Samyama

Aus Yogawiki
Darstellung des Ajna Chakras

Samyama (Sanskrit: संयम saṃyama u. संयाम saṃyāma m.) Bändigung, Zügelung; Beherrschung der Sinne, Selbstbeherrschung; das Zusammenbinden, Aufbinden; Fesselung; das Schließen (der Augen); Sammlung, geistige Konzentration; Anstrengung; Unterdrückung, Vernichtung.

Im Yogasutra des Patanjali (3. Kapitel, Sutra 4) wird saṃyama als ein technischer Begriff eingeführt, der die Gesamtheit bzw. unmittelbare Aufeinanderfolge der drei letzten Glieder des Ashtangayoga, nämlich Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation) und Samadhi (überbewusster Zustand) umfasst.

Patanjali beschreibt eine Reihe übernatürlicher Kräfte (Vibhutis bzw. Siddhis) und Erkenntnisse, die durch das Üben von Samyama in Erscheinung treten können. Diese gelten allerdings als Hindernisse auf dem Weg zur höchsten yogischen Verwirklichung, den Zustand des Kaivalya.

Samyama im Yoga Sutra - ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019

Patanjali - Autor des Yoga Sutra

Kommentar zu den Versen 4-8 im Patanjali Yoga Sutra.

Patanjali schreibt:

trayam-ekatra saṁyamaḥ

Dharana, Dhyana und Samadhi bilden Samyama.

tajjayāt prajñālokaḥ

Dadurch entsteht Meisterung und das Licht direkten Wissens.

tasya bhūmiṣu viniyogaḥ

Seine Anwendung des Samyama erfolgt in Stufen.

trayam-antarangaṁ pūrvebhyaḥ

Diese drei Stufen sind innerlicher als die vorhergehenden.

tadapi bahiraṅgaṁ nirbījasya

Aber sogar diese sind äußerlicher als der Samenlose Zustand.

Samyama - Entfaltung geistiger Fähigkeiten

Schlummernde Fähigkeiten hervorbringen

Herzlich Willkommen zu einem Vortrag über Samyama. Samyama, das wichtige Konzept des dritten Kapitels des Yoga Sutra, einer der Schlüssel für Raja Yoga, wo es ja um die Entfaltung geistiger Fähigkeiten geht und darum, die Erleuchtung zu erlangen über Herrschaft des Geistes.

Das dritte Kapitel wird überschrieben als Vibhuti Pada, das heißt „Das Kapitel über die besonderen Herrlichkeiten, Kräfte und Fähigkeiten“. Und hier geht es um Samyama.

Konzentration, Absorption und Überbewusstsein

Samyama ist eigentlich ein unübersetzbarer Begriff. Samyama ist die Aufeinanderfolge von Dharana, das ist die Konzentration, Dhyana, das ist die Absorption, und Samadhi, das Überbewusstsein. Wenn du diese drei aufeinanderfolgend übst, dann bekommst du besondere Fähigkeiten und Kräfte.

Was man sagen würde: Konzentriere dich auf etwas, Desha Bandha Cittasya. Das heißt nimm dir vor, dich auf etwas Konkretes zu konzentrieren. Halte deinen Geist dort und widerstehe den Neigungen des Geistes woanders hinzugehen. Wenn du etwas machst mache es mit ganzem Herzen, für die Zeit wo du dabei bist, oder die du dir vorgenommen hast. Es ist eine Disziplin des Geistes, die sehr wohl wert ist, lass dich dabei nicht unterbrechen. Desha Bandha Cittasya Dharana. Wenn du das intensivierst, dann fällst du automatisch in Dhyana, du bist darin absorbiert. Und dann folgt Samadhi. Samadhi – du verschmilzt mit dem Objekt der Konzentration, deine Subjektivität verschwindet, dein Geist reflektiert das, worauf du dich konzentrierst, wird letztlich zu dem worauf du dich konzentrierst. Samyama.

Der vierte Vers war also: Diese Drei, Dharana, Dhyana und Samadhi, zusammen bilden Samyama.

Fünfter Vers: Dadurch, durch Samyama, entsteht Jaya, Meisterung, und Prajñālokaḥ, das heißt das Licht direkten Wissens. Wenn du Samyama ausführst, dann bekommst du Jaya und Prajna. Jaya heißt Meisterung, und Prajna heißt direktes, intuitives Wissen.

Patanjali hat ja an anderer Stelle gesagt es gibt drei Quellen von korrektem Wissen:

  • Das eine ist Sinneswahrnehmung,
  • das zweite ist Aussagen anderer, und
  • das dritte ist die Schlussfolgerung.
  • Und dann hat er noch gesagt es gibt eine vierte Quelle des Wissens, die tiefer ist als andere, und das ist Prajna. Und Prajna ist das intuitive Wissen von etwas.

Was heißt jetzt Samyama praktisch?

Verbundenheit kann intuitives Verstehen schaffen

Samyama kann zum Beispiel heißen du willst einen Menschen verstehen. Du wirst dich für eine Weile ganz auf den Menschen konzentrieren. Desha Bandha Cittasya. Für eine gewisse Zeit lang willst du deinen Geist ganz auf den Menschen zentrieren. Samyama hat auch etwas mit entspannter, absichtsloser Konzentration zu tun. Also weniger im Sinne vom Nachdenken um nachher logische Schlussfolgerungen zu ziehen, auch keine Analyse von dem was du siehst, sondern es heißt die volle Aufmerksamkeit auf den Menschen richten. Und dann diesen Menschen spüren. Das ist dann wie eine Art Dhyana, Verschmelzung fast mit dem Menschen. Und wenn du so mit diesem Menschen ganz verbunden bist, dann entsteht zum einen Prajna, ein intuitives Verstehen des Menschen. Und es entsteht eine Art von Jaya, Herrschaft/Meisterschaft, was heißen soll: Dann weißt du plötzlich wie du mit dem Menschen umgehst. Und vielleicht sind alle möglichen zwischenmenschlichen Probleme mysteriöser Weise verschwunden. Manchmal reicht es aus sich voll auf einen Menschen zu konzentrieren, um die zwischenmenschlichen Probleme auf mysteriöse Weise aufzulösen. Das wäre Jaya. Und manchmal erfährst du eine ganze Menge über den Menschen über Prajna, volle Konzentration.

Kriya Yoga

Letztendlich könnte man sagen Samyama ergänzt den Kriya Yoga im zweiten Kapitel. Patanjali hat ja im zweiten Kapitel besprochen:

tapaḥ svādhyāy-eśvarapraṇidhānāni kriyā-yogaḥ.

  • Wenn du irgendeine Schwierigkeit hast, wie kannst du sie lösen? Zum einen, indem du selbst analysierst, überlegst: Was ist da los? Svadhyaya.
  • Dann kannst du schauen: Was kannst du ändern? Wie kannst du eingreifen? Das wäre Tapas.
Konflikte lösen

Nehmen wir mal ein Beispiel. Du hast einen Konflikt mit einem Menschen. Kriya Yoga wäre jetzt: Svadhyaya, du überlegst: Was ist die Ursache des Konfliktes? Wie ist das Ganze passiert? Welche Missverständnisse? Wie ticke ich? Wie tickt der andere? Wie war unsere Kommunikation? Svadhyaya. Du überlegst: Welche Möglichkeiten hast du? Holst dir vielleicht sogar einen Ratschlag ein. Tapas würde in diesem Fall heißen etwas zu tun. Du überlegst: Was könnte ich tun? Ihn vielleicht auf eine andere Weise grüßen? Vielleicht einen Vermittler nehmen? Vielleicht das ihr euch aussprecht, vielleicht eine Art Metakommunikation vorschalten. Vielleicht dem anderen zu sagen: „Ich spüre irgendwo es läuft nicht so richtig mit uns, wie können wir miteinander umgehen?“. Tapas. Also Sprechen und etwas tun. Vielleicht den anderen das nächste Mal freundlicher grüßen, ein kleines Geschenk machen, loben, Respekt äußern. Oder wenn du dich immer ausgenutzt gefühlt hast, dass du denkst du kommst immer zu kurz, eben dann deine Bedürfnisse klar zu äußern, vielleicht nicht gleich nachgeben, und so weiter. Tapas.

Und wenn du irgendwo trotz aller Bemühungen feststellst: Es nutzt doch nichts, der Konflikt kommt – es hängt ja nicht nur an dir. Entweder du kannst dich nicht ändern, du beherrschst dich nicht ausreichend, oder der andere spielt nicht mit. Ishvarapranidhana, Hingabe an Gott, und sagen: „Oh Gott, ich kriegs allein nicht hin, hilf du mir. Und wenn sich nichts ändert gehe ich davon aus es ist einfach so und es gehört zu meinen Aufgaben, konfliktbehaftete, zwischenmenschliche Beziehungen zu haben, und trotzdem tun was dabei nötig ist, und dabei ethisch bleiben.“ Das wäre also Analyse, Überlegen, Nachdenken, Verstehen, über Sinn nachdenken, vielleicht kommst du ja auch zu einem Schluss warum dir das immer mit dem Menschen passiert. Tapas, etwas ändern, etwas tun. Ishvarapranidhana, Hingabe an Gott.

Muss etwas erlebt werden: Hingabe an Gott

Gemäß des alten Mystikerspruches: Oh Gott gib mir die Kraft zu ändern was ich ändern kann, Tapas, die Geduld, hinzunehmen, was ich nicht ändern kann, Ishvarapranidhana, und die Weisheit, zwischen beidem zu unterscheiden, Svadhyaya.

Aber du könntest noch etwas Viertes machen. Und das ist hier Samyama. Du könntest dir vornehmen, dich voll auf den Menschen zu konzentrieren. Absichtslos. Sei es in der Meditation ihn dir vorzustellen und zu spüren. Ihn vielleicht in ein paar Situationen einfach Revue passieren zu lassen, aber ohne nachzudenken warum und wieso und ohne zu schimpfen, nach Möglichkeit ohne zu urteilen, ohne zu analysieren, und so weiter. Voll konzentriert sein. Und wenn du dort richtig konzentriert, absorbiert bist kann es dir passieren, dass du in Dhyana gefallen bist. Samadhi weiß ich nicht, aber mindestens entspannte, absichtslose Konzentration, Dharana, die vielleicht in Absorption, Dhyana, führt. Und dann kann es plötzlich sein, ohne dass du irgendwas änderst: Beim nächsten Mal wo du den Menschen triffst – irgendwie ist alles anders. Du weißt nicht warum, aber das Problem hat sich aufgelöst, du hast Jaya erreicht.

Oder nach der Meditation kommt dir plötzlich der Punkt: „Ah! DAS läuft schief.“ Ohne darüber nachgedacht zu haben – Intuition, Prajna.

Das Migräne Beispiel

Samyama anwenden bei Kopfschmerz

Nehmen wir eine nächste Möglichkeit. Angenommen, jemand leidet unter Migräne. Kriya Yoga, was kann man tun. Du könntest erst einmal Svadhyaya, beobachten: In welchen Situationen kommt die Migräne? Was war vorher gelaufen? Ist es etwas Rhythmisches? Kommt sie nach bestimmten Nahrungsmitteln? Kommt sie in bestimmten zwischenmenschlichen Situationen? Und so weiter. Du kannst außerdem wissenschaftliche Abhandlungen lesen, du kannst im Internet forschen, du kannst auf den Yoga Vidya Seiten die Yoga Therapie Empfehlungen für Yoga bei Migräne anschauen. Du kannst das Kopfschmerzvideo, das ich gemacht habe, anschauen. Also: Svadhyaya.

Und dann könntest du einiges tun. Ernährung umstellen, Tiefenentspannung üben. Wenn du merkst, dass die Reizüberflutung beginnt, was oft ein Problem bei Migräne ist, rechtzeitig zurückziehen, nicht so lange warten bis die Migräne kommt. Bei beginnender Migräne Kriyas üben, und so weiter.

Also vieles was du tun kannst. Und wenn du dann trotzdem einen Migräne Anfall erleidest: Ishvarapranidhana, Hingabe an Gott, loslassen, und wissen: Es dauert jetzt ein paar Stunden oder 1-2 Tage. Derzeit vielleicht Mantra wiederholen und sagen: „Oh Gott, dein Wille geschehe, ich kann nichts machen.“

Oder es gäbe jetzt die vierte Möglichkeit, das wäre Samyama. Samyama würde heißen du konzentrierst dich ganz auf dein Kopfweh. Das ist übrigens das Gegenteil von dem was ich meistens empfehle bei Kopfweh, dort empfehle ich nämlich die Konzentration wegzunehmen vom Kopf, und stattdessen Konzentration auf den Bauch. Oder vielleicht einatmen zum Bauch, ausatmen zu den Füßen, einatmen zum Bauch, ausatmen zu den Füßen. Diese Art der Konzentration bringt das Prana in Bauch und Füße, erdet dich, und in der Mehrheit der Fälle hört mindestens ein leichtes Kopfweh auf und in manchen Fällen kann sogar eine schlimme, beginnende Migräne gestoppt werden, alle Aufmerksamkeit weg vom Kopf. Aber das wäre eine Form von Tapas, also eine Übung die du machst.

Samyama würde hier heißen du konzentrierst dich auf den Kopfschmerz an sich. Du spürst ihn voll. Zwischendurch hast du wahrscheinlich das Gefühl, dass dir der Kopf platzt, zwischendurch ist der Schmerz unaushaltbar, das Leiden grässlich – du hältst es aus. Und bemühst dich dabei eine gewisse Entspannung zu halten, in Mitten der Schmerzen. Und dann kann es plötzlich passieren, dass du in diesen Raum der Migräne so eintrittst – es sind keine Schmerzen mehr da. Du bist verschmolzen mit dieser Intelligenz der Migräne. Und dann kann es sein, dass du nie mehr Migräne hast, oder du verstehst plötzlich was der Sinn dieser Migräne ist. Intuitiv, Prajna, ohne lange nachzudenken.

Verschmelzen mit dem Objekt ergibt Herrschaft darüber

Ich kenne einige Menschen, die mit dieser Technik des Samyama, dauerhaft ihre Migräne überwunden haben. Ich kenne aber auch Menschen, die es probiert haben, und festgestellt haben es reicht für sie jetzt nicht aus. Vielleicht konnten sie das Samyama nicht voll üben. Aber in diesem Sinne: Samyama heißt den Geist voll auf etwas zu konzentrieren, ohne etwas zu wollen, ohne nachzudenken, ohne zu urteilen. Es ist eine entspannte Form der Konzentration, die idealerweise bis in die Absorption hineingeht. Vielleicht sogar bis zur Verschmelzung. Und je nachdem wie weit es dir gelungen ist, dich dort hinein zu konzentrieren, kommst du in stärkerem oder schwächerem Maße in Jaya und Prajna.

Konzentriere!

Ein weiteres Beispiel. Vor langer Zeit, irgendwann 1997 war das, die Anfangszeit unseres ersten Ashrams im Westerwald. Am Anfang waren alle voller Pioniergeist, großer Enthusiasmus, viel gemacht. Und dann gab es irgendeine Phase, wo das Team zerstritten war. Alles Enthusiasten, alles Menschen die es voran bringen wollten, aber irgendwo hat es im Team nicht so gut geklappt. Dann kam ein großer Yogameister, ein Schüler von Swami Sivananda, Swami Nityananda zu Besuch, und der wollte so ein bisschen wissen wie alles so läuft. Und dann habe ich ihm davon erzählt, dass diese große Harmonie die wir mal hatten nicht mehr da war, und ich wüsste jetzt auch nicht, und wir hätten schon oft darüber gesprochen, und wir hätten uns ausgetauscht, und überlegt, das wäre also Svadhyaya.

Konzentration auf die Mitmenschen bringt Harmonie

Wir haben auch einiges in den Meetings probiert, und so weiter, man könnte sagen Formen von Tapas. Aber letztlich hatte es nicht zu etwas geführt. Und dann sagt er zu mir: „Concentrate“, ich sage: „Was meinst du, `concentrate´?“, er sagt „Concentrate, concentrate, concentrate!“, konzentriere, konzentriere, konzentriere! Als ich dann nochmal nachgehakt hatte hat er gesagt ich solle mich von da an jeden Tag mindestens zwei Minuten auf jeden derjenigen, die im Ashram sind, voll konzentrieren, und mir dann auch alle gleichzeitig vorstellen, und sie alle gleichzeitig spüren. Das war also eine Form von Samyama. Sich auf den Menschen konzentrieren und auf verschiedene Menschen zusammen konzentrieren. Und tatsächlich: Innerhalb einiger Tage ging es im Team besser. Innerhalb einiger Tage, auf fast mystisch-magische Weise, haben sich alle besser verstanden. Und zwar ohne, dass ich auf irgendwelche Coaches, Supervisoren zurückgekommen bin – das wäre der nächste Schritt den wir uns überlegt haben, das haben wir dann nicht gemacht. Einfach diese Konzentration. Seitdem habe ich es auch manchmal eingeführt, dass wir zum Beginn einer Sitzung einen Moment der Stille haben, und wo alle alle spüren. Das ist wie ein kleines Samyama. Und indem alle alle spüren, und alle zusammen dieses Samyama spüren, verbinden sich alle miteinander. Und so entsteht Jaya, eine Meisterung, dass alle zusammen harmonisch sind, was ja alle wollen in einer spirituellen Gemeinschaft. Und Prajna, irgendwo eine Intuition.

Das ist natürlich nicht immer und in jeder Situation die Lösung aller Probleme, sonst hätten wir bei Yoga Vidya gar keine Auseinandersetzungen, aber es ist sicher ein Mittel, das man einsetzen kann. Und dazu möchte ich dich auch ermutigen. Und so will ich noch zum 6. Vers gehen:

Die Anwendung von Samyama erfolgt in Stufen.

tasya bhūmiṣu viniyogaḥ

Eins werden mit dem Gegenstand

Also: Es geschieht stufenweise, schrittweise. Was auch eine kleine Ermutigung ist. Du musst nicht gleich zu Samadhi kommen, um [Samyama Samyama] zu nutzen. Diese Übung der Konzentration, Absorption und Verschmelzung kannst du auch einfach in den Anfangsgraden machen. Dich einfach voll auf etwas, auf jemanden konzentrieren, das urteilen, analysieren und reagieren weglassen. Aber eben im Unterschied zur so genannten Achtsamkeitsübung nicht entfernt beobachten, sondern miteinander verschmelzen.

Vielleicht möchte ich hier gerade noch den Unterschied von Samyama zu Sakshi Bhav und Vipassana erläutern. Sakshi Bhav heißt ja „etwas beobachten“, und auch nicht urteilen, nicht analysieren, nicht reagieren. Aber: Sakshi Bhav, bei den Buddhisten Vipassana, heißt beobachten und dabei wie ein unbeteiligter Zuschauer zu sein.

Im Yoga Sutra würde Samyama auch heißen nicht urteilen, nicht analysieren und nicht reagieren. Aber es heißt mit Intensität und doch entspannt hineingehen und verschmelzen.

  • Im Sakshi Bhav würdest du zum Beispiel deinen Kopfschmerz beobachten und lernen „ich bin nicht der Kopfschmerz.“
  • Im Samyama würdest du in den Kopfschmerz hineingehen, mit dem Kopfschmerz verschmelzen.

Im Sakshi Bhav würdest du die schlechte Kommunikation beobachten, aber nichts daran ändern. Zu lernen, dass du davon nicht beeinflusst bist. Und schon allein dadurch, dass du aufhörst nachzudenken, zu überlegen, zu verurteilen, zu reagieren, dir negativ Szenarien auszumalen, schon dadurch wird vieles auch leichter. Also diese Achtsamkeit und Beobachtung kann auch hilfreich sein.

Samyama heißt voll hineingehen und verschmelzen, soweit es geht, eben in Stufen.

7. Vers:

Diese drei Stufen, Dharana, Dhyana und Samadhi sind innerlicher, als die vorhergehenden. Also Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara sind äußerlicher. Dharana, Dhyana, Samadhi sind innerlicher.

8. Vers:

Aber sogar diese sind äußerlicher als der Samenlose Zustand. Also über dem Samadhi wie er hier beschreibt gibt es eben noch Nirbija. Und Nirbija, auch Nirbija Samadhi genannt, ist über Dharana, Dhyana und Samadhi. Wobei dort natürlich verstanden ist: Samprajnata Samadhi. Also es heißt auch: Bleibe auch nicht stecken bei Samyama, sondern gehe bis zu Nirbija, dem Samenlosen Zustand, wo du über alles hinausgehst.

Soweit für heute, ich werde dir gleich noch eine Hausaufgabe geben, oder eine kleine Übung. Mein Name: Sukadev von Yoga Vidya. Hinter der Kamera und Schnitt ist Nanda. Alle Verse kannst du nachlesen in dem Buch „Die Yoga Weisheit des Patanjali für Menschen von heute“, das Yoga Sutra mit meinem Kommentar. Das Buch findest du im Buchhandel, im Internetbuchhandel, wie natürlich auch in den Yoga Vidya Ashrams und manchen der Yoga Vidya Zentren.

Das vollständige Yoga Sutra findest du auch in unserem [schriften.yoga-vidya.de Schriften Portal]. Oder besuche das Wochenend-Seminar Raja Yoga Teil 3, dort beschäftigen wir uns ein ganzes Wochenende mit dem dritten Kapitel des Yoga Sutra. Oder eben auch in der 9-tägigen Raja Yoga Weiterbildung, dort geht es auch um das dritte Kapitel.

Aber hier die kleine Aufgabe, spirituelle Übung:

Nimm dir vor bei dem einen oder anderen Samyama zu üben.

Zum Beispiel:

  • Dich auf einen Menschen vollständig zu konzentrieren.
  • Oder dich auf ein Körperteil voll zu konzentrieren.
  • Oder in irgendeiner Aufgabe vollständig aufzugehen.

Falls du bisher so viel Sakshi Bhav/Vipassana geübt hast, dieses Beobachten, probiere es mal aus, voll zu absorbieren, voll hineinzugehen. Entspannt und doch bewusst. Das ist nichts für den ganzen Tag, der Geist muss auch mal nachdenken, er muss auch mal beobachten, auch mal reflektieren, er muss auch mal analysieren, reagieren, beurteilen, planen, nachdenken, und so weiter.

Aber: Jeden Tag auch ein paar Übungen von Samyama.

Wenn du geübt hast dann schreibe doch welche Erfahrungen du damit gemacht hast. Oder schreibe deine Fragen. Danke.

Video - Samyama im Yoga Sutra

Sukadev über Samyama

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Samyama

Samyama heißt Kontrolle, Konzentration, Sammlung des Geistes. Samyama kommt von Sam und Yama. Yama heißt hier auch Kontrolle, Sam heißt „mit Kontrolle“. Samyama heißt, den Geisteszustand sammeln zu können. Samyama wird im Patanjali Yoga Sutra im dritten Kapitel ausführlicher behandelt. Patanjali sagt im Yoga Sutra, dass Dharana, Dhyana und Samadhi zusammen als Samyama bezeichnet wird. In diesem Fall ist das auch eine Aufeinanderfolge dieser drei: Dharana – Konzentration, Dhyana - Absorption, Samadhi – Verschmelzung. Samyama ist also die bewusste Konzentration des Geistes auf etwas, dann die Absorption des Geistes darin, und dann die Verschmelzung damit. Im engeren Sinne ist Samyama, wenn du alle drei Dinge zusammen machst. Das ist dann Samyama. In einem weiteren Sinne ist aber Samyama die Fähigkeit, wirklich ganz konzentriert auf etwas zu sein und zwar zunächst einmal absichtslos konzentriert. Ich werde das gleich noch etwas genauer erläutern und wenn du das Yoga Sutra liest, z.B. mein Buch „Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute“, da habe ich im dritten Kapitel einen sehr umfangreichen Kommentar dazu gemacht und du findest natürlich auch sehr viel auf unseren Internetseiten. Gehe auf www.yoga-vidya.de und gib den Begriff „Samyama“ ein. Dort erfährst du eine ganze Menge und bekommst auch Übungsanleitungen für verschiedene Samyama-Konzentrationen. Patanjali sagt im Yoga Sutra, Samyama führt zu Prajna und zu Jaya. Prajna heißt, zu intuitiver, direkter Erkenntnis. Und Jaya heißt, zur Meisterung, Herrschaft über etwas. Das bedeutet, wenn du dich ganz auf etwas konzentrierst, wenn du also Samyama übst auf etwas, dann führt das zu einem tiefen Wissen über die Sache, intuitives Verständnis, und zum anderen auch zu einer Meisterschaft. Angenommen, du willst ein Computerprogramm lernen. Wenn du dich ganz darauf konzentrierst und deine ganze Energie reinsteckst, dann ist das auch eine Form von Samyama. Wenn du dich dabei ganz konzentrierst, ganz darauf einlässt, dann verstehst du es relativ schnell und erlangst eine Meisterschaft darin.

Angenommen, du musst ein Computerprogramm lernen und sagst dir: „Oh, warum muss ich das lernen? Ist das wirklich notwendig? Kann das nicht jemand anderes machen? Und warum und wieso…“ Dann wirst du es nicht so schnell intuitiv verstehen und du wirst auch nicht so schnell eine Meisterschaft bekommen. Oder angenommen, du hast ein Kind. Wenn du dich ganz auf das Kind konzentrierst und dich dabei ganz bewusst mit dem Kind verbindest, dann verstehst du das Kind. Du hast ein intuitives Verständnis des Kindes und dir macht es auch Spaß, mit dem Kind zusammen zu spielen und auf die Bedürfnisse deines Kindes einzugehen. Oder angenommen, du willst dich in der Meditation vertiefen. Hier ist es das Selbe. Wenn du dich um Konzentration bemühst, ist der erste Schritt von Samyama, Dharana. Das ist für den anfang schon mal eine gute Sache. Wenn du dich bemühst und dabei auch noch absichtslos bleibst, es ist ein Bemühen ohne Leistungszwang. Es ist ein Bemühen ohne vergleichen, es ist ein Bemühen, ohne zu überlegen: „War ich besser oder nicht besser?“ Samyama heißt, dich ganz darauf einlassen, voll konzentriert zu sein. Wenn du dich auf das Meditationsthema konzentrierst und hineinfallen lässt, kommst du in Dhyana und schließlich auch in Samadhi. Dann erfährst du in der Meditation intuitives Wissen, du bekommst neue Erkenntnisse über dich selbst, über Gott, über die Welt und über deinen Stand in der Welt. Das ist also alles Prajna. Und du bekommst die Fähigkeit, dein Leben besser zu leben, Jaya.

So ist also Samyama ein Schlüsselbegriff im Yoga Sutra. Patanjali empfiehlt im Alltag: „Sei konzentriert. Was auch immer du tust, tue es mit großer Konzentration.“ Überlege nicht ständig, was in der Vergangenheit war, was in der Zukunft sein wird. Überlege nicht ständig, was andere von dir denken oder ob du gut genug bist. Was du machst, mache es so gut, wie du kannst, von ganzem Herzen, gib dich hinein. Das ist Dharana. Absorbiere dich, das ist Dhyana. Und schließlich kann es sein, dass du damit verschmilzt, Samadhi. Und selbst wenn du Samadhi nicht erreichst, und selbst wenn auch Dhyana, die Absorption, nur unvollständig ist, du bekommst viel Wissen, Freude und Energie, wenn du das, was du tust, mit Konzentration, Herz, Energie, Intensität und Enthusiasmus machst. Man kann sagen, Samyama ist das Gegenteil von Sakshi Bhava. Diese beiden spirituellen Einstellungen kannst du im Alltag haben. Sakshi Bhava ist die Einstellung eines Beobachters, was neudeutsch Achtsamkeit, Mindfulness, heißt. Du beobachtest und distanzierst dich davon. Samyama heißt, du konzentrierst dich, du lässt dich absorbieren, du gehst ganz hinein. Manchmal ist Sakshi Bhav der bessere Weg, manchmal ist Samyama besser. Mal ist es gut, es zu beobachten, mal ist es gut, hineinzugehen. Und natürlich, ist es auch manchmal gut, nachzudenken oder zu analysieren. Manchmal ist es auch gut, Zukunft und Vergangenheit mit einzubeziehen. Aber besonders schön ist etwas, wenn du es mit Samyama ausführst, mit Konzentration, Bewusstheit, indem du dich da ganz hineinfallen lässt, absorbiert wirst, vielleicht sogar damit verschmilzt. Die drei Schritte Dharana (Konzentration), Dhyana (Absorption) und Samadhi (Verschmelzung) sind Samyama (Kontrolle, Konzentration). Und Samyama führt zu Prajna, direkter intuitiver Erkenntnis, und Jaya – Meisterschaft.

Swami Sivananda: Die Übung des Samyama

Konzentration (Dharana), Meditation (Dhyana) und Samadhi zu gleicher Zeit ausgeübt, ergeben samyama. Ein Yogi, der Samyama auf äußere Gegenstände bezieht, erlangt verschiedene übernatürliche Kräfte (Siddhis) und die Erkenntnis verborgener Dinge der feinstofflichen Natur (Tanmatras). Auch wenn er sich auf die Sinnesorgane (Indriyas), auf die Idee des Ego (ahamkara) und auf sein Bewußtsein konzentriert, werden ihm außergewöhnliche Fähigkeiten und Erkenntnisse zuteil. Die drei höheren Stufen des Yoga (dharana, dhyana und samadhi) sind innerlicher als die vorangehenden Stufen (yama, Niyama, Asana, Pranayama und Pratyahara) und bedeuten Yoga im eigentlichen Sinn, während die fünf anderen als nur äußerliche Vorläufer anzusehen sind.

Die drei Stufen führen unmittelbar zum samadhi und werden deshalb »antaranga sadhana«, der innerliche Teil der geistigen Schulung, genannt, während die fünf anderen nur Körper, Atem (Prana) und Sinnesorgane (Indriyas) reinigen.

Die Verwirklichung des Zustands samyama führt zur Erkenntnis. In dem Maß, in dem dieser Zustand sich festigt, wird die Erkenntnis des samadhi wirksamer und klarer. Das Ergebnis des samyama sollte zu einem natürlichen Zustand werden und damit eine wesentliche Kraft für den Yogi bedeuten. Wie ein Bogenschütze zunächst auf eine große Scheibe schießt und sich dann allmählich kleinere Ziele aussucht, wird der Yoga sein samyama zuerst auf grobe Substanz und erst später auf feinstoffliche ausrichten. In langer Übung steigt er Sprosse für Sprosse die Leiter des Yoga hinauf.

Samyama auf die Sonne gerichtet, gibt Erkenntnis der Welten, auf den Mond gerichtet, Erkenntnis der Sternenwelten, auf den Polarstern gerichtet, Erkenntnis der Sternenbewegungen. Wendet man samyama auf die Kraft der Elefanten an, gewinnt man selbst ihre Stärke. Richtet man samyama auf den Charakter anderer, versteht man ihre Gedanken, richtet man es auf die Beziehung zwischen Ohr und Äther, vernimmt man das Göttliche; auf die Beziehung zwischen Äther und Körper gelenkt, wird der Yogi federleicht und vermag sich durch die Luft fortzubewegen.

Richtet man samyama auf die unmittelbare Wahrnehmung unbewußter Eindrücke (samskaras), erkennt man seine früheren Geburten. Ist samyama auf die klare und bestimmte Beziehung zwischen Reinheit (sattva) und Weltseele (purusha) gerichtet, ergeben sich die Kräfte der Allmacht und Allwissenheit.

Samyama, auf das Nabel-Chakra gelenkt, ergibt körperliche Erkenntnisse. Richtet man samyama auf das Chakra des Halses, vermag man Hunger und Durst zu unterdrücken. Auf das Licht des Kopfes gerichtet, führt es zur Beziehung (darshan) mit Wesem, die Vollkommenheit erlangt haben (siddhas).

Die Yoga Sutras von Patanjali

त्रयमेकत्र संयमः || 3.4 ||

trayam ekatra saṃyamaḥ || 3.4 ||

Diese drei (Dharana, Dhyana und Samadhi) werden zusammen als Sammlung (Samyama) bezeichnet.

तज्जयात्प्रज्ञालोकः || 3.5 ||

taj-jayāt prajñālokaḥ || 3.5 ||

Deren Meisterung (Jaya) führt zur Weisheitsschau (Prajna-Aloka).

तस्य भूमिषु विनियोगः || 3.6 ||

tasya bhūmiṣu viniyogaḥ || 3.6 ||

Die Anwendung (Viniyoga) des (Samyama) vollzieht sich in Stufen (Bhumi).

त्रयमन्तरङ्गं पूर्वेभ्यः || 3.7 ||

trayam antaraṅgaṃ pūrvebhyaḥ || 3.7 ||

Diese drei (Dharana, Dhyana und Samadhi) sind das innere Glied (Antaranga) der vorherigen (fünf Glieder).

तदपि बहिरङ्गं निर्बीजस्य || 3.8 ||

tad api bahiraṅgaṃ nirbījasya || 3.8 ||

Selbst dieses (innere Glied) ist ein äußeres Glied (Bahiranga) der keimlosen Versenkung (Nirbija Samadhi).

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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