Avidya
1. Avidya (Sanskrit: अविद्या avidyā f.) Nichtwissen, Unwissenheit; der grundlegendste der fünf Kleshas (Ursachen des Leidens). Aus Unwissenheit hält der Mensch das Vergängliche, Unreine, Schmerzvolle und das Nicht–Selbst fälschlich für das Ewige, Reine, Gute und das Selbst. Er identifiziert sich mit dem Körper, ebenso wie mit der Persönlichkeit, den Talenten, Fähigkeiten und Neigungen: „So bin ich halt“. Er hält das Schmerzvolle für das Gute, Freudvolle. Alles Sinnliche ist letztlich nicht wirklich freudvoll, aber er denkt, dies oder jenes zu erreichen, müsste freudvoll sein.
2. Avidya (Sanskrit अविद्य avidya adj.) ohne Wissen (Vidya), unwissend.
Avidya bedeutet Nichtwissen, Nichterkenntnis, Unwissenheit. Dies ist ein Fachbegriff insbesondere der Vedanta-Philosophie, welcher sowohl die individuelle als auch die kosmische Nichterkenntnis bezeichnet; die individuelle Nichterkenntnis vermag zwischen Vergänglichem und Unvergänglichem, zwischen Wirklichem und Unwirklichem nicht zu unterscheiden. Die kosmische Nichterkenntnis ist der Schleier von Maya.
Verschiedene Schreibweisen für Avidya
Sanskrit Wörter werden in Indien auf Devanagari geschrieben. Damit Europäer das lesen können, wird Devanagari transkribiert in die Römische Schrift. Es gibt verschiedene Konventionen, wie Devanagari in römische Schrift transkribiert werden kann Avidya auf Devanagari wird geschrieben " अविद्या ", in IAST wissenschaftliche Transkription mit diakritischen Zeichen " avidyā ", in der Harvard-Kyoto Umschrift " avidyA ", in der Velthuis Transkription " avidyaa ", in der modernen Internet Itrans Transkription " avidyA ".
Video zum Thema Avidya
Raja Yoga Sutras von Patanjali
अविद्या क्षेत्रमुत्तरेषां प्रसुप्ततनुविच्छिन्नोदाराणाम् ||2.4|| अनित्याशुचिदुःखानात्मसु नित्यशुचिसुखात्मख्यातिरविद्या ||2.5||
- avidyā kṣetram uttareṣāṃ prasupta-tanu-vicchinnodārāṇām ||2.4||
- anityāśuci-duḥkhānātmasu nitya-śuci-sukhātma-khyātir avidyā ||2.5||
Unwissenheit ist die Ursache (Quelle) von den oben erwähnten Leiden (kleśa), die ihr folgen, ob sie nun latent, schwach, unterdrückt, oder akut sind. Durch Unwissenheit hält man das Vergängliche, Unreine, Leidvolle, das Nicht-Selbst fälschlicherweise für das Ewige, Reine Freudvolle, das Selbst.
Fragen zu Avidya
Dialog zwischen Lehrer und Schüler, aus: Swami Sivananda [1]: Vedanta für Anfänger
Schüler: Was ist die Ursache der Projektion (Adhyasa)?
Guru: Unwissenheit (Avidya).
Schüler: Wem widerfährt diese Unwissenheit?
Guru: Brahman.
Schüler: Wie kann im reinen Brahman eine Unwissenheit herrschen?
Guru: Dies ist mit Worten nicht beschreibbar (Anirvacchaniya). Aus Sicht des Absoluten gibt es weder Jiva (individuelle Seele), noch Unwissenheit, noch die fünf Hüllen. Unwissenheit existiert nur für die individuelle Seele.
Schüler: Wie nennt man Avidya noch?
Guru: Anandamaya Kosha (Wonnehülle) oder Karana Sharira (Kausalkörper) der individuellen Seele.
Guru: Woraus besteht Avidya?
Guru: Sie besteht aus Vasanas (subtile Samen von Wünschen) und Samskaras (Eindrücke im Unterbewusstsein). Alle Eindrücke des Sanchita Karmas (angesammeltes Karma, Ursache und Wirkung vergangener Handlungen) deiner vorangegangenen Leben sitzen hier.
Copyright Divine Life Society
Maya und Avidya - Grundlagen des Jnana Yoga
Auszug aus dem Buch "Jnana Yoga" von Swami Sivananda (Hrsg.: Divine Life Society, 2007), S. 12
So wie der Spiegel durch Staub matt wird, so wird Wissen durch Avidya matt. Deshalb sind alle Menschen der Täuschung verfallen. Sie haften an Vergänglichem und halten fälschlicherweise den Körper für den reinen Atman. Sie halten die illusorische Welt von Name und Form für real. Mulaprakriti ist die verborgene Urnatur des Universums, auch Mahasushupti genannt, der Zustand, in dem die Gunas sich noch im Gleichgewicht befinden. Werden die Gunas gestört, wird Mulaprakriti unterschiedlich benannt, so zum Beispiel Maya, Avidya, Tamas. Brahman ist ohne Anfang und ohne Ende. Maya ist ohne Anfang, doch sie hat ein Ende. Sie endet in dem Moment, in dem man das Wissen über das Selbst erlangt.
Die Lehre von Avidya
Auszug aus dem Buch "Jnana Yoga" von Swami Sivananda (Hrsg.: Divine Life Society, 2007), S. 73-74
Avidya ist der Teil der Mulaprakriti, in dem reines Sattva den beiden Gunas Rajas und Tamas untergeordnet ist. Dies wird aufgrund des Übergewichtes von Rajas und Tamas unreines Sattva genannt. Avidya ist der Spiegel des Jivas, wohingegen Maya der Spiegel Isvaras ist. Maya ist Suddha Sattva aufgrund des Übergewichtes von Sattva. Die Erscheinungswelt entsteht aus Avidya. Es ist die Kraft von Avidya, die uns in den Ozean des Samsaras wirft. Es ist eine verneinende Kraft, die uns unser göttliches Wesen vergessen lässt. Avidya arbeitet durch den Geist und der Geist wirkt über Zeit, Raum und Ursache. Avidya ist eine illusorische Kraft, die das Göttliche in Millionen verschiedene Teile zerstückelt. Freude, Leid, Verlangen, Abneigung, Täuschung, Stolz, Lust, Ärger, Neid, die drei Körper sowie die fünf Hüllen sind das Ergebnis von Avidya. Avidya ist die Quelle allen Leides. Avidya ist anfanglos (Anadi), doch sie hat ein Ende.
Sobald man das Wissen über das Selbst erlangt hat, verschwindet Avidya. Brahman erscheint aufgrund von Avidya als die Welt, so wie das Seil als Schlange erscheint. Bringen wir eine Lampe, so verschwindet die Schlange und das Seil alleine bleibt. Ebenso verschwindet die Erscheinungswelt, sobald wir das Wissen über Brahman erlangt haben. Avidya ist nicht negativ, sondern positiv (Bhavarupa). Sie ist Abwesenheit von Wissen. Sie ist ein in die Irre führendes Wissen. Avidya (Ajnana) erschafft den grobstofflichen Körper und ist der Grund für die zwei Körper, den grobstofflichen und den feinstofflichen.
Es ist unmöglich, Avidya zu beschreiben (Anirvachaniya). Sie ist nicht wirklich, denn sie verschwindet sobald das Wissen über das Selbst erwacht. Sie ist nicht unwirklich, denn wir erfahren sie ähnlich den Hörnern des Hasen und des Kindes der unfruchtbaren Frau. Sie ist ein Unding, denn sie wird vernichtet durch Atma Jnana. Durch die Kraft von Avidya verwechselt der unwissende Jiva den unreinen sterblichen Körper mit dem reinen unsterblichen Selbst und spricht: "Ich bin ein Brahmane", "Ich bin ein Pandit", "Ich bin ein Aktionär", "Ich bin schön", "Ich bin dünn", "Ich bin Arzt".
Keine Beschreibung gibt es für die verschleiernde Avidya. Sie entstand irgendwie. Doch selbst wenn ihr Ursprung und ihre Beschreibung jenseits unseres Fassungsvermögens liegen, so können wir doch ihr Wirken durch die Sinnesorgane klar wahrnehmen. Avidya gehört nicht zu Brahman, denn Brahman ist die Verkörperung reiner Erkenntnis. Wie könnte in der Sonne Dunkelheit sein? Avidya gehört nicht zu den Seelen, da sie nicht von Brahman verschieden sind. Wäre Avidya ein wesentlicher Teil Atmans, könnte Er nicht davon befreit werden.
Wie auch immer, du bist gefangen in den Klauen der Avidya. Zerbrich dir nicht den Kopf mit den Fragen ‚Woher kommt Avidya? Kim Bhranti Jnanam? Yadi Bhranti Sa Kasya? Wessen ist Avidya? Warum sollte es Avidya geben?‘ Versuche, diesem Feuer des Samsaras, diesem Ozean der Dunkelheit, zu entkommen. Das ist deine Pflicht. Zwei Wege gibt es, den Ozean des Samsaras zu überqueren. Sie wurden vor Urzeiten von den Rishis und Weisen begangen. Sobald du das Wissen über das Selbst erlangt hast, hast du ein klares Verständnis über das ‚warum und wie‘ von Avidya. Wird ein Patient, der unter einer Kolik leidet, den Freund, der ihm Medizin bringt, fragen: ‚Woher hast du diese Medizin?‘ ‚Aus welchen Bestandteilen ist diese Medizin zusammengesetzt?‘ ‚Wieviel kostet sie?‘ Wird er sie nicht sofort einnehmen? Wird ein Mensch, dessen Kleidung Feuer gefangen hat, nicht sofort ins Wasser springen? Wird er philosophieren ‚Woher kam dieses Feuer?‘
Maya und Avidya
Auszug aus dem Buch "Jnana Yoga" von Swami Sivananda (Hrsg.: Divine Life Society, 2007), S. 74-76
Die Reflektion der Intelligenz ist Maya. Sie hat keinen Anfang. Sie ist unbeschreiblich. Sie ist nur mit der als Isa oder als das Höchste Wesen bezeichneten Intelligenz verbunden. Die verschiedenen kleinen Teile dieser Reflektion "Maya", die von den zwei Kräften "Verhüllen" und "Projizieren" beherrscht werden und die "Avidya" genannt werden, werden auch als Jivas bezeichnet.
Es muss hier bemerkt werden, dass aus dieser Sicht heraus Vaya und Avidya als eins betrachtet werden und verbunden miteinander sind, als Ganzes und als Teile. Ersteres ist die Verbindung mit Isa (Upadhi), letzteres die Verbindung mit dem Jiva (Prakartha Vivarana). Im Tattvaviveka, einem Kapitel des Panchadasis, wird das Thema wie folgt erklärt:
Die Mulaprakriti besteht aus drei Gunas (Primordia rerum) und hat zwei Formen (1) Maya und (2) Avidya. Nach dem Text "teilt sich die Mulaprakriti selbst in die zwei Formen, Maya und Avidya," als die zwei Reflektoren von Isa und Jiva. Maya ist der Teil der Mulaprakriti, in dem reines Sattva nicht Rajas und Tamas untergeordnet ist. Mit anderen Worten: der Teil, in dem reines Sattva überwiegt, wird Maya genannt. Avidya ist der Teil der Mulaprakriti, in dem reines Sattva Rajas und Tamas untergeordnet ist. Dies wird aufgrund des Übergewichtes von Rajas und Tamas unreines Sattva genannt. Die Reflektionen der Intelligenz in Maya und Avidya sind jeweils Isa und Jiva.
An anderer Stelle werden Maya und Avidya, die Reflektoren von Isa und Jiva, wie folgt unterschieden: "Die Mulaprakriti, die in sich eins ist, wird Maya genannt, wenn das Übergewicht in der Kraft der Projektion liegt. Sie wird Avidya genannt, wenn das Übergewicht in der Kraft der Verhüllung liegt." Prakriti ist - wenn ihre Kraft der Projektion über die Kraft der Verhüllung wirkt - die begrenzende Bedingung Isas und - wenn ihre Kraft der Verhüllung über die Kraft der Projektion wirkt - die begrenzende Bedingung des Jivas. Die Avidya, die die Begrenzung des Jivas bewirkt, wird auch Ajnana genannt.
"Dass die Kraft der Projektion in Isa überwiegt, kommt daher, dass Er der Schöpfer der Welt ist. Er ist Sich Seiner Ungebundenheit stets bewusst und somit unberührt von der Kraft der Verhüllung. Der Jiva lebt unter der Unwissenheit über Brahman, seines wahren Wesens, aufgrund des Übergewichtes der Kraft der Verhüllung. Er ist unfähig, das Universum zu erschaffen, da ihm das Übergewicht der Kraft der Projektion fehlt." (Aus: Vedanta-Siddhanta Bheda)
Warum rennen wir dem Schatten hinterher?
Auszug aus dem Buch "Jnana Yoga" von Swami Sivananda (Hrsg.: Divine Life Society, 2007), S. 76-78
Manche Menschen sagen: "Wir müssen all unsere Kräfte auf politische Freiheit und wirtschaftlichen Wohlstand für alle konzentrieren. Wenn wir Zeit und Kraft nicht mit spirituellen Ideen, dem Studium der Bhagavad Gita und dem Praktizieren von Sankirtan vergeuden, dann erlangen wir Freiheit und wirtschaftliche Verbesserungen vor denen, die der Philosophie und Religion nachjagen."
"Wie sollen jene Schichten der Gesellschaft, die nicht genug zu essen haben, diese Lehren verinnerlichen, bevor ihre physischen Bedürfnisse befriedigt werden können?"
"Eine zu starke Betonung des spirituellen Lebens hat uns Niedergang und Sklaverei gebracht. Wir sind immer noch arme und rückschrittliche Menschen. Wir haben den materiellen Fortschritt in der Vergangenheit verweigert, so haben uns die anderen überrundet. Wir sollten deshalb unsere physischen Kräfte mobilisieren und denselben Fortschritt und Komfort des Westens erreichen, bevor wir uns mit Philosophie und Religion befassen."
"Keine Nation hat Freiheit und wirtschaftlichen Wohlstand durch das Studium der heiligen Schriften, durch ein spirituelles Leben oder durch das Singen von Bhajans erlangt."
"Was wir brauchen, ist eine Ausgewogenheit zwischen spirituellem und materiellem Denken. Durch Überbetonung des spirituellen Aspektes sind wir dahin gelangt, wo wir heute stehen. Wir sollten das gelassen betrachten und die Notwendigkeit materiellen und industriellen Fortschritts der Indischen Jugend überlassen."
Diese Menschen haben keinen Hang zur Religion. Sie haben kein Wissen über höhere, transzendente Inhalte, sondern eine grobe, eingeschränkte Sichtweise. Selbst wenn sie politische Freiheit erreicht haben, werden sie weiter streben und weiterhin dieselben Argumente anführen wie bisher. Sie haben weder religiöse Samskaras noch Pietät. Sie sind von der Sorte Mensch, wie sie die Bhagavad Gita im Kapitel XVI beschreibt.
Zwei Arten Menschen sind nötig in der Welt: die, die sich um gesellschaftliche Belange kümmern, und die, die sich den religiösen Belangen verschreiben. Die sich um die Gesellschaft bemühen, arbeiten in ihrem eigenen Umfeld. Die sich mit der Religion identifizieren, verbreiten diesbezügliches Wissen. Ein Zimmermann oder ein Elektriker haben ihren eigenen Wirkungsbereich. Der Zimmermann kann nicht die Arbeit des Elektrikers machen und der Elektriker nicht die des Zimmermanns. Soziale, politische und industrielle Entwicklung ist notwendig. Sie darf nicht außer Acht gelassen werden.
Doch nur die Religion kann die Menschen retten. Ohne Religion ist der Mensch orientierungslos. Auch die, die im gesellschaftlichen Bereich ihre Aufgaben sehen, können keine gute Arbeit verrichten ohne Disziplin, spirituelle Grundlage, religiöse Belehrung, Ahimsa, Satya und Brahmacharya. Gierige und korrupte Führer verderben die Gesellschaft, sie kämpfen nur für ihren eigenen Machterhalt.
Politische Freiheit kann die Wurzel des Leides der Welt nicht mindern. Man kann dadurch ein wenig mehr Komfort erreichen. Doch Brot, Butter, Marmelade und Kekse können keinen ewigen Frieden geben. Annehmlichkeiten sind der Feind des spirituellen Lebens und des Friedens. Sie ziehen den Menschen nach unten. Man denkt nur an Gott, wenn man in Not ist. Was gebraucht wird, ist spiritueller Wohlstand, der unerschöpflich ist.
Das Unwissen der Menschen zu vernichten und ihnen Glück zu bringen, das sind Taten, durch die das Leid in Summe vernichtet werden kann. Diese Taten sind spirituelle Propaganda, das Verbreiten von Bhakti, Yoga und Vedanta. Sie sind die Krönung jeder menschlichen Betätigung. Sie sind die größte Yajna. Sie sind eine Jnana Yajna, die höchste aller Yajnas.
Indien allein besitzt den höchsten göttlichen Wohlstand. Selbst die reichen Menschen aus allen Teilen des Landes gehen in den Himalaya, um Yoga zu praktizieren, um Führung bei den Rishis, Yogis und Weisen zu suchen und unvergänglichen Wohlstand zu erlangen. Diesen Wohlstand kann Indien niemand nehmen. Indien ist sowohl spirituell als auch materiell reich und wird es immer bleiben. Seine Ressourcen sind reich und grenzenlos. Indien wurde besetzt und ausgebeutet durch verschiedene Nationen, doch seine Ressourcen sind immer noch im Überfluss vorhanden. Indien war schon immer frei und wird immer frei bleiben. Sowohl seine Kultur als auch seine Zivilisation sind die vornehmsten der Welt.
Glück kommt nicht von Wohlstand. Verglichen zu ihrem enormen Wohlstand sind die westlichen Nationen rastlos. Daher sehen wir, dass nur ein spirituelles Leben zu wahren, ewigen Frieden und Glück geben kann. Die Menschen, die mit den falschen Samskaras ausgestattet sind, sind schwer zu überzeugen. Sie pendeln seit ewig zwischen Politik und Spiritualität, zwischen Dualisten und Nicht-Dualisten, zwischen Sannyasin und Haushaltsvorstand und können sich nicht entscheiden, was besser ist. Die im religiösen Umfeld Tätigen sollten sich nicht auf Diskussionen mit diesen Menschen einlassen. Sie vergeuden damit ihre Zeit und ihre Energie. Sie sollten mit ihrer Arbeit fortfahren mit unverminderter Kraft.
Möge wahre Unterscheidungskraft und Licht auf die Menschen fallen, die von Politik und Welt zu sehr beeindruckt sind, die die spirituelle Seite des Lebens ausblenden, die sich zu sehr um das Wohlergehen ihres Körpers bemühen, die ihr göttliches Wesen vergessen haben, die dem Schatten nachrennen und die ihr unschätzbares Juwel, ihren Atman, missachten!
Sukadev über Avidya
Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Avidya
Avidya ist das Gegenteil von Vidya. Vidya heißt Wissen, Weisheit. Wir nennen uns ja bei Vidya "Yoga Vidya", Wissen, Weisheit, Wissenschaft. Und Avidya ist dem entgegengesetzt. Avidya gilt als der ursprüngliche Grund für alle Probleme. Im Yoga Sutra finden wir die so genannten fünf Kleshas, leidverursachende Verhaftungen, beginnend mit Avidya, Unwissenheit. Der Mensch vergisst, wer er wirklich ist, das ist Avidya. Dann anschließend folgt Asmita.
Asmita heißt Identifikation. Dann folgt Raga und Dvesha, Mögen und Nicht-Mögen, schließlich Abhinivesha, Angst, Furcht. Alles beginnt mit Avidya. Patanjali definiert Avidya als Unwissenheit und er sagt: "Unwissenheit hält das Unwirkliche für das Wirkliche und das Wirkliche für das Unwirkliche, hält das Selbst für das Nicht-Selbst und das Nicht-Selbst für das Selbst, hält das Ewige für das Vergängliche und das Vergängliche für das Ewige, hält das Nicht-Freudevolle für freudvoll und das Freudevolle für nicht freudvoll." Das ist Avidya. Das sind die vier Formen von Avidya. Zunächst mal das Ewige und das Vergängliche. Alles in dieser Welt ist relativ und daher vergänglich.
Zu erwarten, dass etwas beständig ist, das ist Avidya. Außer das Selbst selbst, das Selbst ist beständig, aber viele Menschen vergessen das, sie vergessen die Essenz des Seins und daher suchen sie die Ewigkeit im Vergänglichen, das ist Avidya. Avidya hält das Nicht-Selbst für das Selbst und das Selbst für das Nicht-Selbst. Das Nicht-Selbst ist der Körper, das Nicht-Selbst ist die Psyche, das Nicht-Selbst sind die Emotionen, die Gedanken, die Gefühle usw. All das bist du nicht. Wenn du sagt, "Ich bin so und so", egal, ob du jetzt sagst, "ich bin glücklich, ich bin traurig, ich bin gekränkt, ich bin fröhlich, ich bin über alle Maßen freudig usw." Das sind alles psychische Zustände, das bist du nicht wirklich. Du hast eine Stimmung, die so und so ist, aber du bist das nicht.
Manche Menschen sagen: "Ich habe ein höheres Selbst. Ich will mein höheres Selbst wahrnehmen." Dann macht man sein eigentliches Selbst zum Objekt: "Ich bin halt begrenzt, aber ich will mein höheres Selbst wahrnehmen." Das heißt, aus Atman Anatman machen. In Wahrheit bist du reines Selbst und du nimmst alles andere wahr, du wirkst durch alles andere. So also Avidya – die Unwissenheit. Es gilt, die Unwissenheit zu überwinden, Vidya zu finden. Und Vidya sowohl mit praktischem Wissen, anschließend Abhyasa zu üben, zu praktizieren. Vidya - mit richtiger Erkenntnis. Schließlich gibt es Para Vidya, das höchste Wissen, das Wissen über deine wahre Natur, das Wissen, welches verbunden ist mit Atmasakshatkara, mit der höchsten Selbstverwirklichung, Gottverwirklichung. Daher, Avidya – Unwissenheit, gilt es, zu überwinden mit Vidya, insbesondere mit Para Vidya, dem höchsten Wissen.
Viveka Chudamani - Avidya als Grundlage des Geistes
- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 180 von Sukadev Bretz -
Shankara schreibt: Deshalb nennen die Weisen, die Kenner der Wahrheit den Geist avidya – unwissend, durch welchen das Universum wie Wolken vom Wind bewegt/getrieben wird.
Der Geist ist aus Unwissenheit geboren
Atah – daher, panditah – die Gelehrten, prahuh – sie nennen/sie sagen, manas – der Geist, ist avidya – Unwissenheit. Wer die Wahrheit kennt, der erkennt dies. Und durch den Geist wird jener durch diesen eva – allein bhramyate – herumgetrieben, visvam – in dieser Welt, vayuna – vom Wind, iva – wie, abhra-mandala – eine Menge von Wolken.
Der Geist ist also aus der Unwissenheit geboren – avidya, und hält dich in der Unwissenheit. Und dann treibt er dich in diese Welt hinein. Der Geist sagt dir, du musst noch dieses machen und jenes. Du brauchst noch dies und das andere brauchst du auch noch. Er treibt dich hin und her. Er sagt: Yoga kannst du später machen, aber zunächst mach noch dies und das. Kennst du das?
Der Geist entwickelt Wünsche und Vorstellungen
Oder dein Geist sagt: Dies will ich noch und das will ich noch, hier muss ich mich noch kümmern, hier bin ich noch nicht gut genug, jenes muss ich noch entwickeln, dies muss ich noch kultivieren… Ununterbrochen redet er so mit dir.
Und dann hörst du von einem tollen Kraftort irgendwo in Afrika und denkst `da muss ich hingehen`. Oder von einem Tempel in Südamerika, `den muss ich besuchen`. `Es gibt einen neuen Meister in Kerala, hast du schon gehört? Toll!` Oder `hast du schon von der neuesten ökologischen Erfindung gehört?`…
Der Geist rennt herum, ununterbrochen. Natürlich ist ökologisch besser. Natürlich sind Kraftorte gut. Aber letztlich bleibt es gleich, der Geist rennt umher. So wie Shankara hier sagt: Umher getrieben, wie eine Menge von Wolken vom Wind.
Wo bist du ruhelos durch deinen Geist?
Überlege: Bist du umher getrieben von deinem Geist? Folgst du einfach deinen Ideen? Fühlst du dich innerlich getrieben? Sei dir bewusst: Das Gefühl der inneren Getriebenheit kommt nicht von außen. Es ist deine eigene Getriebenheit, erschaffen von deinem Geist. Swami Sivananda hat in einem schönen Werk, Sadhana, ein Kapitel über den Geist des Aspiranten geschrieben. Dort sagt er unter anderem, dass der Geist:
- 1. umher getrieben wird durch falsche Vorstellungen von Pflicht und Verantwortung und
- 2. umher getrieben wird, weil der Aspirant sich bestimmte Vorstellungen macht, wie Spiritualität zu sein hat.
Überwinde die Identifikation mit dem Geist
Aspiranten schaffen sich also plötzlich alle möglichen Pflichten, die sie zusätzlich noch erledigen wollen. Und prompt haben sie keine Zeit mehr für Spiritualität.
Bestimmte Vorstellungen, wie Spiritualität zu sein hat, können dazu führen, auf diesem Gebiet nichts verpassen zu wollen. Dann gehen sie hierhin, rennen dorthin, machen dieses und machen jenes und erkennen nicht, dass sie umher getrieben sind wie eine Gruppe von Wolken im Wind.
Mache dir noch einmal bewusst: Wo bist du getrieben? Und wo wirst du letztlich vom Wind hin und her geweht? Nicht du selbst wirst hin und her geweht, sondern dein Geist, mit dem du dich identifizierst. Überwinde das. Entspanne. Lasse los. Und genieße dein wahres Selbst. Jetzt. Mache alles, um das unsterbliche Selbst zu erkennen. Praktiziere. Frag „wer bin ich?“. Erkenne dein Selbst und sei frei.
Avidya
- Auszug aus dem Buch "Vedanta für Anfänger" von Swami Sivananda -
- Schüler: Was ist die Ursache der Projektion (Adhyasa)?
- Guru: Unwissenheit (Avidya).
- Schüler: Wem widerfährt diese Uwissenheit?
- Guru: Brahman.
- Schüler: Wie kann im reinen Brahman eine Unwissenheit herrschen?
- Guru: Dies ist mit Worten nicht beschreibbar (Anirvacchaniya). Aus Sicht des Absoluten gibt es weder Jiva (individuelle Seele), noch Unwissenheit, noch die fünf Hüllen. Unwissenheit existiert nur für die individuelle Seele.
Schüler: Wie nennt man Avidya noch?
Guru: Anandamaya Kosha (Wonnehülle) oder Karana sharira (Kausalkörper) der individuellen Seele.
Guru: Woraus besteht Avidya?
Guru: Sie besteht aus Vasanas (subtile Samen von Wünschen) und Samskaras (Eindrücke im Unterbewusstsein). Alle Eindrücke des Sanchita Karmas (angesammeltes Karma, Ursache und Wirkung vergangener Handlungen) deiner vorangegangenen Leben sitzen hier.
Avidya Sanskrit
Avidya ist ein Sanskritwort. Sanskrit ist die Sprache des Yoga. Hier ein Vortrag zum Thema Yoga, Meditation und Spiritualität
Zusammenfassung Deutsch Sanskrit - Sanskrit Deutsch
- Deutsch Unwissenheit. Sanskrit Avidya
- Sanskrit Avidya Deutsch Unwissenheit.
- Deutsch ohne Wissen, unwissend. Sanskrit Avidya
- Sanskrit Avidya Deutsch ohne Wissen, unwissend.
Quelle
- Carl Capeller: Sanskrit Wörterbuch, nach den Petersburger Wörterbüchern bearbeitet, Strassburg : Trübner, 1887
Avidya अविद्या avidyā Aussprache
Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Avidya, अविद्या, avidyā ausgesprochen wird:
Siehe auch
- Avidyaka
- Avijnana
- Atmavidya
- Vidya
- Jnana Yoga
- Ajnana
- Vedanta
- Vedanta Schulen
- Guru
- Meister
- Wer bin ich
- Brahma Jnanavali Mala
- Erkenntnis
- Satchidananda
- Glückseligkeit
- Selbstverwirklichung
- Erfahrung
- Mumukshu
- Moksha
- Samadhi
- Swami Sivananda
- Shankara
- Ramana Maharshi
- Adyashanti
- Raja Yoga
- Karma Yoga
- Anandamaya Kosha
- Patanjali
- Atman
- Bandha
- Traditioneller Yoga
Literatur
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
- Swami Sivananda, Götter und Göttinnen im Hinduismus (2008)
- Swami Sivananda, Jnana Yoga, Hrsg.: Divine Life Society, 2007
- Swami Sivananda, Inspirierende Geschichten (2005)
- Swami Sivananda, Japa Yoga (2003)
- Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis (2001)
- Swami Sivananda, Autobiographie von Swami Sivananda (1999)
- Swami Sivananda, Shrimad Bhagavad Gita. Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda (1998)
- Swami Sivananda, Gedanken zur Kontemplation (1996)
- Swami Sivananda, Hatha-Yoga. Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte (1964)
- Swami Sivananda, Sadhana – Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Swami Sivananda: Feste und Fastentage im Hinduismus, Yoga Vidya Verlag
- Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von Heute
- Das Yoga-Lexikon von Wilfried Hunzermeyer, ISBN 978-3-931172-28-2, Edition Sawitri.
- Spirituelles Wörterbuch Sanskrit-Deutschvon Martin Mittwede, ISBN 978-3-932957-02-4, Sathya Sai Vereinigung e.V.
Weblinks
- Swami Sivananda
- Swami Sivananda Fotogalerie
- Artikel von Swami Sivananda
- Swami Sivanandas Integraler Yoga
- Der ganzheitliche Yoga in der Tradition von Swami Sivananda
- Die sechs Yoga-Wege
- Meditation & Yoga
- Einführung in Vedanta
- Swami Sivananda: Was ist Jnana Yoga?
- Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis: Vedanta
- Swami Sivananda, Sadhana: Vedanta Sadhana
- Internetseiten der Divine Life Society
- Internetseiten von Yoga Vidya
- Über Shankara
- Direkte Verwirklichung des Selbst
- Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis: Yoga und der Spirituelle Weg
- Kommentar von Sukadev Bretz zu den Raja Yoga Sutras von Patanjali.
- The veil of avidyaPosted by Teachings of Swami Sivananda
- Yoga Vedanta Wörterbuchvon Swami Sivananda. Sanskrit Index
- Mysterium und Kontrolle des Geistes' von Swami Sivananda, Kapitel 7.
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