Atheismus
Atheismus: Atheismus ist die Vorstellung, dass es keinen Gott gibt.
„Theo“ heißt Gott, „Theismus“ ist die Vorstellung, dass es Gott gibt. Im engeren Sinne ist „Theismus“ auch die Vorstellung, dass Gott eine wichtige Rolle spielt. Aber „Atheismus“ heißt, es gibt keinen Gott.
Yoga und Atheismus
Kann man Atheist*in sein und Yoga üben? Vertragen sich Atheismus und Yoga? Hat Yoga etwas mit Gott zu tun?
Im Grunde genommen gibt es in Indien verschiedene Richtungen. Man spricht ja gerne von den Shat Darshanas, den sechs klassischen indischen Philosophiesystemen. Und auf der Grundlage von diesen 6 Philosophiesystemen kann man auch Yoga üben.
Atheismus und Samkhya
Eines der Philosophiesysteme ist zum Beispiel Samkhya, welches als ein atheistisches Philosophiesystem gilt. Es ist nicht so, dass es in dem System keine höhere Wirklichkeit gibt. Im Samkhya wird gesagt, dass es Purusha gibt, die Seele und Prakriti, die Welt oder die Natur. Und letztlich ist das ganze Universum ein Zusammenspiel zwischen Purusha und Prakriti.
In Samkhya selbst wird Gott keine Rolle zugewiesen. Es gibt einfach die Seele wie auch die Welt. Und je nach Samkhya-System wird gesagt, es gibt verschiedene Einzelseelen oder es gibt eine Gesamtseele und diese manifestiert sich als individuelles Bewusstsein in jedem Menschen und vielleicht sogar in jedem Tier. Als ist Samkhya ein Beispiel für ein atheistisches System, Atheismus auf dessen Basis Yoga geübt wird. Denn im Samkhya wird auch gesagt, es gibt ein Ziel des Lebens und das Ziel des Lebens ist Kaivalya, Befreiung. Das heißt die Seele oder das Bewusstsein soll sich lösen von der Identifikation mit dem Körper und der Psyche. Hier gibt es also eine persönliche Aufgabe, ein persönliches Bemühen.
Und so kann sich die Seele vom irrtümlichen Verständnis, der Körper zu sein oder die Psyche zu sein lösen, und Befreiung erreichen. Im Samkhya spielt Gott dabei keine Rolle. Es gibt eine Weiterentwicklung des Samkya-Systems, das ist das Yoga von Patanjali, man könnte auch sagen Patanjali-Yoga. Dort gibt es Ishwara, den persönlichen Gott. Da Individuum kann Gott anrufen und sich Gott hingeben und Gott wird dem Individuum helfen, zu Kaivalya, zur Befreiung zu kommen. So gibt also in diesem System, Patanjali Yoga und Samkhya auf beiden gibt es Yoga einmal auf der Grundlage des Atheismus und auf der Grundlage eines Theismus.
Atheismus und Vaisheshika
Genau so gibt es auch ein Philosophiesystem, das sich Vaisheshika nennt und Vaisheshika kann atheistisch sein, muss aber nicht atheistisch sein. Im Vaisheshika ist die Natur wichtig und die Naturgesetze. Dort wird gesagt, wir sollen diese Welt beachten. Und wenn es einen Gott gibt, dann spielt er keine große Rolle und wenn es keinen Gott gibt, dann spielt er sowieso keine Rolle.
Vaisheshika würde die Frage, wozu wir Yoga üben, wie folgt beantworten: Wir üben Yoga für Gesundheit, für Wohlbefinden, für Heilung von Krankheiten und für Konzentrationsfähigkeit und Stärke des Geistes. In diesem Sinne gibt es also Yoga auf der Basis des Atheismus.
Atheismus und Ayurveda
Auch im Ayurvedasystem gibt es Yoga, insbesondere Hatha-Yoga für Gesundheit. Und auch im Ayurvedasystem spielt ein theistischer Gott keine Rolle.
Ayurveda beruht letztlich auf Samkhya und im Ayurvedasystem wird Gott nicht erwähnt. Was nicht heißt, dass Ayurveda nicht auch mit Gott funktionieren würde, aber, Samkhya ist zunächst einmal ein Gesundheitssystem. Und zwar ein Gesundheitssystem, in dem Gott keine Rolle spielt.
In diesem Sinne würde man auch im Ayurveda sagen, wir üben Yoga für Gesundheit, für Heilung für Wohlbefinden, mehr Energie und Konzentrationsfähigkeit und mehr Gelassenheit. Also auch hier: Atheismus.
Atheismus und Theismus im Yoga
Es gibt zunächst einmal säkularen Yoga, also Yoga, wo es um weltliche Dinge geht. Das wäre Vaisheshika und Ayurveda als Grundlage. Auf dieser Grundlage ist Yoga sehr gut verträglich mit Atheismus.
Es gibt auch Yoga – ähnlich wie Buddhismus – auf atheistischer Grundlage als spirituelles System – eben auf der Grundlage von Samkhya. Hier geht es darum, sich zu lösen von Verhaftungen. Es geht darum , sein wahres Selbst zu erkennen ohne sich deshalb an Gott zu wenden.
Aber es gibt im Yoga auch theistische Strömungen, zum Beispiel Patanjali–Yoga.
Vedanta ist auch eine Verbindung zwischen, zum einen, Atheismus in dem Sinne, dass der persönliche Gott auch nur als Illusion gilt, aber dennoch als hilfreich, aber er ist gleichzeitig auch „theistisch“, weil es heißt, es ist hilfreich, sich an Gott zu wenden und Gott wird einen zur Befreiung führen.
Und dann gibt es die theistischen Yogasysteme, die insbesondere die Bhakti–Yogaströmungen umfassen. Zum Beispiel die Vaishnava, Shaiva und die Shakta – Traditionen, in denen Gott verehrt wird, zum Beispiel als Krishna, als Vishnu, als Rama, als Shiva, als Ganesha, Durga, Lakshmi, Saraswati.
Auch die tantrischen Traditionen sind theistische Traditionen. Obgleich manche sagen, reines Tantra, was nur von Shiva und Shakti spricht, kennt auch keinen persönlichen Gottesbegriff, sondern auch wieder nur Bewusstsein und Energie und damit, wenn kein persönlicher Gott da ist, könnte man es auch wieder als atheistisch gelten lassen.
Yoga als System der persönlichen Entwicklung, Yoga als System der eigenen Praxis, kann auf theistischer und auf atheistischer Ebene geübt werden. Dabei ist es egal, ob du Yoga übst als reines Gesundheitssystem oder Wellnesssystem oder Yoga als spirituelles System, Yoga kann theistisch sein und atheistisch.
Video Atheismus
Vortragsvideo über Atheismus :
Autor/Sprecher: Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, Seminarleiter zu den Themen Yoga und Meditation.
Atheismus Audio Vortrag
Hier die Audiospur des oberen Videos zu Atheismus :
Siehe auch
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- Dr phil Oliver Hahn