Christentum

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Praxis in manchen Klöstern: Lernen, Meditieren, Andacht, Gebet - Copyright

Das Christentum ist mit etwa 2,26 Milliarden Anhängern die größte Glaubensgemeinschaft der Welt. In Deutschland leben im Jahr 2013 etwa 49 Millionen Christen, also Getaufte. Seinen Ursprung findet das Christentum im Judentum. Im Christentum wird Jesus von Nazaret nach seiner Auferstehung als der Sohn Gottes verehrt. Er ist demnach der ersehnte Messias aus dem Alten Testament. Seine Lehren und Geschichten sind im Neuen Testament niedergeschrieben worden. Diese beiden Testamente bilden die gesamte Grundlehre des Christentums, die Bibel.

Jesus Christus hat vor circa 2.000 Jahren gelebt. Darauf beruht die europäische Zeitrechnung. 1.054 und 1.517 kommt es zu Spaltungen im Christentum. Man unterscheidet nun weiter zwischen katholischem, protestantischem und orthodoxem Christentum. Durch die Kolonialisierungen hat sich das Christentum sehr schnell und weit in den kolonialisierten Ländern verbreitet.

Yoga und Christentum

Hatha Yoga - durch Anstrengung zur Einheit zu kommen

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

  • Wie verbinden sich Christentum, Christliche Praxis und Glaube mit Yoga?
  • Dürfen Christen Yoga praktizieren, können auch Christen von der Yogapraxis profitieren?
  • Wie verbinden sich christliche Praxis und Yoga und können auch Yogaübende von christlichen Lehren profitieren?
  • Welche verschiedenen Yogaausprägungen gibt es?
  • Welche unterschiedlichen Ausprägungen von Christentum gibt es und
  • wie kann man beides miteinander verbinden?

Wenn dich diese oder andere Fragen interessieren, die sich auf Yoga und Christentum beziehen, dann lies weiter.

Was ist Yoga und was meint Christentum

Zunächst muss man definieren was ist Yoga und was ist Christentum. Das Wort Yoga heißt Einheit und Verbindung sowie Harmonie. Wir können sagen Yoga ist ein Übungssystem aus Indien, welches Körper, Geist und Psyche positiv beeinflussen will mit verschiedenen Übungen. Hierbei gibt es verschiedene Aspekte des Yoga. Es gibt den säkularen Yoga, es gibt spirituellen Yoga und es gibt religiösen Yoga. Yoga ist in Indien Religionsübergreifend und es gibt Yoga schon seit einigen Jahrtausenden.

Ich habe bereits eine umfangreiche Vortragsreihe über die Geschichte des Yoga gegeben. Yoga heute wird in Indien und auch bei Yoga Vidya auf der Basis des Hinduismus praktiziert, auf der Basis des Sikhismus, des Jainismus, auch unter den Moslems gibt es Menschen die den sufistischen Yoga praktizieren. Es gibt im Tibetischen Buddhismus Yoga, es gibt Tao Yoga auf der Basis des Taoismus. So können wir sagen Yoga war schon immer eine religionsübergreifende Praxis.

"Säkularer Yoga"

Beim sog. "säkularem", kommerziellen Hatha Yoga des Westens geht es darum für Gesundheit und Wohlbefinden etwas Gutes zu tun. In sportlichen Sinne hat Yoga etwas für alle Menschen gutes, wenn du Yoga praktizierst um gesund zu werden, um gesund zu sein, dich wohl zu fühlen, mehr Energie zu haben für persönliche Entwicklung - darunter versteht man säkularer Yoga.

"Ganzheitlicher Yoga"

Meditation - wichtig in jedem System

Zum Yoga gehört Meditation, weltanschauliche Prinzipien wie ethische Prinzipien und wie du die ethischen Prinzipien im Alltag umsetzen kannst in Bezug auf eine höhere Wirklichkeit. Diese Prinzipien des Yoga können sich sehr gut mit jeder Religion verbinden.

Es gibt im alten Indien Philosophiesysteme, Weltanschauungen, die als atheistisch gelten, wie zum Beispiel Sankhya. Es gibt Yoga, der auf verschiedensten Religionen basiert und sogar unabhängig von einer einzigen Religion funktioniert.

Schließlich gibt es auch Bhakti Yoga, der mit einer konkreten religiösen Richtung in Beziehung steht. Zum Beispiel auf dem Gebiet des Vaishnavismus Yoga. Vielleicht hast du von den Hare Krishnas gehört, die eine eigenständige religiöse Richtung sind und sich als Bhakti Yogis sehen. Ähnlich gibt es auch Shaiva Yoga mit Shiva als höchster Gottheit und es gibt Shakti Yoga, bei der die göttliche Mutter die höchste Göttin ist. Hier existieren dann tatsächlich alle Bestandteile einer Religion. So halten wir es auch offiziell bei Yoga Vidya.

Was ist Christentum

Jesus wird getauft von Johannes dem Täufer

Christentum ist eine Religion. Wenn wir im Westen von Religion sprechen, dann wird meistens erst einmal das Christentum als Religion gesehen. Man kann Christ werden durch eine Taufe. Wenn man als Erwachsener getauft wird folgt daraufhin der Religionsunterricht. Es gibt viele Menschen, die nicht christlich aufwachsen. Menschen die am Konfirmations-Unterricht teilnehmen. Über eine Taufe wird man dann zum Christ und wird Mitglied einer Religionsgemeinschaft, einer Gemeinde, man folgt dem christlichen Glauben und so weiter.

Das Christentum bezieht sich auf Jesus Christus und seine Lehren. Die Lehren des Jesus Christus sind geprägt und weiter entwickelt durch die Apostel, durch die Kirchenlehrer, später durch die Konzilien und durch die Reformatoren. Das Christentum geht davon aus, dass Gott Jesus Christus eine wichtige Rolle spielt. Christentum ist nicht ein monolithischer Block, auch wenn bei den meisten Christen eine Neigung besteht, ihren persönlichen Glauben für den christlichen Glauben an sich zu halten.

Bekannt sind die evangelischen und die katholischen Christen, aber es gibt noch sehr viel mehr. Es gibt die Nestorianer, die Kopten, die Orthodoxen, die russisch Orthodoxen, die armenisch Orthodoxen und viele andere. Bei den Protestanten gibt es in Deutschland die Reformierten, die Lutheraner, die Unierten.

In Amerika und überall auf der Welt existieren die Baptisten, die Methodisten, die Unitarier usw. Unter den Katholiken gibt es unterschiedliche Überzeugungen. Oft wird das Wort Jesus zitiert: im Haus meines Vaters gibt es viele Räume. Es ist wichtig zu verstehen, das Christentum ist eine fast zweitausend Jahre alte Religion. Es gibt Glaubensrichtungen in verschiedenen Gegenden der Welt und in verschiedenen Ausprägungen. Meine These ist, dass innerhalb einer Religion die Unterschiede meist viel größer sind als zwischen den Religionen.

So muss man sich bewusst machen, es gibt viele christliche Strömungen. Es gibt die moderneren Strömungen, die mehr fundamentalistischen Strömungen, die voraufklärerischen Strömungen, das sind diejenigen die die Philosophie der Aufklärung des 17. und 18. Jahrhunderts ablehnt. Es gibt moderne Strömungen, die auf der Basis der Aufklärung agieren. Es gibt mystische Strömungen des Christentums, mehr ethische Strömungen des Christentums und noch viele andere. Und so gibt es die verschiedensten Theologien und verschiedene theologische Standpunkte. Deshalb sollte man sich immer bewusst machen: es gibt weder den Yoga noch gibt es das Christentum. In diesem Zusammenhang über Yoga und Christentum zu sprechen ist erst einmal nicht ganz einfach. Zuerst einmal der Standpunkt der großen Kirchen in Deutschland zur Yogapraxis. Ich spreche nun über die katholische und die evangelische Kirche. Obgleich es in Deutschland Untergruppierungen bei beiden gibt, gibt es doch gemeinsame Ansätze. Zunächst einmal zum Standpunkt der großen Kirchen zum säkularen Yoga.

Hatha Yoga für mehr Gesundheit

Hatha Yoga steht vor allem für Sport, Entspannung, Gesundheit, für Wohlbefinden und für mehr Energie und persönliche Kraft und Gelassenheit im Alltag. Insbesondere gemeint ist hier der Hatha Yoga mit seinen Asanas - Körperstellungen, Pranayama - Atemübungen, Tiefenentspannung und allgemeine Empfehlungen zu einem gesunden Lebensstil. Die Meinung der großen Kirchen ist eindeutig. Sie sagen diese Einstellung verbindet sich gut mit christlichem Glauben, Lehre und Praxis. Dazu gibt es offizielle Dokumente, die du im Internet finden kannst. Es wird befürwortet, dass Christen Hatha Yoga üben können. Nicht umsonst gibt es Kirchengemeinden, wo Hatha Yoga angeboten wird.

Wie ist der Standpunkt zum traditionellen Yoga

Yoga ist unter Einbeziehung von Meditation, der Persönlichkeitsentwicklung, der bewussten Arbeit an sich selbst auch mit Affirmationen, mit Autosuggestionen, mit Kultivierung positiver Eigenschaften sowie mit den Grundprinzipien von uneigennützigem Dienen und Öffnen des Herzens. Was aber noch ohne konkreten Religionsbezug ist. Hier sagt die Mehrheit der evangelischen und katholischen Repräsentanten der großen Kirchen, dass sich diese Praxis sehr gut mit dem Christentum verbindet. Obgleich hier der Konsens nicht so eindeutig ist wie zum Hatha Yoga, wenn man es als säkularen Yoga praktiziert.

Reiner Bhakti Yoga

Hinduistische Puja bei Yoga Vidya - im Hintergrund steht Jesus

Religiöser Yoga kann zum einen in Verbindung mit hinduistischen Ritualen stehen oder auch in Verbindung mit konkreten Glaubensinhalten. Hier gibt es durchaus eine gewisse Skepsis, zum Teil bis zur Ablehnung. Zum Teil aber auch im Sinne von religiöser Toleranz, dass es Gutes in der Moderne verschiedener Praktiken gibt. Im Sinne von Einheit der Religionen durchaus auch eine Ermutigung.

Hier gibt es unterschiedliche Ansichten und es gibt durchaus Bedenken. Zum einen gibt es Bedenken hinsichtlich der hinduistischen Götter und die Angst, dass ein Christ, der die hinduistischen Rituale wie Puja oder Arati praktiziert oder auch hinduistische Mantras singt, dass diese an verschiedene Götter glauben. Im Yoga sagen wir natürlich, dass es nur einen einzigen Gott gibt, der unterschiedliche Namen hat. Unterschiedliche Götternamen wie Shiva sind einfach nur Namen, Worte die etwas bedeuten.

Und als solches gibt es auch im Christentum verschiedene Namen und auch im Judentum – auch hier wird in der Bibel

Gott hat auch in der Bibel die verschiedensten Namen. Im Yoga würden wir sagen die verschiedensten Götternamen, die es dort gibt sind nicht verschiedene Götter, mindestens in der Yoga Vedanta Richtung – sondern es gibt nur einen Gott und der hat verschiedene Namen.

Yoga Vedanta - Alles ist eins

Als Yogaübende, gerade in der Yoga Vidya Tradition sollte man sich durchaus bewusst machen, dass es bestimmte christliche Strömungen auch in den großen Kirchen gibt, die dem skeptisch gegenüber stehen. Dass Mantras für verschiedene Götternamen gesungen werden, die in der hinduistischen Tradition eine Rolle spielen oder auch bestimmte Rituale wie Arati, Puja und Homa. Meine persönliche Meinung ist zwar, das verträgt sich alles sehr gut, weil ich an die Einheit der Religionen glaube. Von christlicher Seite wird gesagt, es gehört zu den Inhalten der Yoga Vedanta Richtung, dass alles eins ist. Aber der christliche Glaube sagt eben nein, es ist nicht alles eins. Das gilt es anzuerkennen. Meine Erfahrung im Dialog mit Christen ist, es ist gut anzuerkennen, dass man unterschiedlicher Meinung ist. Meine Meinung entspricht der Meinung im Yoga Vedanta, welche besagt, dass in der Essenz alle Religionen gleich sind.

Reinkarnation und Karma

Die Meinung christlicher Seite ist oft nicht, immer, dass Religionen unterschiedlich sind. Hierbei kann man unterschiedliche Standpunkte gegenseitig respektieren. Von christlicher Seite her gibt es Bedenken bezüglich des Glaubens an Reinkarnation und Karma. In den letzten zwei Jahrtausenden hat es immer wieder Kirchenlehrer gegeben, die an Reinkarnation geglaubt haben und die Reinkarnation für möglich hielten. Gerade in der ersten drei Jahrhunderten nach Christus. Manche behaupten sogar, dass es in den ersten sechs Jahrhunderten nach Christus immer wieder Kirchenlehrer gab. Wie zum Beispiel Origenes, die den festen Glauben an Reinkarnation hatten. In vielen der Apokryphen-schriften finden wir direkten Bezug auf Reinkarnation. Wenn man in der Bibel recherchiert gibt es Bibelstellen, die man genauso deuten könnte als Möglichkeit der Reinkarnation. Aber Karma und Reinkarnation kann durchaus etwas sein womit Christen ihre Schwierigkeit haben und sie haben gute Gründe dafür.

Synkretismus

Schamanische Trommel das Vehikel des Schamanen in andere Realitätsebenen

Der nächste Aspekt, der manchmal von Vertretern der Kirche bedenklich gesehen wird ist der sogenannte Synkretismus. Das heißt jeder stellt sich seine eigene Religion selbst zusammen, was ein Charakteristikum unserer Zeit ist. Die meisten, die zu Yoga Vidya kommen und dies als spirituellen Weg sehen stellen sich Verschiedenes zusammen. Zum einen die Yoga Vedanta Richtung, oft enthält diese schamanistische Elemente. Wieder andere praktizieren buddhistische Meditation und verbinden das Ganze mit ein paar taoistischen Chi-Gong Praktiken. Andere praktizieren schamanistischen Visionquest und gehen manchmal auf Sufikonzerte. Sie gehen hin und wieder an Weihnachten in die Kirche oder lesen die Bergpredigt.

Entstehung des Christentums aus verschiedenen Strömungen

Als Christ kann man bei Yoga Vidya leben. Wir bei Yoga Vidya stehen dem nicht nur offen gegenüber, sondern begrüßen es auch. Wir stehen in der Tradition des Lehrers Swami Sivananda, der geborener Hindu war und in einer christlichen Missionsschule aufgewachsen ist. Er war von Jaingedanken begeistert, hat die Erkenntnisse von moderner Psychologie, Medizin und Wissenschaft begeistert aufgenommen und letztlich das Ganze als offenes System gelehrt.

Meiner persönlichen Meinung nach ist das Christentum aus der Verbindung von verschiedenen Strömungen entstanden. Jesus war ein Jude, Paulus der nach Jesus kam war gebildet, hat hellenistische und griechische Philosophie integriert. Das Christentum ist nach Rom gegangen, Rom ist der Sitz des Papst-tums, auch Konstantinopel. So haben sich römische, griechische und vielleicht auch ägyptische und jüdische Traditionen verbunden. Als das Christentum eine große Basis in Frankreich, Irland und Großbritannien hatte gab es auch keltische Bräuche, die sich mit dem Christentum verbunden haben. Ich glaube, das war geradezu die Großartigkeit des Christentums, die Strömungen zu verbinden und aber natürlich Jesus Christus treu zu bleiben.

Meine persönliche Meinung ist, dass das Christentum durchaus auch heute profitieren kann von Entwicklungen. Dem modernen Christentum ist es wunderbar gelungen, Gedanken der Aufklärung zu integrieren. Die Evolutionsbiologie zu integrieren, die moderne Physik zu integrieren, die moderne Psychologie zu integrieren. Es gibt heutzutage von den großen Kirchen die Seelsorge und die Telefonseelsorge und das ist eine wunderbare Verbindung von christlichem, traditioneller christlicher Seelsorge und moderner Psychologie und Psychotherapie, Gesprächspsychologie etc.

Christentum mit modernen Ansätzen

Christentum ist heute eine gelungene Mischung aus verschiedensten modernen Ansätzen und klassischem Christentum. Warum sollte das Christentum nicht auch profitieren vom Dialog anderer Religionen und nicht nur Dialog sondern auch dem gegenseitigen Befruchten. Ohne Zweifel hat der moderne Yoga eben vieles absorbiert von moderner Wissenschaft. Ich habe erst kürzlich einen Vortrag gegeben über Reformpraktiken des 19. Jahrhunderts und New Thought - Neue Geistbewegungen. Aber auch moderne Psychologie und Wissenschaft, Psychotherapie, Ernährungswissenschaft, moderne Physik, Dialog mit Jainismus und bestimmte Organisationsprinzipien des Christentums. Eine Verstärkung des sozialen Engagements bei den Yogabewegungen ist sicherlich auch auf das Christentum zurück zu führen. Die moderne Gesellschaft ist eben eine Verbindung aus verschiedensten Gesellschaften und Religionen.

Wenn man heute in Deutschland lebt, der typische Mensch in Deutschland liebt italienische Nudeln und Pizza, wobei die Nudeln aus China kommen, vermutlich hat Marco Polo oder andere die Nudeln nach Italien gebracht. Tomaten stammen auch aus China, das angebliche Lieblingsgericht der Deutschen sind Kartoffeln. Die Kartoffeln stammen aus Mittel- und Südamerika. Wir lieben Erdbeeren, diese stammen irgendwo aus Kanada, zumindest die Art die wir heute in Deutschland essen ist eine Kreuzung aus Kanadischer Erdbeere in Verbindung mit einer anderen Art Erdbeere.

Ich trage zum Beispiel ein Baumwollhemd. Die hierfür verwendete Baumwolle stammt nicht aus Deutschland. Vermutlich angebaut in Ägypten, gewebt und zu Fäden gesponnen in Bangladesch und zusammen genäht in Indien. Die Farben - wer weiß wo diese herkommen? Moderne Zivilisation heißt Verbindung verschiedenster Kulturen. Die Welt ist zu einem globalen Dorf geworden und ist zum Synkretismus, im Sinne von, man verbindet verschiedenes. Warum sollte die Religion und die Spiritualität das einzige Gebiet sein, wo man sich auf eine Tradition beschränkt. Die Befruchtung halte ich für etwas Gutes, aber manche Christen stehen dem skeptisch gegenüber und haben durchaus ihre Gründe.

Swami Sivananda: Heiß alle willkommen

Das gibt es auch im Yoga, im Yoga wird manchmal gesagt, man soll in seiner Tradition treu bleiben anstatt überall zu suchen. Wir finden das nicht nur auf dem Gebiet des Christentums, es gibt durchaus auch traditionelle Yogis, die dem Modernen skeptisch gegenüber stehen. Es gibt auf der Basis der Bibel Zitate, aus denen man schließen kann, dass es nicht einfach ist. Ich interpretiere sie jedoch anders als andere. Zum Beispiel: im Johannes 14 Vers 6 steht geschrieben, niemand kommt zum Vater denn durch mich. Jesus sagt: Man komme nur zu Gott durch Jesus. Wir können interpretieren, dass das nur durch Jesus und durch christliche Praxis geschieht, ich aber sage Jesus meint es dort anders.

Wir finden das Gleiche auch in der Bhagavad Gita. Krishna sagt, dass nur Menschen, die Krishna verehren zu Gott kommen. Im klassischen Yoga wird das aber so interpretiert, dass die meisten Menschen über einen persönlichen Gott zum Unendlichen und Ewigen kommen. Über einen persönlichen Gottesbezug. So wie Krishna an einer anderen Stelle sagt, er inkarniert sich. Gott inkarniert sich wieder und wieder in den verschiedensten Religionen, Kulturen, Weltgegenden, so wie Jugas – Zeitalter immer wieder auf das Neue. Gott erscheint dem Menschen in der Gestalt, in der Menschen ihn verehren.

In diesem Sinne kommen wir zum Vater als unendliches, ewiges, kosmisches Prinzip. Durch die Verehrung eines persönlichen Gottes. Das wäre mindestens eine Bhakti Yoga-Interpretation dieses Verses. Oder wir finden den Ausdruck, du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Etwas was von christlicher Seite manchmal gerade den spirituellen Menschen und Yogis gesagt wird, du sollst keine Götter neben mir haben. Im Yoga würden wir das so interpretieren, es gibt einen Gott und wir sollen neben diesem Gott keine anderen Götter haben. Jesus sagt ja auch in der Bibel, du kannst nur einem dienen. Gott oder dem Mammon. Man kann keine zwei Herren haben oder wo dein Schatz ist, ist auch dein Herz. Das sind verschiedene Zitate und so würden wir vom Yoga aus sagen, es gibt ja nur einen Gott. Man kann nicht mehrere Götter haben. Wenn es nur einen Gott gibt kann man auch keinen anderen Gott als Gott verehren. Manchmal wenn von Fundamentalistischer Seite gesagt wird du verehrst andere Götter als ich, dann frage ich mich, sind diese fundamentalistischen Christen vielleicht Polytheisten.

Mache nicht Geld zu deinem Gott

Ich Sukadev selbst bin Monotheist -ich glaube es gibt nur ein Göttliches. Und wenn es nur ein Göttliches gibt, kann man auch nur einen Gott verehren. Und es ist gar nicht möglich, andere zu verehren. Jesus sagt: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben, mache nicht den Mammon, mache nicht Geld zu deinem Gott. Mache nicht Fußball Stars zu deinem Gott. Mache nicht irgendetwas Relatives zu deinem Gott. Sondern Gott ist Gott – und du kannst ihn auf verschiedene Weise sehen. Oder du sollst dir kein Bild machen von Gott. Das ist ein anderes Zitat, das manchmal genannt wird, es gehört zu den zehn Geboten. Das Bild des Verehrungsverbots.

Mach dir kein Bild von Gott

Darstellung von Gottvater, St. Salvator Kathedrale in Brügge, Belgien

Von katholischer Seite muss man sagen, wir finden in katholischen Kirchen Jesus Darstellungen, wir finden die Taube als den heiligen Geist. Es gibt tatsächlich Kirchen aus der Zeit der Renaissance und des Barock 16. und 17. Jahrhundert zum Beispiel in Rom, wo Gottvater dargestellt wird als ein Mann mit langem Bart. Gibt es tatsächlich, das wusste ich bis vor ein paar Jahren nicht, denn in Deutschland ist das eher untypisch. In christlichen Kirchen wird auch Gottvater manchmal dargestellt als Mann mit langem Bart. Die Katholiken scheinen kein Problem damit zu haben Gott darzustellen. Bei den evangelischen gibt es durchaus Kreuzesdarstellungen als Symbol für Jesus und damit als Symbol für Gott. Als reformierter Christ und bin ich ein Lipper, hierbei ist das reformierte Christentum die lippische Landeskirche, die das Bilderverbot konsequent durchsetzten. In einer evangelischen, lippischen Kirche findet man kein Kreuz, keine Darstellung von Jesus, keine Heiligen, keine Engel und die Kirchen sind typischerweise weiß gestrichen. Natürlich hat das auch seinen Charme. Es hat auch etwas Schönes, wenn dann letztlich die Gemeinde zusammen kommt und die Architektur der Kirchen einfach nach oben geht. Die Kraft des Wortes und der Gesänge, das hat etwas Besonderes.

Wenn ich sage, du sollst dir kein Bild machen von Gott, das soll heißen, mache dir keine Gottesvorstellung oder sei dir bewusst wenn du dir eine Gottesvorstellung machst sieh es beschränkt. Und anstatt sich zu streiten und zu bekämpfen und in früheren Zeiten sogar zu bekriegen über die eigene Gottesvorstellung sagt eben Gott: mach dir kein Bild von mir. Menschen die sich Vorstellungen machen von Gott, Bilder machen von Gott streiten sich im Nachhinein und verabsolutieren es.

Vielleicht hat Gott in seinen zehn Geboten schon gewusst Menschen haben eine Neigung sich wegen religiösem Glauben zu streiten, haben eine Neigung deshalb Kämpfe zu führen und, hat deshalb gesagt mach dir doch kein Bild und keine Vorstellung von mir. Im Yoga sagen wir letztlich Gott ist jenseits aller Vorstellungen, aller Bilder und aller Gedanken. Wenn wir uns Gott vorstellen, dann mag das vorübergehend hilfreich sein. Aber wir wissen – das ist nicht Gott. Wenn du einen Menschen kennst, du kannst den Menschen nicht beschränken auf das Bild das du von dem Menschen hast.

Letztlich brauchst du ein Bild von dem Menschen, um mit dem Menschen kommunizieren zu können. Du solltest bezüglich dem Menschen sagen, es steckt mehr in dem Menschen drin als du denkst. Das hält zum Beispiel auch zwischenmenschliche Beziehungen immer am Leben, wenn du weißt in dem anderen steckt mehr drin als du denkst. Vielleicht auch mehr als er selbst weiß. Oder auch zu deinen Kindern, anstatt zu denken wie sie sich zu entwickeln haben überlege dir vielmehr, was möchte ich entwickeln. Oder auch in der Beziehung zu deinen Eltern, auch deine Eltern haben mehr in sich als du so denkst.

Vorübergehende Bilder helfen der Kommunikation, aber habe kein starres Bild. Und so würde ich das eben auch sehen in dem Zitat: du sollst dir kein Bild machen von Gott, dass du nicht denkst so ist Gott. In der Yoga Vedanta Richtung gibt es Götterbilder – dort gibt es Sarasvati, Krishna und Shiva. Wir sagen sogar, dass auch große Meister selbst zu Dienern Gottes werden können. Durch sie kann die göttliche Kraft wirken. Und wir sagen auch Jesus Bild kann man haben, durch das Gott wirkt. Wir könnten Bilder haben von Buddha und vielen anderen. Aber Gott ist nicht beschränkt darauf. Wir wollen kein Bild machen im Sinne darauf beschränken wir Gott, sondern diese Bilder sind plötzlich wie Kanäle durch die Gott hindurch wirken. Man kann sagen es existieren mehr Kanäle für Gott als Gott selbst.

So ähnlich angenommen, du nimmst ein Telefon, Smartphone, Iphone, Handy, Festnetz oder was auch immer und telefonierst mit deiner Freundin. Dann ist natürlich nicht das Handy deine Freundin, wenn du dir vorstellen würdest das Handy ist deine Freundin, das wäre etwas schräg.

Aber über das Handy kannst du mit der Freundin kommunizieren. So ähnlich wenn wir beim Yoga ein Bild haben, zum Beispiel bei Sarasvati denken wir nicht, dass diese Statue, diese Murti Gott ist, sondern dass es ein Kommunikationsinstrument ist, mit dem wir zu Gott sprechen. Oder aber der Name deiner Freundin macht nicht deine Freundin aus, wenn du sagst Monika oder Karla, dann hilft dir das Kommunikation aufzunehmen. Und so ähnlich auch die verschiedenen Götternamen, das ist nicht der wirkliche Name Gottes sondern das hilft dir zu kommunizieren. Das sind meine Antworten auf Bedenken, auf begründete Bedenken, die von Christlicher Seite, insbesondere zu einem spirituellen Yoga und auch säkularen Yoga.

Das waren ein paar Aspekte zum Standpunkt der großen Kirchen, Thema Christentum und Yoga.

Fundamentalisten und Gott

Es gibt auf Basis des Christentums die sogenannten Fundamentalisten, es gibt die Born-again-Christen , es gibt die Pfingstchristen, es gibt die Pfingstgemeinden, die Evangelikalen, die Wiedertäufer und viele andere.

Manche Fundamentalisten sind der Meinung es gibt Gott und den Teufel, die beiden ringen um die menschliche Seele. Und sie denken, alles was den Geist leer macht, dort kann sich dann der Teufel im Mensch festsetzen. Und sie sagen deshalb man soll kein Autogenes Training üben, keine Tiefenentspannung, man soll keine Homöopathie nutzen, und soll nicht meditieren und soll kein Yoga praktizieren. All das sind Mittel durch die der Teufel in die menschliche Seele eindringt.

Wenn der Teufel jemand ist, der Menschen zum Schlechten und zum Bösen bringt, dann sagt die empirische Forschung - jemand der Yoga, autogenes Training praktiziert und Homöopathie wird deshalb nicht zum Verbrecher. Die Verbrecherquote unter Menschen, die Meditation, Yoga, autogenes Training und Tiefenentspannung praktizieren und Homöopathie ist vermutlich geringer als im Durchschnitt der Bevölkerung. Ansonsten ist ein Dialog mit Fundamentalisten oft schwierig und meine Empfehlung ist das Thema zu wechseln.

Wenn man in fremde Länder kommt sollte man nicht über Religion und über Politik sprechen. Man sollte nicht versuchen Menschen in anderen Ländern von seiner Religion und seiner politischen Überzeugung abzubringen. In diesem Sinne auch wenn du im gleichen Land lebst und mit einem Fundamentalisten sprichst, am besten zuhören und anschließend das Thema wechseln. Zum Beispiel über das Wetter, über Kindererziehung, über Fußballergebnisse, du wirst etwas anderes finden was ihr gemein habt.

Praktiziere Herzensverbindung

Mit jedem Menschen kann man über etwas sprechen und Herzensverbindung herstellen. Und wenn der andere eine sehr fixierte fundamentalistische Sichtweise hat, wird es oft schwierig. Die fundamentalistische Sichtweise kannst du am ehesten erschüttern indem du zeigst, dass du ein freundlicher Mensch bist. Wenn du zum Beispiel Yoga praktizierst und meditierst und der andere Angst hat, dass du des Teufels wärst, wenn er nach ein paar Monaten oder Jahren feststellst, dass obgleich du das praktizierst ein freundlicher, zuvorkommender, liebevoller Mensch bist. Dann fragt er sich - kann er wirklich des Teufels sein? Dann werden sich seine fundamentalistischen Ansichten ändern.

Christentum und Yoga – ist das verbindbar

Nun möchte ich einige bekannte Christen nennen, die Yoga und Christentum vereint haben. Sie kommen eher von christlicher, zunächst einmal von katholischer Seite. Katholische bekannte Christen, die selbst spirituellen Yoga praktiziert haben. Zunächst möchte ich nennen Henri Le Saux, der auch genannt wird Swami Abishiktananda. Henri Le Saux, auch Swami Abishiktananda lebte von 1910 bis 1973 und war bis zum Ende seines Lebens Benediktinermönch. Er wurde von der Kirche als Mönch anerkannt und nahm Sannyas in der Hindutradition, daher auch sein Name Swami Abishiktananda. Er verband christliche Mystik, Yogapraxis und Vedanta. Er war begeistert von den Lehren des Shri Ramana Maharshi.

Ein zweites Beispiel in der Tradition der französischen katholischen Mönche war France Matthieu. Er lebte in Indien und war auch ein Mönch, ein Trappist und begründete ein Christlich hinduistisches Kloster. Einer seiner Schüler war Bede Griffiths, er lebte von 1906 bis 1993 und war Benediktinermönch. Er ist einer der großen christlichen Mystiker des 20. Jahrhunderts. Er nahm zwar kein Sannyas von einem Hindu Swami, aber er verband hinduistische Gewohnheiten mit christlicher Praxis. Er übernahm den Sat Chit Ananda Ashram von eben diesem Trappisten France Matthieu und er trug orangefarbene Kleidung wie ein Swami. In seinem Kloster wird Arati praktiziert, sowie das heilige Abendmahl, die Kommunion – Gottesdienst usw. Er nannte seinen Ashram Sat Chit Ananda Ashram, was ein Vedanta Ausdruck ist oder Shantivanam, ein Ort wo Shanti - Frieden gelehrt wird.

Einer der bekanntesten christlichen Autoren und auch Vortragender heute ist Anselm Grün. Anselm Grün wurde geboren in 1945, er ist Benediktiner, Pater und Abt, wobei ich nicht genau weiß ob er noch Abt ist – da er schon ein gewisses Alter hat. Er lebt in der Abtei Münsterschwarzach und ist ein erfolgreicher katholischer Autor und Referent. Er hat sich beschäftigt mit Zen Buddhismus, mit Yoga Meditation, mit Hatha Yoga, mit Meditation, mit schamanistischen Praktiken. In den 1980er 1990er Jahren hat er darüber mehr gesprochen – heute bezieht er das ganze mehr in die katholische Terminologie. Er verbindet letztendlich buddhistische, hinduistische und schamanistische Gedanken mit christlicher Tradition. Auch Yogaübende können davon profitieren, Vorträge von Anselm Grün anzuhören. Es berührt und es hilft einem sein Herz zu öffnen.

Katholisches Christentum

Der Rosenkranz für die Gebetspraxis heißt im Yoga Japa Mala

Bekannt ist auch, dass bei den Jesuiten in den Novizen Ausbildungen zum Teil auch Hatha Yoga in die offizielle Ausbildung integriert wird. Es gibt von Seiten der Katholiken eine große Bereitschaft sich inspirieren zu lassen von Yogatraditionen. Das gleiche gilt auch auf evangelischer Seite. Auf gewisse Weise können wir sagen katholisches Christentum ist mehr spirituelle Praxis. Letztlich ist die Praxis des Rosenkranzes durch die Kreuzfahrer nach Europa gekommen. Die Kreuzfahrer haben es vermutlich von den Sufis bekommen und die Sufis haben es von indischen Yogis übernommen. So haben sich Mantra Wiederholungen mit einer Japa Mala aus Indien in die Grundpraxis des katholischen Christentum integriert.

Was heute in katholischem Christentum immer weiter verbreitet ist, ist das immerwährende Jesusgebet, was eigentlich über die Orthodoxen gekommen ist. Die Orthodoxen haben es vermutlich übernommen von den Sufis und die Sufis haben es übernommen von den Yogis. Einfach als Beispiel, dass im katholischen Christentum Yoga Ansätze durchaus in die Grundlehren und die Grundpraxis lange integriert sind.

Evangelisches Christentum

Aber eben auch bei den evangelischen Christen gibt es einige der Theologen des 20. und 21. Jahrhunderts. Ich nenne zwei aus dem 20. Jahrhundert. Paul Tillich, er gilt als sogenannter Vermittlungstheologe. Er sagt, dass verschiedene Religionen voneinander lernen können und sollten. Es gibt Jörg Zink, den man bezeichnet als Star der Kirchentage des 20. Jahrhunderts. Er hat selbst meines Wissens Yoga praktiziert – Meditation geübt und hat aus dieser Basis heraus einen großen Teil seiner Ausstrahlung und seines weiten theologischen Horizonts. Man findet so eine Reihe von evangelischen Christen, die Yoga praktizieren. Auch unter unseren Yoga Vidya Yogalehrer Ausbildungsteilnehmern haben wir einige evangelische Pfarrer, die durchaus gesagt haben, dass ihre christliche Praxis und letztendlich ihr Bezug zu Gott sich verstärkt haben. Dadurch dass sie Yoga praktiziert haben.

Ethik - Yoga Versus Christentum

Zum einen die Ethik des Yoga ist sehr ähnlich wie die Ethik im Christentum. Hans Küng, ein katholischer Theologe, der sich stark gemacht hat im Weltparlament der Religionen Bewegung. Er hat mit Vertretern verschiedener Religionen die sogenannte Weltethos Bewegung entwickelt und sagt, in den verschiedenen Religionen und heutzutage auch im atheistischen Humanismus gibt es ähnliche bis gleiche ethische Überzeugungen. Und es wäre wichtig, dass wir diese Gemeinsamkeit überzeugen bzw. weiter geben.

Auch im Yoga sprechen wir von:

  • Ahimsa - Du sollst nicht töten.
  • Satya – im christlichen Sinne, du sollst nicht lügen.
  • Asteya – Du sollst nicht stehlen.
  • Brahmacharya – du sollst nicht Ehebrechen. Im modernen Yoga sagen wir damit, vermeiden von sexuellem Fehlverhalten.
  • Aparigraha – heißt so viel wie Abwesenheit von Gier, Abwesenheit vom Wunsch mehr zu bekommen. So gibt es auch in den zehn Geboten – du sollst nicht begehren. Es gibt noch alles Mögliche was man nicht begehren soll. So auch im Aparigraha.

Im Weltethos verankert ist die Verantwortung für andere Menschen, dass Menschen sich um andere Menschen kümmern sollen, um die Tiere, um die ganze Schöpfung. So kann man sich gegenseitig inspirieren.

Das Königreich Gottes

In der Tiefe des Wesen ist jeder Eins mit Gott

In der Bibel im Lukas 17 Vers 20/21 findet ihr die Ausführung das Königreich Gottes ist inwendig in euch. So wie wir im Yoga sagen Aham Brahmasmi. In der Tiefe meines Wesens bin ich Brahman. Das Königreich Gottes ist inwendig in euch. Manchmal wird dieser Satz auch übersetzt als Königreich Gottes ist mitten unter euch. In diesem Sinne würden wir im Yoga auch sagen Sarvam Khalvidam Brahma. Alles überall ist Brahman. Oder wir finden im Johannes 10 Vers 30 – ich und der Vater sind eins. Jesus sagt ich und der Vater sind eins. Darauf bezogen wird die Dreifaltigkeit, Gottvater, Gottsohn und Gottheiligergeist sind eins. Jesus sagt: in der Tiefe seines Wesens ist er eins mit Gott. Aber in der Tiefe unseres Wesens sind wir alle eins mit Gott.

So finden wir im Johannes 13 Vers 16 - ist der Jünger vollkommen, so ist er wie sein Meister. Die Jünger haben Jesus immer wieder angerufen als Meister. Jesus hat seine Jünger aufgefordert so zu werden wie er. Natürlich ist Jesus Sohn Gottes und deshalb gibt es immer auf der relativen Ebene ein Unterschied zwischen Jüngern – trotzdem fordert er sie auf – ist der Jünger vollkommen wird er wie sein Meister. Er gebraucht die gleichen Worte für Meister wie die Jünger zu ihm gebraucht haben. So sagt er: Seid vollkommen wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.

Und auch hier ist die Aufforderung an die Yogaübenden an sich zu arbeiten und sich zu entwickeln. Manchmal wird von christlicher Seite den Yogis vorgeworfen, dass sie Selbstoptimierung betreiben. Jesus empfiehlt das auch seinen Jüngern. Er sagt: Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Er sagt: Ist der Jünger vollkommen, ist er wie sein Meister. Und er fordert sie immer wieder auf und ermutigt sie. Ein anderes Jesuswort besagt: Betet mit eurem ganzen Körper. Hatha Yoga kann man auch interpretieren als Ganzkörpergebet. All die Aufforderungen von Jesus Yoga zu praktizieren sind vorzüglich um all das in euch zu entwickeln.

Christliche Tradition und spirituelle Praxis

Die Christliche Tradition hat eine reichhaltige spirituelle Praxis. Die spirituelle Praxis des Christentums hat sich immer inspiriert durch die Philosophen des Dao, die Empfehlungen hatten, dies umzusetzen. Sie hat sich inspiriert vom Judentum, vom Islam, von anderen religiösen Strömungen und kann sich heute inspirieren durch Strömungen im Buddhismus, Taoismus und auch Hinduismus und Yoga egal welcher religiösen Tradition. Und genauso lassen sich heute auch viele Moslemische Strömungen, Buddhistische Strömungen und Taoistische Strömungen, Hinduistische Strömungen inspirieren von anderen Traditionen. Und auch der moderne Yoga kann auch profitieren von den Lehren des Jesus. Insbesondere spiritueller oder gar religiöser Yoga.

Gott liebt dich wie du bist

Im evangelischen Christentum wird gerne gesagt, Gott liebt dich wie du bist. Zwar steht auch in der Bibel, sei vollkommen wie euer Vater im Himmel vollkommen ist. Aber heutzutage wird im evangelischen Christentum immer mehr betont- Gott liebt dich so wie du bist. Auch ohne dass du dich selbst optimierst und dich vervollkommnest. Gott nimmt dich an wie du bist. Manchmal hilft es Yogaübenden, die probieren ihren Geist zu beherrschen. Immer mitfühlend zu sein mit sich selbst, andere zu lieben und negative Emotionen zu überwinden, Verhaftungen überwinden. Das sind hohe Ideale, die manchmal unter Stress setzen können. Manchmal auch frustrieren können. Wir können aber vom Bhakti Yoga her sagen, Gott liebt dich so wie du bist. Gott liebt dich auch in deinen Fehlern. Und er wirkt durch deine Unvollkommenheiten hindurch. Oder der Ausdruck Gott vergibt dir. Im Christentum wird gesagt, Jesus ist gestorben für die Vergebung deiner Sünden. Wenn du daran glaubst, dann sind deine Sünden dir vergeben. Das ist manchmal schwer zu verstehen, wenn man mit dem christlichen Glauben im engeren Sinne nicht vertraut ist.

Die Bergpredigt

Jesus verkündet die Bergpredigt

Wir können im Yoga auch sagen, das was wir getan haben und bereuen, bereit sind Gutes zu tun und uns vorzunehmen es das nächste Mal besser zu machen. Das was er in der Bibel immer gesagt hat, deine Sünde sei dir vergeben. Sagt anschließend jetzt gehe und sündige nicht weiter. Wir sollten uns bemühen danach nicht mehr Schlechtes zu tun. Wir können aber auch sagen, wenn wir einen Fehler gemacht haben, Gott vergibt einem. Die Bergpredigt ist für alle Yogaübenden hoch inspirierend. Nicht umsonst viele der modernen Yogameister wie Mahatma Gandhi oder auch Swami Sivananda oder Swami Prabhavanada haben die Bergpredigt auswendig gekannt und daraus zitiert. Haben sich in ihrem praktischen Leben davon inspirieren lassen. Insbesondere die Feindesliebe und dass der Geist wichtiger ist als der Buchstabe. Dass die innere Einstellung wichtiger ist und dass man aus Liebe heraus handeln soll. Man soll [mutig] und konsequent handeln. Genau das finden wir an der Bergpredigt wundervoll und wenn du an der Bergpredigt interessiert bist, Matthäus 5 findest du diesen Abschnitt. Ich habe hierzu eine längere Vortragsreihe gegeben zum Thema Bergpredigt.

Christliche Lehren yogisch interpretiert

Es gibt jedoch auch christliche Lehren, die von einem Yogastandpunkt aus etwas problematisch erscheinen können. Das Konzept der Ursünde. Die Aussage, das Konzept der Ursünde, der Sündenfall sowie einen Ausspruch von Luther: Der Mensch ist von Kindesbeinen an schlecht. Eben weil er die Ursünde hat, weil Adam und Eva vom Apfel gegessen haben. Das Menschenbild der Yogis ist ein anderes. Das Bild der Yogis von Menschen ist: Der Mensch ist von Natur aus gut. Und aus Unwissenheit heraus und falscher Identifikation gibt es Dinge im Menschen, die sie dazu bringen nicht so Gutes zu tun. Aber wir können die Ursünde auch anders interpretieren. Sünde heißt ja auch Sonderung, Absonderung. So könnte man die Ursünde erklären als Trennung des Menschen von Gott. Und diese gilt es zu überwinden. Jesus ist für die Vergebung der Sünden gestorben. Im Christentum wird oftmals gesagt durch einen Menschen, eben Adam, ist der Mensch sündhaft geworden. Und durch die Tat eines Menschen, Jesus, ist die Menschheit gerettet worden.

Ich glaube manche heutige Christen haben Schwierigkeiten damit, dass der Tod von einem einzigen alle gerettet haben soll. Dass man durch den Glauben daran gerettet wird. Es ist etwas anderes als wir im Yoga normalerweise sagen würden. Aber das könnte man mit Yogagedanken gut in Verbindung bringen, wenn man eben sagt: Jesus war nicht ein Mensch sondern er war Gott. Und dadurch dass Gott auf die Welt gekommen ist und gestorben ist und letztlich zu Eins geworden ist mit Gott kann auch der Mensch, in dem er aufhört sich mit seinen Sünden zu identifizieren sondern eher sich mit Jesus verbindet, löst er sich von seinen persönlichen Sünden und verbindet sich mit einem Höheren und damit ist wieder die Einheit zu erreichen. Also was scheinbar ein Widerspruch ist, ist vom anderen Standpunkt aus kein Widerspruch mehr.

Das Konzept der ewigen Verdammnis und des ewigen Himmels. Im Yoga gehen wir davon aus, dass alle Menschen irgendwann die Gottverwirklichung erreichen. Insbesondere im spirituellen Yoga, vielleicht würden wir auch sagen, im religiösen Yoga gehen wir davon aus, etwa in der Yoga Vedanta Tradition. Wir inkarnieren uns so lange, bis wir die höchste Einheit erreicht haben. Und es kann durchaus noch einige Leben brauchen, aber irgendwann werden wir alle die Einheit erreichen. Auf der Basis des Christentums gibt es das Konzept des ewigen Paradieses und der ewigen Verdammnis. Das würden wir sagen das macht vor dem Hintergrund eines liebenden Gottes keinen Sinn. Insbesondere wo es manche christliche Gruppierungen gibt die sagen, nur durch Jesus kommt man in den Himmel. Alle anderen gehen in die Hölle. Also alle Juden, alle Buddhisten, alle Moslems, alle Atheisten alle landen in der Hölle. Dann geht es noch weiter, manche Fundamentalisten sagen, alle Christen, die eine andere Überzeugung haben landen auch in der Hölle. Also zum Beispiel manche evangelikale Christen sagen alle Katholiken kommen in die Hölle. Und noch dazu alle aufklärerischen Christen gleich auch mit. Zum Schluss bleiben noch ein paar Tausend Menschen übrig, die heute leben und die in den Himmel kommen. Acht Milliarden landen in der Hölle.

Macht alles keinen Sinn. Und selbst wenn nur drei Menschen in die Hölle kommen würden, ewig und dauerhaft. Und die Ewigkeit ist sehr lange, würde es auch keinen Sinn machen. Allerdings in der modernen Kirche wird das Prinzip von ewiger Verdammnis gar nicht mehr so vertreten. Ich muss daran denken, im Dezember 2016 war ich eingeladen auf eine Tagung, eine Podiumsdiskussion, organisiert von der Hessisch – Nassauischen Landeskirche und den Bistümern Mainz, Trier und Limburg.

Dort hat mich ein Theologe zur Seite genommen und mich gebeten, ich solle aufhören zu behaupten dass Christen einen primitiven Glauben haben – an Himmel und Hölle – das wird in der modernen Theologie ganz anders gesehen. In diesem Sinne gibt es die Aussage, das letzte Gericht, das kommen wird ist nicht eine Verurteilung. Wenn es heißt zu richten die Lebenden und die Toten - Teil des Glaubensbekenntnisses der Katholiken und der Evangelischen. Da wir sagen zu richten könnte man auch sagen, Aufrichten die Lebenden und die Toten. Und ein Gericht hat auch nicht die Hauptaufgabe zu verurteilen, im modernen Gerichtswesen werden die meisten Prozesse mit einer Art, man einigt sich irgendwo, abgeschlossen.

Auf eine gewisse Weise könnte man das Jüngste Gericht auch so interpretieren, dass das Jüngste Gericht die Aufgabe hat den Menschen mit sich selbst zu versöhnen. Sich mit Mitmenschen zu versöhnen und mit Gott zu versöhnen. Und so ist es nicht einmal ein Verurteilen zu ewiger Hölle und ewiger Verdammnis – oder auch zum Paradies. Dieser Glaube an das Jüngste Gericht ist eher etwas was man in diesem Leben nicht erreicht hat. Man wird dann eben später sich aufrichten können – auch nach diesem Tod. Wenn man in diesem Leben etwas unvollendet hat, Gott wird helfen es später zu vollenden. Und damit ist auch dieser Teil, der manchmal als unvereinbar mit Yoga angesehen wird auf andere Weise lösbar.

Zusammenfassung

Symbol der Weltreligionen

Kurze Zusammenfassung: Verhältnis Christentum und Yoga. Yoga hat verschiedene Aspekte.

Normalerweise Hatha Yoga ist von christlicher Praxis oder ist mit christlichem Glauben und Gedankengut und Praxis sehr gut verbindbar. Die meisten Christen, die großen Kirchen haben dort keine Bedenken.

Ganzheitlicher Yoga – wo es auch um Meditation geht und Arbeit an sich selbst - da würden die meisten christlichen Richtungen sagen: verbindet sich auch gut mit christlichem Gedankengut.

Bhakti Yoga, bei dem hinduistische Mantras und Rituale und Reinkarnation, Karmalehre dabei sind, muss problematischer angesehen werden von christlicher Seite, wobei die meisten Christen heute aufgeklärt sind und nichts dagegen haben, sich auch mal damit auseinander zu setzen. Es gibt allerdings auch Fundamentalisten im Christentum, die können zum Teil nichts damit anfangen. Das muss man anerkennen als Yogaübende. Wenn Bhakti Yoga die Richtung ist kann man auch profitieren von Auseinandersetzungen mit christlichem Gedankengut. Zum einen gilt es sich bewusst zu machen, dass die meisten Christen nicht der Meinung sind, dass alles eins ist. Und das gilt es auch zu akzeptieren. Aus der Richtung aus der ich komme, Yoga Vedanta, sind wir der Überzeugung, dass alle Weltreligionen etwas ähnliches, etwas gemeinsam haben, gilt es auch anzuerkennen, dass andere anderer Meinung sind. Obgleich meine Grundüberzeugung ist, dass innerhalb jeder Religion die Unterschiede sehr viel größer sind als zwischen den Religionen.

Wer Yoga als spirituelles System ansieht kann auch sehr gut profitieren von manchen Lehren von Jesus Christus – insbesondere die bedingungslose Nächstenliebe, soziales Engagement, sich einzusetzen für das Wohl anderer. Die Liebe zu Menschen, die einen nicht mögen. Und auch das Bewusstsein – auch wenn ich nicht vollkommen bin, ich bin ok so wie ich jetzt bin. Jeder wird so seinen eigenen Weg finden. Natürlich heutzutage ist das Jahr 2018 wachsen die Mehrheit der Menschen auf ohne allzu viel über das Christentum zu wissen. Ich weiß noch als ich am Anfang der 80er Jahre Meditationskurse gegeben habe und Yogalehrerausbildungen – dort konnte man immer zugreifen auf die Bilder der Bibel und konnte die Gleichnisse Jesu als bekannt voraussetzen. Die Schöpfungsgeschichte und die Bergpredigt und wichtige Psalmen.

Wenn ich heutzutage Vorträge gebe dann weiß ich die Hälfte im Raum hat kaum Ahnung von christlicher Botschaft und Lehren. Allerdings ist auch eine empirische Feststellung, unter den Christen, die sich als praktizierende Christen bezeichnen, ist der Anteil der Yogaübenden höher als in der Gesamtbevölkerung. Unter denen die Yoga praktizieren ist der Anteil größer, die regelmäßig in der Bibel lesen, als unter dem Durchschnittmitglied der christlichen Kirchen. In diesem Sinne, es gibt empirisch gesehen eine Überschneidung zwischen Christen und Yogaübenden. De facto: Yoga und Christentum kann eine gute Kombination sein.

Mehr auch auf unserer Webseite.

Video - Yoga und Christentum

Wie lässt sich der christliche Glaube mit Yoga vereinen? Stehen Yoga und das Christentum in irgendeiner Beziehung? Muss man überhaupt religiös sein, um Yoga zu praktizieren?

Hierüber spricht Sukadev im Rahmen der Reihe „Yoga und Weltreligionen“, die zur Vortragsreihe „Yoga Vidya Schulung – Der ganzheitliche Yogaweg“ gehört sowie auch Teil des zweiten Jahres der 2-jährigen Yogalehrer Ausbildung ist. (Die 1. Folge innerhalb der Reihe "Yoga und Weltreligionen" ist der Titel YVS645 – Yoga und Hinduismus – Yoga und Weltreligionen – Teil 1.)

Christliche Frauenpower

Jungfrau Maria - Mutter von Jesus

- Ein Artikel aus dem Yoga Vidya Journal Nr. 42 Frühjahr 2021 von Mangala Stefanie Klein -

Ein Blick auf die Überlieferungsgeschichte des Christentums und sein aktuelles, weltliches Erscheinungsbild zeigt eine starke Dominanz von männlichen Lehrern und Führungspersönlichkeiten.

Wo also sind sie, die weiblichen Vorbilder, die, wie Anselm Grün in seinem Vorwort zum Buch „Wüstenmütter“ schreibt, „uns heute zeigen, dass wir von Gott und vom Menschen nur dann richtig sprechen, wenn wir es von der Seite des Mannes und der Frau zugleich tun. Dabei werden wir Ähnlichkeit und zugleich die Verschiedenheit der männlichen und weiblichen Sichtweise entdecken.“

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die spirituellen Lehrerinnen fallen aus den gesellschaftlichen Erwartungen heraus, nicht nur in der Art und Weise wie sie ihre Spiritualität leben und weitergeben, sondern auch wie sie als Frauen so ganz anders leben als ihr Umfeld von ihnen erwartet. Sie stehen für ein Frauenleben, das sich jenseits etablierter Möglichkeiten der traditionellen Frauenrolle bewegt und oft sind sie so Vorbilder für alternative weibliche Lebensentwürfe. Im Folgenden stelle ich eine nicht repräsentative Auswahl von spirituellen Lehrerinnen vor.

Mirjam tanzt vor ihnen her …

In der jüdisch-christlichen Bibel geht es gleich mit einer machtvollen Anführerin los: „Die Prophetin Mirjam, die Schwester Aarons, nahm die Pauke in die Hand und alle Frauen zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her. Mirjam sang ihnen vor: Singt dem HERRN ein Lied, denn er ist hoch und erhaben! Ross und Reiter warf er ins Meer“. (Ex 15, 20-21) Es lohnt sich, sich dieses Bild intensiv vorzustellen, wie Mirjam singend und tanzend das Volk Israel nach dem Durchzug durch das rote Meer anführt.

Die Wüstenmütter (4.-5. Jhd. n. Chr.)

Dass es eine richtige Frauenbewegung im frühen Christentum gegeben haben muss, zeigt das Beispiel der sogenannten „Wüstenmütter“. In ihrem gleichnamigen Buch beschreibt Gabriele Ziegler diese beeindruckenden Frauen als „Aussteigerinnen aus der spätantiken Gesellschaft, die sich in abgelegene Gebiete zurückzogen und zu Begleiterinnen für Frauen, Mönche oder Menschen aus den gebildeten Schichten Alexandrias oder anderer Städte wurden“.

Der Ehrentitel „Amma“ beschreibt einige von Ihnen als geistige Hebammen, die anderen halfen in der Seele erwachsen zu werden und den eigenen Lebensweg zu gehen.

Anders als die zeitgleichen griechischen Philosophen rühmen Kirchenväter und frühe Mönche die Frauen, dass sie die gleiche Kraft zur Askese haben. In den Texten und Lehrgedichten, die von diesen spirituellen Lehrerinnen erhalten sind, finden sich oft weibliche Bilder und Vergleiche.

Die Ägyptische Maria

Sie zählt zu den Wüstenmüttern und über sie gibt es verschiedene Legenden. Eine davon bettet Marias Geschichte in einen Rahmen ein, der von dem Mönch Zosimas erzählt, der nach Jahrzehnten vorbildlicher Askese meint, die Vollkommenheit erreicht zu haben, und zur Begegnung mit der Büßerin Maria geführt wird, die vor ihrer Lebenswende Prostituierte war. Mönch Zosimas begegnet der nackten, vollkommen mit Haaren bedeckten Eremitin Maria in der Wüste und sie erzählt ihm ihre Geschichte. Dann bittet sie ihn, am nächsten Osterfest wieder zu ihr über den Jordan zu kommen und ihr die Kommunion zu bringen. Im nächsten Jahr, Zosimas hatte sich auf den Weg gemacht, war an Ostern der Jordan über die Ufer getreten. Maria kam ihm entgegen, schlug ein Kreuzzeichen, schritt über das Wasser, empfing die heilige Kommunion, machte wiederum das Kreuzzeichen, schritt zurück über das Wasser und verschwand. Als Zosimas nach einem weiteren Jahr zurückkehrte, sah er ihren Leichnam und eine in den Sand geschriebene Bitte, sie zu begraben. Obwohl sie bereits ein Jahr tot war, war ihr Körper nicht verwest. Als Zosimas noch überlegte, erschien ein Löwe und grub mit seinen Tatzen das Grab, in das Zosimas sie dann bettete. (Quelle: Wüstenmütter, Wikipedia)

Gabriele Ziegler beschreibt in ihrem Buch „Wüstenmütter“, wie Maria, unersättlich nach Glück und Liebe, erfährt, das ihr menschliche Liebe nicht geben kann, was sie braucht. In der Begegnung mit dem nahezu vollkommenen Asketen Zosimas lehrt sie ihn, dass es nicht die makellose, moralkonforme Lebensführung ist, die zur Vollkommenheit führt. Ihre Bekehrung ist tief in ihren Gefühlen und in ihrem Willen verankert.

„Gott zum Freund haben”- Teresa von Ávila (1515-1582)

Teresa von Ávila ist eine große Mystikerin des Christentums. Teresa redete mit Gott „wie mit einem Freund“. Dieser persönliche Umgang mit Gott machte sie verdächtig, und so geriet sie in den Blick der Inquisition. So ein vertrauensvoller Umgang mit Gott war nicht üblich, schon gar nicht für eine Frau, die damals als spirituell und geistig minderwertig galt.

Teresa von Ávila war aber vor allem auch eine bodenständige Frau mit großer Tatkraft. Sie unternahm Reisen in ganz Spanien und gründete zahlreiche Klöster, die nicht nur Orte des Gebetes und der Einkehr waren, sondern auch Schutzräume, in denen Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft nach ihren eigenen Vorstellungen leben konnten.

In ihrer Zeit waren geistliche Schriften in der Volkssprache verboten, aber Teresa verfasste dennoch ihre Lebensgeschichte und Schriften über ihre inneren Erfahrungen.

Für Theresa gibt es keine Trennung zwischen Aktion und Kontemplation und einer ihrer bekanntesten Aussprüche hängt in vielen Klosterküchen: „Christus ist auch zwischen den Kochtöpfen“. Theresa lehrt, dass jegliches Handeln in der Welt getragen ist, von der Erfahrung des Göttlichen und der Freundschaft Gottes mit den Menschen.

Lust auf mehr ...

Besonders für christliche Yogaübende können die großen Mystikerinnen wie zum Beispiel Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Birgitta von Schweden, Madeleine Delbrêl und viele andere eine Quelle der Inspiration sein. Fast immer haben sie sich eingemischt in das Zeitgeschehen und weltlichen Führern und Kirchenoberen die Meinung gesagt. Nicht zu vergessen die vielen nicht genannten Frauen. Es lohnt sich weiter zu forschen. Lassen wir uns anstecken von der Energie und Tatkraft dieser Frauen, deren Leben ausgerichtet und getragen war von der Erfahrung des Göttlichen.

Geschichte der christlichen Meditation

Otto Grein (1869–1916): Betende Hände, Bleistift und Kohle auf Velin

Von jeher war das Gebet ein wesentliches Element des Christentums. Mit Beginn des Mittelalters bewegte sich etwas in den klösterlichen Traditionen der westlichen wie auch der östlich-orthodoxen Kirche, und man machte einen Schritt über das mündlich gesprochene Gebet hinaus, hin zur christlichen Meditation. Diese Entwicklung führte zu zwei eigenständigen und voneinander verschiedenen Meditationspraktiken: einmal die der "Lectio Divina" (lat., wörtl.: "göttliche Lesung") im Westen und zum anderen die des "Hesychasmus" (griech.: Stille, Ruhe, Schweigen, Frieden). Im Letzteren steht das Rezitieren des Jesusgebets im Vordergrund, während in der Lectio Divina immer wieder verschiedene Abschnitte der Hl. Schrift wiederholt werden. Trotzdem ist die Lectio Divina ursprünglich keine Praxis, in der unbedingt Rezitationen gebräuchlich sind.

Der Übergang vom reinen "Bibel-Lesen" hin zur Meditation, zu einer göttlichen Gewahrwerdung in Liebe und Kontemplation (Gottesschau), wurde erstmals offiziell beschrieben von Guigo II., einem Kartäuser Mönch, der im späten 12. Jahrhundert verstarb. Sein Buch "Die Leiter der Mönche" wird als erste Beschreibung eines methodischen Gebetsansatzes in der westlich-mystischen Tradition angesehen.

Das klösterliche Brauchtum des ständigen, fortwährenden Gebets, welches bis auf die Wüstenväter und Euagrius Pontikus (345 - 399 n. Chr.) zurückgeht, begründete im Christentum des Ostens die Praxis des Hesychasmus und beeinflusste so im 7. Jahrhundert das Werk "Die Leiter des göttlichen Aufstiegs" des Hl. Johannes Climacus. Im 14. Jahrhundert wurden dann diese meditativen Gebete von St. Gregor Palamas bekannt gemacht und gefördert.

Vom 18. Jahrhundert an wurde von manchen Abzweigen des westlichen Christentums auf die Meditationspraxis keinen so großen Wert mehr gelegt. Sie erlebte aber Anfang des 20. Jahrhunderts ein Revival. Verschiedene Bücher und Artikel befassten sich mit der Lectio Divina und brachten sie gegen Mitte des Jahrhunderts wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Das II. Vatikanische Konzil betonte 1965 in den dogmatischen Grundsätzen "Dei Verbum" (lat.: "das Wort Gottes") den Nutzen des Gebrauchs der Lectio Divina. Im Jahr 2005, zum 40. Jahrestag des Dei Verbum, unterstrich Papst Benedikt XVI. nochmals ihre Bedeutung.

Das frühe Christentum

Die Geschichte sowie der Ursprung der christlichen Meditation war im Westen wie auch im Osten schon immer sehr mit dem Klosterleben verflochten. Um das 4. Jahrhundert entstand eine christliche Bewegung, die unter dem Namen "Wüstenväter" bekannt wurden. Diese Christen waren in die Wüsten von Palästina und Ägypten gezogen, um Gott in der Einsamkeit und Zurückgezogenheit zu suchen. In dieser Phase entstand die christliche Tradition des ständigen Gebets in Abgeschiedenheit. Sie wurde zu einem frühen Vorbild für klösterliches, christliches Leben.

Im 5. Jahrhundert beschrieb Johannes Cassinus (Wüstenvater, 360 - 435 n. Chr.) sein Leben und das seiner Mitbrüder als von Andacht und Kontemplation geprägt. Auch Euagrius Pontikus schrieb ausführlich über reine Gebete; später erschienen auch asketische Schriften und Werke über das Gedankengut und die Weisheiten der Wüstenväter. Das Feuergebet, welches seinerzeit aus tiefster Liebe und Hingabe zu Gott entstanden war, sollte im Christentum des Ostens ein neue Form des Lebens initiieren, welches der Meditation und Kontemplation geweiht war.

Diese Wüsten-Meditationen sind allerdings nicht mit den modernen Methoden der Meditation und Reflektion von heute zu vergleichen. Der Ablauf damals war in etwa so, dass die Wüstenmönche in großen Versammlungen zusammenkamen, um öffentlich rezitierte Texte aus den heiligen Schriften zu hören. Später dann wurden diese Texte von jedem Mönch in den privaten Zellen wiederholt. Meditation war damals eher ein Erinnern der gehörten Texte und ihre Rezitation, und somit also vorrangig eine verbale Übung.

Das frühe Mittelalter

Gegen Ende des 4. Jahrhunderts war das Mönchtum von Martin von Tours in der westlichen Welt eingeführt, und klösterliche Traditionen hatten begonnen, Gestalt anzunehmen.

Im 6. Jahrhundert umfasste die Benediktsregel (Regula Benedicti), so genannt nach dem Hl. Benedikt von Nursia (ca. 480 - 547 n. Chr.), drei Elemente: das öffentliche Gebet, harte körperliche Arbeit und die Lectio Divina. Die Entstehung des christlichen Klosterbrauchtums sorgte für die Entwicklung eines enthaltsamen und zurückgezogenen Lebensstils. Es wurden Übungen durchgeführt, die hilfreich bei der Meditation waren und den Geist von allen weltlichen Dingen frei hielten. In seinen Mönchsregeln legte Papst Gregor der Große 12 Stufen der Askese fest, welche auf Abstinenz, Kasteiung des Fleisches und Demut basierten. Um weltliche Verunreinigungen durch normale Menschen, die weder Mönche waren noch dem Klerus angehörten, zu vermeiden, wurde einem Mönch durch die Benediktsregel z. B. verboten, mit Fremden zu essen; es sei denn, er war so weit von seinem Kloster entfernt, dass er es nicht mehr am gleichen Tag erreichen konnte.

Durch die Benediktregel wurden bestimmte Zeiten und ein bestimmtes Verhalten für die Lectio Divina, der meditativen Lesung der Hl. Schrift, vereinbart. Wegen der besonderen Kombination von Spiritualität und Mäßigung bzw. Ausgewogenheit war die Benediktregel um das 10. Jahrhundert weit verbreitet und wurde in der westlichen Welt zur allgemeinen Norm für das Klosterleben im Mittelalter.

Nach dem 10. Jahrhundert, während des Byzantinischen Reiches (Oströmisches Reich), führten die Traditionen der Wüstenväter im östlichen Teil der christlichen Kirche zum Hesychasmus. Diese Lebensweise und Gebetsmethode entwickelte sich vor allem auf dem Berg Athos in Griechenland. Der Hl. Gregor von Sinai wird nach allgemeiner Auffassung als Begründer des hesychastischen Ansatzes in den frühen Jahren des 14. Jahrhunderts angesehen. Obwohl es später zu Kontroversen zwischen Barlam und St. Gregor Palamas kam, konnte sich zwar letztlich der Hesychasmus innerhalb der östlichen Kirche etablieren, sich aber nie maßgeblich zum Westen hin durchsetzen. Im Hesychasmus wird vornehmlich das Jesusgebet rezitiert.

Im Westen erfuhren die Gebetspraktiken bis zum 11. Jahrhundert nur sehr geringe Veränderungen gegenüber den ursprünglichen Vorlagen. Doch dann spielte das Mönchtum wieder eine Schlüsselrolle bei der Erneuerung. Es wurde zunächst ein Grundkonzept für die Form des Betens festgelegt, dann eine neue Meditationsmethode eingeführt und schließlich noch hervorgehoben, dass klösterliches Beten untrennbar mit einer bestimmten Lebensführung verbunden ist.

Gegen Ende des 11. Jahrhunderts tauchten zwei spezielle Genres von Gebetsliteratur auf. Das erste waren Ergänzungen zur Augustinischen Form der Huldigung Gottes und des Selbst (Seele). Das Werk "Die Meditationen" des Hl. Augustinus wurde zu der Zeit sehr populäres. Zwar verfasste der Hl. Anselm ein ähnliches Werk mit Meditationen und Gebeten, aber es enthielt weder methodische Elemente noch wurde die Zeitdauer der Übungen genau angegeben und war so einfach nur eine weitere Ansammlung von Material für die Lectio Divina.

Für das zweite Genre steht beispielhaft Hugo von Sankt Viktor (um 1097 - 1141 n. Chr.). Er versuchte den Formen der Meditation, wie sie seinerzeit in den klösterlichen Traditionen üblich waren, mehr Struktur zu geben. Hugo beschrieb drei Arten, die Seele zu erfahren: "Denken, Meditation und Kontemplation". Er richtete seine Art der Meditation als einen Weg hin zur Kontemplation aus. Dieser Ansatz wurde später noch weiter entwickelt von Guigo II., dessen "Leiter der Mönche" in diesem Zusammenhang immer noch als Schlüsseltext angesehen wird. Dieses zweite Genre führte zu einer methodischen Gebetspraxis und beinhaltete Ansätze, in welchen Vorstellungskraft und Verbildlichung großer Wert beigemessen wurden.

Guigo II. (der neunte Kartäuser Prior) ging noch über die Auffassung von Guigo I. (der fünfte Prior) hinaus, als er schrieb: "Das Studium der Schriften ist die Begegnung mit dem Wort Gottes und die Meditation die Suche nach dem verborgenen Sinn dieses Wortes. Gebet bedeutet, sein Herz Gott zuzuwenden und Kontemplation, seinen Verstand zu Gott zu erheben und über sich hinaus zu Geist werden zu lassen." Das Werk "Die Leiter der Mönche" von Guigo II. soll die erste detaillierte Schilderung einer Gebetsmethode in den mystischen Traditionen der westlichen Welt sein.

Im 11. Jahrhundert war es St. Anselm von Canterbury, der neue Gebetsmeditationen erstellte. Ihr Schwerpunkt lagen jedoch immer noch auf den traditionellen klösterlichen Vorlagen der Lectio Divina. Anselm entwarf seine berühmte Schrift "Proslogion" und nannte sie einleitend: "Eine kurze Studie am Beispiel einer Meditation über die Bedeutung von Glaube". Die Meditationsansätze im Proslogion sollten den Leser zur Kontemplation, zu einer Gottesschau führen. Anselms Lehre, welche sehr stark von den klösterlichen Meditationstraditionen des Mittelalters geprägt war, besagt unter anderem, dass Meditation dazu führen kann, "das Antlitz Gottes in Kontemplation zu schauen".

Das späte Mittelalter

Gegen Beginn des 14. Jahrhundert hatte Gerard van Zutphen mit seinem Hauptwerk "Der Spirituelle Aufstieg" auf Guigos Werk "Leiter der Mönche" aufgebaut. Zutphen warnt darin vor reflektierter Meditation ohne Lesung der Schriften und lehrt, dass das Lesen den Geist vorbereite; ohne Lesen würde Meditation in die Irre führen. Ähnlicherweise lehrte er auch, dass Meditation den Geist für die Kontemplation vorbereite. Zutphens Definition von Meditation wird allgemein als Synthese eines mittelalterlichen Konsensus des Themas Meditation angesehen:

"Meditation ist ein Prozess, in dem du das, was du gelesen oder gehört hast, unablässig in deinem Herzen bewegst und aufrichtig darüber reflektierst, um deine Liebe zu entfachen und dein Verständnis zu erleuchten."

Durch die Schriften von Geert Groote, Gerard van Zutphen und Jan Mombaer wurde mit Ankunft der Devotio Moderna in Deutschland und Holland mehr Struktur in die Meditation eingeführt, und die Praxis wurde dann in der westlichen Welt gegen das 14. Jahrhundert systematischer. Die Tradition des "methodischen Gebets", welche tagtägliche und wochenlange Übungen ansetzte, fand eine große Gefolgschaft in der römisch-katholischen Kirche sowie später auch in den reformierten christlichen Gemeinschaften.

Johannes vom Kreuz

Im 15. Jahrhundert entwickelte dann Ignatius von Loyola eine Technik, in welcher der Meditierende sich mental in eine Szene aus der Bibel versetzt und so z. B. ein Gespräch mit Jesus am Kreuz auf dem Berg Golgotha zu führen beginnt. Eine ähnliche Idee war schon 1374 n. Chr. von Ludolph von Sachsen in seinem Werk "Vita Christi" (das Leben Christi) vorgetragen worden. Auch hier sollte sich der Leser mittels seiner Vorstellungskraft in das Leben Jesu Christi hineinversetzen.

Während des 15. Jahrhunderts wurden von Lorenzo Giustiniani und Louis Barbo, zwei Venezianern, Reformen innerhalb der kirchlichen und klösterlichen Traditionen angestrebt. Beide Männer betrachteten das methodische Gebet und die Meditation als wesentliche Elemente und Werkzeuge für die durchzuführenden Reformen. Barbo, der im Jahre 1443 n. Chr. starb, schrieb eine Abhandlung über das Gebet mit dem Titel: "Forma orationis et meditionis", auch bekannt unter "Modus meditandi". Er beschrieb darin drei Arten von Gebeten: das gesprochene Gebet, am geeignetsten für Anfänger, die Meditation, eher geeignet für Fortgeschrittene und die Kontemplation als höchste Form des Gebets, welche erst nach dem Meditationsstadium erreicht werden konnte.

Auf Bitte von Papst Eugen IV. führte Barbo diese Methoden in Valladolid, Spanien, ein. Sie wurden zum Ende des 15. Jahrhunderts auch im Kloster von Montserrat so ausgeübt. Diese Methoden sollen dann Garcias de Cisneros beeinflusst haben, welcher seinerzeit wiederum auf Ignatius von Loyola seine Einwirkung gehabt haben soll.

Die Art des "methodischen Gebets", wie sie von den Devotio Moderna Gruppen gelehrt wurde, erreichte Spanien und wurde gegen Ende des 15. und in den frühen Jahren des 16. Jahrhunderts dort bekannt. Ein Buch mit dem Titel "Die Nachahmung Christi", auch "Contemptus Mundi" in Spanien genannt, tauchte auf und wurde auf der iberischen Halbinsel publik. Während Teresa von Avila anfangs wahrscheinlich nichts von den Methoden wusste, so scheint sie doch über die Werke von Francisco de Osuna, die sie damals studierte, von den Lehren Guigos II. gehört zu haben und von ihnen beeinflusst worden zu sein. Der Mitstreiter und Zeitgenosse von Teresa, Johannes vom Kreuz, setzte dann die Tradition von Guigo II. fort und lehrte die vier Stufen der Lectio Divina.

18.-20. Jahrhundert

Vom 18. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lockerten sich die starren, einst unveränderbaren Elemente der Meditation in einigen Abzweigen des westlichen Christentums. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde außerhalb der Klostermauern die Überbetonung der biblischen Meditation langsam abgebaut. Das hatte seinen Grund darin, dass sich eine historisch kritischere Herangehensweise bei der Deutung der Bibeltexte durchgesetzt hatte, die schon fast ein Jahrhundert vorher eingeläutet worden war und welche die Geschichtlichkeit der in den Evangelien beschriebenen Ereignisse in Frage stellten. Gleichzeitig dazu jedoch hatte sich die biblische Meditation als wichtiges Element fest im protestantischen Kirchentum eingerichtet.

Die starren Elemente und der methodische Ansatz der meditativen Praxis wurden in der westlichen Welt auch öfters mit Kontemplation gleichgesetzt. Dank der positiven Einstellung ihr gegenüber, welche charakteristisch für das 15. Jahrhundert der christlichen Ära war, hatte die Gebetspraxis durchaus daraus ihren Nutzen ziehen können. Aber nach Thomas Keating, einem Trappisten Mönch, welcher erste moderne Kommentare über die christlich methodische Gebetsmeditation abgegeben hat, soll "vom 16. Jahrhundert an aufwärts eine eher negative Haltung gegenüber der Kontemplation vorgeherrscht haben". Er führt diese Einstellung auf verschiedene Faktoren zurück. Neben der Kontroverse über den Quietismus im 17. Jahrhundert soll es auch eine neue Tendenz zur Unterscheidung gegeben haben,- einmal zwischen der Gebetsmeditation, in der Gedanken vorherrschten, dann zwischen dem Herzensgebet, wo als willentlicher Akt ein gefühlsbetontes Gebet gesprochen wurde und des weiteren zwischen Kontemplation, in welcher der Ausführende von der Gnade Gottes durchdrungen wird.

Diese Unterteilung in einzelne, eigenständige Einheiten, die sich vollständig voneinander unterschieden, war ein weiterer Schritt in der Entwicklung des Gebets. Es führte aber auch zu der Auffassung, dass Kontemplation eine außergewöhnliche Gnade wäre und als Privileg nur wenigen vorbehalten.

Keating erklärte weiter, dass die Spirituellen Übungen des Ignatius von Loyola äußerst wichtig seien, wolle man das gegenwärtige Stadium der Spiritualität in der römisch-katholischen Kirche verstehen. Es sei aber eine Tendenz zu bemerken, in der die spirituellen Übungen wieder auf die methodische Gebetsmeditation reduziert werden sollen.

Die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts erfuhren ein Revival der Übungspraxis. Gegen Mitte des Jahrhunderts erschienen mehr und mehr Bücher und Artikel mit dem Ziel, die Lectio Divina in das Licht der Öffentlichkeit zurückzubringen. Im Jahre 1965 wurde in dem Hauptdokument des II. Vatikanischen Konzils, "Dei Verbum" genannt, noch einmal der Gebrauch der Lectio Divina hervorgehoben. Zum 40. Jahrestag des Dei Verbum bestätigte Papst Benedikt XVI. wieder ihre Bedeutung.

Das 20. Jahrhundert wurde auch Zeuge einer neuen Fokussierung auf die biblische Meditation. Sie könnte als "hingebungsvolle und mit offenem Herzen geführte Praxis des Nachsinnens über Worte eines oder mehrerer Verse der Hl. Schrift" definiert werden. Moderne biblische Meditationen werden so gestaltet, dass der Mensch von heute sich mit der biblischen Botschaft identifizieren und verbinden kann. Solche Arten von Meditationen können sich mit ausgesuchten Meditationsthemen, welche dann werktags oder sonntags mit zwei oder drei Bibellesungen zusammenwirken, auf bestimmte Jahreszeiten wie z. B. die Fastenzeit beziehen. Die Meditationssequenz kann dann z. B. mit einer Zusammenfassung einer Bibellesung beginnen, in der besondere Ideen und Themen aufgeworfen werden. Der Praktizierende meditiert dann darüber und beendet schließlich die Meditation mit einem angemessenen Gebet. Derartige Meditationen können aber auch zu ganz gewöhnlichen Zeiten, also nicht nur für die starken Jahreszeiten wie der Fastenzeit oder Ostern, entworfen werden.

Im 20. Jahrhundert wurden christliche Meditationsarten gelehrt, in welchen relativ neue Andachtsansätze, z. B. über die göttliche Barmherzigkeit, gebräuchlich wurden.

Christentum - Geschichte des Reinkarnationsgedanken

Bildnis der Auferstehung Jesus Christus

- Abschnitt aus Karma und Reinkarnation von Sukadev Bretz -

Wie oben dargelegt, war zur Zeit Jesu in zwei der drei jüdischen Hauptrichtungen, nämlich den Essenern und den Pharisäern, der Reinkarnationsglaube weit verbreitet, ebenso in der griechisch-römischen Welt und im Manichäismus, durch welchen wiederum die Essener stark beeinflusst waren. So wundert es wenig, dass es eine Reihe von Textstellen im Neuen Testament gibt, welche vom Standpunkt der Reinkarnationslehre interpretiert werden können. Ebenso ist es ganz verständlich, dass eine Reihe von frühchristlichen Strömungen von Reinkarnation ausgegangen sind. Man wird nicht sagen können, dass Jesus und alle Frühchristen an Reinkarnation geglaubt haben. Jede Bibelstelle, die Reinkarnation nahezulegen scheint, kann auch anders interpretiert werden. Und es gibt einige Bibelstellen, welche dem Glauben an Reinkarnation entgegengesetzt sind.

Da dieses Buch jedoch eher ein Plädoyer für Reinkarnation ist, will ich, meiner Einseitigkeit bewusst, zunächst einige Bibelstellen zitieren:

  • (Jesus über Johannes den Täufer:) Und wenn ihr es gelten lassen wollt: Ja, er ist Elija, der wiederkommen soll. (Mt 11,14)
  • (Jesus fragte seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn?) Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. (Mt 16,14)
  • (Über Johannes den Täufer:) Andere sagten: Er ist Elija. Wieder andere: Er ist ein Prophet wie einer von den alten Propheten. (Mk 6,15)
  • (Johannes der Täufer über sich selbst:) Sie fragten ihn: Wer bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. (Joh. 1,21)

All diese Zitate legen nahe, dass zur Zeit Jesu ganz selbstverständlich über frühere Leben gesprochen wurde und diskutiert wurde, wer wessen Reinkarnation war.

Die vielen Stellen in der Bibel, die darüber sprechen, dass der Mensch erntet, was er sät, machen am meisten Sinn, wenn sie mit Reinkarnation verknüpft werden. Denn es ist offensichtlich, dass in diesem Leben Menschen nicht ernten, was sie in diesem Leben gesät haben. Nur wenn man versteht, dass mindestens einige der Jünger von Reinkarnation ausgingen, kann man die ständigen Fragen der Jünger nach der Schuld der Menschen an ihrem eigenen Leid verstehen.

„Und als er vorbeiging, sah er einen Menschen, der blind war von Geburt an. Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Rabbi, wer hat gesündigt, so dass er blind geboren ist, dieser oder seine Eltern? Jesus antwortete: Weder dieser hat gesündigt, noch seine Eltern; sondern an ihm sollten die Werke Gottes offenbar werden!“ (Joh. 9,1-3). Hier wendet sich Jesus gegen einen zu kurz gegriffenen Karma-begriff. Aber es scheint so, dass die Jünger selbstverständlich von Reinkarnation ausgehen. Wie sonst könnte jemand aus eigener Sünde heraus blind geboren werden?

  • „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden." (Matthäus 7, 1-2).
  • „Sündige hinfort nicht mehr, dass dir nicht Schlimmeres widerfahre." (Johannes 5, 1)
  • „Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Meinet ihr, dass diese Galiläer vor allen Galiläern Sünder gewesen sind, die weil sie das erlitten haben? Oder meinet ihr, dass die achtzehn, auf die der Turm von Siloah fiel und sie erschlug, seien schuldig gewesen vor allen Menschen, die zu Jerusalem wohnen?“ (Lukas 13,3-4)
  • „Womit jemand sündigt, damit wird er auch bestraft." (Weisheit 11, 16)

In apokryphen Schriften, also frühchristlichen Schriften, die später nicht in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen wurden, gibt es eine Reihe von Bezügen zu Reinkarnation. Hier nur ein Beispiel:

  • „Jesus sprach: Heute wenn ihr euer Ebenbild seht, freut ihr euch. Wenn ihr aber eure Bilder seht, die vor euch geworden sind, ... wie viel werdet ihr ertragen?" (Thomas Evangelium V. 84)

In den ersten Jahrhunderten nach Christus wurde viel über die Präexistenz der Seele, also über die Existenz der Seele vor der Geburt des Körpers gestritten. Diese Lehre wurde mindestens stellenweise vertreten unter anderem von Justinus dem Märtyrer (100-165), Tatian (2. Jahrhundert), Clemens von Alexandria (150-214), Gregorios von Nyssa (334-395), Synesios von Kyrene (370-413) oder auch dem Heiligen Augustinus (354-430) und Bischof Nemesios von Emesa (um 400-450). Eine Präexistenz der Seele ist natürlich Voraussetzung für die Reinkarnation der Seele.

Der Kirchenlehrer Origenes formulierte es wie folgt explizit in seinem Werk „De Principiis“:

  • „Wenn man wissen will, weshalb die menschliche Seele das eine Mal dem Guten gehorcht, das andere Mal dem Bösen, so hat man die Ursache in einem Leben zu suchen, das dem jetzigen Leben voranging. Jeder von uns eilt der Vollkommenheit durch eine Aufeinanderfolge von Lebensläufen zu. Wir sind gebunden, stets neue und stets bessere Lebensläufe zu führen, sei es auf Erden, sei es in anderen Welten. Unsere Hingabe an Gott, die uns von allem Übel reinigt, bedeutet das Ende unserer Wiedergeburt.“

Und an einer anderen Stelle schreibt er:

  • „Aufgrund einer Anziehung an das Böse nehmen bestimmte Seelen Körper an, zunächst einen menschlichen. Nachdem ihre Lebensspanne als Mensch dann abgelaufen ist, wechseln sie aufgrund irrationaler Begierden in einen Tierkörper über, von wo sie auf die Ebene von Pflanzen sinken. Aus diesem Zustand erheben sie sich wieder, indem sie die gleichen Stufen durchlaufen und kehren zu ihren himmlischen Orten zurück.“

Nach Stevenson (a. a. O. S. 56) hat mindestens ein Teil der Christen Südeuropas bis zum 6. Jahrhundert die Reinkarnationslehre befürwortet. Sie war zwar kein Teil der „offiziellen“ kirchlichen Lehrmeinung, scheint aber bis zum Konzil von Konstantinopel (553) als annehmbare Lehre toleriert worden zu sein. Erst im Gefolge des Konzils zu Konstantinopel ist die Lehre der Reinkarnation in den offiziellen Kirchen immer mehr verschwunden, nach Meinung mancher Kenner der Kirchengeschichte aber nie offiziell verboten worden. Geddy McGregor zum Beispiel hat in seinem Buch „Reinkarnation und Karma im Christentum“ aufzuzeigen versucht, dass die Kirche Reinkarnation niemals offiziell verdammt habe, weder die katholische noch die evangelische und man daher als Christ, unabhängig davon, was einzelne Pfarrer oder Theologen sagen, durchaus an Reinkarnation glauben könne. Anscheinend gab es über viele Jahrhunderte immer wieder Bischöfe und sogar Päpste, die sich positiv über Reinkarnation geäußert haben.

Bis sie durch Verfolgungen ausgelöscht wurden, gab es viele Jahrhunderte sogenannte christliche Gnostiker, welche sich auf die Evangelien und apokryphe Schriften stützten und von Evolution über viele Leben ausgingen.

Die Katharer, eine christliche Sekte in Südfrankreich und Italien (12. bis 15. Jahrhundert), vertraten noch im Mittelalter die Reinkarnationslehre. Mindestens aus den Aufzeichnungen ihrer katholischen Verfolger, von denen sie schließlich ausgerottet wurden, geht hervor, dass manche der Katharer von Erinnerungen an frühere Leben sprachen.

Manche nicht kirchliche Kenner der Kirchengeschichte meinen, dass das schrittweise Zurückdrängen des Reinkarnationsglaubens letztlich eine Machtfrage war. Im Lauf der Jahrhunderte hat die katholische Kirche sich die Macht angeeignet, Sünden vergeben zu können und damit Mittlerin des Heils zu werden. Diese Macht, Seelen vor Fegefeuer und Ewiger Verdammnis zu bewahren, wäre durch die Möglichkeit der Wiedergeburt erheblich eingeschränkt worden. Man braucht sich nur darüber bewusst zu werden, dass ein großer Teil der wunderschönen kirchlichen Gebäude in Rom, darunter der Petersdom, mit dem Ablass-Handel bezahlt wurden.

Es wäre allerdings vermessen zu behaupten, dass Jesus Reinkarnation gelehrt hätte und die Kirche diesen Glauben verfälscht und umgekehrt hätte. Die Größe der Bibel (wie auch der Bhagavad Gita) liegt unter anderem darin, dass sie widersprüchliche Aussagen zu vielen Aspekten des Lebens und des Glaubens verbindet. So konnten und können sich verschiedenste Menschen in der Bibel wieder finden. Ich meine, dass man sehr wohl Christ sein und an Reinkarnation glauben kann. Ich meine auch, dass man Yoga praktizieren kann, ohne an Reinkarnation zu glauben...

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