Barmherzigkeit
Barmherzigkeit, von barm, also liebevoll, und Herz, ist eine Charaktereigenschaft, eine Tugend, die zur Handlung drängt. Ein barmherziger Mensch empfindet für Menschen in Not und hilft ihnen. "Barmherzigkeit" ist die deutsche Übersetzung von Misericordia, eine der wichtigsten Tugenden im Christentum, im Buddhismus, Judentum, Hinduismus, Islam.
Barmherzigkeit ist nicht nur Mitgefühl, sondern tätige Nächstenliebe. Im Neuen Testament findet man das Gleichnis vom barmherzigen Samariter - als Beispiel von einem Menschen, der jemanden hilft, den er nicht kennt, und von dem er keinen Dank erwarten kann.
Barmherzigkeit - eine Tugend. Was ist Barmherzigkeit? Woher stammt das Wort? Wozu ist Barmherzigkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Barmherzigkeit? Mit vielen praktischen Tipps, Videos und Anleitungen.
Swami Sivananda über Barmherzigkeit
Der indische Yogi und Yoga Meister Swami Sivananda schreibt in seinem Buch "How to Cultivate Virtues" über "Mercy" - der englische Ausdruck Mercy steht für Barmherzigkeit, Erbarmen, Mitgefühl, Gnade:
Barmherzigkeit als Eigenschaft Gottes
Gott ist ein Ozean von Gnade und Barmherzigkeit. Er ist immer all-barmherzig. Wenn du mit ihm Umgang pflegen willst, wenn du dich mit ihm vereinigen willst, wenn du in ihm verweilen willst, kannst du auch eine Verkörperung des Barmherzigkeits werden. Barmherzigkeit ist eine wesentliches Merkmal eine Heiligen. Wenn du bei ihm kein Barmherzigkeit findest, sieh ihn nicht als einen Heiligen an.
Barmherzigkeit als wichtige Tugend
Barmherzigkeit ist ein Gegenspieler der Unmenschlichkeit, der Quälerei, der Härte, der Grobheit, der Grausamkeit. Sie ist ein Freund der Güte, der Sanftmut, der Anmut. Barmherzigkeit ist unter den Tugenden genau wie der Mond unter den Gestirnen.
Barmherzigkeit besitzt starke Macht. Sie ist intensive Festigkeit und verleiht Kraft. Barmherzigkeit öffnet die Tür zu Freiheit, Unsterblichkeit und ewiger Glückseligkeit. Sie macht das begrenzte Herz so weit wie den Himmel. Sie verleiht Flügel, um hoch in das Königreich des Höchsten Friedens aufzusteigen. Barmherzigkeit wandelt dich zu Göttlichkeit. Sie ist die mächtigste unter den Mächtigsten. Gute Barmherzigkeit ist wie Nektar. Sie ist das wahre Kennzeichen oder Symbol (Linga ) der hohen Gesinnung. Barmherzigkeit ist die himmlische Fülle der Gnade und der Liebe. Sie ist wie ein Magnet.
Barmherzigkeit ist das höchste Kennzeichen Gottes. Barmherzigkeit erweicht und reinigt ein sündenverhärtetes Herz. Barmherzigkeit scheint mit mehr Glanz als Gerechtigkeit. Barmherzigkeit schenkt Chitta-Prasada , also Seelenfrieden. Sei darum barmherzig.
Barmherzigkeit ist Güte und Geduld, die sich in der Schonung eines Angreifers in seinem Machtbereich zeigt. Sie ist eine vergebende Gesinnung. Barmherzigkeit ist Mitgefühl, tätige Nächstenliebe. Barmherzigkeit ist außergewöhnliche Herzensgüte. Sie kennt und versteht die Leiden anderer und ist bereit, ihnen zu helfen.
Das Herz eines mitfühlenden Menschen ist weicher als Butter. Butter schmilzt nahe dem Feuer, aber das Herz eines mitfühlenden Menschen schmilzt sogar dann, wenn er die Leiden anderer aus der Entfernung sieht.
Bestandteile der Barmherzigkeit
Die Bestandteile des Barmherzigkeits sind Herzensgüte, Mitgefühl, Verständnis, Mitempfinden, außergewöhnliche Güte, Freundlichkeit, Zuneigung, Liebe, Nächstenliebe, Großzügigkeit, Selbstlosigkeit und Aufopferung. Barmherzigkeit, Mitempfinden, Sympathie und Erbarmen sind die Tugenden der gleichen Gattung. Barmherzigkeit ist die tonangebende unter ihnen. Sie ist göttlich. Sie beinhaltet nicht nur Mitempfinden, sondern auch Vergebung, Liebe und Dienst. Ein barmherziger Mensch dient und liebt sogar dem Menschen, der ihm schadete.
Empathie, Mitempfinden kommt als nächstes. Mitempfinden ist Mitleid oder Trauer über das Leiden anderer. Mitempfinden vereinigt Güte und Erbarmen und die Achtung und Anteilnahme mit dem aktiven helfenden Wesen der Barmherzigkeit, aber es wird nur geübt bei denen, die leiden oder unglücklich sind. Barmherzigkeit hat ebenfalls Vergebung, Toleranz, Anteilnahme und kosmische Liebe zusätzlich zu den Eigenschaften, die Mitempfinden ausmachen.
Anteilnahme und Erbarmen sind lediglich Gefühle für die andere. Während Mitempfinden menschliche Wesen und Tiere umfasst, wird Anteilnahme nur gegenüber seinesgleichen oder für diejenigen empfunden, die man kennt oder für diejenigen, die höher gestellt sind als man selbst. Aber, Anteilnahme ist nicht dynamisch.
Erbarmen ist das Gefühl für das Leiden Untergebener. Es deutet auf eine gewisse Menge an Selbstgefälligkeit und Dünkel in dem Menschen hin, der Erbarmen mit anderen hat. Aufgrund dieser Selbstgefälligkeit endet Erbarmen fast immer in Worten!
Die Gedanken, Worte und Handlungen eines barmherzigen Menschen dagegen sind angefüllt mit Anteilnahme und Mitempfinden - und ein barmherziger Mensch wird auch tätig. Er teilt das, was er besitzt, mit anderen. Er opfert selbst seine eigenen Bedürfnisse und Annehmlichkeit dem Wohl anderer.
Entwickle Barmherzigkeit
Wenn du ein gefühlloses Herz hat, versuche kleine Handlungen der Freundlichkeit und der Barmherzigkeit. Gib einem kranken Menschen eine Tasse Milch (oder Sojamilch) oder einem armen Mensch im Winter eine Wolldecke. Speise einen armen Menschen oder Sadhu einmal im Monat. Besuche ein Krankenhaus und hilf kranken Patienten. Dadurch kultivierst du Barmherzigkeit.
Nimm Anteil am Leid anderer. Sei mitfühlend in der Beurteilung anderer. Erinnere dich deiner eigenen Fehler, Gebrechlichkeit und Schwächen. Sei bedächtig in deiner Kritik der anderen und großzügig gegen diejenigen, die falsch handeln.
Lasse anderen gegenüber Gnade walten. Andere werden ebenfalls dir gegenüber mitfühlend sein. Du wirst Barmherzigkeit erhalten, wenn es am meisten benötigt wird. Die ist ein unabänderliches Gesetz Gottes.
Erinnere dich wieder und immer wieder an Buddhas Handlungen und die der anderer Heiligen. Lies über das Leben der Heiligen. Du wirst schrittweise Barmherzigkeit entwickeln. Die Sonne, der Baum und der Fluss sind vorurteilslos. Genauso kannst du Barmherzigkeit für deinen Freund und für deinen Feind empfinden. Verharre in der Gesellschaft der Heiligen und Weisen. Meditiere über Gott, Wiederhole seinen Namen und seinen Ruhm. Du wirst Barmherzigkeit entwickeln.
Übe Meditation früh am Morgen über die Eigenschaft der Barmherzigkeit. Wenn du dich draußen in der Welt bewegst, sage dir: "Ich werde heute barmherzig sein. Ich werde Gnadenakte verrichten". Langsam wird Barmherzigkeit ein fester Bestandteil deines Wesens werden. Zeige gegenüber Tieren und Personen, die sich in Not befinden, Barmherzigkeit. Trockne ihre Tränen. Dann wirst du gewiss gesegnet sein.
Folge dem Beispiel Sri Swami Chidanandas, der ein wunderbares Herz angefüllt mit Barmherzigkeit hat. Er verband einen Hund, der ein Geschwür mit Würmern hatte. Er pflegte mit seinen eigenen Händen einen Aussätzigen drei Monate lang. Karitative Anstalten, gemeinnützige Krankenhäuser, Altersheime, Errichten von Brunnen, Wasserbecken, Suppenküchen, Annakshetra , Dharmashalas , Tierschutzvereine, Anstalten der Diakonie – sind alles Bekundungen des Barmherzigkeit.
Möge Barmherzigkeit in deinem Herzen aufglimmen. Möge dein Herz mit Barmherzigkeit erfüllt sein.
Zitiert nach: Swami Sivananda: "How to Cultivate Virtues", Divine Life Society
Barmherzigkeit als hilfreiche Tugend
Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz
Ich will heute sprechen über eine sehr wichtige Eigenschaft, eine wichtige Tugend, nämlich Barmherzigkeit. Barmherzigkeit, auf Lateinisch "Misericordia", ist eine der zentralen Tugenden im Christentum. Barmherzigkeit gilt als eine der Kardinaltugenden. Barmherzigkeit ist so wichtig, weil es Mensch zu Mensch verbindet. Liebe ist eine Sache, Barmherzigkeit ist ein Ausdruck dieser Liebe. Und Barmherzigkeit ist nicht nur ein Gefühl, sondern Barmherzigkeit heißt auch, dass man etwas tut. Barmherzigkeit ist wie Liebe in Verbindung mit uneigennützigem Dienen, für andere da zu sein. Zunächst kommt Barmherzigkeit natürlich von Herz und "Barm". Barm heißt Liebe, Barmherzigkeit heißt, ein liebes Herz zu haben, ein Herz erfüllt von Liebe. Aber Barmherzigkeit ist eben nicht nur, was man im Herzen spürt, sondern Barmherzigkeit heißt auch, sich um andere zu kümmern, anderen zu helfen.
Barmherzigkeit im engeren Sinne ist das, was früher der Herrscher gegenüber seinen Untertanen hatte. Also, jemand hat einen Fehler begangen und der Herrscher war gnädig und barmherzig, wie man so schön sagt. So wird ja auch im Christentum gesagt: "Barmherzig, liebevoll und gütig ist Gott." Gott ist voller Barmherzigkeit. Was heißen soll, wir können ruhig Fehler machen – im Christentum würde man von Sünde sprechen und Schuld auf sich laden, aber ich mag diese Begriffe nicht. Man kann jedoch Fehler machen und Gott wird sie einem vergeben, denn Gott ist barmherzig. So ähnlich auch, wenn jemand anderes, für den du Verantwortung hast, z.B. Kinder oder Kollegen oder Mitarbeiter oder auch dein Nachbar, Regelverstöße oder etwas nicht Angemessenes tut, dann kannst du dich in Barmherzigkeit üben. Manchmal muss man natürlich auch bestehen auf Vereinbarungen, manchmal ist es wichtig, Regeln einzuhalten. Das ist auch eine gute Weise, menschliches Zusammenleben zu regeln. Aber Regelungen und letztlich auch Gesetze brauchen auch Barmherzigkeit und Gnade.
Heutzutage wird Barmherzigkeit mehr in einem anderen Sinn gebraucht. Barmherzigkeit heißt, du siehst, jemandem geht es nicht gut, dann willst du ihm helfen. Du siehst, jemand braucht etwas und du hast etwas mehr als der andere, dann gibst du ihm. Du siehst jemanden, der leidet, du hörst ihm zu, schenkst ihm dein Ohr. Du siehst jemanden, der krank ist, du schaust, ob du dich um ihn kümmern kannst. Barmherzigkeit ist im Sanskrit z.B. Karuna. Karuna heißt Mitleid, aber auch tätiges Mitleid. Da steckt auch die Sanskritsilbe "Kar" drin, das heißt "tun". Oder Maitri Bhavana. Maitri heißt Mitgefühl, aber es ist auch tätiges Mitgefühl. Maitri heißt auch, Freund von jemandem zu sein, und ein Freund ist auch jemand, der praktisch etwas tut. Barmherzigkeit auf Griechisch ist auch Agape. Agape ist auch diese bedingungslose Liebe, die man zu anderen hat und die nicht begrenzt ist oder nicht erschüttert werden kann, auch wenn andere Menschen sich nicht so nett und freundlich zu dir verhalten. Barmherzigkeit ist ein liebevolles Herz, das sich ausdrückt, um anderen Menschen zu helfen. Überlege selbst, was Barmherzigkeit für dich heißt, ob du ausreichend oft Barmherzigkeit übst. Ich weiß, Barmherzigkeit gehört zu den etwas altertümlich klingenden Tugenden, aber ich meine, es ist eine sehr wichtige Tugend. Sie sagt mehr aus als das modernere Wort "Hilfsbereitschaft", Barmherzigkeit ist konkreter als wenn man nur von Liebe spricht. Und so meine ich, Barmherzigkeit ist ein wichtiges Wort.
Barmherzigkeit und Religion
Barmherzigkeit ist ein weiter Begriff, der sich auf Güte, Vergebung und Freundlichkeit in ethischen, religiösen, sozialen und rechtlichen Kontexten bezieht. Die Vorstellung von einem "barmherzigen Gott" existiert in verschiedenen Religionen, besonders im Christentum, im Judentum und im Islam. Mildtätiges Handeln wird als Teil des religiösen Glaubens angesehen und in Form von Almosen, Sorge um Kranke und barmherzigem Handeln empfohlen. Als eine grundlegende Tugend der Ritterlichkeit ist die Barmherzigkeit auch in der christlichen Ethik, im Islam und im Judentum als ein konzeptionelles Verständnis von Gerechtigkeit und Moral im zwischenmenschlichen Verhalten verankert.
Im sozialen und gesellschaftlichen Kontext bezieht sich der Begriff sowohl auf nachsichtiges Verhalten von Machthabern (bspw. durch die Ausübung richterliche Gnade) oder durch gelebte Menschlichkeit in der Gesellschaft, wie bspw. durch organisierte Hilfe für Kriegsopfer.
Christentum
Im Alten Testament wird Gott als "barmherzig und voller Gnade" gepriesen, bspw. in Psalm 103 (8). Die Betonung der Barmherzigkeit findet sich in zahlreichen Teilen des Neuen Testaments, wie bspw. in den Seligpreisungen in Matthäus (Mt 5:7). "Gepriesen sind die Barmherzigen, denn ihnen gehört das Himmelreich." Im Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15:11-32) beschreibt Jesus die väterliche Güte als ein Geschenk der Gnade, das nicht an Bedingungen geknüpft ist. Im Epheserbrief (Eph 2,4) spricht Paulus von der göttlichen Barmherzigkeit im Verhältnis zur Erlösung: "Gott ist voller Gnade,…. selbst wenn wir durch unser unrechtes Tun schon wie tot sind, hat er uns zusammen mit Christus das Leben gegeben."
Psalm 117 wendet sich mit dem Aufruf, den Herrn für seine gnadenreiche Gunst zu preisen, an alle Nationen. Dies erwähnt Apostel Paulus im Römerbrief (Röm 15,11), um zu zeigen, dass Gott seine Prophezeiung erfüllt hat und das Versprechen durch Jesus Christus, der sein Leben als Opfer für die Menschen, Juden und Nichtjuden, gegeben hat.
Petrus schreibt im ersten Brief (1 Petr 2:9): "Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat. Die ihr einst nicht ein Volk wart, jetzt aber ein Volk Gottes seid; die ihr nicht Barmherzigkeit empfangen hattet, jetzt aber Barmherzigkeit empfangen habt."
Dieses erbauende Element der Gnade als Teil der christlichen Tradition wurde vom Heiligen Augustin aufgegriffen, der die Gnade als zeitlos beschrieb. Akte der Barmherzigkeit sind Bestandteil der katholischen und der östlich orthodoxen Traditionen (dabei werden sieben körperliche und sieben spirituelle Akte unterschieden).
Römischer Katholizismus
Der Katechismus der katholischen Kirche betont die Bedeutung von Gnadenakten (Vers 2447). Nach der Lehre des römischen Katholizismus gewährt der Heilige Geist die Gnade Gottes. Der römisch-katholische Gottesdienst beinhaltet oft Bezugnahmen zur Barmherzigkeit, bspw. Kyrie eleison, Christe eleison: Herr erbarme dich, Christus erbarme dich.
Im zwanzigsten Jahrhundert rückte der Gnadenaspekt erneut in den Blick der römisch-katholischen Kirche. Dies geschah zum Teil durch die Heiligenverehrung. Das Wesen der Heiligenverehrung ist die Empfindung der barmherzigen Liebe Gottes im eigenen Herzen und der Wunsch, dass diese zu den Bedürftigen weiterfließen möge.
Papst Johannes Paul II. war ein Anhänger der Heiligenverehrung. Seine Verehrung galt der Heiligen Maria von Faustina Kowalska (1905-1938), die als Apostolin der Barmherzigkeit bekannt ist. Papst Johannes Paul II. etablierte den Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit. In einer langen Enzyklika Dives in Misericordia "Reich an Erbarmen" (lat. für "gnadenreich") erörterte er sowohl die Aufgabe der göttlichen Barmherzigkeit als auch das Bedürfnis nach menschlicher Gnade.
Zahlreiche römisch-katholische Heiligtümer sind der göttlichen Barmherzigkeit geweiht, bspw. das Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes in Krakau (Polen) und das nationale Heiligtum der göttlichen Gnade (Stockbridge, Massachusetts). Während der Weihung der Basilika des Sanktuariums der Barmherzigkeit Gottes rezitierte Papst Johannes Paul II. aus dem Tagebuch der Faustina und bezeichnete die Barmherzigkeit als " Hauptmerkmal göttlicher Allmacht".
Der erste apostolische Kongress der Barmherzigkeit fand in Rom im April 2008 statt und wurde von Pabst Benedikt XVI. eröffnet.
Islam
Im Islam ist die Bezeichnung "der Barmherzigste" (al-Rahman) eine der Namen Allahs. Die Bezeichnung als "der Mitleidsvolle" (al-Rahim) ist die häufigste Bezeichnung Allahs im Koran. Rahman und Rahim stammen aus der Wurzel Rahmat, die sich auf Sanftmut und Güte bezieht. Als eine Form der Barmherzigkeit wird das Geben von Almosen (zakat) als die vierte von fünf Säulen des Islams angesehen. Sie ist eine Pflicht der Gläubigen.
Judentum
In der jüdischen Bibel ist Barmherzigkeit eine der bedeutsamsten Eigenschaften Gottes. In der zentralen Enthüllung am Berg Sinai heißt es: "Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue." (2 Mo 34.6). Im babylonischen Exil wird betont, "dass der Herr sein Volk getröstet hat und sich über sein Elend erbarmt hat (…) Vergisst etwa eine Frau ihren Säugling, dass sie sich nicht erbarmt über den Sohn ihres Leibes? Sollten selbst diese vergessen, ich werde dich niemals vergessen." (Jes 49,13.15) Es ist gut, zu beten und zu fasten, barmherzig und gerecht zu sein. (Tobit 12:8)
Psalm 117 der jüdischen Bibel ruft alle Völker auf, Gott für seine Gnade zu preisen. Dies betont auch der Apostel Paulus im Römerbrief (Röm 15:11) indem er beschreibt, dass Gott durch das Gnadenopfer Jesus Christus seine Prophezeihung und Versprechen erfüllt hat. Dies sowohl für Juden und Nichtjuden. Petrus beschreibt im ersten Brief "Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat. Die ihr einst nicht ein Volk wart, jetzt aber ein Volk Gottes seid; die ihr nicht Barmherzigkeit empfangen hattet, jetzt aber Barmherzigkeit empfangen habt." (1 Petr 2:9,10)
Andere Religionen und Glaubenssysteme
Kwan Yin, Gottheit der Barmherzigkeit und des Mitgefühls, ist einer der bekanntesten und verehrtesten Bodhisattvas in Asien.
Karuna (wird oft als Mitgefühl übersetzt) gehört sowohl dem Buddhismus als auch dem Jainismus an. Karuna ist in allen buddhistischen Traditionen präsent. Im Jainismus gilt er als Inbegriff von universeller Freundschaft.
Recht und Ethik
Im rechtlichen Verständnis kann ein verurteilter Straftäter um Gnade bitten. Um Gnade zu zeigen, kann man sich nicht auf äußere Einflüsse berufen. Ein berühmtes literarisches Beispiel, dass den Einfluss der ethischen Komponente auf den rechtlichen Aspekt zeigt, findet sich in dem Roman "Der Kaufmann von Venedig". Als Portia Shylock um Gnade bittet, fragt er: Aus welchem Grund? Sie erwidert:
Die Qualität der Gnade ist ungeteilt. Sie fällt wie sanfter Regen vom Himmel hernieder. Ein doppelter Segen für Geber und Empfänger.
Barmherzigkeit und andere Tugenden
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Barmherzigkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Barmherzigkeit
Ähnliche Eigenschaften wie Barmherzigkeit, also Synonyme zu Barmherzigkeit sind z.B. Nächstenliebe, Mildtätigkeit, Wohltätigkeit, Hilfsbereitschaft, Vergebung, Verzeihung, Philanthropie.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Barmherzigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Nachlässigkeit, Unzuverlässigkeit, Selbstausbeutung . Daher braucht Barmherzigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Sachlichkeit, Ernsthaftigkeit, Gerechtigkeit, Konsequenz.
Gegenteil von Barmherzigkeit
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Barmherzigkeit, Antonym zu Barmherzigkeit :
- Positive Gegenteile von Barmherzigkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Sachlichkeit, Ernsthaftigkeit, Gerechtigkeit, Konsequenz
- Negative Gegenteile von Barmherzigkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Unbarmherzigkeit, Herzlosigkeit, Gefühlskälte, Geiz
Barmherzigkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Barmherzigkeit gehört zur Tugendgruppe 3 Liebe, Zuneigung, Hilfsbereitschaft, Einfühlungsvermögen, Großzügigkeit. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Liebe und Empathie
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Barmherzigkeit zum Persönlichkeitsfaktor A1 Verträglichkeit hoch: kooperativ, liebevoll, freundlich, mitfühlend
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Barmherzigkeit zur Grundverhaltenstendenz S - Stetigkeit, Mitgefühl, Teamfähigkeit
- Im Ayurveda zählt man Barmherzigkeit zum Kapha Temperament bzw. Dosha
Entwicklung von Barmherzigkeit
Barmherzigkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Barmherzigkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Barmherzigkeit zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Barmherzigkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein barmherzigerer Mensch zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Barmherzigkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Barmherzigkeit". Mehr Möglichkeiten zu Affirmationen findest du weiter unten
- Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation: "Ich bin barmherzig".
Klassische Autosuggestion für Barmherzigkeit
Hier die klassische Autosuggestion:
- Ich bin barmherzig
Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:
Entwicklungsbezogene Affirmation für Barmherzigkeit
Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin barmherzig" - und sind es dabei gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:
- Ich entwickle Barmherzigkeit
- Jeden Tag werde ich barmherziger
- Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Barmherzigkeit
- Ich danke dafür, dass ich jeden Tag barmherziger werde
Wunderaffirmationen Barmherzigkeit
Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren, die Sukadev Volker Bretz als Wunderaffirmationen bezeichnet:
- Bis jetzt bin ich noch nicht sehr barmherzig. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Barmherzigkeit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
- Ich freue mich darauf, bald sehr barmherzig zu sein.
Gebet für Barmherzigkeit
Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Barmherzigkeit:
- Lieber Gott, bitte gib mir mehr Barmherzigkeit
- Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein barmherziger Mensch werde
- Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Barmherzigkeit mehr und mehr zum Ausdruck bringe
Was müsste ich tun, um Barmherzigkeit zu entwickeln?
Du kannst dich auch fragen:
- Angenommen, ich will barmherzig sein, wie würde ich das tun?
- Angenommen, ich wäre barmherzig, wie würde sich das bemerkbar machen?
- Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Barmherzigkeit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als barmherziger Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?
Barmherzigkeit in "Göttliche Erkenntnis", von Swami Sivananda
Barmherzigkeit ist die Bereitschaft, gut von anderen zu denken und ihnen Gutes zu tun. Barmherzigkeit ist universelle Liebe. Sie ist Großzügigkeit gegenüber den Armen. Sie ist Wohlwollen. Das, was gegeben wird, um die Armut zu lindern, ist Barmherzigkeit. Im allgemeinen Sinn bedeutet Barmherzigkeit Liebe, Wohlwollen und Freundlichkeit. Im theologischen Sinn ist sie universelles Wohlwollen gegenüber den Menschen und höchste Liebe zu Gott. Wahre Barmherzigkeit ist der Wunsch, anderen nützlich zu sein, ohne an Belohnung oder Ertrag zu denken. Barmherzigkeit ist tätige Liebe. Barmherzigkeit beginnt zu Hause, aber sie muss nach außen gehen. Die ganze Welt ist Dein Zuhause. Du bist ein Weltbürger. Entwickle ein großzügiges Gefühl des Wohlwollens für die ganze Welt. Es ist eine Sünde, Geld zu horten. Aller Reichtum gehört Gott. Wer nur als Verwalter seines Eigentums lebt und sein Geld als milde Gabe gibt, denkt, dass das Eigentum in Wahrheit Gott gehört und lebt glücklich. Er erlangt Moksha, ewigen Frieden. Das Wasser des Ganges wird nicht weniger, wenn durstige Menschen davon trinken. So kann sich auch Dein Reichtum nicht verringern, wenn Du Wohltätigkeit übst. Gib ein Zehntel Deines Einkommens oder sechs Paisas von einer Rupie für wohltätige Zwecke. Gib freudig, schnell und ohne zu zögern. Verschiebe Wohltätigkeit nicht bis zum Tod. Übe täglich Barmherzigkeit. Beten bringt Dich auf halbem Weg zu Gott, Fasten zum Tor Seines höchsten Wohnsitzes und Barmherzigkeit verschafft Dir den Einlass.
Was ist Barmherzigkeit?
Jede gute Tat ist Barmherzigkeit. Dem Durstigen Wasser zu geben, ist Barmherzigkeit. Ein ermunterndes Wort an den Verzweifelten zu richten, ist Barmherzigkeit. Ein bisschen Medizin dem armen Kranken zu geben, ist Barmherzigkeit. Einen Dorn oder Glassplitter auf der Straße zu beseitigen, ist Barmherzigkeit. Freundlich und liebevoll zu sein, ist Barmherzigkeit. Ein bißchen Schaden, den man Dir zugefügt hat, zu vergessen und zu vergeben, ist Barmherzigkeit. Ein freundliches Wort, das man einem Leidenden sagt, ist Barmherzigkeit. Barmherzigkeit beschränkt sich nicht auf Maßstäbe von Dollars, Rupien oder Schillingen, die man gibt. Denke gut über leidende Menschen. Bete für Ihr Wohl. Das wird mehr Gutes bewirken als viel Geld.
Arten der Barmherzigkeit
Die beste Form der Barmherzigkeit ist Vidya-Dana, das Mitteilen von Weisheit. Wenn Du einem Armen zu essen gibst, will er erneut essen, wenn er hungrig wird. Weisheit hingegen beseitigt Unwissenheit, den Grund, warum ein Körper angenommen wurde, und zerstört gänzlich alle Arten von Elend und Leid für immer. Die zweitbeste Form der Barmherzigkeit ist es, den Kranken Medizin zu geben. Die drittbeste Form von Barmherzigkeit ist Anna-Dana, den Hungrigen Nahrung zu geben. Am Anfang übe Unterscheidung in der Barmherzigkeit. Später praktiziere unterschiedslose Barmherzigkeit. Wenn Du fühlst, dass jedes Wesen eine Manifestation Gottes ist, ist es schwierig, festzustellen, wer gut und wer böse ist. Gib den Armen, den Kranken, den Hilflosen und den Hoffnungslosen. Gib den Waisen, den Altersschwachen, den Blinden und den hilflosen Witwen. Gib den Sadhus, Sannyasins, religiöse und soziale Einrichtungen. Danke dem Menschen, der Dir Gelegenheit gibt, ihm durch Barmherzigkeit zu dienen. Gib mit der richtigen Einstellung und verwirkliche Gott durch Mildtätigkeit. Ehre sei den Menschen, die Barmherzigkeit im richtigen Geist praktizieren.
Die Erhabenheit einer stillen Gabe
Es gibt Menschen, die Wohltätigkeit üben und begierig darauf sind, ihre Namen mit ihren Photos in den Zeitungen veröffentlicht zu sehen. Dies ist eine tamasige Form der Barmherzigkeit. Dies ist überhaupt keine Barmherzigkeit. Barmherzigkeit, die für sich wirbt, hört auf Barmherzigkeit zu sein. Es ist nur Stolz und Protzerei. Du darfst Deine Barmherzigkeit und Dein wohltätiges Wesen nicht anpreisen. Es darf in Deinem Herzen kein Jubel sein, wenn Menschen Dich wegen Deines wohltätigen Wesens preisen. Barmherzigkeit muss spontan und uneingeschränkt sein. Geben muss zur Gewohnheit werden. Du musst äußerste Freude erfahren, wenn Du gibst. Du darfst nicht denken: “Ich habe eine sehr wohltätige Tat vollbracht. Ich werde Glückseligkeit im Himmel genießen. Ich werde im nächsten Leben als reicher Mensch wiedergeboren werden. Die gute Tat wird meine Sünde weg waschen. In meiner Stadt oder meinem Bezirk gibt es keinen so wohltätigen Menschen wie mich. Man weiß, dass ich ein sehr wohltätiger Mensch bin”. Protzerei ist niedrig und bedauerlich. Übe Wohltätigkeit im Stillen. Mache sie nicht bekannt. Brüste Dich nicht. Was die rechte Hand tut, sollte die linke nicht wissen. Es ist leicht, im Krieg zu kämpfen, aber es ist schwierig, ein Geschenk im Stillen zu machen, ohne Stolz und Eigenlob zu zeigen und ohne es anderen weiterzusagen.
Niederträchtige Barmherzigkeit
Prof. XYZ, M.A., Dr. med.., gab einem Armen eine Decke als milde Gabe. Dann dachte er: “Ich hätte ihm die Decke nicht geben sollen.” Sein Herz war aufgewühlt und belastet. Er wollte die Decke von dem Armen wiederhaben. Wenn Du so Barmherzigkeit übst, wirst Du keinerlei Nutzen davon haben. Du wirst keine Reinheit des Herzens erlangen. Viele weltlich eingestellte Menschen tun nur gute Taten von dieser Art. Diese Welt ist übervoll von so mildtätigen Menschen.
Jeder ist sich selbst gegenüber sehr großzügig. Viele trinken erstklassige Milch oder den besten Tee, bieten ihren Freuden zweitklassige Milch an und Fremden drittklassige. Sie essen erstklassige Früchte und bieten die verfaulten Freunden, Nachbarn und Bediensteten an. Sie werden drei e auf eine gute Gelegenheit warten, um die alten Essensreste aufzubrauchen, und sie dann mit gepeinigten Herzen den Bediensteten vorsetzen. Sie möchten sich auch von diesen verrottenden Dingen nicht trennen. Man findet solche herzzerreißenden Zustände in fast allen Häusern reicher Leute. Wie schändlich sind doch solche Menschen! Wie klein und verhärtet ihr Herz doch ist! Ihr Los ist tatsächlich nicht nur beklagenswert, sondern auch höchst bedauerlich. Sie wissen gar nicht, was sie eigentlich tun. Gib Freunden, Nachbarn, Fremden, Gästen und Dienstboten immer das Beste, das beste Essen, die besten Früchte, die beste Milch, und die beste Kleidung. Du wirst eine immense Freude, Stärke und immenses Glück daraus ziehen. Praktiziere das und erkenne selbst den Nutzen.
Die tragische Lage geiziger Menschen
Die meisten Familienväter sind heute absolut selbstsüchtig. Geld ist Ihr Blut. In ihren Gesichtern liest man Freudlosigkeit und Häßlichkeit. Ärger, Habsucht, Leidenschaft, Eifersucht, Hass, Depression und andere üble Eigenschaften haften an dem Menschen, der das geizige Wesen in sich trägt, und sie verzehren das Innerste seines Herzens. Wenn ein geiziger Mensch fünfzigtausend Rupien besitzt, wird er sich nicht über sein Geld freuen, sondern noch weitere hunderttausend ersehnen. Ein Millionär wird sich wünschen, Multimillionär zu werden. Solche Menschen geben aus Barmherzigkeit nicht einmal ein Stück Kuchen. Sie sind Geizhälse erster Klasse. Sie horten Geld auf die eine oder die andere Weise. Ihr Geld geht für Arztrechnungen drauf. Ihre Söhne verschwenden ihr Geld durch Trinken, Spielen und ausschweifendes Leben. Sie sterben an gebrochenem Herzen wegen eines Mißerfolgs bei der Bank oder eines Fehlers beim Spekulieren. Ihr Ende hier ist Bankrott und Hunger; später Höllenqualen. Beklagenswert und bedauerlich ist ihr Los. Sie haben nicht einmal an einem einzigen gut gegessen. Sie haben nicht einmal einen einzigen lang gute Kleider getragen. Sie sind eigentlich nur Geldbewacher. Es gibt Beamte, die sich vom Dienst zurückziehen und an den Ufern von Ganges, Narmada und Yamuna leben. Sie üben ein wenig Japa und Meditation, lesen den Yoga Vasishtha und die Upanishaden und meinen, sie seien Jivanmuktas. Sie haben weiterhin starkes Moha für ihre Kinder. Sie hinterlassen ihren Söhnen und Enkeln ihre Pension. Sie geben nicht einmal ein Stück Kuchen als milde Gabe. Sie sind die Verkörperung des Geizes. Sie sind hoffnungslose, getäuschte Seelen! Ein Geizhals kann auch in tausend Geburten nicht an Selbstverwirklichung denken. Jesus sagt: “Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher ins Reich Gottes gelangt.” Geiz ist ein schwerer Fluch. Er ist ein Feind der Einheit und ein Freund der Selbstsucht.
Wie man Barmherzigkeit übt
Teile mit anderen das, was Du hast. Führe immer einige Süßigkeiten in Deiner Tasche mit Dir und verteile sie wohltätig täglich an die Armen. Praktiziere dies sofort. Im Teilen liegt Freude und Frieden. Teilen erzeugt kosmische Liebe und zerstört Habsucht. Teilen beseitigt Selbstsucht und lässt Selbstlosigkeit entstehen. Teilen reinigt das Herz. Teilen entwickelt Einheit. Teile mit anderen alles, was Du hast, physisch, geistig oder spirituell. Das ist wahres Yajna. Du wirst größer werden. Du wirst das Einssein und die Einheit des Lebens erfahren. Dies wird zu adwaitischer Verwirklichung führen. Du mußt danach dürsten, jeden wohltätigen Handlungen auszuführen. Du darfst keine Gelegenheit versäumen. Du mußt Gelegenheiten schaffen. Es gibt keinen Yoga und kein Yajna, das größer ist als sattvige Barmherzigkeit spontaner Art. Karna, Raja Bhoja vollbrachten zahllose Taten der Barmherzigkeit. Daher sind sie in unseren Herzen noch lebendig. Almosen müssen mit Glauben gegeben werden. Almosen dürfen nie ohne Glauben gegeben werden. Almosen müssen reichlich gegeben werden. Almosen dürfen nie bescheiden sein. Almosen müssen mit Sympathie gegeben werden. Das Essen, das Du einem Gast anbieten kannst, mag dürftige Kost sein, aber wenn Du es ihm mit Liebe anbietest, wird es große Kraft, Nahrhaftigkeit und Geschmack erhalten. Wenn Du Deinen Gast mit reichen Gerichten bewirtest und sagst: “In Ordnung, wenn Du schon einmal da bist, schlag Dir den Bauch voll”, verwandelt sich die Nahrung in Gift. Egal ob es sich um einen Verwandten, Freund oder Bettler handelt, egal von welcher Qualität die Nahrung ist, die Du gibst, gib sie mit Liebe und Zuneigung. Gastfreundschaft ist die Essenz der Nahrung. Geizige Menschen sind ungeeignet für den spirituellen Pfad. Schon das Beisammensein mit ihnen ist höchst gefährlich für geistig ausgerichtete Menschen. Sie vergiften die ganze Atmosphäre aufgrund ihrer korrupten, verhärteten Herzen. Man muss ein sehr weites Herz haben. Man muss den Armen Geld wie Steine zuwerfen. Nur dann kann das adwaitisches Gefühl, Samadhi und kosmische Liebe entwickelt werden.
Barmherzigkeit reinigt das Herz
Sünden können durch Barmherzigkeit ausgelöscht werden. Jesus sagt: “Barmherzigkeit überdeckt viele Sünden.” Barmherzigkeit ist ein starker Läuterer des Herzens. In der Gita findest Du: “Yajna, Barmherzigkeit und Mäßigung sind die Läuterer der Klugen.” Wenn ein Mensch sein geiziges Wesen überwinden kann, ist ein großer Teil des Sadhana getan. Dann ist etwas Grundlegendes erreicht worden. Entwickle diese Udara Vritti. Dann kannst Du ein König unter Königen werden. Wenn Du gibst, gehört Dir der ganze Reichtum der Welt. Geld wird Dir zufließen. Dies ist das unabänderliche, unerbittliche, erbarmungslose Gesetz der Natur. Daher gib. Gib. Du lebst von dem, was Du bekommst, aber Du erhältst Leben aus dem, was Du gibst. Gib - gib - gib. Das ist das Geheimnis des Überflusses und des göttlichen Lebens. Viele haben Macht, Berühmtheit, Frieden und Glück nur durch ihr großmütiges Herz erreicht. Geizige Menschen können nie davon träumen, all dies zu besitzen und Erfolg im Leben zu haben. Wenn Du Reichtum und Kinder wünschst übe viel Mildtätigkeit. Wenn Du weise werden willst, diene alten Menschen und Mahatmas. Wenn Du Dich Deiner Sünden entledigen willst, übe Havan. Sieh Gott überall. Teile mit allen. Der Großteil sollte anderen gegeben werden. Vernichte den tief verwurzelten Geiz. Dein Herz wird weit werden. Du wirst einen breiten Blickwinkel des Lebens haben. Du wirst eine neue, weite Sicht haben. Du kannst die Hilfe fühlen, die Dir vom Bewohner Deines Herzens zuteil wird. Du kannst eine unbeschreibliche Erregung göttlicher Ekstase und spiritueller Wonne erfahren. Dies wird Die ungeheure innere Stärke geben. Oh Mensch! Gib viel in Wohltätigkeit. Du wirst Frieden, Reichtum und Wohlstand hier genießen. Du wirst später in den Himmel eingehen. Du wirst Reinheit des Herzens und auch Moksha erlangen.
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Vortragsmitschnitt zu Barmherzigkeit - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Barmherzigkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
Weitere Infos
Eigenschaften im Alphabet vor Barmherzigkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Barmherzigkeit
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