Yoga und Christentum

Aus Yogawiki

Es wird viel darüber diskutiert, ob Christen Yoga praktizieren dürfen. Aus der Sicht des Yoga ist es kein Problem, weil Yoga im Westen vorwiegend eine Körperübung ist. Innerhalb des Christentums gibt es verschiedene Meinungen.

Maria mit Kind, russ. Ikone aus dem 12. Jh.

Yoga besteht aus Körperübungen (Asanas), Atemübungen Pranayama), Tiefenentspannung, Meditation (Entspannung) und Gedankenarbeit (Positives Denken). Für für die meisten Menschen im Westen ist Yoga ein Weg der Gesundheit, der Beweglichkeit und der Entspannung. Yoga kann als körperlicher und als spiritueller Weg praktiziert werden. Es kommt darauf an, mit welchem Ziel und wie intensiv man ihn praktiziert. Es gibt im Yoga viele verschiedene spirituelle Wege und Gottesvorstellungen. Nur einzelne Gruppen haben eine hinduistische Ausrichtung. Im Yoga darf grundsätzlich jeder seinen persönlichen Weg gehen. Christen dürfen ihren Glauben an Jesus behalten.

Im Christentum herrscht viel Unklarheit über den Weg der Erleuchtung. Ein wichtiger Vorwurf besteht darin, dass Yoga ein Selbsterlösungsweg ist und die Christen durch die Gnade Gottes erlöst werden. Auch zwischen Katholiken und Lutheranern ist es umstritten, in wieweit ein Christ spirituell üben sollte oder ob alles alleine durch die Gnade geschieht. Im Yoga wird der Schwerpunkt auf das spirituelle Üben gelegt. Andererseits kann man die Erleuchtung nicht erzwingen. Sie kommt letztlich von alleine, spontan, als Gnade.

Yoga und Christentum – Interview Sukadev Bretz

Unten ein Auszug aus einem einem Interview mit Sukadev Volker Bretz, der im Dezember 2009 in der Zeitschrift "Yoga Aktuell" zum Thema Wintersonnenwende, Jesus, Weihnachten, Christentum und Yoga erschienen ist.

Wenn man über Yoga und Christentum schreibt, ergeben sich folgende Fragen:

  • Vertragen sich Yoga und Christentum?
  • Gibt es Elemente von Yoga und Christentum, die sich nicht vertragen?
  • Was hat ein Christ von der Yoga Praxis?
  • Kann ein nicht-christlich geprägter Yoga Aspirant von den Lehren Jesu Christi Inspiration bekommen?

Vertragen sich Yoga und Christentum?

Da gibt es viele Meinungen, auch und gerade in den christlichen Kirchen. Außerhalb der großen Kirchen gibt es solche, die alles Yoga (und Autogenes Training und Homöopathie) für Teufelswerk halten. Auf der anderen Seite gibt es viele christliche Pfarrer, Priester und Mönche, die selbst Yoga üben. Ich selbst lese gerne in der Bibel, gehe ab und zu in den Gottesdienst – für mich selbst stellt sich da nicht die Frage nicht. Für mich ist das selbstverständlich eins. Jesus sagte: „Ich und mein Vater sind eins“ (Johannes 10,30). „Seid vollkommen wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Mt 5,48). „Das Königreich Gottes ist inwendig in euch (bzw. mitten unter euch)“ (Lk 17,21). All diese Aussprüche Jesu sind sehr ähnlich wie die Aussprüche der Upanishaden: „Aham Brahmasmi – Ich und Gott sind eins“. „Tat Twam Asi – das bist du“. „Sarvam Khalvidam Brahma – alles ist wahrhaftig Gott“. Von christlicher Seite wird manchmal argumentiert mit dem Ausspruch „Niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Joh. 14,6). Ich sehe da aber keinen Widerspruch. Letztlich heißt das für mich: Wir kommen zu Gott nur durch Gott bzw. durch Gottes Gnade. Wir kommen nicht durch irgendwelche äußeren Heldentaten zu Gott, sondern letztlich durch Öffnung zu Gott. Wie Swami Krishnananda, ein Schüler Swami Sivanandas, sagte: In Wahrheit bemüht sich nicht das Individuum, zu Gott zu kommen. In Wahrheit ist es Gott selbst, der im Menschen sich als spirituelle Praxis und als Gotteserfahrung manifestiert. Im 1. Buch Mose heißt es: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“. Das interpretiere ich so, dass wir aus dem Materiellen, aus Geld und Vergnügen, keine Götter machen sollen. Vielmehr sollen wir erkennen, dass letztlich alles Schöpfung und Manifestation des einen Gottes ist. Ich glaube, dass z.B. die Unterschiede innerhalb des Christentums und innerhalb des Buddhismus bzw. innerhalb des Hinduismus größer sind als die zwischen Christentum und Buddhismus bzw. Christentum und Hinduismus. Und so bin ich der festen Überzeugung, dass Yoga als religionsungebundene Spiritualität sehr gut einhergehen kann mit christlichem Glauben und Praxis

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Gibt es Elemente von Yoga und Christentum, die sich nicht vertragen?

Da kann man sicherlich einiges finden, was sich nicht verträgt. Ich will nur ein paar Aspekte herausgreifen

  1. Manche Christen haben einen Ausschließlichkeitsanspruch. Sie glauben, dass man nur durch einen Glauben, nämlich ihre Interpretation des Christentums zum Heil kommen könne und dass alles andere in die Hölle führe und Teufelswerk sei. Das verträgt sich natürlich nicht mit einer tolerant ausgerichteten Yoga-Lehre, die von Einheit in Verschiedenheit ausgeht
  2. Für die traditionellen Kirchen verträgt sich Glaube an Reinkarnation nicht mit der Lehre von Jesus. Ich selbst sehe da zwar keinen Widerspruch, meine sogar, dass sich in einigen Versen des neuen Testaments Ansätze von Reinkarnationsglaube zeigt. Und es gibt auch im Christentum viele Vertreter, die von Reinkarnation ausgehen. Dennoch ist der Glaube an Reinkarnation für die Vertreter großen Kirchen der größte „Knackpunkt“.
  3. Manche Yoga Übende zitieren gerne aus Holger Kerstens Buch „Jesus lebte in Indien“, in welchem der Autor zu beweisen sucht, dass Jesus nicht am Kreuz gestorben sondern nur scheintot war, nach Indien gewandert und dort gestorben ist. Dies ist für die Kirchen gänzlich unakzeptabel. Denn die christliche Heilslehre basiert darauf, dass Jesus für die Vergebung der Sünden am Kreuz gestorben ist.
  4. Manche Yoga Übende haben mit manchen Konzepten traditioneller christlicher Theologie ihre Probleme, wie Ursünde, Unfehlbarkeit des Papstes und der Erlösung allein durch den Kreuzestod Christi

Ich meine allerdings, dass diese Widersprüche mit Demut zu lösen sind. Letztlich bleibt das Göttliche für den Menschen ein Mysterium. Und auch wenn man in Meditation und Samadhi in höhere Ebenen des Bewusstseins geht, kann man das Erlebte nicht in Worte fassen. Wenn wir uns bewusst sind, dass alle Konzepte nicht die Wirklichkeit abbilden, können wir als Suchende den spirituellen Weg mit Demut gehen.

Was hat ein gläubiger Christ von der Yoga Praxis?

  1. Auch ein gläubiger Christ hat in der heutigen Zeit manchmal Verspannungen und diverse psychosomatische Probleme. Da kann die Hatha Yoga Praxis mit Körperübungen, Atemübungen, Tiefenentspannung entscheidende Hilfen geben
  2. Vielen Christen fehlt in ihrer religiösen Praxis etwas: Manche wünschen sich die Einbeziehung des Körpers – hier kann Hatha Yoga wie Ganzkörpergebet zur Verehrung Gottes geübt werden. Manche wünschen sich, im Gebet ihren Geist zur Ruhe zu bringen und für Gott zu öffnen. Hier können die Pranayama Übungen, die Meditationstechniken sowie die Raja Yoga Techniken zur Geisteskontrolle von entscheidender Bedeutung sein. Manche Christen empfinden Christentum als etwas kopflastig oder auch sehr stark als Sozialarbeit. Sie wünschen sich als Ergänzung mehr authentische Erfahrung. Hier können die Yoga Übungen von großem Nutzen sein
  3. Manche Christen wissen intuitiv, dass in der heutigen Zeit weniger das Trennende sondern vielmehr das Verbindende von Bedeutung ist. Hier bietet das religionsübergreifende Yoga einen Bezugsrahmen auch für den Dialog der Weltreligionen untereinander

Kann ein nicht-christlich geprägter Yoga Aspirant von den Lehren Jesu Christi Inspiration bekommen?

Ja, das meine ich sehr wohl. Yoga und Christentum können sich sehr sinnvoll ergänzen. Yoga Aspiranten können von den Lehren Jesu auf vielfältige Weise Inspiration bekommen:

  1. Das Ideal der Nächstenliebe wird von Jesus sehr viel stärker in den Mittelpunkt gerückt als in den Yoga Schriften. Zwar ist im Yoga Sutra immer wieder von „Maitri Bhavana“ (Mitgefühl, Nächstenliebe) und „Ahimsa“ (Nichtverletzen) die Rede. Aber die Worte Jesu gehen auch heute noch in besonderem Maße zum Herzen. Nicht umsonst haben viele Yoga Meister (z.B. Swami Sivananda und Mahatma Gandhi) regelmäßig in der Bergpredigt gelesen und zur Richtschnur ihres Handelns gemacht. Nicht umsonst fehlen im heutigen Indien in keinem größeren Ashram soziale Werke (Hospital, Waisenheim, Leprastation, Tuberkulose-Betreuung etc.). Mehr als vielen bewusst ist, hatte das Christentum Einfluss auf die Entwicklung des Yoga seit dem 19. Jahrhundert.
  2. Jesus hat gelehrt, dass es nicht um Buchstabentreue sondern um die Liebe geht. Auch daran sollte man als Yoga Aspirant denken – denn auch unter Yoga Aspiranten gibt es manchmal große Streitigkeiten um die korrekte „Technik“ der Übungen. Da ist es immer wieder hilfreich, an die beiden wichtigsten Grundsätze zu denken, die Jesus immer wieder betont hat: (1) Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. (2) Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst (Nach Mat. 22, 34-40).
  3. Gerade die vom Christentum Enttäuschten, die vielleicht sogar eine Anti-Haltung zum Christentum entwickelt haben, können durch die Beschäftigung mit yogischen Interpretationen der Lehren Jesu eine leidvolle Erfahrung auflösen, einen Schritt weiter zum inneren Frieden kommen.

Einheit in Verschiedenheit

Vereinzelt wird ja Yoga Übenden der Vorwurf gemacht, dass man als Westler besser keinen asiatischen Weg gehen sollte, sondern besser bei der Spiritualität des eigenen Kulturkreises bleiben sollte. Darauf kann man zum einen antworten, dass das für Europa so charakteristische Christentum ja nicht aus Germanien, sondern aus Palästina stammt. Zum anderen predigen christliche Missionare seit vielen Jahrhunderten auf allen Kontinenten. Schließlich ist es geradezu das Schöne an der heutigen Zeit, dass Elemente verschiedener Kulturen uns bereichern: Fast jeder isst gerne beim Italiener, Griechen, Türken, Chinesen. Menschen hören gerne Musik, die aus Amerika kommt und afrikanisch beeinflusst ist. Vieles was wir essen, stammt aus Amerika, Asien oder Afrika. Unser Öl stammt aus dem Nahen Osten, die Kleidung aus China, die Internet Technik aus Amerika und die Internet Programmierer aus Indien. Und wir sind alle Kinder des einen Gottes. Die Welt ist zum „Globalen Dorf“ zusammengewachsen. Die heutige Zeit ist wie die Zeit um Christi Geburt eine Zeit der Verschmelzung bzw. Befruchtung der Kulturen.

Dann wird manchmal gesagt, dass man die Traditionen nicht miteinander vermischen dürfe. Es wird vereinzelt von christlicher Seite beklagt, dass der moderne Mensch sich aus verschiedenen Traditionen wie in einer Art spiritueller Supermarkt bediene und so seine eigene „Patchwork-Religion“ zusammen bastelt.

So war es jedoch auch bei den Frühchristen der ersten Jahrhunderte. Jesus war Jude und so fest verankert in der jüdischen Tradition. Seine Eltern sind mit Jesus nach Ägypten geflohen, wo sie mit ägyptischem und hellenistischem Gedankengut in Kontakt kamen. Israel stand unter römischer Fremdherrschaft. Die Zeit von Jesus Christus war geradezu eine Zeit der Verschmelzung der Kulturen. Persische, griechische, mesopotamische, römische, keltische Kulturen verbanden sich im Römischen Reich. Durch Handelsbeziehungen gab es Austausch zum indischen und chinesischen Kulturkreis.

So kann man im sich im in den ersten Jahrhunderten herauskristallisierenden Christentum Elemente verschiedener spiritueller Traditionen sehen:

  • Natürlich steht das Christentum auf der Basis des Judentums
  • Griechisches Gedankengut wurde besonders durch das Wirken von Paulus integriert
  • Manche sehen im Ideal der Entsagung, welches weder im Judentum noch bei den Griechen existierte, Elemente aus dem Buddhismus: „“Verkaufe was du hast und folge mir nach“ (Mk 10,21). „Ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen“ (Mk 10, 29).
  • Die starke Betonung des drohenden Endes der Welt kam wahrscheinlich über den Manichäismus ins Christentum
  • Und die römisch-katholische Kirche hat natürlich viele römische Formen, die lateinische Sprache und über Augustinus und andere Kirchenlehrer viele Elemente griechisch-römischer Philosophie übernommen

So ist das Christentum selbst ein Beispiel, wie sich verschiedene spirituelle Traditionen miteinander verbinden können. Dabei zeigten die ersten Jahrhunderte des Christentums eine sehr große Bandbreite christlichen Glaubens. Da waren die Unterschiede von Gemeinde zu Gemeinde, aber auch von Gläubigem zu Gläubigem riesengroß. Nicht umsonst sagte Jesus: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen“ (Joh 14,2). Man kann darunter verstehen, dass es viele Weisen gibt, zu Gott zu kommen, viele Weisen, Spiritualität zu leben. Jesus als Gottessohn betonte geradezu die Überlegenheit der Gottesliebe und Nächstenliebe über Tradition und Ritus.

So sind wir heute wieder in einer Zeit der Verschmelzung und der Befruchtung der Kulturen. Die Beschäftigung mit verschiedenen spirituellen Traditionen kann das Herz öffnen und zur Völkerverständigung beitragen. Und ein Yoga Aspirant kann von den Lehren Jesu Christi profitieren, und ein Christ von den verschiedenen Praktiken des Yoga. Ich meine, Yoga und Christentum ergänzen sich sehr gut.

(Ende des Interviews von Sukadev in Yoga Aktuell)

Yoga und Christentum - Artikel von Swami Chidananda

Yoga - nicht nur ein Körperübungssystem

“Ich werde nun etwas ausführlicher zu Euch über das Thema “Yoga und die christliche Religion” sprechen, da ich auch weiß, dass die meisten von Euch einen solchen christlichen Hintergrund haben und Ihr auch teilweise sehr fromm und sehr religiös seid. Einige von Euch mögen vielleicht nur christlich sein, weil Ihr in christlichen Familien geboren worden seid, aber einige von Euch mögen auch einmal alle zwei Monate in die Kirche gehen. Ihr alle habt einen christlichen Hintergrund, bei einigen mag dies römisch-katholisch sein, bei anderen protestantisch, oder Ihr möget auch Methodisten oder Juden sein. Zu welcher Religion Ihr auch immer gehören möget, wenn ich über Yoga und die christliche Religion spreche, so könnte dies genauso für Yoga und irgendeine andere Religion gelten. Nun, was ist also die Verbindung von Yoga und der jeweils eigenen Religion? Jeder nimmt es einfach als gegeben an, dass Yoga aus der Religion der Hindus kommt und fragt sich: „Was ist denn eigentlich die Verbindung zwischen dem Hinduismus und meiner eigenen Religion?“ Und jeder, der nicht dieser Hindu-Religion angehört, müsste sich eigentlich wundern. Aus diesem Grunde ist es gut zu wissen, wie sich Yoga in Bezug auf die eigene Religion verhält. Ist Yoga wie andere Religionen auch, oder gibt es große Unterschiede zwischen Yoga und den anderen Religionen? Wenn diese Sachverhalte nicht klar sind, könnte sich jemand sogar schuldig fühlen und denken: „Eigentlich bin ich doch ein Christ. Mache ich überhaupt das Richtige, wenn ich hierher komme und am Yoga teilnehme? Vielleicht bin ich ungläubig in Bezug auf die Dinge, die mich am Yoga interessieren?“ So stellt sich leicht eine gewisse Unbehaglichkeit ein.

Zunächst einmal sollte man wissen, dass Yoga auf der Basis des Hinduismus entstanden ist. Es hat seinen Ursprung in Indien und ist Bestandteil der Hindu Religion. Jedoch ist Yoga selbst nicht hinduistisch an sich. Yoga ist eine universelle Wissenschaft, die sich zwar aus dem religiösen Fundament des Hinduismus entwickelte, die jedoch jenseits der Religionen steht. Yoga ist ein universelles System. Denn im Yoga-System, wie es Patanjali offenbart wurde als einem der sechs grundsätzlichen Philosophie-Systeme, gibt es kein spezielles Dogma. Und es wird auch keine bestimmte Gottheit genannt, die man verehren sollte. Yoga sagt nicht, dass Du Rama oder Shiva anbeten oder auf Krishna meditieren sollst. Auch nicht, dass Du Kali, Durga oder Hanuman verehren sollst. Dazu trifft Yoga keine Aussagen.

Ebenso verlangt Yoga auch nicht, dass Du irgendeinen bestimmten Namen Gottes wiederholen solltest. Yoga sagt lediglich, dass das Wiederholen eines der Namen Gottes einer der möglichen Wege zur Konzentration des Geistes ist. Somit kannst Du einen der Namen Gottes wiederholen, Du kannst das Jesusgebet sprechen, Du kannst “Allah” sagen oder auch “Rama”. Ebenso kannst Du “Shiva” sagen oder irgendeinen anderen Namen für das Göttliche aus einer der anderen Religionen, denn im Yoga wird kein bestimmter Name für das Göttliche festgelegt und auch nicht vorgeschrieben, wen man verehren soll. Das allumfassende Göttliche Wesen, welches auf ewig frei, immer perfekt, frei von jeglichen Unzulänglichkeiten und jenseits von Maya ist, kann bezeichnet werden als die höchste Purusha, das höchste Wesen, der allmächtige Vater im Himmel, Allah, Jehova, usw. Du kannst es mit jeglichem Namen benennen, es spielt keine Rolle, denn dieses auf ewig freie Wesen ist nicht an die Maya gebunden. Es ist frei von Krankheiten, sein Wesen ist Satchidananda: Höchste Glückseligkeit und Höchstes Bewusstsein. Dies ist das Ziel der Meditation, welches es zu erreichen gilt - das Ziel des Yoga.

Somit gibt Dir Yoga kein anderes Ziel als das Ziel des Yoga. Es gibt Dir kein anderes Ziel als das Ziel Deiner Religion. Yoga benennt keinen anderen Gott als den Deiner eigenen Religion - Christentum, Islam usw. - und es gibt Dir auch keinen bestimmten Namen Gottes, weshalb Du nicht zu einem anderen Gott wechseln musst. Yoga verwendet keinen bestimmten Namen für das Höchste Wesen, den einen Gott. Yoga ist zwar aus dem Hinduismus heraus entstanden, doch geht es über die Religionen hinaus.

Yoga ist eine religiöse Wissenschaft, was bedeutet, dass sie über die Religionen hinausgeht und damit eine universelle Charakteristik besitzt. Zweitens ist Yoga eine Wissenschaft für alle Menschen. Sie ist weder eine Wissenschaft für die Menschen im Osten allein, noch jene im Westen, weder für den Orient noch für den Okzident. Yoga gibt es für alle Menschen auf dieser Welt. Es wurde den sterblichen Menschen dieser Erde, die Geburt, Leid und Tod unterliegen, gegeben. Es wurde den Menschen dieser Welt gegeben, ganz unabhängig davon, was sie sind, wer sie sind und wann sie leben. Yoga wurde nicht allein den antiken Menschen, den Menschen im Mittelalter, denen der Neuzeit oder den zukünftigen Menschen gegeben. Es ist für jeden Menschen bestimmt, der über die Sorgen, das Leid, die Anhaftungen und Täuschungen hinaus gehen möchte. Wenn er diesen Weg bestreitet, so wird er zur Höchsten Erfahrung gelangen. Damit ist Yoga die Antwort auf das Bedürfnis des sterblichen Menschen dieser Erde und das Eigentum sowie das Erbe der Menschheit. Yoga steht den Religionen nicht im Wege. Was bewirkt Yoga? Yoga erfüllt das Leben der Menschen und beseitigt einen bestimmten Mangel, den es in der Beziehung Religion - Mensch bzw. Mensch - Religion gibt. Ob es sich dabei um einen Mangel handelt, der darin liegt, dass die Religion nicht die höchsten Ziele des Menschen unterstützt, oder darin, dass der Mensch die Religion für sich nicht richtig nutzt, können wir nicht sagen.

Einige Menschen sagen, die Religionen hätten versagt. Ich sage dazu: „Nein“, der Mensch ist damit gescheitert, der Religion zu folgen. Es ist nicht die Schuld der Religion, dass die Menschen leiden. Sie leiden, weil sie die Lehren und Weisheiten der Religion vernachlässigen oder ignorieren. Häufig ist dies die Situation. Doch in einige Fällen, in denen die Religion völlig institutionalisiert wurde, ist sie eine unpersönliche Struktur und hat den lebendigen Kontakt zu den Menschen verloren. Und unter diesen Umständen ist Religion ohne wahren Geist. Sie ist dann nur ein Gebilde aus Dogmen, Ritualen, Zeremonien und Glauben. Wenn Du sagst: „Ich glaube an die Erlösung durch das Blut Christi“, dann bist Du ein Christ. Dann bist Du ein sehr guter Christ - und Du kannst tun, was Du willst. Du kannst trinken, rauchen, die 10 Gebote brechen - doch Du bist ein Christ. Religion bedeutet nur noch, bestimmte Dinge, die die Institution zum Kern der Religion gemacht hat, zu akzeptieren: nämlich eine Reihe von Dogmen. Wenn Du sagst, dass Du dies alles akzeptierst, dann bist Du ein religiöser Mensch.

Doch das ist nicht Religion. In jeder Religion gibt es einen gewissen geistigen Inhalt, der eine unmittelbare Bedeutung für den Teil von Dir hat, der der innerste Kern Deines Wesens ist und der Deine innerste Wirklichkeit darstellt - eine wahre und grundlegende Wirklichkeit. Religion scheitert, wenn sie es nicht schafft, diesen Kern Deines Wesens zu berühren, und sich nur damit beschäftigt, wie Du lebst, wie Dein soziales Umfeld und Dein häusliches Leben aussehen, ob Du Deine Abgaben richtig zahlst, ob Du einmal wöchentlich den Gottesdienst besuchst und ob Du die Sakramente nimmst. Du lässt Dich taufen und bist ein Christ. Nur daran ist die Religion interessiert und nicht an Deinem höchsten Kern. Sie regt Dich nie dazu an, Dich selbst zu fragen: „Was ist der Sinn meines Lebens? Warum bin ich hier? Was soll ich hier erreichen? Was ist die wahre Bedeutung meines Lebens? Was ist mein Ziel?" Die institutionalisierten Religionen ermutigen Dich nicht dazu, diese Fragen zu stellen, nach Antworten zu suchen und das Leben so zu einem Streben nach diesem Höchsten Ziel zu machen. In diesen Fällen dient Dir die Religion nicht dazu, in die Tiefe zu gehen, sondern sie dient Dir nur oberflächlich. Sie tritt mit Dir nicht auf der Ebene Deines Wesens in Beziehung, die Dein wahres Wesen ist. Andere Ebenen werden berührt und beeinflusst, doch diese Ebene bleibt unberührt.

Wenn also der geistige Inhalt in der Religion nicht mehr lebendig und fortschrittlich ist, dann ist diese Religion versteinert und leblos geworden. Yoga ist die wundervolle Antwort darauf, denn das wichtigste Anliegen des Yoga ist, die spirituelle Realität in Dir zu berühren und das spirituelle Ziel zu erreichen, für das Du diese menschliche Gestalt angenommen hast. Dies ist das Wichtigste im Yoga. Yoga ist der Weg zur Gottverwirklichung. Yoga ist der Weg der göttlichen Erfahrung, und diese Gotteserfahrung ist das Herzstück der Religion. Dies ist der geistige Kern der Religion, und dort, wo dieser geistige Kern vernachlässigt und vergessen worden ist, ist Religion nur eine große strukturierte, leblose Ansammlung von Menschen.

Jesus Christus - Gemälde von Rembrandt

Es gibt dort hunderte von Häusern - ein konstruierter Palast, in dem niemand lebt. Es ist ein verlassener Palast. So wird Religion zu einer riesigen leblosen Struktur - und wenn das religiöse Leben einer Person so aussieht - sei sie nun ein Christ, ein Katholik, ein Protestant, ein Jude, ein Parsi oder ein Muslim - dann ist Yoga das lebensspendende Wasser, das den verdorrten, dahinsiechenden inneren Kern und den vernachlässigten inneren spirituellen Weg belebt. Yoga ist die lebensspendende Kraft. Yoga ruft den geistigen Kern Deiner Religion ins Leben und lässt Deine Religion wieder lebendig werden. Und dies geschieht jedem, sei er ein Christ oder ein Muslim. Yoga bringt die Lebendigkeit in die Religion zurück.

Yoga macht lebendig.

Viele Menschen machen die Erfahrung, dass sie, nachdem sie zum Yoga kommen, beginnen, wirklich religiös zu werden. Nachdem das Yoga zu ihm kam, wurde ein Christ ein wirklich hingebungsvoller Christ, der regelmäßig in die Kirche ging und die Bibel las, mehr Interesse an den Worten von Jesus zeigte und die Bedeutung vieler Dinge, die er nun im Namen des Christentums tut, verstand. Er hatte damit aufgehört, diese Dinge zu tun, weil er in ihnen keine Bedeutung sah. Und nun, da er die Bedeutung in ihnen sieht, interessiert er sich auch dafür. Er beginnt, diese christlichen Lehren umzusetzen. Viele Dinge, die einst bedeutungslos waren, haben nun Bedeutung. So wird man ein besserer Christ. In vielen Fällen hat Yoga den Menschen geholfen, zu dem inneren Kern ihrer Religion zu gelangen. Sie sehen einen tieferen Sinn in der religiösen Praxis, interessieren sich mehr für ihre Religion und verstehen diese besser als zuvor. Yoga gibt den Menschen die geistige Bedeutung ihrer Religion zurück. Yoga stellt auch das spirituelle Leben wieder her, welches das Herzstück einer wahren Religion ist. Ohne dieses Herzstück ist Religion nur eine äußere Fassade. Yoga macht damit jede Religion lebendiger und erweckt sie für den Einzelnen häufig wieder zum Leben. Yoga kann also im Christentum und jeder anderen Religion praktiziert werden.

In welcher Weise unterscheidet sich nun Yoga von den anderen Religionen? Dies wollen wir ebenso betrachten. Yoga unterscheidet sich darin, dass es die Doktrin der „Ursünde“ ablehnt. Yoga betrachtet den Menschen nicht als Sünder. Es nennt ihn manchmal einen Narren, jedoch nicht einen Sünder. Ein Mensch wird als Gott angesehen, der einen Narren spielt oder der seinen Weg nach Hause nicht mehr findet, der herumirrt und sich dabei im Kreis bewegt. Yoga weist uns den Weg und sagt zu uns: „Gehe nun Deinen Weg und gehe direkt nach Hause!“. Yoga möchte nicht, dass wir uns als Sünder betrachten. Eine andere Sache ist die folgende: Vieles im Christentum ist leider der Versuch, die Hölle zu vermeiden und stattdessen durch die Himmelspforte zu schlüpfen, sogar wenn Du dafür nicht vollkommen geeignet bist. Yoga sagt dazu: “Dies ist ein wenig kindisch, Du bist etwas viel Größeres. Warum spielst Du dieses Spiel von Himmel und Hölle?” Yoga lehnt die Hölle ab und auch den Himmel. Gehe zum Schöpfer des Himmels, zum Herrn über den Himmel. Warum der Himmel? Der Himmel ist auch ein kleinlicher Wunsch. Dies willst Du nicht wirklich. Sage Dir: “Ich will Gott - ich möchte Gott erfahren, das Höchste Wesen, den Herrn des Himmels.“ Yoga befasst sich mit Gott, nicht mit Himmel oder Hölle. Man kann sagen, dass dies einige der Unterschiede zwischen Yoga und dem Christentum sind. Hierin unterscheidet sich das orthodoxe Christentum vom Yoga.

Yoga ermöglicht den Zugang zum wertvollsten Teil der Religion, der leider meist nicht vorhanden ist. In den meisten der großen Religionen dieser Welt fehlt der geistige Inhalt, mit Ausnahme einer kleinen Minderheit der Gläubigen, die als Nonnen oder Mönche in Klöstern leben und sich ganz auf diesen geistigen Inhalt konzentrieren. Doch durch den Einfluss von Yoga in den letzten fünfzig Jahren gibt es eine Wiedergeburt in der christlichen Welt, die diesen inneren geistigen Aspekt des Christentums betont, die innere Anbindung an Gott. Es gibt viele solcher Beispiele. Bei einigen von ihnen geschieht es wie bei den Aposteln. In den frühen Tagen wurden einige der Aspostel regelrecht “entflammt” - wie etwa die Eingebungen zu Pfingsten. Dies waren alles gute Zeichen für die Gläubigen. Derzeit tut Yoga genau dies: das religiöse Leben des Einzelnen wiederherstellen. Yoga gibt den Menschen die spirituelle Qualität, den geistigen Inhalt zurück - und dies ist das Beste am Yoga. Yoga stört Deine Religion nicht und steht auch nicht im Widerspruch zu ihr. Keineswegs widerspricht Yoga irgendetwas. Yoga sagt: "Wo immer Du bist, was auch immer Du bist, versuche, Gott zu finden und ein edles Leben zu führen. Reinige Dich, befreie Dich von den niederen Charaktereigenschaften. Strahle durch Tugendhaftigkeit. Bringe in Dir selbst die göttlichen Eigenschaften hervor und erwecke das Göttliche in Dir. Bewege Dich hin zu Gott.“ Dies ist die zentrale Botschaft des Yoga. Sie kann auf harmonische Weise in jede Religion, jede Glaubensrichtung sowie in das religiöse Leben jedes Einzelnen integriert werden. Yoga bereichert die Religion und lässt sie lebendig werden. So bringt Dich Yoga dem wahren Ziel näher, das das Ziel jeder Religion ist.

copyright The Divine Life Society

Definition von Yoga laut Wikipedia

Wikipedia Yoga: Auch wenn die Wurzeln im Hinduismus liegen, wird Yoga von Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen praktiziert. In den Yamas und Niyamas lassen sich einige Parallelen zu den Geboten des Christentums, Judentums und des Islams feststellen. Die Yoga-Philosophie Patanjalis unterscheidet sich durch eine theistische Orientierung von der indischen Samkhya-Lehre, in der der Glaube an einen Gott keine Rolle spielt. Im „modernen Yoga“ liegt der Schwerpunkt in der Praxis des Yoga. Unter Hinweis auf die positiven Auswirkungen der Übungspraxis betrachtet man Yoga als individuelle Bereicherung oder als Beitrag zur persönlichen Entwicklung, weitgehend unabhängig von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen des Schülers. Aus dieser Sicht passen Yoga und Christentum gut zusammen.

Christliche Internetseiten zum Yoga

www.kath.ch: “Immer mehr Christen entdecken Yoga und andere fernöstliche Besinnungstechniken für sich. Die katholischen Bildungshäuser sind schon längst auf diesen Trend aufgesprungen und bieten die verschiedensten Kurse dazu an. Sie sehen in der Praxis des Yogas keinen Widerspruch zur christlichen Lehre. Yoga würde sich nicht nur positiv auf Körper und Geist auswirken, sondern auch neue Zugänge zur christlichen Spiritualität ermöglichen. Zu einer gemässigt-kritischen Einstellung gegenüber Yoga ruft die EKD, die Evangelische Kirche Deutschland, in einer umfangreichen Stellungnahme zum Verhältnis von Christentum und Yoga auf: Radikale Ablehnung sei genauso falsch wie eine undifferenzierte Bejahung.”

katholischen Kirchengemeinde St. Michael in Stuttgart-Sillenbuch: “Yoga ist ein jahrjausende altes System körperlicher und geistiger Übungen, das den ganzen Menschen anspricht in seiner Einheit von Körper und Geist. Yoga ist eine Erfahrungsmethode und zählt zum Kulturerbe der Menschheit unabhängig vom jeweiligen Kulturkreis. Yoga verträgt sich sehr wohl mit christlicher Meditation. Yogaübungen werden in St Michael seit mehr als 25 Jahren sehr erfolgreich angeboten.”

Diskussion Yoga und Christentum

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(Jesus.de, Foren: Yoga – unchristlich?, 2012)

Caro: Die meisten hier im Forum teilen mit mir die Meinung/den Glauben, dass Jesus die einzige Person ist, in der Gott in seiner ganzen Fülle wohnt.

Yogi Nils: Es gibt viele verschiedene Ansichten unter den Christen. Wir sollten offen darüber diskutieren und einen guten Weg des konstruktiven Miteinanders finden. Für mich ist Gott eine höhere Bewusstseinsdimension im Kosmos, die sich in vielen Religionen und Menschen ausdrücken kann. Jeder Erleuchtete ist ein Sohn oder eine Tochter Gottes, weil er oder sie das Gottesbewusstsein verkörpert. Es gibt viele Wege zur Erleuchtung. Jesus verkörpert für mich den Weg der umfassenden Liebe.

Caro: Ich glaube auch, daß wir einen Weg der Verständigung finden. Und ich denke nicht, daß wir dazu genau das Gleiche glauben müssen, sondern daß wir uns mit Respekt und Freundlichkeit begegnen können. Ich denke Jesus ist mehr als ein Erleuchteter. Es ist gut, wenn wir nicht versuchen uns gegenseitig zu “überzeugen”.

Yogi Nils: Die Essenz des Christentums ist der Doppelweg aus Liebe zu Gott und zu allen Wesen (zum Nächsten). Ein christlicher Yoga basiert auf diesen beiden Grundsätzen. Meine beiden zentralen Übungen sind deshalb das Lichtsenden (Ich sende Licht zu …) und das Anrufen (Om alle erleuchteten Meister. Om innere Weisheit). In meinen Gruppen machen Atheisten, Christen und Menschen anderer Glaubensrichtungen gemeinsam Yoga. Ich habe die Mantras deshalb so formuliert, dass sie für alle Menschen akzeptabel sind. Jeder Übende kann sie aber auch für sich persönlich umformulieren. Durch die Anrufung der erleuchteten Meister verbinden wir uns mit der Erleuchtungsenergie (atheistisch: dem Glück und der Weisheit in uns, christlich: dem Heiligen Geist). In dem wir allen Wesen Licht senden, aktivieren wir die Liebe in uns und gelangen in die Bewusstseinsdimension der Einheit (atheistisch: zur inneren Harmonie, christlich: in ein Leben in Gott). Christen können die Mantras für sich passend umformulieren. Zum Beispiel können sie statt “Ich sende Licht zu…” sagen: “Ich bete für ….”. Statt “Om alle erleuchteten Meister” kann es einfach heißen “Jesus Christus” oder “Lieber Gott”. Ein Christ stellt Gott in den Mittelpunkt seines Glauben. Ein Buddhist konzentriert sich auf Buddha und ein Hindu auf seinen persönlichen Gott (Shiva, Vishnu, Göttin) oder auf das Erleuchtungsbewusstsein (die Einheitsdimension, Brahman, das Licht). Ein Atheist kann an sich selbst oder seine eigene Weisheit glauben. Im westlichen Yoga darf jeder seinen persönlichen Glauben haben. Der westliche Yoga ist pluralistisch, vielfältig und gesundheitsorientiert.

Suzie die Pilgerin: Christen brauchen keinen erleuchteten Meister. Jesus Christus genügt und die, die das Evangelium verkünden und die Bibel auslegen.

Die Bergpredigt - Gemälde von Carl Bloch (1877)

Yogi Nils: Und genau hier fangen die Schwierigkeiten an. Wer legt die Bibel richtig aus? Ganz offensichtlich gibt es viele verschiedene Möglichkeiten die Worte der Bibel zu verstehen. Ich erinnere nur an die Bergpredigt von Jesus. Viele Deutungsmöglichkeiten werden von den Christen gegeben. Wer hat Recht? Ich behaupte: Wer nicht erleuchtet ist, kann die Bibel in der Tiefe nicht erfassen. Wer nicht selbst heilig ist, liest immer eine Anleitung zur Stärkung seines eigenen Egos aus der Bibel heraus. Die Bibel ist von der Erfahrung Gottes her zu verstehen. Auch die Christen brauchen erleuchtete Meister (verwirklichte Heilige), die ihnen bei der Auslegung der Bibel und auf dem Weg des spirituellen Übens helfen. Ich habe persönlich erfahren, dass erst mein Erleuchtungserlebnis mir die Augen zum tieferen Verständnis der heiligen Schriften geöffnet hat. Ich sehe deutlich, wie fehlgeleitet viele Christen mit den Texten der Bibel umgehen. Jesus Christus genügt offensichtlich oft nicht. Nur ein Heiliger lebt wirklich in Gott und kann deshalb Gott seinen Mitmenschen authentisch vermitteln. Deswegen sagte man von Jesus, dass er aus eigener Kraft zu den Menschen spricht. Deswegen konnte Christus den Heiligen Geist zu Pfingsten auf seine Jünger übertragen (Energieübertragung durch einen Erleuchteten). Er öffnete ihr Scheitelchakra, so dass sie Feuerzungen auf ihren Köpfen spürten und alle Menschen ihre spirituellen Worte verstanden. Ich halte mich an den Heiligen Antonius und die christlichen Wüstenväter. Sie lehrten, dass jeder intensiv Übende einen erleuchteten Meister braucht. Sie nannten diesen Meister Wüstenvater oder Wüstenmutter. Viele erleuchtete Aussprüche sind von diesen christlichen Heiligen übermittelt. Auch Jesus selbst hatte einen erleuchteten Meister, Johannes den Täufer, der ihm bei der Taufe den Heiligen Geist übertrug. Nur scheinbar kam der Geist Gottes als Taube vom Himmel zu Jesus geflogen. In Wirklichkeit hat Johannes das Scheitelchakra von Jesus geöffnet, so dass er anschließend 40 Tage und Nächte in der Wüste meditieren konnte. Jesus gab dann seine Erleuchtungsenergie zu Pfingsten an seine Jünger weiter. Nur die heutigen Christen meinen, dass sie keinen erleuchteten Meister brauchen. Sie taufen mit Wasser und nicht mit Erleuchtungsenergie.

Salomon: Jeder ist sich selber sein eigener Meister.

Yogi Nils: Der Weg der Erleuchtung ist nicht leicht zu begreifen, weil Gott ein Mysterium ist. Ich bin mit dir der Meinung, dass jeder Mensch sich in seiner eigenen Weisheit (Wahrheit, Richtigkeit) zentrieren sollte. Aber für den Durchbruch zur Erleuchtung brauchen wir grundsätzlich einen Menschen, der den Weg schon kennt. Ohne einen guten Führer ist es schwer den schmalen Pfad durch den Dschungel der Gefühle zum Berg Gottes zu finden. Viele Menschen haben sich auf dem spirituellen Weg schon verlaufen. Und sehr offensichtlich auch viele Christen. Ich verweise auf die vielen aktuellen Debatten über das unheilige Verhalten christlicher Würdenträger. Der Heilige Geist als alleiniger Führer scheint bei den meisten Christen nicht auszureichen.

Cream: Diese sogenannten “Erleuchteten” sind in aller Regel Bauernfänger und Scharlatane, die nur ein Ziel kennen, nämlich die eigene finanzielle Lage zu verbessern.

Yogi Nils: Es gibt auch falsche Heilige, die vorwiegend den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen. Im Yoga arbeiten wir deshalb oft zum Selbstkostenpreis oder kostenlos. Etwas Geld auf dem spirituellen Weg zu verdienen ist okay. Auch ein Heiliger muss von irgendetwas leben. Er sollte aber die Spiritualität und die Liebe zum Zentrum seines Lebens machen. Wenn du die Worte “in aller Regel” verwendest, bedeutet das, dass es auch echte Erleuchtete gibt. Und so ist es. Ein spiritueller Mensch, der gut in Kontakt mit seiner eigenen Wahrheit und Liebe ist, wird nicht auf falsche Heilige hereinfallen, sondern sich vom Echten angezogen fühlen.

Dana: Den wesentlichen Unterschied zwischen der christlichen Erleuchtung und der Führung durch erleuchtete Meister anderer Religionen sehe ich darin, dass die christliche Form der Erleuchtung durch den Schmerz und die Akzeptanz des Schmerzes geht, während bei anderen Arten von Erleuchtungen der Schmerz abgetrennt wird.

Yogi Nils: Es gibt nur einen Gott, eine höchste Wahrheit, eine Erleuchtung, ein kosmisches Bewusstsein. Aber es gibt viele Erleuchtungsstufen, viele Wege zur Erleuchtung und viele unterschiedliche Erleuchtungserfahrungen auf dem Weg. Ein Mensch kann Gott als Person verehren, zu Jesus beten, Buddha visualisieren oder einfach nur meditieren, in der Ruhe verweilen, Yoga machen. Oder er kann den Weg der umfassenden Liebe gehen und für eine glückliche Welt und die Erleuchtung aller Menschen arbeiten. Jede echte Erleuchtung geht durch den Schmerz und die Akzeptanz des Schmerzes hindurch. Positives Denken, das das Leid auf der Welt verdrängt, führt nicht zur Erleuchtung. Erleuchtung bedeutet Trauerarbeit, Emotionsarbeit, Annehmen der Gegebenheiten, Loslassen des Eigenwillens, Nichtswerdung und Einswerdung mit allem. Die Erleuchtungserfahrung besteht in der Essenz aus Leere und Einheit. Man spürt Trauer, Liebe, Glück, Frieden und Einheit gleichzeitig in sich. Das Bewusstsein der Leidhaftigkeit der Welt bleibt vorhanden, aber das innere Glück und die Liebe dominieren. Die Erleuchtungsenergie beginnt gerade dadurch zu fließen, dass man sich in das Zentrum des Leidens hineinopfert (sein Ego kreuzigt, das Wurzelchakra öffnet). Der Mensch muss von allen weltlichen Wünschen leer werden, damit das Licht Gottes (der Heilige Geist) in ihm wohnen kann. Er muss allen Schmerz und alles Leid annehmen, integrieren und transzendieren. Nach Buddha besteht der Weg der Erleuchtung aus dem Loslassen der weltlichen Wünsche (Suchtüberwindung), dem Annehmen des Leidens (Angstüberwindung) und der Zentrierung in Gott (im Nirvana, in der Weisheit, in der Spiritualität).

Frage: Ist Yoga ein Weg der Selbsterlösung?

Yogi Nils: Im Christentum herrscht viel Unklarheit über den Weg der Erleuchtung. Ein wichtiger Vorwurf besteht darin, dass die Esoteriker sich selbst erlösen wollen und die Christen durch die Gnade Gottes erlöst werden. Auch zwischen Katholiken und Lutheranern ist es umstritten, in wieweit ein Christ spirituell üben sollte oder ob alles alleine durch die Gnade geschieht. Im Yoga legen wir den Schwerpunkt auf das spirituelle Üben. Andererseits sagen auch die Yoga-Meister, dass man die Erleuchtung nicht erzwingen kann. Sie kommt letztlich von alleine, spontan, als Gnade.

Pfarrer: Ist Gott heilig, so konnte im Alten Testament auch sein Volk Israel als heilig (2.Mose 19,6) und konnten seine Angehörigen als Heilige (Psalm 4,4; 16,10 u.v.a.m.) bezeichnet werden. „Heilig“ bedeutet hier: dem heiligen Gott zugehörig, von ihm auserwählt, mit ihm verbunden und von ihm gesegnet. Dementsprechend wird das Volk aufgefordert, sich seinerseits zu „heiligen,“ womit auch rituelle Heiligung, vor allem aber ein Leben in Recht und Gerechtigkeit nach Gottes Gesetz gemeint ist.

Der Mensch kann Gott nur begreifen, indem er von ihm ergriffen wird. Diese spirituelle Erfahrung Gottes ist Wurzel und Kraftquelle des Glaubens. Alles theologische Denken kann diese Erfahrung letztlich nur beschreiben und deuten und alle Ethik nur die lebenspraktischen Konsequenzen aus ihr ziehen. Beides sind folgerichtige, notwendige, aber in Bezug auf die erlebte Gotteserfahrung sekundäre Schritte.

Formen und Wege spirituellen Erlebens gab und gibt es unendlich viele. Wo sich die Kirche allzu sehr in äußerliche Dinge und weltliche Machenschaften verstrickte, suchten Mystiker in der Hinwendung nach innen das Einswerden mit Gott in Kontemplation und Meditation. Wo sich in der evangelischen Kirche die Glaubensverkündigung allzu einseitig auf das gesprochene Wort konzentrierte, entwickelte sich in ihr der ungemein reiche Schatz der Kirchenmusik, die unmittelbar das menschliche Herz anspricht. Heute ist es oft die Gospelmusik, die mit ihrer faszinierenden Lebendigkeit für viele zum emotionalen und religiösen Erlebnis wird.

Bei allem gilt jedoch: wenn Gott das Subjekt aller Erleuchtung und Gotteserfahrung ist, dann ist diese vom Menschen nicht planbar und „machbar.“ Menschen und auch Kirchen und religiöse Gemeinschaften können dazu nichts anderes tun als Vorbereitungen treffen, Erlebnisräume schaffen und für das, was in ihnen geschieht, bereit und offen sein. Aber sie tun es unter der Verheißung Gottes, dass er sich zu erkennen geben will und wird.

Yogi Nils: Vielen Dank lieber Pfarrer, dass du dir die Mühe gemacht hast, so eine lange Antwort auf meine Frage zu schreiben. Ich sehe, dass wir uns in wesentlichen Punkten einig sind. Erleuchtung und Heiligkeit sind zwei verschiedene Begriffe für denselben Sachverhalt. Erleuchtung ist nicht machbar. Sie kommt aus Gnade. Aber ein Mensch kann viel dafür tun, dass Gott als Gnade zu ihm kommen kann. Er kann beten, meditieren, in den heiligen Schriften lesen, als Yogi oder als Pfarrer leben. Er kann sich von weltlichen Dingen leer machen, so dass der Heilige Geist in ihm Platz finden kann.

Siehe auch

Literatur

  • Stephan Hachtmann, Berührt vom Klang der Liebe: Wege zum Herzensgebet (2012)
  • Thich Nhat Hanh, Jesus und Buddha - Ein Dialog der Liebe (2010)
  • Ayya Khema, Das Größte ist die Liebe: Die Bergpredigt und das Hohelied der Liebe aus buddhistischer Sicht (2009)
  • Albert Schweitzer, Aus meinem Leben und Denken (2011)
  • Hansjürgen Verweyen, Ist Gott die Liebe? Spurensuche in Bibel und Tradition (2014)
  • Kordula Witjes u.a., Die Liebe wählen: Frère Roger, Taizé 1915-2005 (2013)
  • Petra und Erwin Würth, Zur Liebe befreit: Szenen aus dem Leben des Franziskus von Assisi (2011)

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