Purusha

Aus Yogawiki
Shiva und Shakti, das göttliche Paar

Purusha – das höchste Bewusstsein in der Sankhya Philosophie und im Raja Yoga. Purusha (auch Puruscha geschrieben) ist ein zentrales Konzept der indischen Philosophie. In der Sankhya-Lehre und im Raja Yoga bezeichnet Purusha das höchste Wesen, die Seele, das Urwesen und zugleich das absolute, reine Bewusstsein. Gemeinsam mit Prakriti, der Urmaterie, bildet Purusha eines der beiden ewigen Urprinzipien des Kosmos.

Während sich Prakriti – die Natur, die ständig im Wandel ist – immer wieder verändert, bleibt Purusha der unveränderliche Beobachter. Er ist unbeteiligt, doch gleichzeitig der eigentliche Ursprung allen Handelns und der Ausgangspunkt aller Namen und Formen. In diesem Sinn gilt Purusha als unzerstörbarer, strahlender Schöpfer des Universums.

In der Sankhya-Philosophie wie auch im Raja Yoga wird Purusha häufig mit Atman oder Brahman gleichgesetzt – Begriffe, die das Selbst und die höchste Wirklichkeit bezeichnen. In der Grammatik bedeutet Purusha zudem „Person“, was den Bezug zum individuellen wie auch universellen Sein verdeutlicht.

Purusha steht damit für die Essenz des Bewusstseins, das ewig, rein und unvergänglich ist – ein Schlüsselbegriff für das Verständnis von Yoga, Philosophie und spiritueller Praxis.

Das Sanskritwort Purusha

Purusha (Sanskrit: पुरुष puruṣa m.) Mann; Mensch; Person; Diener, Beamter; ewiger Mensch; höchstes Wesen, Selbst, Geist; Seele; Kamalabaum (Kampillaka); Indischer Lorbeer (Punnaga); Clerodendrum phlomidis; Himalaya-Andenwein (Madhurasa); im Veda auch: allumfassendes Urwesen, das im Zuge eines Opfers zerlegt und so zum Ursprung alles Geschaffenen wurde.

Purusha – Mensch, Selbst und Bewusstsein

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Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Purusha

Purusha (auch Puruscha) ist ein vielschichtiger Begriff mit unterschiedlichen Bedeutungen. Wörtlich übersetzt heißt Purusha zunächst „Mensch“. Doch je nach Kontext steht Purusha auch für das Selbst, für das reine Bewusstsein und für die unvergängliche Seele.

Purusha als Mensch

In manchen Zusammenhängen bedeutet Purusha schlicht „Mensch“. Es gibt dann die Unterscheidungen zwischen Mensch und Tier, Mensch und Pflanze, Mensch und Ding. In diesem Sinn heißt Purusha tatsächlich „der Mensch“.

Ein Beispiel dafür ist der Ausdruck Purushartha – die Ziele des Menschen. Hier bedeutet Purusha eindeutig „Mensch“. Ebenso gibt es den Begriff Papa Purusha, der den „fehlerhaften Menschen“ bezeichnet, also den Anteil in uns, der voller Fehler ist. Aufgabe der spirituellen Praxis ist es, den Papa Purusha in den Punya Purusha zu verwandeln, den Menschen, der durch gute Taten und Tugenden gekennzeichnet ist.

Purusha in der Sankhya-Philosophie

In der Sankhya-Philosophie wird Purusha in einem tieferen Sinn verwendet: Purusha ist hier Bewusstsein, das wahre Selbst, während Prakriti die Natur darstellt.

Letztlich kann man sagen: Was den Menschen in der Tiefe ausmacht, ist nicht der Körper, denn der Körper ist vergänglich. Es ist auch nicht das Denken, denn auch Gedanken verändern sich. Ebenso wenig ist es die Persönlichkeit, die sich im Lauf der Zeit wandelt. Was den Menschen wirklich ausmacht, ist Purusha – das reine, unveränderliche Bewusstsein.

Purusha und das Bewusstsein in allen Wesen

Man könnte einwenden, dass Bewusstsein nicht nur den Menschen ausmacht, sondern auch die Tiere. Das ist richtig: Auch Tiere besitzen Bewusstsein in ihrer Essenz. Letztlich ist es Purusha, das alles Leben und die gesamte Welt durchdringt und aufrechterhält.

Purusha bedeutet in diesem Zusammenhang auch „Seele“. Dabei ist jedoch nicht die Seele als Psyche gemeint, sondern die göttliche Seele, der göttliche Funke, der in jedem Wesen gegenwärtig ist.

Purusha in den Schriften

Die Bhagavad Gita verwendet den Begriff Purusha in unterschiedlichen Bedeutungen. Mal steht er für Bewusstsein und Selbst, mal für den Menschen an sich. Hier zeigt sich, wie vielseitig der Begriff ist.

Im Yogasutra hingegen ist die Bedeutung klarer: Purusha steht für das Selbst und das Bewusstsein, im Unterschied zu Prakriti, die für die Natur und die Welt steht.

Fazit – Purusha als Schlüsselbegriff im Yoga und Sankhya

Purusha ist ein zentraler Begriff in der indischen Philosophie und im [ https://www.yoga-vidya.de/yoga/ Yoga]. Er kann Mensch, Selbst, Seele oder Bewusstsein bedeuten – je nach Kontext. In der Sankhya-Philosophie und im Raja Yoga wird Purusha als das unvergängliche, reine Bewusstsein verstanden, während Prakriti die sich wandelnde Natur beschreibt.

Wer Purusha verstehen will, erkennt: Das wahre Wesen des Menschen ist nicht vergänglich, sondern ewiges Bewusstsein – der göttliche Funke, der alle Wesen verbindet.

Prakriti und Purusha, Kommentar zu den Versen 19-22 der Bhagavad Gita, 13. Kapitel:

Der vergängliche, der unvergängliche und der höchste Purusha

Ausschnitt aus dem Buch "Der Gesang des Heiligen. Eine philosophische Episode des Mahabharatam". Eine Übersetzung der Bhagavadgita von Paul Deussen. Leipzig. F.a. Brockhaus. 1911. S. 101-104.

Krishna und Arjuna mit dem Streitwagen

Der Heilige sprach:

1. (1383.) Es ist (Kath. Up. 6,1) die Rede von dem unvergänglichen Ashvatthabaum (Ficus religiosa), welcher die Wurzel oben und die Zweige nach unten hat; seine Blätter sind die heiligen Lieder, wer ihn kennt, der ist vedakundig.
2. (1384.) Seine Äste erstrecken sich nach oben und nach unten, aus den Gunas erwachsend, seine Zweige sind die Sinnendinge; nach unten zu strecken sich aus seinen Wurzeln, getrieben durch die Werke, in der Menschenwelt.
3. (1385.) Zwar wird seine Gestalt hienieden nicht, wie sie geschildert wird, erkannt, nicht sein Ende, nicht sein Anfang und nicht sein Standort, aber indem man jenen Ashvattha mit wohl erstarkten Wurzeln durch das feste Messer der Nichtanhänglichkeit an die Welt abschneidet,
4. (1386.) soll man sodann jene Stätte ausforschen, zu welcher eingegangen man nicht wieder zurückkehrt, mit dem Gedanken: zu ihm, dem uranfänglichen Purusha, nehme ich meine Zuflucht, von welchem die alte Weltentwicklung ausgegangen ist.
5. (1387.) Frei von Dünkel und Wahn nach Besiegung der Sünde der Weltanhänglichkeit, beständig in dem höchsten Atman, die Begierden verabschiedend, von den Gegensätzen, die da heißen Lust und Schmerz, erlöst, gehen sie frei von Verblendung zu jenem unvergänglichen Orte ein.
6. (1388.) Dort leuchtet nicht die Sonne, nicht der Mond, noch auch das Feuer (vgl. Kath. Up. 5,15), wohin gelangend sie nicht zurückkehren; das ist meine höchste Wohnstätte.
7. (1389.) Ein unvergänglicher Teil von mir ist es, was, in der Lebewelt zur individuellen Seele geworden, die in der Prakriti wurzelnden [fünf] Sinne mit Manas als sechstem an sich heranzieht.
8. (1390.) Wenn er als Herr sich des Leibes bemächtigt und wenn er wieder aus ihm auszieht, dann streicht er hin, indem er jene an sich rafft, wie der Wind die Düfte von dem Orte, wo er weilte.
9. (1391.) Indem er über Ohr, Auge, Gefühl, Geschmack und Geruch sich zum Herrn aufwirft und ebenso über das Manas, gibt er sich dem Genuss der Sinnendinge hin.
10. (1392.) Mag er ausziehen, mag er weilen, mag er, von Gunas umkleidet, genießen, die Verblendeten sehen ihn nicht, es schauen ihn die, deren Auge die Erkenntnis ist.
11. (1393.) Die Yogis, wenn sie sich abmühen, schauen ihn, wie er in ihnen selbst weilt; die aber unbereiteten Geistes sind, auch wenn sie sich abmühen, die Unverständigen, schauen ihn nicht.
12. (1394.) Der Glanz, der, in der Sonne weilend, die ganze Welt erleuchtet, und der in dem Monde, der im Feuer weilt, dieser Glanz, wisse, ist der meine.
13. (1395.) In die Erde eingehend erhalte ich die Wesen durch meine Kraft; ich bringe alle Pflanzen zum Gedeihen, ich werde zum Soma, dem Saftreichen.
14. (1396.) Ich, zu dem Verdauungsfeuer geworden, gehe ein in den Leib der Lebenden, und, von Aushauch und Einhauch begleitet, verdaue ich die vier Arten Speise [Getrunkenes, Gelecktes, Gekautes und Verschlungenes].
15. (1397.) Ich bin eingegangen in das Herz eines jeden, von mir stammt Erinnerung und Erkenntnis, sowie deren Verlust, auch bin ich es, der durch alle Veden zu erkennen ist, ich bin der Schöpfer des Vedanta und der Kenner des Veda.
16. (1398.) Es gibt in der Welt diese beiden Purushas, den vergänglichen und den unvergänglichen; der vergängliche sind alle Wesen, der unvergängliche wird der an der Spitze stehende genannt.
17. (1399.) Der höchste Purusha aber ist ein anderer, er wird der höchste Atman genannt; eingehend in die drei Welten, trägt er sie als unvergänglicher Gottherr.
18. (1400.) Weil ich dem Vergänglichen überlegen und, als auch über das Unvergängliche erhaben, der Höchste bin, darum werde ich in der Welt und im Veda gefeiert als der höchste Purusha.
19. (1401.) Wer mich in dieser Weise unbetört erkennt als höchsten Purusha, der weiß [in mir] alles und verehrt mich vermöge seines Allbewusstseins, o Bharata.
20. (1402.) Damit ist von mir, o Untadeliger, diese geheimnisvolle Lehre verkündigt worden; wer diese erkennt, der hat Erkenntnis, der hat das zu Erreichende erreicht, o Bharata.

So lautet in der Bhagavadgita die Hingebung an den höchsten Purusha (Purushottama - Yoga).

Bilder zu Purusha (Kamalabaum)

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Weblinks

Pranayama

Siehe auch

Literatur

  • Paul Deussen: "Der Gesang des Heiligen. Eine philosophische Episode des Mahabharatam". Übersetzung der Bhagavadgita. Leipzig. F.a. Brockhaus. 1911.
  • Swami Sivananda: Die Kraft der Gedanken; Books. ISBN 3-922477-94-1
  • Swami Sivananda: Shrimad Bhagavad Gita, Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda; Mangalam Books. ISBN 3-922477-06-2
  • Swami Sivananda: Hatha-Yoga / Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte; Heinrich Schwab Verlag. ISBN 3-7964-0097-3
  • Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis; Mangalam Books. ISBN 3-922477-00-3
  • Swami Sivananda: Sadhana; Mangalam Books. ISBN 3-922477-07-0
  • Swami Sivananda: Autobiographie von Swami Sivananda; Bad Mainberg 1999. ISBN 3-931854-24-8

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