HYP Jahresgruppe
Auf dieser Seite findest Du die in der Jahresgruppe Sanskrit - Lektüre der Hatha Yoga Pradipika erarbeitete Übersetzung der einzelnen Verse der Hatha Yoga Pradipika, eine Wort-für-Wort-Übersetzung mit einer Verlinkung aller Stichwörter zum Sanskrit Glossar, Auszüge aus dem Sanskritkommentar des Brahmananda, Anmerkungen und weiterführende Links.
Kapitel 1 Vers 1 : Einleitung
Versmaß: Indravajra
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Übersetzung
- Verehrung sei dem verehrungswürdigen Adinatha (d.h. Shiva), von dem die Wissenschaft des Hatha Yoga gelehrt wurde,
- die wie eine Leiter erstrahlt für den, der den äußerst erhabenen Raja Yoga zu erklimmen wünscht.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- śrī-ādi-nāthāya : dem verehrungswürdigen (Shri) uranfänglichen Herrn, Beschützer, Gebieter (Adinatha)
- namaḥ : Verneigung, Verehrung (Namas)
- astu : sei (as)
- tasmai : diesem (Tad)
- yena : durch den (Yad)
- upadiṣṭā : gelehrt wurde (Upadishta)
- haṭha-yoga-vidyā : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha Yoga
- vibhrājate : die erstrahlt (vi + bhrāj)
- pronnata-rāja-yogam : den äußerst erhabenen („hohen“, Pronnata) königlichen Yoga (Raja Yoga)
- āroḍhum : zu erklimmen (ā + ruh)
- icchoḥ : für den, der wünscht (Ichchhu)
- adhirohiṇī : eine Leiter (Adhirohini)
- iva : wie (Iva)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert das Wort rāja-yoga (Königs-Yoga) in diesem Zusammenhang im Sinne des höchsten Bewusstseinszustandes, der im Yogasutra als Asamprajnata (Samadhi) bezeichnet wird, und dessen Kennzeichen (Lakshana) das Zurruhebringen (Nirodha) jeglicher (Sarva) Fluktuationen (des Geistes, Vritti) ist: rāja-yogaś ca sarva-vṛtti-nirodha-lakṣaṇo ’saṃprajñāta-yogaḥ.
Kapitel 1 Vers 2 : Zweck des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Nachdem er sich vor (seinem eigenen) verehrungswürdigen Lehrer und Schutzherrn verneigt hat,
- wird von Yogi Svatmarama die Wissenschaft des Hatha (Yoga) gelehrt, einzig zum Zwecke des Raja Yoga.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- praṇamya : nachdem er sich verneigt hat (pra + nam)
- śrī-gurum : vor dem verehrungswürdigen (Shri) (eigenen) Lehrer, Meister (Guru)
- nātham : dem Schutzherrn (Natha)
- svātmārāmeṇa : Svatmarama
- yoginā : durch den Yogin
- kevalam : einzig, ausschließlich (Kevala)
- rāja-yogāya : zum (Zwecke des) königlichen Yoga (Raja Yoga)
- haṭha-vidyā : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha (Yoga)
- upadiśyate : wird gelehrt (upa + diś)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert das Wort kevalam ("einzig") dahingehend, dass das wichtigste (Mukhya) Ergebnis (Phala) der Wissenschaft des Hatha Yoga allein (Eva) der (Zustand des) Raja–Yoga ist, und nicht (Na) die übernatürlichen Fähigkeiten (Siddhi): rāja-yoga eva mukhyaṃ phalaṃ na siddhayaḥ.
Kapitel 1 Vers 3 : Zweck des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Denjenigen, die den Raja Yoga durch das Umherirren in der Dunkelheit vieler (Lehr-)Meinungen nicht kennen,
- schenkt Svatmarama, eine Quelle des Mitgefühls, die Leuchte des Hatha (Yoga).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- bhrāntyā : durch das Umherirren, durch Verwirrung (Bhranti)
- bahu-mata-dhvānte : in der Dunkelheit (Dhvanta) vieler (Bahu) (Lehr-)Meinungen (Mata)
- rāja-yogam : (den) königlichen Yoga (Raja Yoga)
- ajānatām : (denjenigen, die) nicht (er)kennen (jnā)
- haṭha-pradīpikām : die Leuchte des (Hatha Yoga)
- dhatte : gibt, schenkt (dhā)
- svātmārāmaḥ : Svatmarama
- kṛpākaraḥ : eine Quelle (Akara) des Mitgefühls (Kripa)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 4 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Matsyendra, Goraksha und andere kennen zweifellos die Wissenschaft des Hatha (Yoga),
- und Yogi Svatmarama kennt sie durch die Gunst dieser (Meister).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- haṭha-vidyām : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha(-Yoga)
- hi : gewiss, zweifellos (Hi)
- matsyendra-gorakṣādyāḥ : Matsyendra, Goraksha und andere ("die … zum Anfang haben", Adya)
- vijānate : kennen (vi + jnā)
- svātmārāmaḥ : Svatmarama
- atha vā : und (Atha Va)
- yogī : der Yogin
- jānīte : kennt (diese Wissenschaft, jnā)
- tat-prasādataḥ : durch die Gunst (Prasada) dieser (Meister, Tad)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 5 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Der verehrungswürdige Adinatha (d.h. Shiva), Matsyendra, Shabara und Anandabhairava,
- Chaurangin, Mina, Goraksha, Virupaksha und Bileshaya ...
Wort-für-Wort-Übersetzung
- śrī-ādi-nātha-matsyendra-śābarānanda-bhairavāḥ : der verehrungswürdige (Shri) uranfängliche Herr, Beschützer, Gebieter (Adinatha), Matsyendra ("Herr der Fische"), Shabara und Anandabhairava ("der Schreckliche, der Glückseligkeit bringt")
- cauraṅgī-mīna-gorakṣa-virūpākṣa-bileśayāḥ : Chaurangin, Mina ("Fisch"), Goraksha ("Kuhhirt"), Virupaksha ("der unförmige Augen hat") und Bileshaya ("Schlange, Maus")
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 6 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Korantaka, Surananda, Siddhapada und Charpati ...
Wort-für-Wort-Übersetzung
- manthānaḥ : Manthana ("der Schüttler")
- bhairavaḥ : Bhairava ("der Furchtbare")
- yogī : der Yogin
- siddhiḥ : Siddhi ("Erfolg")
- buddhaḥ : Buddha ("der Erwachte")
- ca : und (Cha)
- kanthaḍiḥ : Kanthadi
- koraṇṭakaḥ : Korantaka
- surānandaḥ : Surananda ("dessen Glückseligkeit Gott ist")
- siddha-pādaḥ : Siddhapada ("erhabener Siddha")
- ca : und
- carpaṭiḥ : Charpati
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 7 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Kanerin und Pujyapada, Nityanatha, Niranjana,
- Kapalin und Bindunatha, Kakachandishvara mit Namen ...
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kānerī-pūjya-pādaḥ : Kanerin
- Pujyapada : Pujyapada "dessen Füße (Pada) zu verehren (Pujya) sind"
- ca : und (Cha)
- nitya-nāthaḥ : Nityanatha ("ewiger Beschützer, ewiger Herr")
- nirañjanaḥ : Niranjana ("der ohne Schminke, der Reine")
- kapālī : Kapalin ("der eine Hirnschale als Bettelschale trägt")
- bindu-nāthaḥ : Bindunatha ("Herr des Tropfens, Herr des Samens")
- ca : und
- kāka-caṇḍī-īśvarāhvayaḥ : Kakachandishvara ("Herr der [[Chandi in Form einer Krähe") mit Namen (Ahvaya)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 8 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Allama und Prabhudeva, Ghodacholin und Tintini,
Wort-für-Wort-Übersetzung
- allāmaḥ : Allama
- prabhu-devaḥ : Prabhudeva
- ca : und (Cha)
- ghoḍācolī : Ghodacholin
- ca : und
- ṭiṇṭiṇiḥ : Tintini
- bhānukī : Bhanukin
- nāra-devaḥ : Naradeva ("Fürst")
- ca : und
- khaṇḍaḥ : Khanda
- kāpālikaḥ : Kapalika („Hirnschalenträger“)
- tathā : ebenso (Tatha)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 9 : Traditionslinie der Meister
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Übersetzung
- Diese und andere große Siddhas wandeln, nachdem sie durch die Macht des Hatha Yoga
- den Stab der Zeit (des Todes) zerbrochen haben, im Universum umher.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ity-ādayaḥ : diese und andere (die "so beginnenden", Iti Adi)
- mahā-siddhāḥ : große (Maha) Siddhas ("vollendete Wesen, Meister")
- haṭha-yoga-prabhāvataḥ : durch die Macht, Kraft (Prabhava) des Hatha Yoga
- khaṇḍayitvā : nachdem sie zerbrochen haben (khaṇḍ)
- kāla-daṇḍam : den Stab (Danda) der Zeit, des Todes (Kala)
- brahma-aṇḍe : im Universum, in der Welt ("Ei Brahmans", Brahmanda)
- vicaranti : wandeln umher (vi + car)
- te : diese (Tad)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 10 : Bedeutung des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Für diejenigen, die von sämtlichen Leiden gepeinigt werden, ist der Hatha (Yoga) eine Hütte der Zuflucht.
- Für diejenigen, die mit sämtlichen Yogapraktiken beschäftigt sind, ist der Hatha (Yoga wie) die Schildkröte (bei der Quirlung des Milchozeans) eine feste Grundlage.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- aśeṣa-tāpa-taptānām : für diejenigen, die von allen, sämtlichen (Ashesha) Leiden, Qualen (Tapa) gepeinigt werden (Tapta)
- samāśraya-maṭhaḥ : (wie) eine Hütte, Einsiedelei (Matha) die Zuflucht (gewährt, Samashraya)
- haṭhaḥ : (ist) Hatha (Yoga)
- aśeṣa-yoga-yuktānām : für diejenigen, die mit sämtlichen (Ashesha) Yogapraktiken beschäftigt sind ("konzentriert sind", Yukta); oder: für diejenigen, die vollkommen (Ashesha) im Yoga bzw. mit der Yogapraxis beschäftigt (Yukta) sind
- ādhāra-kamaṭhaḥ : eine Stütze, feste Grundlage (Adhara, (wie) die Schildkröte (Kamatha, nämlich bei der mythologischen Quirlung des Milchozeans)
- haṭhaḥ : (ist) Hatha (Yoga)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 11 : Schutz der Wirksamkeit des Hatha Yoga
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Übersetzung
- Die Wissenschaft des Hatha (Yoga) ist von einem Yogin, der Erfolg wünscht, streng geheim zu halten.
- (Diese Wissenschaft) ist wirkungsvoll, wenn sie geheimgehalten wird, aber wirkungslos, wenn sie öffentlich gemacht wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- haṭha-vidyā : die Wissenschaft (Vidya) des Hatha (Yoga)
- param : äußerst, aufs äußerste (Para)
- gopyā : zu verbergen, geheim zu halten (Gopya)
- yoginā : von einem Yogin
- siddhim : Erfolg, Vollkommenheit (Siddhi)
- icchatā : der wünscht (iṣ)
- bhavet : (sie) ist, wird sein (bhū)
- vīrya-vatī : kraftvoll, wirkungsvoll, mächtig (Virya)
- guptā : (wenn) verborgen, geheimgehalten (Gupta)
- nirvīryā : kraftlos, wirkungslos, machtlos (Nirvirya)
- tu : jedoch (Tu)
- prakāśitā : (wenn) offengelegt, öffentlich gemacht (Prakashita)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 12 : Der Ort der Yogapraxis
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Übersetzung
- In einem guten Königreich voller Rechtschaffenheit, in einer Gegend reich an Almosen, frei von Gefahren,
- soll ein Hatha–Yogin an einem einsamen Ort in einer Hütte wohnen,
- die im Umkreis einer Bogenlänge frei von (Gefahren durch) Felsbrocken, Feuer oder Wasser ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- su-rājye : in einem guten Königreich (Surajya)
- dhārmike : voller Tugenden, voller Rechtschaffenheit (Dharmika)
- deśe : in einer Gegend (Desha)
- su-bhikṣe : reich an Nahrungsmitteln, reich an Almosen (Subhiksha)
- nir-upadrave : frei von Gefahren (Nirupadrava)
- dhanuḥ-pramāṇa-paryantam : im Umkreis (Paryanta) einer Bogenlänge (ein Längenmaß, Dhanus-Pramana)
- śilāgni-jala-varjite : frei von (Gefahren durch, Varjita) durch Steine, Felsbrocken (Shila), Feuer (Agni) oder Wasser (Jala)
- ekānte : an einem einsamen Ort (Ekanta)
- maṭhikā-madhye : inmitten (Madhya) einer Hütte, Klause, Einsiedelei (Mathika)
- sthātavyam : soll wohnen ("ist zu wohnen", Sthatavya)
- haṭha-yoginā : ein Hatha–Yogin
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda gibt eine "Bogenlänge" als ein "Maß (Matra) von vier (Chatur) Ellen (Hasta) an, was ca. 184 cm entspricht: dhanuḥ-pramāṇaṃ catur-hasta-mātraṃ. Dort, wo (yatra) sich der Sitz (Asana) des Yogin befindet, sollen im Unkreis (Paryanta) einer Bogenlänge bzw. in einer Entfernung (Matra) von vier Ellen (catur-hasta) keine Steine (Shila), kein Feuer (Agni) und kein Wasser (Jala) sein: yatrāsanaṃ tataś catur-hasta-mātre śilāgni-jalāni na syuḥ.
Kapitel 1 Vers 13 : Der Ort der Yogapraxis
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Die (folgende) Beschreibung einer Yoga-Klause wurde von den Hatha(-Yoga) praktizierenden vollkommenen Meistern überliefert:
- Sie hat eine kleine Tür, keine Fenster, Löcher oder Vertiefungen (im Boden), ist weder zu hoch noch zu niedrig,
- ist vollständig mit einer dicken (Schicht aus) Kuhdung beschmiert, rein, vollkommen frei von Ungeziefer,
- und der Außenbereich ist mit einer Mauer umgeben und schön (ausgestattet) mit einem (kleinen) Schrein, einem Opferaltar und einem Brunnen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- alpa-dvāram : mit kleiner (Alpa) Tür (Dvara)
- arandhra-garta-vivaram : ohne Öffnung, ohne Fenster (a-Randhra), ohne Loch, Grube (a-Garta: ohne Löcher oder Vertiefungen, eben), ohne Öffnung, Spalte, schadhafte Stelle (a-Vivara: ohne Spalten)
- nāty-ucca-nīcāyatam : nicht (Na) allzu (Ati) hoch (Uchcha) niedrig (Nicha) sich erstreckend, sich ausdehnend (Ayata)
- samyak-gomaya-sāndra-liptam : vollständig, auf die rechte Weise (Samyak) beschmiert (Lipta) mit einer dicken (Sandra Schicht aus) Kuhdung (Gomaya)
- amalam : makellos, rein (Amala)
- niḥśeṣa-jantūjjhitam : vollständig, restlos (Nihshesha) frei (von, Ujjhita) Ungeziefer, Insekten, Getier (Jantu)
- bāhye-maṇḍapa-vedi-kūpa-ruciram : draußen, außerhalb (der Hütte, Bahya) einen) einer Gottheit geweihten Ort, (einen kleinen) Schrein (Mandapa) Opferaltar (Vedi) Brunnen (Kupa) schön, ansprechend, zusagend (durch, Ruchira)
- prākāra-saṁveṣṭitam : umgeben mit (Samveshtita) einer Mauer, einem Wall (Prakara)
- proktam : wurde gegeben, wurde gelehrt (Prokta)
- yoga-maṭhasya : einer Yoga-Klause (Yoga–Matha)
- lakṣaṇam : Beschreibung ("Definition", Lakshana)
- idam : diese (Idam)
- siddhaiḥ : von den vollkommenen Meistern (Siddha)
- haṭhābhyāsibhiḥ : den Praktzierenden (Abhyasa) des Hatha (Yoga)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 14 : Der Ort der Yogapraxis
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Übersetzung
- In einer sogearteten Klause wohnend, aller Sorgen ledig,
- soll (der Yogin) in der Weise, wie es von (seinem) Meister gelehrt wurde, ausschließlich Yoga praktizieren.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- evaṁ-vidhe : in einer sogearteten (Evamvidha)
- maṭhe : Klause (Matha)
- sthitvā : sich befindend, wohnend (sthā)
- sarva-cintā-vivarjitaḥ : aller (Sarva) Sorgen (Chinta) ledig (Vivarjita)
- gurūpadiṣṭa-mārgeṇa : in der Weise ("auf dem Weg", Marga) wie es gelehrt wurde (Upadishta) vom (eigenen) Meister (Guru)
- yogam : den (Hatha) Yoga
- eva : einzig, allein, ausschließlich (Eva)
- samabhyaset : soll man praktizieren (sam + abhi + as)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 15 : Was dem Erfolg der Yogapraxis schadet
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Übersetzung
- Übermaß im Essen und Überanstrengung, Geschwätz, Regelversessenheit,
- Umgang mit Leuten und Unbeständigkeit - durch (diese) sechs wird die Yogapraxis wirkungslos.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- atyāhāraḥ : Übermaß im Essen (Atyahara)
- prayāsaḥ : (unangemessene) Anstrengung, Überanstrengung (Prayasa)
- ca : und (Cha)
- prajalpaḥ : Geschwätz, unbesonnene Worte (Prajalpa)
- niyama-grahaḥ : Sichklammern (an), Bestehen, Versessensein (auf, Graha) (unangemessene) Regel(n), Gelübde, Observanz(en, Niyama)
- jana-saṅgaḥ : (unpassender) Umgang, Verkehr (Sanga) mit Leute(n, Jana)
- ca : und
- laulyam : Unruhe, Unbeständigkeit, Gier, Verlangen (Laulya)
- ca : und
- ṣaḍbhiḥ : durch (diese) sechs (Shash)
- yogaḥ : der Yoga
- vinaśyati : geht verloren, wird zunichte, wird wirkungslos (vi + naś)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 16 : Was dem Erfolg der Yogapraxis nützt
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Übersetzung
- Durch Entschlusskraft, Mut, Ausdauer, durch die Erkenntnis der Wahrheit, durch Vertrauen
- und durch Aufgeben des Umgangs mit Leuten - durch (diese) sechs führt die Yogapraxis zum Erfolg.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- utsāhāt : durch festen Willen, Entschlusskraft (Utsaha)
- sāhasāt : durch Mut (Sahasa)
- dhairyāt : durch Ausdauer, ruhiges Wesen (Dhairya)
- tattva-jñānāt : durch die Erkenntnis (Jnana) der Wahrheit (des "Soseins", Tattva)
- ca : und (Cha)
- niścayāt : durch sicheres Wissen, genaue Kentniss, Überzeugung, Vertrauen (in die Lehren des Meisters, Nishchaya)
- jana-saṅga-parityāgāt : durch Aufgeben (Parityaga) (unförderlicher) Gemeinschaft (Sanga) mit Menschen (Jana)
- ṣaḍbhiḥ : durch (diese) sechs (Shash)
- yogaḥ : der Yoga
- prasidhyati : führt zum Erfolg, gelingt (pra + sidh)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 17 : Die zehn Yamas
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Übersetzung
- Gewaltlosgkeit, Wahrhaftigkeit, Nichtstehlen, Enthaltsamkeit, Geduld, Entschlossenheit,
- Mitgefühl, Aufrichtigkeit, Mäßigung beim Essen sowie Reinheit - (dies sind) die zehn Yama (genannten Regeln).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ahiṁsā : Gewaltlosgkeit, Nichtschädigen (Ahimsa)
- satyam : Wahrhaftigkeit (Satya)
- asteyam : Nichtstehlen (Asteya)
- brahmacaryam : Enthaltsamkeit ("Wandel im Brahman", Brahmacharya)
- kṣamā : Geduld, Langmut, Nachsicht ([[Kshama)
- dhṛtiḥ : (innere) Festigkeit, Entschlossenheit (Dhriti)
- dayā : Mitgefühl (Daya)
- ārjavam : Aufrichtigkeit, Redlichkeit (Arjava)
- mitāhāraḥ : Mäßigung beim Essen (Mitahara)
- śaucam : Reinheit, Reinlichkeit (Shaucha)
- ca : und (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- yamāḥ : Yama (genannten Regeln)
- daśa : (dies sind) die zehn (Dasha)
Erläuterungen
Textgeschichtlich handelt es sich bei den Versen 17 und 18, die eine Aufzählung der Yamas und Niyamas beinhalten, um spätere Einschübe. Dies ist daraus ersichtlich, dass sie der Kommentator Brahmananda nicht kommentiert, also offensichtlich in seinen Handschriften nicht vorliegen hatte. Auffällig ist die Ähnlichkeit mit den fünf im Yogasutra (2.30) aufgezählten Yamas (es fehlt lediglich Aparigraha). Bei Patanjali wiederum zählt die "Reinlichkeit" (Shaucha) zu den Niyamas (vgl. auch die Anmerkung zu Vers 40 dieses Kapitels).
Kapitel 1 Vers 18 : Die zehn Niyamas
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Übersetzung
- Askese, Zufriedenheit, Glaube an Gott, Freigebigkeit, die (rituelle) Verehrung Gottes,
- das Hören der Aussagen der Lehrtexte, eine natürliche Scheu, Einsicht, halblaute Mantrarezitation und (rituelles) Opfer -
- (dies sind) die zehn von den Yogatextkundigen genannten Regeln (namens) Niyama.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tapaḥ : Askese, innere Glut, Inbrunst, Verinnerlichung (Tapas)
- santoṣaḥ : Zufriedenheit (Santosha)
- āstikyam : Glaube an Gott, Gläubigkeit (Astikya)
- dānam : Freigebigkeit (Dana)
- īśvara-pūjanam : die Verehrung (Pujana) des Herrn, Gottes (Ishvara)
- siddhānta-vākya-śravaṇam : das Hören (Shravana) der Lehrsätze, Aussprüche, Aussagen (Vakya) der Lehrbücher, der heiligen Texte (Siddhanta)
- hrī-matī : Scham, Schamhaftigkeit (das Gegenteil von Unverschämtheit, d.h. eine natürliche Scheu und Zurückhaltung, Hri) und Einsicht (Mati)
- ca : und (Cha)
- japaḥ : halblautes Wiederholen eines Gebetes oder Mantras (Japa)
- hutam : Opfer (Huta)
- niyamāḥ : (sind die als) Niyamas (bezeichneten Regeln)
- daśa : zehn (Dasha)
- samproktāḥ : die genannt werden (Samprokta)
- yoga-śāstra-viśāradaiḥ : von denjenigen, die mit den Yoga-Schriften (Yoga–Shastra) vertraut sind (Visharada)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 19 : Asana
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Übersetzung
- Die Körperstellungen bewirken (körperliche und geistige) Festigkeit, Gesundheit und Leichtigkeit des Körpers.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- haṭhasya : des Hatha(-Yoga)
- prathamāṅgatvāt : denn das ist das erste (Prathama) Glied (Anga)
- āsanam : Asana ("Sitz", hier i.S. von "Körperstellungen")
- pūrvam : zuerst, als erstes (Purva)
- ucyate : wird genannt, gelehrt (vac)
- kuryāt : bewirkt (kṛ)
- tat : dieses (Tad)
- āsanam : Asana (die Gesamtheit der zu lehrenden Körperstellungen)
- sthairyam : (körperliche und geistige) Festigkeit, Ausdauer (Sthairya)
- ārogyam : Gesundheit (Arogya)
- ca : und (Cha)
- aṅga-lāghavam : Leichtigkeit (Laghava) der Glieder, des Körpers (Anga)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 20 : Asana
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Übersetzung
- Von mir (Svatmarama) werden (nun) einige Körperstellungen gelehrt,
- die (bereits) von den Weisen Vasishtha usw. und den Yogins Matsyendra usw. akzeptiert worden sind.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vasiṣṭhādyaiḥ : Vasishtha usw., und anderen (Adya)
- ca : und, sowohl (Cha)
- munibhiḥ : von den Weisen (Muni)
- matsyendrādyaiḥ : Matsyendra usw., und anderen
- ca : und, als auch
- yogibhiḥ : von Yogins (wie)
- aṅgī-kṛtāni : die akzeptiert, berücksichtigt worden sind (Angikrita)
- āsanāni : Asanas (Körperstellungen)
- kathyante : werden genannt, gelehrt (kath)
- kāni-cit : einige (Ka Chid)
- mayā : von mir (Mad)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 21 : Svastikasana
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Übersetzung
- Indem man beide Fußsohlen auf die rechte Weise zwischen Unter- und Oberschenkel gebracht hat,
- mit aufrechtem Körper sitzend - diese (Sitzhaltung) nennt man Svastika.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- jānūrvoḥ : Knie (Janu) und Oberschenkel (Uru)
- antare : zwischen (Antara)
- samyak : auf die rechte Weise (Samyak)
- kṛtvā : gebracht ("gemacht") habend (kṛ)
- pāda-tale : Fußsohlen (Pada–Tala)
- ubhe : beide (Ubha)
- ṛju-kāyaḥ : mit aufrechtem (Riju) Körper (Kaya)
- samāsīnaḥ : sitzend (Samasina)
- svastikam : Svastika ("gekreuzter Sitz, der Glückbringende")
- tat : das, diese (Sitzhaltung, Tad)
- pracakṣate : nennt man (pra + cakṣ)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "Knie" (Janu) der in der Nähe (Samnihita) des Knies befindliche Teil (Pradesha) des Unterschenkels (Jangha) gemeint ist: jānu-saṃnihito jaṅghā-pradeśaḥ.
Kapitel 1 Vers 22 : Gomukhasana
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Übersetzung
- Man lege den rechten Knöchel an die linke Seite des Gesäßes,
- und den linken (Knöchel) an die rechte (Seite des Gesäßes. Diese Sitzposition heißt) Gomukha, (denn man sitzt) in Form des Gesichts einer Kuh.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- savye : an die linke (Savya)
- dakṣiṇa-gulpham : den rechten (Dakshina) Knöchel (Gulpha)
- tu : jedoch, wiederum (Tu)
- pṛṣṭha-pārśve : Seite (Parshva) des Gesäßes ("Rückens", Prishtha)
- niyojayet : man lege (ni + yuj)
- dakṣiṇe : an die rechte (Seite des Gesäßes)
- api : auch, und (Api)
- tathā : ebenso (Tatha)
- savyam : den linken (Knöchel)
- go-mukham : (diese Sitzposition heißt) Gomukha ("Kuhgesicht")
- go-mukhākṛtiḥ : (denn man sitzt) in Form (Akriti) des Gesichts (Mukha) einer Kuh (Go)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "an der Seite des (unteren) Rückens" (pṛṣṭha-pārśve) der untere (Adhas) Teil (Bhaga) der Hüfte (Kati) gemeint ist: kaṭer adho-bhāge.
Kapitel 1 Vers 23 : Virasana
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Übersetzung
- Man lege den einen Fuß fest auf den anderen Oberschenkel,
- desgleichen den (anderen) Oberschenkel auf den anderen (Fuß) - so wird die Helden-Stellung (Virasana) gelehrt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ekam : einen (Eka)
- pādam : Fuß (Pada)
- tathā : und (Tatha)
- ekasmin : auf den anderen ("einen")
- vinyaset : man lege (vi + ni + as)
- ūruṇi : Oberschenkel (Uru)
- sthiram : fest (Sthira)
- itarasmin : auf den anderen (Fuß, Itara)
- tathā : ebenso, desgleichen
- ca : und (Cha)
- ūrum : den (anderen) Oberschenkel
- vīrāsanam : die Helden-Stellung (Virasana)
- iti : so (Iti)
- īritam : wird gelehrt (Irita)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt es so: Man lege (vinyaset) den rechten (Dakshina) Fuß (Pada) fest (Sthira) auf den linken (Vama) Oberschenkel (Uru) und den rechten Oberschenkel (uruṃ dakṣiṇam) auf den linken Fuß (vāme pāde): dakṣiṇaṃ pādam … vāmoruṇi sthiraṃ vinyaset … vāme pāde ūruṃ dakṣiṇaṃ vinyaset.
Somit liegt der rechte Fuß auf dem linken Oberschenkel und der linke Fuß unter dem rechten Oberschenkel, mit anderen Worten, das rechte Bein liegt im kreuzbeinigen Sitz über dem linken Bein. Im Gegensatz zum halben Lotussitz (Ardha–Padmasana) liegen die Füße hier jedoch in Knienähe auf bzw. unter dem Oberschenkel des jeweils anderen Beines. Diese Sitzhaltung wird auch Ardhasana ("halbe Sitzhaltung") genannt.
Kapitel 1 Vers 24 : Kurmasana
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Übersetzung
- Konzentriert (sitzend), den Damm mit von einander weg weisenden Knöcheln drückend -
- das ist die Schildkröten-Stellung (Kurmasana). So wissen es die Yogakundigen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gudam : den Anus (Guda, hier i.S. von Damm bzw. Beckenboden)
- nirudhya : in dem man verschließt, drückt (ni + rudh)
- gulphābhyām : mit beiden Knöcheln (Gulpha)
- vyutkrameṇa : "in umgekehrter Ordnung", auseinander gehend, von einander weg weisend (Vyutkrama)
- samāhitaḥ : konzentriert (sitzend, Samahita)
- kūrmāsanam : die Schildkröten-Stellung (Kurmasana)
- bhavet : soll sein, sei (zu verstehen als, bhū)
- etat : das, diese (Sitzposition, Etad)
- iti : so (Iti)
- yoga-vidaḥ : die Yogakundigen (Yogavid)
- viduḥ : kennen, wissen (es, vid)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda gibt hier keine nähere Erklärung, wie vyutkrameṇa ("auseinander gehend, in umgekehrter Reihenfolge") zu verstehen ist. Es ist wohl gemeint, dass man sich auf beide Knöchel (Gulpha) setzt, wobei diese nicht zueinander zeigen, sondern beide jeweils nach oben weisen und rechts und links neben dem Anus (Guda) Druck ausüben. Die Stellung ähnelt dann dem Fersensitz (Vajrasana), in Kurmasana liegen die Fersen jedoch zueinander zeigend nahe beisammen, und die Zehen weisen nach außen.
In der Gheranda Samhita (2.32) wird Kurmasana in ganz ähnlichen Worten, jedoch noch etwas ausführlicher beschrieben:
- gulphau ca vṛṣaṇasyādho vyutkrameṇa samāhitau |
- ṛju-kāya-śiro-grīvaṃ kūrmāsanam itīritam ||2.32||
- "Beide Knöchel (Gulpha) unterhalb des Hodensacks (Vrishana, die Füße) auseinander weisend, (sitze man) konzentriert (Samahita),
- Körper (Kaya), Kopf (Shiras) und Nacken (Griva) gerade (haltend) – so wird Kurmasana beschrieben."
Kapitel 1 Vers 25 : Kukkutasana
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Übersetzung
- Nachdem man, den Lotussitz eingenommen habend, beide Unterarme zwischen Unter- und Oberschenkel
- gesteckt hat, (und) sich - in der Luft befindlich - auf dem Boden abstützt, (ist dies) die Hahnenstellung (Kukkutasana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- padmāsanam : den Lotussitz (Padmasana)
- tu : aber, wiederum (Tu)
- saṁsthāpya : eingenommen habend, herstellend (sam + sthā)
- jānūrvoḥ : Knie (Janu i.S. von Unterschenkel) und Oberschenkel (Uru)
- antare : zwischen (Antara)
- karau : beide Hände, Unterarme (Kara)
- niveśya : steckend (ni + viś)
- bhūmau : (und dann) auf die Erde, den Boden (Bhumi)
- saṁsthāpya : aufstellend, stützend
- vyoma-stham : (wenn man sich so nach oben drückt und) in der Luft befindet (Vyomastha)
- kukkuṭāsanam : (ist dies die) Hahnenstellung (Kukkutasana)
Erläuterungen
Das Neutrum vyoma-stham "in der Luft befindlich" kann hier adverbiell verstanden werden.
Zum Verständnis des Dvandva-Kompositums jānūrvoḥ (Genitiv Dual m.) vergl. die Anmerkung zu Vers 1.21 (Svastika).
Kapitel 1 Vers 26 : Uttanakurmasana
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Übersetzung
- Nachdem man die Hahnenstellung (Kukkutasana) eingenommen hat, (und) mit beiden Händen den Hals umfasst hat,
- sei man wie eine Schildkröte, die ihre Unterseite zeigt - das ist die auf dem Rücken liegende Schildkröte (Uttanakurmaka).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kukkuṭāsana-bandha-sthaḥ : sich in (der Ausgangs-)Position (Bandha in Form der) Hahnenstellung (Kukkutasana) befindend (Stha)
- dorbhyām : mit beiden Unterarmen (Dos hier i.S. von Händen)
- sambadhya : umschließend, umfassend (sam + bandh)
- kandharām : den Hals (Kandhara)
- bhavet : sei man, werde man (bhū)
- kūrma-vat : wie eine Schildkröte (Kurma)
- uttānaḥ : die ihre Unterseite zeigt bzw. "öffnet" (Uttana)
- etat : das, diese (Position heißt, Etad)
- uttāna-kūrmakam : Uttanakurmaka "die nach oben geöffnete (d.h. auf dem Rücken liegende oder aufgerichtete) Schildkröte"
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 27 : Dhanurasana
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Übersetzung
- Nachdem man mit beiden Händen beide großen Zehen ergriffen hat, führe man - bis an ein Ohr -
- das Heranziehen (der Sehne) eines Bogens aus. (Das) wird Bogenstellung (Dhanurasana) genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pādāṅguṣṭhau : beide großen Zehen ("Fuß-Daumen", Pada–Angushtha)
- tu : aber, wiederum (Tu)
- pāṇibhyām : mit beiden Händen (Pani)
- gṛhītvā : ergreifend, haltend (grah)
- śravaṇāvadhi : bis zu ("bis zur Grenze", Avadhi) einem Ohr (Shravana)
- dhanur-ākarṣaṇam : das Spannen, Heranziehen (Akarshana der Sehne eines) Bogens (Dhanus)
- kuryāt : man soll machen, ausführen (kṛ)
- dhanur-āsanam : Bogenstellung (Dhanurasana)
- ucyate : wird genannt (vac)
Erläuterungen
Aus Brahmanandas Kommentar wird deutlich, dass es sich nicht um die klassische, als "Bogen" bekannte Stellung Dhanurasana handelt. In der hier beschriebenen Stellung sitzt man im gestreckten Sitz, fasst beide großen Zehen jeweils mit einer Hand und hält einen Arm (ekaṃ pāṇim) und das Bein derselben Körperseite weiterhin ausgestreckt (prasāritaṃ kṛtvā). Dann zieht man die andere Hand (itaraṃ pāṇim), indem man den Arm beugt (ākuñcitaṃ kuryāt), samt Fuß bis zum Ohr (karṇa-paryantam), als wolle man einen Bogen (Dhanus) spannen: ekaṃ pāṇiṃ prasāritaṃ kṛtvā … itaraṃ pāṇiṃ karṇa-paryantam ākuñcitaṃ kuryāt. Die hier beschriebene Stellung ist auch als Akarshana Dhanurasana bekannt.
Kapitel 1 Vers 28 : Matsyendrasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Nachdem man den rechten Fuß auf den Ursprung des linken Oberschenkels aufgelegt hat,
- sowie den linken Fuß an die Außenseite des (rechten) Knies angelegt hat, (und mit der linken Hand den rechten Fuß oberhalb des Knöchels und mit der rechten Hand den linken Fuß) ergriffen hat,
- verweile man mit (nach links) gedrehtem Körper.
- Diese Körperstellung ist von dem erhabenen Matsya Natha gelehrt worden.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vāmoru-mūlārpita-dakṣa-pādam : den rechten (Daksha) Fuß (Pada), der auf den Ursprung, Ansatz (Mula) des linken (Vama) Oberschenkels (Uru) aufgelegt (Arpita) ist
- jānoḥ : des (rechten) Knies (Janu)
- bahiḥ : an die Außenseite ("außerhalb", Bahis)
- veṣṭita-vāma-pādam : den linken Fuß, der angelegt ("gewunden", Veshtita) ist
- pragṛhya : (entsprechend mit der linken bzw. rechten Hand) ergreifend (pra + grah)
- tiṣṭhet : verharre, verweile man (sthā)
- parivartitāṅgaḥ : mit (nach links) gedrehtem (Parivartita) Körper (Anga)
- śrī-matsya-nāthoditam : von dem erhabenen (Shri) Matsya Natha (Matsyendra, "Herr der Fische") gelehrt worden (Udita)
- āsanam : (diese) Körperstellung (Asana)
- syāt : ist ("sei", as)
Erläuterungen
Aus Brahmanandas detailliertem Kommentar zu diesem Vers wird diese komplexe Stellung in allen Einzelheiten klar: Man legt den rechten Fuß an den Ursprung des linken Oberschenkels, d.h. in die Leistengegend. Der linke Fuß wird an die Außenseite des rechten Knies (welches den Boden berührt) gestellt. Dann führt man den rechten Arm an der Außenseite des (aufgestellten) linken Knies vorbei und ergreift (pragṛhya) mit der rechten Hand (Pani) den (aufgestellten) linken Fuß, wodurch der Körper (Anga) einschließlich des Gesichts (Mukha) nach links gedreht (Parivartita) wird. Zudem führt man den linken Arm hinter dem Rücken (Prishtha) zum rechten Fuß und ergreift (pragṛhya) diesen (von rechts kommend) oberhalb des Knöchels (Gulpha). Im Anschluss soll die Stellung zur anderen Seite (gespiegelt), also nach rechts gedreht, ausgeführt werden.
Syntax: Das Absolutivum pragṛhya (wörtl.: "ergriffen habend") bezieht sich jeweils auf das Kompositum vāmoru-mūlārpita-dakṣa-pādam im erstem Pada und veṣṭita-vāma-pādam im zweiten Pada. In der hier beschriebenen Version von Matsyendrasana hält somit die linke Hand den rechten Fuß (oberhalb des Knöchels) und die rechte Hand den linken Fuß.
Kapitel 1 Vers 29 : Matsyendrasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Die Körperhaltung des Matsyendra ist eine Waffe zum Beseitigen einer Menge überaus schrecklicher Krankheiten,
- und verleiht den Menschen, aufgrund ihrer Praxis, das Aufflammen des Verdauungsfeuers, das Erwachen der Kundalini, und die Beständigkeit des Mond(nektar)s.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- matsyendra-pīṭham : die Körperhaltung ("Sitz", Pitha) des Matsyendra
- jaṭhara-pradīptim : das Aufflammen (Pradipti) des Magens, Verdauungsfeuers (Jathara)
- pracaṇḍa-rug-maṇḍala-khaṇḍanāstram : (ist) eine Waffe (Astra) zum) Beseitigen ("Zerstückeln", Khandana) einer Schar, Menge (Mandala) von überaus heftigen, grimmigen, schrecklichen, (Prachanda) Krankheiten (Ruj)
- abhyāsataḥ : aufgrund (ihrer) Praxis, durch das Üben (Abhyasa + Suffix -tas, hier i.S. des Ablativs)
- kuṇḍalinī-prabodham : das Erwachen (Prabodha) der Kundalini
- candra-sthiratvam : die Beständigkeit, Bewegungslosigkeit, Festigkeit (Sthiratva) des Mondes (Chandra, des "Tropfens" Bindu, des Nektars)
- ca : und (Cha)
- dadāti : (sie) gibt, verleiht, verursacht (dā)
- puṁsām : den Menschen (Pums)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass sich der "Mond" (Chandra) in der Region (Bhaga) oberhalb (Upari) des Gaumens (Talu) befindet (Sthita) und ständig (Nitya) herabtropft (kṣarataḥ). Die Stellung des Matsyendra bewirkt (dadāti) die Festigkeit (Sthiratva) bzw. das "Nichtsein" (Abhava) dieses Herabfließens (Ksharana): candrasya tāluna upari-bhāge sthitasya nityaṃ kṣarataḥ sthiratvaṃ kṣaraṇābhāvaṃ ca dadāti.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 92 behandelt.
Kapitel 1 Vers 30 : Pashchimatanasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Beide Beine auf der Erde wie zwei Stöcke ausgestreckt habend,
- mit beiden Händen die beiden Fußspitzen ergreifend,
- und den Bereich der Stirn auf die Knie ablegend
- verweile man - diese (Stellung) nennt man "Ausdehnung des Westens" (Pashchimatana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prasārya : ausgestreckt habend (pra + sṛ)
- pādau : beide Beine (Pada)
- bhuvi : auf der Erde, dem Erdboden (Bhu)
- daṇḍa-rūpau : (zweier) Stöcke (Danda) ähnlich der) Form (Rupa)
- dorbhyām : mit beiden Händen ("Unterarmen", Dos)
- padāgra-dvitayam : die zwei ("das Paar der", Dvitaya) Spitzen (Agra) der Füße (Pada)
- gṛhītvā : ergreifend, haltend ("ergriffen habend", grah)
- jānūpari-nyasta-lalāṭa-deśo : die Gegend, den Bereich (Desha) der Stirn (Lalata) über, auf (Upari) die Knie (Janu) ablegend (ni + as)
- vaset : verweile man (vas)
- idam : das, diese (Stellung, Idam)
- paścima-tānam : Dehnung, Ausdehnung (Tana) der (Körper-)Rückseite ("des Westens", Pashchima)
- āhuḥ : nennt man (ah)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass man mit den gekrümmten (Akunchita) Zeigefingern (Tarjani) der beiden Hände (Dos) den Bereich (Pradesha) der beiden (Yugma) großen Zehen (Angushtha greifen und) kräftig (Bala) heranziehen (Akarshana) soll: dorbhyām ākuñcita-tarjanībhyāṃ … aṅguṣṭha-pradeśa-yugmaṃ balād ākarṣana-purvakam. Die hier beschriebene Stellung ist auch als Pashchimottanasana bekannt.
Kapitel 1 Vers 31 : Pashchimatanasana
Versmaß: Aupachchhandasika
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Übersetzung
- In dieser Weise ist die Ausdehnung der Rückseite (Pashchimatana) die vorzüglichste der Körperstellungen,
- sie lässt die Lebensenergie durch die (Körper-)Rückseite fließen,
- bewirkt das Anwachsen des Verdauungsfeuers,
- Schlankheit und Gesundheit der Menschen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- iti : so, in dieser Weise (Iti)
- paścima-tānam : (ist) die Ausdehnung der Rückseite, des Westens (Pashchimatana)
- āsanāgryam : die vorzüglichste, beste, erste (Agrya) der) Sitzpositionen, Körperstellungen (Asana)
- pavanam : den Atem, die Lebensenergie Prana ("den Wind", Pavana)
- paścima-vāhinam : durch die Körper-)Rückseite (Pashchima, d.h. durch Sushumna) fließen ("fließend", Vahin)
- karoti : sie lässt ("macht", kṛ)
- udayam : das Emporsteigen, Anschwellen, Anwachsen (Udaya)
- jaṭharānalasya : des Feuers (Anala) des Magens (Jathara)
- kuryāt : sie bewirkt ("soll bewirken", kṛ)
- udare : im (Bereich des) Bauches (Udara)
- kārśyam : Schlankheit (Karshya)
- arogatām : Gesundheit ("Krankheitslosigkeit", Arogata)
- ca : und (Cha)
- puṁsām : der Menschen (Pums)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt paścima-vāhinam ("hinten fließend") im Sinne von "(die Lebensenergie) fließt (dann) durch die Sushumna": paścima-mārgeṇa suṣumnā-mārgeṇa vahatīti.
Kapitel 1 Vers 32 : Mayurasana
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
- Sich mit beiden Händen auf den Erdboden stützend,
- und sich mit den Ellenbogen der (beiden Arme) seitlich des Nabels stabilisierend
- (gerade wie) ein Stock hoch in die Luft erhoben verweilend -
- diese Körperstellung nennt man Pfau.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dharām : auf die Erde, den Erdboden (Dhara)
- avaṣṭabhya : sich stützend ("sich abgestützt habend ", ava + stabh)
- kara-dvayena : mit beiden ("mit dem Paar", Dvaya) Händen (Kara)
- tat-kūrpara-sthāpita-nābhi-pārśvaḥ : die Seiten, Flanken (Parshva) des Nabels (Nabhi) haltend, stabilisierend (sthā) mit den Ellenbogen (Kurpara) der (beiden Hände bzw. Arme, Tad)
- uccāsanaḥ : hoch, oben, in der Höhe (Uchcha) verweilend (Asana i.S.v. Verweilen)
- daṇḍa-vat : wie ein Stock (Danda)
- utthitaḥ : erhoben, aufgerichtet (Utthita)
- khe : in der Luft ("im Luftraum", Kha)
- māyūram : (Stellung) des Pfauen ("die zum Pfau gehörige", Mayura)
- etat : diese (Etad)
- pravadanti : nennt man (pra + vad)
- pīṭham : Körperstellung ("Sitz", Pitha)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 33 : Mayurasana
Versmaß: Malini
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Übersetzung
- Schnell verscheucht sie sämtliche Krankheiten wie Unterleibsgeschwulste, (Anschwellungen des) Bauches usw.
- und besiegt die (Störungen der drei) Doshas - die ehrwürdige Pfauenstellung.
- Sie verwandelt Nahrung, (bestehend in zu) vielen oder abgestandenen Speisen, (gleichsam) vollständig in Asche,
- bringt das Verdauungsfeuer zum Vorschein, und verdaut (sogar das Gift) Kalakuta.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- harati : verscheucht, überwältigt (hṛ)
- sakala-rogān : alle, sämtliche (Sakala) Krankheiten (Roga)
- āśu : schnell, geschwind (Ashu)
- gulmodarādīn : (wie z.B.) Unterleibsgeschwulst, vergrößerte Milz (Gulma, Anschwellung des) Bauches, (Udara) usw., und andere ("angefangen mit", Adi)
- abhibhavati : besiegt, überwältigt (adhi + bhū)
- ca : und (Cha)
- doṣān : (gestörte) Doshas ("Schaden, Fehler, Gebrechen", ein Übermaß an Vata, Pitta oder Kapha)
- āsanam : die Körperstellung (Asana)
- śrī-mayūram : ehrwürdiger (Shri) Pfau (Mayura)
- bahu-kad-aśana-bhuktam : Nahrung ("Gegessenes" Bhukta, bestehend in (zu) vielen (Bahu oder) abgestandenen (oder überlagerte "schlechte") Speisen, Ashana)
- bhasma : (zu) Asche (Bhasman)
- kuryāt : macht, verwandelt (kṛ)
- aśeṣam : vollständig, restlos (Ashesha)
- janayati : bringt hervor, erzeugt (jan)
- jaṭharāgni : das Feuer (Agni) des Magens, des Bauches (Jathara), das Verdauungsfeuer (Jatharagni)
- jārayet : verdaut (jṛ)
- kāla-kūṭam : (das Gift) Kalakuta ("Fallstrick des Todes")
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass "sie macht zu Asche" (Bhasman kuryāt) "sie verdaut" (pācayet) bedeutet, insofern die Verdauung mit einem Verbrennungsprozess verglichen wird: bhasma kuryāt pācayet.
In der traditionellen indischen Lehre des Ayurveda sowie in der tibetischen Medizin steht das "Feuer des Bauches" (Jatharagni) nicht nur für die transformierende Kraft des "Verdauungsfeuers", sondern auch für ein starkes und intaktes Imunsystem.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 88 behandelt.
Kapitel 1 Vers 34 : Shavasana
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Übersetzung
- Das Ruhen auf dem Erdboden, (auf dem Rücken) ausgestreckt wie ein Leichnam - das ist die Leichenstellung.
- Shavasana beseitigt (körperliche) Erschöpfung und bewirkt die Erholung des Geistes.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- uttānam : (auf dem Rücken) ausgestreckt (Uttana)
- śava-vat : wie ein Leichnam (Shava)
- bhūmau : auf der Erde, dem Erdboden (Bhumi)
- śayanam : das Liegen, Ruhen (Shayana)
- tad : das (ist, Tad)
- śava-āsanam : die Leichenstellung (Shavasana)
- śava-āsanam : die Leichenstellung
- śrānti-haram : beseitigt, nimmt fort (Hara) Ermüdung, Erschöpfung (Shranti)
- citta-viśrānti-kārakam : bewirkt, verursacht (Karaka) Erholung, Ruhe (Vishranti) des Geistes (Chitta)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 35 : Vier Sitzhaltungen
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Übersetzung
- 84 Körperstellungen wurden von Shiva gelehrt.
- Davon habe ich vier ausgewählt und bespreche sie als die wesentlichsten (Sitzpositionen).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- catur-aśīti : 84 (Chaturashiti)
- āsanāni : (Körper-)Stellungen (Asana)
- śivena : von Shiva
- kathitāni : wurden gelehrt, erwähnt (Kathita)
- ca : und, aber (Cha)
- tebhyaḥ : von diesen, aus diesen (Tad)
- catuṣkam : vier ("eine Gruppe von vier", Chatushka)
- ādāya : genommen, ausgewählt habend (ā + dā)
- sāra-bhūtam : als Hauptsache, als Bestes ("als das, was die Essenz ist", Sarabhuta)
- bravīmi : bespreche, beschreibe (brū)
- aham : ich (Aham)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 36 : Vier Sitzhaltungen
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Übersetzung
- Die besten vier (Sitzhaltungen heißen) so: "Vollkommene" (Siddha), "Lotus" (Padma), "Löwe" (Simha) und "Glückliche" (Bhadra).
- Und unter diesen verweile man (am besten) stets in der bequemen "Sitzhaltung der Vollkommenen" (Siddhasana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- siddham : (die Sitzhaltung der) Vollkommenen (Siddha)
- padmam : (die Sitzhaltung des) Lotus (Padma)
- tathā : ebenso, desgleichen (Tatha)
- siṁham : (die Sitzhaltung des) Löwen (Simha)
- bhadram : (die Sitzhaltung der) Glücklichen (Bhadra)
- vā : oder (auch, Va)
- iti : so (lauten, heißen Iti)
- catuṣṭayam : die vier ("die Gruppe der vier", Chatushtaya)
- śreṣṭham : besten (Sitzhaltungen, Shreshtha); oder als Adverb: am besten
- tatra : unter diesen (vier, Tatra)
- api : auch, sogar (Api)
- ca : und, aber (Cha)
- sukhe : (welche besonders) angenehm, bequem ist, Sukha)
- tiṣṭhet : man soll verweilen (sthā)
- siddhāsane : in der Sitzhaltung der Vollkommenen, im vollkommenen Sitz (Siddhasana)
- sadā : immer, stets (Sada)
Erläuterungen
Das Wort śreṣṭham kann syntaktisch als Adjektiv auf das Substantiv catuṣṭayam (Nom. Sg. n.) bezogen werden und bedeutet dann: "die besten vier" (Sitzhaltungen). Ebenso lässt sich śreṣṭham als Adverb auf das Verb tiṣṭhet beziehen: "am besten sitze man". Es ist sogar möglich, dass der Autor beide Bedeutungen im Blick hatte, und śreṣṭham in der jeweiligen Bedeutung sowohl auf den ersten wie auch auf den zweiten Halbvers bezogen werden soll.
Der Lokativ siddhāsane im vierten Pada zeigt an, dass auch die anderen im ersten Halbvers gebrauchten Bezeichnungen der Sitzhaltungen im Sinne von Padmasana, Simhasana und Bhadrasana zu verstehen sind.
Kapitel 1 Vers 37 : Siddhasana
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Man lege die (linke) Ferse fest an die Stelle des Dammes,
- und den (anderen) Fuß über das Glied. Das Kinn drücke man ganz fest auf die Brust.
- Unbeweglich, mit gezügelten Sinnen, schaue man unverwandten Blickes zwischen beide Brauen.
- Diese (Sitzhaltung), die das Öffnen der Tür zur Befreiung bewirkt, wird Siddhasana genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yoni-sthānakam : den Ort, die Stelle (Sthanaka) des Dammes, Beckenbodens ("des Ursprungs", Yoni)
- aṅghri-mūla-ghaṭitam : an die Ferse ("Fuß-Wurzel, Ursprung des Fußes", Anghrimula) angelegt, verbunden (Ghatita)
- kṛtvā : habend ("gemacht habend", kṛ)
- dṛḍham : fest (Dridha)
- vinyaset : man lege (vi + ni + as)
- meṇḍhre : oberhalb des Gliedes, über das Glied (Mendhra)
- pādam : Fuß (Pada)
- atha : und, nun, dann (Atha)
- ekam : einen (Eka)
- eva : wahrlich, nur (Eva)
- hṛdaye : auf der Brust ("der Herzgegend", Hridaya)
- kṛtvā : machend (kṛ)
- hanum : das Kinn (Hanu)
- su-sthiram : ganz fest, stabil (Susthira)
- sthāṇuḥ : aufrecht, unbeweglich (Sthanu)
- saṁyamitendriyaḥ : mit gesammelten, kontrollierten ("bezwungenen", sam + yam) Sinnen (Indriya)
- acala-dṛśā : unverwandt, unbeweglich (Achala) Blick ("Auge", Drish)
- paśyet : man schaue (paś)
- bhruvoḥ : beide Brauen (Bhru)
- antaram : zwischen (Antara)
- hi : weil (Hi)
- etat : diese (Sitzhaltung, Etad)
- mokṣa-kapāṭa-bheda-janakam : das Aufbrechen, Öffnen (Bheda) der Tür (Kapata) zur Befreiung (Moksha) bewirkt, verursacht (Janaka)
- siddhāsanam : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- procyate : sie wird genannt (pra + vac)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt die Bedeutung von Yoni, was hier "Damm" bedeutet, wie folgt: – "der Bereich (Pradesha) zwischen (Madhyama) Anus (Guda) und Geschlechtsorgan (Upastha), das (Tad) ist die Stelle (Sthana) des Dammes (Yoni)": gudopasthayor madhyama-pradeśaḥ yoni-sthanaṃ tat.
Der Kommentator fügt hinzu, dass im ersten Pada die Ferse (Anghrimula) des linken (Vama) Fußes (Charana) gemeint ist: aṅghrir vāmaś caraṇaḥ. Folglich liegt der rechte (Dakshina) Fuß (Pada) über dem Glied (Mendhra): dakṣiṇaṃ pādam ....
Kapitel 1 Vers 38 : Siddhasana
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Übersetzung
- Man lege den linken Knöchel über das Glied, und darüber
- den anderen Knöchel ebenso. Das ist Siddhasana.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- meṇḍhrāt : vom Glied (Mendhra)
- upari : über, oberhalb (Upari)
- vinyasya : (an)legend, platzierend (vi + ni + as)
- savyam : den linken (Savya)
- gulpham : Knöchel (Gulpha)
- tathā : ebenso, in gleicher Weise (Tatha)
- upari : darüber, über (diesen)
- gulphāntaram : den anderen (Antara) Knöchel
- ca : und (Cha)
- nikṣipya : legend ("gelegt habend", ni + kṣip)
- siddhāsanam : die Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- idam : (auch) dies (Idam)
- bhavet : ist, sei, soll sein (bhū)
Erläuterungen
Diese Variation von Siddhasana ist auch als Guptasana bekannt, da die beiden übereinandergelegten Knöchel das Geschlechtsteil verborgen (Gupta) halten (vgl. auch die Anmerkung zu Vers 1.39).
Kapitel 1 Vers 39 : Siddhasana
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Übersetzung
- Diese (Sitzposition) nennen (einige) Siddhasana, andere kennen sie als Vajrasana.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- etat : diese (Sitzposition, Etad)
- siddhāsanam : Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- prāhuḥ : nennt man ("sie nennen", pra + ah)
- anye : andere (Anya)
- vajrāsanam : (als) die Diamant-Sitzhaltung (Vajrasana)
- viduḥ : kennen (vid)
- muktāsanam : die (das Glied) nicht verbergende ("freigebende") Sitzhaltung (Muktasana)
- vadanti : nennen (vad)
- eke : einige (Eka)
- prāhuḥ : nennen
- guptāsanam : die (das Glied) verbergende Sitzhaltung (Guptasana)
- pare : (wieder) andere (Para)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda beschreibt die folgenden vier Varianten:
- 1. Siddhasana : die linke Ferse (Parshni) liegt am Damm (Yoni), die rechte Ferse über dem Glied (Mendhra)
- 2. Vajrasana : die rechte Ferse liegt am Damm, die linke Ferse über dem Glied
- 3. Muktasana : beide Fersen liegen übereinandergelegt am Damm, das Glied bleibt frei (Mukta)
- 4. Guptasana : beide Fersen liegen übereinandergelegt über dem Glied, dieses wird so verborgen bzw. "geschützt" (Gupta)
Kapitel 1 Vers 40 : Siddhasana
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Übersetzung
- Wie unter den Yama (genannten Regeln) maßvolles Essen, wie unter den Niyama (genannten Regeln) die Gewaltlosigkeit -
- so kennen die Vollkommenen Siddhasana als die allerbeste unter allen Sitzhaltungen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yameṣu : unter den Yama (genannten Regeln)
- iva : wie (Iva)
- mitāhāram : maßvolles Essen (Mitahara)
- ahiṁsā : Gewaltlosigkeit, Nichtschädigen (Ahimsa)
- niyameṣu : unter den Niyama (genannten Regeln)
- iva : wie
- mukhyam : erste, beste, wichtigste, vorzüglichste (Mukhya)
- sarvāsaneṣu : unter allen (Sarva) Sitzhaltungen, Körperstellungen (Asana)
- ekam : als die eine, einzige, alleinige (Eka)
- siddhāḥ : die Vollkommenen (Siddha)
- siddhāsanam : die Sitzhaltung der Vollkommenen, vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- viduḥ : (so) kennen (vid)
Erläuterungen
Im Vers 1.17 wurden sowohl Mitahara (maßvolles Essen) als auch Ahimsa (Gewaltlosigkeit) unter die zehn Yamas gezählt, während im vorliegenden Vers Ahimsa als wichtigster der Niyamas erwähnt wird. Dies deutet darauf hin, dass die Verse 17 und 18 nicht zum ursprünglichen Text gehören, sondern vermutlich aus späteren Kommentaren übernommen worden sind, die offenbar durch das Yogasutra (II, 30) beeinflusst waren. Dort wird Ahimsa als erster und wichtigster der (fünf) Yamas aufgelistet (vgl. auch die Anm. zu Vers 1.17).
Kapitel 1 Vers 41 : Siddhasana
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Übersetzung
- Unter den 84 Körperstellungen soll man gerade die vollkommene (Sitzhaltung, Siddhasana) immer praktizieren,
- (denn sie ist) ein Reinigungsmittel) hinsichtlich von Verunreinigungen der 72 000 (Energie-)Kanäle.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- catur-aśīti-pīṭheṣu : unter den 84 (Chaturashiti) Körperstellungen (Sitzhaltungen, Pitha)
- siddham : die vollkommene (Sitzhaltung, Siddha i.S.v. Siddhasana, vgl. Vers 1.36)
- eva : eben, gerade (Eva)
- sadā : immer, stets (Sada)
- abhyaset : man soll üben, praktizieren (abhi + as)
- dvā-saptati-sahasrāṇām : der 72 000 (Dvasaptatisahasra)
- nāḍīnām : der (Energie-)Kanäle (Nadi)
- mala-śodhanam : (denn sie ist) ein Reinigung(smittel, Shodhana) hinsichtlich von Verunreinigungen, Schmutz (Mala)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 116 behandelt.
Kapitel 1 Vers 42 : Siddhasana
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Übersetzung
- Über eine Dauder von zwölf Jahren hindurch das Selbst kontemplierend und maßvoll essend,
- erlangt ein Yogin aufgrund der regelmäßigen Praxis von Siddhasana Vollkommenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ātma-dhyāyī : (wer über das) Selbst (Atman) meditiert, kontempliert (dhyai)
- mitāhārī : (wer) maßvoll isst ("wessen Nahrung maßvoll ist", Mitaharin)
- yāvad-dvā-daśa-vatsaram : über (eine Dauer von, Yavat) zwölf (Dvadasha) Jahren (Vatsara)
- sadā : immer, stets (hier i.S.v. "regelmäßig", Sada)
- siddhāsanābhyāsāt : durch das Üben, Praktizieren (Abhyasa) der vollkommenen Sitzhaltung (Siddhasana)
- yogī : (solch) ein Yogin
- niṣpattim : Vollkommenheit, den höchsten Zustand (Nishpatti)
- āpnuyāt : erreicht, sollte erreichen (āp)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 43 : Siddhasana
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Übersetzung
- Was (wird) durch die vielen anderen Körperstellungen (gewonnen), wenn Siddhasana gemeistert ist?
- Wenn der Prana (genannte Körper-)Wind in der vollständigen Atemverhaltung (Kevala Kumbhaka) achtsam angehalten wird,
- entsteht ohne Anstrengung, ganz von selbst, der (Bewusstseins-)Zustand jenseits des Geistes (Unmani).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kim : was (wird gewonnen, Kim)
- anyaiḥ : andere (Anya)
- bahubhiḥ : durch viele (Bahu)
- pīṭhaiḥ : Körperstellungen ("Sitzhaltungen", Pitha)
- siddhe : gemeistert, vervollkommnet (Siddha)
- siddhāsane : (wenn die) vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- sati : ist (as)
- prāṇānile : (wenn) der Prana (genannte) (Körper-)Wind, Atem (Anila)
- sāvadhāne : aufmerksam, achtsam ("mit Aufmerksamkeit", Savadhana)
- baddhe : festgehalten, gehemmt, gestoppt (ist, Baddha)
- kevala-kumbhake : in der vollständigen (Kevala) Atemverhaltung (Kumbhaka)
- utpadyate : (dann) entsteht (ud + pad)
- nirāyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung (Nirayasa)
- svayam : von selbst (Svayam)
- eva : sogar, wahrlich (Eva)
- unmanī : jenseits des Geistes (Unmani)
- kalā : der Zustand ("Kunstfertigkeit, Sechzehntel", Kala)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 64 behandelt.
Kapitel 1 Vers 44 : Siddhasana
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Übersetzung
- Desgleichen, wenn allein Siddhasana stabil eingenommen wird,
- entstehen, ohne Anstrengung, ganz von selbst, die drei Verschlüsse (Bandha).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- tathā : ebenso, desgleichen, und (Tatha)
- ekasmin : allein (Eka)
- eva : wahrlich, ganz (Eva)
- dṛḍhe : fest, stabil, dauerhaft (Dridha)
- baddhe : eingenommen ("gebunden", Baddha)
- siddhāsane : (wenn) die vollkommene Sitzhaltung (Siddhasana)
- sati : ist ("seiend", Sat)
- bandha-trayam : die Dreiheit (Traya) der Verschlüsse (Bandha)
- anāyāsāt : ohne Anstrengung, ohne Ermüdung (Anayasa)
- svayam : von selbst (Svayam)
- eva : wahrlich, ganz
- upajāyate : (dann) entsteht (upa + jan)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda zählt die drei Verschlüsse (Bandhatraya) auf: Mula Bandha, Uddiyana Bandha und Jalandhara Bandha.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 80 behandelt.
Kapitel 1 Vers 45 : Siddhasana
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Übersetzung
- Keine Körperstellung ist Siddhasana vergleichbar, keine Atemverhaltung ist Kevala (Kumbhaka) vergleichbar.
- Keine Mudra gleicht Khecari, keine Meditation ist (der Konzentration auf den inneren) Klang vergleichbar.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- na : keine ("nicht ist eine", Na)
- āsanam : Körperstellung, Sitzhaltung (Asana)
- siddha-sadṛśam : (ist) der vollkommenen Sitzhaltung (Siddhasana) vergleichbar (Sadrisha)
- na : keine
- kumbhaḥ : Atemverhaltung ("Topf", Kumbha)
- kevalopamaḥ : (ist) vergleichbar (Upama) der vollständigen (Kevala)
- na : keine
- khe-carī-samā : gleicht (Sama) Khecari ("die im Luftraum wandelnde")
- mudrā : Mudra ("Siegel, Verschluss")
- na : keine
- nāda-sadṛśaḥ : (ist) vergleichbar (Sadrisha) (der Konzentration auf den inneren) Klang, Ton (Nada)
- layaḥ : Auflösung (des Geistes, Denkens), Ruhe, Ruhigstellung (Laya)
Erläuterungen
Das letzte Versviertel (na nāda-sadṛśo layaḥ) ist analog den parallelen Konstruktionen in den übrigen Versvierteln zu verstehen. Der Kommentator Brahmananda formuliert es so: "Es gibt (asti) keine (na) Auflösung (Laya, d.h. keine diese Auflösung bewirkende Ursache Hetu), die (der Konzentration auf den unangeschlagenen) Ton (Nada) vergleichbar (Sadrisha) ist" (nāda-sadṛśo layo laya-hetur nāsti).
In diesem Vers gibt der Autor Svatmarama eine Vorschau auf das "Beste" und aus seiner Sicht Nützlichste, das jeweils in den vier mit Asana, Pranayama, Mudra und Samadhi überschriebenen Kapiteln der HYP gelehrt wird.
Kapitel 1 Vers 46 : Padmasana
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel legend, und ebenso den linken (Fuß)
- auf den rechten Oberschenkel, (danach) beide großen Zehen hinterrücks mit beiden Händen (über Kreuz) fest ergreifend,
- das Kinn an die Brust legend, schaue man auf die Nasenspitze.
- Dies wird Lotussitz genannt, der den sich zügelnden (Yogis) die Vertreibung von Krankheiten verschafft.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vāmorūpari : auf (Upari) den linken (Vama) Oberschenkel (Uru)
- dakṣiṇam : den rechten (Dakshina)
- ca : und (Cha)
- caraṇam : Fuß (Charana)
- saṁsthāpya : legend ("gelegt habend", sam + sthā)
- vāmam : den linken (Fuß)
- tathā : und, ebenso (Tatha)
- dakṣorūpari : auf (Upari) den rechten (Daksha) Oberschenkel (Uru)
- paścimena : auf die hintere (hinter dem Rücken, Pashchima)
- vidhinā : Art und Weise (Vidhi)
- dhṛtvā : haltend, ergreifend ("ergriffen habend", dhṛ)
- karābhyām : mit beiden Händen (über Kreuz, Kara)
- dṛḍham : fest (Dridha)
- aṅguṣṭhau : beide großen Zehen (Angushtha)
- hṛdaye : an die Brust (die "Herzgegend", Hridaya)
- nidhāya : legend ("gelegt habend", ni + dhā)
- cibukam : das Kinn (Chibuka)
- nāsāgram : auf die Nasenspitze (Nasagra)
- ālokayet : man schaue (ā + lok)
- etat : das, diese (Sitzhaltung, Etad)
- vyādhi-vināśa-kāri : bewirkt, verschafft (Karin) die Vertreibung, Zerstörung (Vinasha) von Krankheiten (Vyadhi)
- yaminām : den (sich selbst) zügelnden, beherrschenden (Yogis, Yamin)
- padmāsanam : Lotussitz (Padmasana)
- procyate : wird genannt (pra + vac)
Erläuterungen
Diese Variante von Padmasana, bei der man mit hinter dem Rücken überkreuzten Armen die großen Zehen fasst, wird auch Baddha Padmasana genannt.
Kapitel 1 Vers 47 : Padmasana
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Übersetzung
- Beide Füße (mit den Fußsohlen) nach oben schauend auf dem (gegenüberliegenden) Oberschenkel sorgfältig zu liegen bringend,
- desgleichen beide Hände (mit den Handflächen) nach oben geöffnet auf die Mitte der Oberschenkel legend, dann beide Augen ...
- (Fortsetzung in Vers 48)
Wort-für-Wort-Übersetzung
- uttānau : (mit den Fußsohlen) nach oben schauend (Uttana)
- caraṇau : beide Füße (Charana)
- kṛtvā : bringend, veranlassend ("gemacht habend", kṛ)
- ūru-saṁsthau : (auf dem gegenüberliegenden) Oberschenkel (Uru) zu liegen ("befindlich", Samstha)
- prayatnataḥ : sorgfältig, nach Kräften (Prayatna)
- ūru-madhye : auf die Mitte (Madhya) der Oberschenkel (Uru)
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
- uttānau : (mit den Handflächen) nach oben geöffnet
- pāṇī : beide Hände (Pani)
- kṛtvā : legend ("gemacht habend")
- tataḥ : dann, danach (Tad)
- dṛśau : beide Augen (Drish, Fortsetzung Vers 48)
Erläuterungen
Die Verse 47 und 48 gehören inhaltlich und syntaktisch zusammen. Vers 48 setzt den im letzten Versviertel von Vers 47 mit tato dṛśau begonnenen Satz fort. Danach (tato) werden die Augen (dṛśau, Vers 47) auf die Nasenspitze (nāsāgre, Vers 48) gerichtet.
Die hier beschriebene Variante von Padmasana wurde laut dem Kommentator Brahmananda von Matsyendra Natha gelehrt (Abhimata): matsyendra-nāthābhimataṃ padmāsanam.
Kapitel 1 Vers 48 : Padmasana
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Übersetzung
- (Fortsetzung aus Vers 47)
- (... danach) richte man (beide Augen) auf die Nasenspitze, drücke mit der Zunge an den Ansatz der (oberen) Schneidezähne,
- (lege) das Kinn an die Brust, und lenke den Lebensatem ("Wind") langsam aufwärts.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- nāsāgre : auf die Nasenspitze (Nasagra)
- vinyaset : man richte (beide Augen, vi + ni + as)
- rāja-danta-mūle : an den Ursprung, den Ansatz ("die Wurzel", Mula) der (oberen) Schneidezähne ("Königs-Zähne", Rajadanta)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- jihvayā : mit der Zunge (Jihva)
- uttambhya : drückend ("gedrückt habend", ud + stambh)
- cibukam : das Kinn (Chibuka)
- vakṣasi : an die Brust (Vakshas)
- utthāpya : (aufwärts) lenkend ("heraufholend, austreibend, anregend", ud + sthā)
- pavanam : den Atem, (die Lebensenergie) Prana, ("Wind", Pavana)
- śanaiḥ : langsam (Shanais)
Erläuterungen
Vers 48 setzt den im letzten Pada von Vers 47 mit dṛśau "beide Augen" begonnenen Satz fort.
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass es sich hierbei um den Zungenverschluss (Jihva Bandha) handelt, dessen korrekte Ausführung nur aus dem Munde (Mukha) des Lehrers (Guru) zu erfahren (Avagantavya) ist: guru-mukhād avagantavyo’yaṃ jihvā-bandhaḥ.
Brahmananda ergänzt, dass das Aufwärtslenken des "Windes", also des Prana, mithilfe von Mula Bandha geschieht, welches ebenfalls nur vom Lehrer übermittelt wird: "damit (anena) wird auf Mula Bandha verwiesen (Prokta, anena mūla-bandhaḥ proktaḥ).
Kapitel 1 Vers 49 : Padmasana
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Übersetzung
- Das wird Lotussitz genannt. Er vertreibt alle Krankheiten,
- ist durch gewöhnliche Leute schwer zu erlangen, (aber) von einem Weisen wird er auf Erden erlangt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- idam : das, diese (Sitzposition, Idam)
- padmāsanam : Lotussitz (Padmasana)
- proktam : wird genannt (Prokta)
- sarva-vyādhi-vināśanam : (er) vertreibt ("vertreibend", Vinashana) alle (Sarva) Krankheiten (Vyadhi)
- dur-labham : (er ist) schwer zu erlangen, zu erreichen (Durlabha)
- yena kena api : durch welchen (gewöhnlichen Menschen) auch immer (Yad Ka Api)
- dhīmatā : (nur) von einem Weisen, Verständigen (Dhimat)
- labhyate : (er) wird erlangt (labh)
- bhuvi : auf Erden (Bhu)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 81 behandelt.
Kapitel 1 Vers 50 : Padmasana
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Ein Mensch, der den Lotussitz stabil eingenommen hat, beide Hände ineinander gelegt,
- das Kinn fest auf die Brust gelegt, und im Geist jenes (Brahman) kontempliert,
- immer wieder den nach unten fließenden Lebenshauch (Apana) aufwärts lenkt, und den eingeatmeten,
- nach oben fließenden Lebenhauch (Prana) abwärts lenkt, erlangt durch die Macht der göttlichen Energie (Shakti) unvergleichliche Einsicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kṛtvā : legend ("machend", kṛ)
- sampuṭitau : (in Form einer halbkugelförmigen Schale) ineinander ("zusammengefügt", Samputita)
- karau : beide Hände (Kara)
- dṛḍhataram : sehr fest, stabil (Dridha)
- baddhvā : eingenommen habend ("gebunden, aufgebaut habend", bandh)
- tu : aber, jedoch, wiederum (Tu)
- padmāsanam : den Lotussitz (Padmasana)
- gāḍham : fest, kräftig (drückend, Gadha)
- vakṣasi : auf die Brust (Vakshas)
- sannidhāya : legend (sam + ni + dhā)
- cibukam : das Kinn (Chibuka)
- dhyāyan : nachsinnend, meditierend, kontempliert (dhyai)
- ca : und (Cha)
- tat : (über) jenes (Brahman, Tad)
- cetasi : im Geist (Chetas)
- vāraṁ vāram : immer wieder, wiederholt (Vara)
- apānam : die nach unten fließende Lebensenergie (Apana bedeutet auf den Atmungsprozess bezogen auch das Ausatmen)
- ūrdhvam : aufwärts (Urdhva)
- anilam : Atem, Lebenshauch ("Wind", Anila)
- protsārayan : lenkend („wegtreibend“, pra + ud + sṛ)
- pūritam : (nach der Einatmung den) eingeatmenten ("gefüllten", Purita)
- nyañcan : nach unten lenkend ("niederbiegend", ni + ac)
- prāṇam : die nach oben fließende Lebensenergie (Prana bedeutet auf den Atmungsprozess bezogen auch das Einatmen)
- upaiti : erlangt, erreicht (upa + i)
- bodham : Erkenntnis, Einsicht, Wachheit, Erwachen (Bodha)
- atulam : unvergleichliche (Atula)
- śakti-prabhāvāt : durch die Macht, Wirkung (Prabhava) der (göttlichen) Energie (Shakti)
- naraḥ : ein Mensch (Nara)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass sich "jenes" (Tad), worüber man meditieren soll, entweder auf die Form (Rupa) der jeweiligen eigenen (Sva–Sva) Gottheit (Ishtadevata) oder (vā) das Brahman bezieht: tat sva-sveṣṭa-devatā-rūpaṃ brahma vā.
Kapitel 1 Vers 51 : Padmasana
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Übersetzung
- Ein Yogin aber, der sich im Lotussitz befindet, und den durch den (feinstofflichen Energie-)Kanal eingeatmeten
- Lebenshauch anhält, der ist befreit - hierüber (besteht) kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- padmāsane : im Lotussitz (Padmasana)
- sthitaḥ : (der) sich befindet, sitzt (Sthita)
- yogī : ein Yogin
- nāḍī-dvāreṇa : vermittels, durch ("durch das Tor", Dvara des feinstofflichen Energie-)Kanals (Nadi)
- pūritam : den eingeatmeten ("gefüllten", Purita)
- mārutam : Atem ("Wind, Luft", Maruta)
- dhārayet : (an)hält, zurückhält (dhṛ)
- yaḥ : welcher, der (Yad)
- tu : aber (Tu)
- saḥ : dieser, der (Tad)
- muktaḥ : (ist) befreit, erlöst (Mukta)
- na : nicht (besteht, Na)
- atra : hier(über, Atra)
- saṁśayaḥ : ein Zweifel (Samshaya)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erkärt, dass mit nāḍī-dvāreṇa ("durch den Kanal") hier der "Weg" (Marga) der Sushumna gemeint ist, über den der "Wind" (Maruta) zum Kopf bzw. Scheitel (Murdhan) geleitet wird (nītvā): mārutaṃ … suṣumnā-mārgeṇa mūrdhānaṃ nītvā.
Kapitel 1 Vers 52 : Simhasana
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Übersetzung
- Man lege beide Knöchel unterhalb des Hodensacks zu beiden Seiten des Dammes -
- den linken Knöchel auf die rechte und den rechten Knöchel auf die linke (Seite).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gulphau : beide Knöchel (Gulpha)
- ca : und, aber (Cha)
- vṛṣaṇasya : des Hodensacks (Vrishana)
- adhaḥ : unterhalb (Adhas)
- sīvanyāḥ : des Dammes (Perineums, Sivani)
- pārśvayoḥ : zu beiden Seiten (Parshva)
- kṣipet : man lege (kṣip)
- dakṣiṇe : auf die rechte (Seite, Dakshina)
- savya-gulpham : den linken (Savya) Knöchel (Gulpha)
- tu : aber (Tu)
- dakṣa-gulpham : den rechten (Daksha) Knöchel
- tu : jedoch
- savyake : auf die linke (Seite, Savyaka)
Erläuterungen
Die Verse 52 und 53 gehören inhaltlich zusammen. Die Knöchel bzw. Unterschenkel liegen somit über kreuz, und man sitz auf den Fersen.
Kapitel 1 Vers 53 : Simhasana
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Übersetzung
- Beide Hände auf beide Knie stützend und die Finger spreizend,
- schaue man mit (weit) geöffnetem Mund vollkommen konzentriert auf die Nasenspitze.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- hastau : beide Hände (Hasta)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- jānvoḥ : auf beide Knie (Janu)
- saṁsthāpya : legend, stützend ("gestützt habend", sam + sthā)
- svāṅgulīḥ : seine ("die eigenen", Sva) Finger (Anguli)
- samprasārya : spreizend, ausstreckend ("ausgestreckt habend", sam + pra + sṛ)
- ca : und (Cha)
- vyātta-vaktraḥ : den Mund (Vaktra) geöffnet (Vyatta)
- nirīkṣeta : man schaue (nir + īkṣ)
- nāsāgram : auf die Nasenspitze (Nasagra)
- su-samāhitaḥ : völlig, vollkommen ("schön", Su) konzentriert (Samahita)
Erläuterungen
Vers 53 setzt Vers 52 fort. Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass bei Simhasana aus dem geöffneten Mund (Mukha) die "züngelnde Zunge" (lalaj-jihva) herausgestreckt (samprasārita) wird: samprasārita-lalaj-jihva-mukhaḥ.
Kapitel 1 Vers 54 : Simhasana
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Übersetzung
- Das ist die Löwenstellung - von den Besten der Yogins geschätzt.
- Als hervorragende Sitzhaltung bewirkt sie die Verbindung der drei Verschlüsse (Bandha).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- siṁhāsanam : die Löwenstellung (Simhasana)
- bhavet : ist ("sei", bhū)
- etat : das, diese (Stellung, Etad)
- pūjitam : geehrt, geschätzt (Pujita)
- yogi-puṅgavaiḥ : von den Besten ("Stieren", Pungava) der Yogins
- bandha-tritaya-sandhānam : die Vereinigung, Verbindung (Sandhana) der drei ("Dreiheit", Tritaya) Verschlüsse (Bandha)
- kurute : sie bewirkt (kṛ)
- ca : und (Cha)
- āsanottamam : (als) hervorragende ("beste", Uttama) der Sitzhaltungen, Körperstellungen (Asana)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Sandhana ("Vereinigung, Verbindung") hier im Sinne von Sannidhana ("Anwesenheit, Dasein") zu verstehen ist: sandhānaṁ sannidhānaṁ kurute. Somit bewirkt die so ausgeführte Praxis von Simhasana zugleich das Setzen der drei Bandhas (vgl. Vers 44 zu Siddhasana).
Kapitel 1 Vers 55 : Bhadrasana
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Übersetzung
- Man platziere beide Knöchel unterhalb des Hodensacks zu beiden Seiten des Dammes,
- den linken Knöchel auf die linke, und den rechten Knöchel auf die rechte (Seite).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gulphau : beide Knöchel (Gulpha)
- ca : und, aber (Cha)
- vṛṣaṇasya : des Hodensacks (Vrishana)
- adhaḥ : unterhalb (Adhas)
- sīvanyāḥ : des Dammes (Perineums, Sivani)
- pārśvayoḥ : zu beiden Seiten (Parshva)
- kṣipet : man lege (kṣip)
- savya-gulpham : den linken (Savya) Knöchel
- tathā : und, ebenso (Tatha)
- savye : an, auf die linke (Seite)
- dakṣa-gulpham : den rechten (Daksha) Knöchel
- tu : jedoch (Tu)
- dakṣiṇe : an, auf die rechte (Seite, Dakshina)
Erläuterungen
Somit liegen beide Unterschenkel über kreuz.
Kapitel 1 Vers 56 : Bhadrasana
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Übersetzung
- Und indem man die beiden an den Seiten (des Dammes befindlichen) Füße fest mit beiden Händen ergriffen hält, völlig bewegungslos (sitzend),
- ergibt sich die glücksverheißende Stellung (Bhadrasana), das sämtliche Krankheiten vertreibt.
- Die vollkommenen (Siddha) Yogins nennen dies bekanntlich die Sitzhaltung des Goraksha (Gorakshasana).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pārśva-pādau : die beiden (an den) Seiten (Parshva, des Dammes befindlichen) Füße (Pada)
- ca : und (Cha)
- pāṇibhyām : mit beiden Händen (Pani)
- dṛḍham : fest (Dridha)
- baddhvā : verbindend, einschließend, umschließend ("umschlossen habend", bandh)
- su-niścalam : völlig bewegungslos, ganz unbeweglich (Su-Nishchala)
- bhadrāsanam : die glücksverheißende Stellung (Bhadrasana)
- bhavet : ist ("sei", bhū)
- etat : das, diese (Stellung, Etad)
- sarva-vyādhi-vināśanam : (sie) vertreibt (Vinashana) alle, sämtliche (Sarva) Krankheiten (Vyadhi)
- gorakṣāsanam : die Sitzhaltung des Goraksha ("Kuhhirtenstellung", Gorakshasana)
- iti : so (Iti)
- āhuḥ : nennen (ah)
- idam : sie ("das", Idam)
- vai : wahrlich, bekanntlich (Vai)
- siddha-yoginaḥ : die vollkommenen (Siddha) Yogins
Erläuterungen
Dieser Vers vervollständigt die Anweisungen für Bhadrasana aus dem vorangegangenen Vers 1.55.
Kapitel 1 Vers 57 : Zeitpunkt der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Wenn in dieser Weise bei den Körperstellungen und Verschlüssen ein hervorragender Yogi frei von Erschöpfung ist,
- soll er die Reinigung der (feinstofflichen Energie-)Kanäle praktizieren (in Form) von Reinigungspraktiken wie Mudras usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- evam : (wenn) in dieser Weise (Evam)
- āsana-bandheṣu : bei den Körperstellungen ("Sitzpositionen", Asana) und Verschlüssen (Bandha)
- yogīndraḥ : ein hervorragender ("Fürst", Indra) unter den Yogins
- vigata-śramaḥ : frei ("verschwunden, gewichen", Vigata) von Ermüdung, Erschöpfung, Anstrengung (Shrama) ist
- abhyaset : er soll üben, praktizieren (abhi + as)
- nāḍikā-śuddhim : die Reinigung (Shuddhi) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- mudrādi-pavana-kriyām : die Handlung (Kriya) des Blasens, Atmens, Reinigens (Pavana) der Mudras ("Siegel") usw. ("zum Anfang habend", Adi)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda versteht hier allerdings Bandha nicht als "Verschluss", sondern als die verschiedenen Arten (Prakara) von Asanas, die ebenfalls als Bandha bzw. Bandhana bezeichnet werden: āsana-bandheṣu bandhana-prakāreṣu.
Kapitel 1 Vers 58 : Übungsabfolge im Hatha Yoga
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Übersetzung
- Körperstellung, Atemverhaltung und verschiedene Mudra genannte Haltungen,
- dann das Richten der Aufmerksamkeit auf den (inneren) Ton - (so lautet) die Abfolge der Übungen im Hatha (Yoga).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- āsanam : Körperstellung (Asana)
- kumbhakam : Atemverhaltung (Kumbhaka)
- citram : verschieden(e Arten von, Chitra)
- mudrākhyam : Mudra ("Siegel") : genannt, mit Namen (Akhya)
- karaṇam : Haltung(en), Stellung(en, Karana)
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
- atha : dann, ferner (Atha)
- nādānusandhānam : das Richten der Aufmerksamkeit, Konzentration (Anusandhana) (auf den inneren, "unangeschlagenen") Klang, Ton (Nada)
- abhyāsānukramaḥ : (so lautet die) Reihenfolge, Abfolge (Anukrama) der Übungen, Praxis (Abhyasa)
- haṭhe : im Hatha(-Yoga)
Erläuterungen
Die Atemverhaltung (Kumbhaka) wird hier als zentrale Praxis des Pranayama aufgeführt, vgl. auch Verse 1.43 und 45.
Kapitel 1 Vers 59 : Voraussetzungen für eine erfolgreiche Praxis
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Übersetzung
- Einer, der Enthaltsamkeit pflegt, maßvoll isst, Entsagung übt, dessen Hauptzweck der Yoga ist,
- wird nach einem Jahr ein Vollkommener (Siddha) - hierüber besteht kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- brahma-cārī : einer, der Enthaltsamkeit pflegt ("im Brahman wandelt", Brahmacharin)
- mitāhārī : der maßvoll isst ("wessen Nahrung maßvoll ist", Mitaharin)
- tyāgī : der Entsagung, Verzicht übt, freigebig ist (Tyagin)
- yoga-parāyaṇaḥ : dessen höchstes Ziel, Hauptzweck (Parayana) der Yoga ist
- abdāt : (einem) Jahr (Abda)
- ūrdhvam : nach (Urdhva)
- bhavet : er wird, ist (bhū)
- siddhaḥ : ein Vollkommener (Siddha)
- na : nicht (Na)
- atra : hierüber (Atra)
- kāryā : ist angebracht ("ist zu tun", Karya)
- vicāraṇā : ein Zweifeln ("Bedenken", Vicharana)
Erläuterungen
Anmerkung: Der Kommentator Brahmananda gibt die folgenden beiden Bedeutungen von Tyagin an: ein "Entsagender" (tyāgī) ist einer, der freigebig ist – "dessen Gewohnheit (Shila) das Geben (Dana) ist" – oder (vā) einer, der (die Anhaftung an alle) Sinnesobjekte (Vishaya) aufgegeben hat (tyāgī dāna-śīlo viṣaya-parityāgī vā).
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 73 behandelt.
Kapitel 1 Vers 60 : Definition maßvoller Ernährung
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Übersetzung
- (Wenn) schön milde und süße Nahrung, wobei ein Viertel (des Magens) leer bleibt,
- zur Freude von Shiva gegessen wird - das wird maßvolle Ernährung genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- su-snigdha-madhurāhāraḥ : schön mild, weich, feucht (Susnigdha, im Ayurveda bedeutet Snigdha ölig, fetthaltig) (und) süß (Madhura) Nahrung (Ahara)
- caturthāṁśa-vivarjitaḥ : (wobei) der vierte (Chaturtha) Teil (Amsha) (des Magens) frei, leer (bleibt, Vivarjita)
- bhujyate : (wenn) gegessen wird, (bhuj)
- śiva-samprītyai : zur Freude (von), für die Befriedigung (von), aus Liebe (zu, Sampriti) Shiva
- mitāhāraḥ : maßvolle Ernährung ("Nahrung", Mitahara)
- saḥ : das, dies (Tad)
- ucyate : wird genannt (vac)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda zitiert in diesem Zusammenhang einen Vers, der besagt, dass zwei Teile (des Magens) mit fester Nahrung (Anna) gefüllt werden sollen, ein Teil mit Wasser (Toya), und der vierte Teil soll für die Luft bzw. die "Bewegungen des Windes" (Vayu) frei bleiben.
Kapitel 1 Vers 61 : Unzuträgliche Nahrungsmittel
Versmaß: Vasantatilaka
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Übersetzung
- Bitteres, Saures, Scharfes, Salziges, Erhitzendes, Chebulische Myrobalane, (grünes) Gemüse,
- saurer Gersten-, Reis- oder Weizenschleim, Öl bzw. Sesamöl, Sesamkörner, (brauner) Senf (oder Senföl), alkoholische Getränke, Fisch,
- Fleisch von Ziegen usw., Sauermilch, mit Wasser gemischte Buttermilch, Pferdebohnen, Chinesische Jujube, Brustbeere,
- Ölkuchen, Asant bzw. Asafoetida, Knoblauch usw. bezeichnet man als unzuträglich.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kaṭvāmla-tīkṣṇa-lavaṇoṣṇa-harīta-śāka-sauvīra-taila-tila-sarṣapa-madya-matsyān : bitter, scharf, beißend, (Katu) sauer (Amla) stechend, brennend, intensiv, scharf (Tikshna) salzig (Lavana) heiß, erhitzend (Ushna) Chebulische Myrobalane (Terminalia chebula, Harita) (grünes, schwer verdauliches) Gemüse, Kraut (Shaka) saurer Gersten-, Reis- oder Weizenschleim (Sauvira) Öl, Sesamöl (Taila) Sesam, Sesamkörner (Tila) (brauner) Senf (Sarshapa oder Senföl), alkoholische, berauschende Getränke (Madya) Fisch (Matsya)
- ājādi-māṁsa-dadhi-takra-kulattha-kola-piṇyāka-hiṅgu-laśunādyam: Fleisch (Mamsa) von Ziegen (Aja) usw., und anderen ("zum Anfang habend", Adi) molkehaltige, dicke Sauermilch, geronnene Milch (Dadhi) Buttermilch mit Wasser gemischt (im Verhältnis 1 : 1 oder 3 : 1, Takra) Pferdebohnen (Kulattha) Chinesische Jujube, Brustbeere (Ziziphus zizyphus, (Kola, Badara) Ölkuchen (die Reste ausgepresster ölhaltiger Früchte oder Körner wie Sesam usw., Pinyaka) Asant (Ferula assa-foetida, Hingu) sowie das aus dieser Pflanze gewonnene Gewürz Asafoetida, Knoblauch (Lashuna) all das ("dieses zum Anfang habend", Adya)
- apathyam : (als) nicht zuträglich, nicht förderlich, nicht heilsam, (Apathya)
- āhuḥ : sie nennen, bezeichnen (ah)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda liest zwar harīta-śāka (mit langem ī), versteht aber harita-śāka (mit kurzem i) im Sinne von "grünes Gemüse", was er mit pattra-śāka ("Blatt-Gemüse", Pattrashaka) erklärt. Das Versmaß (Vasantatilaka) dieses Verses lässt allerdings nur eine lange Silbe an dieser Stelle zu, was für die Richtigkeit der Lesung harīta-śāka (mit langem ī) spricht. Somit sind harīta und śāka als zwei getrennte Worte aufzufassen, wobei harīta für Haritaka bzw. Haritaki (Chebulische Myrobalane) steht. Shaka bedeutet "Gemüse, Kraut". Auch die Bedeutung harita-śāka "Meerettichbaum" (Shigru) scheidet aufgrund der hier nicht erlaubten Kürze des i aus.
Kapitel 1 Vers 62 : Unzuträgliche Nahrungsmittel
Versmaß: Arya
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Übersetzung
- Aufgewärmte und trockene Speisen soll man für einen solchen (intensiv praktizierenden Yogin) als ungeeignet erkennen.
- (Ebenso) ist allzu salzige, saure, abgestandene Speise und ein Übermaß an (grünem) Gemüse zu vermeiden.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- bhojanam : Speise, Nahrung, Essen (Bhojana)
- ahitam : (als) ungeeignet, schädlich (Ahita)
- vidyāt : man muss kennen (vid)
- punaḥ : wieder (Punar)
- asya : für einen solchen (Yogin, Idam)
- uṣṇī-kṛtam : die aufgewärmt ("warm gemacht") wurde (Ushna-Krita)
- rūkṣam : trocken ("rauh" Ruksha im Gegensatz zu Snigdha "glatt, feucht")
- ati-lavaṇam : allzu (Ati) salzig (Lavana)
- amla-yuktam : verbunden mit (Yukta) Säure, der sauren Geschmacksrichtung (Amla)
- kad-aśana-śākotkaṭam : ein Übermaß (an, Utkata) abgestandenen (oder überlagerten "schlechten", Kad) Speisen (Ashana) und (unterschiedlichen) Gemüsen (Shaka)
- varjyam : ist zu vermeiden (Varjya)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "trockener Speise" solche gemeint ist, der es an Ghee (Ghrita) usw. mangelt (Hina): rūkṣaṁ ghṛtādi-hīnam.
Kapitel 1 Vers 63 : Am Anfang der Praxis zu Meidendes
तथा हि गोरक्षवचनम् -
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tathā hi gorakṣa-vacanam -
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Übersetzung
- Am Anfang (der Übungspraxis) meide man das Aufsuchen von Feuer, Frauen und (langen) Wegen.
Denn so (lautet) ein Ausspruch Gorakshas:
- Man meide die Nähe schlechter Menschen, das Aufsuchen von Feuer, Frauen und (langen) Wegen,
- das Baden am frühen Morgen, Fasten u.ä. sowie Handlungen, die dem Körper Schmerzen verursachen,
Wort-für-Wort-Übersetzung
- vahni-strī-pathi-sevānām : das (gewohnheitsmäßige) Aufsuchen (von, Seva) Feuer (Vahni), Frauen (Stri), Wegen (in Form von langen Fußmärschen oder Pilgerfahrten, Pathi)
- ādau : zuerst, am Anfang (der Übungspraxis, Adi - gemeint ist ein "Anfänger")
- varjanam : das Vermeiden (Varjana)
- ācaret : er soll befolgen, üben (ā + car)
- tathā : ebenso, genau so (Tatha)
- hi : denn (Hi)
- gorakṣa-vacanam : (lautet der) Ausspruch (Vachana) von Goraksha
- varjayet : man vermeide (vṛj)
- durjana-prāntam : die Nähe (Pranta) von schlechten Menschen (Durjana)
- vahni-strī-pathi-sevanam : das (gewohnheitsmäßige) Aufsuchen (von, Sevana) Feuer (Vahni) Frauen (Stri) Wegen (in Form von langen Fußmärschen oder Pilgerfahrten, Pathi)
- prātaḥ-snānopavāsādi : das Baden (Snana) am frühen Morgen (Pratar) Fasten (Upavasa) usw., und ähnliches ("zum Anfang habend", Adi)
- kāya-kleśa-vidhim : Handlungen, Verrichtungen (Vidhi, mit daraus resultierenden) Schmerzen, Beschwerden (Klesha) des Körpers (Kaya)
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass die hier aufgeführten Handlungen (das Sitzen am Feuer bei Kälte, Geschlechtsverkehr und Pilgerfahrten) nur am Anfang (Adi) der Übungspraxis (Abhyasa) gänzlich zu meiden sind (tāsām varjanam). Wenn die Übungspraxis bereits fortgeschritten bzw. "erfolgreich" (Siddha) ist, sind diese Dinge wieder – "manchmal" (kadā-cit), also bei passender Gelegenheit und im richtigen Maße – erlaubt: tāsām varjanam ādāv abhyāsa-kāle siddhe 'bhyāse tu kadā-cit.
Zu vermeidende Handlungen (Kriya), die dem Körper Schmerzen verursachen, sind laut Brahmananda etwa das Ausführen sehr vieler (Bahu) Sonnengrüße (Suryanamaskara) oder das Tragen (Udvahana) vieler Lasten (Bhara): kriyāṃ bahu-sūrya-namaskārādi-rūpāṃ bahu-bhārodvahanādi-rūpāṃ ca.
Kapitel 1 Vers 64 : Zuträgliche Nahrungsmittel
Versmaß: Vasantatilaka
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Übersetzung
- Weizen, Reis, Gerste, Reis- oder Getreidesorten, die innerhalb von sechzig Tagen reifen, reine Speisen,
- Milch, geklärte Butter ([[Ghee), brauner Kandiszucker, frische Butter, weißer Kandiszucker, Honig,
- getrockneter Ingwer, die Frucht der Gurkenart Trichosanthes dioica und ähnlicher (Kürbisgewächse), die fünf Kräuter,
- Mungbohnen und ähnliche (Hülsenfrüchte) und Regenwasser sind zuträglich für einen ausgezeichneten Yogi.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- godhūma-śāli-yava-ṣāṣṭika-śobhanānnam : Weizen (Godhuma), Reis (Shali), Gerste (Yava), (Reis- oder Getreidesorten, die innerhalb von) sechzig (Tagen reifen, Shashtika) vorzügliche, reinigende, reine (Shobhana) Speise, Nahrung, Reis(sorten, Anna)
- kṣīrājya-khaṇḍa-navanīta-sitā-madhūni : Milch (Kshira), geklärte Butter, (Ghee, Ajya), grobkörniger Zucker, (brauner) Kandiszucker (Khanda), frische Butter (Navanita), weißer Kandiszucker (Sita) und Honig (Madhu)
- śuṇṭhī-paṭolaka-phalādika-pañca-śākam : (getrockneter) Ingwer, (Shringavera) die Frucht (Phala) der Gurkenart Trichosanthes dioica (Patola) usw., und ähnliches ("zum Anfang habend", Adika), die fünf (Pancha) Kräuter, Küchenkräuter (Shaka, s. Anm.)
- mudgādi : Mungbohnen (Mudga) usw., und ähnliche (Hülsenfrüchte, Adi)
- divyam : himmliches (vom Himmel fallendes, Divya)
- udakam : Wasser, Regenwasser, Udaka)
- ca : und (Cha)
- yamīndra-pathyam : (all das ist) zuträglich, heilsam (Pathya) für einen ausgezeichneten ("Fürsten", Indra) unter den sich zügelnden (Yogins, Yamin)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "vorzüglichen" (Shobhana) Speisen (Anna) "reine" bzw. "reinigende" (Pavitra) Nahrungsmittel gemeint sind: śobhanam annaṁ pavitrānnam.
Des weiteren zitiert er einen Vers, in dem fünf Kräuter (śāka-pañcaka) erwähnt werden, die "gut für die Augen" (cākṣuṣya) sind: Jivanti, Vastu (Vastuka), mūlyākṣī, Meghanada und Punarnava.
Kapitel 1 Vers 65 : Zuträgliche Nahrungsmittel
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Übersetzung
- Nahrhaftes, Süßes, mit Ghee Angereichertes, Kuhmilchprodukte, die Körpergewebe Nährendes,
- die Sinne Erfreuendes sollte ein Yogi als geeignete Nahrung verzehren.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- puṣṭam : nährend, reichhaltig (Pushta)
- su-madhura : schön (Su) süß (Madhura)
- snigdham : feucht, fettig, ölig (der Austrocknung entgegenwirkend, Snigdha)
- gavyam : Kuhmilch(produkte, Gavya)
- dhātu-prapoṣaṇam : die Körpergewebe (Dhatu) nährend (Poshana)
- manobhilaṣitam : vom Geist, Herzen, von den Sinnen (Manas) begehrt, gewünscht (Abhilashita)
- yogyam : passende, geeignete (Yogya)
- yogī : ein Yogin
- bhojanam : Nahrung (Bhojana)
- ācaret : sollte verzehren ("verwenden", ā + car)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass mit "Fettiges" (Snigdha) solche Nahrungsmittel gemeint sind, denen Ghee (Ghrita) beigemengt ist: snigdhaṃ sa-ghṛtam.
Der Sandhi im Kompositum mano-bhilaṣitam ergibt sich aus manas + abhilaṣitam, daraus mano'bhilaṣitam mit Wegfall von Avagraha (') für ausgefallenes a-.
Kapitel 1 Vers 66 : Bedeutung der Übungspraxis
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Übersetzung
- Ob jung, erwachsen oder sehr alt, ob krank oder schwach -
- durch Übung erreicht ein unermüdlich (Praktizierender) Erfolg in allen Yoga(techniken).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yuvā : jung (Yuvan)
- vṛddhaḥ : erwachsen, alt (Vriddha)
- ati-vṛddhaḥ : sehr (Ati) alt
- vā : oder (Va)
- vyādhitaḥ : krank (Vyadhita)
- dur-balaḥ : schwach (Durbala)
- api : aber, auch, sogar (Api)
- vā : oder
- abhyāsāt : durch Übung, regelmäßige Praxis (Abhyasa)
- siddhim : Erfolg, Vervollkommnung (Siddhi)
- āpnoti : (man) erreicht (āp)
- sarva-yogeṣu : in allen (Sarva) Yoga(techniken), Gliedern des Yoga
- a-tandritaḥ : ein unermüdlich, unverdrossen (Praktizierender, Atandrita)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass man aufgrund der Übungspraxis (Abhyasa) Erfolg (Siddhi) in Form (Rupa) der Frucht (Phala) des Samadhi erlangt (āpnoti): abhyāsāt … siddhiṃ samādhi-tat-phala-rūpām āpnoti. Ein Synonym für Samadhi ist der Begriff Rajayoga ("königlicher Yoga"), vgl. die Anm. zu Vers 70 sowie die Verse 3-4 des 4. Kapitels, wo weitere Bezeichnungen für den "höchsten Zustand" aufgeführt werden.
Brahmananda versteht unter Yoga hier die einzelnen Glieder (Anga) des (Hatha-)Yoga: sarveṣu yogeṣu yogāṅgeṣu (vgl. Vers 1.58).
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 110 behandelt.
Kapitel 1 Vers 67 : Bedeutung der Übungspraxis
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Übersetzung
- Dem Praktizierenden wird Erfolg zuteil - wie sollte dem Untätigen (Erfolg zuteil werden)?
- Durch bloßes Rezitieren der Lehrtexte entsteht kein Erfolg im Yoga.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kriyā-yuktasya : dem, der aktiv ("verbunden" ist, Yukta mit der Yoga-)Praxis ("Tätigkeit", Kriya)
- siddhiḥ : Erfolg, Vollkommenheit (Siddhi)
- syāt : wird zuteil ("sei", as)
- a-kriyasya : dem Untätigen (Erfolg zuteil werden, Akriya)
- katham : wie (Katham)
- bhavet : sollte (bhū)
- na : nicht (na)
- śāstra-pāṭha-mātreṇa : durch bloßes (Matra) Lesen, Rezitieren (Patha) der Lehrtexte, (Yoga-)Schriften (Shastra)
- yoga-siddhiḥ : Erfolg, Vollkommenheit (Siddhi) im Yoga
- prajāyate : entsteht, wird erzeugt (pra + jan)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 33 behandelt.
Kapitel 1 Vers 68 : Bedeutung der Übungspraxis
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Übersetzung
- Weder das Tragen von (bestimmter) Kleidung ist die Ursache des Erfolgs, noch das Reden darüber.
- Allein die Praxis ist die Ursache des Erfolgs - das ist die Wahrheit, kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- na : nicht (Na)
- veṣa-dhāraṇam : das Tragen (Dharana) von (bestimmter) Kleidung (Vesha)
- siddheḥ : des Erfolgs, der Vollkommenheit (Siddhi)
- kāraṇam : (ist) die Ursache (Karana)
- na : nicht
- ca : und, auch (Cha)
- tat-kathā : Rede, Gespräch, Unterhaltung (Katha) darüber (Tad)
- kriyā : Handlung, Tätigkeit, die (Yoga-)Praxis (Kriya)
- eva : nur, einzig (Eva)
- kāraṇam : (ist) die Ursache
- siddheḥ : des Erfolgs, der Vollkommenheit
- satyam : die Wahrheit (Satya)
- etat : das (ist, Etad)
- na : nicht (besteht hierüber)
- saṁśayaḥ : ein Zweifel (Samshaya)
Erläuterungen
Kapitel 1 Vers 69 : Frucht der Übungspraxis
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Übersetzung
- Die Körperstellungen, die verschiedenen Atemverhaltungen, und die wunderbaren Mudras
- haben in der Hatha (Yoga-)Praxis am Ende allesamt den Raja Yoga (genannten höchsten Bewusstseinszustand) als Frucht.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- pīṭhāni : Körperstellungen ("Sitz", Pitha)
- kumbhakāḥ : Atemverhaltungen (Kumbhaka)
- citrāḥ : die verschiedenen (Chitra)
- divyāni : himmliche, göttliche, wunderbare, magische (Divya)
- karaṇāni : Mudras ("Mittel", Karana)
- ca : und (Cha)
- sarvāṇi : alle, sämtliche (Sarva)
- api : auch (Api)
- haṭhābhyāse : in der Praxis (Abhyasa) des Hatha(-Yoga)
- rāja-yoga-phalāvadhi : haben als Ziel ("Grenze", Avadhi) die Frucht (Phala in Form) des königlichen Yoga (Raja Yoga)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass der (Zustand des) Rajayoga selbst (eva) die Frucht (Phala) des Hatha Yoga ist: rāja-yoga eva phalam. Zu einer Definition des Begriffes rāja-yoga vgl. die Anm. zu Kap. 4 Vers 103.
Kapitel 2 Vers 1 : Pranayama
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Übersetzung
- Wenn nun die Sitzhaltung stabil ist, der Yogi sich selbst (geistig und körperlich) beherrscht, und eine zuträglich und maßvolle Ernährung (einhält),
- möge er gemäß der von (seinem) Meister gelehrten Methode die (verschiedenen) Atemzügelungen praktizieren.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- atha : nun (Atha)
- āsane : (wenn) die Körperstellung, Sitzhaltung (Asana)
- dṛḍhe : fest, gefestigt, stabil (ist, Dridha)
- yogī : ein Yogin
- vaśī : der sich selbst (geistig und körperlich) beherrscht (Vashin)
- hita-mitāśanaḥ : dessen Nahrung (Ashana) zuträglich, heilsam, gut (Hita) und maßvoll ist (Mita)
- gurūpadiṣṭa-mārgeṇa : gemäß der Methode ("des Weges", Marga) die von seinem Lehrer, Meister (Guru) gelehrt wurde (Upadishta)
- prāṇāyāmān : die (verschiedenen) Atemzügelungen (Pranayama, hier Plural)
- samabhyaset : soll üben, praktizieren (sam + abhi + as)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 27 behandelt.
Kapitel 2 Vers 2 : Zweck der Atemverhaltung
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Übersetzung
- Wenn der Atem unstet ist, ist der Geist unstet. Wenn der Atem still steht, steht der Geist still.
- (Dann) erreicht der Yogi Bewegungslosigkeit. Deshalb soll man den Atem anhalten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- cale : unstet, beweglich (Chala)
- vāte : (ist der) Atem, Prana ("Wind", Vata)
- calam : unstet, beweglich
- cittam : (ist auch der) Geist (Chitta)
- niścale : (der Atem) unbeweglich (Nishchala)
- niścalam : (auch der Geist) unbeweglich
- bhavet : ist, wird (bhū)
- yogī : ein Yogin
- sthāṇutvam : Bewegungslosigkeit (das "Pfosten-Sein", Sthanutva)
- āpnoti : erreicht (āp)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- vāyum : den Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- nirodhayet : man soll anhalten ("einsperren", ni + rudh)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 32 behandelt.
Kapitel 2 Vers 3 : Zweck der Atemverhaltung
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Übersetzung
- Solange der (Lebens-)Atem sich im Körper befindet, wird das Leben genannt.
- Das Verschwinden dieses (Lebensatems wird) Tod (genannt). Deshalb soll man den Atem anhalten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yāvat : solange wie (Yavat)
- vāyuḥ : der (Lebens-)Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- sthitaḥ : sich befindet (Sthita)
- dehe : im Körper (Deha)
- tāvat : solange (Tavat)
- jīvanam : Leben (Jivana)
- ucyate : es wird genannt (vac)
- maraṇam : Sterben, Tod (Marana)
- tasya : dieses (Lebensatems, Tad)
- niṣkrāntiḥ : das Hinausgehen, Weichen, Verschwinden (Nishkranti)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- vāyum : den Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- nirodhayet : man soll anhalten ("einsperren", ni + rudh)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda definiert das "Leben" (Jivana) als die Verbindung (Samyoga) von Körper (Deha) und Lebensatem (Prana): deha-prāṇa-saṃyogasya. Das Hinausgehen (Nishkranti) von Prana aus dem Körper, also die Trennung (Viyoga) dieser beiden, wird "Sterben" (Marana) genannt (ucyate): tasya prāṇasya niṣkrāntir dehād viyogo maraṇam ucyate.
Kapitel 2 Vers 4 : Zweck der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Wenn die (feinstofflichen) Energiekanäle mit Verunreinigungen angefüllt sind, geht der (Lebens-)Atem gewiss nicht durch den mittleren (Kanal).
- Wie sollte (dann) der Zustand jenseits des Geistes (möglich) sein? Wie sollte (dann) das Erreichen des (höchsten) Zwecks (der Yogapraxis möglich) sein?
Wort-für-Wort-Übersetzung
- malākulāsu : mit Verunreinigungen (Mala) angefüllt sind (Akula)
- nāḍīṣu : (wenn die feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- mārutaḥ : der (Lebens-)Atem, [[Prana ("Wind", Maruta)
- na : nicht (Na)
- eva : gewiss (Eva)
- madhya-gaḥ : geht durch den mittleren (Kanal, Madhyaga)
- katham : wie (Katham)
- syāt : sollte (dann möglich) sein (as)
- unmanī-bhāvaḥ : der Zustand (Bhava) jenseits des Geistes (Unmani)
- kārya-siddhiḥ : der Erfolg, das Gelingen, Erreichen (Siddhi) der Absicht, des Zwecks (Karya)
- katham : wie
- bhavet : sollte (dann möglich) sein (bhū)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Prana "durch die Mitte geht" (Madhyaga), wenn er durch den Sushumna genannten Kanal ("Weg", Marga) fließt (vāhī): prāṇo madhya-gaḥ suṣumnā-mārga-vāhī.
Der letzte Zweck ([[Karya) des Hatha Yoga besteht laut Brahmananda "in Form" (Rupa) der absoluten Freiheit (Kaivalya), dessen Erfolg (Siddhi) besteht in deren Vervollkommnung (Nishpatti): kāryasya kaivalya-rūpasya siddhir niṣpattiḥ.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 115 behandelt.
Kapitel 2 Vers 5 : Zweck der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Wenn die Gesamtheit der verunreinigten (feinstofflichen) Energiekanäle gereinigt ist,
- erst dann wird der Yogi fähig, die Lebensenergie zu lenken (d.h. Pranayama zu praktizieren).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- śuddhim : Reinheit, Reinigung (Shuddhi)
- eti : erreicht ("geht", i)
- yadā : wenn (Yada)
- sarvam : die ganze, vollständige (Sarva)
- nāḍī-cakram : Menge, Gesamtheit ("Kreis", Chakra) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- malākulam : die mit Verunreinigungen (Mala) angefüllt (Akula) ist
- tadā : dann (Tada)
- eva : erst, nur (Eva)
- jāyate : wird (jan)
- yogī : der Yogin
- prāṇa-saṅgrahaṇe : zum Ansammeln, Beisichhalten, Lenken (Sangrahana) der Lebensenergie, des Prana
- kṣamaḥ : befähigt, geeignet (Kshama)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass Chakra ("Kreis") hier die Gesamtheit (Samuha) der Nadis meint: nāḍīnāṃ cakraṃ samūhaḥ.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 86 behandelt.
Kapitel 2 Vers 6 : Zweck der Reinigung der Nadis
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Übersetzung
- Daher soll man die Atemzügelung stets mit einem reinen Geist praktizieren,
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇāyāmam : Atemzügelung (Pranayama)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- kuryāt : man soll praktizieren (kṛ)
- nityam : stets (Nitya)
- sāttvikayā : mit reinem, klarem ("von der Qualität Sattva beherrschtem", Sattvika)
- dhiyā : Geist, Denken, Sinn (Dhi)
- yathā : damit, sodass (Yatha)
- suṣumṇā-nāḍī-sthā : die sich in (dem Energie-)Kanal (Nadi) Sushumna befinden (Stha)
- malāḥ : die Verunreinigungen (Mala)
- śuddhim : in die Reinheit (Shuddhi)
- prayānti : kommen, verschwinden (pra + yā)
- ca : und (Cha)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda definiert einen "sattvischen Geist" (sāttvikayā dhiyā) als einen, der den Charakter (Shila) des Lichts (Prakasha) und der ungetrübten Reinheit (Prasada) besitzt: sāttvikayā prakāśa-prasāda-śīlayā dhiyā.
Kapitel 2 Vers 7 : Wechselatmung
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Übersetzung
- Der Yogi, der den Lotussitz eingenommen hat, soll die Lebensenergie durch den Mond(kanal) einatmen.
- Nachdem er nach Vermögen (den Atem) angehalten hat, soll er durch den Sonne(nkanal) wieder ausatmen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- baddha-padmāsanaḥ : der den Lotussitz (Padmasana) eingenommen ("gebunden, Baddha) hat
- yogī : der Yogin
- prāṇam : den Atem, die Lebensenergie Prana
- candreṇa : durch den Mond(kanal, das linke Nasenloch, Chandra)
- pūrayet : soll einatmen ("füllen", pṝ)
- dhārayitvā : nachdem er (den Atem) angehalten hat (dhṛ)
- yathā-śakti : nach Vermögen ("wie es in seiner Macht steht", Yathashakti)
- bhūyaḥ : wieder (Bhuyas)
- sūryeṇa : durch den Sonne(nkanal, das rechte Nasenloch, Surya)
- recayet : soll ausatmen (ric)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda analysiert das adjektivische Kompositum (Bahuvrihi) baddha-padmāsanaḥ mit baddhaṁ padmāsanaṁ yena, d.h. "von dem (yena) der Lotussitz ([[Padmasana) eingenommen wurde (Baddha)". Es handelt sich hierbei nicht um den sogenannten "gebundenen Lotussitz" (Baddha Padmasana), in dem die hinter dem Rücken gekreuzten Arme bzw. Hände die großen Zehen festhalten.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 30 behandelt.
Kapitel 2 Vers 8 : Wechselatmung
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Übersetzung
- Und indem er die Lebensenergie durch den Sonne(nkanal) einatmet, fülle er langsam den Bauch.
- Nachdem er vorschriftsgemäß die Atemverhaltung ausgeführt hat, soll er durch den Mond(kanal) wieder ausatmen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇam : den Atem, die Lebensenergie Prana
- sūryeṇa : durch den Sonne(nkanal, das rechte Nasenloch, Surya)
- ca : und (Cha)
- ākṛṣya : einatmend, einziehend ("eingezogen habend", ā + kṛṣ)
- pūrayet : er soll anfüllen (pṝ)
- udaram : den Bauch (Udara)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- vidhi-vat : vorschriftsgemäß, der Anweisung entsprechend (Vidhivat)
- kumbhakam : die Atemverhaltung (Kumbhaka)
- kṛtvā : nachdem er ausgeführt hat (kṛ)
- punaḥ : wieder (Punar)
- candreṇa : durch den Mond(kanal, das linke Nasenloch, Chandra)
- recayet : er soll ausatmen (ric)
Erläuterungen
Das Absolutivum ākṛṣya, wörtlich "eingezogen habend", wird hier dem Kontext gemäß im Sinne der Gleichzeitigkeit "einziehend" verstanden.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 40 behandelt.
Kapitel 2 Vers 9 : Wechselatmung
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Übersetzung
- Durch welches (Nasenloch) er ausatmet soll er (wieder) einatmen, (den Atem) solange wie möglich anhalten,
- und danach durch das andere (Nasenloch) ganz langsam - nicht ruckartig - ausatmen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yena : durch welches (Nasenloch, Yad)
- tyajet : er (den Atem) entlässt (tyaj)
- tena : durch das(selbe, Tad)
- pītvā : eingeatmet habend (den Atem "eingesaugt habend", pā)
- dhārayet : halte er (den Atem) an (dhṛ)
- ati-rodhataḥ : solange wie möglich ("bis zum äußersten Grad des Anhaltens", Ati + Rodha + Suffix tas)
- recayet : er soll ausatmen (ric)
- ca : und (Cha)
- tataḥ : danach (Tatas)
- anyena : durch das andere (Nasenloch, Anya)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- eva : nur, ganz (Eva)
- na : nicht (Na)
- vegataḥ : ruckartig (Vega + Suffix tas)
Erläuterungen
Die drei Optative tyajet, dhārayet und recayet stehen in diesem Satz zusammen mit dem Absolutivum pītvā in der logischen zeitlichen Abfolge dieser Atemtechnik: Ausatmen (tyajet) - Einatmen (pītvā) - Halten (dhārayet) - Ausatmen (recayet).
Kapitel 2 Vers 10 : Wechselatmung
Versmaß: Shardulavikridita
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Übersetzung
- Wenn man den Atem durch das linke Nasenloch (Ida) einatmet, atme man den (zunächst) angehaltenen (Atem) durch das andere Nasenloch wieder aus.
- Nachdem man den Atem durch das rechte Nasenloch (Pingala) eingeatmet hat, entlasse man ihn dann, nachdem man ihn angehalten hat, durch den linken (Kanal).
- Sämtliche (feinstofflichen Energie-)Kanäle der auf diese Art (und Weise) durch den Sonnen- und Mond(kanal) regelmäßig praktizierenden, sich zügelnden (Yogis)
- sind nach drei Monaten rein.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇam : den Atem, die Lebensenergie Prana
- cet : wenn (Ched)
- iḍayā : durch Ida (den Mondkanal, das linke Nasenloch)
- pibet : man einatmet (den Atem "einsaugt", pā)
- niyamitam : den (bei gefüllter Lunge) angehaltenen (Atem, ni + yam)
- bhūyaḥ : wieder (Bhuyas)
- anyayā : durch den anderen (Kanal, das andere Nasenloch, Anya)
- recayet : man soll ausatmen (ric)
- pītvā : nachdem man eingeatmet hat ("eingesaugt" hat, pā)
- piṅgalayā : durch Pingala (den Sonnenkanal, das rechte Nasenloch)
- samīraṇam : den Atem ("Wind", Samirana)
- atha u : nun, dann (Atha + U)
- baddhvā : nachdem man angehalten hat (bandh)
- tyajet : man entlasse (ihn, tyaj)
- vāmayā : durch den linken (Kanal, das linke Nasenloch, Vama)
- sūryā-candramasoḥ* : durch den Sonnen- (Surya) und Mond(kanal, Chandramas)
- anena : auf diese (Idam)
- vidhinā : Art (und Weise, Vidhi)
- abhyāsam : (diese) Übung(spraxis, Abhyasa)
- sadā : stets, immer (Sada)
- tanvatām : ausführenden ("ausbreitenden", tan)
- śuddhāḥ : rein (Shuddha)
- nāḍi-gaṇāḥ : die Scharen (Gana) der feinstofflichen Energie-)Kanäle, Nadis
- bhavanti : werden, sind (bhū)
- yaminām : der sich zügelnden (Yogins, Yamin)
- māsa-trayāt : drei ("einer Dreiheit von", Traya) Monaten (Masa)
- ūrdhvataḥ : nach (Urdhva)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 11 : Steigerung der Atemverhaltungen
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Übersetzung
- Morgens, mittags, abends und zur Mitternacht - die Atemverhaltungen
- soll man vier mal praktizieren, allmählich bis auf 80 (pro Sitzung steigernd).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prātaḥ : morgens (Pratar)
- madhyan-dine : am Mittag (Madhyandina)
- sāyam : abends (Sayam)
- ardha-rātre : zur Mitternacht (Ardharatra)
- ca : und (Cha)
- kumbhakān : Atemverhaltungen (Kumbhaka)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (steigernd, Shanais)
- aśīti-paryantam : bis auf (Paryanta) 80 (Kumbhakas pro Sitzung, Ashiti)
- catur-vāram : vier (Chatur) mal (Vara)
- samabhyaset : man soll üben, praktizieren (sam + abhi + as)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass es sich jeweils um die Morgen- bzw. Abenddämmerung (Sandhya) handelt, also die Zeit vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang.
Kapitel 2 Vers 12 :
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Übersetzung
- Im niedrigsten (Stadium) entsteht Schweiß, im mittleren entsteht Zittern.
- Im höchsten (Stadium) erreicht man den (höchsten) Ort - daher soll man den Atem anhalten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kanīyasi : im niedrigsten ("geringsten" Stadium, Kaniyas)
- bhavet : es entsteht (bhū)
- svedaḥ : Schweiß (Sveda)
- kampaḥ : Zittern (Kampa)
- bhavati : es entsteht (bhū)
- madhyame : im mittleren (Stadium, Madhyama)
- uttame : im höchsten (Stadium, Uttama)
- sthānam : den (höchsten) Ort (Sthana, das Brahmarandhra)
- āpnoti : man erreicht (āp)
- tataḥ : daher, deshalb (Tatas)
- vāyum : den Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- nibandhayet : man soll anhalten (ni + bandh)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt, dass man im höchsten (Uttama) Stadium der in den Strophen 7 bis 10 beschriebenen Form des Pranayama das Brahmarandhra, den "Öffnung Brahmas" genannten Ort (Sthana), erreicht (āpnoti): uttame prāṇāyāme sthānam brahma-randhram āpnoti. Eine weitere Bedeutung von sthānam ist "vollkommene Ruhe", der "Stillstand" des Geistes.
Kapitel 2 Vers 13 :
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Übersetzung
- Mit dem durch die Anstrengung entstandenen Schweiß soll man den Körper einreiben.
- Dadurch entsteht Festigkeit und Leichtigkeit des Körpers.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- jalena : mit dem Schweiß ("Wasser", Jala)
- śrama-jātena : der durch die Anstrengung (Shrama) entstanden ist (Jata)
- gātra-mardanam : das Einreiben (Mardana) des Körpers (Gatra)
- ācaret : man soll durchführen (ā + car)
- dṛḍhatā : Festigkeit, Kräftigkeit (Dridhata)
- laghutā : Leichtigkeit (Laghuta)
- ca : und (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- tena : dadurch (Tad)
- gātrasya : des Körpers (Gatra)
- jāyate : entsteht (jan)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 14 :
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Übersetzung
- In der Anfangszeit des Praktizierens wird mit Milch und geklärter Butter (zubereitete) Nahrung empfohlen.
- Danach, wenn die Übungspraxis sich gefestigt hat, ist das Festhalten an derartigen Beschränkungen nicht (mehr erforderlich).
Wort-für-Wort-Übersetzung
- abhyāsa-kāle : Zeit (Kala) des Praktizierens (Abhyasa)
- prathame : in der ersten, anfänglichen (Prathama)
- śastam : wird empfohlen (Shasta)
- kṣīrājya-bhojanam : Nahrung (Bhojana, insbesondere Reis vermischt) mit Milch (Kshira) und) geklärter Butter (Ghee, Ajya)
- tataḥ : dann, danach (Tatas)
- abhyāse : (wenn) die Übungspraxis (Abhyasa)
- dṛḍhī-bhūte : sich gefestigt hat (Dridha-Bhuta)
- na : nicht (ist erforderlich, Na)
- tādṛṅ-niyama-grahaḥ : das Festhalten (Graha) an einer solchen, derartigen (Tadrish) Beschränkung (Niyama)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 15 :
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Übersetzung
- Wie ein Löwe, ein Elefant oder ein Tiger ganz allmählich gehorsam wird,
- genau so behandelt wird der Atem (gehorsam), anderenfalls tötet er den Praktizierenden.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yathā : wie (Yatha)
- siṁhaḥ : ein Löwe (Simha)
- gajaḥ : ein Elefant (Gaja)
- vyāghraḥ : ein Tiger (Vyaghra)
- bhavet : wird (bhū)
- vaśyaḥ : gehorsam, folgsam (Vashya)
- śanaiḥ śanaiḥ : ganz langsam, ganz allmählich (Shanais)
- tathā : so (Tatha)
- eva : genau (Eva)
- sevitaḥ : behandelt (Sevita)
- vāyuḥ : der Atem, Prana ("Wind", Vayu)
- anyathā : anderenfalls (Anyatha)
- hanti : er tötet (han)
- sādhakam : den Praktizierenden (Sadhaka)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 16 :
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Übersetzung
- Durch angemessene Atemzügelung kommt die Vernichtung jeglicher Krankheit zustande.
- Durch die Anwendung unangemessener Übungspraktiken entstehen sämtliche Krankheiten.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- prāṇāyāmena : Atemzügelung (Pranayama)
- yuktena : durch angemessene, richtige (Yukta)
- sarva-roga-kṣayaḥ : die Vernichtung (Kshaya) jeglicher (Sarva) Krankheit (Roga)
- bhavet : kommt zustande, wird sein (bhū)
- ayuktābhyāsa-yogena : durch die Anwendung (Yoga) unangemessener (Ayukta) Übung(spraktiken, Abhyasa)
- sarva-roga-samudgamaḥ : das Entstehen, Erscheinen (Samudgama) sämtlicher (Sarva) Krankheiten (Roga)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 17 :
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Übersetzung
- Schluckauf, Asthma und Husten sowie Kopf-, Ohren-und Augenschmerzen -
- die verschiedentlichsten Krankheiten entstehen aufgrund einer Übererregung des (Körper-)windes.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- hikkā : Schluckauf (Hikka)
- śvāsaḥ : Asthma (Shvasa)
- ca : und (Cha)
- kāsaḥ : Husten (Kasa)
- ca : und
- śiraḥ-karṇākṣi-vedanāḥ : Kopf- (Shiras), Ohren- (Karna) und Augen- (Akshi) Schmerzen (Vedana)
- bhavanti : entstehen (bhū)
- vividhāḥ : die verschiedentlichsten (Vividha)
- rogāḥ : Krankheiten (Roga)
- pavanasya : des Atems ("Windes", Pavana, aus ayurvedischer Sicht ist der Dosha Vata gemeint)
- prakopataḥ : aufgrund einer Reizung, Übererregung (Prakopa)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 18 :
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Übersetzung
- Ganz aufmerksam entlasse man den Atem, und ganz aufmerksam atme man ein.
- Ganz aufmerksam halte man (den Atem) an - auf diese Weise kann man Erfolg erreichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yuktaṃ yuktam : ganz aufmerksam, angemessen, richtig (Yukta)
- tyajet : man entlasse (tyaj)
- vāyum : den Atem ("Wind", Vayu)
- yuktaṃ yuktam : ganz aufmerksam, angemessen, richtig
- ca : und (Cha)
- pūrayet : man atme ein ("fülle", pṝ)
- yuktaṃ yuktam : ganz aufmerksam, angemessen, richtig
- ca : und
- badhnīyāt : man halte an ("binde fest", bandh)
- evam : so, auf diese Weise (Evam)
- siddhim : Vollkommenheit, Erfolg (Siddhi)
- avāpnuyāt : man kann erreichen (āp)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda ergänzt, dass das "Atem anhalten" (kumbh) auch mit dem Setzen von Jalandhara Bandha und den anderen Bandhas verbunden (Yukta) ist: jālandhara-bandhādi-yuktaṃ badhnīyāt kumbhayet.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 111 behandelt.
Kapitel 2 Vers 19 :
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Übersetzung
- Wenn aber die Reinheit der (feinstofflichen Energie-)Kanäle besteht, so gibt es äußerliche Anzeichen:
- dann entsteht gewiss Schlankheit und Schönheit des Körpers.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yadā : wenn (Yada)
- tu : aber (Tu)
- nāḍī-śuddhiḥ : die Reinheit (Shuddhi) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
- syāt : besteht, vorhanden ist (as)
- tathā : so, in diesem Maße (Tatha)
- cihnāni : Anzeichen, Zeichen (Chihna)
- bāhyataḥ : äußerliche ("von außen", Bahyatas)
- kāyasya : des Körpers (Kaya)
- kṛśatā : Schlankheit (Krishata)
- kāntiḥ : Anmut, Schönheit, Glanz (Kanti)
- tadā : dann (Tada)
- jāyate : entsteht (jan)
- niścitam : gewiss, sicher (Nishchita)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 20 :
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Übersetzung
- Das Anhalten des Atems nach Belieben, das Entfachen des (Verdauungs-)Feuers,
- das Offenbarwerden des (inneren) Klanges sowie Gesundheit entstehen aufgrund der Reinigung der (feinstofflichen Energie-)Kanäle.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- yatheṣṭam : nach Belieben ("wie gewünscht", Yatheshta)
- dhāraṇam : das Anhalten (Dharana)
- vāyoḥ : des Atems, von Prana ("Windes", Vayu)
- analasya : des (Verdauungs-)Feuers (Anala)
- pradīpanam : das Auflodern, Entfachen (Pradipana)
- nādābhivyaktiḥ : das Offenbarwerden, Erscheinen (Abhivyakti) des (inneren, "unangeschlagenen") Klanges (Nada)
- ārogyam : Gesundheit ("Nichtkrankheit", Arogya)
- jāyate : entsteht (jan)
- nāḍi-śodhanāt : aufgrund der Reinigung (Shodhana) der (feinstofflichen Energie-)Kanäle (Nadi)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 21 :
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Übersetzung
- Jemand mit einem Überschuss an Fett und Schleim sollte vor (der Pranayama-Praxis) die sechs (Reinigungs-)Handlungen durchführen.
- (Jeder) andere jedoch sollte diese aufgrund der (bereits bestehenden) Ausgeglichenheit der Doshas nicht durchführen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- meda-śleṣmādhikaḥ : jemand mit einem Überschuss (Adhika) an Fett (Meda) und Schleim (Shleshman bzw. dem Kapha genannten Dosha)
- pūrvam : vorher, vor (der Pranayama-Praxis, Purva)
- ṣaṭ-karmāṇi : die sechs (Shash Reinigungs-)Handlungen (Karman)
- samācaret : sollte durchführen (sam + ā + car)
- anyaḥ : ein anderer (Anya)
- tu : aber, jedoch (Tu)
- na : nicht (Na)
- ācaret : sollte durchführen (ā + car)
- tāni : diese (Tad)
- doṣāṇām : der (drei) Humore (Dosha)
- sama-bhāvataḥ : aufgrund der (bereits bestehenden) Ausgeglichenheit (Samabhava + tas)
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erläutert das Wort pūrvam "vorher" in dem Sinne, dass hier "vor (Prak) der Praxis (Abhyasa) des Pranayama" gemeint ist: prāṇāyāmābhyāsāt prāk.
Kapitel 2 Vers 22 :
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Übersetzung
- Dhauti, Vasti, ebenso Neti, Trataka sowie Nauli und
- Kapalabhati - diese nennt man die sechs (Reinigungs-)Handlungen.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dhautiḥ : Dhauti ("Quelle, Bach")
- vastiḥ : Vasti ("Klistierblase")
- tathā : und, ebenso, desgleichen (Tatha)
- netiḥ : Neti (das "Hindurchführen")
- trāṭakam : Trataka (unverwandtes Schauen)
- naulikam : Nauli (Kreisen der Bauchmuskulatur)
- tathā : und, ebenso, desgleichen
- kapāla-bhātiḥ : Kapalabhati ("das Leuchten des Schädels")
- ca : und (Cha)
- etāni : diese (Etad)
- ṣaṭ-karmāṇi : die sechs (Shash Reinigungs-)Handlungen (Karman)
- pracakṣate : man nennt (pra + cakṣ)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 23 :
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Übersetzung
- Diese Sechsergruppe von (Reinigungs-)Handlungen, die das Reinigen des Körpers bewirkt, ist geheim zu halten.
- Sie verleiht wunderbare Eigenschaften und wird von den Vortrefflichsten der Yogis verehrt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- karma-ṣaṭkam : die Sechsergruppe (Shatka) von (Reinigungs-)Handlungen (Karman)
- idam : diese (Idam)
- gopyam : ist zu hüten, zu verbergen, geheim zu halten (Gopya)
- ghaṭa-śodhana-kārakam : die das Reinigen (Shodhana) des Körpers ("Topfes, Kruges", Ghata) bewirkt, verursacht (Karaka)
- vicitra-guṇa-sandhāyi : die verschiedenartige, wunderbare (Vichitra) Eigenschaften (Guna) verleiht, in sich vereinigt (Sandhayin)
- pūjyate : wird verehrt (pūj)
- yogi-puṅgavaiḥ : von den Vortrefflichsten ("Stieren", Pungava) der Yogis (Yogin)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 24 : Dhauti
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Übersetzung
- Einen vier Finger breiten, fünfzehn Ellen langen
- befeuchteten Stoff(streifen) verschlucke man langsam nach der von seinem Meister gelehrten Methode,
- und ziehe ihn wieder heraus - das wird Dhauti-Anwendung genannt.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- catur-aṅgula-vistāram : vier (Chatur) Finger (Angula) breit ("die Breite habend von", Vistara)
- hasta-pañca-daśāyatam : fünfzehn (à 46 cm ergibt eine Länge von 6,90 m, Panchadasha) Ellen ("Hand" inklusive Unterarm, 1 Hasta ~ 46 cm) lang (Ayata)
- gurūpadiṣṭa-mārgeṇa : nach der Methode ("Weg", Marga) die vom (eigenen) Lehrer, Meister (Guru) gelehrt wurde (Upadishta)
- siktam : einen befeuchteten (Sikta)
- vastram : Stoff(streifen, Vastra)
- śanaiḥ : langsam, allmählich (Shanais)
- graset : man verschlucke (gras)
- punaḥ : wieder (Punar)
- pratyāharet : man ziehe heraus (prati + ā + hṛ)
- ca : und (Cha)
- etat : diesen (Etad)
- uditam : wird genannt (Udita)
- dhauti-karma : Dhauti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- tat : das, diese (Tad)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 25 : Dhauti
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Übersetzung
- Husten, Asthma, Milz(krankheiten) und Aussatz und 20 (weitere) Kapha-Störungen
- verschwinden gewiss durch die Wirkung der Dhauti-Anwendung - (hierüber besteht) kein Zweifel.
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kāsa-śvāsa-plīha-kuṣṭham : Husten (Kasa), Asthma (Shvasa) Milz(vergrößerung), Milz(krankheiten, Plihan) und Aussatz, Lepra (Kushtha)
- kapha-rogāḥ : Krankheiten (Roga, bedingt durch gestörtes bzw. übermäßiges) Kapha
- ca : und (Cha)
- viṁśatiḥ : zwanzig (Vimshati)
- dhauti-karma-prabhāveṇa : durch die Wirkung (Prabhava) der Dhauti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- prayānti : vergehen, verschwinden (pra + yā)
- eva : gewiss (Eva)
- na : nicht (besteht hierüber, Na)
- saṁśayaḥ : ein Zweifel (Samshaya)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 26 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- nābhi-daghna-jale : im Wasser (Jala) reichend bis an (Daghna) den Nabel (Nabhi)
- pāyau : in den Anus (Payu)
- nyasta-nālotkaṭāsanaḥ : ein Röhrchen (Nala) eingeführt habend (Nyasta) und in Utkatasana bzw. Utkutakasana, der Hockstellung (befindlich)
- ādhārākuñcanam : das Kontrahieren, Zusammenziehen (Akunchana) des (Becken-)Bodens (Adhara)
- kuryāt : man führe aus (kṛ)
- kṣālanam : Waschen (Kshalana)
- vasti-karma : (ist) die Basti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- tat : dieses (Tad)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 27 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- gulma-plīhodaram : krankhafte Anschwellungen im Unterleib, Unterleibsgeschwulste (Gulma), Milz(vergrößerung), Milz(krankheiten, Plihan)
und (Wasser-)Bauch, (Anschwellungen des) Bauchs (Udara)
- ca : und (Cha)
- api : auch, sogar (Api)
- vāta-pitta-kaphodbhavāḥ : (Krankheiten mit) Ursprung (Udbhava in gestörtem) Vata ("Wind), Pitta ("Galle") und Kapha ("Schleim")
- vasti-karma-prabhāveṇa : durch die Wirkung (Prabhava) der Vasti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman)
- kṣīyante : verschwinden (kṣi)
- sakalāmayāḥ : all (diese, Sakala) Krankheiten (Amaya)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 28 :
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- dhātvindriyāntaḥ-karaṇa-prasādam : Klarheit, Reinheit, Ungetrübtheit (Prasada) der Körpergewebe ("Element, Bestandteil", Dhatu), der Sinnesorgane (Indriya) und des inneren Organs (Antahkarana)
- dadyāt : verleiht (dā)
- ca : und (Cha)
- kāntim : Anmut, Schönheit, Glanz (Kanti)
- dahana-pradīptim : das Auflodern, Entfachen (Pradipti) des Verdauungs-)Feuers (Dahana)
- aśeṣa-doṣopacayam : eine (unerwünschte) Zunahme, Vermehrung (Upachaya) sämtlicher (Ashesha) Humore (Dosha)
- nihanyāt : senkt ("sollte niederschlagen", ni + han)
- abhyasyamānam : (wenn sie regelmäßig) ausgeführt, praktiziert wird (abhi + as)
- jala-vasti-karma : die Vasti-Anwendung, (Reinigungs-)Handlung (Karman) (unter Verwendung von) Wasser (Jala)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 29 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- sūtram : einen Faden (Sutra)
- vitasti-su-snigdham : eine Spanne (lang, ca. 23 cm, Vitasti) und sehr weich, ganz glatt (Snigdha)
- nāsā-nāle : in den Gang ("die Röhre", Nala) der Nase (Nasa)
- praveśayet : man soll einführen (pra + viś)
- mukhāt : aus dem Mund (Mukha)
- nirgamayet : man soll (wieder) herausführen (nir + gam)
- ca : und (Cha)
- eṣā : dies ("diese", Etad)
- netiḥ : Neti
- siddhaiḥ : von den Vollkommenen (Siddha)
- nigadyate : wird genannt (ni + gad)
Erläuterungen
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 35 behandelt.
Kapitel 2 Vers 30 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- kapāla-śodhinī : reinigt (Shodhana) den Schädel (Kapala)
- ca : und, auch (Cha)
- eva : gewiss (Eva)
- divya-dṛṣṭi-pradāyinī : verleiht (Pradayin) himmliche, göttliche (Divya) Sicht (Drishti)
- jatrūrdhva-jāta-rogaugham : Menge ("Flut", Ogha) der Krankheiten (Roga) die oberhalb (Urdhva) Schlüsselbeine (Jatru) entstanden sind (Jata)
- netiḥ : Neti
- āśu : geschwind, schnell (Ashu)
- nihanti : vertreibt (ni + han)
- ca : und
Erläuterungen
Der Kommentator Brahmananda erklärt "göttliche Sicht" (divya-dṛṣṭi) als ein Sehen (Drishti), das feinstoffliche (Sukshma, also für gewöhnlich unsichtbare) Dinge (Padartha), erfasst (grāhiṇīṃ): sūkṣma-padārtha-grāhiṇīṃ dṛṣṭiṃ.
Dieser Vers wird hinsichtlich seiner Grammatik und Metrik ausführlich im Sanskrit Kurs Lektion 29 behandelt.
Kapitel 2 Vers 31 : Trataka
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Wort-für-Wort-Übersetzung
- nirīkṣet : man schaue (nir + īkṣ)
- niścala-dṛśā : mit bewegungslosem, starrem (Nishchala) Blick (Drish)
- sūkṣma-lakṣyam : auf ein kleines (Sukshma) Objekt ("Ziel", Lakshya)
- samāhitaḥ : konzentriert (Samahita)
- aśru-sampāta-paryantam : bis (Paryanta) zum Erscheinen ("Fallen", Sampata) von Tränen (Ashru)
- ācāryaiḥ : von den Lehrern (Acharya)
- trāṭakam : Trataka
- smṛtam : wird genannt ("erinnert als", Smrita)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 32 : Trataka
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mocanam : (bedeutet) Befreiung (Mochana)
- netra-rogāṇām : von Krankheiten (Roga) der Augen (Netra)
- tandrādīṇām : Mattigkeit, Erschlaffung, Abspannung, Trägheit (Tandra) und anderer ("zum Anfang habend", Adi)
- kapāṭakam : (und ist wie ein schützendes) Tor (Kapataka)
- yatnataḥ : sorgfältig, sorgsam (Yatna + tas)
- trāṭakam : Trataka
- gopyam : sollte gehütet, verborgen werden (Gopya)
- yathā : wie (Yatha)
- hāṭaka-peṭakam : ein Kästchen (Petaka) für Gold (Hataka)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 33 : Nauli
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- amandāvarta-vegena : mit der Geschwindigkeit (Vega) eines munteren ("nicht trägen", Amanda) Wasserstrudels (Avarta)
- tundam : den Bauch, Nabel (Tunda)
- savyāpasavyataḥ : nach links (Savya) und nach rechts (Apasavya)
- natāṁsaḥ : (einer, dessen) Schultern (Amsa) vorgebeugt sind (Nata)
- bhrāmayet : drehe, rotiere (bhram)
- eṣā : das ("diese", Etad)
- nauliḥ : Nauli
- siddhaiḥ : von den Vollkommenen (Siddha)
- praśasyate : wird genannt ("gepriesen als", pra + śas)
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 34 : Nauli
Versmaß: Upajati
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- mandāgni-sandīpana-pācanādi-sandhāyikā : verleiht, bewirkt (Sandhayika) das Entfachen, Auflodern (Sandipana) eines trägen (Manda) (Verdauungs-)Feuers (Agni), eine (gute) Verdauung ("das Kochen", Pachana) usw., und anderes mehr (Adi)
- ānanda-karī : bewirkt Glückseligkeit (Ananda-Kara)
- sadā : immer, stets (Sada)
- eva : gewiss (Eva)
- aśeṣa-doṣāmaya-śoṣaṇī : verscheucht, vernichtet ("trocknet aus", Shosha) aller (drei, "sämtlicher", Ashesha Störungen) der Humore (Dosha) und Krankheiten (Amaya)
- ca : und (Cha)
- haṭha-kriyā-mauliḥ : (ist) die Krone (Mauli) der genannten Reinigungs-)Handlungen (Kriya) des Hatha(-Yoga)
- iyam : diese (Iyam)
- ca : und
- nauliḥ : Nauli
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 35 : Kapalabhati
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- bhastrā-vat : wie (bei einem) Blasebalg (Bhastra)
- loha-kārasya : eines Schmiedes ("Eisen-Machers", Lohakara)
- reca-pūrau : die Ausatmung (Recha) und die Einatmung (Pura)
- sa-sambhramau : (werden) schnell ("mit Eile" ausgeführt, Sa-Sambhrama)
- kapāla-bhātiḥ : Scheinen, Leuchten (Bhati des) Schädels (Kapala)
- vikhyātā : wird genannt, ist bekannt als (Vikhyata)
- kapha-doṣa-viśoṣaṇī : verscheucht, vernichtet, heilt ("trocknet aus", Vishoshana) (Störungen des) Humors (Dosha) Kapha ("Schleim")
Erläuterungen
Kapitel 2 Vers 36 :
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Übersetzung
Wort-für-Wort-Übersetzung
- ṣaṭ-karma-nirgata-sthaulya-kapha-doṣa-malādikaḥ : (einer, der) geheilt ist ("von dem gewichen sind", Nirgata) durch die sechs (Shash) (Reinigungs-)Handlungen (Karman) von Dickleibigkeit (Sthaulya, Störungen des) Humors (Dosha) Kapha ("Schleim"), Unreinigkeiten, Schlacken, Abfallprodukten (Mala) und anderem, usw. ("zum Anfang habend", Adi)
- prāṇāyāmam : die Atemzügelung (Pranayama)
- tataḥ : dann, danach (Tatas)
- kuryāt : möge ausführen, praktizieren (kṛ)
- anāyāsena : mit Leichtigkeit ("ohne Mühe, ohne Schwierigkeit", Anayasa)
- sidhyati : ist erfolgreich, erreicht das Ziel (des Hatha-Yoga, sidh)
Erläuterungen