als Guptasana bekannt, da die beiden übereinandergelegten Knöchel das Geschlechtsteil verborgen (Gupta) halten (vgl. auch die Anmerkung zu Vers 1.39).
Kapitel 1 Vers 39 : Siddhasana
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Übersetzung
- Diese (Sitzposition) nennen (einige) Siddhasana, andere kennen sie als Vajrasana.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- etat : diese (Sitzposition, Etad)
- siddhāsanam : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- prāhuḥ : nennt man ("sie nennen", pra + ah)
- anye : andere (Anya)
- vajrāsanam : (als) die Diamant-Sitzhaltung (Vajrasana)
- viduḥ : kennen (vid)
- muktāsanam : die (das Glied) nicht verbergende ("freigebende") Sitzhaltung (Muktasana)
- vadanti : nennen (vad)
- eke : einige (Eka)
- prāhuḥ : nennen
- guptāsanam : die (das Glied) verbergende Sitzhaltung (Guptasana)
- pare : (wieder) andere (Para)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda beschreibt die folgenden vier Varianten:
- 1. Siddhasana : die linke Ferse (Parshni) liegt am Damm (Yoni), die rechte Ferse über dem Glied (Mendhra)
- 2. Vajrasana : die rechte Ferse liegt am Damm, die linke Ferse über dem Glied
- 3. Muktasana : beide Fersen liegen übereinandergelegt am Damm, das Glied bleibt frei (Mukta)
- 4. Guptasana : beide Fersen liegen übereinandergelegt über dem Glied, dieses wird so verborgen bzw. "geschützt" (Gupta)
Kapitel 1 Vers 40 : Siddhasana
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Übersetzung
- Wie unter den Yama (genannten Regeln) maßvolles Essen, wie unter den Niyama (genannten Regeln) die Gewaltlosigkeit -
- so kennen die Vollkommenen Siddhasana als die allerbeste unter allen Sitzhaltungen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yameṣu : unter den Yama (genannten Regeln)
- iva : wie (Iva)
- mitāhāram : maßvolles Essen (Mitahara)
- ahiṁsā : Gewaltlosigkeit, Nichtschädigen (Ahimsa)
- niyameṣu : unter den Niyama (genannten Regeln)
- iva : wie
- mukhyam : erste, beste, wichtigste, vorzüglichste (Mukhya)
- sarvāsaneṣu : unter allen (Sarva) Sitzhaltungen, Körperstellungen (Asana)
- ekam : als die eine, einzige, alleinige (Eka)
- siddhāḥ : die Vollkommenen (Siddha)
- siddhāsanam : die Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- viduḥ : (so) kennen (vid)
Erläuterungen
Im Vers 1.17 wurden sowohl Mitahara (maßvolles Essen) als auch Ahimsa (Gewaltlosigkeit) unter die zehn Yamas gezählt, während im vorliegenden Vers Ahimsa als wichtigster der Niyamas erwähnt wird. Dies deutet darauf hin, dass die Verse 17 und 18 nicht zum ursprünglichen Text gehören, sondern vermutlich aus späteren Kommentaren übernommen worden sind, die offenbar durch das Yogasutra (II, 30) beeinflusst waren. Dort wird Ahimsa als erster und wichtigster der (fünf) Yamas aufgelistet (vgl. auch die Anm. zu Vers 1.17).
Kapitel 1 Vers 41 : Siddhasana
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Übersetzung
- Unter den 84 Körperstellungen soll man gerade die vollkommene (Sitzhaltung, Siddhasana) immer praktizieren,
- (denn sie ist) ein Reinigungsmittel) hinsichtlich von Verunreinigungen der 72 000 (Energie-)Kanäle.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- catur-aśīti-pīṭheṣu : unter den 84 (Chaturashiti) Körperstellungen (Sitzhaltungen, Pitha)
- siddham : die vollkommene (Sitzhaltung, Siddha i.S.v. Siddhasana, vgl. Vers 1.36)
- eva : eben, gerade (Eva)
- sadā : immer, stets (Sada)
- abhyaset : man soll üben, praktizieren (abhi + as)
- dvā-saptati-sahasrāṇām : der 72 000 (Dvasaptatisahasra)
- nāḍīnām : der (Energie-)Kanäle (Nadi)
- mala-śodhanam : (denn sie ist) ein Reinigung(smittel, Shodhana) hinsichtlich von Verunreinigungen, Schmutz (Mala)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 116 behandelt.
Kapitel 1 Vers 42 : Siddhasana
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Übersetzung
- Über eine Dauder von zwölf Jahren hindurch das Selbst kontemplierend und maßvoll essend,
- erlangt ein Yogin aufgrund der regelmäßigen Praxis von Siddhasana Vollkommenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ātma-dhyāyī : (wer über das) Selbst (Atman) meditiert, kontempliert (dhyai)
- mitāhārī : (wer) maßvoll isst ("wessen Nahrung maßvoll ist", Mitaharin)
- yāvad-dvā-daśa-vatsaram : über (eine Dauer von, Yavat) zwölf (Dvadasha) Jahren (Vatsara)
- sadā : immer, stets (hier i.S.v. "regelmäßig", Sada)
- siddhāsanābhyāsāt : durch das Üben, Praktizieren (Abhyasa) der vollkommenen Sitzhaltung (Siddhasana)
- yogī : (solch) ein Yogin
- niṣpattim : Vollkommenheit, den höchsten Zustand (Nishpatti)
- āpnuyāt : erreicht, sollte erreichen (āp)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 43 : Siddhasana
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Übersetzung
- Was (wird) durch die vielen anderen Körperstellungen (gewonnen), wenn Siddhasana gemeistert ist?
- Wenn der Prana (genannte Körper-)Wind in der vollständigen Atemverhaltung (Kevala Kumbhaka) achtsam angehalten wird,
- entsteht ohne Anstrengung, ganz von selbst, der (Bewusstseins-)Zustand jenseits des Geistes (Unmani).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kim : was (wird gewonnen, Kim)
- anyaiḥ : andere (Anya)
- bahubhiḥ : durch viele (Bahu)
- pīṭhaiḥ : Körperstellungen ("Sitzhaltungen", Pitha)
- siddhe : gemeistert, vervollkommnet (Siddha)
- siddhāsane : (wenn die) vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- sati : ist (as)
- prāṇānile : (wenn) der Prana (genannte) (Körper-)Wind, Atem (Anila)
- sāvadhāne : aufmerksam, achtsam ("mit Aufmerksamkeit", Savadhana)
- baddhe : festgehalten, gehemmt, gestoppt (ist, Baddha)
- kevala-kumbhake : in der vollständigen (Kevala) Atemverhaltung (Kumbhaka)
- utpadyate : (dann) entsteht (ud + pad)
- nirāyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung (Nirayasa)
- svayam : von selbst (Svayam)
- eva : sogar, wahrlich (Eva)
- unmanī : jenseits des Geistes (Unmani)
- kalā : der Zustand ("Kunstfertigkeit, Sechzehntel", Kala)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 64 behandelt.
Kapitel 1 Vers 44 : Siddhasana
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Übersetzung
- Desgleichen, wenn allein Siddhasana stabil eingenommen wird,
- entstehen, ohne Anstrengung, ganz von selbst, die drei Verschlüsse (Bandha).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tathā : ebenso, desgleichen, und (Tatha)
- ekasmin : allein (Eka)
- eva : wahrlich, ganz (Eva)
- dṛḍhe : fest, stabil, dauerhaft (Dridha)
- baddhe : eingenommen ("gebunden", Baddha)
- siddhāsane : (wenn) die vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- sati : ist ("seiend", Sat)
- bandha-trayam : die Dreiheit (Traya) der Verschlüsse (Bandha)
- anāyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung (Anayasa)
- svayam : von selbst (Svayam)
- eva : wahrlich, ganz
- upajāyate : (dann) entsteht (upa + jan)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda zählt die drei Verschlüsse (Bandhatraya) auf: Mula Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 80 behandelt.
Kapitel 1 Vers 45 : Siddhasana
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Übersetzung
- Keine Körperstellung ist Siddhasana vergleichbar, keine Atemverhaltung ist Kevala (Kumbhaka) vergleichbar.
- Keine Mudra gleicht Khecari, keine Meditation ist (der Konzentration auf den inneren) Klang vergleichbar.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- na : keine ("nicht ist eine", Na)
- āsanam : Körperstellung, Sitzhaltung (Asana)
- siddha-sadṛśam : (ist) der vollkommenen Sitzhaltung (Siddhasana) vergleichbar (Sadrisha)
- na : keine
- kumbhaḥ : Atemverhaltung ("Topf", Kumbha)
- kevalopamaḥ : (ist) vergleichbar (Upama) der vollständigen (Kevala)
- na : keine
- khe-carī-samā : gleicht (Sama) Khecari ("die im Luftraum wandelnde")
- mudrā : Mudra ("Siegel, Verschluss")
- na : keine
- nāda-sadṛśaḥ : (ist) vergleichbar (Sadrisha) (der Konzentration auf den inneren) Klang, Ton (Nada)
- layaḥ : Auflösung (des Geistes, Denkens), Ruhe, Ruhigstellung (Laya)
Erläuterungen
Das letzte Versviertel (na nāda-sadṛśo layaḥ) ist analog den parallelen Konstruktionen in den übrigen Versvierteln zu verstehen. Der Kommentator Brahmananda formuliert es so: "Es gibt (asti) keine (na) Auflösung (Laya, d.h. keine diese Auflösung bewirkende Ursache Hetu), die (der Konzentration auf den unangeschlagenen) Ton (Nada) vergleichbar (Sadrisha) ist" (nāda-sadṛśo layo laya-hetur nāsti).
In diesem Vers gibt der Autor Svatmarama eine Vorschau auf das "Beste" und aus seiner Sicht Nützlichste, das jeweils in den vier mit Asana, Pranayama, Mudra und Samadhi überschriebenen Kapiteln der HYP gelehrt wird.
Kapitel 1 Vers 46 : Padmasana
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel legend, und ebenso den linken (Fuß)
- auf den rechten Oberschenkel, (danach) beide großen Zehen hinterrücks mit beiden Händen (über Kreuz) fest ergreifend,
- das Kinn an die Brust legend, schaue man auf die Nasenspitze.
- Dies wird Lotussitz genannt, der den sich zügelnden (Yogis) die Vertreibung von Krankheiten verschafft.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vāmorūpari : auf (Upari) den linken (Vama) Oberschenkel (Uru)
- dakṣiṇam : den rechten (Dakshina)
- ca : und (Cha)
- caraṇam : Fuß (Charana)
- saṁsthāpya : legend ("gelegt habend", sam + sthā)
- vāmam : den linken (Fuß)
- tathā : und, ebenso (Tatha)
- dakṣorūpari : auf (Upari) den rechten (Daksha) Oberschenkel (Uru)
- paścimena : auf die hintere (hinter dem Rücken, Pashchima)
- vidhinā : Art und Weise (Vidhi)
- dhṛtvā : haltend, ergreifend ("ergriffen habend", dhṛ)
- karābhyām : mit beiden Händen (über Kreuz, Kara)
- dṛḍham : fest (Dridha)
- aṅguṣṭhau : beide großen Zehen (Angushtha)
- hṛdaye : an die Brust (die "Herzgegend", Hridaya)
- nidhāya : legend ("gelegt habend", ni + dhā)
- cibukam : das Kinn (Chibuka)
- nāsāgram : auf die Nasenspitze (Nasagra)
- ālokayet : man schaue (ā + lok)
- etat : das, diese (Sitzhaltung, Etad)
- vyādhi-vināśa-kāri : bewirkt, verschafft (Karin) die Vertreibung, Zerstörung (Vinasha) von Krankheiten (Vyadhi)
- yaminām : den (sich selbst) zügelnden, beherrschenden (Yogis, Yamin)
- padmāsanam : Lotussitz (Padmasana)
- procyate : wird genannt (pra + vac)
Erläuterungen
Diese Variante von Padmasana, bei der man mit hinter dem Rücken überkreuzten Armen die großen Zehen fasst, wird auch Baddha Padmasana genannt.
Kapitel 1 Vers 47 : Padmasana
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Übersetzung
- Beide Füße (mit den Fußsohlen) nach oben schauend auf dem (gegenüberliegenden) Oberschenkel sorgfältig zu liegen bringend,
- desgleichen beide Hände (mit den Handflächen) nach oben geöffnet auf die Mitte der Oberschenkel legend, dann beide Augen ...
- (Fortsetzung in Vers 48)
Wort-für-Wort-Übersetzung
- uttānau : (mit den Fußsohlen) nach oben schauend (Uttana)
- caraṇau : beide Füße (Charana)
- kṛtvā : bringend, veranlassend ("gemacht habend", kṛ)
- ūru-saṁsthau : (auf dem gegenüberliegenden) Oberschenkel (Uru) zu liegen ("befindlich", Samstha)
- prayatnataḥ : sorgfältig, nach Kräften (Prayatna)
- ūru-madhye : auf die Mitte (Madhya) der Oberschenkel (Uru)
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
- uttānau : (mit den Handflächen) nach oben geöffnet
- pāṇī : beide Hände (Pani)
- kṛtvā : legend ("gemacht habend")
- tataḥ : dann, danach (Tad)
- dṛśau : beide Augen (Drish, Fortsetzung Vers 48)
Erläuterungen
Die Verse 47 und 48 gehören inhaltlich und syntaktisch zusammen. Vers 48 setzt den im letzten Versviertel von Vers 47 mit tato dṛśau begonnenen Satz fort. Danach (tato) werden die Augen (dṛśau, Vers 47) auf die Nasenspitze (nāsāgre, Vers 48) gerichtet.
Die hier beschriebene Variante von Padmasana wurde laut dem Kommentator Brahmananda von Matsyendra Natha gelehrt (Abhimata): matsyendra-nāthābhimataṃ padmāsanam.
Kapitel 1 Vers 48 : Padmasana
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Übersetzung
- (Fortsetzung aus Vers 47)
- (... danach) richte man (beide Augen) auf die Nasenspitze, drücke mit der Zunge an den Ansatz der (oberen) Schneidezähne,
- (lege) das Kinn an die Brust, und lenke den Lebensatem ("Wind") langsam aufwärts.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- nāsāgre : auf die Nasenspitze (Nasagra)
- vinyaset : man richte (beide Augen, vi + ni + as)
- rāja-danta-mūle : an den Ursprung, den Ansatz ("die Wurzel", Mula) der (oberen) Schneidezähne ("Königs-Zähne", Rajadanta)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- jihvayā : mit der Zunge (Jihva)
- uttambhya : drückend ("gedrückt habend", ud + stambh)
- cibukam : das Kinn (Chibuka)
- vakṣasi : an die Brust (Vakshas)
- utthāpya : (aufwärts) lenkend ("heraufholend, austreibend, anregend", ud + sthā)
- pavanam : den Atem, (die Lebensenergie) Prana, ("Wind", Pavana)
- śanaiḥ : langsam (Shanais)
Erläuterungen
Vers 48 setzt den im letzten Pada von Vers 47 mit dṛśau "beide Augen" begonnenen Satz fort.
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass es sich hierbei um den Zungenverschluss (Jihva Bandha) handelt, dessen korrekte Ausführung nur aus dem Munde (Mukha) des Lehrers (Guru) zu erfahren (Avagantavya) ist: guru-mukhād avagantavyo’yaṃ jihvā-bandhaḥ.
Brahmananda ergänzt, dass das Aufwärtslenken des "Windes", also des Prana, mithilfe von Mula Bandha geschieht, welches ebenfalls nur vom Lehrer übermittelt wird: "damit (anena) wird auf Mula Bandha verwiesen (Prokta, anena mūla-bandhaḥ proktaḥ).
Kapitel 1 Vers 49 : Padmasana
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Übersetzung
- Das wird Lotussitz genannt. Er vertreibt alle Krankheiten,
- ist durch gewöhnliche Leute schwer zu erlangen, (aber) von einem Weisen wird er auf Erden erlangt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- idam : das, diese (Sitzposition, Idam)
- padmāsanam : Lotussitz (Padmasana)
- proktam : wird genannt (Prokta)
- sarva-vyādhi-vināśanam : (er) vertreibt ("vertreibend", Vinashana) alle (Sarva) Krankheiten (Vyadhi)
- dur-labham : (er ist) schwer zu erlangen, zu erreichen (Durlabha)
- yena kena api : durch welchen (gewöhnlichen Menschen) auch immer (Yad Ka Api)
- dhīmatā : (nur) von einem Weisen, Verständigen (Dhimat)
- labhyate : (er) wird erlangt (labh)
- bhuvi : auf Erden (Bhu)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 81 behandelt.
Kapitel 1 Vers 50 : Padmasana
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Ein Mensch, der den Lotussitz stabil eingenommen hat, beide Hände ineinander gelegt,
- das Kinn fest auf die Brust gelegt, und im Geist jenes (Brahman) kontempliert,
- immer wieder den nach unten fließenden Lebenshauch (Apana) aufwärts lenkt, und den eingeatmeten,
- nach oben fließenden Lebenhauch (Prana) abwärts lenkt, erlangt durch die Macht der göttlichen Energie (Shakti) unvergleichliche Einsicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kṛtvā : legend ("machend", kṛ)
- sampuṭitau : (in Form einer halbkugelförmigen Schale) ineinander ("zusammengefügt", Samputita)
- karau : beide Hände (Kara)
- dṛḍhataram : sehr fest, stabil (Dridha)
- baddhvā : eingenommen habend ("gebunden, aufgebaut habend", bandh)
- tu : aber, jedoch, wiederum (Tu)
- padmāsanam : den Lotussitz (Padmasana)
- gāḍham : fest, kräftig (drückend, Gadha)
- vakṣasi : auf die Brust (Vakshas)
- sannidhāya : legend (sam + ni + dhā)
- cibukam : das Kinn (Chibuka)
- dhyāyan : nachsinnend, meditierend, kontempliert (dhyai)
- ca : und (Cha)
- tat : (über) jenes (Brahman, Tad)
- cetasi : im Geist (Chetas)
- vāraṁ vāram : immer wieder, wiederholt (Vara)
- apānam : die nach unten fließende Lebensenergie (Apana bedeutet auf den Atmungsprozess bezogen auch das Ausatmen)
- ūrdhvam : aufwärts (Urdhva)
- anilam : Atem, Lebenshauch ("Wind", Anila)
- protsārayan : lenkend („wegtreibend“, pra + ud + sṛ)
- pūritam : (nach der Einatmung den) eingeatmenten ("gefüllten", Purita)
- nyañcan : nach unten lenkend ("niederbiegend", ni + ac)
- prāṇam : die nach oben fließende Lebensenergie (Prana bedeutet auf den Atmungsprozess bezogen auch das Einatmen)
- upaiti : erlangt, erreicht (upa + i)
- bodham : Erkenntnis, Einsicht, Wachheit, Erwachen (Bodha)
- atulam : unvergleichliche (Atula)
- śakti-prabhāvāt : durch die Macht, Wirkung (Prabhava) der (göttlichen) Energie (Shakti)
- naraḥ : ein Mensch (Nara)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass sich "jenes" (Tad), worüber man meditieren soll, entweder auf die Form (Rupa) der jeweiligen eigenen (Sva–Sva) Gottheit (Ishtadevata) oder (vā) das Brahman bezieht: tat sva-sveṣṭa-devatā-rūpaṃ brahma vā.
Kapitel 1 Vers 51 : Padmasana
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Übersetzung
- Ein Yogin aber, der sich im Lotussitz befindet, und den durch den (feinstofflichen Energie-)Kanal eingeatmeten
- Lebenshauch anhält, der ist befreit - hierüber (besteht) kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- padmāsane : im Lotussitz (Padmasana)
- sthitaḥ : (der) sich befindet, sitzt (Sthita)
- yogī : ein Yogin
- nāḍī-dvāreṇa : vermittels, durch ("durch das Tor", Dvara des feinstofflichen Energie-)Kanals (Nadi)
- pūritam : den eingeatmeten ("gefüllten", Purita)
- mārutam : Atem ("Wind, Luft", Maruta)
- dhārayet : (an)hält, zurückhält (dhṛ)
- yaḥ : welcher, der (Yad)
- tu : aber (Tu)
- saḥ : dieser, der (Tad)
- muktaḥ : (ist) befreit, erlöst (Mukta)
- na : nicht (besteht, Na)
- atra : hier(über, Atra)
- saṁśayaḥ : ein Zweifel (Samshaya)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erkärt, dass mit nāḍī-dvāreṇa ("durch den Kanal") hier der "Weg" (Marga) der Sushumna gemeint ist, über den der "Wind" (Maruta) zum Kopf bzw. Scheitel (Murdhan) geleitet wird (nītvā): mārutaṃ … suṣumnā-mārgeṇa mūrdhānaṃ nītvā.
Kapitel 1 Vers 52 : Simhasana
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Übersetzung
- Man lege beide Knöchel unterhalb des Hodensacks zu beiden Seiten des Dammes -
- den linken Knöchel auf die rechte und den rechten Knöchel auf die linke (Seite).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gulphau : beide Knöchel (Gulpha)
- ca : und, aber (Cha)
- vṛṣaṇasya : des Hodensacks (Vrishana)
- adhaḥ : unterhalb (Adhas)
- sīvanyāḥ : des Dammes (Perineums, Sivani)
- pārśvayoḥ : zu beiden Seiten (Parshva)
- kṣipet : man lege (kṣip)
- dakṣiṇe : auf die rechte (Seite, Dakshina)
- savya-gulpham : den linken (Savya) Knöchel (Gulpha)
- tu : aber (Tu)
- dakṣa-gulpham : den rechten (Daksha) Knöchel
- tu : jedoch
- savyake : auf die linke (Seite, Savyaka)
Erläuterungen
Die Verse 52 und 53 gehören inhaltlich zusammen. Die Knöchel bzw. Unterschenkel liegen somit über kreuz, und man sitz auf den Fersen.
Kapitel 1 Vers 53 : Simhasana
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Übersetzung
- Beide Hände auf beide Knie stützend und die Finger spreizend,
- schaue man mit (weit) geöffnetem Mund vollkommen konzentriert auf die Nasenspitze.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- hastau : beide Hände (Hasta)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- jānvoḥ : auf beide Knie (Janu)
- saṁsthāpya : legend, stützend ("gestützt habend", sam + sthā)
- svāṅgulīḥ : seine ("die eigenen", Sva) Finger (Anguli)
- samprasārya : spreizend, ausstreckend ("ausgestreckt habend", sam + pra + sṛ)
- ca : und (Cha)
- vyātta-vaktraḥ : den Mund (Vaktra) geöffnet (Vyatta)
- nirīkṣeta : man schaue (nir + īkṣ)
- nāsāgram : auf die Nasenspitze (Nasagra)
- su-samāhitaḥ : völlig, vollkommen ("schön", Su) konzentriert (Samahita)
Erläuterungen
Vers 53 setzt Vers 52 fort. Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass bei Simhasana aus dem geöffneten Mund (Mukha) die "züngelnde Zunge" (lalaj-jihva) herausgestreckt (samprasārita) wird: samprasārita-lalaj-jihva-mukhaḥ.
Kapitel 1 Vers 54 : Simhasana
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Übersetzung
- Das ist die Löwenstellung - von den Besten der Yogins geschätzt.
- Als hervorragende Sitzhaltung bewirkt sie die Verbindung der drei Verschlüsse (Bandha).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- siṁhāsanam : die Löwenstellung (Simhasana)
- bhavet : ist ("sei", bhū)
- etat : das, diese (Stellung, Etad)
- pūjitam : geehrt, geschätzt (Pujita)
- yogi-puṅgavaiḥ : von den Besten ("Stieren", Pungava) der Yogins
- bandha-tritaya-sandhānam : die Vereinigung, Verbindung (Sandhana) der drei ("Dreiheit", Tritaya) Verschlüsse (Bandha)
- kurute : sie bewirkt (kṛ)
- ca : und (Cha)
- āsanottamam : (als) hervorragende ("beste", Uttama) der Sitzhaltungen, Körperstellungen (Asana)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Sandhana ("Vereinigung, Verbindung") hier im Sinne von Sannidhana ("Anwesenheit, Dasein") zu verstehen ist: sandhānaṁ sannidhānaṁ kurute. Somit bewirkt die so ausgeführte Praxis von Simhasana zugleich das Setzen der drei Bandhas (vgl. Vers 44 zu Siddhasana).
Kapitel 1 Vers 55 : Bhadrasana
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Übersetzung
- Man platziere beide Knöchel unterhalb des Hodensacks zu beiden Seiten des Dammes,
- den linken Knöchel auf die linke, und den rechten Knöchel auf die rechte (Seite).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gulphau : beide Knöchel (Gulpha)
- ca : und, aber (Cha)
- vṛṣaṇasya : des Hodensacks (Vrishana)
- adhaḥ : unterhalb (Adhas)
- sīvanyāḥ : des Dammes (Perineums, Sivani)
- pārśvayoḥ : zu beiden Seiten (Parshva)
- kṣipet : man lege (kṣip)
- savya-gulpham : den linken (Savya) Knöchel
- tathā : und, ebenso (Tatha)
- savye : an, auf die linke (Seite)
- dakṣa-gulpham : den rechten (Daksha) Knöchel
- tu : jedoch (Tu)
- dakṣiṇe : an, auf die rechte (Seite, Dakshina)
Erläuterungen
Somit liegen beide Unterschenkel über kreuz.
Kapitel 1 Vers 56 : Bhadrasana
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Übersetzung
- Und indem man die beiden an den Seiten (des Dammes befindlichen) Füße fest mit beiden Händen ergriffen hält, völlig bewegungslos (sitzend),
- ergibt sich die glücksverheißende Stellung (Bhadrasana), das sämtliche Krankheiten vertreibt.
- Die vollkommenen (Siddha) Yogins nennen dies bekanntlich die Sitzhaltung des Goraksha (Gorakshasana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pārśva-pādau : die beiden (an den) Seiten (Parshva, des Dammes befindlichen) Füße (Pada)
- ca : und (Cha)
- pāṇibhyām : mit beiden Händen (Pani)
- dṛḍham : fest (Dridha)
- baddhvā : verbindend, einschließend, umschließend ("umschlossen habend", bandh)
- su-niścalam : völlig bewegungslos, ganz unbeweglich (Su-Nishchala)
- bhadrāsanam : die glücksverheißende Stellung (Bhadrasana)
- bhavet : ist ("sei", bhū)
- etat : das, diese (Stellung, Etad)
- sarva-vyādhi-vināśanam : (sie) vertreibt (Vinashana) alle, sämtliche (Sarva) Krankheiten (Vyadhi)
- gorakṣāsanam : die Sitzhaltung des Goraksha ("Kuhhirtenstellung", Gorakshasana)
- iti : so (Iti)
- āhuḥ : nennen (ah)
- idam : sie ("das", Idam)
- vai : wahrlich, bekanntlich (Vai)
- siddha-yoginaḥ : die vollkommenen (Siddha) Yogins
Erläuterungen
Dieser Vers vervollständigt die Anweisungen für Bhadrasana aus dem vorangegangenen Vers 1.55.
Kapitel 1 Vers 57 : Zeitpunkt der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Wenn in dieser Weise bei den Körperstellungen und Verschlüssen ein hervorragender Yogi frei von Erschöpfung ist,
- soll er die Reinigung der (feinstofflichen Energie-)Kanäle praktizieren (in Form) von Reinigungspraktiken wie Mudras usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- evam : (wenn) in dieser Weise (Evam)
- āsana-bandheṣu : bei den Körperstellungen ("Sitzpositionen", Asana) und Verschlüssen (Bandha)
- yogīndraḥ : ein hervorragender ("Fürst", Indra) unter den Yogins
- vigata-śramaḥ : frei ("verschwunden, gewichen", Vigata) von Ermüdung, Erschöpfung, Anstrengung (Shrama) ist
- abhyaset : er soll üben, praktizieren (abhi + as)
- nāḍikā-śuddhim : die Reinigung (Shuddhi) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- mudrādi-pavana-kriyām : die Handlung (Kriya) des Blasens, Atmens, Reinigens (Pavana) der Mudras ("Siegel") usw. ("zum Anfang habend", Adi)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda versteht hier allerdings Bandha nicht als "Verschluss", sondern als die verschiedenen Arten (Prakara) von Asanas, die ebenfalls als Bandha bzw. Bandhana bezeichnet werden: āsana-bandheṣu bandhana-prakāreṣu.
Kapitel 1 Vers 58 : Übungsabfolge im Hatha Yoga
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Übersetzung
- Körperstellung, Atemverhaltung und verschiedene Mudra genannte Haltungen,
- dann das Richten der Aufmerksamkeit auf den (inneren) Ton - (so lautet) die Abfolge der Übungen im Hatha (Yoga).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- āsanam : Körperstellung (Asana)
- kumbhakam : Atemverhaltung (Kumbhaka)
- citram : verschieden(e Arten von, Chitra)
- mudrākhyam : Mudra ("Siegel") : genannt, mit Namen (Akhya)
- karaṇam : Haltung(en), Stellung(en, Karana)
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
- atha : dann, ferner (Atha)
- nādānusandhānam : das Richten der Aufmerksamkeit, Konzentration (Anusandhana) (auf den inneren, "unangeschlagenen") Klang, Ton (Nada)
- abhyāsānukramaḥ : (so lautet die) Reihenfolge, Abfolge (Anukrama) der Übungen, Praxis (Abhyasa)
- haṭhe : im Hatha(-Yoga)
Erläuterungen
Die Atemverhaltung (Kumbhaka) wird hier als zentrale Praxis des Pranayama aufgeführt, vgl. auch Verse 1.43 und 45.
Kapitel 1 Vers 59 : Voraussetzungen für eine erfolgreiche Praxis
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Übersetzung
- Einer, der Enthaltsamkeit pflegt, maßvoll isst, Entsagung übt, dessen Hauptzweck der Yoga ist,
- wird nach einem Jahr ein Vollkommener (Siddha) - hierüber besteht kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- brahma-cārī : einer, der Enthaltsamkeit pflegt ("im Brahman wandelt", Brahmacharin)
- mitāhārī : der maßvoll isst ("wessen Nahrung maßvoll ist", Mitaharin)
- tyāgī : der Entsagung, Verzicht übt, freigebig ist (Tyagin)
- yoga-parāyaṇaḥ : dessen höchstes Ziel, Hauptzweck (Parayana) der Yoga ist
- abdāt : (einem) Jahr (Abda)
- ūrdhvam : nach (Urdhva)
- bhavet : er wird, ist (bhū)
- siddhaḥ : ein Vollkommener (Siddha)
- na : nicht (Na)
- atra : hierüber (Atra)
- kāryā : ist angebracht ("ist zu tun", Karya)
- vicāraṇā : ein Zweifeln ("Bedenken", Vicharana)
Erläuterungen
Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda gibt die folgenden beiden Bedeutungen von Tyagin an: ein "Entsagender" (tyāgī) ist einer, der freigebig ist – "dessen Gewohnheit (Shila) das Geben (Dana) ist" – oder (vā) einer, der (die Anhaftung an alle) Sinnesobjekte (Vishaya) aufgegeben hat (tyāgī dāna-śīlo viṣaya-parityāgī vā).
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 73 behandelt.
Kapitel 1 Vers 60 : Definition maßvoller Ernährung
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Übersetzung
- (Wenn) schön milde und süße Nahrung, wobei ein Viertel (des Magens) leer bleibt,
- zur Freude von Shiva gegessen wird - das wird maßvolle Ernährung genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- su-snigdha-madhurāhāraḥ : schön mild, weich, feucht (Susnigdha, im Ayurveda bedeutet Snigdha ölig, fetthaltig) (und) süß (Madhura) Nahrung (Ahara)
- caturthāṁśa-vivarjitaḥ : (wobei) der vierte (Chaturtha) Teil (Amsha) (des Magens) frei, leer (bleibt, Vivarjita)
- bhujyate : (wenn) gegessen wird, (bhuj)
- śiva-samprītyai : zur Freude (von), für die Befriedigung (von), aus Liebe (zu, Sampriti) Shiva
- mitāhāraḥ : maßvolle Ernährung ("Nahrung", Mitahara)
- saḥ : das, dies (Tad)
- ucyate : wird genannt (vac)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda zitiert in diesem Zusammenhang einen Vers, der besagt, dass zwei Teile (des Magens) mit fester Nahrung (Anna) gefüllt werden sollen, ein Teil mit Wasser (Toya), und der vierte Teil soll für die Luft bzw. die "Bewegungen des Windes" (Vayu) frei bleiben.
Kapitel 1 Vers 61 : Unzuträgliche Nahrungsmittel
Versmaß: Vasantatilaka
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Übersetzung
- Bitteres, Saures, Scharfes, Salziges, Erhitzendes, Chebulische Myrobalane, (grünes) Gemüse,
- saurer Gersten-, Reis- oder Weizenschleim, Öl bzw. Sesamöl, Sesamkörner, (brauner) Senf (oder Senföl), alkoholische Getränke, Fisch,
- Fleisch von Ziegen usw., Sauermilch, mit Wasser gemischte Buttermilch, Pferdebohnen, Chinesische Jujube, Brustbeere,
- Ölkuchen, Asant bzw. Asafoetida, Knoblauch usw. bezeichnet man als unzuträglich.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kaṭvāmla-tīkṣṇa-lavaṇoṣṇa-harīta-śāka-sauvīra-taila-tila-sarṣapa-madya-matsyān : bitter, scharf, beißend, (Katu) sauer (Amla) stechend, brennend, intensiv, scharf (Tikshna) salzig (Lavana) heiß, erhitzend (Ushna) Chebulische Myrobalane (Terminalia chebula, Harita) (grünes, schwer verdauliches) Gemüse, Kraut (Shaka) saurer Gersten-, Reis- oder Weizenschleim (Sauvira) Öl, Sesamöl (Taila) Sesam, Sesamkörner (Tila) (brauner) Senf (Sarshapa oder Senföl), alkoholische, berauschende Getränke (Madya) Fisch (Matsya)
- ājādi-māṁsa-dadhi-takra-kulattha-kola-piṇyāka-hiṅgu-laśunādyam: Fleisch (Mamsa) von Ziegen (Aja) usw., und anderen ("zum Anfang habend", Adi) molkehaltige, dicke Sauermilch, geronnene Milch (Dadhi) Buttermilch mit Wasser gemischt (im Verhältnis 1 : 1 oder 3 : 1, Takra) Pferdebohnen (Kulattha) Chinesische Jujube, Brustbeere (Ziziphus zizyphus, (Kola, Badara) Ölkuchen (die Reste ausgepresster ölhaltiger Früchte oder Körner wie Sesam usw., Pinyaka) Asant (Ferula assa-foetida, Hingu) sowie das aus dieser Pflanze gewonnene Gewürz Asafoetida, Knoblauch (Lashuna) all das ("dieses zum Anfang habend", Adya)
- apathyam : (als) nicht zuträglich, nicht förderlich, nicht heilsam, (Apathya)
- āhuḥ : sie nennen, bezeichnen (ah)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda liest zwar harīta-śāka (mit langem ī), versteht aber harita-śāka (mit kurzem i) im Sinne von "grünes Gemüse", was er mit pattra-śāka ("Blatt-Gemüse", Pattrashaka) erklärt. Das Versmaß (Vasantatilaka) dieses Verses lässt allerdings nur eine lange Silbe an dieser Stelle zu, was für die Richtigkeit der Lesung harīta-śāka (mit langem ī) spricht. Somit sind harīta und śāka als zwei getrennte Worte aufzufassen, wobei harīta für Haritaka bzw. Haritaki (Chebulische Myrobalane) steht. Shaka bedeutet "Gemüse, Kraut". Auch die Bedeutung harita-śāka "Meerettichbaum" (Shigru) scheidet aufgrund der hier nicht erlaubten Kürze des i aus.
Kapitel 1 Vers 62 : Unzuträgliche Nahrungsmittel
Versmaß: Arya
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Übersetzung
- Aufgewärmte und trockene Speisen soll man für einen solchen (intensiv praktizierenden Yogin) als ungeeignet erkennen.
- (Ebenso) ist allzu salzige, saure, abgestandene Speise und ein Übermaß an (grünem) Gemüse zu vermeiden.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- bhojanam : Speise, Nahrung, Essen (Bhojana)
- ahitam : (als) ungeeignet, schädlich (Ahita)
- vidyāt : man muss kennen (vid)
- punaḥ : wieder (Punar)
- asya : für einen solchen (Yogin, Idam)
- uṣṇī-kṛtam : die aufgewärmt ("warm gemacht") wurde (Ushna-Krita)
- rūkṣam : trocken ("rauh" Ruksha im Gegensatz zu Snigdha "glatt, feucht")
- ati-lavaṇam : allzu (Ati) salzig (Lavana)
- amla-yuktam : verbunden mit (Yukta) Säure, der sauren Geschmacksrichtung (Amla)
- kad-aśana-śākotkaṭam : ein Übermaß (an, Utkata) abgestandenen (oder überlagerten "schlechten", Kad) Speisen (Ashana) und (unterschiedlichen) Gemüsen (Shaka)
- varjyam : ist zu vermeiden (Varjya)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "trockener Speise" solche gemeint ist, der es an Ghee (Ghrita) usw. mangelt (Hina): rūkṣaṁ ghṛtādi-hīnam.
Kapitel 1 Vers 63 : Am Anfang der Praxis zu Meidendes
तथा हि गोरक्षवचनम् -
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tathā hi gorakṣa-vacanam -
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Übersetzung
- Am Anfang (der Übungspraxis) meide man das Aufsuchen von Feuer, Frauen und (langen) Wegen.
Denn so (lautet) ein Ausspruch Gorakshas:
- Man meide die Nähe schlechter Menschen, das Aufsuchen von Feuer, Frauen und (langen) Wegen,
- das Baden am frühen Morgen, Fasten u.ä. sowie Handlungen, die dem Körper Schmerzen verursachen,
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vahni-strī-pathi-sevānām : das (gewohnheitsmäßige) Aufsuchen (von, Seva) Feuer (Vahni), Frauen (Stri), Wegen (in Form von langen Fußmärschen oder Pilgerfahrten, Pathi)
- ādau : zuerst, am Anfang (der Übungspraxis, Adi - gemeint ist ein "Anfänger")
- varjanam : das Vermeiden (Varjana)
- ācaret : er soll befolgen, üben (ā + car)
- tathā : ebenso, genau so (Tatha)
- hi : denn (Hi)
- gorakṣa-vacanam : (lautet der) Ausspruch (Vachana) von Goraksha
- varjayet : man vermeide (vṛj)
- durjana-prāntam : die Nähe (Pranta) von schlechten Menschen (Durjana)
- vahni-strī-pathi-sevanam : das (gewohnheitsmäßige) Aufsuchen (von, Sevana) Feuer (Vahni) Frauen (Stri) Wegen (in Form von langen Fußmärschen oder Pilgerfahrten, Pathi)
- prātaḥ-snānopavāsādi : das Baden (Snana) am frühen Morgen (Pratar) Fasten (Upavasa) usw., und ähnliches ("zum Anfang habend", Adi)
- kāya-kleśa-vidhim : Handlungen, Verrichtungen (Vidhi, mit daraus resultierenden) Schmerzen, Beschwerden (Klesha) des Körpers (Kaya)
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass die hier aufgeführten Handlungen (das Sitzen am Feuer bei Kälte, Geschlechtsverkehr und Pilgerfahrten) nur am Anfang (Adi) der Übungspraxis (Abhyasa) gänzlich zu meiden sind (tāsām varjanam). Wenn die Übungspraxis bereits fortgeschritten bzw. "erfolgreich" (Siddha) ist, sind diese Dinge wieder – "manchmal" (kadā-cit), also bei passender Gelegenheit und im richtigen Maße – erlaubt: tāsām varjanam ādāv abhyāsa-kāle siddhe 'bhyāse tu kadā-cit.
Zu vermeidende Handlungen (Kriya), die dem Körper Schmerzen verursachen, sind laut Brahmananda etwa das Ausführen sehr vieler (Bahu) Sonnengrüße (Suryanamaskara) oder das Tragen (Udvahana) vieler Lasten (Bhara): kriyāṃ bahu-sūrya-namaskārādi-rūpāṃ bahu-bhārodvahanādi-rūpāṃ ca.
Kapitel 1 Vers 64 : Zuträgliche Nahrungsmittel
Versmaß: Vasantatilaka
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Übersetzung
- Weizen, Reis, Gerste, Reis- oder Getreidesorten, die innerhalb von sechzig Tagen reifen, reine Speisen,
- Milch, geklärte Butter ([[Ghee), brauner Kandiszucker, frische Butter, weißer Kandiszucker, Honig,
- getrockneter Ingwer, die Frucht der Gurkenart Trichosanthes dioica und ähnlicher (Kürbisgewächse), die fünf Kräuter,
- Mungbohnen und ähnliche (Hülsenfrüchte) und Regenwasser sind zuträglich für einen ausgezeichneten Yogi.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- godhūma-śāli-yava-ṣāṣṭika-śobhanānnam : Weizen (Godhuma), Reis (Shali), Gerste (Yava), (Reis- oder Getreidesorten, die innerhalb von) sechzig (Tagen reifen, Shashtika) vorzügliche, reinigende, reine (Shobhana) Speise, Nahrung, Reis(sorten, Anna)
- kṣīrājya-khaṇḍa-navanīta-sitā-madhūni : Milch (Kshira), geklärte Butter, (Ghee, Ajya), grobkörniger Zucker, (brauner) Kandiszucker (Khanda), frische Butter (Navanita), weißer Kandiszucker (Sita) und Honig (Madhu)
- śuṇṭhī-paṭolaka-phalādika-pañca-śākam : (getrockneter) Ingwer, (Shringavera) die Frucht (Phala) der Gurkenart Trichosanthes dioica (Patola) usw., und ähnliches ("zum Anfang habend", Adika), die fünf (Pancha) Kräuter, Küchenkräuter (Shaka, s. Anm.)
- mudgādi : Mungbohnen (Mudga) usw., und ähnliche (Hülsenfrüchte, Adi)
- divyam : himmliches (vom Himmel fallendes, Divya)
- udakam : Wasser, Regenwasser, Udaka)
- ca : und (Cha)
- yamīndra-pathyam : (all das ist) zuträglich, heilsam (Pathya) für einen ausgezeichneten ("Fürsten", Indra) unter den sich zügelnden (Yogins, Yamin)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "vorzüglichen" (Shobhana) Speisen (Anna) "reine" bzw. "reinigende" (Pavitra) Nahrungsmittel gemeint sind: śobhanam annaṁ pavitrānnam.
Des weiteren zitiert er einen Vers, in dem fünf Kräuter (śāka-pañcaka) erwähnt werden, die "gut für die Augen" (cākṣuṣya) sind: Jivanti, Vastu (Vastuka), mūlyākṣī, Meghanada und Punarnava.
Kapitel 1 Vers 65 : Zuträgliche Nahrungsmittel
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Übersetzung
- Nahrhaftes, Süßes, mit Ghee Angereichertes, Kuhmilchprodukte, die Körpergewebe Nährendes,
- die Sinne Erfreuendes sollte ein Yogi als geeignete Nahrung verzehren.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- puṣṭam : nährend, reichhaltig (Pushta)
- su-madhura : schön (Su) süß (Madhura)
- snigdham : feucht, fettig, ölig (der Austrocknung entgegenwirkend, Snigdha)
- gavyam : Kuhmilch(produkte, Gavya)
- dhātu-prapoṣaṇam : die Körpergewebe (Dhatu) nährend (Poshana)
- manobhilaṣitam : vom Geist, Herzen, von den Sinnen (Manas) begehrt, gewünscht (Abhilashita)
- yogyam : passende, geeignete (Yogya)
- yogī : ein Yogin
- bhojanam : Nahrung (Bhojana)
- ācaret : sollte verzehren ("verwenden", ā + car)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "Fettiges" (Snigdha) solche Nahrungsmittel gemeint sind, denen Ghee (Ghrita) beigemengt ist: snigdhaṃ sa-ghṛtam.
Der Sandhi im Kompositum mano-bhilaṣitam ergibt sich aus manas + abhilaṣitam, daraus mano'bhilaṣitam mit Wegfall von Avagraha (') für ausgefallenes a-.
Kapitel 1 Vers 66 : Bedeutung der Übungspraxis
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Übersetzung
- Ob jung, erwachsen oder sehr alt, ob krank oder schwach -
- durch Übung erreicht ein unermüdlich (Praktizierender) Erfolg in allen Yoga(techniken).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yuvā : jung (Yuvan)
- vṛddhaḥ : erwachsen, alt (Vriddha)
- ati-vṛddhaḥ : sehr (Ati) alt
- vā : oder (Va)
- vyādhitaḥ : krank (Vyadhita)
- dur-balaḥ : schwach (Durbala)
- api : aber, auch, sogar (Api)
- vā : oder
- abhyāsāt : durch Übung, regelmäßige Praxis (Abhyasa)
- siddhim : Erfolg, Vervollkommnung (Siddhi)
- āpnoti : (man) erreicht (āp)
- sarva-yogeṣu : in allen (Sarva) Yoga(techniken), Gliedern des Yoga
- a-tandritaḥ : ein unermüdlich, unverdrossen (Praktizierender, Atandrita)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass man aufgrund der Übungspraxis (Abhyasa) Erfolg (Siddhi) in Form (Rupa) der Frucht (Phala) des Samadhi erlangt (āpnoti): abhyāsāt … siddhiṃ samādhi-tat-phala-rūpām āpnoti. Ein Synonym für Samadhi ist der Begriff Rajayoga ("königlicher Yoga"), vgl. die Anm. zu Vers 70 sowie die Verse 3-4 des 4. Kapitels, wo weitere Bezeichnungen für den "höchsten Zustand" aufgeführt werden.
Brahmananda versteht unter Yoga hier die einzelnen Glieder (Anga) des (Hatha-)Yoga: sarveṣu yogeṣu yogāṅgeṣu (vgl. Vers 1.58).
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 110 behandelt.
Kapitel 1 Vers 67 : Bedeutung der Übungspraxis
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Übersetzung
- Dem Praktizierenden wird Erfolg zuteil - wie sollte dem Untätigen (Erfolg zuteil werden)?
- Durch bloßes Rezitieren der Lehrtexte entsteht kein Erfolg im Yoga.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kriyā-yuktasya : dem, der aktiv ("verbunden" ist, Yukta mit der Yoga-)Praxis ("Tätigkeit", Kriya)
- siddhiḥ : Erfolg, Vollkommenheit (Siddhi)
- syāt : wird zuteil ("sei", as)
- a-kriyasya : dem Untätigen (Erfolg zuteil werden, Akriya)
- katham : wie (Katham)
- bhavet : sollte (bhū)
- na : nicht (na)
- śāstra-pāṭha-mātreṇa : durch bloßes (Matra) Lesen, Rezitieren (Patha) der Lehrtexte, (Yoga-)Schriften (Shastra)
- yoga-siddhiḥ : Erfolg, Vollkommenheit (Siddhi) im Yoga
- prajāyate : entsteht, wird erzeugt (pra + jan)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 33 behandelt.
Kapitel 1 Vers 68 : Bedeutung der Übungspraxis
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Übersetzung
- Weder das Tragen von (bestimmter) Kleidung ist die Ursache des Erfolgs, noch das Reden darüber.
- Allein die Praxis ist die Ursache des Erfolgs - das ist die Wahrheit, kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- na : nicht (Na)
- veṣa-dhāraṇam : das Tragen (Dharana) von (bestimmter) Kleidung (Vesha)
- siddheḥ : des Erfolgs, der Vollkommenheit (Siddhi)
- kāraṇam : (ist) die Ursache (Karana)
- na : nicht
- ca : und, auch (Cha)
- tat-kathā : Rede, Gespräch, Unterhaltung (Katha) darüber (Tad)
- kriyā : Handlung, Tätigkeit, die (Yoga-)Praxis (Kriya)
- eva : nur, einzig (Eva)
- kāraṇam : (ist) die Ursache
- siddheḥ : des Erfolgs, der Vollkommenheit
- satyam : die Wahrheit (Satya)
- etat : das (ist, Etad)
- na : nicht (besteht hierüber)
- saṁśayaḥ : ein Zweifel (Samshaya)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 69 : Frucht der Übungspraxis
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Übersetzung
- Die Körperstellungen, die verschiedenen Atemverhaltungen, und die wunderbaren Mudras
- haben in der Hatha (Yoga-)Praxis am Ende allesamt den Raja Yoga (genannten höchsten Bewusstseinszustand) als Frucht.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pīṭhāni : Körperstellungen ("Sitz", Pitha)
- kumbhakāḥ : Atemverhaltungen (Kumbhaka)
- citrāḥ : die verschiedenen (Chitra)
- divyāni : himmliche, göttliche, wunderbare, magische (Divya)
- karaṇāni : Mudras ("Mittel", Karana)
- ca : und (Cha)
- sarvāṇi : alle, sämtliche (Sarva)
- api : auch (Api)
- haṭhābhyāse : in der Praxis (Abhyasa) des Hatha(-Yoga)
- rāja-yoga-phalāvadhi : haben als Ziel ("Grenze", Avadhi) die Frucht (Phala in Form) des königlichen Yoga (Raja Yoga)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass der (Zustand des) Rajayoga selbst (eva) die Frucht (Phala) des Hatha Yoga ist: rāja-yoga eva phalam. Zu einer Definition des Begriffes rāja-yoga vgl. die Anm. zu Kap. 4 Vers 103.
Kapitel 2 Vers 1 : Pranayama
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Übersetzung
- Wenn nun die Sitzhaltung stabil ist, der Yogi sich selbst (geistig und körperlich) beherrscht, und eine zuträglich und maßvolle Ernährung (einhält),
- möge er gemäß der von (seinem) Meister gelehrten Methode die (verschiedenen) Atemzügelungen praktizieren.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- atha : nun (Atha)
- āsane : (wenn) die Körperstellung, Sitzhaltung (Asana)
- dṛḍhe : fest, gefestigt, stabil (ist, Dridha)
- yogī : ein Yogin
- vaśī : der sich selbst (geistig und körperlich) beherrscht (Vashin)
- hita-mitāśanaḥ : dessen Nahrung (Ashana) zuträglich, heilsam, gut (Hita) und maßvoll ist (Mita)
- gurūpadiṣṭa-mārgeṇa : gemäß der Methode ("des Weges", Marga) die von seinem Lehrer, Meister (Guru) gelehrt wurde (Upadishta)
- prāṇāyāmān : die (verschiedenen) Atemzügelungen (Pranayama, hier Plural)
- samabhyaset : soll üben, praktizieren (sam + abhi + as)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 27 behandelt.
Kapitel 2 Vers 2 : Zweck der Atemverhaltung
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Übersetzung
- Wenn der Atem unstet ist, ist der Geist unstet. Wenn der Atem still steht, steht der Geist still.
- (Dann) erreicht der Yogi Bewegungslosigkeit. Deshalb soll man den Atem anhalten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- cale : unstet, beweglich (Chala)
- vāte : (ist der) Atem, Prana ("Wind", Vata)
- calam : unstet, beweglich
- cittam : (ist auch der) Geist (Chitta)
- niścale : (der Atem) unbeweglich (Nishchala)
- niścalam : (auch der Geist) unbeweglich
- bhavet : ist, wird (bhū)
- yogī : ein Yogin
- sthāṇutvam : Bewegungslosigkeit (das "Pfosten-Sein", Sthanutva)
- āpnoti : erreicht (āp)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- vāyum : den Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- nirodhayet : man soll anhalten ("einsperren", ni + rudh)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 32 behandelt.
Kapitel 2 Vers 3 : Zweck der Atemverhaltung
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Übersetzung
- Solange der (Lebens-)Atem sich im Körper befindet, wird das Leben genannt.
- Das Verschwinden dieses (Lebensatems wird) Tod (genannt). Deshalb soll man den Atem anhalten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yāvat : solange wie (Yavat)
- vāyuḥ : der (Lebens-)Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- sthitaḥ : sich befindet (Sthita)
- dehe : im Körper (Deha)
- tāvat : solange (Tavat)
- jīvanam : Leben (Jivana)
- ucyate : es wird genannt (vac)
- maraṇam : Sterben, Tod (Marana)
- tasya : dieses (Lebensatems, Tad)
- niṣkrāntiḥ : das Hinausgehen, Weichen, Verschwinden (Nishkranti)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- vāyum : den Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- nirodhayet : man soll anhalten ("einsperren", ni + rudh)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda definiert das "Leben" (Jivana) als die Verbindung (Samyoga) von Körper (Deha) und Lebensatem (Prana): deha-prāṇa-saṃyogasya. Das Hinausgehen (Nishkranti) von Prana aus dem Körper, also die Trennung (Viyoga) dieser beiden, wird "Sterben" (Marana) genannt (ucyate): tasya prāṇasya niṣkrāntir dehād viyogo maraṇam ucyate.
Kapitel 2 Vers 4 : Zweck der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Wenn die (feinstofflichen) Energiekanäle mit Verunreinigungen angefüllt sind, geht der (Lebens-)Atem gewiss nicht durch den mittleren (Kanal).
- Wie sollte (dann) der Zustand jenseits des Geistes (möglich) sein? Wie sollte (dann) das Erreichen des (höchsten) Zwecks (der Yogapraxis möglich) sein?
Wort-für-Wort-Übersetzung
- malākulāsu : mit Verunreinigungen (Mala) angefüllt sind (Akula)
- nāḍīṣu : (wenn die feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- mārutaḥ : der (Lebens-)Atem, [[Prana ("Wind", Maruta)
- na : nicht (Na)
- eva : gewiss (Eva)
- madhya-gaḥ : geht durch den mittleren (Kanal, Madhyaga)
- katham : wie (Katham)
- syāt : sollte (dann möglich) sein (as)
- unmanī-bhāvaḥ : der Zustand (Bhava) jenseits des Geistes (Unmani)
- kārya-siddhiḥ : der Erfolg, das Gelingen, Erreichen (Siddhi) der Absicht, des Zwecks (Karya)
- katham : wie
- bhavet : sollte (dann möglich) sein (bhū)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Prana "durch die Mitte geht" (Madhyaga), wenn er durch den Sushumna genannten Kanal ("Weg", Marga) fließt (vāhī): prāṇo madhya-gaḥ suṣumnā-mārga-vāhī.
Der letzte Zweck ([[Karya) des Hatha Yoga besteht laut Brahmananda "in Form" (Rupa) der absoluten Freiheit (Kaivalya), dessen Erfolg (Siddhi) besteht in deren Vervollkommnung (Nishpatti): kāryasya kaivalya-rūpasya siddhir niṣpattiḥ.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 115 behandelt.
Kapitel 2 Vers 5 : Zweck der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Wenn die Gesamtheit der verunreinigten (feinstofflichen) Energiekanäle gereinigt ist,
- erst dann wird der Yogi fähig, die Lebensenergie zu lenken (d.h. Pranayama zu praktizieren).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- śuddhim : Reinheit, Reinigung (Shuddhi)
- eti : erreicht ("geht", i)
- yadā : wenn (Yada)
- sarvam : die ganze, vollständige (Sarva)
- nāḍī-cakram : Menge, Gesamtheit ("Kreis", Chakra) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- malākulam : die mit Verunreinigungen (Mala) angefüllt (Akula) ist
- tadā : dann (Tada)
- eva : erst, nur (Eva)
- jāyate : wird (jan)
- yogī : der Yogin
- prāṇa-saṅgrahaṇe : zum Ansammeln, Beisichhalten, Lenken (Sangrahana) der Lebensenergie, des Prana
- kṣamaḥ : befähigt, geeignet (Kshama)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Chakra ("Kreis") hier die Gesamtheit (Samuha) der Nadis meint: nāḍīnāṃ cakraṃ samūhaḥ.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 86 behandelt.
Kapitel 2 Vers 6 : Zweck der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Daher soll man die Atemzügelung stets mit einem reinen Geist praktizieren,
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇāyāmam : Atemzügelung (Pranayama)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- kuryāt : man soll praktizieren (kṛ)
- nityam : stets (Nitya)
- sāttvikayā : mit reinem, klarem ("von der Qualität Sattva beherrschtem", Sattvika)
- dhiyā : Geist, Denken, Sinn (Dhi)
- yathā : damit, sodass (Yatha)
- suṣumṇā-nāḍī-sthā : die sich in (dem Energie-)Kanal (Nadi) Sushumna befinden (Stha)
- malāḥ : die Verunreinigungen (Mala)
- śuddhim : in die Reinheit (Shuddhi)
- prayānti : kommen, verschwinden (pra + yā)
- ca : und (Cha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda definiert einen "sattvischen Geist" (sāttvikayā dhiyā) als einen, der den Charakter (Shila) des Lichts (Prakasha) und der ungetrübten Reinheit (Prasada) besitzt: sāttvikayā prakāśa-prasāda-śīlayā dhiyā.
Kapitel 2 Vers 7 : Wechselatmung
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Übersetzung
- Der Yogi, der den Lotussitz eingenommen hat, soll die Lebensenergie durch den Mond(kanal) einatmen.
- Nachdem er nach Vermögen (den Atem) angehalten hat, soll er durch den Sonne(nkanal) wieder ausatmen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- baddha-padmāsanaḥ : der den Lotussitz (Padmasana) eingenommen ("gebunden, Baddha) hat
- yogī : der Yogin
- prāṇam : den Atem, die Lebensenergie Prana
- candreṇa : durch den Mond(kanal, das linke Nasenloch, Chandra)
- pūrayet : soll einatmen ("füllen", pṝ)
- dhārayitvā : nachdem er (den Atem) angehalten hat (dhṛ)
- yathā-śakti : nach Vermögen ("wie es in seiner Macht steht", Yathashakti)
- bhūyaḥ : wieder (Bhuyas)
- sūryeṇa : durch den Sonne(nkanal, das rechte Nasenloch, Surya)
- recayet : soll ausatmen (ric)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda analysiert das adjektivische Kompositum (Bahuvrihi) baddha-padmāsanaḥ mit baddhaṁ padmāsanaṁ yena, d.h. "von dem (yena) der Lotussitz ([[Padmasana) eingenommen wurde (Baddha)". Es handelt sich hierbei nicht um den sogenannten "gebundenen Lotussitz" (Baddha Padmasana), in dem die hinter dem Rücken gekreuzten Arme bzw. Hände die großen Zehen festhalten.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 30 behandelt.
Kapitel 2 Vers 8 : Wechselatmung
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Übersetzung
- Und indem er die Lebensenergie durch den Sonne(nkanal) einatmet, fülle er langsam den Bauch.
- Nachdem er vorschriftsgemäß die Atemverhaltung ausgeführt hat, soll er durch den Mond(kanal) wieder ausatmen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇam : den Atem, die Lebensenergie Prana
- sūryeṇa : durch den Sonne(nkanal, das rechte Nasenloch, Surya)
- ca : und (Cha)
- ākṛṣya : einatmend, einziehend ("eingezogen habend", ā + kṛṣ)
- pūrayet : er soll anfüllen (pṝ)
- udaram : den Bauch (Udara)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- vidhi-vat : vorschriftsgemäß, der Anweisung entsprechend (Vidhivat)
- kumbhakam : die Atemverhaltung (Kumbhaka)
- kṛtvā : nachdem er ausgeführt hat (kṛ)
- punaḥ : wieder (Punar)
- candreṇa : durch den Mond(kanal, das linke Nasenloch, Chandra)
- recayet : er soll ausatmen (ric)
Erläuterungen
Das Absolutivum ākṛṣya, wörtlich "eingezogen habend", wird hier dem Kontext gemäß im Sinne der Gleichzeitigkeit "einziehend" verstanden.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 40 behandelt.
Kapitel 2 Vers 9 : Wechselatmung
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Übersetzung
- Durch welches (Nasenloch) er ausatmet soll er (wieder) einatmen, (den Atem) solange wie möglich anhalten,
- und danach durch das andere (Nasenloch) ganz langsam - nicht ruckartig - ausatmen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yena : durch welches (Nasenloch, Yad)
- tyajet : er (den Atem) entlässt (tyaj)
- tena : durch das(selbe, Tad)
- pītvā : eingeatmet habend (den Atem "eingesaugt habend", pā)
- dhārayet : halte er (den Atem) an (dhṛ)
- ati-rodhataḥ : solange wie möglich ("bis zum äußersten Grad des Anhaltens", Ati + Rodha + Suffix tas)
- recayet : er soll ausatmen (ric)
- ca : und (Cha)
- tataḥ : danach (Tatas)
- anyena : durch das andere (Nasenloch, Anya)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- eva : nur, ganz (Eva)
- na : nicht (Na)
- vegataḥ : ruckartig (Vega + Suffix tas)
Erläuterungen
Die drei Optative tyajet, dhārayet und recayet stehen in diesem Satz zusammen mit dem Absolutivum pītvā in der logischen zeitlichen Abfolge dieser Atemtechnik: Ausatmen (tyajet) - Einatmen (pītvā) - Halten (dhārayet) - Ausatmen (recayet).
Kapitel 2 Vers 10 : Wechselatmung
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Wenn man den Atem durch das linke Nasenloch (Ida) einatmet, atme man den (zunächst) angehaltenen (Atem) durch das andere Nasenloch wieder aus.
- Nachdem man den Atem durch das rechte Nasenloch (Pingala) eingeatmet hat, entlasse man ihn dann, nachdem man ihn angehalten hat, durch den linken (Kanal).
- Sämtliche (feinstofflichen Energie-)Kanäle der auf diese Art (und Weise) durch den Sonnen- und Mond(kanal) regelmäßig praktizierenden, sich zügelnden (Yogis)
- sind nach drei Monaten rein.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇam : den Atem, die Lebensenergie Prana
- cet : wenn (Ched)
- iḍayā : durch Ida (den Mondkanal, das linke Nasenloch)
- pibet : man einatmet (den Atem "einsaugt", pā)
- niyamitam : den (bei gefüllter Lunge) angehaltenen (Atem, ni + yam)
- bhūyaḥ : wieder (Bhuyas)
- anyayā : durch den anderen (Kanal, das andere Nasenloch, Anya)
- recayet : man soll ausatmen (ric)
- pītvā : nachdem man eingeatmet hat ("eingesaugt" hat, pā)
- piṅgalayā : durch Pingala (den Sonnenkanal, das rechte Nasenloch)
- samīraṇam : den Atem ("Wind", Samirana)
- atha u : nun, dann (Atha + U)
- baddhvā : nachdem man angehalten hat (bandh)
- tyajet : man entlasse (ihn, tyaj)
- vāmayā : durch den linken (Kanal, das linke Nasenloch, Vama)
- sūryā-candramasoḥ* : durch den Sonnen- (Surya) und Mond(kanal, Chandramas)
- anena : auf diese (Idam)
- vidhinā : Art (und Weise, Vidhi)
- abhyāsam : (diese) Übung(spraxis, Abhyasa)
- sadā : stets, immer (Sada)
- tanvatām : ausführenden ("ausbreitenden", tan)
- śuddhāḥ : rein (Shuddha)
- nāḍi-gaṇāḥ : die Scharen (Gana) der feinstofflichen Energie-)Kanäle, Nadis
- bhavanti : werden, sind (bhū)
- yaminām : der sich zügelnden (Yogins, Yamin)
- māsa-trayāt : drei ("einer Dreiheit von", Traya) Monaten (Masa)
- ūrdhvataḥ : nach (Urdhva)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 11 : Steigerung der Atemverhaltungen
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Übersetzung
- Morgens, mittags, abends und zur Mitternacht - die Atemverhaltungen
- soll man vier mal praktizieren, allmählich bis auf 80 (pro Sitzung steigernd).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prātaḥ : morgens (Pratar)
- madhyan-dine : am Mittag (Madhyandina)
- sāyam : abends (Sayam)
- ardha-rātre : zur Mitternacht (Ardharatra)
- ca : und (Cha)
- kumbhakān : Atemverhaltungen (Kumbhaka)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (steigernd, Shanais)
- aśīti-paryantam : bis auf (Paryanta) 80 (Kumbhakas pro Sitzung, Ashiti)
- catur-vāram : vier (Chatur) mal (Vara)
- samabhyaset : man soll üben, praktizieren (sam + abhi + as)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass es sich jeweils um die Morgen- bzw. Abenddämmerung (Sandhya) handelt, also die Zeit vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang.
Kapitel 2 Vers 12 : Drei Stufen der Intensität
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Übersetzung
- Im niedrigsten (Stadium) entsteht Schweiß, im mittleren entsteht Zittern.
- Im höchsten (Stadium) erreicht man den (höchsten) Ort - daher soll man den Atem anhalten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kanīyasi : im niedrigsten ("geringsten" Stadium, Kaniyas)
- bhavet : es entsteht (bhū)
- svedaḥ : Schweiß (Sveda)
- kampaḥ : Zittern (Kampa)
- bhavati : es entsteht (bhū)
- madhyame : im mittleren (Stadium, Madhyama)
- uttame : im höchsten (Stadium, Uttama)
- sthānam : den (höchsten) Ort (Sthana, das Brahmarandhra)
- āpnoti : man erreicht (āp)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- vāyum : den Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- nibandhayet : man soll anhalten (ni + bandh)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass man im höchsten (Uttama) Stadium der in den Strophen 7 bis 10 beschriebenen Form des Pranayama das Brahmarandhra, den "Öffnung Brahmas" genannten Ort (Sthana), erreicht (āpnoti): uttame prāṇāyāme sthānam brahma-randhram āpnoti. Eine weitere Bedeutung von sthānam ist "vollkommene Ruhe", der "Stillstand" des Geistes.
Kapitel 2 Vers 13 : Schweiß
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Übersetzung
- Mit dem durch die Anstrengung entstandenen Schweiß soll man den Körper einreiben.
- Dadurch entsteht Festigkeit und Leichtigkeit des Körpers.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- jalena : mit dem Schweiß ("Wasser", Jala)
- śrama-jātena : der durch die Anstrengung (Shrama) entstanden ist (Jata)
- gātra-mardanam : das Einreiben (Mardana) des Körpers (Gatra)
- ācaret : man soll durchführen (ā + car)
- dṛḍhatā : Festigkeit, Kräftigkeit (Dridhata)
- laghutā : Leichtigkeit (Laghuta)
- ca : und (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- tena : dadurch (Tad)
- gātrasya : des Körpers (Gatra)
- jāyate : entsteht (jan)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 14 : Ernährung im Anfängerstadium
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Übersetzung
- In der Anfangszeit des Praktizierens wird mit Milch und geklärter Butter (zubereitete) Nahrung empfohlen.
- Danach, wenn die Übungspraxis sich gefestigt hat, ist das Festhalten an derartigen Beschränkungen nicht (mehr erforderlich).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- abhyāsa-kāle : Zeit (Kala) des Praktizierens (Abhyasa)
- prathame : in der ersten, anfänglichen (Prathama)
- śastam : wird empfohlen (Shasta)
- kṣīrājya-bhojanam : Nahrung (Bhojana, insbesondere Reis vermischt) mit Milch (Kshira) und) geklärter Butter (Ghee, Ajya)
- tataḥ : dann, danach (Tatas)
- abhyāse : (wenn) die Übungspraxis (Abhyasa)
- dṛḍhī-bhūte : sich gefestigt hat (Dridha-Bhuta)
- na : nicht (ist erforderlich, Na)
- tādṛṅ-niyama-grahaḥ : das Festhalten (Graha) an einer solchen, derartigen (Tadrish) Beschränkung (Niyama)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 15 : Gefahren der Pranayamapraxis
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Übersetzung
- Wie ein Löwe, ein Elefant oder ein Tiger ganz allmählich gehorsam wird,
- genau so behandelt wird der Atem (gehorsam), anderenfalls tötet er den Praktizierenden.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yathā : wie (Yatha)
- siṁhaḥ : ein Löwe (Simha)
- gajaḥ : ein Elefant (Gaja)
- vyāghraḥ : ein Tiger (Vyaghra)
- bhavet : wird (bhū)
- vaśyaḥ : gehorsam, folgsam (Vashya)
- śanaiḥ śanaiḥ : ganz langsam, ganz allmählich (Shanais)
- tathā : so (Tatha)
- eva : genau (Eva)
- sevitaḥ : behandelt (Sevita)
- vāyuḥ : der Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- anyathā : anderenfalls (Anyatha)
- hanti : er tötet (han)
- sādhakam : den Praktizierenden (Sadhaka)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 16 : Heilsame und unheilsame Pranayamapraxis
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Übersetzung
- Durch angemessene Atemzügelung kommt die Vernichtung jeglicher Krankheit zustande.
- Durch die Anwendung unangemessener Übungspraktiken entstehen sämtliche Krankheiten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇāyāmena : Atemzügelung (Pranayama)
- yuktena : durch angemessene, richtige (Yukta)
- sarva-roga-kṣayaḥ : die Vernichtung (Kshaya) jeglicher (Sarva) Krankheit (Roga)
- bhavet : kommt zustande, wird sein (bhū)
- ayuktābhyāsa-yogena : durch die Anwendung (Yoga) unangemessener (Ayukta) Übung(spraktiken, Abhyasa)
- sarva-roga-samudgamaḥ : das Entstehen, Erscheinen (Samudgama) sämtlicher (Sarva) Krankheiten (Roga)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 17 : Krankheiten durch unangemessene Pranayamapraxis
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Übersetzung
- Schluckauf, Asthma und Husten sowie Kopf-, Ohren-und Augenschmerzen -
- die verschiedentlichsten Krankheiten entstehen aufgrund einer Übererregung des (Körper-)windes.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- hikkā : Schluckauf (Hikka)
- śvāsaḥ : Asthma (Shvasa)
- ca : und (Cha)
- kāsaḥ : Husten (Kasa)
- ca : und
- śiraḥ-karṇākṣi-vedanāḥ : Kopf- (Shiras), Ohren- (Karna) und Augen- (Akshi) Schmerzen (Vedana)
- bhavanti : entstehen (bhū)
- vividhāḥ : die verschiedentlichsten (Vividha)
- rogāḥ : Krankheiten (Roga)
- pavanasya : des Atems ("Windes", Pavana, aus ayurvedischer Sicht ist der Dosha Vata gemeint)
- prakopataḥ : aufgrund einer Reizung, Übererregung (Prakopa)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 18 : Achtsames Üben
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Übersetzung
- Ganz aufmerksam entlasse man den Atem, und ganz aufmerksam atme man ein.
- Ganz aufmerksam halte man (den Atem) an - auf diese Weise kann man Erfolg erreichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yuktaṃ yuktam : ganz aufmerksam, angemessen, richtig (Yukta)
- tyajet : man entlasse (tyaj)
- vāyum : den Atem ("Wind", Vayu)
- yuktaṃ yuktam : ganz aufmerksam, angemessen, richtig
- ca : und (Cha)
- pūrayet : man atme ein ("fülle", pṝ)
- yuktaṃ yuktam : ganz aufmerksam, angemessen, richtig
- ca : und
- badhnīyāt : man halte an ("binde fest", bandh)
- evam : so, auf diese Weise (Evam)
- siddhim : Vollkommenheit, Erfolg (Siddhi)
- avāpnuyāt : man kann erreichen (āp)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass das "Atem anhalten" (kumbh) auch mit dem Setzen von Jalandhara Bandha und den anderen Bandhas verbunden (Yukta) ist: jālandhara-bandhādi-yuktaṃ badhnīyāt kumbhayet.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 111 behandelt.
Kapitel 2 Vers 19 : Äußere Zeichen erfolgreicher Pranayamapraxis
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Übersetzung
- Wenn aber die Reinheit der (feinstofflichen Energie-)Kanäle besteht, so gibt es äußerliche Anzeichen:
- dann entsteht gewiss Schlankheit und Schönheit des Körpers.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yadā : wenn (Yada)
- tu : aber (Tu)
- nāḍī-śuddhiḥ : die Reinheit (Shuddhi) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- syāt : besteht, vorhanden ist (as)
- tathā : so, in diesem Maße (Tatha)
- cihnāni : Anzeichen, Zeichen (Chihna)
- bāhyataḥ : äußerliche ("von außen", Bahyatas)
- kāyasya : des Körpers (Kaya)
- kṛśatā : Schlankheit (Krishata)
- kāntiḥ : Anmut, Schönheit, Glanz (Kanti)
- tadā : dann (Tada)
- jāyate : entsteht (jan)
- niścitam : gewiss, sicher (Nishchita)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 20 : Nutzen der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Das Anhalten des Atems nach Belieben, das Entfachen des (Verdauungs-)Feuers,
- das Offenbarwerden des (inneren) Klanges sowie Gesundheit entstehen aufgrund der Reinigung der (feinstofflichen Energie-)Kanäle.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yatheṣṭam : nach Belieben ("wie gewünscht", Yatheshta)
- dhāraṇam : das Anhalten (Dharana)
- vāyoḥ : des Atems, von Prana ("Windes", Vayu)
- analasya : des (Verdauungs-)Feuers (Anala)
- pradīpanam : das Auflodern, Entfachen (Pradipana)
- nādābhivyaktiḥ : das Offenbarwerden, Erscheinen (Abhivyakti) des (inneren, "unangeschlagenen") Klanges (Nada)
- ārogyam : Gesundheit ("Nichtkrankheit", Arogya)
- jāyate : entsteht (jan)
- nāḍi-śodhanāt : aufgrund der Reinigung (Shodhana) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 21 : Sechs Reinigungshandlungen
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Übersetzung
- Jemand mit einem Überschuss an Fett und Schleim sollte vor (der Pranayama-Praxis) die sechs (Reinigungs-)Handlungen durchführen.
- (Jeder) andere jedoch sollte diese aufgrund der (bereits bestehenden) Ausgeglichenheit der Doshas nicht durchführen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- meda-śleṣmādhikaḥ : jemand mit einem Überschuss (Adhika) an Fett (Meda) und Schleim (Shleshman bzw. dem Kapha genannten Dosha)
- pūrvam : vorher, vor (der Pranayama-Praxis, Purva)
- ṣaṭ-karmāṇi : die sechs (Shash Reinigungs-)Handlungen (Karman)
- samācaret : sollte durchführen (sam + ā + car)
- anyaḥ : ein anderer (Anya)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- na : nicht (Na)
- ācaret : sollte durchführen (ā + car)
- tāni : diese (Tad)
- doṣāṇām : der (drei) Humore (Dosha)
- sama-bhāvataḥ : aufgrund der (bereits bestehenden) Ausgeglichenheit (Samabhava + tas)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert das Wort pūrvam "vorher" in dem Sinne, dass hier "vor (Prak) der Praxis (Abhyasa) des Pranayama" gemeint ist: prāṇāyāmābhyāsāt prāk.
Kapitel 2 Vers 22 : Sechs Reinigungshandlungen
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Übersetzung
- Dhauti, Vasti, ebenso Neti, Trataka sowie Nauli und
- Kapalabhati - diese nennt man die sechs (Reinigungs-)Handlungen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dhautiḥ : Dhauti ("Quelle, Bach")
- vastiḥ : Vasti ("Klistierblase")
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
- netiḥ : Neti (das "Hindurchführen")
- trāṭakam : Trataka (unverwandtes Schauen)
- naulikam : Nauli (Kreisen der Bauchmuskulatur)
- tathā : und, ebenso, desgleichen
- kapāla-bhātiḥ : Kapalabhati ("das Leuchten des Schädels")
- ca : und (Cha)
- etāni : diese (Etad)
- ṣaṭ-karmāṇi : die sechs (Shash Reinigungs-)Handlungen (Karman)
- pracakṣate : man nennt (pra + cakṣ)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 23 : Sechs Reinigungshandlungen
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Übersetzung
- Diese Sechsergruppe von (Reinigungs-)Handlungen, die das Reinigen des Körpers bewirkt, ist geheim zu halten.
- Sie verleiht wunderbare Eigenschaften und wird von den Vortrefflichsten der Yogis verehrt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- karma-ṣaṭkam : die Sechsergruppe (Shatka) von (Reinigungs-)Handlungen (Karman)
- idam : diese (Idam)
- gopyam : ist zu hüten, zu verbergen, geheim zu halten (Gopya)
- ghaṭa-śodhana-kārakam : die das Reinigen (Shodhana) des Körpers ("Topfes, Kruges", Ghata) bewirkt, verursacht (Karaka)
- vicitra-guṇa-sandhāyi : die verschiedenartige, wunderbare (Vichitra) Eigenschaften (Guna) verleiht, in sich vereinigt (Sandhayin)
- pūjyate : wird verehrt (pūj)
- yogi-puṅgavaiḥ : von den Vortrefflichsten ("Stieren", Pungava) der Yogis (Yogin)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 24 : Dhauti
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Übersetzung
- Einen vier Finger breiten, fünfzehn Ellen langen
- befeuchteten Stoff(streifen) verschlucke man langsam nach der von seinem Meister gelehrten Methode,
- und ziehe ihn wieder heraus - das wird Dhauti-Anwendung genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- catur-aṅgula-vistāram : vier (Chatur) Finger (Angula) breit ("die Breite habend von", Vistara)
- hasta-pañca-daśāyatam : fünfzehn (à 46 cm ergibt eine Länge von 6,90 m, Panchadasha) Ellen ("Hand" inklusive Unterarm, 1 Hasta ~ 46 cm) lang (Ayata)
- gurūpadiṣṭa-mārgeṇa : nach der Methode ("Weg", Marga) die vom (eigenen) Lehrer, Meister (Guru) gelehrt wurde (Upadishta)
- siktam : einen befeuchteten (Sikta)
- vastram : Stoff(streifen, Vastra)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- graset : man verschlucke (gras)
- punaḥ : wieder (Punar)
- pratyāharet : man ziehe heraus (prati + ā + hṛ)
- ca : und (Cha)
- etat : diesen (Etad)
- uditam : wird genannt (Udita)
- dhauti-karma : Dhauti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- tat : das, diese (Tad)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 25 : Heilwirkungen von Dhauti
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Übersetzung
- Husten, Asthma, Milz(krankheiten) und Aussatz und 20 (weitere) Kapha-Störungen
- verschwinden gewiss durch die Wirkung der Dhauti-Anwendung - (hierüber besteht) kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kāsa-śvāsa-plīha-kuṣṭham : Husten (Kasa), Asthma (Shvasa) Milz(vergrößerung), Milz(krankheiten, Plihan) und Aussatz, Lepra (Kushtha)
- kapha-rogāḥ : Krankheiten (Roga, bedingt durch gestörtes bzw. übermäßiges) Kapha
- ca : und (Cha)
- viṁśatiḥ : zwanzig (Vimshati)
- dhauti-karma-prabhāveṇa : durch die Wirkung (Prabhava) der Dhauti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- prayānti : vergehen, verschwinden (pra + yā)
- eva : gewiss (Eva)
- na : nicht (besteht hierüber, Na)
- saṁśayaḥ : ein Zweifel (Samshaya)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 26 : Vasti
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Übersetzung
- In Hockstellung sich bis zum Nabel im Wasser befindend und ein Röhrchen in den Anus eingeführt habend,
- führe man das Kontrahieren des Beckenbodens aus - dieses Spülen ist die Vasti-Anwendung.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- nābhi-daghna-jale : im Wasser (Jala) reichend bis an (Daghna) den Nabel (Nabhi)
- pāyau : in den Anus (Payu)
- nyasta-nālotkaṭāsanaḥ : ein Röhrchen (Nala) eingeführt habend (Nyasta) und in Utkatasana bzw. Utkutakasana, der Hockstellung (befindlich)
- ādhārākuñcanam : das Kontrahieren, Zusammenziehen (Akunchana) des (Becken-)Bodens (Adhara)
- kuryāt : man führe aus (kṛ)
- kṣālanam : Spülen, Waschen (Kshalana)
- vasti-karma : (ist) die Vasti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- tat : dieses (Tad)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert, dass man das im Inneren (Antar) befindliche (Pravishta) Wasser (Jala) erst wieder ausscheiden soll (tyajet), nachdem es durch die Anwendung (Karman) von Nauli hin- und herbewegt wurde (cālayitvā): antaḥ praviṣṭaṃ jalaṃ nauli-karmaṇā cālayitvā tyajet.
Kapitel 2 Vers 27 : Heilwirkungen von Vasti
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Übersetzung
- Unterleibsgeschwulste, Milzkrankheiten und auch Anschwellungen des Bauches (sowie)
- alle Krankheiten, die ihren Ursprung in (gestörtem) Vata, Pitta oder Kapha haben, verschwinden durch die Wirkung der Vasti-Anwendung.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gulma-plīhodaram : krankhafte Anschwellungen im Unterleib, Unterleibsgeschwulste (Gulma), Milz(vergrößerung), Milz(krankheiten, Plihan)
und (Wasser-)Bauch, (Anschwellungen des) Bauches (Udara)
- ca : und (Cha)
- api : auch, sogar (Api)
- vāta-pitta-kaphodbhavāḥ : (Krankheiten mit) Ursprung (Udbhava in gestörtem) Vata ("Wind), Pitta ("Galle") und Kapha ("Schleim")
- vasti-karma-prabhāveṇa : durch die Wirkung (Prabhava) der Vasti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- kṣīyante : verschwinden (kṣi)
- sakalāmayāḥ : alle, sämtliche (Sakala) Krankheiten (Amaya)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 28 : Heilwirkungen von Vasti
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Reinheit der Körpergewebe, der Sinnesorgane und des Denkorgans,
- Anmut und das Auflodern des (Verdauungs-)Feuers verleiht sie,
- und senkt eine (unerwünschte) Zunahme sämtlicher Doshas
- wenn die Wasser-Vasti-Anwendung (regelmäßig) praktiziert wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dhātvindriyāntaḥ-karaṇa-prasādam : Klarheit, Reinheit, Ungetrübtheit (Prasada) der Körpergewebe ("Element, Bestandteil", Dhatu), der Sinnesorgane (Indriya) und des inneren Organs (Antahkarana)
- dadyāt : verleiht (dā)
- ca : und (Cha)
- kāntim : Anmut, Schönheit, Glanz (Kanti)
- dahana-pradīptim : das Auflodern, Entfachen (Pradipti) des Verdauungs-)Feuers (Dahana)
- aśeṣa-doṣopacayam : eine (unerwünschte) Zunahme, Vermehrung (Upachaya) sämtlicher (Ashesha) Humore (Dosha)
- nihanyāt : senkt ("sollte niederschlagen", ni + han)
- abhyasyamānam : (wenn sie regelmäßig) ausgeführt, praktiziert wird ("praktiziert werdend", abhi + as)
- jala-vasti-karma : die Vasti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman) (unter Verwendung von) Wasser (Jala)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 29 : Neti
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Übersetzung
- Man führe einen sehr weichen Faden, eine Spanne (lang), in den Nasengang ein
- und aus dem Mund wieder heraus - dies wird von den Vollkommenen Neti genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- sūtram : einen Faden (Sutra)
- vitasti-su-snigdham : eine Spanne (lang, ca. 23 cm, Vitasti) und sehr weich, ganz glatt (Snigdha)
- nāsā-nāle : in den Gang ("die Röhre", Nala) der Nase (Nasa)
- praveśayet : man führe ein (pra + viś)
- mukhāt : aus dem Mund (Mukha)
- nirgamayet : man führe (wieder) heraus (nir + gam)
- ca : und (Cha)
- eṣā : dies ("diese", Etad)
- netiḥ : Neti
- siddhaiḥ : von den Vollkommenen (Siddha)
- nigadyate : wird genannt (ni + gad)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 35 behandelt.
Kapitel 2 Vers 30 : Heilwirkungen von Neti
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Übersetzung
- Sie reinigt gewiss den Schädel, und verleiht himmliche Sicht.
- Geschwind vertreibt Neti eine Menge von Krankheiten, die oberhalb Schlüsselbeine entstanden sind.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kapāla-śodhinī : reinigt (Shodhana) den Schädel (Kapala)
- ca : und, auch (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- divya-dṛṣṭi-pradāyinī : verleiht (Pradayin) himmliche, göttliche (Divya) Sicht (Drishti)
- jatrūrdhva-jāta-rogaugham : Menge ("Flut", Ogha) der Krankheiten (Roga) die oberhalb (Urdhva) Schlüsselbeine (Jatru) entstanden sind (Jata)
- netiḥ : Neti
- āśu : geschwind, schnell (Ashu)
- nihanti : vertreibt (ni + han)
- ca : und
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt "himmliche bzw. göttliche Sicht" (divya-dṛṣṭi) als ein Sehen (Drishti), das feinstoffliche (Sukshma, also für gewöhnlich unsichtbare) Dinge (Padartha), erfasst (grāhiṇīṃ): sūkṣma-padārtha-grāhiṇīṃ dṛṣṭiṃ.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 29 behandelt.
Kapitel 2 Vers 31 : Trataka
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Übersetzung
- Man schaue mit bewegungslosem Blick konzentriert auf ein kleines Objekt,
- bis zum Erscheinen von Tränen - dies wird von den Lehrern Trataka genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- nirīkṣet : man schaue (nir + īkṣ)
- niścala-dṛśā : mit bewegungslosem, starrem (Nishchala) Blick (Drish)
- sūkṣma-lakṣyam : auf ein kleines (Sukshma) Objekt ("Ziel", Lakshya)
- samāhitaḥ : konzentriert (Samahita)
- aśru-sampāta-paryantam : bis (Paryanta) zum Erscheinen ("Fallen", Sampata) von Tränen (Ashru)
- ācāryaiḥ : von den Lehrern (Acharya)
- trāṭakam : Trataka
- smṛtam : wird genannt ("erinnert als", Smrita)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 32 : Heilwirkungen von Trataka
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Übersetzung
- (Es bedeutet) Befreiung von Augenkrankheiten, (und ist wie) ein (schützendes) Tor gegen Mattigkeit usw.
- Trataka sollte sorgsam gehütet werden - wie ein Goldkästchen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mocanam : (bedeutet) Befreiung (Mochana)
- netra-rogāṇām : von Krankheiten (Roga) der Augen (Netra)
- tandrādīṇām : gegen ("für") Mattigkeit, Erschlaffung, Abspannung, Trägheit (Tandra) usw. ("zum Anfang habend", Adi)
- kapāṭakam : (und ist wie ein) Tor (Kapataka)
- yatnataḥ : sorgfältig, sorgsam (Yatna + tas)
- trāṭakam : Trataka
- gopyam : sollte gehütet, verborgen werden (Gopya)
- yathā : wie (Yatha)
- hāṭaka-peṭakam : ein Kästchen (Petaka) für Gold (Hataka)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert kapāṭakam "Tor" so, dass Trataka wie ein Tor (Kapata-Vat) Mattigkeit usw. ausschließt (Antardhayaka): kapāṭa-vad antardhāyakam.
Kapitel 2 Vers 33 : Nauli
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Übersetzung
- Mit der Geschwindigkeit eines munteren Wasserstrudels lasse man den Bauch nach links und nach rechts
- kreisen, mit vorgebeugten Schultern. Dies wird von den Vollkommenen Nauli genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- amandāvarta-vegena : mit der Geschwindigkeit (Vega) eines munteren ("nicht trägen", Amanda) Wasserstrudels (Avarta)
- tundam : den Bauch, Nabel (Tunda)
- savyāpasavyataḥ : nach links (Savya) und nach rechts (Apasavya)
- natāṁsaḥ : (einer, dessen) Schultern (Amsa) vorgebeugt sind (Nata)
- bhrāmayet : drehe, rotiere (bhram)
- eṣā : das ("diese", Etad)
- nauliḥ : Nauli
- siddhaiḥ : von den Vollkommenen (Siddha)
- praśasyate : wird genannt ("gepriesen als", pra + śas)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 34 : Heilwirkungen von Nauli
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Sie bewirkt das Auflodern eines trägen (Verdauungs-)Feuers, eine (gute) Verdauung und anderes mehr,
- verleiht jederzeit Glückseligkeit,
- und verscheucht (Störungen) aller (drei) Doshas sowie Krankheiten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mandāgni-sandīpana-pācanādi-sandhāyikā : verleiht, bewirkt (Sandhayika) das Entfachen, Auflodern (Sandipana) eines trägen (Manda) (Verdauungs-)Feuers (Agni), eine (gute) Verdauung ("das Kochen", Pachana) usw., und anderes mehr (Adi)
- ānanda-karī : bewirkt Glückseligkeit (Ananda-Kara)
- sadā : immer, stets (Sada)
- eva : gewiss (Eva)
- aśeṣa-doṣāmaya-śoṣaṇī : verscheucht, vernichtet ("trocknet aus", Shosha) aller (drei, "sämtlicher", Ashesha Störungen) der Humore (Dosha) und Krankheiten (Amaya)
- ca : und (Cha)
- haṭha-kriyā-mauliḥ : (ist) die Krone (Mauli) der (genannten Reinigungs-)Handlungen (Kriya) des Hatha(-Yoga)
- iyam : diese (Iyam)
- ca : und
- nauliḥ : Nauli
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 35 : Kapalabhati
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Übersetzung
- Wie bei einem Blasebalg eines Schmiedes wird die Ausatmung und die Einatmung schnell ausgeführt.
- (Dies) wird Kapalabhati genannt und trocknet (übermäßigen) Kapha-Dosha aus.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- bhastrā-vat : wie (bei einem) Blasebalg (Bhastra)
- loha-kārasya : eines Schmiedes ("Eisen-Machers", Lohakara)
- reca-pūrau : die Ausatmung (Recha) und die Einatmung (Pura)
- sa-sambhramau : (werden) schnell ("mit Eile" ausgeführt, Sa-Sambhrama)
- kapāla-bhātiḥ : Scheinen, Leuchten (Bhati des) Schädels (Kapala)
- vikhyātā : wird genannt, ist bekannt als (Vikhyata)
- kapha-doṣa-viśoṣaṇī : verscheucht, vernichtet, heilt ("trocknet aus", Vishoshana Störungen des) Humors (Dosha) Kapha ("Schleim")
Erläuterungen
Die äußerst knappen Anweisungen dieses Verses bezüglich der Ausführung von Kapalabhati werden auch vom Kommentator Brahmananda nicht weiter ausgeführt.
Kapitel 2 Vers 36 : Pranayama
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Übersetzung
- Jemand, der durch die sechs (Reinigungs-)Handlungen von Dickleibigkeit, (Störungen des) Humors Kapha, Unreinigkeiten usw. befreit ist,
- möge dann die Atemzügelung praktizieren. Er erreicht mühelos das Ziel (des Hatha-Yoga).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ṣaṭ-karma-nirgata-sthaulya-kapha-doṣa-malādikaḥ : einer, der durch die sechs (Shash) (Reinigungs-)Handlungen (Karman) befreit ist ("von dem gewichen sind", Nirgata) von Dickleibigkeit (Sthaulya, von Störungen des) Humors (Dosha) Kapha ("Schleim"), von Unreinigkeiten, Schlacken, Abfallprodukten (Mala) und anderem, usw. ("zum Anfang habend", Adi)
- prāṇāyāmam : die Atemzügelung (Pranayama)
- tataḥ : dann, danach (Tatas)
- kuryāt : möge ausführen, praktizieren (kṛ)
- anāyāsena : mit Leichtigkeit ("ohne Mühe, ohne Schwierigkeit", Anayasa)
- sidhyati : ist erfolgreich, erreicht das Ziel (des Hatha-Yoga, sidh)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 37 : Andere Lehrmeinung
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Übersetzung
- "Allein durch die (Praktiken der) Atemzügelung verschwinden sämtliche Unreinheiten" - so (denkend)
- schätzen andere Lehrer keine andere (Reinigungs-)Handlung (als Pranayama).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇāyāmaiḥ : durch die (Praktiken der) Atemzügelung (Pranayama)
- eva : nur, allein, ausschließlich (Eva)
- sarve : alle, sämtliche (Sarva)
- praśuṣyanti : verschwinden ("trocknen aus", pra + śuṣ)
- malāḥ : Unreinheiten (Mala, Störungen der) Doshas
- iti : so, in dieser Weise (denkend, Iti)
- ācāryāṇām : Lehrern (Acharya)
- tu : jedoch (Tu)
- keṣāñ-cit : von einigen, gewissen (Ka Chid)
- anyat : eine andere (Anya)
- karma : (Reinigungs-)Handlung (als Pranayama, Karman)
- na : nicht (Na)
- saṁmatam : wird geschätzt, geachtet (Sammata)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 38 : Gajakarani
Versmaß: Pushpitagra
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Übersetzung
- Dinge, die sich im Magen befinden, werden erbrochen,
- indem man den Apana (genannten Lebens-)Wind in die Speiseröhre heraufzieht.
- (Diese Handlung,) die die Gesamtheit der (feinstofflichen Energie-)Kanäle durch systematische Übung kontrollierbar macht,
- wird von den Hatha(-Yoga)kundigen Gajakarani genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- udara-gata-padārtham : den Inhalt, die Dinge (Padartha) die sich befinden ("gelangt sind", Gata) im Magen ("Bauch", Udara)
- udvamanti : (die Yogis) erbrechen (ud + vam)
- pavanam : den (Lebens-)Wind (Pavana)
- apānam : (namens) Apana
- udīrya : nachdem sie heraufgezogen ("angehoben") haben (ud + īr)
- kaṇṭha-nāle : in die Speiseröhre ("Kehl-Röhre", Kanthanala)
- krama-paricaya-vaśya-nāḍi-cakrā : (infolge derer wird) kontrollierbar, beherrschbar (Vashya) die Gesamtheit ("der Kreis", Chakra aller feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi) durch schrittweise, systematische (Krama) Übung, Praxis, Wiederholung (Parichaya)
- gaja-karaṇī : Elefanten-Handlung, Elefanten-Praktik (Gajakarani)
- iti : so (Iti)
- nigadyate : wird (diese Praxis) genannt (ni + gad)
- haṭha-jñaiḥ : von den Hatha(-Yoga-)kundigen (Jna)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert hierzu, dass es sich beim Mageninhalt um gegessene (Bhukta) und getrunkene (Pita) Dinge (Padartha) wie Speisen (Anna) und Wasser (Jala) usw. (Adi) handelt: bhukta-pītānna-jalādis taṃ padārtham.
Brahmananda erläutert ebenfalls, dass hierdurch nicht die Nadis und die Chakras beherrschbar (Vashya) werden, sondern dass hier nāḍi-cakrā als Teil des Kompositums im dritten Pada "die Gesamtheit (Chakra) der Nadis" bedeutet: vaśyaṃ ... nāḍīṇāṃ (Gen.Pl.) cakram (Nom.Sg.).
Kapitel 2 Vers 39 : Pranayama
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Übersetzung
- Sogar die Götter gaben sich ganz der Atempraxis hin,
- aus Furcht vor dem Tod: daher soll man die Atempraxis üben.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- brahmādayaḥ : mit dem Schöpfergott) Brahma beginnend (Adi)
- api : sogar (Api)
- tri-daśāḥ : die Götter ("die Dreißig, drei-mal-zehn", Tridasha)
- pavanābhyāsa-tat-parāḥ : ganz hingegeben, eifrig bemüht (Tatpara) der Praxis, Übung (Abhyasa) des (Lebens-)Windes (Prana, Pavana)
- abhūvan : waren, wurden (bhū)
- antaka-bhayāt : aus Furcht (Bhaya) vor dem Tod (Antaka)
- tasmāt : daher, deshalb (Tad)
- pavanam : (in der Zügelung, Beherrschung des Lebens-)Windes (Pavana)
- abhyaset : man übe sich (abhi + as)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 40 : Pranayama
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Übersetzung
- Solange der Atem im Körper gehalten wird, solange der Geist ruhig ist,
- solange der Blick in der Mitte beider Brauen (ruht) - wo ist da die Furcht vor dem Tod?
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yāvat : solange (Yavat)
- baddhaḥ : angehalten ("festgebunden") ist (Baddha)
- marut : der Atem, Prana ("Wind", Marut)
- dehe : im Körper (Deha)
- yāvat : solange
- cittam : der Geist (Chitta)
- nirākulam : ruhig, klar ("nicht verwirrt") ist (Nirakula)
- yāvat : solange
- dṛṣṭiḥ : der Blick (ruht, Drishti)
- bhruvoḥ : beiden Augenbrauen (Bhru)
- madhye : zwischen ("in der Mitte", Madhya)
- tāvat : während dieser Zeit ("genau solange", Tavat)
- kāla-bhayam : Furcht (Bhaya) vor dem Tod ("Zeit", Kala)
- kutaḥ : woher (sollte kommen, Kutas)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt Nirakula ("nicht verwirrt") mit "nicht zerstreut, nicht (a-) unaufmerksam" (Vikshipta), "konzentriert" (Samahita): nirākulam avikṣiptaṃ samāhitam.
Kapitel 2 Vers 41 : Pranayama
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Übersetzung
- Wenn die Gesamtheit der feinstofflichen Energiekanäle vorschriftsgemäß durch die (Methoden der) Atemzügelung gereinigt ist,
- tritt der Atem, nachdem er die Öffnung der Sushumna durchstoßen hat, mühelos in diese ein.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vidhi-vat : vorschriftsgemäß, gemäß der Anweisungen (Vidhivat)
- prāṇa-saṁyāmaiḥ : durch die Zügelungen, Kontrolle (Samyama, Instr. Pl.) des Lebensatems, der Lebensenergie (Prana)
- nāḍī-cakre : (wenn) die Gesamtheit ("der Kreis", Chakra) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- viśodhite : gereinigt ist (Vishodhita)
- suṣumṇā-vadanam : die Öffnung (den "Mund", Vadana) der Sushumna
- bhittvā : nachdem er durchbrochen, durchstoßen hat (bhid)
- sukhāt : leicht, mühelos (Sukha)
- viśati : tritt (in sie) ein (viś)
- mārutaḥ : der Atem, Prana ("Wind", Maruta)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit prāṇa-saṁyāmaiḥ (Zügelung des Lebensatems) Pranayama gemeint ist, verbunden (Yukta) mit der vorschriftsgemäßen Ausführung (Vidhi) der Körperstellungen (Asana) sowie von Jalandhara Bandha und der übrigen (Adi) Bandhas: prāṇa-saṁyāmair āsana-jālandhara-bandhādi-vidhi-yukta-prāṇāyāmaiḥ.
Kapitel 2 Vers 42 : Manonmani
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Übersetzung
- Wenn der Atem in der Mitte (der Sushumna) fließt, entsteht die Unbeweglichkeit des Geistes.
- Diese äußerste Unbeweglichkeit des Geistes ist der Manonmani (genannte) Zustand.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mārute : (wenn) der Atem, Prana ("Wind", Maruta)
- madhya-sañcāre : in der Mitte (der Sushumna, Madhya) fließt ("beim Hindurchgang", Sanchara)
- manaḥ-sthairyam : festes Gerichtetsein, Unbeweglichkeit (Sthairya) des Geistes (Manas)
- prajāyate : entsteht (pra + jan)
- yaḥ : was ("welcher", Yad)
- manaḥ-su-sthirī-bhāvaḥ : ein äußerst (Su) beständiger Zustand, Unbeweglichkeit (Sthiribhava) des Geistes (Manas ist)
- sā : das ("dieser", Tad)
- eva : gewiss (Eva)
- avasthā : (ist) der Zustand (Avastha)
- manonmanī : des Geistes jenseits des Geistes (Manonmani)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt den Begriff Sthairya als das (ununterbrochene) Dahinströmen (Pravaha) der geistigen Aktivität (Vritti) in der Form (Akara) des Meditationsobjektes (Dhyeya): sthairyaṃ dhyeyākāra-vṛtti-pravāhaḥ.
Kapitel 2 Vers 43 : Manonmani durch Kumbhaka
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Übersetzung
- Für das Erreichen dieses (Manonmani genannten Zustandes) praktizieren diejenigen, die die (geeigneten) Methoden kennen, unterschiedliche Atemverhaltungen.
- Durch das Praktizieren der verschiedenen Atemverhaltungen kann man wundersame Fähigkeiten erreichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tat-siddhaye : für das Erreichen, Vervollkommnen (Siddhi) dieses (Manonmani bzw. Unmani genannten Zustandes, Tad)
- vidhāna-jñāḥ : (diejenigen, die) die Regeln, Methoden (Vidhana) kennen (Jna)
- citrān : verschiedene, unterschiedliche (Chitra)
- kurvanti : praktizieren (kṛ)
- kumbhakān : Atemverhaltungen (Kumbhaka)
- vicitra-kumbhakābhyāsāt : durch das Praktizieren, Üben (Abhyasa) der verschiedenen (Vichitra) Atemverhaltungen
- vicitrām : wundersame (Vichitra)
- siddhim : Macht, (übernatürliche) Fähigkeiten (Siddhi)
- āpnuyāt : kann man erreichen (āp)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 44 : Die acht Kumbhakas
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Übersetzung
- Suryabhedana, Ujjayi, Sitkari und Shitali,
- Bhastrika, Bhramari, Murchha, Plavini - so (lauten) die acht Atemverhaltungen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- sūrya-bhedanam : Suryabhedana (auch Surya Bheda, "Durchstoßen des Sonnen-Kanals" Surya–Bhedana)
- ujjāyī : Ujjayi
- sīt-kārī : Sitkari
- śītalī : Shitali
- tathā : und (Tatha)
- bhastrikā : Bhastrika
- bhrāmarī : Bhramari
- mūrcchā : Murchha
- plāvinī : Plavini
- iti : so (lauten, Iti)
- aṣṭa : die acht (Ashta)
- kumbhakāḥ : Atemverhaltungen (Kumbhaka)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 45 : Ausführung der drei Bandhas
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Übersetzung
- Am Ende der Einatmung ist der Jalandhara Bandha genannte Verschluss auszuführen.
- Am Ende der Atemverhaltung, zu Beginn der Ausatmung, ist wiederum Uddiyana Bandha auszuführen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pūrakānte : am Ende (Anta) der Einatmung (Puraka)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- kartavyaḥ : ist auszuführen (Kartavya)
- bandhaḥ : der Verschluss (Bandha)
- jālandharābhidhaḥ : Jalandhara (das "Halten des Netzes") namens ("mit Namen", Abhidha)
- kumbhakānte : am Ende (Anta) der Atemverhaltung (Kumbhaka)
- recakādau : am Anfang (Adi) der Ausatmung (Rechaka)
- kartavyaḥ : ist auszuführen (Kartavya)
- tu : aber, jedoch
- uḍḍiyānakaḥ : Uddiyanaka bzw. Uddiyana (Bandha, das "Auffliegen")
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 51 behandelt.
Kapitel 2 Vers 46 : Ausführung der drei Bandhas
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- adhastāt : des Beckenbodens (des Bereiches "unten", "von unten her", Adhastat)
- kuñcanena : (gleichzeitig) mit dem Zusammenziehen (Kunchana)
- āśu : schnell, unverzüglich, sogleich (Ashu)
- kaṇṭha-saṅkocane : (wenn) das Zusammenziehen (Sankochana) der Kehle (Kantha)
- kṛte : ausgeführt wird ("wurde", Krita)
- madhye : in der (Körper-)Mitte (Madhya)
- paścima-tānena : (zusammen) mit dem Einziehen ("Ausdehnen" des Bauches, Tana) nach hinten (Pashchima)
- syāt : sollte (as)
- prāṇaḥ : der (Lebens-)Atem, die Lebensenergie Prana
- brahma-nāḍi-gaḥ : (durch) Brahmanadi (Brahmas Energiekanal, Sushumna) fließen ("gehen", Ga)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 47 : Wirkung der drei Bandhas
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- apānam : Apana
- ūrdhvam : (durch Mula Bandha) aufwärts, nach oben (Urdhva)
- utthāpya : ziehend ("hinaufdrängend", ud + sthā)
- prāṇam : Prana
- kaṇṭhāt : von der Kehle (Kantha)
- adhaḥ : (durch Jalandhara Bandha) abwärts, nach unten (Adhas)
- nayet : möge leiten (nī)
- yogī : der Yogin
- jarā-vimuktaḥ : vom Alter (Jara) befreit (Vimukta)
- san : seiend (Sat)
- ṣoḍaśābda-vayā : (wie einer, dessen) Alter (Vayas) das eines Sechzehnjährigen (ist, Shodasha–Abda)
- bhavet : wird (bhū)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 48 : Surya Bhedana
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- āsane : Sitz(unterlage, Asana)
- sukha-de : auf einer bequemen, "Bequemlichkeit (Sukha) gebenden (dā)"
- yogī : der Yogin
- baddhvā : nachdem er eingenommen hat (Baddha)
- ca : und, aber (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- āsanam : eine (geeignete) Sitz(haltung, Asana)
- tataḥ : dann (Tatas)
- dakṣa-nāḍyā : durch den rechten (Daksha) Nasengang ("Energie-Kanal", Nadi)
- samākṛṣya : einziehend ("ansichziehend", sam + ā + kṛṣ)
- bahiḥ-stham : die außerhalb (Bahis) befindliche (sthā)
- pavanam : Luft ("Wind", Pavana)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais, Fortsetzung folgt in Vers 49)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 49 : Surya Bhedana
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ā keśāt : bis zu (ā) den) Haaren (Kesha)
- ā nakhāgrāt : bis zu den Spitzen (Agra) der Fuß-)Nägel (Nakha)
- ca : und (Cha)
- nirodhāvadhi : bis (er den Atem spürt), "bis zur Grenze" (Avadhi) unter Verschluss, Kontrolle (Nirodha)
- kumbhayet : er halte (den Atem, kumbh)
- tataḥ : dann, danach (Tatas)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- savya-nāḍyā : durch den linken (Savya) Nasengang ("Energie-Kanal", Nadi)
- recayet : er entlasse ("entleere", ric)
- pavanam : (den) Atem ("Wind", Pavana)
- śanaiḥ : langsam, allmählich
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 50 : Surya Bhedana
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kapāla-śodhanam : (dieses) Reiniguns(smittel, Shodhana) des Schädels (Kapala)
- vāta-doṣa-ghnam : das Störungen (Dosha) von) Vata ("Wind") vertreibt (Ghna)
- kṛmi-doṣa-hṛt : (und auch solche) Störungen (Dosha) vertreibt (hṛ) die durch Würmer (Krimi hervorgerufen werden)
- punaḥ punaḥ : wieder (und) wieder, immer wieder (Punar)
- idam : dieses (Idam)
- kāryam : soll durchgeführt werden, ist zu praktizieren (Karya)
- sūrya-bhedanam : Surya Bhedana "Durchstoßen des Sonnen-Kanals"
- uttamam : vorzügliche (Uttama)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 51 : Ujjayi
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mukham : den Mund (Mukha)
- saṁyamya : geschlossen habend (Samyama)
- nāḍībhyām : durch beide Nasenlöcher ("Energie-Kanäle", Nadi)
- ākṛṣya : einziehend (ā + kṛṣ)
- pavanam : den Atem ("Wind", Pavana)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- yathā : so dass (Yatha)
- lagati : (der Atem) fühlbar ist ("berührt, sich anschmiegt", lag)
- kaṇṭhāt : von der Kehle (Kantha abwärts)
- tu : aber (Tu)
- hṛdayāvadhi : bis ("bis zur Grenze", Avadhi) zum Herzen (Hridaya)
- sa-svanam : geräuschvoll ("mit Geräusch", Sasvana; Fortsetzung folgt in Vers 52)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 52 : Ujjayi
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pūrva-vat : wie zuvor (in Vers 2.49 beschrieben, Purvavat)
- kumbhayet : er halte (den Atem) an (kumbh)
- prāṇam : den (Lebens-)Atem Prana
- recayet : er entlasse ("entleere", ric)
- iḍayā : durch Ida (den im linken Nasenloch endenden "Mondkanal")
- tathā : und (Tatha)
- śleṣmadoṣa-haram : beseitigt Störungen (Dosha-Hara hervorgerufen durch) Schleim (Shleshman bzw. Kapha)
- kaṇṭhe : in der Kehle (Kantha)
- dehānala-vivardhanam : (und) vermehrt (Vivardhana) das (Verdauungs-)Feuer (Anala) im Körper (Deha)
Erläuterungen
"Wie zuvor" (pūrva-vat) verweist hier auf die Ausführung von Kumbhaka, wie sie im ersten Halbvers von Vers 2.49 beschrieben wird.
Kapitel 2 Vers 53 : Ujjayi
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- nāḍī-jalodarā-dhātu-gata-doṣa-vināśanam : es beseitigt, vertreibt (Vinashana) Störungen (Dosha) die sich befinden (Gata) in den Energie-Kanälen, Gefäßen, Adern (Nadi), Wassersucht ("Wasser-Bauch", Jalodara) bis hin zu den Körpergeweben (Dhatu)
- gacchatā : gehend (gam)
- tiṣṭhatā : (oder auch) stehend (sthā)
- kāryam : soll ausgeführt werden, ist zu praktizieren (Karya)
- ujjāyī : Ujjayi
- ākhyam : (welche) genannt wird (Akhya)
- tu : aber (Tu)
- kumbhakam : (diese) Atemverhaltung (Kumbhaka)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass Ujjayi im Gehen bzw. Stehen ohne (Rahita) Bandhas praktiziert werden soll (Kartavya): gacchatā tiṣṭhatā tu bandha-rahitaḥ kartavyaḥ.
Kapitel 2 Vers 54 : Sitkari
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- sīt-kām : (den Laut) "sīt" (Sitka)
- kuryāt : man mache (kṛ)
- tathā : und, so (Tatha)
- vaktre : (beim Einatmen) in den Mund (Vaktra)
- ghrāṇena : durch die Nase (Ghrana)
- eva : nur, allein, ausschließlich (Eva)
- vijṛmbhikām : die Ausatmung (Vijrimbhika)
- evam : so, auf diese Weise (Evam)
- abhyāsa-yogena : durch die Anwendung, das Mittel, die Methode (Yoga) der Übung, Wiederholung (Abhyasa)
- kāma-devaḥ : Liebesgott (Kamadeva)
- dvitīyakaḥ : (man wird) ein zweiter (Dvitiyaka)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass in diesem Vers die Atemverhaltung (Kumbhaka) mitzuverstehen ist (Avagantavya), obwohl sie nicht ausdrücklich genannt wird (anukto’pi), insofern Sitkari zu den (Ausführungsformen von) Kumbhaka gehört (kumbhakatvāt): kumbhakas tv anukto’pi sīt-kāryāḥ kumbhakatvād evāvagantavyaḥ, vgl. auch die Anmerkung zu Vers 2.52.
Kapitel 2 Vers 55 : Sitkari
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yoginī-cakra-sammānyaḥ : (er) steht in Ehren (Sammana) im Kreise (Chakra) der Yoginis (mächtige, zauberkundige weibliche Yogis)
- sṛṣṭi-saṁhāra-kārakaḥ : (er ist) der Vollführer, Erschaffer (Karaka) von Schöpfung, Aussendung (Srishti) und Auflösung, Zerstörung, Zurückziehung (des Geschaffenen, Samhara)
- na : nicht, weder (Na)
- kṣudhā : Hunger (Kshudha)
- na : nicht, noch
- tṛṣā : Durst (Trisha)
- nidrā : Schlaf, Schläfrigkeit (Nidra)
- na : nicht, noch
- eva : gewiss (Eva)
- ālasyam : Trägheit, Schlaffheit, Energiemangel (Alasya)
- prajāyate : entsteht (ihm, pra + jan)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 56 : Sitkari
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- bhavet : es entsteht (bhū)
- sattvam : Festigkeit, Stärke (Sattva)
- ca : und (Cha)
- dehasya : des Körpers (Deha)
- sarvopadrava-varjitaḥ : (er wird) frei (Varjita) von allen (Sarva) Übeln, Gebrechen, Widrigkeiten (Upadrava)
- anena : mit dieser (Ayam)
- vidhinā : Methode (Vidhi)
- satyam : wahrlich (Satya)
- yogīndraḥ : (er wird) ein Fürst (Indra) unter den Yogins
- bhūmi-maṇḍale : auf dem Erdenkreis (Bhumi–Mandala)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 57 : Shitali
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- jihvayā : über die Zunge (Jihva)
- vāyum : den Atem ("Wind", Vayu)
- ākṛṣya : einziehend (ā + kṛṣ)
- pūrva-vat : wie zuvor (in Vers 49 beschrieben, Purvavat)
- kumbha-sādhanam : (dann folgt) die Praxis (Sadhana) der Atemverhaltung (Kumbha)
- śanakaiḥ : langsam, allmählich (Shanakais)
- ghrāṇa-randhrābhyām : durch die beiden Löcher (Randhra) der Nase (Ghrana)
- recayet : entlasse ("entleere", ric)
- pavanam : den Atem ("Wind", Pavana)
- su-dhīḥ : der verständige (Yogin, Sudhi)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 58 : Shitali
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gulma-plīhādikān : (wie) krankhafte Anschwellung im Unterleib, Unterleibsgeschwulst (Gulma), Milz(vergrößerung, Plihan) und andere, usw., ("zum Anfang habend", Adika)
- rogān : Krankheiten (Roga)
- jvaram : Fieber (Jvara)
- pittam : (ein Übermaß an) Pitta ("Galle")
- kṣudhām : Hunger (Kshudha)
- tṛṣām : Durst (Trisha)
- viṣāṇi : Gifte (Visha)
- śītalī : Shitali
- nāma : namens (Nama)
- kumbhikā : Atemverhaltung (Kumbhika)
- iyam : diese (Iyam)
- nihanti : vernichtet ("schlägt nieder", ni + han)
- hi : gewiss (Hi)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 59 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ūrvoḥ : die (gegenüberliegenden) Oberschenkel (Uru)
- upari : auf (Upari)
- saṁsthāpya : man lege ("gelegt habend", sam + sthā)
- śubhe : sauberen, reinen ("schönen", Shubha)
- pāda-tale : (nach oben gekehrten) Fußsohlen (Padatala)
- ubhe : die beiden (Ubha)
- padmāsanam : der Lotussitz (Padmasana)
- bhavet : ist ("soll sein", bhū)
- etat : dies (Etad)
- sarva-pāpa-praṇāśanam : (er bewirkt) das Vernichten (Pranashana) allen (Sarva) Übels (Papa)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 60 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- samyak : auf die rechte Weise (Samyak)
- padmāsanam : den Lotussitz (Padmasana)
- baddhvā : einnehmend ("gebunden habend", bandh)
- sama-grīvodaraḥ : dessen Hals (Griva) und Bauch (Udara) gerade (ist, Sama)
- su-dhīḥ : der verständige (Yogin, Sudhi)
- mukham : den Mund (Mukha)
- saṁyamya : verschließend (Samyama)
- yatnena : eifrig, kraftvoll ("mit Anstrengung", Yatna)
- prāṇam : den Atem, die Atemluft (Prana)
- ghrāṇena : durch die Nase (Ghrana)
- recayet : entlasse ("entleere" ric, Fortsetzung folgt in Vers 61)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 61 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yathā : (Fortsetzung von Vers 60:) sodass (in der Ausatmung, Yatha)
- lagati : (der Atem) fühlbar ist ("berührt, sich anschmiegt", lag)
- hṛt-kaṇṭhe : im Herzen (Hrid) und in der Kehle (Kantha)
- kapālāvadhi : bis hin ("bis zur Grenze", Avadhi) zum Schädel (Kapala)
- sa-svanam : geräuschvoll ("mit Geräusch", Sasvana)
- vegena : heftig, schnell, energisch (Vega)
- pūrayet : er atme ein (pṝ)
- ca : und (Cha)
- api : auch (wieder, Api)
- hṛt-padmāvadhi : bis in den Herz-Lotus (Hritpadma)
- mārutam : die Luft ("Wind", Maruta)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 62 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- punaḥ : wieder (Punar)
- virecayet : man atme aus (vi + ric)
- tad-vat : so, auf diese Weise (Tadvat)
- pūrayet : man atme ein (pṝ)
- ca : und (Cha)
- punaḥ punaḥ : wieder (und) wieder, immer wieder (Punar)
- yathā : so wie (Yatha)
- eva : genau (Eva)
- loha-kāreṇa : vom Schmied ("Eisen-Macher", Lohakara)
- bhastrā : der Blasebalg (Bhastra)
- vegena : heftig, schnell, energisch (Vega)
- cālyate : bewegt wird (cal)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 63 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tathā : so, auf diese Weise (Tatha)
- eva : genau (Eva)
- sva-śarīra-stham : die im eigenen (Sva) Körper (Sharira) befindliche (Stha)
- cālayet : er bewege (cal)
- pavanam : Atemluft, Prana ("Wind", Pavana)
- dhiyā : mit seinem Geist, seiner Vorstellung (Dhi)
- yadā : wenn (Yada)
- śramaḥ : Ermüdung, Erschöpfung (Shrama)
- bhavet : sein sollte (bhū)
- dehe : im Körper (Deha)
- tadā : dann (Tada)
- sūryeṇa : durch das rechte Nasenloch ("die Sonne", Surya)
- pūrayet : er atme ein (pṝ)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 64 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yathā : (Fortsetzung von Vers 63:) sodass (Yatha)
- udaram : der Bauch (Udara)
- bhavet : sei (bhū)
- pūrṇam : gefüllt (Purna)
- anilena : mit Luft ("Wind", Anila)
- tathā : so, auf diese Weise (atme man durch das rechte Nasenloch ein, Tatha)
- laghu : rasch (Laghu)
- dhārayet : man verschließe ("halte" dann, dhṛ)
- nāsikām : die Nase (Nasika)
- madhyā-tarjanībhyām : Mittelfinger (Madhya) und Zeigefinger (Tarjani)
- vinā : ohne (Vina)
- dṛḍham : fest (Dridha)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 65 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vidhi-vat : vorschriftsgemäß ("wie die Vorschrift ist", Vidhivat)
- kumbhakam : die Atemverhaltung (Kumbhaka)
- kṛtvā : nachdem er ausgeführt hat (kṛ)
- recayet : er atme aus (ric)
- iḍayā : durch Ida (den im linken Nasenloch endenden "Mondkanal")
- anilam : die Luft ("Wind", Anila)
- vāta-pitta-śleṣma-haram : beseitigt (Hara übermäßiges) Vata ("Wind") und (übermäßiges) Pitta ("Galle") und (übermäßigen) Schleim (Shleshman bzw. Kapha)
- śarīrāgni-vivardhanam : (und führt zur) Zunahme (Vivardhana) des (Verdauungs-)Feuers (Agni) im Körper (Sharira)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 66 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kuṇḍalī-bodhakam : (diese Praxis) erweckt (Bodhaka) die Schlangenkraft ("die Geringelte", Kundali bzw. Kundalini)
- kṣipram : schnell (Kshipra)
- pavanam : reinigt (Pavana)
- sukha-dam : verleiht ein Glücksgefühl (Sukhada)
- hitam : (ist) wohltuend, gesund (für alle drei Doshas, Hita)
- brahma-nāḍīmukhe : am Eingang ("Mund", Mukha) des Brahmanadi (genannten Energiekanal, Sushumna)
- saṁstha-kaphādy-argala-nāśanam : beseitigt (Nashana) Hindernisse (Argala wie) Kapha ("Schleim") usw. (Adi) die sich befinden (Samstha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Bhastrika für alle (Sarva) Menschen bzw. Konstitutionstypen) gut (Hita) ist, weil sie (ein Übermaß) aller drei (Tri) Doshas beseitigt bzw. "raubt" (hara-tvāt): tri-doṣa-haratvāt sarveṣāṃ hitaṃ.
Kapitel 2 Vers 67 : Bhastrika
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- samyak : fest, in einer Linie liegend (Samyak)
- gātra-samudbhūta-granthi-traya-vibhedakam : (es bewirkt das) Aufbrechen, Durchbohren (Vibhedaka) der drei ("Dreiheit", Traya) Knoten (Granthi) die entstanden sind (Bhuta) im Körper (Gatra)
- viśeṣeṇa : besonders (Vishesha)
- eva : gewiss, ganz (Eva)
- kartavyam : ist (daher) zu praktizieren (Kartavya)
- bhastrā : Blasebalg (Bhastra bzw. Bhastrika)
- ākhyam : namens ("mit Namen", Akhya)
- kumbhakam : Atemverhaltung (Kumbhaka)
- tu : aber (Tu)
- idam : diese (Idam)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt Samyak als dṛḍhī-bhūtāṃ "fest geworden, verfestigt". Es wäre auch möglich "in einer Linie liegend" zu verstehen.
Brahmananda ergänzt, dass "im Körper" (Gatra) sich hier auf die in der Körpermitte (Gatra–Madhya) befindliche Sushumna bezieht: gātre gātra-madhye suṣumnāyām.
Brahmananda zählt die "drei Knoten" (Granthi-Traya) auf, sie erscheinen in Form (Rupaka) von Brahma Granthi, Vishnu Granthi und Rudra Granthi: granthi-trayaṃ bahma-granthi-viṣṇu-granthi-rudra-granthi-rūpakaṃ.
Kapitel 2 Vers 68 : Bhramari
Versmaß: Shalini
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vegāt : schnell (Vega)
- ghoṣam : geräuschvoll (Ghosha)
- pūrakam : (man vollführe) die Einatmung (Puraka)
- bhṛṅga-nādam : (verbunden mit dem) Klang einer männlichen schwarzen Biene (Bhringa)
- bhṛṅgī-nādam : (verbunden mit dem) Klang einer weiblichen schwarzen Biene (Bhringi)
- recakam : (man vollführe nach der Atemverhaltung) die Ausatmung (Rechaka)
- manda-mandam : ganz langsam (Manda)
- yogīndrāṇām : der besten ("Fürsten", Indra) der Yogins
- evam : so, auf diese Weise (Eva)
- abhyāsa-yogāt : durch die Methode (Yoga) dieser Übung, der Wiederholung (Abhyasa)
- citte : im Geiste (Chitta)
- jātā : entsteht ("ist entstanden", Jata)
- kā-cit : ein unbeschreibliches ("gewisses", Ka Chid)
- ānanda-līlā : Spiel (Lila) von Glückseligkeit (Ananda)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 69 : Murchha
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pūrakānte : am Ende (Anta) der Einatmung (Puraka)
- gāḍhataram : ganz fest (Gadha-tara)
- baddhvā : setzend ("bindend", bandh)
- jālandharam : Jalandhara (Bandha)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- recayet : man atme aus (ric)
- mūrcchanākhyā : (hat den) Namen (Akhya) Murchhana
- iyam : dieses ([[Kumbhaka, Iyam)
- mano-mūrcchā : (es führt zur) Ohnmacht ("Gerinnen, Erstarren" Murchha) des (nach außen gerichteten) Geistes (Manas)
- sukha-pradā : verleiht (Prada) Glück, Freude (Sukha)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 70 : Plavini
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- antaḥ-pravartitodāra-mārutāpūritodaraḥ : (ein Yogin, dessen) Bauch (Udara) mit ins Innere (des Körpers, Antar) geleiteter ("gesendeter", Pravartita) vorzüglicher, ausgezeichneter (Udara) Luft ("Wind", Maruta) vollständig gefüllt ist (Purita)
- payasi : Wasser (Payas)
- agādhe : auf tiefem ("nicht seichtem", Agadha)
- api : sogar (Api)
- sukhāt : mühelos, leicht (Sukha)
- plavate : er schwimmt, schwebt (plu)
- padma-pattra-vat : wie (Vat) ein Lotusblatt (Padmapattra)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 71 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇāyāmaḥ : die Atemzügelung (Pranayama)
- tridhā : in dreifacher Weise (Tridha)
- proktaḥ : wird gelehrt (Prokta)
- reca-pūraka-kumbhakaiḥ : (in Form von) Ausatmung (Rechaka-Pranayama, d.h. Atemverhaltung nach erfolgter Ausatmung, Recha), Einatmung (Puraka-Pranayama, d.h. Atemverhaltung nach erfolgter Einatmung, Puraka) und Atemverhaltung (Kumbhaka-Pranayama, d.h. Atemverhaltung ohne vorhergehende Aus- oder Einatmung, Kumbhaka)
- sahitaḥ : verbunden (mit Aus- bzw. Einatmung, dies entspricht nach Brahmananda Kommentar Rechaka- bzw. Puraka-Pranayama, Sahita)
- kevalaḥ : isoliert, unabhängig (von Aus- bzw. Einatmung, dies entspricht nach Brahmanandas Kommentar Kumbhaka-Pranayama, Kevala)
- ca : und (Cha)
- iti : so, somit (Iti)
- kumbhakaḥ : die Atemverhaltung (Kumbhaka)
- dvividhaḥ : (als) von zweierlei Art (Dvividha)
- mataḥ : wird erachtet ("geschätzt", Mata)
Erläuterungen
Den Erläuterungen des Kommentators Brahmananda folgend unterteilt man die Atemzügelung (Pranayama) einerseits dreifach (tri-dhā), und zwar in Rechaka-Pranayama, Puraka-Pranayama und Kumbhaka-Pranayama. Eine weitere Art der Einteilung ist die zweifache (dvi-vidha) Unterscheidung von Sahita Kumbhaka und Kevala Kumbhaka. Sahita Kumbhaka bezeichnet nach Brahmananda Rechaka-Pranayama bzw. Puraka-Pranayama, je nachdem, ob der Atemverhaltung eine Aus- oder Einatmung vorausgeht. Kevala Kumbhaka ist wiederum nicht verschieden (Abhinna) von Kumbhaka-Pranayama: kevala-kumbhakaḥ kumbhaka-prāṇāyāmād abhinnaḥ.
Kapitel 2 Vers 72 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yāvat : solange bis (Yavat)
- kevala-siddhiḥ : Erfolg, Vervollkommnung (Siddhi) in der isolierten (Atemverhaltung, Kevala Kumbhaka)
- syāt : sich einstellt ("ist", as)
- sahitam : die verbundene (Form der Atemverhaltung, Sahita Kumbhaka)
- tāvat : solange (Tavat)
- abhyaset : man soll üben, praktizieren (abhi + as)
- recakam : (vorherige) Ausatmung (Rechaka)
- pūrakam : (oder) Einatmung (Puraka)
- muktvā : ohne ("verlassen habend", Mukta)
- sukham : leicht (erfolgt, Sukha)
- yat : wenn (Yad)
- vāyu-dhāraṇam : das Anhalten (Dharana) der Luft ("Wind", Vayu, Fortsetzung in Vers 73)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 73 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇāyāmaḥ : (Art der) Atemzügelung (Pranayama)
- ayam : diese (Ayam)
- iti : so (Iti)
- uktaḥ : wird genannt (Ukta)
- saḥ : sie (Tad)
- vai : wahrlich, bekanntlich, gewiss (Vai)
- kevala-kumbhakaḥ : islolierte Atemverhaltung (Kevala Kumbhaka)
- kumbhake : Atemverhaltung (Kumbhaka)
- kevale : (wenn) die isolierte (Kevala)
- siddhe : gemeistert ist (Siddha)
- reca-pūraka-varjite : frei von (Varjita) und Einatmung (Puraka) und Ausatmung (Recha, Fortsetzung in Vers 74)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 74 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- na : nicht (Na)
- tasya : für einen solchen (Yogin, Tad)
- dur-labham : (das) schwer zu erlangen (ist, Durlabha)
- kiñ-cit : irgend etwas (Kinchid)
- triṣu : in den drei (Tri)
- lokeṣu : Welten (Loka)
- vidyate : es gibt (vid)
- śaktaḥ : (ein Yogin, der) fähig (ist, Shakta)
- kevala-kumbhena : zur islolierten Atemverhaltung (Kevala-Kumbha)
- yatheṣṭam : nach Belieben ("wie gewünscht", Yatheshta)
- vāyu-dhāraṇāt : aufgrund des Anhaltens (Dharana) der Luft ("Wind", Vayu, Fortsetzung in Vers 75)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 75 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- rāja-yoga-padam : den Zustand ("Ort", Pada) des königlichen Yoga (Rajayoga)
- ca : und (Cha)
- api : auch, sogar (Api)
- labhate : er erlangt, erreicht (labh)
- na : nicht (Na)
- atra : hier(über, Atra)
- saṁśayaḥ : (besteht) ein Zweifel (Samshaya)
- kumbhakāt : aufgrund der Atemverhaltung (Kumbhaka)
- kuṇḍalī-bodhaḥ : (erfolgt) das Erwachen (Bodha) der Kundali (Kundalini)
- kuṇḍalī-bodha-taḥ : aufgrund (Suffix -tas) des Erwachens der Kundali
- bhavet : wird (bhū)
- an-argalā : frei von Hindernissen (Anargala)
- suṣumṇā : die Sushumna
- ca : und
- haṭha-siddhiḥ : Erfolg, Vervollkommnung (Siddhi) im Hatha(-Yoga)
- ca : und
- jāyate : es entsteht (jan)
Erläuterungen
Zu einer Definition des Begriffes Rajayoga in diesem Zusammenhang vgl. die Anm. zu Kap. 4 Vers 103.
Kapitel 2 Vers 76 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- haṭham : den Hatha(-Yoga)
- vinā : ohne (Vina)
- rāja-yogaḥ : der königliche Yoga (Rajayoga)
- rāja-yogam : den königlichen Yoga (Rajayoga)
- vinā : ohne
- haṭhaḥ : der Hatha(-Yoga)
- na : nicht (Na)
- sidhyati : hat Erfolg, gelingt (sidh)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- yugmam : beide ("als Paar", Yugma)
- ā niṣpatteḥ : bis (Präposition ā mit Ablativ) zur Vollendung (des Rajayoga, Nishpatti)
- samabhyaset : man soll üben, praktizieren (sam + ahbi + as)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass hier (Atra) unter dem Wort (Shabda) Rajayoga die im vierten Kapitel (Chaturtha–Upadesha) gelehrt werdenden (vakṣyamāṇa) Techniken (Sadhana) zu verstehen sind, die in Form (Rupa) von Unmani, Shambhavi Mudra usw. den ebenfalls als Rajayoga bezeichneten höchsten Zustand (Param Padam) herbeiführen: rāja-yoga-sādhane 'tra rāja-yoga-śabdaḥ … rāja-yoga-sādhanaṃ caturthopadeśe vakṣyamāṇam unmanī-śāmbhavī-mudrādi-rūpam.
Kapitel 2 Vers 77 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kumbhaka-prāṇa-rodhānte : am Ende (Anta) des Anhaltens ("Einsperrens", Rodha) des Atems, der Lebensenergie (Prana) durch die Atemverhaltung (Kumbhaka)
- kuryāt : man mache (kṛ)
- cittam : (den) Geist (Chitta)
- nir-āśrayam : frei von (allen) Objekten ("Stützen", Nirashraya)
- evam : so, auf diese Weise (Evam)
- abhyāsa-yogena : durch die Anwendung, das Mittel, die Methode (Yoga) der Übung, Wiederholung (Abhyasa)
- rāja-yoga-padam : den Zustand (Ort, Pada) des königlichen Yoga (Rajayoga)
- vrajet : man erreicht (vraj)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 78 :
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vapuḥ-kṛśatva : Schlankheit (Krishatva) des Körpers (Vapus)
- vadane : des Gesichts (Vadana)
- prasannatā : Klarheit, Reinheit, Heiterkeit (Prasannata)
- nāda-sphuṭatvam : das Offenbarsein, die Vernehmbarkeit (Sphutatva) des inneren, "unangeschlagenen") Klanges (Nada)
- nayane : Augen (Nayana, Nom. Sg. Dual)
- su-nirmale : zwei äußerst (Su) klare, glänzende ("fleckenlose", Nirmala)
- arogatā : Gesundheit ("Nicht-Krankheit", Arogata)
- bindu-jayaḥ : Meisterschaft ("Sieg", Jaya) über den Samen(fluss, "Tropfen", Bindu)
- agni-dīpanam : das Stimulieren ("Entfachen, Auflodernlassen", Dipana) des (Verdauungs-)Feuers (Agni)
- nāḍī-viśuddhiḥ : die Reinigung, Reinheit (Vishuddhi) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- haṭha-siddhi-lakṣaṇam : (all dies ist) ein Zeichen, Kennzeichen (Lakshana) für Erfolg, Vervollkommnung (Siddhi) im Hatha(-Yoga)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 1 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- sa-śaila-vana-dhātrīṇām : der Erde ("irdischen Gegenden", Dhatri) samt (ihren, Sa) Bergen (Shaila) und Wäldern (Vana)
- yathā : wie (Yatha)
- ādhāraḥ : die Grundlage, Basis, Stütze (ist, Adhara)
- ahi-nāyakaḥ : der Anführer, Fürst der Schlangen (Ahinayaka)
- sarveṣām : aller (Sarva)
- yoga-tantrāṇām : Praktiken, Lehren (Tantra) des Yoga
- tathā : genau so (Tatha)
- ādhāraḥ : die Grundlage, Basis, Stütze
- hi : gewiss (Hi)
- kuṇḍalī : (ist) die Kundali (die "geringelte" Schlangenkraft Kundalini)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass mit "Schlangenfürst" (Ahinayaka) Shesha gemeint ist, als dessen Verkörperung auch Patanjali angesehen wird: ahi-nāyakaḥ śeṣaḥ.
Brahmananda definiert hier die Kundali (Kundalini) als die "an der Basis (Adhara, d.h. im Muladhara Chakra ruhende) Kraft (Shakti)": kuṇḍaly ādhāra-śaktiḥ.
Kapitel 3 Vers 2 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- suptā : die schlafende (Supta)
- guru-prasādena : durch die Gnade, Gunst, Hilfe (Prasada) des Meisters (Guru)
- yadā : wenn (Yada)
- jāgarti : erwacht (jāgṛ)
- kuṇḍalī : Kundali (die "geringelte" Schlangenkraft Kundalini)
- tadā : dann (Tada)
- sarvāṇi : alle (Sarva)
- padmāni : Chakren ("Lotusse", Padma)
- bhidyante : werden durchstoßen (bhid)
- granthayaḥ : die (drei) Knoten (Granthi)
- api : auch, sogar (Api)
- ca : und (Cha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass sich "alle Lotusse" (sarvāṇi padmāni) auf die sechs (Shash) Chakren bezieht: sarvāṇi padmāni ṣaṭ cakrāṇi.
Die drei "Knoten" (Granthi) sind Brahma Granthi, Vishnu Granthi und Rudra Granthi.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 44 behandelt.
Kapitel 3 Vers 3 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇasya : für die Lebensenergie Prana
- śūnya-padavī : die Sushumna ("Pfad der Leere", Shunyapadavi)
- tadā : dann (Tada)
- rāja-pathāyate : wird zur Haupstraße ("Königsweg", rājapathāy)
- tadā : dann
- cittam : (wird) der Geist (Chitta)
- nir-ālambam : objektlos ("ohne Stütze", Niralamba)
- tadā : dann (wird möglich)
- kālasya : des Todes ("der Zeit", Kala)
- vañcanam : das Täuschen ("Hintergehen, Entrinnen", Vanchana)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass ein "Geist ohne Stützen" (cittaṃ nir-ālambaṃ) objektlos ist, d.h. er wird (bhavati) von den Sinnes- bzw. Meditationsobjekten (Vishaya) losgelöst: cittaṃ … nir-ālambaṃ nir-viṣayaṃ bhavati.
Kapitel 3 Vers 4 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- suṣumṇā : Sushumna
- śūnya-padavī : Shunyapadavi ("Pfad der Leere")
- brahma-randhram : Brahmarandhra ("Öffnung Brahmans")
- mahā-pathaḥ : Mahapatha ("großer Weg")
- śmaśānam : Shmashana ("Verbrennungsplatz")
- śāmbhavī : Shambhavi "die zu Shambhu (Shiva) gehörige"
- madhya-mārgaḥ : Madhyamarga ("mittlerer, zentraler Weg")
- ca : und (Cha)
- iti : so (lauten, Iti)
- eka-vācakāḥ : die Synonyme (für Sushumna, die alle "ein und dasselbe ausdrücken", Ekavachaka)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 5 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tasmāt : daher, deshalb (Tasmat)
- sarva-prayatnena : mit aller (Sarva) Anstrengung, Bemühung (Prayatna)
- prabodhayitum : um zu erwecken (pra + budh)
- īśvarīm : die Göttin, Herrin, Gebieterin (Ishvari)
- brahma-dvāra-mukhe : am Eingang ("Mund", Mukha) der Tür zum Brahman (Brahmadvara)
- suptām : (welche) schläft (Supta)
- mudrābhyāsam : die Praxis, Übung (Abhyasa) der (verschiedenen) Siegel (Mudra)
- samācaret : (man) soll ausführen (sam + ā + car)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit der "schlafenden (Supta) Göttin (Ishvari)" hier die Kundali gemeint ist: suptām īśvarīṃ kuṇḍalīm.
Brahmananda definiert hier das Absolute (Brahman) als durch Sein (Sat), Bewusstsein (Chit) und Glückseligkeit (Ananda) charakterisiert (Lakshana): brahma sac-cid-ānanda-lakṣaṇam. Die "Tür zum [[Brahman" (Brahmadvara) ist die Sushumna, das "Mittel (Upaya) zum Erreichen (Prapti)" desselben (tasya): tasya dvāraṃ prāpty-upāyaḥ suṣumnā. Diesen Eingang (Dvara) hält die Kundalini gewöhnlich mit ihrem Mund (Mukha) verschlossen (pidhāya): mukhena suṣumnā-dvāraṃ pidhāya.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 43 behandelt.
Kapitel 3 Vers 6 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mahā-mudrā : Maha Mudra (das "große Siegel")
- mahā-bandhaḥ : Maha Bandha (der "große Verschluss")
- mahā-vedhaḥ : Maha Vedha (der "große Durchbruch")
- ca : und (Cha)
- khecarī : Khechari (Mudra, "die im Luftraum Gehende")
- uḍyānam : Udyana, d.h. Uddiyana (Bandha, das "Auffliegenlassen")
- mūla-bandhaḥ : Mula Bandha ("Wurzel-Verschluss")
- ca : und
- bandhaḥ : der Verschluss (Bandha)
- jālan-dharābhidhaḥ : namens ("mit der Bezeichnung", Abhidha) Jalandhara (Bandha, das "Halten des Netzes")
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 7 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- karaṇī : die Stellung, Haltung (Karani)
- viparītākhyā : mit der Bezeichnung (Akhya) die "Umgekehrte" (Viparita Karani)
- vajrolī : Vajroli
- śakti-cālanam : Shakti Chalana (das "Inbewegungsetzen der göttlichen Energie")
- idam : dies (Idam)
- hi : gewiss, bekanntlich (Hi)
- mudrā-daśakam : (ist) die Gruppe der zehn (Dasha) Siegel (Mudra)
- jarā-maraṇa-nāśanam : (ein Mittel Nashana zur) Vernichtung von Alter (Jara) und Tod (Marana, Fortsetzung in Vers 8)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 8 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ādināthoditam : vom uranfänglichen Herrn (Adinatha, einer Form Shivas) wurde (diese Gruppe der zehn Mudras) gelehrt (Udita)
- divyam : (sie ist) göttlich, himmlich (Divya)
- aṣṭaiśvarya-pradāyakam : (und sie) verleiht (Pradayaka) die) acht (Ashta) übernatürlichen Kräfte ("Herrlichkeiten", Aishvarya)
- vallabham : (sie) wird geschätzt ("ist lieb", Vallabha)
- sarva-siddhānām : von allen (Sarva) Vollkommenen (Siddhas)
- dur-labham : (sie) ist schwer zu meistern ("zu erlangen", Durlabha)
- marutām : von den Göttern ("Windgöttern", Marut)
- api : sogar, selbst (Api)
Erläuterungen
Das Subjekt dieses Satzes (mudrā-daśakaṁ) findet sich in Vers 3.7. Darauf beziehen sich uditaṁ ("wurde gelehrt") und die übrigen Neutra von Vers 3.8.
Der Kommentator Brahmananda erwähnt die folgenden acht übernatürlichen Kräfte (Aishvarya bzw. Siddhi): Animan, Mahiman, Gariman, Laghiman, Prapti, Prakamya, Ishitva, und Vashitva.
Kapitel 3 Vers 9 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gopanīyam : (diese Gruppe der zehn Mudras) ist geheim zu halten (Gopaniya)
- prayatnena : sehr sorgsam (Prayatna)
- yathā : (so) wie (Yatha)
- ratna-karaṇḍakam : ein Kästchen (Karandaka) mit Edelsteinen, Perlen (Ratna)
- kasya cit : irgend jemandem (Ka Chid)
- na : nicht (Na)
- eva : gewiss, gar (Eva)
- vaktavyam : es soll (darüber) gesprochen werden (Vaktavya)
- kula-strī-suratam : über den Beischlaf, Sex (Surata) mit einer Frau aus guter Familie (Kulastri)
- yathā : (so) wie
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 10 : Mahamudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pāda-mūlena : Ferse ("Fuß-Wurzel", Padamula)
- vāmena : mit der linken (Vama)
- yonim : den Damm, das Perineum (Yoni)
- sampīḍya : drückend (sam + pīḍ)
- dakṣiṇam : das rechte (Dakshina)
- prasāritam : ausgestreckt (Prasarita)
- padam : Bein ("Fuß", Pada)
- kṛtvā : haltend ("machend", Krita)
- karābhyām : mit beiden Händen (Kara)
- dhārayet : man halte (den rechten Fuß, dhṛ)
- dṛḍham : fest (Dridha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass man den Fuß des ausgestreckten rechten Beines in der Gegend (Pradesha) des großen Zehs (Angushtha) mit beiden Zeigefingern (Tarjani) der gebeugten (Akunchita) Arme ("Hände", Kara) ergreifen soll (gṛhṇīyāt): ākuñcita-kara-tarjanībhyām … aṅguṣṭha-pradeśe gṛhṇīyāt.
Kapitel 3 Vers 11 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kaṇṭhe : in der Kehle (Kantha)
- bandham : den Verschluss (Bandha, d.h. Jalandhara Bandha)
- samāropya : setzend (sam + ā + ruh)
- dhārayet : er halte (den Atem an und leite, dhṛi)
- vāyum : den (Lebens-)Hauch, Prana ("Wind", Vayu)
- ūrdhvatas : (durch das Setzen von Mula Bandha) nach oben (Urdhvatas)
- yathā : (so) wie (Yatha)
- daṇḍa-hataḥ : (die mit einem) Stock (Danda) geschlagen wird ("wurde", Hata)
- sarpaḥ : eine Schlange (Sarpa)
- daṇḍākāraḥ : die Gestalt, Form (Akara) eines Stocks (Danda)
- prajāyate : annimmt ("wird", pra + jan, Fortsetzung in Vers 12)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass der Ausdruck dhārayed vāyum ūrdhvataḥ "man ziehe den Lebenshauch (Vayu) nach oben" bedeutet, diesen durch das Setzen von Mula Bandha in die Sushumna zu ziehen: vāyuṃ … suṣumnāyāṃ dhārayet. anena mūla-bandhaḥ sūcitaḥ.
Kapitel 3 Vers 12 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ṛjvī-bhūtā : gerade ("gerade-geworden", Rijvibhuta)
- tathā : (genau) so, ebenso (Tatha)
- śaktiḥ : Energie, Kraft (Shakti)
- kuṇḍalī : die Kundali ("Geringelte")
- sahasā : sofort, sogleich, plötzlich (Sahasa)
- bhavet : wird (bhū)
- tadā : dann (Tada)
- sā : der (Tad)
- maraṇāvasthā : Zustand (Avastha) des Todes (Marana)
- jāyate : entsteht (jan)
- dvi-puṭāśrayā : in Bezug auf, hinsichtlich (Ashraya) der zwei (Dvi) (feinstofflichen Energie-)Kanäle ("Röhren", Puta)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass beim Erwachen (Bodha) der Kundalini die Lebensenergie Prana in die Sushumna eintritt (Pravishta) und dadurch die beiden (dvayoḥ) Kanäle (Puta, nämlich Ida und Pingala) von Prana getrennt (Viyoga) werden: kuṇḍalī-bodhe sati suṣumnāyāṃ praviṣṭe prāṇe dvayoḥ puṭayoḥ prāṇa-viyogāt.
Kapitel 3 Vers 13 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tataḥ : dann, daraufhin (Tatas)
- śanaiḥ śanaiḥ : ganz langsam, gleichmäßig (Shanais)
- eva : nur (Eva)
- recayet : man atme aus (ric)
- na : nicht (Na)
- eva : gewiss
- vega-taḥ : schnell, ruckartig ("mit Geschwindigkeit, Ungestüm", Vega + Suffix -tas, hier i.S. des Instrumentals)
- iyam : dies (Iyam)
- khalu : nun, bekanntlich (Khalu)
- mahā-mudrā : (als) Maha Mudra (das "große Siegel")
- mahā-siddhaiḥ : von den großen Vollkommenen Mahasiddha)
- pradarśitā : wurde gelehrt, bezeichnet (Pradarshita)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 14 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mahā-kleśādayaḥ : (wie die fünf) großen (Maha) Leiden (Klesha) und andere, usw. (Adi)
- doṣāḥ : Übelstände (Dosha)
- kṣīyante : hören auf, werden Zunichte (kṣi)
- maraṇādayaḥ : der Tod (Marana) und andere, usw. (Adi)
- mahā-mudrām : Maha Mudra (das "große Siegel", da es alle Leiden "besiegelt")
- ca : und (Cha)
- tena : aus diesem (Grunde, Tad)
- eva : genau (Eva)
- vadanti : nennen (es, vad)
- vibudhottamāḥ : die Besten (Uttama) der Weisen (Vibudha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda zählt die fünf Kleshas auf (vgl. Yogasutra 2.3): Avidya, Asmita, Raga, Dvesha und Abhinivesha.
Kapitel 3 Vers 15 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- candrāṅge : auf der Seite (Anga) des Mondes (Chandra, d.h. links, wo Ida verläuft)
- tu : aber (Tu)
- samabhyasya : nachdem man praktiziert hat (sam + abhi + as)
- sūryāṅge : auf der Seite (Anga) der Sonne (Surya, d.h. rechts, wo Pingala verläuft)
- punaḥ : wieder, noch einmal (Punar)
- abhyaset : soll man üben (abhi + as)
- yāvat : sobald (Yavat)
- tulyā : gleich (Tulya)
- bhavet : ist ("sei", bhū)
- saṅkhyā : die Anzahl (der auf beiden Seiten praktizierten Atemverhaltungen, Sankhya)
- tataḥ : dann (Tatas)
- mudrām : das Siegel (Mudra, d.h. Maha Mudra)
- visarjayet : löse man (vi + sṛj)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 16 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- na : nicht(s gibt, Na)
- hi : weil (es für einen, der Maha Mudra praktiziert Hi)
- pathyam : (was) heilsam, gesund (Pathya)
- apathyam : unheilsam, ungesund (ist, Apathya)
- vā : oder (Va)
- rasāḥ : Geschmack(srichtungen, Rasa)
- sarve : alle (Sarva)
- api : auch, sogar (Api)
- nīrasāḥ : (Nahrungsmittel, die) ohne Geschmack, saftlos, ungenießbar (geworden sind, Nirasa)
- api : auch, sogar
- bhuktam : gegessenes (Bhukta)
- viṣam : Gift (Visha)
- ghoram : schreckliches (Ghora)
- pīyūṣam : Nektar (Piyusha)
- iva : wie (Iva)
- jīryati : (werden bzw.) wird verdaut (jṝ)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "geschmacklosen" (Nirasa) Nahrungsmitteln solche Dinge (Padartha) gemeint sind, aus denen (yebhaḥ) der Geschmack (Rasa) gewichen (Nirgata) ist, weil sie alt, schal bzw. ungenießbar (Yatayama) geworden sind, die nun aber dennoch verdaut werden (jīryanti) können: nīrasā nirgato raso yebhas te yāta-yāmāḥ padārthā jīryanti.
Kapitel 3 Vers 17 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kṣaya-kuṣṭha-gudāvarta-gulmājīrṇa-purogamāḥ : Schwindsucht, Tuberkulose (Kshaya), Aussatz, Lepra (Kushtha), Verstopfung ("Darm-Verdrehung", Gudavarta), krankhafte Anschwellung im Unterleib, Unterleibsgeschwulst (Gulma), Verdauungsprobleme (Ajirna) usw. ("angeführt von", Purogama)
- tasya : für diesen (Yogin, Tad)
- doṣāḥ : (Krankheiten aufgrund gestörter) Doshas
- kṣayam : ein Ende (Kshaya)
- yānti : nehmen ("gehen zu", yā)
- mahā-mudrām : das große Siegel (Maha Mudra)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- yaḥ : wer (Yad)
- abhyaset : praktiziert, übt (abhi + as)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 18 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kathitā : gelehrt ist (hiermit, Kathita)
- iyam : dieses (Iyam)
- mahā-mudrā : große Siegel (Maha Mudra)
- mahā-siddhi-karī : (welches) großartige übernatürliche Fähigkeiten (Mahasiddhi) verschafft ("bewirkt", Kara)
- nṛṇām : den Menschen (die es praktizieren, Nri)
- gopanīyā : es ("ist geheim zu halten (Gopaniya)
- prayatnena : äußerst sorgsam (Prayatna)
- na : nicht (Na)
- deyā : ist es ("sie") weiterzugeben (Deya)
- yasya kasya-cit : an irgend jemand (beliebigen, der dafür ungeeignet ist, Yad Ka Chid)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 96 behandelt.
Kapitel 3 Vers 19 : Maha Bandha
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pārṣṇim : die Ferse (Parshni)
- vāmasya : des linken (Vama)
- pādasya : Fußes (Pada)
- yoni-sthāne : in die Gegend des Dammes, Perineums (Yonisthana)
- niyojayet : man lege (ni + yuj)
- vāmorūpari : auf, über (Upari) den linken (Vama) Oberschenkel (Uru)
- saṁsthāpya : legend (sam + sthā)
- dakṣiṇam : den rechten (Dakshina)
- caraṇam : Fuß (Charana)
- tathā : und (Tatha, Fortsetzung folgt in Vers 20)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 20 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pūrayitvā : eingeatmet habend (pṝ)
- tataḥ : dann, danach (Tatas)
- vāyum : die Luft ("Wind", Vayu)
- hṛdaye : auf die Brust ("das Herz" Hridaya, d.h. in Jalandhara Bandha)
- cubukam : das Kinn (Chubuka)
- dṛḍham : fest (Dridha)
- niṣpīḍya : drückend (nis + pīḍ)
- yonim : den Damm, das Perineum (Yoni, in Mula Bandha)
- ākuñcya : zusammenziehend (ā + kuñc)
- manaḥ : den Geist (Manas)
- madhye : auf die Mitte (Madhya), den mittleren (Kanal, Sushumna)
- niyojayet : man richte (ni + yuj)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda liest und kommentiert niṣpīḍya yonim und nicht niṣpīḍya vāyum im zweiten Halbvers und verweist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf das Setzen von Mula Bandha.
Die "Mitte" (Madhya) bezieht sich laut Brahmananda auf den mittleren Kanal (Nadi), auf den man den Geist (Manas) ausrichten soll (niyojayet): manaḥ … madhye madhya-nāḍyāṃ niyojayet. Madhye könnte sich allerdings auch auf die Mitte zwischen den Augenbrauen, d.h. Ajna Chakra, beziehen.
Kapitel 3 Vers 21 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dhārayitvā : nachdem man angehalten hat (dhṛ)
- yathā-śakti : so lange wie möglich ("nach Vermögen", Yathashakti)
- recayet : man atme aus ("entleere", ric)
- anilam : die Luft ("Wind", Anila)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- savyāṅge : auf der linken (Savya) Seite (Anga)
- tu : aber (Tu)
- samabhyasya : nachdem man geübt hat (sam + abhi + as)
- dakṣāṅge : auf der rechten (Daksha) Seite (Anga)
- punaḥ : wieder, noch einmal (Punar)
- abhyaset : man übe, wiederhole (abhi + as)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 22 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- matam : die Ansicht, Meinung (Mata)
- atra : hier (Atra)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- keṣāñ-cit : einiger (Lehrer, Ka Chid)
- kaṇṭha-bandham : den Kehlverschluss (Kanthabandha)
- vivarjayet : man soll vermeiden (vi + vṛj)
- rāja-danta-stha-jihvāyāḥ : mit der Zunge (Jihva, die sich) an den Schneidezähnen ("Königszähnen", Rajadanta) befindet (Stha)
- bandhaḥ : der Verschluss (Bandha)
- śastaḥ : empfohlen ("gepriesen", Shasta)
- bhavet : sei (bhū)
- iti : so (lautet, Iti)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 23 : Zungenverschluss
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ayam : dieser (Zungenverschluss, Ayam)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- sarva-nāḍīnām : aller (Sarva feinstofflicher Energie-)Kanäle (Nadis, mit Ausnahme der Sushumna)
- ūrdhva-gati-nirodhakaḥ : hemmt, unterbindet (Nirodhaka) den Fluss ("Lauf", d.h. des "Windes" Vayu bzw. Prana) nach oben, aufwärts (Urdhvagati)
- ayam : dieser
- khalu : bekanntlich (Khalu)
- mahā-bandhaḥ : große Verschluss (Maha Bandha)
- mahā-siddhi-pradāyakaḥ : verleiht (Pradayaka) großartige, gewaltige (übernatürliche) Fähigkeiten, Vollkommenheiten (Mahasiddhi)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass der Zungenverschluss den Aufwärtsfluss (Urdhvagati) des "Windes" (Vayu) aller Nadis, deren Anzahl (Sankhya) 72000 (dvā-saptati-sahasra) beträgt, mit Ausnahme (Atirikta) der Sushumna hemmt (Nirodhaka): sarva-nāḍyo dvā-saptati-sahasra-saṃkhyākās tāsāṃ suṣumnātiriktānām ūrdhvaṃ … vāyor gatis tasyā nirodhakaḥ.
Kapitel 3 Vers 24 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kāla-pāśa-mahā-bandha-vimocana-vicakṣaṇaḥ : (Maha Bandha) ist fähig (Vichakshana) zum Befreien (Vimochana) von der großen (Maha) Fessel (Bandha), der Schlinge (Pasha) des Todes ("Zeit", Kala)
- tri-veṇī-saṅgamam : die Vereinigung, den Zusammenfluss (Sangama) der drei Ströme ("Zöpfe" Triveni, d.h. von Ida, Pingala und Sushumna)
- dhatte : es bewirkt (dhā)
- kedāram : zum Kedara
- prāpayet : es führt, bringt (pra + āp)
- manaḥ : den Geist (Manas)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Kedara den Sitz bzw. Ort" (Sthana) Shivas zwischen (Madhya) den Augenbrauen (Bhru) meint: kedāraṃ bhruvor madhye śiva-sthānaṃ.
Kapitel 3 Vers 25 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- rūpa-lāvaṇya-sampannā : versehen mit (Sampanna) Schönheit, schöner Figur (Rupa) und Anmut, Liebreiz (Lavanya)
- yathā : (so) wie (Yatha)
- strī : eine Frau (ohne Frucht bleibt, Stri)
- puruṣam : (Ehe-)Mann (Purusha)
- vinā : ohne (Vina)
- mahā-mudrā-mahā-bandhau : Maha Mudra und Maha Bandha
- niṣphalau : (genau so bleiben) fruchtlos, nutzlos, vergeblich (Nishphala)
- vedha-varjitau : ohne (Varjita) Vedha, d.h. Maha Vedha
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 26 : Maha Vedha
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mahā-bandha-sthitaḥ : der sich in Maha Bandha befindet (Sthita)
- yogī : der Yogin
- kṛtvā : nachdem er ausgeführt hat (kṛ)
- pūrakam : die Einatmung (Puraka)
- eka-dhīḥ : mit konzentriertem Geist ("eines Geistes", Eka–Dhi)
- vāyūnām : der (Atem- bzw. Körper-)Winde (Vayu, d.h. von Prana und der übrigen Körperwinde)
- gatim : den Gang (Gati), die Bewegung(en nach oben und unten)
- āvṛtya : hemmend, versperrend ("verschließend", ā + vṛ)
- nibhṛtam : fest, unbeweglich, still (Nibhrita)
- kaṇṭha-mudrayā : mit dem Kehl-Siegel (Kanthamudra, d.h. durch Jalandhara Bandha, Fortsetzung in Vers 27)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt eka-dhīḥ "eines Geistes, konzentriert" im Hinblick auf einen Yogin, dessen (yasya) Geist (Dhi) einspitzig (Ekagra) ist: ekā ekāgrā dhīr yasya sa ekāgra-dhīr yogī.
Brahmananda merkt an, dass mit den "Winden" (Pluralform) Prana und die übrigen (Adi) Körperwinde (Vayu), also Apana, Udana, Samana und Vyana gemeint sind: vāyūnāṃ prāṇādīnām.
Kapitel 3 Vers 27 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- sama-hasta-yugaḥ : (der Yogi, mit seinen) beiden ("Paar", Yuga) Händen (Hasta) flach ("eben", Sama)
- bhūmau : auf der Erde (Bhumi)
- sphicau : das Gesäß ("die beiden Gesäßhälften", Sphich)
- santāḍayet : schlage auf (den Boden, sam + taḍ)
- śanaiḥ : langsam (Shanais)
- puṭa-dvayam : die beiden (anderen, Dvaya feistofflichen Energie-)Kanäle (Puta, gemeint sind Ida und Pingala)
- atikramya : verlassend (ati + kram)
- vāyuḥ : der Lebensatem, Prana ("Wind", Vayu)
- sphurati : bricht hervor ("zuckt", sphur)
- madhya-gaḥ : im mittleren (Kanal) gehend (Madhyaga, d.h. in Sushumna fließend)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 28 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- soma-sūryāgni-sambandhaḥ : die Verbindung (Sambandha) von "Mond" bzw. Mondkanal (Soma, d.h. Ida), "Sonne" bzw. Sonnenkanal (Surya, d.h. Pingala) und "Feuer" bzw. Feuerkanal (Agni, d.h. Sushumna)
- jāyate : entsteht (jan)
- ca : und (so, Cha)
- amṛtāya : (welche) zur Befreiung (Amrita "Unsterblichkeit" führt)
- vai : gewiss (Vai)
- mṛtāvasthā : ein tod(esähnlicher, Mrita) Zustand (Avastha)
- samutpannā : (wenn) entstanden ist (Samutpanna)
- tataḥ : dann (Tatas)
- vāyum : die Luft ("Wind", Vayu)
- virecayet : atme (der Yogi) aus (vi + ric)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 29 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mahā-vedhaḥ : Maha Vedha (der "große Durchbruch")
- ayam : dieser (Ayam)
- abhyāsāt : durch Übung, Praxis (Abhyasa)
- mahā-siddhi-pradāyakaḥ : verleiht (Pradayaka) großartige, gewaltige (übernatürliche) Fähigkeiten, Vollkommenheiten (Mahasiddhi)
- valī-palita-vepa-ghnaḥ : (er) vertreibt (Ghna) Falten (Vali), weißes Haar (Palita) und das Zittern (Vepa, des Alters)
- sevyate : (er) wird geübt ("gepflegt", sev)
- sādhakottamaiḥ : von den Besten (Uttama) der praktizierenden (Yogis, Sadhaka)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 30 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- etat : diese (Etad)
- trayam : drei ("Triade" Traya, d.h. Maha Mudra, Maha Bandha und Maha Vedha)
- mahā-guhyam : (sind) ein großes (Maha) Geheimnis (Guhya)
- jarā-mṛtyu-vināśanam : (es) zerstört (Vinashana) Alter (Jara) und Tod (Mrityu)
- vahni-vṛddhi-karam : (es) steigert (Vriddhikara) das (Verdauungs-)Feuer (Vahni)
- ca : und (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- hi : denn (Hi)
- aṇimādi-guṇa-pradam : (es) verleiht (Prada, solche) Eigenschaften (Guna, wie) das) Kleinsein (wie ein Atom, Animan) usw., und andere (Adi)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 31 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- aṣṭadhā : achtfach, in achtfacher Weise (Ashtadha)
- kriyate : (diese Gruppe von drei Mudras) wird ausgeführt (kṛ)
- ca : und (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- yāme yāme : aller drei Stunden ("in jeder dreistündigen Wache", Yama)
- dine dine : Tag für Tag (Dina)
- puṇya-saṁbhāra-sandhāyi : (sie) verleiht eine Menge, Fülle (Sambhara) von (spirituellen) Verdiensten (Punya)
- pāpaugha-bhiduram : (und) vernichtet ("spaltet wie ein Donnerkeil", Bhidura) eine Menge ("Flut", Ogha) von Übeln, Sünden (Papa)
- sadā : immer, jederzeit (Sada)
- samyak-śikṣāvatām : richtig (Samyak) für diejenigen, die (einen traditionellen) Unterricht (Shiksha) erhalten
- evam : so, auf diese Weise (Evam)
- svlpam : (sollte) sehr kurz, von geringem Umfang (sein und dann gesteigert werden, Svalpa)
- prathama-sādhanam : zuerst, zunächst, anfangs (Prathama seine) Ausführung (Sadhana)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 32 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kapāla-kuhare : in die Höhlung (Kuhara) des Schädels (Kapala)
- jihvā : die Zunge (Jihva)
- praviṣṭā : (ist) eingeführt (Pravishta)
- viparīta-gā : nach hinten gebogen ("umgekehrt gehend", Viparita-Ga)
- bhruvoḥ : beide Augenbrauen (Bhru)
- antar-gatā : gerichtet zwischen (Antargata)
- dṛṣṭiḥ : der Blick (Drishti)
- mudrā : (dieses) Siegel (Mudra)
- bhavati : ist (bhū)
- khe-carī : Khechari ("die im Himmel wandelnde")
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 33 : Khechari Mudra
Versmaß: Arya
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- chedana-cālana-dohaiḥ : Durchtrennen (des Zungenbändchens, Chhedana), Hinundherbewegen, Lockern (Chalana und) durch Melken (Doha)
- kalām : die Zunge (Kala)
- krameṇa : schrittweise, Schritt für Schritt (Krama)
- atha : nun (Atha)
- vardhayet : man verlängere (vṛdh)
- tāvat : soweit (Tavat)
- sā : sie (Tad)
- yāvat : bis (Yavat)
- bhrū-madhyam : die Mitte (zwischen den) Augenbrauen (Bhrumadhya)
- spṛśati : berührt (spṛś)
- tadā : dann (Tada)
- khe-carī : (in) [[Khechari (Mudra)
- siddhiḥ : (besteht) Erfolg, Vervollkommnung (Siddhi)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 34 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- snuhī-pattra-nibham : ähnlich (der Form, Nibha) des Blattes (Pattra) der Oleanderwolfsmilch (Snuhi)
- śastram : ein Messer (Shastra)
- su-tīkṣṇam : sehr scharf (Tikshna)
- snigdha-nirmalam : glatt (Snigdha) und sauber (Nirmala)
- samādāya : man nehme ("genommen habend", sam + ā + dā)
- tataḥ : dann (Tatas)
- tena : damit (Tad)
- roma-mātra : um die Breite ("das Maß", Matra) eines Haares (Roman)
- samucchinet : man schneide (in das Zungenbändchen) ein (sam + ud + chid)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass in diesem Vers das Objekt (Karman) der Handlung, nämlich das zu durchtrennende "Zungen(wurzel)bändchen" (Rasana–Mula–Shira), zu ergänzen ist (Adhyahara): rasanā-mūla-śirām iti karmādhyāhāraḥ.
Kapitel 3 Vers 35 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tataḥ : dann, danach (Tatas)
- saindhava-pathyābhyām : Steinsalz (Saindhava) und (den Früchten der) Chebulischen Myrobalane (Pathya)
- cūrṇitābhyām : mit (einem Gemisch aus) zermalenem (Churnita)
- pragharṣayet : man reibe (die Schnittwunde) ein (pra + ghṛṣ)
- punaḥ : wieder, erneut (Punar)
- sapta-dine : einer Woche ("von sieben Tagen" Sapta–Dina, d.h. am achten Tag]])
- prāpte : nach Verlauf ("wenn erreicht ist", Prapta)
- roma-mātram : um die Breite ("das Maß", Matra) eines Haares (Roman)
- samucchinet : man schneide (in das Zungenbändchen) ein (sam + ud + chid)
Erläuterungen
Pathya ist nach dem Kommentator Brahmananda ein Synonym für die Chebulische Myrobalane (Haritaki, Terminalia chebula): pathyā harītakī.
Kapitel 3 Vers 36 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- evam : so, auf diese Weise (Evam)
- krameṇa : schrittweise, Schritt für Schritt (Krama)
- ṣaṇ-māsam : sechs (Shash) Monate (lang, Masa)
- nityam : täglich ("ständig, regelmäßig", Nitya)
- yuktaḥ : konzentriert (Yukta)
- samācaret : (der Yogi) verfahre (sam + ā + car)
- ṣaṇ-māsāt : nach sechs Monaten
- rasanā-mūla-śirā-bandhaḥ : das Bändchen ("Gefäß-Band", Shira–Bandha) an der Wurzel (Mula) der Zunge (Rasana)
- praṇaśyati : ist vollständig durchtrennt ("verschwindet", pra + naś)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 37 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kalām : die Zunge (Kala)
- parāṅ-mukhīm : zurückgebogen ("abgewandt", Paranmukha)
- kṛtvā : machend (kṛ)
- tri-pathe : in die Höhlung des Schädels (den Ort der "drei Wege" Tripatha, wo sich Ida, Pingala und Sushumna vereinigen)
- pariyojayet : man lege (pari + yuj)
- sā : dieses (Tad)
- bhavet : ist ("sei", bhū)
- khe-carī : (namens) Khechari ("die im Himmel wandelnde")
- mudrā : das Siegel (Mudra)
- vyoma-cakram : Rad, Kreis des Himmels, Luftraumes, Äthers (Vyomachakra)
- tat : das (Tad)
- ucyate : wird (auch) genannt (vac)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt den Begriff Tripatha wie folgt Tripatha ("Dreiweg") ist der Weg (Pantha) der drei (Tri) Kanäle (Nadi). In diesen Dreiweg, einer Höhlung (Kuhara) im Schädel (Kapala), lege (pariyojayet) man (die Zunge) – tisṛṇāṃ nāḍīnāṃ panthāḥ tri-pathas, tasmin tri-pathe kapāla-kuhare pariyojayet.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 79 behandelt.
Kapitel 3 Vers 38 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- rasanām : die Zunge (Rasana)
- ūrdhvagām : nach oben (Urdhvaga) gewandt ("gehend")
- kṛtvā : haltend ("machend", kṛ)
- kṣaṇārdham : für die Hälfte (Ardha) eines Kshana ("Augenblick", eine Zeiteinheit)
- api : auch, sogar (Api)
- tiṣṭhati : (welcher) bleibt, verweilt (sthā)
- viṣaiḥ : von (der Wirkung durch) Gifte (Visha)
- vimucyate : der wird befreit (vi + muc)
- yogī : ein Yogin
- vyādhi-mṛtyu-jarādibhiḥ : Krankheit ([[Vyadhi), Tod (Mrityu), Alter (Jara) usw. (Adi)
Erläuterungen
Der Ausdruck Kshana ("Augenblick") wird hier nach dem Kommentator Brahmananda im Sinne von Muhurta verwendet, welches dem 30. Teil von 24 Stunden, also 48 Minuten, entspricht. Ein halbes (Ardha) Kshana bzw. Muhurta ergibt somit 24 Minuten bzw. die Dauer (Matra) einer Ghatika: kṣaṇasya muhūrtasya ardhaṃ kṣanārdham ghaṭikā-mātram.
Kapitel 3 Vers 39 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- na : nicht (Na)
- rogaḥ : Krankheit (Roga)
- maraṇam : Tod (Marana)
- tandrā : Mattigkeit, Abspannung, Erschlaffung (Tandra)
- na : nicht
- nidrā : Schlaf (Nidra)
- na : nicht
- kṣudhā : Hunger (Kshudha)
- tṛṣā : Durst (Trisha)
- na : nicht
- ca : und (Cha)
- mūrcchā : Ohnmacht, geistige Betäubung (Murchha)
- bhavet : existiert (bhū)
- tasya : für denjenigen (Tad)
- yaḥ : welcher, der (Yad)
- mudrām : das Siegel (Mudra)
- vetti : kennt (vid)
- khe-carīm : (namens) Khechari ("die im Himmel wandelnde")
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 40 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pīḍyate : wird gequält, gepeinigt (pīḍ)
- na : nicht (Na)
- saḥ : der, dieser (Yogi, Tad)
- rogeṇa : von Krankheit (Roga)
- lipyate : wird befleckt (lip)
- na : nicht
- ca : und (Cha)
- karmaṇā : von Handlung (dem Gesetz der Tatvergeltung, Karman)
- bādhyate : wird bedrängt, belästigt (bādh)
- na : nicht
- saḥ : der
- kālena : vom Tod ("Zeit", Kala)
- yaḥ : welcher, der (Yad)
- mudrām : das Siegel (Mudra)
- vetti : kennt (vid)
- khe-carīm : (namens) Khechari (“die im Himmel wandelnde”)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 41 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- cittam : der Geist (Chitta)
- carati : sich aufhält ("bewegt", car)
- khe : im leeren Raum (zwischen den Augenbrauen, Kha)
- yasmāt : weil (Yad)
- jihvā : (und) die Zunge (Jihva)
- carati : sich aufhält ("bewegt")
- khe : im leeren Raum (des Schädels)
- gatā : befindlich ("gegangen", Gata)
- tena : deshalb, daher (Tad)
- eṣā : dieses (Etad)
- khe-carī : Khechari ("die im leeren Raum wandelnde")
- nāma : namentlich, mit Namen (Nama)
- mudrā : Siegel (Mudra)
- siddhaiḥ : von den Vollkommenen (Siddha)
- nirūpitā : wurde benannt ("festgelegt", Nirupita)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 42 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- khe-caryā : durch Khechari (Mudra)
- mudritam : verschlossen ("versiegelt") wurde (Mudrita)
- yena : durch welchen (Yogi, Yad)
- vivaram : das Loch, die Öffnung (Vivara)
- lambikā : dem (weichen) Gaumen (Lambika)
- ūrdhvataḥ : hinter ("oberhalb", Urdhvatas)
- na : nicht (Na)
- tasya : dessen (Tad)
- kṣarate : fließt (kshar)
- binduḥ : Samen ("Tropfen", Bindu)
- kāminyā : von einer Geliebten, (jungen) Liebhaberin (Kamini)
- āśleṣitasya : (wenn er) umarmt wird (Ashleshita)
- ca : sogar (Cha)
Erläuterungen
Man könnte vivaraṁ lambikordhvataḥ auch mit "die Öffnung hinter dem Gaumenzäpfchen ([[Lambika)" übersetzen. Der Kommentator Brahmananda versteht lambikā hier als Gaumen (Talu): lambikā tālu.
Kapitel 3 Vers 43 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- calitaḥ : vergossen wurde ("sich fortbewegt hat", Chalita)
- api : sogar (Api)
- yadā : wenn (Yada)
- binduḥ : der Samen ("Tropfen", Bindu)
- samprāptaḥ : (und) erreicht hat (Samprapta)
- yoni-maṇḍalam : den Bereich (Mandala) der Vagina (Yoni)
- vrajati : er geht (wieder, vraj)
- ūrdhvam : nach oben, aufwärts (Urdhva)
- hṛtaḥ : erfasst, zurückgezogen (Hrita)
- śaktyā : mit Kraft, nach Kräften (Shakti)
- nibaddhaḥ : kontrolliert ("gebunden", Nibaddha)
- yoni-mudrayā : durch Yoni Mudra (d.h. Vajroli Mudra)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda beschreibt Yoni Mudra als ein Kontrahieren (Akunchana) des Penis (Medhra) und bemerkt, dass damit (etena) auf Vajroli Mudra (vgl. HYP 3.83-91) verwiesen wird (Suchita): yoni-mudrayā meḍhrākuñcana-rūpayā etena vajrolī mudrā sūcitā.
Kapitel 3 Vers 44 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ūrdhva-jihvaḥ : mit nach oben gerichteter (Urdhva) Zunge (Jihva)
- sthiraḥ : unbeweglich (Sthira)
- bhūtvā : geworden ist (bhū)
- soma-pānam : das Trinken (Pana) des Nektars (Soma)
- karoti : ausführt (kṛ)
- yaḥ : wer (Yad)
- māsārdhena : in einem halben (Ardha) Monat (Masa)
- na : nicht (Na)
- sandehaḥ : (besteht hierüber) ein Zweifel (Sandeha)
- mṛtyum : den Tod (Mrityu)
- jayati : besiegt (ji)
- yoga-vit : ein (solcher) Kenner des Yoga (Yogavid)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt soma-pānaṁ ("das Trinken des Soma") als das Trinken (Pana) des Mondnektars (Chandramrita), der aus der Höhlung (Vivara) hinter (Urdhva "oberhalb") dem weichen Gaumen (bzw. Gaumenzäpfchen, Lambika) heruntertropft (Galita): somasya lambikordhva-vivara-galita-candrāmṛtasya pānaṃ soma-pānam (vgl. Vers 3.42).
Kapitel 3 Vers 45 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- nityam : täglich ("stets", Nitya)
- soma-kalā-pūrṇam : voll, gefüllt ist (Purna) mit dem Nektar ("Sechzehntel", Kala) des Mondes (Soma)
- śarīram : Körper (Sharira)
- yasya : dessen (Yad)
- yoginaḥ : ein Yogin
- takṣakeṇa : von (dem Schlangendämon) Takshaka
- api : sogar (Api)
- daṣṭasya : der gebissen wurde (Dashta)
- viṣam : das Gift (Visha)
- tasya : in diesem (Tad)
- na : nicht (Na)
- sarpati : breitet sich aus ("schleicht sich ein", sṛp)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt soma-kalā-pūrṇa als "erfüllt (Purna) mit dem Nektar (Amrita) des Mondsechzehntels (Chandrakala)": soma-kalā-pūrṇaṃ candra-kalāmṛta-pūrṇam.
Kapitel 3 Vers 46 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- indhanāni : das Brennholz (Indhana)
- yathā : wie (Yatha)
- vahniḥ : Feuer (Vahni)
- taila-vartim : einen mit Öl (Taila getränkten) Docht (Varti)
- ca : und (Cha)
- dīpakaḥ : ein Lampenlicht ("Leuchte", Dipaka)
- tathā : ebenso (Tatha)
- soma-kalā-pūrṇam : der mit dem Mondnektar (Somakala) gefüllt ist (Purna)
- dehī : die Seele (der "Verkörperte", Dehin)
- deham : den Körper (Deha)
- na : nicht (Na)
- muñcati : verlässt (muc)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 47 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- go-māṁsam : Kuhfleisch (Go-Mamsa)
- bhakṣayet : (einer) mag essen (bhakṣ)
- nityam : täglich ("stets", Nitya)
- pibet : (einer) mag trinken (pā)
- amara-vāruṇīm : den Branntwein (Varuni) der Götter (der "Unsterblichen", Amara)
- kulīnam : (als) aus edler Familie stammend (Kulina)
- tam : einen solchen (Yogi, Tad)
- aham : ich (Aham)
- manye : erachte (man)
- itare : die anderen (Itara)
- kula-ghātakāḥ : (als) Zerstörer, Mörder (Ghataka ihrer) Familie (Kula)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 113 behandelt.
Kapitel 3 Vers 48 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- go-śabdena : mit dem Wort (Shabda) "Kuh" (Go)
- uditā : wird (hier) bezeichnet (Udita)
- jihvā : die Zunge (Jihva)
- tat-praveśaḥ : das Einführen ("Hineintreten", Pravesha) derselben (der Zunge, Tad)
- hi : denn (Hi)
- tāluni : (in die Öffnung) im Gaumen (Talu)
- go-māṁsa-bhakṣaṇam : (wird bezeichnet als) das Essen (Bhakshana) des Kuhfleisches (Go)-(Mamsa)
- tat : dies (Tad)
- tu : aber, wiederum (Tu)
- mahā-pātaka-nāśanam : (ist ein Mittel zum) Vertreiben, Vernichten (Nashana) von großen Sünden, Verbrechen (Mahapataka)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 49 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- jihvā-praveśa-sambhūta-vahninā : durch die Hitze ("Feuer", Vahni) die entstanden ist (Bhuta) durch das Einführen (“Hineintreten", Pravesha) der Zunge (Jihva in die Gaumenöffnung)
- utpāditaḥ : hervorgebracht (Utpadita)
- khalu : nun, gewiss (Khalu)
- candrāt : vom "Mond" (Chandra)
- sravati : fließt (sṛ)
- yaḥ : welcher, der (Yad)
- sāraḥ : der Nektar (Sara)
- sā : das (Tad)
- syāt : ist (as)
- amara-vāruṇī : der Götter-Branntwein (Amaravaruni)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda gibt die Stelle des "Mondes" (Chandra bzw. Soma) an als "zwischen (Antar) den Augenbrauen (Bhru) auf der linken (Vama) Seite (Bhaga) befindlich (Stha)": candrāt bhruvor antar vāma-bhāga-sthāt somāt.
Kapitel 3 Vers 50 : Khechari Mudra
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- cumbantī : berührt ("küssend ist", cumb)
- yadi : wenn (Yadi)
- lambikāgram : das (äußerste) Ende (die "Spitze", Agra) des weichen Gaumens (oder: des Gaumenzäpfchens, Lambika)
- aniśam : ständig, ohne Unterlass (Anisha)
- jihvā : die Zunge (Jihva)
- rasa-syandinī : einen Saft, Geschmack, ein Lebenselixier (Rasa) fließen lassend (Syandini)
- sa-kṣārā : mit salzigem (Sakshara)
- kaṭukāmla-dugdha-sadṛśī : mit scharfem (Katuka) oder saurem (Amla Geschmack) ähnlich, vergleichbar mit (Sadrisha) Milch (Dugdha)
- madhv-ājya-tulyā : Honig (Madhu) und geklärte Butter, Butterschmalz (Ajya) gleich, so wie (Tulya)
- tathā : ebenso, und (Tatha)
- vyādhīnām : (seiner) Krankheiten (Vyadhi)
- haraṇam : das Verschwinden ("Zunichtemachen", Harana)
- jarānta-karaṇam : die Vernichtung ("zuende machen", Antakarana) des Alters (Jara)
- śastrāgamodīraṇam : das Abwehren ("Wegschleudern, Ausstoßen", Udirana) des Nahens (Agama) von Waffen, Geschossen (Shastra)
- tasya : diesem (Yogi, Tad)
- syāt : wird zuteil ("sei", as)
- amaratvam : Unsterblichkeit, Göttlichsein (Amaratva)
- aṣṭa-guṇitam : verbunden mit (Gunita) den acht (Ashta Siddhis)
- siddhāṅganākarṣaṇam : das (unwiderstehliche) Anziehen (Akarshana) der Frauen (Angana) der Vollkommenen (Siddha)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 51 : Khechari Mudra
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mūrdhnaḥ : (das) vom Kopf (Murdhan)
- ṣoḍaśa-pattra-padma-galitam : in den sechzehn-blättrigen (Shodasha–Pattra) Lotus (Padma, das Kehl- bzw. Vishuddhi Chakra) tröpfelnde (Galita)
- prāṇāt : durch den (gezügelten) Lebenshauch (Prana)
- avāptam : erlangte (Avapta)
- haṭhāt : aufgrund der Hatha(-Yogapraxis)
- ūrdhvāsyaḥ : mit dem Gesicht (Asya) nach oben (gewandt, Urdhva)
- rasanām : die Zunge (Rasana)
- niyamya : legend ("festhaltend", ni + yam)
- vivare : in die Höhlung (Vivara des Gaumens)
- śaktim : Energie ("Kraft" Shakti, d.h. Kundalini)
- parām : die höchste (Para)
- cintayan : meditierend über (cint)
- utkallola-kalā-jalam : das aufwallende ("mit hochgehenden Wogen", Utkallola) Nass ("Wasser", Jala) des Mond-)Nektars ("Sechzehntels", Kala)
- ca : und (Cha)
- vimalam : das reine (Vimala)
- dhārā-mayam : strömende ("aus einem Strom bestehende", Dhara–Maya)
- yaḥ : wer, welcher (Yad)
- pibet : trinkt (pā)
- nirvyādhiḥ : frei von Krankheit (Nirvyadhi)
- saḥ : ein solcher (Tad)
- mṛṇāla-komala-vapuḥ : mit einem Körper (Vapus) weich, zart (Komala) wie die Wurzel einer Lotuspflanze (Mrinala)
- yogī : Yogin
- ciram : lang (Chira)
- jīvati : lebt (jīv)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass ūrdhvāsyaḥ "mit dem Gesicht (Asya) nach oben (Urdhva) gewandt" auf Viparita Karani verweist (Suchita): ūrdhvāsya ity anena viparīta-karaṇī sūcitā.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 105 behandelt.
Kapitel 3 Vers 52 : Khechari Mudra
Versmaß: Mandakranta
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yat : der ("derjenige", Yad)
- prāleyam : Nektar ("Schnee, Schmelzwasser", Praleya)
- prahita-suṣiram : entspringend ("herausgeströmt", Prahita) in der Höhlung (Sushira)
- meru-mūrdhāntara-stham : befindlich im inneren (Antara) des Gipfels ("Kopfes", Murdhan) des (Berges) Meru (der Wirbelsäule bzw. Sushumna)
- tasmin : in dieser (Höhlung, Tad)
- tattvam : die (höchste) Wahrheit (das "So-sein", Tattva)
- pravadati : erkennt ("verkündet als", pra + vad)
- su-dhīḥ : der Weise ("mit guter Einsicht", Sudhi)
- tat : diese (Höhlung, Tad)
- mukham : (ist) der Ursprung ("Mund", Mukha)
- nimna-gānām : der Flüsse (Nimnaga, d.h. der Nadis)
- candrāt : vom "Mond" (Chandra)
- sāraḥ : der Nektar, die Essenz (Sara)
- sravati : fließt, strömt (herab, sṛ)
- vapuṣaḥ : des Körpers (Vapus)
- tena : daraus (Tad)
- mṛtyuḥ : (resultiert) der Tod (Mrityu)
- narāṇām : der Menschen (Nara)
- tat : dieses
- badhnīyāt : man soll einnehmen ("binden", bandh)
- su-karaṇam : ausgezeichnete (Su) Siegel (Karana, nämlich Khechari Mudra)
- adhaḥ : auf dem Erdboden (liegend, Adhas)
- na : nicht (Na)
- anyathā : auf andere Weise (Anyatha)
- kāya-siddhiḥ : (ist) Vervollkommnung ([[Siddhi) des Körpers (Kaya möglich)
Erläuterungen
Nach dem Kommentator Brahmananda ist hiermit die Wahrheit (Tattva) über das Selbst (Atman) bzw. die höchste Wahrheit in Form des Atman gemeint: tattvam ātma-tattvam.
Brahmananda führt aus, dass mit "Flüssen" (Nimnaga), die mit den Worten (Shabda) Ganga, Yamuna, Sarasvati und Narmada usw. ausgedrückt werden, die Nadis Ida, Pingala, Sushumna und Gandhari usw. gemeint sind: nimnagānāṃ gaṅgā-yamunā-sarasvatī-narmadādi-śabda-vācyānām iḍā-piṅgalā-suṣumnā-gāndhārī-prabhṛtīnām.
Kapitel 3 Vers 53 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- suṣiram : (diese) Höhlung (Sushira)
- jñāna-janakam : birgt ("erzeugt, bringt hervor", Janaka göttliches) Wissen, (höchste) Erkenntnis (Jnana)
- pañca-srotaḥ-samanvitam : (ist der Ort des) Zusammenfließens ("heimgesucht, verbunden mit", Samanvita) der fünf (Pancha) Ströme (Srotas, d.h. Nadis)
- tiṣṭhate : ist fest gegründet ("steht still, harrt aus", sthā)
- khe-carī mudrā : Khechari Mudra
- tasmin : in dieser (Tad)
- śūnye : leeren (Shunya)
- nirañjane : unbefleckten (Höhlung, Niranjana)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 54 : Khechari Mudra
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ekam : (es gibt nur) einen (ursprünglichen, Eka)
- sṛṣṭi-mayam : (der sich als) Schöpfung manifestiert (Srishti–Maya)
- bījam : Keim (Bija, nämlich die "Keimsilbe" Om)
- ekā : (es gibt nur) ein (bestes)
- mudrā : Siegel (Mudra)
- ca : und (Cha)
- khe-carī : (nämlich) Khechari ("die im leeren Raum wandelnde")
- ekaḥ : (es gibt nur) einen
- devaḥ : Gott (Deva)
- nir-ālambaḥ : der unabhängig ("ohne Stütze") ist (Niralamba)
- ekā : (es gibt nur) einen (höchsten)
- avasthā : Zustand (Avastha)
- manonmanī : des Geistes, der jenseits des Geistes ist (Manonmani)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass der eine (Eka), ursprüngliche (Mukhya) Same (Bija) die Pranava genannte (Akhya) "Keimsilbe" Om ist, die sich als Schöpfung manifestiert (Srishti–Maya) bzw. die Form (Rupa) der Schöpfung annimmt: sṛṣti-mayaṃ sṛṣti-rūpaṃ praṇavākhyaṃ bījam ekaṃ mukhyam.
Kapitel 3 Vers 55 : Uddiyana Bandha
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- baddhaḥ : festgehalten, kontrolliert wird ("gebunden", Baddha)
- yena : mit diesem (Bandha, "mit welchem", Yad)
- suṣumṇāyām : in der Sushumna
- prāṇaḥ : die Lebensenergie (Prana)
- tu : aber (Tu)
- uḍḍīyate : (und dann) "auffliegt" (ud + ḍī)
- yataḥ : weil (Yatas)
- tasmāt : deshalb (Tasmat)
- uḍḍīyanākhyaḥ : mit der Bezeichnung (Akhya) Uddiyana (das "Auffliegenlassen")
- ayam : dieser (Verschluss, Ayam)
- yogibhiḥ : von den Yogins
- samudāhṛtaḥ : wurde benannt (Samudahrita)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 56 : Uddiyana Bandha
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- uḍḍīnam : das Auffliegen (in der Sushumna, Uddina)
- kurute : macht (kṛ)
- yasmāt : weil mit diesem (Bandha, "aufgrund dessen", Yad)
- aviśrāntam : unermüdlich, unablässig (Avishranta)
- mahā-kha-gaḥ : der große (Maha) Vogel ("der im Luftraum geht" Khaga, d.h. Prana)
- uḍḍīyānam : Uddiyana (das "Auffliegenlassen")
- tad : dies (Tad)
- eva : gewiss, wahrlich (Eva)
- syāt : (daher) ist ("soll sein", as)
- tatra : in diesem (Zusammenhang, Tatra)
- bandhaḥ : (dieser) Verschluss (Bandha)
- abhidhīyate : wird (nun näher) beschrieben ("enannt", abhi + dhā)
Erläuterungen
Kapitel 3 Vers 57 : Uddiyana Bandha
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- udare : im Bauch(bereich, Udara)
- paścimam : nach hinten (Pashchima)
- tānam : ein Ausdehnen (Tana)
- nābheḥ : des Nabels, vom Nabel (Nabhi)
- ūrdhvam : aufwärts, nach oben (Urdhva)
- ca : und (Cha)
- kārayet : man führe aus ("lasse machen", (kṛ))
- uḍḍīyānaḥ : Uddiyana (das "Auffliegenlassen")
- hi : bekanntlich, gewiss (Hi)
- asau : dieser (Asau)
- bandhaḥ : Verschluss (Bandha)
- mṛtyu-mātaṅga-kesarī : (ist wie) ein Löwe (Kesarin) gegenüber dem Elefanten (Matanga) des Todes (Mrityu)
Erläuterungen