Toleranz

Aus Yogawiki

Toleranz ist die Fähigkeit, andere Meinungen, Überzeugungen, Ansichten, Lebensweisen und Lebensstile zuzulassen. Toleranz kommt von Lateinisch tolerare, ertragen. Zunächst bedeutet Toleranz, etwas ertragen zu können, etwas tolerieren zu können.

In der Zeit der Aufklärung im 17./18. Jahrhundert wurde Toleranz als wichtiger Wert angesehen: Auch wenn man anderer Überzeugung ist oder eine andere Religion praktiziert oder auch einen anderen Lebensstil führt, so gilt es andere Formen zu tolerieren. Vorher war es üblich, Menschen mit anderen Überzeugungen zu verfolgen. Dies ist heutzutage noch in vielen Teilen der Erde gängig.

In westlichen oder westlich geprägten Gesellschaften strebt man jedoch danach, sich gegenseitig zu respektieren: Anstatt andere Ansichten und Lebensstile nur zu tolerieren, gilt es diese auch wertzuschätzen. Man kann von anderen Menschen viel lernen. Indem man anderen mit Respekt und Hochachtung begegnet, kann man sein Leben immer wieder mit neuen Einsichten und Inspirationen bereichern.

Toleranz kommt an ihre Grenzen, wenn gegen wichtige Grundsätze der Ethik verstoßen wird, insbesondere gegen Ahimsa, das Nichtverletzen. Im (zwischen-)staatlichen, aber auch persönlichen Bereich spielen in diesem Kontext die Menschenrechte eine zentrale Rolle.

Was ist Toleranz? Woher stammt das Wort? Wozu ist Toleranz gut? Was sind Synonyme, was das Gegenteil von Toleranz? Umfangreicher Artikel mit Vortragsvideo und Tipps.

Toleranz in der Liebe

Toleranz als hilfreiche Tugend

Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Toleranz ist ein sehr wichtiger Wert. Toleranz ist etwas, was gerade in der Zeit der Aufklärung als eine besonders wichtige Eigenschaft von Menschen sich entfaltet hat. Toleranz kommt aus dem Lateinischen und leitet sich ab von "ertragen" oder "erdulden". Toleranz heißt, dass man Meinungen anderer aushält. Toleranz heißt, dass man Menschen, die andere Werte und Vorstellungen haben, respektiert. Toleranz ist letztlich nur eine Vorstufe zu Liebe, Mitgefühl, Verständnis und Respekt.

Im Laufe der philosophischen Entwicklung ist eine fortschreitende Toleranz erkennbar und Toleranz nahm immer mehr an Bedeutung zu. Im christlichen Abendland war es Jahrhunderte lang jedoch zunächst im Wesentlichen Intoleranz, die gepredigt [[wurde. Andersgläubige wurden als Ketzer verfolgt, es wurden Religionskriege geführt, es wurden andere als Häretiker bezeichnet. Viel wurde nur über die Frage gestritten, ob Jesus]] Gott gleich oder Gott ähnlich ist - ganz zu schweigen von Kämpfen zwischen den Religionen und religiösen Strömungen.

Im 17./18. Jahrhundert wurde der Gedanke der Toleranz zunehmend wichtiger. Toleranz in dem Sinne, dass man begann, andere Glaubensrichtungen anzuerkennen. Toleranz heißt, der Auffassung zu sein, dass nicht alle Christen, Moslems, Juden werden sollten, sondern es frei zu stllen. Wichtiger wäre, voneinander zu lernen, miteinander zusammen zu wohnen und miteinander zurechtzukommen.

Menschen haben unterschiedliche Vorstellungen und Lebensentwürfe, Menschen haben unterschiedliche Wertvorstellungen. Und es gibt auch Grenzen der Toleranz. Z.B., wenn jemand die Vorstellung hat, dass er andere umbringen muss, dann ist dort die Grenze der Toleranz erreicht. Oder wenn man einer bestimmten fanatisierten Form einer Religion begegnet, die besagt, alle Andersgläubigen umzubringen, ist auch das nicht tolerierbar.

Es gibt somit Grenzen der Toleranz, aber es gibt auch eine weite Fassung von Toleranz. Toleranz heißt, dass man divergierende Meinungen -solange sie grundsätzlichen Werten entsprechen- gelten lässt (und lassen sollte), selbst wenn man sie persönlich nicht mag. Toleranz kann heißen, wenn du einer bestimmten Ernährungsform folgst, dass du andere Ernährungsformen dennoch gelten lässt. Toleranz kann heißen, dass Menschen neben dir anders gekleidet sind, einen anderen Haarschnitt haben, an etwas Anderes glauben, oder Anderes für wahr halten.

Etwas höherwertiger als Toleranz ist der Begriff Respekt, höherwertiger als Toleranz ist auch der Begriff Anerkennung. Man kann die Angehörigen anderer Religionen tolerieren und denken:"Ich habe die allein seligmachende Wahrheit gepachtet, aber die anderen kann ich halt nicht bekämpfen, also toleriere ich sie. Obgleich sie keine wertvolle Religionen sind lasse ich sie gelten. Ich toleriere sie, ich halte sie aus, ich erdulde sie." Besser noch wäre zu sagen: "Ich erweise ihnen Respekt und Hochachtung und sehe, dass unterschiedliche Religionen letztlich ähnliche Zielvorstellungen verfolgen."

Das heißt, man richtet seinen Blick stärker auf die Gemeinsamkeiten. Und man kann erkennen, jede Religion hat auf ihre Weise eine besondere Spiritualität entwickelt. Man kann davon lernen, man kann Respekt zeigen. Das ist etwas, das Swami Sivananda gemacht hat: Vom Christentum hat er die Bergpredigt besonders geschätzt, er hat vom Jainismus die Grundlage von Ahimsa übernommen und er hat auch vom Islam Einiges wertgeschätzt. Er hat sich auch inspirieren lassen von verschiedenen philosophischen Strömungen. Er hat also nicht nur Toleranz geübt, sondern Wertschätzung und er hat von Vielem gelernt.

Du kannst jetzt selbst überlegen, was Toleranz für dich heißt; wo Toleranz bei dir vielleicht noch ausgebaut werden könnte, so dass du sagst:"Da muss ich mich engagieren, um das zu überwinden." Wo es ggfs. Gebiete gibt, bei denen du sagst:"Ich halte zwar diese Meinungen nicht für richtig, aber es ist wichtig, dass ich sie toleriere, dass ich Toleranz übe."

Und vielleicht kannst du noch überlegen, wo du Respekt haben kannst für die Meinung anderer und vielleicht noch ausbauen kannst. Der Wunsch zu lernen, und zwar von anderen und auch Kritikfähigkeit zu lernen, d.h. von den Meinungen anderer auf positive Weise zu profitieren - das ist wichtig. Es ist dann nicht nur Toleranz, sondern Lernbegierde und der Wunsch zu lernen.

Neugier ist auch noch etwas, was wichtiger sein kann als Toleranz. Überlege selbst, was für dich Toleranz heißt und schaue, ob du vielleicht noch mehr tolerant sein kannst gegenüber anderen Lebensentwürfen oder Vorstellungen, wie man sein Leben leben kann. Und überlege auch, ob du, wenn du ein toleranter Mensch bist, diese Toleranz noch mehr in Richtung Neugier, Lernbegierigkeit, Respekt und Hochachtung umwandeln kannst. Und schaue vielleicht auch, wo du Grenzen der Toleranz siehst.

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Toleranz auf dem spirituellen Weg

Toleranz führt zu Frieden

Ich bin gerade dabei, über den spirituellen Weg zu sprechen und das, was es zu beachten gilt auf dem spirituellen Weg. Wichtige Fragen, sowohl für denjenigen, der am Anfang des spirituellen Weges steht, wie auch für denjenigen, der schon eine Weile auf dem spirituellen Weg ist und sich nochmal überprüfen will:

  • Beachte ich all das, was es zu beachten gibt?
  • Falle ich in irgendwelche Fallen auf dem spirituellen Weg?

Eine wichtige Eigenschaft auf dem spirituellen Weg ist Toleranz. Im Yoga sprechen wir immer von Sattva, Rajas und Tamas. Als Schüler, als Chela oder Shishya, gilt es sattwig zu sein.

Hauptmotivationen - Die Vier Purusharthas

Ich hatte auch in früheren Vorträgen gesprochen über die sogenannten vier Purusharthas, also die vier Hauptmotivationen des Menschen:

  • Weiter gibt es Dharma, und Dharma ist der Wunsch, etwas Gutes zu bewirken in dieser Welt wie auch seine eigenen Fähigkeiten zu kultivieren.

Ich nehme an, du bist jemand, der den Wunsch nach Dharma und nach Moksha besonders stark hat. (Denn sonst würdest du vermutlich diese Vortragsreihe nicht anschauen.) Toleranz ist dabei sehr wichtig.

Man kann auch nach Dharma streben auf sattvige, rajasige und tamasige Weise (und darüber habe ich auch schon mal in einem anderen Vortrag gesprochen).

Es gibt zwei Arten von Dharma. Das eine ist Dharma im Sinne von das zu leben, was in einem steckt, seine Talente und Fähigkeiten entfalten. Irgendwo gehört da auch Selbstliebe dazu, und irgendwo gehört dort auch dazu, dass man das tut, was so aus einem herauskommen will. Hier gilt es auch, tolerant zu sein. einfühlsam zu sein und anpassungsfähig zu sein. Denn wenn jeder nur tut, was er im Inneren spürt und einfach durchsetzt, was er so mag, dann gibt es viele Konflikte.

Wertschätzung ist noch besser als Toleranz

Wertschätzung zum Ausdruck bringen

Um Gutes zu erreichen gilt es auch, mit anderen zusammenzuwirken. Und so ist es wichtig, dass du verstehst: Du hast deine tiefen Bedürfnisse, deine Anliegen und auch deine Persönlichkeit. Der Andere hat auch seine Bedürfnisse, seine Anliegen, seine Persönlichkeit. Wenn es dir nur darum geht, was du leben willst, dann bist du intolerant gegenüber Anderen. Toleranz heißt also, du willst gerne das tun, was du von Innen heraus merkst, das du tun willst, aber du beziehst auch ein, dass auch Andere um dich herum das machen wollen.

Eigentlich ist Toleranz nicht ausreichend. Toleranz heißt ja, man toleriert es. Das heißt, man mag es eigentlich nicht, aber man toleriert es. Das ist schon mal gut. Noch besser wäre Wertschätzung. Gehe wertschätzend damit um, dass Andere anderes machen wollen. Und solange das, was andere tun, nicht grob gegen ethische Grundsätze verstößt, erfordert es deine Toleranz und noch mehr deine Wertschätzung für das, was Menschen tun wollen.

Toleranz und Wertschätzung zum Wohl des übergeordneten Guten

Toleranz gilt es auch in Bezug darauf zu üben , was du Gutes bewirken willst in dieser Welt. Und hier wird’s manchmal schwierig. Da spreche ich auch aus Erfahrung.

Ich bin zum Beispiel ein Mensch, dem es auch sehr um die Ökologie geht. Für mich heißt zum Beispiel Ökologie auch wenig Autofahren. Für mich heißt Ökologie auch wenig zu heizen. Für mich heißt Ökologie auch wenig zu kaufen. Wenn ich jetzt aber ständig Leuten sage, dreht eure Heizung ab, im Winter braucht’s nicht mehr als 15 Grad, dann würden übergeordnete Sachen nicht umgesetzt werden können. Es gibt nun mal Menschen, die meinen, sie brauchen auch im Winter 21 Grad. Und es gibt Menschen, die in Yogastunden gehen und wenn der Raum unter 20 Grad hat, dann fühlen sie sich nicht wohl und kommen nicht mehr. Damit ist niemandem gedient.

So ist es wichtig, seine eigenen hohen Ideale zu haben, für sich selbst sehr konsequent zu sein, und dann zu schauen, wie kann man zum Wohl des übergeordneten Guten eine gewisse Toleranz und Wertschätzung haben für Andere.

Du hast die Wahl

Ich bin zum Beispiel auch ein konsequenter Veganer. Ich bin der festen Überzeugung, die vegane Ernährung ist die einzig Richtige. Ich meine, es ist unethisch, dass man Milchprodukte zu sich nimmt. Man kann keine Milchprodukte haben ohne Leid zu erzeugen, Leid für die Kühe, Leid für den Planeten Erde. Es ist auch nicht möglich Fleisch zu essen ohne Leid zu erzeugen, denn kein Tier stirbt gerne. In diesem Sinne müsste man sehr konsequent sein.

Für mich selbst bin ich sehr konsequent. Aber wenn ich jeden ständig beschimpfe, der nicht vegetarisch ist und nicht vegan ist, gäbe es Probleme. Vermutlich ist noch nicht einmal Yoga Vidya als eine große spirituelle Gemeinschaft führbar, wenn ich nicht auch Menschen hätte, die nicht vegan sind, aber vegetarisch sind. Und so gilt es, zum Wohl des übergeordneten Ganzen eine gewisse Toleranz zu haben und letztlich dabei auch Respekt. Denn Menschen auf dem spirituellen Weg haben unterschiedliche Schwerpunkte. Ich bin bei manchen Sachen sehr konsequent, und vielleicht gibt es Sachen, wo ich weniger konsequent bin. Und es gibt Andere, die sind bei anderem konsequent und bei manchen, wo ich konsequent bin, sind sie nicht ganz so konsequent. Man könnte sich jetzt ständig zerstreiten in der Intoleranz. Aber Streit führt nicht weiter.

So gilt es, eine gewisse Wertschätzung für die Anliegen Anderer zu haben. Es gilt auch, festzustellen, dass jeder Mensch seine Berechtigung hat ‒ und gemeinsam nach der guten Sache zu streben.

Natürlich ist das immer so ein Grenzfall. Wie weit geht die Toleranz? Auch in einer spirituellen Gemeinschaft sind solche Fragen. Gäste kommen hierher, sie haben unterschiedliche Grade von Spiritualität. Und manche kommen auch in die Yoga Vidya Ashrams, die sich gar nicht als spirituell ansehen würden, aber sie finden irgendwo die Atmosphäre ganz nett und finden’s irgendwo gesund, erholsam und auch schön, dass da Menschen sind, die hohe Ideale haben.

Hier wollen wir nicht fanatisch sein, sondern Menschen sind unterschiedlich. Es gibt auch Menschen, die erklären die Wirkungen des Yoga nicht spirituell, sondern auf andere Weise. Man kann ja auch auf andere Weise sehen, dass Yoga gute Wirkung hat.

Dann ist wieder die Frage, wie tolerant ist man zum Beispiel, wenn Menschen nicht zum Satsang gehen. Das hängt davon ab. Es gibt bei uns Ausbildungen, da ist der Satsang-Besuch verpflichtend, wenn man das Zertifikat haben will. Aber bei Yogaferien Seminaren wird nicht überprüft, was Menschen mitmachen. Natürlich ist Yoga Vidya kein Hotel und jemand, der zu Yoga Vidya kommt, sollte schon einen großen Teil des Tages damit verbringen, Yoga Praktiken zu üben, zu meditieren oder an Vorträgen teilzunehmen. Aber hier gibt es eine gewisse Toleranz.

Vielfalt ist charakteristisch für das moderne menschliche Leben

So kannst du auch selbst überlegen:

  • Was kann man tolerieren?
  • Was kann man nicht tolerieren?

Zum Beispiel meine ich, Ausländerfeindlichkeit kann man in seiner Umgebung nicht tolerieren. Und wenn du Zeuge eines Verbrechens bist, darfst du auch das nicht tolerieren, sondern musst es zur Anzeige bringen.

Liebevolle Menschen mit persönlichem Kleidungsstil

Aber ansonsten gilt es, eine gewisse Toleranz zu haben und anzuerkennen, unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Anliegen. Das man eine Toleranz haben sollte gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen versteht sich natürlich von selbst. Heutzutage hat man eine große Toleranz, ob Menschen eine dauerhafte Beziehung haben und heiraten, oder Menschen, die vielleicht alle paar Jahre eine neue Beziehung haben. Oder es gibt heterosexuelle Beziehungen, es gibt homosexuelle Beziehungen und so weiter. Es gibt Menschen, die unterschiedliche Kleidungsstile haben. Und ich persönlich hab jetzt auch nichts dagegen, ob Menschen entweder gar keine Haare haben, lange Haare haben, Bart haben, ob sie eine Mütze aufhaben, ob sie ein Kopftuch aufhaben, was auch immer. Die Vielfalt ist charakteristisch für das moderne menschliche Leben. Toleranz hier. Und so gibt es auch im Engagement für die gute Sache Toleranz.

Idealismus und Toleranz

Manchmal werden Menschen intolerant, die idealistisch sind. Und leider zerfleischen sich gerade die Idealisten allzu häufig. Dann streiten sich die Pudding-Veganer mit den Bio-Veganern, mit den Vollwert-Veganern ‒ anstatt dass man sich gemeinsam einsetzt für die gute Sache. Oder dann streiten sich die Lacto-Vegetarier mit den Veganern, mit den Gelegenheits- oder der Flexitariern ‒ anstatt dass sie sich gemeinsam bemühen, Kräfte zu bündeln, um für mehr Mitgefühl und mehr Vegetarismus sich einzusetzen.

In diesem Sinne: Toleranz ist wichtig, auch und gerade wenn du dich für die gute Sache einsetzt.

So kannst du selbst überlegen: Was ist dir besonders wichtig? Wie tolerant bist du? Hilft vielleicht deine Engstirnigkeit der guten Sache? Oder vielleicht auch nicht? Und wo sind Grenzen der Toleranz?

Toleranz gegenüber anderen spirituellen und religiösen Richtungen

Klagemauer in Jerusalem

Genauso gibt es auch Grenzen in der Religiosität und in der Spiritualität. Auch hier gibt es Toleranz. Ich meine, spirituelle Menschen sollten sich nicht darüber streiten, ob es jetzt nur eine ewige, unendliche Wirklichkeit gibt (also non-dualistisch) oder ob Mensch, Gott und Welt ewig getrennt sind (entweder dualistisch oder Drei-Sein). Leider zerstreiten sich die Religionen darüber.

Im Christentum gab es lange diese Diskussion: Ist Jesus Gott gleich oder Gott ähnlich? Kriege wurden darüber geführt. Diese Art von unterschiedlicher Ansicht, meine ich, könnte man so lösen, indem man sagt: Die Wahrheit ist dem Menschen nicht gegeben zu erfahren. Es gibt unterschiedliche spirituelle Richtungen, unterschiedliche Theologien, unterschiedliche Philosophien. Und sie haben alle ihren Wert.

Man sollte tolerant sein, und nicht nur tolerant, sogar wertschätzend sein gegenüber anderen spirituellen und religiösen Richtungen. Man sollte nicht annehmen, dass man selbst die einzig seligmachende Wahrheit erkannt hat.

Aber es gibt auch Grenzen der Toleranz. Die Grenze der Toleranz auf religiös-spirituellem Gebiet ist erreicht, wenn die andere religiös-spirituelle Richtung unethische Sachen propagiert.

Also Aufruf zu Gewalt ist nicht zu tolerieren. Oder eine religiöse Richtung, die propagiert, Kinder zu schlagen, ist nicht zu tolerieren. Oder eine spirituelle Richtung, die Kinder dazu zwingt, jeden Tag vier Stunden im Meditationssitz zu sitzen. Das sind Sachen, die nicht zu tolerieren sind.

Man könnte sagen, die religiöse und spirituelle Praxis kommt an die Grenzen der Toleranz, wenn es der Menschenwürde widerspricht und wenn es letztlich den Grundwerten der modernen Gesellschaft widerspricht.

Aber ansonsten: Ob jemand Gott verehrt als abstrakt oder konkret, als männlich oder als weiblich, als monotheistisch oder als polytheistisch, ob Menschen lange oder kurze Haare haben, Tuch oben oder unten ‒ dafür sollte man Toleranz haben und vielleicht sogar Respekt haben und aus unterschiedlichen spirituellen Traditionen lernen.

Dazulernen durch Toleranz

Christlicher Gottesdienst

Meistens ist es gut, eine Hauptrichtung zu haben und von anderen zu lernen. Ich hab zum Beispiel als Hauptrichtung die Yoga Vedanta Richtung. Aber ich hab zahlreiches gelernt aus meinen zahlreichen Gottesdienstbesuchen, zum Beispiel in der Bad Meinberger evangelischen Kirche. Ich hab vieles gelernt, durch vieles, was ich gelesen habe über andere Traditionen. Ich hab vieles gelernt durch Besuche und Vorträge auch von buddhistischen Lehrern. Ich hab vieles gelernt durch Sufi-Meister, deren Workshops und Vorträge ich besucht habe. Ich habe vieles gelernt von vielen Meistern verschiedener Traditionen, sei es durch Vorträge, Bücher, Workshops, Seminare ‒ und hab vieles integriert.

Einiges habe ich auch gelernt von Menschen, die sich als Atheisten bezeichnet haben und dennoch hohe ethische Ideale haben. Manchmal habe ich feststellen können, dass Menschen, die atheistisch sind, besonders hohe ethische Ideale haben und diesen mit besonderer Konsequenz folgen. Auch davon hab ich viel lernen können.

Jetzt kannst du auch überlegen: Wie gehst du mit anderen religiösen und spirituellen Richtungen um? Lernst du von anderen Richtungen? Hast du auch Toleranz gegenüber denen, die Dinge anders sehen als du? Und wo sind Grenzen der Toleranz, wo du vielleicht auch etwas sagen musst oder vielleicht staatliche Stellen einschalten musst?

Video - Toleranz- ein Vortrag von Sukadev Bretz 2018

Dieser Videovortrag ist Teil der Vortragsreihe „Yoga Vidya Schulung – Der ganzheitliche Yogaweg“.

Großmut, Toleranz

Akzeptiere jeden wie er ist, das öffnet das Herz

- Abschnitt aus dem Buch: Yoga der Liebe von James Swartz -

Jede Person und jede Situation nicht nur gleichmütig zu ertragen, sondern heiter und besonnen anzunehmen, ist wahrer Großmut. Diese Haltung basiert auf der klaren Erkenntnis, dass gemäß dem Gesetz von karma die Dinge nicht anders sein können, als sie sind. Das Verhalten eines Menschen ist die Konsequenz seiner Konditionierung und nicht eine Folge des Wollens. Menschen sind auf dieser Welt, um ihr karma auszuleben, nicht um mir zu gefallen. Situationen sind das Ergebnis aller Faktoren im dharma-Feld und stehen außerhalb der Kontrolle des Einzelnen. Es ist dumm, sie zu befürworten oder abzulehnen. Alle erfolgreichen Beziehungen hängen von der Fähigkeit ab, sich anderen anzupassen.

Auch ich kann nicht anders sein, als ich bin, und meine Situation ist das Resultat meines karma. Also sollte ich auch mein eigenes scheinbares Selbst heiter akzeptieren und es mir nicht anders wünschen oder mich nicht abmühen, seine Lage zu verändern. Wer sich weigert, sich der Realität anzupassen, wird sich dauernd gestört fühlen und unfähig sein, Selbsterforschung zu praktizieren.

Um diese wichtige Qualität zu entwickeln, sollte ich lernen, Vielfalt zu würdigen, Flexibilität zu kultivieren und in meinem Geist stets wachsam auf Anzeichen von Unzufriedenheit achten. Unzufriedenheit zeigt mir an, dass ich meine Erwartungen reduzieren muss. Es hilft, mich und alle anderen als machtlose Narren zu betrachten oder als unbelebte Objekte. Ich habe ein gutes Verhältnis zu unbelebten Dingen, weil ich keine Erwartungen an sie habe. Und Narren kann ich gut ertragen, weil ich weiß, dass sie nicht anders können.

Nicht auf die Handlungen einer Person zu reagieren, sondern auf die Person selbst, macht es uns möglich, großmütig zu sein. Wir können verstehen, dass die Person das Selbst ist, vorübergehend von māyā verhext. Versuche dir ins Gedächtnis zu rufen, dass hinter einem Wutanfall, einem Eifersuchtsanfall oder einer herrschsüchtigen Handlung immer īśvara steht und versuche die Tatsache zu würdigen, dass wenn die Person schon keine Kontrolle über ihr Tun hat, dann hast du sie noch weniger. Auf diese Weise ist es leicht, großmütig und tolerant zu werden.

Mechanisches Reagieren beengt den inneren Raum. Um tatsächlich auf eine Person antworten zu können und nicht auf ihre Handlungen, muss ich achtsam handeln und darf nicht roboterhaft meinen Neigungen folgen. Hierzu noch einmal Swami Dayananda: „Eine Reaktion ist ein mechanisches, unfreiwilliges, durch frühere Erfahrungen konditioniertes Verhalten, keine durch meinen Willen frei gegebene Antwort. Das bedeutet, dass es ein Verhalten ist, das sich nicht an dem Wertesystem orientiert, welches ich verinnerlichen möchte, sondern ein Verhalten, dem ich einfach erlaube, zu geschehen.“

Reaktionen können all meiner Weisheit und meinen Erfahrungen entgegenstehen. Was ich weiß, rückt in den Hintergrund, und die Reaktion erfolgt. Ich kann alle heiligen Schriften dieser Welt gelesen haben, ein Gelehrter ethischer Systeme oder ein professionell zertifizierter Mediator sein, doch meine Reaktionen können genauso mechanisch ausfallen, wie bei jedem anderen.

Erst wenn die universellen Werte gründlich verinnerlicht wurden, verfüge ich über eine Basis, auf der rechtes Verhalten und rechte Handlungen spontan geschehen. Bis dahin sollte ich bewusst vermeiden zu reagieren und stattdessen wohlüberlegt mein Verhalten und meine Handlungen auswählen.

Wenn du danach strebst, ein Heiliger zu werden, sind Nichtverletzen und Großmut die Mindestanforderungen. Weisheit und die Kenntnis der Schriften hingegen werden nicht verlangt. Heilige verletzen andere nicht bewusst, weder in Gedanken noch in Worten oder Taten. Sie akzeptieren Menschen, seien sie gut oder schlecht, wie sie sind. Ihre Fähigkeit zur Vergebung und Gnade ist unerschöpflich. Sie antworten auf die Person, nicht auf deren Handlung, denn sie wissen, dass īśvara es ist, der handelt. Diese Haltung öffnet das Herz.

Toleranz in Beziehung zu anderen Eigenschaften

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Toleranz in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Toleranz

Ähnliche Eigenschaften wie Toleranz, also Synonyme zu Toleranz sind z.B. Respekt, Achtung, Duldsamkeit, Großherzigkeit, Vergebung, Nachsicht, Großzügigkeit, Generosität, Großmut, Geduld, Duldsamkeit, Verständnis.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Toleranz übertrieben kann ausarten z.B. in Gleichgültigkeit, Abgestumpftheit, Unempfindlichkeit, Laschheit, Sorglosigkeit, Apathie. Daher braucht Toleranz als Gegenpol die Kultivierung von Urteilskraft, Scharfsinn, Einsicht, Logik, Weitblick.

Gegenteil von Toleranz

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Toleranz, Antonyme zu Toleranz :

Toleranz im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

Entwicklung von Toleranz

Toleranz kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Toleranz in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Toleranz zu kultivieren. Vielleicht kannst du nicht alle guten Eigenschaften auf einmal kultivieren. Aber es ist möglich, innerhalb einer Woche oder innerhalb eines Monats eine Tugend, eine Eigenschaft, stark werden zu lassen.
  • Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Toleranz kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein toleranterer Mensch zu sein."
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Toleranz ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Toleranz ".
  • Am Tag wiederhole immer wieder eine Autosuggestion, Affirmation wie z.B.: Ich bin tolerant ".

Affirmationen zum Thema Toleranz

Hier einige Affirmationen für mehr Toleranz. Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr zu Funktion und Wirkungsweise von Affirmationen.

Klassische Autosuggestion für Toleranz

Hier die klassische Autosuggestion:

  • Ich bin tolerant

Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:

  • Ich bin tolerant. Om Om Om.
  • Ich bin ein Toleranter, eine Tolerante OM.

Entwicklungsbezogene Affirmation für Toleranz

Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin tolerant " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:

  • Ich entwickle Toleranz
  • Ich werde tolerant
  • Jeden Tag werde ich toleranter
  • Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Toleranz

Dankesaffirmation für Toleranz

  • Ich danke dafür, dass ich jeden Tag toleranter werde.

Wunderaffirmationen Toleranz

Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren:

  • Bis jetzt bin ich noch nicht sehr tolerant. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Toleranz entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
  • Ich freue mich darauf, bald sehr tolerant zu sein.
  • Ich bin jemand, der tolerant ist.

Gebet für Toleranz

Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Toleranz :

  • Lieber Gott, bitte gib mir mehr Toleranz
  • Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein toleranter Mensch werde
  • Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Toleranz mehr und mehr zum Ausdruck bringe

Was müsste ich tun, um Toleranz zu entwickeln?

Du kannst dich auch fragen:

  • Was müsste ich tun, um Toleranz zu entwickeln?
  • Wie könnte ich tolerant werden?
  • Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Toleranz
  • Angenommen, ich will tolerant sein, wie würde ich das tun?
  • Angenommen, ich wäre tolerant, wie würde sich das bemerkbar machen?
  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Toleranz kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als toleranter Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

Potpourri zum Thema Toleranz

Eine Wiki Schreiberin hat folgendes Potpourri zum Thema Toleranz hinterlassen. Vielleicht regt es ja die Gedanken an. Wir üben Toleranz und behalten diese Zeilen zu Toleranz hier im Wiki.

Der Begriff "Toleranz" leitet sich vom lateinischen Wort tolere = dulden ab. Toleranz bezeichnet die Fähigkeit, die Eigenarten eines Mitmenschen oder auch einer anderen Kultur so hinzunehmen, wie sie sind ohne darüber zu urteilen bzw. eine Änderung zu verlangen.

Moschee in Berlin

"Darum lass gläubig sein, wer will; und lass ungläubig sein, wer will." (Al-Kahf 18:29)

Wikipedia: Toleranz ist ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Das zugrundeliegende Verb tolerieren wurde im 16. Jahrhundert aus dem lateinischen tolerare („erdulden") entlehnt. Das Adjektiv tolerant in der Bedeutung"duldsam, nachsichtig, großzügig, weitherzig" ist seit dem 18. Jahrhundert belegt. Der Begriff ist häufig mit der religiösen Toleranzforderung verknüpft. So meint Toleranz beispielsweise den gegenseitigen Respekt der Einzelnen gegenüber den Ansichten über die"Letzten Dinge". Eine Verankerung wird beispielsweise im christlichen Liebesgebot gesehen. Die Toleranz schützt die Träger einer Minderheitsmeinung vor Repression und gilt insofern als eine Grundbedingung für Humanität. Toleranz ist auch die Vorbedingung einer friedlichen, theoretischen, Auseinandersetzung um konkurrierende Wahrheitsansprüche.

Erklärung von Prinzipien der Toleranz (UNESCO)

Thich Nhat Hanh lehrt die Toleranz zwischen den Religionen

(Zitate aus Deutsche UNESCO-Kommission. Die Erklärung von Prinzipien der Toleranz wurde auf der 28. Generalkonferenz (Paris, 25. Oktober bis 16. November 1995) von den Mitgliedstaaten der UNESCO verabschiedet.) Entschlossen, alle positiven Schritte zu unternehmen, die notwendig sind, um den Gedanken der Toleranz in unseren Gesellschaften zu verbreiten - denn Toleranz ist nicht nur ein hochgeschätztes Prinzip, sondern eine notwendige Voraussetzung für den Frieden und für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung aller Völker, erklären wir:

Artikel 1: Bedeutung von Toleranz 1.1 "Toleranz bedeutet Respekt, Akzeptanz und Anerkennung der Kulturen unserer Welt, unserer Ausdrucksformen und Gestaltungsweisen unseres Menschseins in all ihrem Reichtum und ihrer Vielfalt.Gefördert wird sie durch Wissen, Offenheit, Kommunikation und durch Freiheit des Denkens, der Gewissensentscheidung und des Glaubens. Toleranz ist Harmonie über Unterschiede hinweg. Sie ist nicht nur moralische Verpflichtung, sondern auch eine politische und rechtliche Notwendigkeit. Toleranz ist eine Tugend, die den Frieden ermöglicht, und trägt dazu bei, den Kult des Krieges durch eine Kultur des Friedens zu überwinden.(...) 1.3 Toleranz ist der Schlußstein, der die Menschenrechte, den Pluralismus (auch den kulturellen Pluralismus), die Demokratie und den Rechtsstaat zusammenhält. Sie schließt die Zurückweisung jeglichen Dogmatismus und Absolutismus ein und bekräftigt die in den internationalen Menschenrechtsdokumenten formulierten Normen. 1.4 In Übereinstimmung mit der Achtung der Menschenrechte bedeutet praktizierte Toleranz weder das Tolerieren sozialen Unrechts noch die Aufgabe oder Schwächung der eigenen Überzeugungen. Sie bedeutet für jeden einzelnen Freiheit der Wahl seiner Überzeugungen, aber gleichzeitig auch Anerkennung der gleichen Wahlfreiheit für die anderen. Toleranz bedeutet die Anerkennung der Tatsache, daß alle Menschen, natürlich mit allen Unterschieden ihrer Erscheinungsform, Situation, Sprache, Verhaltensweisen und Werte, das Recht haben, in Frieden zu leben und so zu bleiben, wie sie sind. Dazu gehört auch, daß die eigenen Ansichten anderen nicht aufgezwungen werden dürfen. Artikel 3: Soziale Dimensionen 3.1 In der heutigen Welt ist Toleranz wichtiger als jemals zuvor. Diese Epoche ist gekennzeichnet durch Globalisierung der Wirtschaft und durch schnell zunehmende Mobilität, Kommunikation, Integration und Interdependenz, gewaltige Wanderungsbewegungen und Vertreibung ganzer Bevölkerungen, Verstädterung und Wandel sozialer Muster. (...) 3.2 Toleranz ist notwendig zwischen einzelnen wie in Familie und Gemeinschaft. Toleranz und Offenheit, die Fähigkeit zum Zuhören und Solidarität sollten vermittelt werden in Schulen und Universitäten wie in außerschulischer Bildung, zu Hause und am Arbeitsplatz. Die Massenmedien können eine konstruktive Rolle spielen, indem sie Räume schaffen für freien und offenen Dialog und Diskussion, die Werte der Toleranz verbreiten und hinweisen auf die Gefahren der Indifferenz gegenüber der Ausbreitung intoleranter Gruppen und Ideologien."

Die fünf Suchenden

Frieden im Paradies

Es waren einmal fünf Menschen, die suchten Gott. Der eine Mensch war ein Atheist, der andere ein Christ, der dritte ein Yogi, der vierte ein Moslem und der fünfte ein Buddhist. Eines Tages kamen alle fünf Suchenden zu einem großen Berg. Am Fuße des großen Berges trafen sie sich. Oben auf dem Berg strahlte ein helles Licht. Der Atheist sagte: "Das ist die Sonne." Der Christ erklärte: "Das ist Gott." Der Moslem gab dem Licht den Namen Allah. Der Buddhist hielt es für das Nirwana (Leere/Einheitsbewusstsein/Glück). Der Yogi nannte es Brahman (Urgrund, höhere Realität).

Die fünf Suchenden diskutierten lange über das Licht, das Glück und Gott. Der Atheist bestand darauf, dass es keinen Gott gibt. Der Buddhist glaubte nicht an einen persönlichen Gott. Dem widersprachen der Moslem und der Christ auf das Heftigste. Der Yogi überraschte seine Freunde mit der Feststellung: "Diese Frage kann ein unerleuchteter Mensch nicht klären. Erst müssen wir alle zur Erleuchtung kommen. Dann werden wir begreifen was Gott ist."

Die fünf Suchenden unterhielten sich lange über Gott. Sie lernten ihre gegenseitigen Standpunkte kennen. Das Gespräch war eine große Bereicherung für alle. Aber zu einem endgültigen Ergebnis konnten sie nicht kommen. Sie beschlossen deshalb, den Berg zu besteigen und das Licht genau zu untersuchen. Aber sofort gab es Streit über den richtigen Weg zum Berggipfel. Es gab viele Wege, die den Berg hinauf führten. Welchen Weg sollten sie benutzen? Da sie sich nicht einigen konnten, stieg jeder auf seinem eigenen Weg den Berg hinauf.

Als alle auf dem Berggipfel angekommen waren, beschlossen sie gemeinsam in das große Mysterium einzutreten. Sie nahmen sich bei der Hand und gingen ins große Licht. Sie durchschritten eine große Dunkelheit (die innere Nichtswerdung, Egoauflösung) und befanden sich plötzlich in Gott (in der Transzendenz). Sie verweilten einige Zeit in Gott und kehrten dann wieder in die Welt der Materie (der Dualität) zurück. In Gott waren alle sprachlos gewesen. Aber jetzt begannen ihre Gedanken zu arbeiten. Aufgeregt berichteten sie sich gegenseitig von ihren Erfahrungen.

Der Yogi hatte Gott als Glück (Sat-Chit-Ananda, Ruhe-Einheitsbewusstsein-Glückseligkeit), der Christ als umfassende Liebe, der Buddhist als inneren Frieden (Unabhängigkeit von weltlichen Energien, Anhaftungslosigkeit), der Moslem als große Macht (Kraft) und der Atheist als höhere Wahrheit erfahren. Der Moslem hatte das Wort "Allah", der Christ das Wort "Gott", der Buddhist den Begriff "Erleuchtung" (Buddha, meine Buddhanatur), der Yogi "Sat-Chit-Ananda" (Tat Tvam Asi, Ich bin das) und der Atheist "Kosmos" (Transzendenz, Einheitsbewusstsein) erhalten. Wenn sie an ihr jeweiliges Wort dachten, konnten sie sich damit sofort wieder in das Licht hineinbegeben. Das Wort war ihr persönlicher Schlüssel zum Eintritt in das große Mysterium. Wer einmal Gott kennengelernt hat, kann sich mit der Kraft der Erinnerung und seinem persönlichen Mantra immer wieder in den Zustand der Erleuchtung versetzen.

Jeder der Suchenden hielt sein Wort für das Größte. Sie stritten sich über ihre Gebetsformeln und konnten sich auf der verbalen Ebene nicht einigen. Deshalb beschlossen sie, ihre Auseinandersetzungen zu beenden und sich lieber auf das spirituelle Üben zu konzentrieren. Sie lebten viele Jahre nebeneinander auf dem Berggipfel. Sie lasen in ihren heiligen Schriften, meditierten viel, pilgerten jeden Tag um den Berggipfel und trafen sich einmal in der Woche zu einer gemeinsamen Feier.

Irgendwann gelangten alle in das dauerhafte Licht. Und das große Licht verwandelte sie. Sie sahen das Licht in allen Wesen und in allen Dingen auf der Welt. Sie erkannten, dass sie alle Brüder und Schwestern sind. Sie erkannten, dass nur die Liebe, der Frieden und das Glück wichtig sind. Sie verließen ihren Berg, stiegen in die Welt der Menschen herab und bauten eine glückliche Welt auf. Mögen wir alle Glaubenskriege auf der Welt beenden. Mögen wir ein goldenes Zeitalter der Liebe, des Friedens und des Glücks auf der Erde errichten. Mögen das Licht, die Liebe und die Wahrheit immer mit uns sein. (Yogi Nils)

Die Einheit aller Religionen

Einheit aller Religionen

(Zitate aus http://www.talk2enemy.de/ )

Nils: Ich vertrete die Position der Einheit aller Religionen. Ich glaube, dass es bei allen Religionen im Kern um eine Transzendenzerfahrung geht, die man auch mit dem Begriff "Erleuchtung” oder "Heiligkeit” beschreiben kann. Ich meine, dass alle Religionen positiv zusammenarbeiten sollten, weil sie im Zentrum das gleiche Ziel haben. Klaus der zweite: Ich persönlich halte gar nichts von einer "Einheitsreligion”. Natürlich sollen allen Religionen wie auch die übrigen gesellschaftlichen Gruppen gut zusammenarbeiten und sie haben durchaus gemeinsame Ziele. Trotzdem gibt es elementare Unterschiede zwischen den Religionen. Daraus folgt für mich, dass der einzig gangbare Weg der ist, dass man die Unterschiede respektiert und friedlich zusammenlebt. Oder weist du einen Weg die oben genannten gegensätzlichen Positionen zu vereinbaren? Nils: Hallo Klaus, ich weiß einen Weg die gegensätzlichen Positionen in den Religionen zu vereinbaren. Es geht darum die Essenz aller Religionen zu klären und von dort aus zu einer tiefen inhaltlichen Verbundenheit zu kommen. Gleichzeitig dürfen die Unterschiede gerne bestehen bleiben, solange sich die Religionen in ihrer Existenzberechtigung gegenseitig respektieren. Ich will keine Einheitsreligion, sondern die Einheit aller Religionen bei gleichzeitiger Akzeptanz ihrer Unterschiede.

Das Zentrum aller Religionen ist die Erfahrung einer tranzendenten Ebene im Kosmos. Alle Religionsgründer haben diese Ebene erfahren und von dort her die Motivation bekommen, ihre Religion zu gründen. Diese Erfahrung wird unterschiedlich genannt, aber es handelt sich im Wesentlichen um die gleiche Erfahrung. Grundsätzlich wird diese Erfahrung Gott genannt. Gott ist das Zentrum aller Religionen. Es kommt darauf an zu klären, was Gott ist. Dann finden alle Religionen ihren gemeinsamen Kern, können positiv zusammen arbeiten und sich gegenseitig auf ihrem spirituellen Weg unterstützen.

Die Diskussion ist nicht einfach, wie ich inzwischen im Internet erfahren habe. Aber sie ist möglich und sehr wichtig für ein positives Miteinander der Religionen. Die Essenz ist die Erleuchtungserfahrung. In der Erleuchtung erfährt man eine Bewusstseinsebene, die über der Ebene der Unterschiede (der Dualität) liegt. Von dort aus kann man die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede der Religionen gut klären. Man kann Verwirrungen in den Religionen und falsche Wege erkennen.

Erleuchtung ist inzwischen auch bei vielen Christen ein bekannter Begriff. Es geht um die persönliche Verwirklichung der Heiligkeit. Für Christen spreche ich aber gerne auch von einem Leben in Gott oder im Licht, in der Liebe, im Frieden und in der Wahrheit. Auf diese Begriffe können sich meiner Einschätzung nach auch Juden und Moslems einigen. Es geht im Wesentlichen um den Weg der Mystik. Wikipedia: "Ein Mystiker oder Erleuchteter erfährt eine Bewustseinsebene, die oft als Gott (Transzendenz) bezeichnet wird."

Schwierig ist die Klärung, was Gott im Buddhismus und Hinduismus ist. Dazu habe ich viel geschrieben. http://de.wikibooks.org/wiki/Buddhismus_und_Hinduismus_im_Vergleich

Janeway: Ich will Ihnen zustimmen, dass die meisten Religionen in gewissen Punkten Gemeinsamkeiten aufweisen. Ich will hier nur mal auf die gemeinsamen Wurzeln des Christentums, Judentums und des Islams verweisen. Doch muss auch gesehen werden, dass sich die Religionen in spezifische Richtungen mit einer nicht zu leugnenden Eigendynamik entwickelt haben. Aus dieser Entwicklung sind große Unterschiede entstanden. Die im extremsten Fall zu Hassemotionen gegenüber den anders Glaubenden führen können.

Nils: Es gibt gemeinsame Wurzeln gerade im Christentum, Judentum und Islam. Abraham ist der erleuchtete Gründungsvater aller drei Religionen.

Moses beschrieb seine Erleuchtungserfahrung (Gott) mit den Worten "Ich bin". Das ist die essenzielle Beschreibung von Erleuchtung. Man gelangt ins Sein, in eine friedvolle Existenz, wo man von sich nur sagen kann "Ich bin". Man kann nicht mehr sagen "Ich bin der und der ..." Das Ich-Bewusstsein ist zugunsten eines Einheitsgefühls überwunden. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass alle Menschen gleich werden. Es existiert Individualität und Zusammengehörigkeitsgefühl gleichzeitig.

Die Unterschiede zwischen den Religionen und Menschen bleiben gewahrt. Sie sind auch notwendig, weil es viele Wege zur Erleuchtung gibt. Man kann über eine personale Gottesvorstellung (Gottesverehrung) und über eine abstrakte Gottesvorstellung (Ruhe, Meditation) zur Erleuchtung kommen. Jeder Mensch sollte den Weg finden und gehen, der zu ihm persönlich passt. Gleichzeitig sollten sich die Religionen nicht bekämpfen. Kampf entsteht, wenn die Religionen ihren gemeinsamen Kern vergessen und wenn sie machtpolitisch missbraucht werden.

Klaus der zweite: Wenn es einen Gott gibt, gibt es auch eine Wahrheit. Ich suche nach dieser Wahrheit, es ist auch mir wichtig die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Religionen zu verstehen, aber es gibt eben auch Unterschiede und die muss man ernst nehmen.

Nils: Das hast du wunderbar geschrieben. Das ist auch meine Meinung. Es gibt nur eine Wahrheit. Es gibt nur einen Gott. Aber dieser Gott ist für einen unerleuchteten Menschen nicht begreifbar. Er kann mit Worten wie Liebe, Frieden, Wahrheit, Glück und Licht beschrieben werden. Aber alles das sind nur Worte, die die Gotteserfahrung nicht ersetzen können. Der Hauptweg zur Gotteserfahrung ist es die Übungen seiner jeweiligen Religion konsequent und mit Weisheit (echtem Gefühl, nicht formal) zu praktizieren. Jeder sollte den Weg finden, der zu ihm passt und auf dem er spürbar spirituell vorankommt. Vor allem sollten wir uns gegenseitig zugestehen, dass wir alle Sucher nach der Wahrheit sind. Das macht uns bescheiden. Dann können wir uns gegenseitig in unserer Suche annehmen, ernstnehmen, unterstützen und uns gleichberechtigt über unsere Erkenntnisse bei der Suche austauschen.

Klaus der zweite: Natürlich können Angehörige verschiedener Religionen gemeinsam meditieren, aber das löst keine Unterschiede auf. Dadurch entsteht keine gemeinsame transzendenten Erfahrung, da man sich nicht an den gleichen Gott wendet.

Nils: Wenn man wirklich begreift, was Gott ist, richten sich alle Religionen letztlich an den gleichen Gott. Jede Religion darf ihre eigenen Rituale praktizieren. Wir sollten aber auch Wege finden, wie wir gemeinsam spirituell üben können. Die Meditation ist dafür ein guter Weg. Und auch das gemeinsame Beten, Singen und Feiern. Beim Beten darf jeder gerne seinen Gottesbegriff verwenden. Das ist für mich kein Problem.

Richtig verstanden führt uns jeder Gottesbegriff zum inneren Frieden und in die umfassende Liebe. Ich wünsche eine Welt der Liebe und des Frieden und keine Welt der ewigen Religionskriege. Ich möchte, dass die Religionen sich nicht mehr gegenseitig bekämpfen und töten, sondern dass sie sich lieben und gegenseitig unterstützen.

Diskussion

Friedrich der Große:"Alle Religionen sind gleich und gut.(...) Wenn Türken (...) kämen und wollten das Land bevölkern, so wollen wir sie Moscheen (...) bauen lassen""Jeder soll nach seiner Façon selig werden" (1740).

(Zitate aus http://www.talk2enemy.de/ )

Anas (Moslem): Ich habe oft das Gefühl, es liegt nicht an dem Mangel an deutscher Sprache oder unserem Aussehen oder etwas anderem, sondern die Vorraussetzung für viele Deutsche, Muslime zu vollwertigen Deutschen zu machen, wäre, dass wir unserer Religion abschwören. Das kann aber nicht die Lösung sein!"

Nils: Im deutschen Grundgesetz ist die Religionsfreiheit verankert. Jeder Mensch in Deutschland darf seine Religion praktizieren. Auch Muslime sind vollwertige Deutsche, wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Ärger dich nicht über die kleine Gruppe von Deutschen, die das Grundgesetz nicht kennen oder sich nicht daran halten. Die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland akzeptiert einen friedlichen Islam. Sogar der Bundespräsident hat erklärt, dass der Islam ein Teil Deutschlands ist. Mehr geht nicht. Das Grundgesetz und der Bundespräsident sind die höchsten Autoritäten in Deutschland.

Tautroepfchen (Muslima): Vom Heiligen Propheten ist die Aussage überliefert: "Die Liebe zum Heimatland ist Teil des Glaubens.” Zumindest aus der Sicht von Pakistanis und von Ahmadi Muslimen muss ich feststellen, dass wir oft patriotischer sind als die Deutschen selbst. (...) Ich wünschte nur, auch Deutschland würde uns genauso ins Herz schließen wie wir Deutschland bereits ins Herz geschlossen haben und uns als integraler Teil dieses Landes verstehen – auch mit Kopftuch auf dem Kopf!"

Nils: Ich habe die Muslime genauso in mein Herz geschlossen wie die Christen. Wenn die Christen ihr Kreuz tragen dürfen, dürfen auch die muslimischen Frauen ihr Kopftuch tragen. Wichtig ist mir nur, dass die Menschen friedliebend, wahrheitsliebend und freundlich sind.

Wir sollten aber die Liebe zu unserem Heimatland nicht übertreiben. In der Welt entwickelt sich zunehmend ein globales Bewusstsein. Ich sehe mich im Schwerpunkt als Mensch und als Erdenbürger und nur sekundär als Deutscher. Ich wünsche eine insgesamt glückliche Welt. Ich möchte, dass der Hunger, die Armut und die Kriege insgesamt auf der Welt verschwinden. Wir müssen ein globales Verantwortungsbewusstsein entwickeln, damit die Menschheit global überleben kann. Wenn es der Welt insgesamt schlecht geht (Umweltzerstörung, Kriege, Welthunger), sind alle Menschen letztlich irgendwie davon betroffen. Wenn es der Weltfamilie insgesamt gut geht, wird auch die Aggressivität untereinander verschwinden.

Schwede: Natürlich habe ich nichts gegen das Streben nach Glück. Doch man sollte bedenken, dass Glück parteiisch ist …

Nils: Wunderbar, wenn du nichts gegen das Streben nach Glück hast. Dann haben wir eine gemeinsame Basis. Äußeres Glück ist natürlich manchmal parteiisch. Aber wir können für gerechte Verhältnisse auf der Welt sorgen. Jeder Mensch kann die gleiche Chance auf Glück erhalten. Dafür ist es sehr wichtig die inneren und äußeren Gesetzmäßigkeiten des Glücks zu kennen. Äußerlich brauchen alle Menschen genügend zu essen, eine ausreichende Krankheitsvorsorge und den Schutz vor Kriminalität und Krieg.

Innerlich müssen positive Lebensgrundsätze wie Liebe, Frieden und Wahrhaftigkeit gepflegt werden, damit Glück unter den Menschen entstehen kann. Durch spirituelle Techniken wie Meditation und positives Denken kann das Glück in einem Menschen erheblich gefördert werden. Positives Denken darf dabei nicht als Verdrängung aller negativen Tatsachen missverstanden werden. Man muss bei Problemen hinsehen, wenn man sie lösen will. Man sollte aber auch nicht in seinen Problemen versinken.

Schwede: "Du berufst dich in deiner Universalphilosophie auf "Liebe, Frieden, Wahrheit, Kraft und Freude”. Liebe, Frieden, Kraft, Freude. Keine Einwände. Wahrheit: was ist denn das?

Nils: Wenn du die Grundsätze Liebe, Frieden, Kraft und Freude mit mir teilst, ist das gut. Der Begriff Wahrheit hat für mich eine objektive und eine subjektive Seite. Subjektiv ist wichtig, dass ein Mensch wahrhaftig ist. Er sollte ehrlich seinen Weg der Wahrheit und Weisheit gehen. Wahrheit ist insofern ein subjektives Gefühl. Über das, was jeder subjektiv als Wahrheit gefunden hat, können wir uns austauschen. Dadurch können wir unser Wissen erweitern und uns immer mehr einer objektiven Wahrheit annähern. Wenn wir ehrlich über Gott reden, können wir immer mehr klären, was Gott ist, wo wir übereinstimmen und wo es Unterschiede gibt. Die Wahrheitssuche muss aber immer mit Liebe und Toleranz verbunden sein. Sonst bleibt die Wahrheitsfindung und Weisheitsentwicklung der Menschheit stecken.

Schwede: Uns einer objektiven Wahrheit auch nur zu nähern, bleibt Subjekten wie uns für immer verwehrt. Wir können uns höchstens einer intersubjektiven Wahrheit nähern.

Nils: Das ist ein Streit um Worte. Im Kern sind wir einer Meinung. Wir sind ein Teil des kosmischen Systems und können nur im Rahmen der uns vom Kosmos gegebenen Möglichkeiten erkennen. Christlich formuliert: Gott geht über den menschlichen Verstand hinaus, aber der Mensch kann so viel begreifen, dass er seinen Weg zu Gott finden kann.

Schwede: Dein Gott interagiert nicht, ist nur ein passives Werkzeug zu Erkenntnis und seelischem Wohlbefinden. Konstitutiv für die abrahamitischen Götter ist aber eine personelle Funktion im Sinne eines aktiven Teilnehmers am Weltgeschehen, eines (moralischen) Wegweisers etc. Wie diese Rolle mit einem passiven, ermeditierbaren Seelenzustand einhergehen soll, ist mir schleierhaft.

Nils: Wenn Gott eine höhere Bewusstseinsdimension im Kosmos ist, kann diese Dimension wie jedes Bewusstsein auch denken und handeln. Auch bei einer abstrakten Gottesvorstellung kann Gott handeln. Allerdings wird dieses Handeln meistens so konstruiert, dass Gott sich als erleuchtetes Wesen (Avatar, Jesus, Buddha, Krishna) manifestiert. Gott handelt durch die Erleuchteten (Heiligen, Propheten). Als Mensch kann man die Erleuchteten oder Gott direkt anrufen (Gebet, Mantra).

Schwede: Dieses "Handeln über eine höhere Bewusstseinsebene” – kann das bewiesen werden? Mir reicht die "Übertragung von Energien” oder deine Zeugenaussage (so gern ich dich auch hab, Nils ;) nicht.

Nils: Hallo Schwede, ich hab dich auch gern. Man kann sich immer etwas vormachen. Deshalb sollten alle Wahrnehmungen durch die Vernunft (sind die Zusammenhänge logisch) und durch ergänzende Tatsachen überprüft werden. Das Handeln über eine höhere Bewusstseinsebene kann bewiesen werden. Es gibt dazu auch schon viele Versuche. Mit der Erforschung von übersinnlichen Phänomenen beschäftigt sich die Parapsychologie.

Die Schwerpunkte der wissenschaftlichen Forschung liegen auf den Bereichen Gedankenübertragung (Telepathie), Hellsehen/Hellhören, Zukunftserkennen (Präkognition) und Vergangenheitserinnern (frühere Leben). Am besten erforscht ist die Gedankenübertragung. Hierzu gab es in den letzten hundert Jahren tausende von Untersuchungen, vor allem in England, den USA und Russland. In den Untersuchungen wurden diese Fähigkeit bestätigt. Den endgültigen Beweis erbrachte 1994 der amerikanische Psychologe Charles Honorton von der Princeton-Universität.

Er führte seinen Versuchspersonen einen Videoclip von einer Minute Dauer vor und bat sie, diesen Film geistig auf eine in einem schalldichten Nebenraum sitzende Person zu übertragen. Der Person im Nebenraum wurden zusätzlich drei weitere Videos gezeigt. Von den vier Filmen sollte sie das von der Versuchsperson übertragene Video auswählen. Das Ergebnis war erstaunlich. Die Trefferquote lag deutlich über dem Bereich des Zufalls. Zuvor hatte Honorton mit einfachen Fotos experimentiert. Aber erst die Videoclips brachten die für einen wissenschaftlichen Beweis geforderte ausreichende Trefferquote.

Das Sehen von Dingen an entfernten Orten nennt man Hellsehen. Diese Fähigkeit wurde in der Zeit des Kalten Krieges von den Geheimdiensten der USA und Russland intensiv genutzt. Es fand auf beiden Seiten eine umfassende Erforschung und Erprobung von übersinnlichen Fähigkeiten statt. Es wurden Gruppen von Psychospionen ausgebildet. Nach dem Kalten Krieg wurden die Geheimdienstoperationen von Wissenschaftlern ausgewertet. Sie kamen zu dem Ergebnis: "Ein statistisch signifikanter Effekt kann eindeutig nachgewiesen werden. Die Informationen sind allerdings so ungenau, dass Hellsehen als Methode zur Gewinnung von nachrichtendienstlichen Informationen unbrauchbar ist."

In Einzelfällen konnten aber erstaunliche Ergebnisse erzielt werden. Hellseherisch besonders begabt war bei den Amerikanern McMoneagle. Er spähte eine Fabrik mit einem neuartigen russischen Atom-U-Boot aus. Er beschrieb das U-Boot sehr genau. Nach dem Kalten Krieg konnten seine Erkenntnisse verifiziert werden. Dieser Fall gehört zu den bekanntesten Fällen der damaligen Zeit.

Nils: Lieber Schwede, ich möchte aus dir keinen Gläubigen machen. Das darfst du selber tun. Oder auch lassen. Wie du möchtest. Meine Meinung ist, dass jeder seinen Weg des Glücks selbst finden soll. Jeder muss sein Leben selbst verantworten. Ich war früher auch ein Atheist. Ich habe zehn Jahre überlegt und viele Bücher gelesen, bis ich zu dem Schluss gekommen bin, dass an der Gotteshypothese doch etwas dran sein könnte.

Talesdis (Christ): Werter Nils, Streit gehört zu einer Kultur dazu. Es ehrt dich, dass du den Frieden bevorzugst, aber leider sprechen wir hier ja nicht, weil alles friedlich ist, sondern weil es Probleme gibt.

Nils: Werter Talesdis. Ich bin für eine Diskussion, in der unterschiedliche Standpunkte klar benannt werden. Ein Streit ist eine aggressive Auseinandersetzung. Dann geht es letztlich nicht um die Wahrheit, sondern um das Ego. Jeder will Recht behalten. Eine Diskussion sollte geprägt sein von Wahrhaftigkeit und Liebe (gegenseitiger Wertschätzung). Alles andere ist gerade im Verhältnis von Christen und Muslimen extrem gefährlich. Vom verbalen Streit zum Religionskrieg ist es oft nur eine kleiner Schritt, wie die Vergangenheit und die Gegenwart zeigen. Religiöse Menschen sollten sehr sanft miteinander umgehen, um jede Eskalation zu vermeiden.

Vortragsmitschnitt zu Toleranz - Audio zum Anhören

Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Toleranz, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.

Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Toleranz

Eigenschaften im Alphabet nach Toleranz

Literatur

Weblinks

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