Tattva

Aus Yogawiki

Tattva (Sanskrit: तत्त्व tattva n.) wörtl.: "So-Sein"; Wahrheit, wahres Wesen, die wahre Natur; Grundprinzip; das geistige Prinzip, der Geist (Chitta); das Selbst (Atman); wahrer Zustand (u.a. der Seele, der Welt), Tatsache, (höchstes) Wesen; eine Bezeichnung für den höchsten Zustand im Hatha Yoga.

"Tad" bezeichnet das Wesentliche in allen Dingen und "Tattva" die "Istheit" oder das wirkliche Sein.

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Viele philosophische Systeme betrachten eine bestimmte Anzahl von Tattvas (Grundprinzipien) als Fundament ihres Denksystems. So gibt es in der Sankhya-Philosophie 25 fundamentale Prinzipien (Tattva): Purusha, Prakriti und die aus der letzteren sich entfaltenden Tattvas Buddhi, Ahamkara, Manas, die fünf Erkenntnis- und die fünf Tatsinne (Indriya), sowie die fünf fein- und fünf grobstofflichen Elemente (Tanmatra und Mahabhuta).

Im kaschmirischen Shivaismus, zu dem das System des Trika zählt, kommen zu den 25 Tattvas des Sankhya noch 11 weitere hinzu, sodass dort von insgesamt 36 Grundprinzipien ausgegangen wird.

Swami Sivananda über Tattva

Auszüge aus dem Buch "Lord Krishna, His Lilas and Teachings" von Swami Sivananda, The Divine Life Society Publication. Nacherzählung der Geschichte "Tattvas"

Uddhava fragte: „O Herrscher des Universums! Wieviele Grundprinzipien (Tattvas) beschreiben die Rishis? Manche sprechen von 28, andere von 11, 9, 5 und 3. Andere erwähnen 26, 25, 9, 7, 6 oder 4,11, 17, 16 und manche 13. Bitte sage mir, o Unsterblicher, wieso und von welchem Standpunkt die Rishis jeweils von einer anderen Aufzählung ausgehen.“

Shri Krishna sprach: „Alle sind richtig je nach Auslegung und Standpunkt des jeweiligen Lehrers, der sie je nach seiner Auslegung festlegt. Gäbe es irgendeine Theorie, die nicht möglich wäre, wenn man von Maya, der göttlichen Macht der Illusion, ausgeht? Die Diskussion über die Anzahl ist sinnlos. Die Prinzipien durchdringen sich gegenseitig. Daher ist ihre Anzahl und Ordnung verschieden interpretierbar. Das ganze Universum, wie wir es normalerweise wahrnehmen, ist eine Illusion. Daher kann man jede beliebige Ansicht bezüglich des Entstehens und Aufbaus des Universums haben. Eine Fata Morgana ist nicht echt. Spekulationen darüber anzustellen, wie tief das Wasser der Fata Morgana ist, wie nass die Erde davon wird, macht keinen Sinn. Die unterschiedlichen Kategorisierungen sind in Ordnung, solange der Lehrer die Standpunkte anderer versteht und akzeptiert. Wenn der Lehrer jedoch ein großes Ego hat und sein Geist durch die Kraft der Maya nicht klar ist, entstehen unvermeidlich Diskussionen: „Was du behauptest, stimmt nicht. Was ich sage, ist richtig.“ Solche Streitgespräche darüber kommen aufgrund meiner verhüllenden Kräfte von Sattva, Rajas und Tamas zustande, welche sehr schwer zu durchschauen und zu überwinden sind. Die verschiedenen Theorien entstehen aufgrund der verschiedenartigen Kombinationen dieser Grundprinzipien. Sobald man über Ruhe des Geistes (Shama) und Selbstbeherrschung (Dama) verfügt, hört man auf, sie als verschieden anzusehen und damit verschwinden auch die Meinungsverschiedenheiten. Die Tattvas durchdringen sich gegenseitig. Ihre Aufzählung/Anzahl variiert gemäß der Ursache-Wirkung-Relation in der Auslegung des jeweiligen Exponenten. In jedem einzelnen Tattva sind alle anderen potenziell enthalten. Sei es nun die Ursache oder Wirkung des anderen - alle sind in allen enthalten. Eine Analogie zur Veranschaulichung: Die Wirkung wie zum Beispiel ein Tongefäß, ein Tuch oder ein Schmuckstück ist in potenzieller Form in ihrer jeweiligen Ursache – Ton, Faden oder Gold – enthalten. Jede der bestehenden Theorien enthält sicherlich zwei oder mehr elementare Wahrheiten, wie sie auch in anderen Schulen gelehrt werden. Wenn dann nach der Samkhya-Methode schrittweise die Wrkung in ihre Ursache zurückgeführt wird, verändert sich die Zahl der Prinzipien, je nach Scharfsinn und Logik sowie Sprachgewandtheit des Lehrenden. Jede solche Position sollte man als korrekt akzeptieren, weil jede logisch erklärbar ist."

Sukadev über Tattva

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Tattva

Tat heißt Das, Tat ist die Das-Haftigkeit, daher das "So Sein". Tattwa kann sein, Wirklichkeit. Also, Tattwa ist das, was ist. Tattwa kann auch sein, die höchste Wirklichkeit. Tattwa wird aber auch oft als Element bezeichnet. Letztlich, die Tattwas sind die Elemente.

Und so gibt es fünf Tattwas, fünf Elemente. Die fünf Elemente werden manchmal auch als Tanmatras bezeichnet, manchmal auch als die Mahabhutas, je nach philosophischem System. Also, Tattwa, ist wichtig zu verstehen, in welchem Kontext es verwendet wird. Manchmal wenn dort steht, Tattwa, dann ist die höchste Wirklichkeit gemeint. Manchmal ist es ein "So Sein" oder "diese Wirklichkeit", Tattwa. Und Tattwa kann sein, Element. Die fünf Elemente sind die fünf Tattwas. Also, Tattwa – das So Sein. Tattwa – die Sein-Haftigkeit. Tattwa – Element, Wirklichkeit, auch höchste Wirklichkeit.

Sadhana Tattva

Artikel aus dem Buch „Lives of Saints“ von Swami Sivananda, Divine Life Society, 2009.

Ein bisschen Praxis ist besser als Tonnen von Theorie. Praktiziere Yoga, Religion und Philosophie im täglichen Leben und erlange Selbstverwirklichung. Diese 32 Anleitungen geben die Essenz der unendlichen Religion (Sanatana Dhama) in seiner reinsten Form wieder. Sie sind für moderne geschäftige Haushälter mit festen Arbeitszeiten geeignet. Verändere sie, um sie dir nach Belieben passend zu gestalten und steigere die Dauer schrittweise.

Fasse am Anfang nur einige wenige praktische Vorsätze, welche eine kleine, aber entschiedene Verbesserung in deinen gegenwärtigen Gewohnheiten und deinem Charakter herbeiführen werden. Wenn du krank bis, bei der Arbeit unter Druck stehst oder unvermeidbare Verpflichtungen hast, ersetze dein Sadhana, indem du deine Gedanken häufig Richtung Gott lenkst.

Gesundheitsbildung

1. Esse zurückhaltend. Nehme leichtes und einfaches Essen zu dir. Biete es Gott an, bevor du davon isst. Pflege eine ausgeglichene Diät.

2. Vermeide, soweit es möglich ist, unter anderem Chili, Knoblauch, Zwiebel und Tamarinde, Gewöhne dir Tee, Kaffee, Rauchen, Betelnüsse, Fleisch und Wein gänzlich ab.

3. Faste an den Ekadasi Tagen. Nehme nur Milch, Früchte oder Wurzeln zu dir.

4. Praktiziere Yoga Asanas oder körperliche Übungen für fünfzehn oder dreißig Minuten jeden Tag. Mache täglich einen langen Spaziergang oder spiele energische Spiele.

Energieschulung

5. Beobachte die Stille (Mouna) für zwei Stunden täglich und für vier bis acht Stunden an Sonntagen.

6. Befolge das Zölibat gemäß deines Alters und deinen Umständen. Beschränke den Genuss auf einmal pro Monat. Reduziere ihn allmählich auf einmal im Jahr. Lege zum Schluss das Keuschheitsgelübde für dein ganzes Leben ab.

Ethik - Kultur

7. Spreche die Wahrheit. Spreche wenig. Spreche freundlich. Spreche herzhaft.

8. Verletze niemanden in Gedanken, Worten oder Taten. Sei zu jedem nett.

9. Sei in deinen Gesprächen und im Umgang mit anderen aufrichtig, direkt und herzlich.

10. Sei ehrlich. Verdiene dein Geld mit ehrlicher Arbeit. Akzeptiere kein Geld, keinen Besitz oder Gefallen, außer auf gesetzliche Weise. Entwickle Würde und Rechtschaffenheit.

11. Beherrsche Wutausbrüche und lasse Gleichmut, Geduld, Liebe, Mitgefühl und Toleranz in dir wachsen. Vergesse und Vergebe. Passe dich an Menschen und Ereignisse an.

Willensbildung

12. Lebe für eine Woche oder einen Monat ohne Zucker. Gebe an Sonntagen das Salz auf.

13. Gebe Karten, Romane, Kinos und Klubs auf. Entfliehe schlechter Gesellschaft. Vermeide Diskussionen mit Materialisten. Gebe dich nicht mit Leuten ab, die kein Vertrauen zu Gott haben oder dein Sadhana kritisieren.

14. Beschränke deine Bedürfnisse. Verringere deinen Besitz. Lebe schlicht und denke erhaben.

Herzensbildung

15. Anderen etwas Gutes zu tun, ist die höchste Religion. Verrichte jede Woche für ein paar Stunden selbstlosen Dienst, ohne Selbstsucht oder die Erwartung einer Belohnung. Meistere deine weltlichen Aufgaben mit derselben Motivation. Arbeit ist wie Gottesdienst. Widme sie Gott.

16. Gebe jeden Monat zwei bis zehn Prozent deines Einkommens für einen wohltätigen Zweck aus. Teile das, was du hast, mit anderen. Lass die Welt deine Familie sein. Beseitige Eigennützigkeit.

17. Sei demütig und werfe dich vor allen Wesen geistig nieder. Fühle die göttliche Gegenwart überall. Gebe Eitelkeit, Stolz und Scheinheiligkeit auf.

18. Habe standhaftes Vertrauen in Gott, die Gita und zu deinem Guru. Liefere dich Gott ganz aus und bete: „Dein Wille geschehe; ich verlange nichts.“ Unterwerfe dich dem Göttlichen Willen in allen Erscheinungen und Ereignissen mit Gelassenheit.

19. Sehe Gott in allen Wesen und liebe sie wie dein eigenes Selbst. Hasse niemanden.

20. Erinnere dich allzeit an Gott oder zumindest, morgens beim Aufstehen, während der Pause von der Arbeit und vor dem Schlafengehen. Behalte eine Mala in deiner Tasche.

Übersinnliche Bildung

21. Studiere täglich ein Kapitel oder zwei bis fünfundzwanzig Verse der Gita und sinne darüber nach. Lerne Sanskrit, so dass du die Gita wenigstens in ihrer Urschrift ausreichend verstehen kannst.

22. Bringe dir allmählich die ganze Govinda ins Gedächtnis. Behalte sie immer in deiner Tasche.

23. Lese täglich oder in deiner Freizeit die Ramayana, die Bhagavata, die Upanishaden, die Yoga Vasishtha oder andere religiöse Werke.

24. Besuche religiöse Versammlungen, Kirtans und Satsangs von Heiligen zu jeder Möglichkeit. Organisiere solche Veranstaltungen an Sonntagen oder in den Ferien.

25. Besuche den Tempel oder Gottesdienst mindestens einmal die Woche und plane dort, Kirtans zu singen oder Reden zu halten.

26. Verbringe Freizeit und Urlaubstage, soweit wie möglich, in der Gesellschaft von Heiligen oder praktiziere Sadhana an heiligen Stätten in Abgeschiedenheit.

Spirituelle Bildung

27. Gehe früh ins Bett. Stehe um vier Uhr morgens auf. Antworte dem Ruf der Natur. Wasche deinen Mund und nehme ein Bad.

28. Rezitiere ein paar Gebete und Kirtan Dhvanis. Praktiziere Pranayama, Japa und Meditation von fünf bis sechs Uhr. Sitze bei der Padma, Siddha oder Sukhasana mit fortgeschrittener Praxis durchgehend ohne dich zu bewegen.

29. Führe dein tägliches Sandhya, Gayatri Japa, Nityakarma und halte wenn überhaupt einen Gottesdienst ab.

30. Schreibe für zehn bis dreißig Minuten täglich dein Lieblingsmantra oder den Namen Gottes in ein Notizheft.

31. Singe die Namen Gottes (Kirtan), Gebete, Stotras und Bhajans für eine halbe bis eine Stunde am Abend mit deiner Familie und mit deinen Freunden.

32. Mache jährlich ein Resumée über die oberen Zeilen. Regelmäßigkeit, Zuverlässigkeit und Beständigkeit sind unerlässlich. Protokolliere dein tägliches Sadhana in ein spirituelles Tagebuch. Überdenke es jeden Monat und berichtige deine Fehler.

Siehe auch

Literatur

  • Swami Sivananda: Die Kraft der Gedanken; Books. ISBN 3-922477-94-1
  • Swami Sivananda: Shrimad Bhagavad Gita, Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda; Mangalam Books. ISBN 3-922477-06-2
  • Swami Sivananda: Hatha-Yoga / Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte; Heinrich Schwab Verlag. ISBN 3-7964-0097-3
  • Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis; Mangalam Books. ISBN 3-922477-00-3
  • Swami Sivananda: Sadhana; Mangalam Books. ISBN 3-922477-07-0
  • Swami Sivananda: Autobiographie von Swami Sivananda; Bad Mainberg 1999. ISBN 3-931854-24-8

Weblinks

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