Viparita Karani

Aus Yogawiki

Viparita Karani (Sanskrit: विपरीतकरणी viparīta-karaṇī f.) wörtl.: "umgekehrte (Viparita) Stellung (Karani)"; eine dem Schulterstand (Sarvangasana) ähnliche Umkehrstellung. Viparyaya ist ein Sanskritwort und bedeutet Irrtum, Fehler, Umkehrung, gegenteilige Meinung, Alternative. Viparyaya als Adjektiv heißt umgekehrt, umgedreht, gegenteilig, alternativ, irrtümlich.

Viparita Karani - Eine Vorübung für den Schulterstand

Viparyaya als Substantiv ist dann Irrtum, fehlerhafte Ansicht, aber auch Alternative, Umkehrung. Im Yogasutra von Patanjali ist Viparyaya eine der fünf Chitta Vrittis, eine der fünf Arten von Vrittis, nämlich der Irrtum, die fehlerhafte Ansicht. Alle fünf Vrittis sind laut Patanjali Pramana, die rechte Erkenntnis; Viparyaya, der Irrtum; Vikalpa, Zweifel bzw. Wortirrtum und Einbildung; Nidra, Schlaf; Smriti, die Erinnerung.

Name und Bedeutung

Viparita Karani lässt sich mit "umgekehrte Stellung" oder "Umkehrstellung" übersetzen.
Im engeren Sinne bedeutet "umgekehrt" (Viparita) hier, dass die Stellung von "Mond" (Chandra) und "Sonne" (Surya) im Körper umgekehrt wird: Normalerweise ist der "Mond", d.h. der Nektar (Amrita) im Bereich des Kopfes, oben und die "Sonne", d.h. das (Verdauungs-)Feuer im Bereich des Nabels, unten.
In der yogischen Vorstellung tropft der Lebensspendene Nektar nach unten und wird vom Feuer in der Nabelgegend (Solarplexus) verzehrt. Dies wird als die Ursache für Alter und Tod angesehen. Durch Viparita Karani kommt nun die "Sonne" nach oben und der "Mond" nach unten, was den Alterungsprozess anhält und den Nektar bewahrt. Daher gelten alle Umkehrstellungen im Hatha Yoga als verjüngend.

Ausführung

Während beim Schulterstand (Sarvangasana) Beine und Oberkörper möglichst kerzengerade ("Kerze") nach oben ausgerichtet sind, befindet sich der Oberkörper bei Viparita Karani in einem flacheren Winkel (etwa 45°) zum Boden. Die Beine können zum Oberkörper in einem rechten Winkel ausgerichtet sein, oder wie beim Schulterstand senkrecht nach oben weisen, was die Stellung etwas anspruchsvoller macht. In Viparita Karani ist die Streckung der Halswirbelsäule aufgrund des geringeren Neigungswinkels sanfter als im Schulterstand (Sarvangasana), daher eignet sie sich gut als vorbereitende Übung oder Variante, die alle positiven Wirkungen einer Umkehrstellung bietet.

Ausführung und Wirkungen von Viparita Karani werden in der Hatha Yoga Pradipika (3. Kapitel, Vers 79-82) ausführlich beschrieben (http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Buch/hatha-yoga-pradipika/tag/sanskrit-text-romische-schrift,deutsche-ubersetzung/page/23/).

Sukadev über Viparita Karani

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Viparita Karani

Viparita Karani ist eine Mudra, die als Ganzes auch als "Viparita Karani Mudra" bezeichnet wird. Und Viparita Karani Mudra ist die Umkehrhaltungs-Mudra. Viparita heißt umgekehrt, umgedreht. Karani heißt Form oder tun oder gemacht. Und Viparita Karani heißt zum einen, das umgekehrte Tun, heißt aber auch, das umgekehrt Gemachte. Und Mudra ist die Energie-Erweckungs- und Lenkungshaltung. Mudra hat ja viele Bedeutungen im Yoga. Mudra heißt wörtlich Siegel oder auch Symbol.

Eine Mudra kann also ein Symbol sein für etwas, kann auch ein Siegel, ein Zeichen für etwas sein, kann auch etwas sein, was etwas öffnet. Mudra kann sich beziehen auf Fingerhaltung: Es gibt die verschiedenen Finger-Mudras. Z.B. gibt es Chinmudra, wo der Zeigefinger den Daumen berührt, oder es gibt Vishnumudra, die Handhaltung für die Wechselatmung. Im indischen Tanz gibt es so viele Mudras, mit denen verschiedene Stimmungen und auch verschiedene Aspekte Gottes und verschiedene Hauptpersonen dargestellt werden. Es gibt auch Zungen-Mudras, mit denen du Energiewirkungen haben kannst, es gibt Kopf-Mudras usw.

Und es gibt die großen Mudras im Hatha Yoga. Ich nenne sie auch gerne die Ganzkörper-Mudras. Und dazu gehört z.B. Maha Mudra. Das ist die einbeinige Vorwärtsbeuge, wie auch Viparita Karani Mudra. Und Viparita Karani Mudra ist dann die Umkehrhaltung. Viparita Karani Mudra kann aus dem Kopfstand geschehen, aus dem Schulterstand oder auch dem gestützten Schulterstand. In Viparita Karani Mudra wird also der Körper in die Umkehrhaltung gebracht, und das wird verbunden mit bestimmten Konzentrationstechniken, mit bestimmten Atemübungen, mit bestimmten Mantras, denn Kopfstand, Shirshasana, und Sarvangasana, Schulterstand, sind nicht automatisch Viparita Karani Mudra.

Wenn eine Umkehrhaltung, man könnte auch sagen, Viparita Asana, verbunden wird mit bestimmten Konzentrationstechniken, Bewusstseinslenkungen, Mantra, Visualisierung und dann ausreichend lange gehalten wird, dann wird die Asana zur Mudra. Wenn du mehr wissen willst, auch praktische Anleitung für Viparita Karani Mudra, mehr wissen willst über die Wirkung von Viparita Karani Mudra, wann du es üben kannst und wie du es üben kannst, dann gehe auf unsere Internetseiten, auf www.yoga-vidya.de. Gib oben ins Suchfeld "Viparita Karani Mudra" ein, und dann findest du eine Menge Informationen über Viparita Karani Mudra.

Unsterblichkeitsnektar und Viparita Karani

Im 55. bzw. 57. Vers der Version 1 des Goraksha Shataka heißt es im Zusammenhang mit Viparita Karani:


चन्द्रामृतमयीं धारां प्रत्याहारति भास्करः |
तत्प्रत्याहरणं तस्य प्रत्याहारः स उच्यते || ५५ ||
candrāmṛta-mayīṃ dhārāṃ pratyāhārati bhāskaraḥ |
tat-pratyāharaṇaṃ tasya pratyāhāraḥ sa ucyate || 55 ||

"Die (in der Nabelgegend befindliche) Sonne (Bhaskara) zieht den Strom (Dhara) des Mondnektars (Chandra-Amrita) an sich. Das Zurückhalten (Pratyaharana) dieses (Nektarstroms) von der Sonne wird Pratyahara genannt." (GŚ 1, 55 ~ GP 2.30)


नाभिदेशे भवत्येको भास्करो दहनात्मकः |
अमृतात्मा स्थितो नित्यं तालुमूले च चन्द्रमाः || ५७ ||
nābhi-deśe bhavaty eko bhāskaro dahanātmakaḥ |
amṛtātmā sthito nityaṃ tālu-mūle ca candramāḥ || 57 ||

"In der Region (Desha) des Nabels (Nabhi) existiert eine immer brennende Sonne (Bhaskara), und an der Basis (Mula) des Gaumens (Talu) befindet sich ein Mond (Chandramas), der stets voller Unsterblichkeitsnektar (Amrita) ist." (GŚ 1, 57 ~ GP 2.32)

Diese beiden Verse erscheinen mit geringen Varianten als Verse 30 bzw. 32 des 2. Shataka der Goraksha Paddhati, die auch als Goraksha Samhita bekannt ist und eine weitere Sammlung (Samhita) von zweimal einhunder Versen (Shataka) des Yogameisters Goraksha Natha (ca. 10. Jh.) darstellt.

Viparitakarani Mudra in der Hatha Yoga Pradipika

Svatmarama schreibt in der Hatha Yoga Pradipika, einem Grundlagentext des Hatha Yoga im dritten Kapitel, Verse 78-82 über Viparita Karani Mudra. Hier ein Videovortrag dazu:

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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