Selbst: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 16:15 Uhr

1. Selbst ist ein uneinheitlich verwendeter Begriff mit psychologischen, soziologischen, philosophischen und theologischen Bedeutungskomponenten wie teils eher egoistisch gemäss Ahamkara geprägtem

Die Taube symbolisiert den Heiligen Geist - das höhere Selbst. Selbst - erläutert vom Yoga Standpunkt aus

2. Selbst - alle Lebewesen bestehen nach hinduistischer Auffassung aus:

  • dem Atman (das Selbst: die ewige, unzerstörbare, innere Gestalt jedes Wesens, oft auch als Seele, bisweilen Heiliger Geist übersetzt)
  • der sterblichen, physischen Hülle (der stoffliche Körper)
  • dem feinstofflichen Körper mit den folgenden vier
    • Ahamkara - sich als eine Einheit, eine Person wissen, fühlen, erleben. Was ermöglicht, dass sich die Atman-Seele mit den unterschiedlichsten psychischen und physischen Zuständen identifizieren kann.
    • Chitta - das dem Verstand zugrunde liegende Bewusstsein ist weithin unbewusst.
    • Buddhi - Intelligenz, Vernunft.
    • Manas - Denken, Fühlen, Wollen. Wird oft mit Geist oder Verstand übersetzt.

Das Selbst oder die Höchste Seele ist die eigentliche Natur des Menschen – das gemeinsame Bewusstsein aller Wesen. Ein Dieb, eine Prostituierte, ein König, ein Heiliger, ein Hund, eine Katze, eine Ratte – alle sind in ihrer Essenz das gleiche gemeinsame Selbst. Volles Bewusstsein über das Selbst, das man durch Yoga erlangen kann, ist reine Wonne.

Das Selbst in der Bhagavad Gita

Der feinstoffliche Körper begleitet uns, bis nur der Atman gemeinsam mit der feinstofflichen Hülle den physischen Körper, die veränderliche Welt und den Kreislauf der Wiedergeburt verlässt.

In der Bhagavad Gita, deren Philosophie auf eine praktische Anweisung zum Handeln zielt, wird das ewige, höhere Selbst als höchste und wichtigste Instanz für das menschliche Handeln angesehen. So heißt es im Dritten Gesang in Vers 17:

  • "Doch wer an seinem Selbst sich freut,(...)."
  • "An seinem eignen Selbst vergnügt, für den bleibt hier nichts mehr zu tun, weil ihm sein eignes Selbst genügt."
(Bhagavadgita: Das Lied der Gottheit in der Übersetzung aus dem Sanskrit von Robert Boxberger)

und weiter in Vers 42:

  • "Mächt'ger als dieser der Verstand, weit mächt'ger noch das ew'ge 'Selbst'."
  • "Wenn seine Macht du hast erkannt, dann stärke durch das Selbst dein Selbst."
(Bhagavadgita in der Übersetzung aus dem Sanskrit von Leopold von Schroeder)

Im sechsten Gesang wird das Verhältnis von Selbst und Triebkräften so geschildert:

  • "Der steht mit seinem Selbst im Bund, der sich aus eigner Kraft besiegt; in Feindschaft lebt mit seinem Selbst, wer seinen Trieben unterliegt.
(Bhagavadgita, Sechster Gesang, Vers 6 in der Übersetzung aus dem Sanskrit von Robert Boxberger)

Das Vorhandensein des Selbst in allen Wesen wird in Versform so beschrieben:

  • "Sie gleichen mir nach Lust und Leid, Das gleiche Selbst in ihnen webt. - Wer dies von allen Wesen weiß, Zum höchsten Gleichmut sich erhebt."
(Bhagavadgita, Sechster Gesang, Vers 32 in der Übersetzung aus dem Sanskrit von Robert Boxberger)

Erkenne dich selbst

Erkenne dich Selbst - so lautet eine uralte Aufforderung der Philosophen, Meister und Heiligen. Hier ein Video Vortrag zum Thema "Erkenne dich selbst", eine Übersetzung eines Vortrags von Swami Chidananda:

Ramana Maharshi über das Selbst

Ramana Maharshi

Dialoge zwischen einem Schüler und seinem Meister Ramana Maharshi aus einer Nacherzählung von Heinrich Zimmer aus seinem Buch "Der Weg zum Selbst" 1944 erschienen im Rascher Verlag Zürich.

Das Selbst Innen Wartet

Der Schüler: Du sagst oft, »das All ist nicht ohne dich« oder »alles ist von dir her« und »was ist außer dir?« — das macht mich wirr, Die Welt war da, ehe ich geboren ward, sie wird nach meinem Tode sein, wie sie den Tod aller überdauert hat, die einst am Leben waren wie jetzt ich.
Der Meister: Sagte ich je, die Welt sei da, weil du da bist? Aber ich frage dich: was ist außer deinem Selbst? Dabei mußt du verstehen, daß mit deinem Selbst nicht dein Leib, weder der stofflich greifbare noch der ungreifbare feine Leib gemeint ist. Ferner lass dir gesagt sein, wenn du einmal das Selbst erkannt hast, in dem aller Gehalt beschlossen ist, auch die Idee deinerselbst und anderer deinesgleichen und die Idee der Welt, — dann erfährst du die Wahrheit, daß es eine Wirklichkeit gibt, ein höchstes Wahres: das Selbst aller Welt, die du gewahrst; das Selbst aller Selbste: »parama âman«, das höchste Ewige, verschieden vom Jîva, dem vergänglichen Ich-Selbst, Du darfst das Ich-Selbst oder das leibliche Ich nicht für den Atman nehmen.
Der Schüler: Meinst du damit: der Atman ist Gott?
Der Meister: Du berührst einen schwierigen Punkt. Das unterscheidende Fragen nach dem Selbst (Vichâra) ist als Verfahren von der Betrachtung »Ich bin Shiva« (d. h. »Ich bin Gott«: Shivo 'ham) oder »Ich bin ER« (so 'ham) verschieden, Ich unterstreiche das Erkennen des Selbst; denn du bist allererst mit dir selbst befaßt, ehe denn du dazu übergehen kannst, die Welt und ihren Herrn zu erkennen, Die Betrachtung »Ich bin ER« oder »Ich bin das Brahman« ist mehr oder weniger eine gedankliche Meditation. Aber das Fragen nach dem Selbst, das ich lehre, ist ein unmittelbares Verfahren und ist in der Tat dieser Meditation überlegen. Denn sobald die Strömung dieses Fragens dich erfaßt und du immer tiefer hinein gelangst, erwartet dich das wahre Selbst und zieht dich an sich, und was sich dann vollzieht, das vollzieht ein anderes an dir, und du hast keine Macht darüber. In diesem Geschehen schwinden alle Zweifel und Erörterungen von selber, wie im Schlafe die Sorgen des Tages verschwinden.
Der Schüler: Welche Gewissheit gibt es, daß ein anderes uns erwartet und willkommen heißt?
Der Meister: Wessen Seele genugsam entfaltet und reif (Pak Vin) ist, der durchdringt sich von selbst mit dieser Gewissheit.
Der Schüler: Wie geschieht diese Entfaltung?
Der Meister: Darauf gibt es mehr als eine Antwort, — aber wie immer sie begonnen hat, ernstliches Fragen nach dem Selbst fördert sie.
Der Schüler: Das heißt doch, sich im Kreise drehen: »Ich bin zur Reife entfaltet und daher reif zum Fragen, — das Fragen aber hilft zur Reife entfalten.«
Der Meister: In solchen Sackgassen verrennt das Denken sich immer: es will zu seiner Beruhigung eine Theorie, Wer aber ernstlich Gott nahekommen oder sein eigenes, wahres Wesen ergründen will, braucht im Grunde keine Theorie, Die heiligen Lehren nennen übrigens viele Verfahren, und gewiß ist der Umgang mit großen Menschen, mit erhabenen Seelen eine wirksame Hilfe.

Was ist mein Selbst?

Der Schüler: Ich möchte wissen, was dieses »Herz« ist und wo es ist, — aber vorher sollst du mir einen Zweifel klären; ich kenne meine eigene Wirklichkeit nicht; mein Wissen stößt sich an den Grenzen seiner Unvollkommenheit. Du sagst, »Ich« bedeute das Selbst (âtman), Aber vom Atman heißt es, er sei immer seiner selbst gewahr, indes ich meiner selbst nicht gewahr bin.
Der Meister: Das ist ein Irrtum der vielen. Was du dein Selbst nennst, ist nicht das wahre Selbst, das nicht geboren wird noch stirbt.
Der Schüler: Damit willst du sagen, was ich mein Selbst nenne, ist der Leib oder ein Teil meines Leibes?
Der Meister: Aber der Leib ist Stoff, ist ungeistig-dumpf (jada); er erkennt nicht, sondern ist nur Gegenstand des Erkennens.
Der Schüler: Wenn ich aber weder »âtman« bin, das »Selbst«, noch »an-âtman«, das »Nichtselbst«.
Der Meister: Ich will dir weiterhelfen. Zwischen Geistigem und Stofflichem, zwischen Denken und Leib ersteht ein Etwas, das sich »Ich-Wesen«, »Ich-Machen« (ahamkâra) nennt: Das »Ich-Selbst«, der »fîva« oder Lebensfunke, Was du dein Selbst nennst, ist dieses »Ich-Selbst«: verschieden vom Selbst, das ewig seiner selbst inne ist, und verschieden vom bewußtlosen Stoff; dabei hat es aber gleichermaßen teil am geistig Lebendigen (cetana) wie am leblos Stofflichen (f ada).
Der Schüler: Wenn du sagst, »Erkenne dich selbst«, meinst du also, ich soll dieses »Ich-Selbst« erkennen?
Der Meisten Aber in diesem Augenblick, da das »Ich-Selbst« sich selbst zu erkennen unternimmt, wandelt sich sein Wesen; es fängt an, immer weniger teilzuhaben am stofflich Leblosen, denn es wird mehr und mehr von der Bewußtheit des Selbst (âtman) aufgesogen.

Die geheime Stätte des Selbst

Verehrung des Ramana Maharshi
Der Schüler: An wen richtest du dein Geheiß, »Erkenne dich selbst«?
Der Meister: An was immer du bist, — dir gebe ich den Rat: »Erkenne dich selbst«, Wenn das »Ich-Selbst« die Notwendigkeit fühlt, seinen Ursprung zu ergründen, oder den Antrieb empfindet, sich über sich selbst zu erheben, dann nimmt es den Rat an und steigt in die Tiefe und entdeckt dort die wahre Quelle der Wirk¬lichkeit seiner selbst. Und indem es so beginnt, sich selbst zu erkennen, endet es damit, das Selbst zu gewahren.
Der Schüler: Du sagtest, das »Herz« sei die Stätte des Selbst?
Der Meister: Ja, es ist eine höchste Stätte des Selbst, daran zweifle nicht: das wahre Selbst wohnt dort im »Herzen« hinter dem Jîva oder »Ich-Selbst«.
Der Schüler: Sag mir, ich bitte dich: wo im Leibe ist das?
Der Meister: Mit deinem Denken wirst du das nicht erkennen. Mit deiner Phantasie kannst du es dir nicht vorstellen, wenn ich dir sage: die Stätte ist hier (damit wies der Meister rechts auf seine Brust), — der einzige unmittelbare Weg, es zu erfahren, ist, daß du dir gar nichts vorzustellen versuchst, sondern es selber zu erleben trachtest, Dann erfährst du es und fühlst ganz von selbst, daß die Stätte des »Herzens« hier liegt, In den heiligen Schriften wird sie »hrid-guhâ«, die Höhle des Herzens, genannt, tamulisch »Ullam«.
Der Schüler: Das habe ich aber noch in keinem Buche gefunden.
Der Meister: Lange, nachdem ich hierher kam, stieß ich in der Mâlayâlam-Uebersetzung des »Ashtânga-hridaya« (»Herz«, d. h. »Quintessenz der achtgliedrigen Wissenschaft«), diesem klassischen Kompendium der Heilkunde (âyurveda), auf einen Vers; in dem war die Rede von der »Stätte der Lebenskraft« (ojas-sthâna); sie sei auf der rechten Seite der Brust gelegen und sei die Stätte des Bewußtseins, des Sichselbergewahrseins (samvid), Aber mir ist keine andere Schrift bekannt, die darauf Bezug nimmt.
Der Schüler: Ist es sicher, daß die Alten diese Stätte als »Herz« bezeichneten?
Der Meister: Ja, das taten sie, — Aber du solltest lieber versuchen, diese Erfahrung zu hab en, als sie irgendwo mit deiner Vorstellung zu suchen, Niemand braucht zu suchen, wo seine Augen sitzen, wenn er sehen will. Das »Herz« ist immer offen, wenn du wirklich hinein willst; es trägt alle Regungen und Bewegungen in dir, ohne daß du dessen gewahr wirst, Vielleicht sollte man lieber sagen: das Selbst ist das »Herz« selber, als daß es »im Herzen« sei. Fürwahr, das Selbst ist die Stätte und Mitte selber, Es ist immerdar seiner selbst inne als »Herz«, als Selbstgewahrsein, Darum habe ich gesagt: »Herz ist dein Name« (hridayam te nâma).
Der Schüler: Hat noch sonst jemand den Höchsten Herrn als »Herz« angesprochen?
Der Meister: Lange, nachdem ich das gesagt hatte, stieß ich eines Tages auf ein Lied im »Devâram« des heiligen Appar, in dem er den Herrn »ullam«, d. h. »Herz«, nennt.
Der Schüler: Wenn du sagst, das »Herz« sei höchste Stätte und Mitte des Ewigen Wesens (purusha), des Atman, dann besagt das, es sei keines der sechs Lotoszentren, die der :Kundalinî-Yoga lehrt.
Der Meister: Die sechs Lotoszentren des Yoga von der Tiefe des Leibes aufwärts bis unter die Hirnschale sind ebensoviele Zentren des Nervensystems. Sie bezeichnen verschiedene Stufen, an denen unterschiedliche Kräfte oder Erkenntnisse sich auftun, die zum tausendblättrigen Lotos (sahasrâra) zuhöchst geleiten, in dem die höchste Weltkraft (shakti) wohnt, Aber das Selbst, das den ganzen Gang dieser Kraft, vom tiefsten Lotos hinauf zum höchsten, trägt, wohnt nicht in ihm, sondern trägt das Ganze vom Herzen her.
Der Schüler: Dann ist es verschieden von der sich offenbaren den Weltkraft (shakti)?
Der Meister: In Wirklichkeit gibt es keine Selbstoffenbarung der göttlichen Kraft (shakti) neben dem Selbst her. Das Selbst hat sich in all diese Kraft verwandelt. Wenn sich der Yogin in die höchste Mitte der Entrückung erhebt, in Samâdhi, ist es das Selbst im Herzen, das ihn in diesem Stande trägt, ob er es gewahr wird oder nicht. Wird er es im Herzen gewahr, so erkennt er: auf welcher Ebene, in welchem Stande und an welcher Stätte seines Wesens immer er sich bewegen mag, es ist immer dasselbe Wirkliche, dasselbe »Herz«, das eine Selbst, der Geist, der allerwärts zugegen ist, ewig und unwandelbar. Die Tantralehren nennen das »Herz« den »Sonnenkreis« (sûrya-mandala) und den tausendblättrigen Lotos im Haupte (sahasrâra) den Mondkreis (chandra-mandala). Diese beiden Sinnbilder deuten an, wie die »Stätte des Selbst« (âtma-sthâna) und die »Stätte der Shakti« (shakti-sthâna) sich in ihrer Bedeutung zueinander verhalten.

Der schrittweise Weg zur Erkenntnis des Selbst

Erkenne dich selbst

- Auszug aus dem Buch "Konzentration und Meditation" von Swami Sivananda -

  • Der ständig mit irgendwelchen Wünschen auf- und absteigende instinktive Geist hält dieses täuschende Universum zunächst für vollkommen real aufgrund metaphysischer Unwissenheit.
  • Zunächst muss er daher über die wahre Natur der Welt informiert und davon überzeugt werden.
  • Dann kann er irgendwann erkennen, dass er nichts anderes als Bewusstsein, Brahman ist.

Du bist auf dem richtigen Weg, wenn

Das göttliche Licht kommt nicht durch offene Türen, sondern nur durch enge Spalten. Der Aspirant/die Aspirantin nimmst es wahr wie einen Sonnenstrahl, der durch eine Ritze in einen dunklen Raum dringt. Es ist wie ein Aufblitzen. Diese plötzliche Erleuchtung bringt alle Töne und Worte zum Schweigen. Man ist gebannt vor Ekstase und Ehrfrucht. Man erzittert wie Arjuna angesichts der kosmischen Vision vor Liebe und Ehrfurcht. Dieses göttliche Licht ist so stark, dass es ihn blendet und überwältigt.

Eine andere Vision kann in der Form auftreten, dass du ein blendendes Licht siehst, das sich ruckartig bewegt. Vielleicht siehst du darin auch ein flammend rotes wunderschönes Haupt mit strahlend weißen großen Flügeln, die sich entweder sehr schnell bewegen oder ganz still bleiben.

Ähnlich sind spirituelle Visionen von Engeln, Erzengeln, Rishis, Munis (Weisen), Devatas und ähnliche Erfahrungen. Sie können dir auf deinem Weg helfen.

In fortgeschrittener Meditation siehst du vielleicht deinen Gottesbezug in physischer Form, zum Beispiel Vishnu oder Krishna. Es kann auch sein, dass deine Ishta-devata dir im Traum erscheint: Ganesha zum Beispiel als Elefant, Devi in der Gestalt eines jungen Mädchens.

Oder du siehst in tiefer Meditation eine gewaltige Lichtsäule – unendliches Licht, in dem du aufgehst.

Fürchte dich nicht, wenn du während der Meditation solche oder ähnliche Erscheinungen des Selbst wahrnimmst. Gehe in deiner Sadhana mit Ausdauer und Eifer voran. Die Schleier werden, einer nach dem anderen, fallen.

Schreite mutig voran, ohne zurückzuschauen. Transzendiere die ausgedehnte Leere und Dunkelheit, den Schleier von Moha (Täuschung) und der subtile Ahamkara (Ich-Identifikation). Deine wahre Natur, Svarupa, wird von selbst aufstrahlen und du erfährst Turiya, den vollkommenen überbewussten Zustand.

Worte, die das Selbst beschreiben

Soham - ich bin das!

- Auszug aus dem Buch "Vedanta für Anfänger" von Swami Sivananda -

Die Veden deuten auf das Selbst hin durch Worte wie Wissen, Sein ecetera. In diesem Kontext macht das Sinn, weil das Selbst seiner Natur nach reines Bewusstsein ist. Der Intellekt ist eine Spiegelung des Selbst. Diese Worte werden direkt auf den Intellekt angewandt, der eine Spiegelung des reinen Selbst ist und indirekt auf das reine Selbst.

In Aussagen wie “Karoti” (er tut), “Gacchati” (er geht) ecetera beziehen sich laut Grammatik das Verb und seine Endsilbe (Pratyaya Artha)auf das gleiche Subjekt (Prakriti Artha). Hingegen bezieht sich die Bedeutung von Verb und Endsilbe von Worten wie “Jaanaati“ (er weiß) auf verschiedene Subjekte. Dieser letztere Fall sollte näher betrachtet werden:

In Worten wie “Jaanaati” hat die Endsilbe, die den Handelnden ausdrückt, einen Bezug zur Spiegelung des Selbst im Intellekt. Die Bedeutung des Verbes, das eine Handlung beschreibt, hat einen Bezug zu einer bestimmten Veränderung im Intellekt. Aufgrund der mangelnden Unterscheidung zwischen der Spiegelung des Selbst und dem Intellekt wird das Wort „wissen“ fälschlich auf das Selbst bezogen. In Wahrheit hat der Intellekt kein Bewusstsein und das Selbst handelt nicht. Das Wort „Wissen“ beziehungsweise (er) „weiß“ kann keinen von Beiden zugeordnet werden.

Dem ewigen, nicht handelnden Selbst kann Wissen, im Sinne der aktiven Handlung, nicht zugeschrieben werden. Wissen im Sinne eines Instruments der Handlung des Wissens kann nur dem Intellekt und nicht dem Selbst zugeschrieben werden. Der Besitz eines Instruments setzt einen Handelnden voraus, aber das Selbst handelt nicht. Genauso wenig kann das Wort dem Selbst in den Sinnen des Gegenstands der Handlung des Wissens zugeordnet werden.

Das Selbst kann niemals als Objekt erkannt werden. Außerdem kann es durch kein Wort direkt beschrieben werden - auch nicht durch Bezeichnungen wie „unveränderlich“, „nicht handelnd“, „ewig“ und „eins“.

Wäre das Ego mit dem Selbst identisch, so könnten dem Selbst in seiner primären Bedeutung (Vachyartha) Worte zugeordnet werden. Dieser Standpunkt ist gemäß den Schriften, die das Selbst als frei von Hunger, Durst ecetera betrachten, haltlos. Dies zeigt, dass die primäre Bedeutung von Worten hier nicht anwendbar ist. Wenn Worte aber keine primäre Bedeutung haben, so können sie auch keine sekundäre Bedeutung (Laksyha) besitzen. Dadurch verlieren auch die Veden ihre Autorität, da sie offensichtlich bedeutungslose Worte benutzen. Diese Folgerung ist natürlich nicht erstrebenswert und die Lösung des Problems zeigt uns ein Dilemma auf.

Wenn wir den normalen verbreiteten Sprachgebrauch akzeptieren, bedeutet das, die Lehre der Charvakas zu akzeptieren und den Körper mit dem Selbst gleichzusetzen. Die Sichtweise der Gelehrten zu akzeptieren führt zu dem Dilemma, dass Worte weder auf den Intellekt angewandt werden können, der ohne Bewusstsein ist, noch auf das Selbst, welches nicht handelt. Gleichzeitig kann man aber auch nicht sagen, dass die Veden als höchste Autorität bedeutungslose Worte verwenden.

Menschen benutzen Worte wie „wissen” ecetera, ohne recht zwischen dem spiegelnden Medium (Intellekt) und dem sich Spiegelnden (das Selbst) zu unterscheiden. Aufgrund der Projektion der Tätigkeit des Intellektes auf das Selbst werden Tätigkeiten wie „wissen“ irrtümlich auf das Selbst projiziert. Gleichfalls wird der Intellekt als der Wissende bezeichnet, weil das Bewusstsein des Selbst auf den Intellekt projiziert wird. Kurz gesagt herrscht Paraspara-Adhyasa (wechselseitige Überlagerung). Bewusstsein gehört zum reinen Selbst, dem keine Handlung zugeordnet werden kann. Wissen ist ewig und identisch mit dem Selbst, der Intellekt kann es nicht schaffen. Menschen, die behaupten, Wissen werde erlangt (und die somit dem Intellekt Täterschaft im Akt des Wissens unterschieben), unterliegen der Täuschung aufgrund der Modifikationen eines nicht-bewussten Intellekts, der bewusst zu sein scheint.

Zusammenfassend gilt: Obwohl streng genommen Worte wie „wissen” ecetera weder auf den Intellekt noch auf das Selbst angewandt werden können, so ist ihre Anwendung doch aufgrund der Nicht-Unterscheidung zwischen dem Selbst, dem Intellekt und der Spiegelung des Selbst im Intellekt vertretbar.

Das Forschen nach dem Selbst

Heinrich Zimmer

In der Zeit seines langen Schweigens zeichnete Shri Ramana Maharshi um 1901 einige Richtlinien für seinen Schüler Gambhiram Sheshayya auf. Ihr Sinn ist: erfahre vollkommenes Glück in Sammlung auf dein Selbst. Auf diese Richtlinien bezieht sich Heinrich Zimmer in seinem Buch "Der Weg zum Selbst":

"Werden nicht alle Wesen unwillkürlich ihres "Ich" gewahr und erfahren es in all ihren Empfindungen "ich kam — ich ging — ich tat — ich war"? Fragst du was es sei, wird anscheinend der Leib mit dem Ich gleichgesetzt, weil Bewegungen und andere Betätigungen dem Leibe eignen. Entspräche der Leib dieser Ich-Vorstellung, so war sie nicht vor der Geburt, bestände aus den fünf Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft, Aether), die den Leib aufbauen, wäre fern von uns im traumlosen Schlaf, wo uns das Ich entgleitet, und würde schließlich mit zur Leiche, — das kann nicht sein. Diese Ichvorstellung, die auf Zeit im Leibe aufsteigt, heißt auch das Ego, oder Nichtwissen, Wahn, Unreinheit und Individuation."

Alle heiligen Schriften haben die Ergründung des Selbst zum Gegenstand, sie erklären: die Vernichtung der Ich-Vorstellung bedeutet Erlösung. Kann der Leib, bewußtlos wie ein Stück Holz, Licht sein und sich als Ich betätigen? — nein, darum laß den leichnamgleichen beiseite als wäre er ein Leichnam. Flüstere nicht einmal "Ich", aber frage angespannt nach innen: was ist's, das dir im Herzen als "Ich" leuchtet? Kannst du hinausgelangen über den zeitweiligen und stoßweisen Strom der Vorstellungen und Regungen, so erhebt sich vor dir stumm und unwillkürlich ein Ständiges und Wandelloses in deinem Herzen: ein Gewahrsein "ICH-ICH".

Kannst du es erfassen und ganz still bleiben, so wird es die Vorstellung "Ich" in deinem Leibe ganz auflösen und zunichte machen, und selber wird es verschwinden wie eine weiße Flamme brennenden Kampfers, die erlischt. Weise und heilige Bücher sagen: das sei die Befreiung.

Das Ego in Gestalt der Ich-Vorstellung ist die Wurzel des Baumes aller Wahnvorstellungen; wird sie vernichtet, ist aller Wahn gefällt, Klebe nicht am Vielerlei der Vorstellungen, die dir beim Forschen nach dem Selbst in den Anfangsstadien deiner Uebungen kommen, Halte dich abseits von ihnen: ein leidenschaftslos und gleichgültig Zuschauender, der zu sich spricht: "laß geschehen was mag, ich schaue nur zu". Uebst du ständig diese Haltung und verweilst ohne Wanken in ihr, so löscht das Selbst die Ich-Vorstellung im Leibe aus, sie ist die Wurzel aller Schwierigkeiten, fortzuschreiten auf der geistigen Bahn, Dieser leichte Weg, das Ich auszulöschen, verdient allein die Namen "bhakti" (gläubige Hingabe), "jiïâna" (Erkenntnis), "yoga" (Uebung der Vereinigung mit Gott) oder "dhyâna" (Sammlung in innerer Schau).

Die Vorstellung "ich bin der Leib" umgreift die drei Sphären leiblich-geistigen Daseins in Wachen, Traum und traumlosem Schlaf und umfaßt die fünf Gehäuse, die den Leib bilden; ist sie behoben, fällt alles übrige von selbst ab, denn es hängt an ihr. Du brauchst dich nicht zu bemühen, es einzeln auszuschalten, denn die heiligen Schriften erklären: nur die Vorstellung ist Bindung. Daraus folgern sie: der beste Weg ist, das Gemüt in Gestalt der Ichvorstellung dem Göttlichen, dem Selbst zu überantworten, dabei ganz still zu halten und nicht abzuirren, Das Selbst ist in sich selber strahlend Licht. Man soll sich aber besser kein Bild, keine Vorstellung davon machen, Die vorstellende Phantasie an sich bedeutet schon Bindung, Das Selbst ist Ausstrahlung jenseits von Dunkel und Licht, — das Gemüt soll es sich garnicht ausmalen, das führt nur zur Bindung, indes das Selbst unwillkürliches, völlig unbezogenes Licht ist.

Das Forschen nach dem Selbst in Gestalt innerer Sammlung und gläubiger Hingabe an das Göttliche steigert sich zur Entrückung des Gemüts in das Selbst und führt zur Befreiung: zu unaussagbarer Seligkeit. Die großen Weisen haben gelehrt: nur durch hingebungsvolles Forschen nach dem Selbst erlangst du Befreiung.

Die Erfahrung des Selbst

Das persönliche Selbst ist nichts anderes als das Gemüt: als solches hat es seine Einheit mit dem wahren Selbst verloren und hat sich im eigenen Netz verstrickt. Daher ist sein Suchen nach dem Selbst als seinem eigenen ewigen und ursprünglichen Wesen, wie wenn ein Schäfer ein Lamm sucht, das er verloren wähnt, und trägt es dabei auf seinen Schultern.

Aber das Ich, das so sein Selbst vergessen hat, gelangt nicht gleich zur Befreiung, nämlich zum wirklichen Erlebnis des Selbst, wenn es das Selbst einmal gewahr wird; — da stehen lang angesammelte Neigungen und Gewohnheiten des Gemüts hemmend im Wege, und häufig bringt es den Leib und das Selbst durcheinander und vergißt, daß es in Wahrheit das Selbst ist. Langgehegte Neigungen und Triebe wollen entwurzelt sein, das kann nur durch lange fortgesetzte Meditation geschehen: "ich bin nicht der Leib, bin nicht die Sinne, nicht das Gemüt ... — ich bin das Selbst." Das Ich, d. h. das Gemüt, das nichts anderes ist als ein Bündel oder Komplex von Neigungen, Trieben, Gewohnheiten und den Leib für das Ich nimmt, muß gemeistert werden. Auf diesem Wege läßt sich der höchste befreite Stand erreichen: die wirkliche Erfahrung des Selbst, wenn man lange in gläubiger Hingabe das göttliche Selbst verehrt hat, das die wahre Wesenheit aller Götter ist. Diese Selbsterforschung vernichtigt das Gemüt und hebt sich schließlich selber auf, wie der Stock, mit dem man den Holzstoß anzündet und schürt, endlich selbst vom Feuer verzehrt wird. Das ist der Stand der Befreiung. "Selbst", "Weisheit" oder "Erkenntnis", "Innesein", "das Unbedingte" und "Gott" bezeichnen ein und dasselbe.

Kann einer es zum hohen Beamten bringen, weil er einmal einen solchen gesehen hat? — nein, er muß sich aneignen, was die Stellung erfordert. Kann das Ich, das als Gemüt in Banden liegt, zum göttlichen Selbst werden, weil es einmal im Aufblitzen eines Blicks erfahren hat, es ist das Selbst? — muß es nicht erst ver

nichtigt werden? Kann ein Bettler König werden, weil er einmal bei einem König war und behauptet, er selber sei einer? — solange die Bande des Gemüts nicht zerschnitten sind dank langer anhaltender Meditation "ich bin das Selbst, das Unbedingte", bleibt der jenseitige Stand der Seligkeit unerreichbar.

Ein Brahmane, der Schauspieler ist, vergißt nicht, daß er Brahmane ist, welche Rolle er auch spielt, — so sollte einer sich nicht mit seinem Leibe verwechseln, aber unerschütterlich gewahr sein, daß er Selbst ist, wie immer er sich betätigt, Das wird ihm offenbar, wenn das Gemüt in seinen ursprünglichen Stand aufgesogen wird, dann offenbart das Selbst sich von ganz allein und ist höchste Seligkeit, und man bleibt unbetroff en von Lust und Pein in seinem Gemüt, die der Berührung mit den Dingen außen entspringen. Auf alles blickt einer dann, ohne daran zu hangen, er ist wie im Traum. Regungen oder Gedanken wie "ist dies gut oder jenes?" dürfen gar-nicht mehr kommen, sie müssen im Aufsteigen an der Quelle vernichtigt werden. Nur eine kleine Weile genährt, stürzen sie dich, wie ein verräterischer Freund, kopfüber in den Abgrund. Kann das Gemüt, in seinem ursprünglichen Stande fest geworden, noch "Ich" fühlen oder ungelöste Fragen hegen? bedeutet dergleichen nicht in sich selbst Bindung und Fessel?

Steigen solche Regungen auf Grund ererbter Bereitschaften auf, muß man das Gemüt davon wegbiegen, sie zu nähren, und zu seinem wahren Stande zurücklenken, und dazu gleichgültig sein gegen alles Aeußere und sich nicht damit befassen, Steigen diese Regungen nicht aus SELBST-Vergessenheit auf und bringen immer neuen Jammer über uns? Die unterscheidende Vorstellung "ich bin's nicht der handelt, alle Handlungen sind Antworten des Leibes, der Sinne, des Gemüts auf ein Draußen" ist eine Hilfe, um das Gemüt einwärts zu kehren, wenn die Neigung, zu seinem ursprünglichen Stande heimzufinden, ihm schon ein Gleis gefurcht hat und seine Regungen in diesem Gleis verlaufen, aber dieser unterscheidende Einhalt soll dem Gemüt nur geboten werden, wenn es dem Spiel von Regungen und Vorstellungen schon ver

fallen ist. Kann anderseits das Gemüt, sonder Wank auf das göttliche Selbst geheftet und inmitten äußerlicher Betätigung völlig unberührt davon, sich Vorstellungen überlassen wie "ich bin der Leib, ich bin mit dieser Tätigkeit befaßt" oder mit der unterscheidenden Vorstellung "ich bin's nicht, der handelt, diese Handlungen sind nur Antworten des Leibes, der Sinne, des Gemüts auf etwas draußen"?

Schritt vor Schritt muß man mit allen Mitteln des Selbst gewahr zu werden trachten, ohne Ablenkung des Gemüts; ist das gelungen, ist alles gewonnen. Man muß dem Selbst innewohnen, ohne das Gefühl, irgendwie handelnd zu sein, auch wenn man Aufgaben vollziehen muß, die das Schicksal einem zugebracht hat, und man dabei schafft wie ein Verrückter. Haben nicht viele Fromme Unglaubliches an tätigem Leben vollbracht und waren dabei voll eben dieser vollkommenen Gleichgültigkeit und voll fester gläubiger Hingabe?

Das höchste Wesen ist das Selbst

Shiva

Wenn einer auf sich selber weisen will, deutet er mit dem Finger auf die Brust: diese Gebärde besagt genug dafür, daß das Unbedingte als das Selbst in Jedes Herzen wohnt. Der Heilige Vasishthal sagt auch: wenn einer nach dem Selbst sucht, als wäre es außerhalb, und vergißt, daß es ständig als "ICH-ICH" in seinem Herzen strahlt, ist er wie einer, der ein köstliches Kleinod wegwirft und gierig nach einem glitzernden Kiesel langt.

Wenn das Gemüt, das den Leib für das Selbst nimmt, nach innen ins Herz hineingebogen und das Ichgefühl, das am Leibe hängt, verlassen wird, hebt ein Fragen an, bei dem ein still-gewordenes Gemüt im Einklang mit dem Selbst ist und fragt: wer ist es, der im Leibe innen wohnt? Dann wirst du eine feine zarte Erleuchtung "ICH-ICH" drinnen erfahren; sie ist nichts anderes als das Unbedingte, das Selbst, das im Lotos deines Herzens wohnt, in der Stadt des Leibes, im Altarschrein Gottes.

Dann sollst du dich stille halten und wissen, daß das Selbst als alle Dinge und doch kein Ding erstrahlt, innen und außen und allerwärts, und daß es auch das jenseitige Wesen ist. Dies gilt als die Meditation, die durch das Wort "ich bin Shiva" (Shivo 'ham) vermittelt wird: "ich bin das Höchste Wesen", — das heißt auch der "Vierte Stand", Was noch jenseits dieser feinen zarten Erfahrung liegt, ist Gott, das jenseitige Wesen, vielfältig benannt: "Der Stand jen-seits des Vierten Standes" (turîya-atîta), — das "allgegenwärtige höchste Wesen", das als Kern der göttlichen Lichtflamme in uns strahlt, von dem es heißt, es entfaltet sich in Sammlung und Meditation, — die "Weite des Herzens", — das "reine Innesein", — "das Unbedingte", strahlend am inneren Himmelszelt des Gemüts, — "Seligkeit", — "Selbst", — "Weisheit".

Kraft langanhaltender ständiger Uebung der Meditation über das Selbst: "ich bin das Höchste Wesen" löst sich der Schleier des Nichtwissens im Herzen auf und mit ihm alle Hemmnisse in seinem Gefolge, und vollkommene Weisheit stellt sich ein. Erkennst du so, daß das Wirkliche dir in der Höhle des Herzens wohnt, im Altarschrein deines Leibes, so erlebst du wahrhaft die Wirklichkeit des Unbedingten, das allem innewohnt, denn Leib und Herz umschließen alles was ist. Das bestätigen die heiligen Schriften: "der Weise weilt selig in der Stadt mit den neun Toren (d. h. im Leibe)", und "der Leib ist der Tempel, das Selbst ist das Unbedingte". Wenn Gott verehrt wird in Gedanken "ich bin das Höchste Wesen", tritt Befreiung ein. Die Höhle ist der Leib mit den fünf Schalen, die Höhle ist nichts anderes als das Herz, Das jenseitige Wesen, das drin wohnt, ist der Herr der Höhle."

Dies Verfahren, das Unbedingte in seiner Wirklichkeit zu erleben, gilt als die "feine Wissenschaft" (daharâ vidyâ), als intuitive Erkenntnis des Herzens, Was bleibt zu sagen? — erlebe es geradezu in unmittelbarer Erfahrung!

Das weltumspannende Wesen, das der Beziehung zwischen den Vorstellungssphären "Innen" und "Außen" zugrunde liegt, ist der wahre Gehalt des Wortes "Gemüt", Leib und Welt, die uns als außen erscheinen, sind Spiegelungen des Gemüts, das Herz bringt all diese Gestalten hervor, Im innersten Kern des allesumfassenden Herzens, das heißt: in der Weltraumweite des reinen Gemüts, strahlt das in sich selber leuchtende ICH in steter Helle, Jedermann offenbar heißt es das allgegenwärtig-allwissende"zuschauende Auge", der unberührte "Zeuge" oder der "Vierte Stand" (turîya) jenseits Wachen, Traumschlaf, traumlos tiefem Schlaf. Es liegt diesen dreien zugrunde und ist jenseits von ihnen.

Die Weite der Unendlichkeit ist die Wirklichkeit, die als der Höchste Geist oder das Selbst erkannt wird, ohne Ich-Sinn als reines Innesein im Ich erstrahlend als das Eine in allen Wesen. Was jenseits des "Vierten Standes" ist, ist nichts als dieses, Meditiere darüber, daß das Wirkliche: die Weite unbedingten Inne-seins alldurchdringend innen strahlt und ohne die Erleuchtung des "Vierten Standes", — so wie der Weltraum den inneren blauen Schein einer Kerzenflamme erfüllt und zugleich die unendliche Weite ringsum. Der wahrhafte Stand ist der allumfassend strahlende, wie der Raum die Flamme umschließt und sich grenzenlos nach allen Seiten breitet. Kümmere dich nicht um das Licht der Flamme, — laß dir genügen, zu wissen: das Wirkliche ist der Stand ohne Ich.

Persönliches Selbst und Befreiung Laut den heiligen Schriften gibt es ein Wesen, "Gemüt" be-nannt, das sich aus der feinen Essenz der Nahrung aufbaut. Es blüht und gedeiht als Liebe und Haß, Sinnenlust, Verlangen und Zorn und andere Gefühle. Es ist die umfassende Einheit von Gefühl, Verstand, Gedächtnis, Wille und Ich. Bei all diesen mannigfachen Aspekten trägt es den umfassenden Namen "Gemüt", Es wird uns zum Gegenstand wie leblose Dinge außen, wenn wir ihrer innewerden, Es ist selber fühllos, erscheint aber als fühlend, wenn es mit dem Innewerden in Berührung tritt, wie eine rotglühende Eisenkugel, in der die Glut das Eisen durchdringt, als feurig erscheint. Es hat die Eigenschaft, sich in vielerlei zu verwandeln, es ist in sich verfließend und besteht in Teilen, die alle mögliche Gestalt annehmen können, so wie sich Gold, Wachs oder Lack in vielerlei Gestalt bringen lassen, Es ist die Grundlage aller wurzelhaften Wesenheiten (tattva: Das-heiten, So-seins-heiten), aus deren wechselnder Mischung sich die fünf Elemente und aus diesen alle Erscheinungen aufbauen.

Es wohnt im Herzen, wie die Sehkraft im Auge und das Hören im Ohr. Es gibt dem persönlichen Selbst sein Wesen. Wenn es einen Gegenstand vorstellt, der bereits mit dem Innewerden in Berührung ist und im Hirn gespiegelt wird, so nimmt es dessen Gestalt an als Vorstellung, Gedanke, Regung und steht in Beziehung zu dem äußeren Gegenstand durch die fünf Sinne vermittels des Gehirns. Dann eignet es sich das Wahrgenommene zu mit dem Gefühl: "ich genieße dieses und jenes", genießt den Gegenstand und findet seine Befriedigung daran. Zu denken, ob etwas gut zu essen sei, ist eine gedankliche Gestalt, die das Gemüt in einer seiner unablässigen Selbstverwandlungen annimmt. "Das ist gut — oder nicht gut, das kann man essen oder nicht", solche unterscheidenden Meinungen machen den unterscheidenden Verstand aus. Das Gemüt allein bildet das wurzelhafte Wesen, das sich als einzelne Person (Individuum) darstellt oder als Gott und als Welt.

Wenn das Gemüt vom Selbst als reinem Innesein aufgesogen wird, in ihm untergeht und sich auflöst, so ist das die schließliche Erlösung, "kaivalya" (Integration) genannt: das ist Brahman, das Unbedingte, das höchste Wesen.

Die Sinne liegen nach außen und helfen zur Erkenntnis der äußeren Dinge, das Gemüt ist innen, es ist der innere Sinn. Innen und Außen gelten nur vom Leibe her, dem Unbedingten in uns meint beides nichts. Um anzudeuten, daß die ganze Dingwelt innen und nicht außen sei, lehren die heiligen Schriften, das Weltall habe die Gestalt des lotoskelchförmigen Herzens. Das Herz aber ist das Selbst.

Die Wachskugel des Goldschmieds birgt feine Teilchen Goldes in sich, wirkt aber wie ein bloßer Wachsklumpen, So gewahren die im Dunkel ahnungslosen Nichtwissens Versunkenen, vom allumfangenden Schleier der Mâyâ umsponnen, bloß ihr Nichtwissen in ihrem Lebensschlaf, Aus Nichtwissen entsprang das Ich, der feinstoffliche Leib (subtle body). Dieses Gemüt muß in das Selbst verwandelt werden, es ist nichts anderes als die Ich-Vorstellung; Gemüt und Ich sind dasselbe. Verstand und Wille, Ich und Persönlichkeit bilden zusammen ein und dasselbe Gemüt, sind wie ein und derselbe Mensch, der je nach seinen verschiedenen Betätigungen und Beziehungen (in Beruf und Gesellschaft, Familie und Verwandtschaft) verschieden benannt wird.

Zusammen mit dem Ich tritt das Gemüt in Erscheinung, vereint mit dem Spiegelbild des Selbst. Ich und Selbst sind so untrennbar voneinander wie bei einer rotglühenden Eisenkugel Glut und Kugel. Es ist kein anderes Selbst, das dem Ich als unberührter Zeuge zuschaut, als das persönliche Ego, das sich als Ich betätigt, d. h. als das Gemüt, in dem das Innesein des Selbst sich spiegelt, Eben dasselbe Selbst leuchtet unberührt im Herzen und ist grenzenlos wie der weite Raum. Wie die Glut der glühenden Kugel unberührt bleibt von den Hammerschlägen des Schmiedes, die auf die Gestalt der Kugel treffen und sie verändern, treffen die Schläge des Lebens in Lust und Qual das Selbst ebensowenig.

Das Selbst ist Licht aus sich selbst im Herzen als reines Sich-selbst-Innesein, einig ohne ein anderes neben sich, Es offenbart sich weltweit als ein und dasselbe in allen Wesen und wird der Höchste Geist genannt. "Herz" ist nur ein anderes Wort für diesen, weil ER in aller Herzen ist, Die rotglühende Eisenkugel ist die Individuation, die Glut in ihr das still zuschauende Selbst, das Eisen ist das Ego. Reines glühendes Licht ist der Höchste Geist, allem inne und alles gewahrend.

Das persönliche Selbst wohnt, wenn der Mensch wach ist, in seinem Auge; schläft er und träumt, im Nacken (medulla oblongata), während des traumlos tiefen Schlafes wohnt es im Herzen. Das Herz aber ist die höchste dieser Stätten, daher verläßt das persönliche Selbst das Herz nie ganz, Anderseits heißt es abweichend, der Nacken sei der Sitz des Verstandes und das Herz die Stätte für den Gesamtkörper des Ich. Aber die heiligen Schriften lehren bündig, das Herz sei der Sitz der Gesamtheit innerer Kräfte, die das Gemüt ausmachen. Die Weisen, die allen verschiedenen Auffassungen in zahllosen heiligen Schriften nachgegangen sind, haben knapp und treffend die ganze Wahrheit dahin zusammengefaßt, es sei jedermanns Erfahrung, daß das Herz der ursprüngliche Sitz des Ich ist.

Der Schleier des Nichtwissens kann das persönliche Ich nie ganz verhüllen, auch die in Nichtwissen Befangenen sprechen vom Ich, aber der Schleier verhüllt die Wirklichkeit "ich bin das Selbst", er verhüllt das Ich als reines Innesein, und so wird das Ich mit dem Leibe verwechselt, aber er kann das Selbst nicht so völlig verhüllen, daß man nicht darum wüßte.

Das Gemüt ist im Grunde nichts anderes als Gewahrsein; von Haus aus ist es rein und durchsichtig, aber in diesem reinen Stande kann es nicht "Gemüt" heißen. Das fälschliche Gleichsetzen eines Dinges mit einem anderen ist das Werk des getrübten Gemüts.

Rein und ungetrübt ist das Gemüt vollkommenes Gewahrsein, aber seines ursprünglichen Wesens vergessend, wird es von der Eigenschaft dumpfer Dunkelheit (tamas) überwältigt und entfaltet sich als physische Welt, Desgleichen wird es von der Eigenschaft leidenschaftlicher Bewegtheit (rajas) überwältigt und setzt sichselber mit dem Leibe gleich und erscheint in der entfalteten Welt als Ich und nimmt sich selber für wirklich. Und von Liebe und Haß getrieben verübt es Gutes und Schlimmes und wird demzufolge im Kreislauf der Geburten und Tode befangen. Aber die Eigenschaft der lichten Klarheit (sattva) ist das wahre Wesen des Gemüts; die Klarheit des lauteren Firmaments bezeichnet die Weite des Gemüts.

Angestachelt von der leidenschaftlichen Bewegtheit (rajas) wird das Gemüt rastlos; unter der Einwirkung der dumpfen Dunkelheit (tamas) erscheint es als die physische Welt. Wird das Gemüt sa einerseits rastlos und schlägt sich anderseits als undurchdringliche Stofflichkeit nieder, dann ist das Wirkliche als solches nicht mehr zu erkennen. Feine Seide läßt sich nicht mit grobem Schiffchen weben, die zarten Töne einer Malerei sind nicht beim Schein einer im Winde flackernden Lampe zu unterscheiden, — so ist die Erfahrung der wahren Wirklichkeit nicht möglich, wenn das Gemüt durch dumpfe Dunkelheit (tamas) grob und stumpf und durch leidenschaftliche Bewegtheit (rajas) rastlos und unstät geworden ist, Denn die Wahrheit ist überaus zart und fein und von erhabener Lauterkeit.

Das Gemüt kann von seinen Unreinigkeiten nur durch verlangensloses Erfüllen aller menschlichen Pflichten in mehr als einem Leben geläutert werden, wenn einer den würdigen Meister findet, von ihm lernt und unablässig über das Höchste meditiert. Die Selbstverwandlung des Gemüts in die Welt regloser Stofflichkeit dank seiner dumpfen Dunkelheit und seiner Rastlosigkeit auf Grund leidenschaftlicher Bewegtheit finden dann ihr Ende, es gewinnt seine Feinheit und gesammelte Ruhe wieder. Die Seligkeit des reinen Selbst kann sich nur in einem Gemüt entfalten, das fein und stet geworden ist dank ständig geübter Meditation, Wer diese Seligkeit in sich erfährt, ist "bei Lebzeiten erlöst" (jivan-mukta).

Wird das Gemüt durch ständige Meditation seiner dumpfen Dunkelheit und leidenschaftlichen Bewegtheit entkleidet, so wird sich die Seligkeit des Selbst im fein und zart gewordenen Gemüt mit großer Klarheit offenbaren. Dank dieser Weitung des Gemüts ins Grenzenlose erlangen die Yogin Allwissenheit. Nur wer sein Gemüt zu dieser Feinheit gebracht und die Wirklichkeit des Selbst erfahren hat, ist "bei Lebzeiten erlöst". Die "Râma-Gîtâ" nennt diesen Stand das "eigenschaftslose Brahman", das einige weltweite, zu keiner Unterschiedlichkeit entfaltete Geistige.

Wer aber den unwandelbaren ewigen Stand, der jenseits davon liegt und über Gedanke und Wort hinaus ist, erlangt hat, heißt "leiblos erlöst" (videha-mukta). Wenn nämlich das feine Gemüt vernichtigt ist, so hat damit die Erfahrung der Seligkeit durch das individuelle Subjekt gleichfalls ihr Ende. Es ertrinkt im bodenlosen Meer der Seligkeit und löst sich darin auf, eines mit ihm, und wird nichts mehr gewahr. Das ist "leiblose Erlösung" (videhamukti), Ueber diesen Stand hinaus ist nichts: er ist das Ende. Indem man länger anhaltend dem Selbst innewohnt, wächst die Erfahrung: "ich bin der Höchste Geist"; sie wird geläufig. Entsprechend verlöschen die Rastlosigkeit des Gemüts und die Vorstellung der Welt.

Weil kein Erlebnis ohne das Gemüt möglich ist, wird die Wirklichkeit des Selbst durch das feine Gemüt erfahren, Da nun "leiblose Erlösung" (videha-mukti) die völlige Auflösung auch des feinen Gemüts im bodenlosen Meer reiner Seligkeit bedeutet, entzieht dieser Stand sich der Erfahrung. Es ist der schlechthin jenseitige Stand. "Ich bin nicht der Leib, bin rein Geistiges" ist die klare, zweifelsfreie Erfahrung des "bei Lebzeiten Erlösten" (jîvan-mukta). Solange das Gemüt nicht restlos vernichtigt ist, besteht immerhin die Möglichkeit, daß einer unglücklich wird, weil ihm gelegentlich begegnet, was ihm aus früher ausgesponnenem Schicksal (prârabdha karman) zureift. Ueberdies hat er nicht das unwandelbare ewige Seligsein erfahren, da sein Gemüt nicht völlig erloschen ist.

Die Seligkeit der Befreiung bei Lebzeiten ist nur bei einem Gemüte möglich, das fein und lauter geworden ist in langer andauernder Meditation.

Selbst, Gedanken und Psyche

Dem Selbst sind die Gedanken immer bekannt

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

Kommentar zum 4. Kapitel des Yoga Sutras von Patanjali, Verse 18 – 21

Mit diesen Themen setzt sich Patanjali ab dem 18. Vers auseinander.

Deine Wahrnehmungen sind subjektiv

Vers 18:

Da die Natur des Selbst unveränderlich ist, sind die Gedanken des Geistes dem Selbst immer bekannt.

Es gibt Citta – das ist der Verstand, der Geist. Innerhalb des Citta gibt es Vrittis – Gedanken. Purusha ist das Selbst. Purusha nimmt die Vrittis in Citta wahr.

Es ist wichtig, dies zu verstehen. Wenn du zum Beispiel die Augen aufmachst und etwas siehst, dann siehst du nicht das Ding, sondern du siehst die Vrittis in deinem Citta, die hoffentlich das Ding widerspiegeln.

Es ist wichtig, dass du verstehst: Was auch immer du wahrnimmst – es ist subjektiv! Du nimmst die Wiederspiegelungen der äußeren Sinneseindrücke im Citta wahr.

Das Paradoxe ist dann natürlich auch: Ohne dass Purusha wirklich die Citta-Vrittis wahrnimmt, gibt es die Citta-Vrittis auch nicht. Sie können nur dann entstehen, wenn Purusa seine Aufmerksamkeit in die Citta-Vrittis hineingibt.

Zieh dein Bewusstsein von den Gedanken weg

Vers 19:

Weil er wahrnehmbar ist, ist der Geist nicht selbst-erleuchtend.

Nicht der Geist nimmt wahr, deshalb ist er auch nicht selbst-erleuchtend. Du kannst den Geist wahrnehmen, du kannst die Gedanken und Emotionen, die Worte und Bilder wahrnehmen. Es kann sogar eine wortlose und eine bildlose Zeit geben.

In diesem Sinne: Du bist Purusha, das Selbst, aber der Gedanke „Selbst“ kann nichts wahrnehmen. Wenn Purusha - das Selbst - die Strahlen des Bewusstsein nicht zum Citta hinbringt, dann gibt es auch keine Citta-Vrittis.

Unterbewusst mag einiges ablaufen, aber die Citta-Vrittis sind ja auf der Oberfläche des Geistes. Damit diese überhaupt da sind, bedarf es der Bewusstheit. Deshalb ist es auch gar nicht schwer, deine Gedanken unter Kontrolle zu bringen: Richte dein Bewusstsein woanders hin, dann sind die Gedanken weg.

Der Geist nimmt immer nur eine Sache wahr

Vers 20:

Der Geist kann nicht zwei Dinge auf einmal wahrnehmen.

Der bewusste Geist kann immer nur eine Sache wahrnehmen, nicht zwei gleichzeitig. Deshalb ist es auch gut, wenn du dich nicht zu sehr multitasking beschäftigst. Du kannst - zumindest mit deinem bewussten Geist – nicht zwei Sachen gleichzeitig tun.

Unterbewusst geht natürlich eine ganze Menge: Dein Herz schlägt, deine Lungen atmen, dein Blutkreislauf versorgt deine Füße, deine Nieren verrichten ihre Arbeit, dein Magen zerwalkt die Nahrung und fügt Salzsäure hinzu, und dein Darm verdaut gerade – so viel passiert gleichzeitig. Aber mit deinem bewussten Geist geht nur eine Sache gleichzeitig.

Dies heißt auch: Eine einfache Weise, Wünsche zu beherrschen, ist, seine Aufmerksamkeit woanders hin zu richten. Wenn du deinen Geist woanders hin richtest, ist der Wunsch nicht mehr da.

Nur Bewusstsein nimmt wahr

Vers 21:

Würde ein Geist einen anderen Geist wahrnehmen, dann gäbe es die Absurdität von Wahrnehmung der Wahrnehmung sowie Verwirrung der Erinnerung.

Es ist nicht ein Citta, der den Citta des anderen wahrnimmt. Du kannst mit deinem Citta zwar bestimmte Aspekte des anderen in dir reflektieren, aber es ist nicht Citta, was es wahrnimmt, sondern es ist dein Bewusstsein, was wahrnimmt. Nicht Citta nimmt sich selbst oder die Vrittis wahr, nicht Citta nimmt das Citta des anderen wahr, auch nicht Buddhi nimmt etwas anderes wahr, sondern du als Purusha nimmst wahr. Du kannst die Citta-Vrittis wahrnehmen, du kannst das Funktionieren der Buddhi - des Intellektes - wahrnehmen, und du kannst auch die Reflektion der Gedanken des anderen in deinem eigenen Geist wahrnehmen. Aber es ist Bewusstsein, welches wahrnimmt.

So weit zu diesen Versen – du kannst ein wenig darüber nachdenken. Bewusstsein nimmt die Vrittis im Citta wahr, und es liegt an dir, wohin du dein Bewusstsein bringst. Denke darüber nach und nutze es praktisch im Alltag.

Video - Selbst, Gedanken, Psyche

Was ist das Selbst? Wer bist du wirklich? Was ist die Psyche, was sind Gedanken und wie beherrscht du sie? Wie überwindest du die Identifikation mit der Psyche? Was schreibt Patanjali im Yoga Sutra, Kommentar von Sukadev zum 4. Kapitel ab Vers 18.

Besondere Manifestationen des Selbst & Die universelle ‘Person.’

Krishna zeigt Arjuna seine kosmische Form

- Abschnitt aus der Bhagavad Gita Zusammenfassung, Kapitel 10 + 11 nach James Swartz -

Bewusstsein als Schöpfer

Um ein Objekt zu erzeugen ist eine Idee und eine Substanz erforderlich. In der scheinbaren Welt sind der Topf und der Töpfer immer unterschiedlich. Aber weil die Realität non-dual ist sind der Schöpfer der Welt und die Welt nicht unterschiedlich genauso wie das Netz einer Spinne aus der Spinne selbst entsteht. Bewusstsein in Verbindung mit Maya ist Isvara, der Schöpfer (jagat karanam). Er ist die intelligente und die materielle Ursache der Welt.

Daher ist keine besondere Erfahrung notwendig, um Bewusstsein zu erfahren. Man muss nur verstehen, dass die immer erfahrenen Objekte, die sich kontinuierlich Gewahrsein/Bewusstsein präsentieren Gewahrsein sind, genauso wie Wellen nichts als Ozean sind. Kapitel 10 stellt das Selbst als bestimmte außergewöhnliche oder spezielle (vibhuti) Eigenschaften von Objekten dar, um es für eine Person mit begrenzter intellektueller oder emotionaler Reife einfacher verständlich zu machen. Dies ist ein notwendiger Schritt bei der Entwicklung der Sicht von Non-Dualität. Kapitel 11 beinhaltet die schwieriger zu verstehende Idee, dass alles, egal ob außergewöhnlich oder gewöhnlich, gut oder schlecht, schön oder hässlich, freundlich oder grausam, spirituell oder materiell Gewahrsein, das Selbst ist.

Die Schöpfung bis Du

Die Gita bringt diese Idee in Form eines Symbols zum Ausdruck. Es personifiziert Bewusstsein als die ´Person´, von der alles kommt und in die sich alles wiederum auflöst, eine ´universelle Person´. Diese ‘Person’ taucht erstmalig in den Vedas auf, seltsamer Weise, es ist beabsichtigt, das in einem Verehrer vorhandene Konzept eines persönlichen Gottes in eine unpersönliche Sichtweise zu transformieren. Unglücklicherweise neigen unreife nicht ausreichend ausgebildete geistige Instrumente dazu, Symbole wörtlich zu nehmen. Dies führt zu dem weit verbreiteten Glauben, dass Gott ein besonderes Individuum sei. Während die Gita die Idee eines persönlichen Gottes, dem der Verehrer seine persönlichen Probleme mitteilen kann, befürwortet fokussiert sie sich auf die Ausweitung des Gotteskonzeptes des Verehrers, um zu enthüllen, dass alles und sein Gegenteil nonduales Bewusstsein ist. Die Schöpfung ist nur Bewusstsein.

Es erfordert große Reife, um zu verstehen, dass das Böse in der Welt einen nützlichen Zweck verfolgt, wie es auch das Gute tut. Alles, was existiert hat seinen Platz weil die Schöpfung bewusst gestaltet wurde. Weil Arjuna spirituell unreif ist, ist er außer Stande, das Wissen das Krishna ihm enthüllt wertzuschätzen und bittet ihn die non-duale Sicht ´zurückzunehmen´.

Die Darstellung der non-dualen Sicht als eine eigenständige Erfahrung erweckt den Eindruck, dass Non-Dualität das Ergebnis einer speziellen wünschenswerten Erfahrung sei. Aber dies ist nicht der Fall, weil Bewusstseins vielfältige Formen als alle existierenden Objekte im Raum-Zeit-Kontinuum immer präsent sind. Bewusstsein kann nicht als eine spezielle Zeit oder Raum erscheinen, weil es bereits überall präsent ist. Daher kann dieses Wissen nur symbolisiert werden.

Die Sonne und der Mond symbolisieren die Kraft von Bewusstsein, Objekte zu erhellen. Die ´Füße´ symbolisieren die Kraft von Bewusstsein, sich scheinbar zu bewegen. Der Atem von Bewusstsein ist die Energie, die die Veränderung von Materie verursacht. Der ‘Mund’ des Schöpfers ist Zeit, der ‘Zerstörer’ von ‘Schößen,’ erschaffenen Dingen. Genau wie ein anderes Symbol des Selbst, Feuer, verbraucht es alles. Das ‘göttliche Auge’ oder das ‘dritte Auge’ ist die Sicht von Non-Dualität, reiner Objektivität, Dinge so zu sehen wie sie sind, nicht durch die eigenen Ängste und Wünsche.

Emotionaler Eindruck der ´Vision´ der universellen Person

Der Zweck dieser Vision ist es, Arjuna einen Sinn für Wunder, Ehrfurcht und Liebe für alles einzuflößen; diese resultieren aus der Erkenntnis, dass alles nichts als das Selbst des Verehres/Forschenden ist. Die Vorlieben und Abneigungen werden aufgelöst, wenn man Objekte auf diese Weise sieht. Die non-duale Vision ruft Verwunderung hervor; wie kann ein Sache und das Gegenteil einer Sache mein Selbst sein?

Non-duales Wissen schließt die Akzeptanz der unausweichlichen unerwünschten Veränderungen, die das Leben mit sich bringt ein. Diese Veränderungen werden hier symbolisiert durch die Idee des Todes. Dies erzeugt Angst in Arjuna, der nicht die Vorstellung des Todes zweier Personen akzeptieren kann, die ihm sehr lieb sind: seine Lehrer Bishma und Drona, die ihn zu dem gemacht haben, der er ist.

Freiheit oder Schicksal

Krishnas Aussage “Ich werde sie alle verschlingen und du wirst mein Instrument sein” kann den Selbsterforschenden dazu bringen zu fragen, ob alles vorbestimmt ist.

Sind wir nur Marionetten an Isvaras Fäden oder können wir frei wählen? Wenn die Wahl bei Isvara liegen würde, dann wäre Isvara nicht mehr als ein parteiischer machtvoller jiva. Aber wenn Isvara ein jiva wäre, dann würde die Schöpfung nicht funktionieren, weil Objektivität und Unparteilichkeit notwendig für das Wirken des Gesetzes des Karmas ist. Manche Menschen sind intelligent und andere dumm, manche sind reich und andere arm, manche leiden und andere genießen, manche sind faul und andere sind tatkräftig. Wenn es keinen freien Willen gäbe, wären menschliche Wesen nichts anderes als Tiere und sie würden sich nicht in zweckdienlichen Handlungen für konkrete Ergebnisse engagieren. Freier Wille ist verantwortlich für die Unterschiede, die wir in den Leben der menschlichen Wesen sehen. Die Wahl liegt im beim jiva weil Dualität Isvara nicht existiert/gilt. Wenn Isvara ein Tuender wäre, der seinen freien Willen auslebt, dann hätte Isvara gutes und schlechtes Karma und wäre ein samsari. Wenn der Schöpfer launisch wäre, dann wäre auch die Schöpfung unbeständig und Leben würde zum Erliegen kommen. Und wenn der Schöpfer alles bestimmen würde, dann gäbe es keine Wahlmöglichkeiten und wir würden keine Konflikte erleben. Jedoch sind wir die einzigen Lebewesen, die Konflikte erfahren, gerade weil wir einen freien Willen haben. Wenn es keinen freien Willen gäbe, dann wären Schriften, die bestimmte Handlungen oder eine Unterscheidung vorschreiben nicht notwendig.

Aufgeben

Es ist möglich, die Entscheidungen auf der Basis der eigenen Vorlieben und Abneigungen zu treffen oder man entscheidet sich dafür, in Harmonie mit den Anforderungen des eigenen Umfelds zu handeln. Die Welt stellt laufend Anforderungen an uns. Gottes Wille erscheint als die Ansprüche der physischen, psychologischen und moralischen Lebenssituationen des jivas. Ist es sinnvoll, in jeder Situation darauf zu bestehen, das zu bekommen was ich will oder sollte ich mich anpassen und einen Beitrag zu der Situation leisten? Wenn dein Wille ausgerichtet ist auf den Willen des Ganzen dann hast du ´aufgegeben´ und bist ein ‘Instrument’ des Ganzen.

Das Konzept der Schöpfung hat ohne das Konzept der Zerstörung keine Bedeutung. Es sind lediglich zwei unterschiedliche Weisen auf die Objekte zu schauen, die in Gewahrsein/Bewusstsein auftauchen und verschwinden. Wenn du Veränderung nicht akzeptieren kannst dann bist du laufend beunruhigt weil das Leben permanente Veränderung ist. Gib dich ihr hin, heiße sie willkommen durch feststehendes (unverrückbares) Verstehen ihrer Unerbittlichkeit; das ist moksa, Freiheit von Sterblichkeit. Wanting to live, a gratuitous luxury for the living, belies a universal fear of change. The dead are happy with their lot. Auch wenn ein Selbsterforschender nicht in der Lage ist, die Tatsache zu akzeptieren, dass die Vision der Nondualität beides rechtfertigt, gut und böse, Veränderung und Veränderungslosigkeit, sollte sie Hingabe für das Verstehen bewirken, wie es bei Arjuna der Fall ist. Bhakti ist der auf Willen beruhende Wunsch, sich aus der Abhängigkeit von Objekten für das eigene Sicherheitsempfinden zu befreien. Sie ist ein indirektes Mittel zur Befreiung, an zweiter Stelle hinter Wissen. Es ist ein Hilfsmittel, das dich motiviert, alle erfahrungsbasierten Handlungen zu einem Leben der Verehrung umzuwandeln: das brennende Verlangen zu wissen wer du bist.

Viveka Chudamani - Das Selbst bleibt unberührt

Erforsche dich selbst

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 101 von Sukadev Bretz -

Das Selbst bleibt unberührt von den Veränderungen des Körpers und der Sinnesorgane.

Eigenschaften wie Blindheit, Sehschwäche oder Sehschärfe sind Folgen von Mangel oder Stärke der Augen. Ebenso sind Taubheit und Stummheit Eigenschaften der Ohren beziehungsweise des Sprechorgans. Von diesen Merkmalen bleibt das Selbst, der Allwissende unberührt.

Körper und Psyche haben viele Eigenschaften

Es gibt viele Eigenschaften. Der Körper hat Eigenschaften. Die Psyche hat Eigenschaften. Aber das Selbst ist davon unberührt. Du bist das unsterbliche Selbst, der Atman. Du hast nichts damit zu tun, wie gut deine Organe sehen oder nicht. Du musst nicht sagen: Oh ich sehe nicht mehr richtig. Du kannst sagen: Meine Augen funktionieren nicht richtig. Die Augen dieses Körpers funktionieren nicht richtig. Du kannst sagen: Die Ohren hören nicht mehr richtig. Aber nicht: Ich bin schwerhörig.

Du bist von den Eigenschaften unberührt

Der Körper hat seine Eigenschaften. Die Sinnesorgane haben Eigenschaften. Aber du selbst bist davon unberührt. Sei dir dessen bewusst.

Viveka Chudamani - Das Selbst hat keine Teile

Der Körper wird gelenkt. Krishna Gott selbst ist der Lenker.

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 156 von Sukadev Bretz -

Der Körper hat Teile wie Hände, Füße und so weiter. Er kann nicht Atman, das Selbst sein, weil die Seele ohne Glieder lebt und ihre Allmacht dadurch nicht beeinträchtigt wird. Der Körper ist der Gelenkte und nicht der Lenker.

Der Körper hat viele Teile

Also „deha“- der Körper hat „pani“- Hände und „pada“- Füße und adi und noch anderes. Also Hände, Füße, also besteht aus Teilen. Und der Körper wird beeinträchtigt wenn man ein Teil des Körpers wegnimmt. Wenn also ein Unfall geschieht und du einen Arm verlierst oder ein Bein verlierst, ist der Körper nicht mehr der Gleiche. Aber das [[Selbst ist immer der beziehungsweise die Gleiche! Und selbst wenn du deinen Körper fast nicht mehr bewegen kannst, querschnittgelähmt bist. Das Selbst ist weiter das Gleiche. Atma - das Selbst bleibt immer das Gleiche,„vyaṅge“- auch wenn der Körper ohne Glieder ist. Das Selbst ist ohne Glieder. Und zwar ist der Atman „jivanat“- er lebt weiter und zwar auch, wenn der Körper entstellt ist. Und selbst wenn bestimmte Körperfunktionen nicht mehr da sind, auf Grund des Verschwindens, dann ist Atman immer noch da. In diesem Sinne. Dein Selbst bleibt gleich!

Egal was der Körper erlebt du bleibst gleich

Du kannst mal darüber nachdenken. Selbst wenn dir ein Arm mal eingeschlafen ist, was dir vielleicht mal passiert ist im Schlafen, wenn du aufwachst. Oder ein Bein eingeschlafen ist, zum Beispiel in der Meditation. Du selbst bist der Gleiche. Wenn du [[Körperbewusstsein verlierst in der Meditation, du selbst bist der Gleiche. Wenn du in der Tiefenentspannung Körperbewusstsein verlierst und über dem Körper schwebst. Du selbst bist der Gleiche. Du brauchst nicht den Körper und du brauchst auch keine Angst zu haben vor chronischen Erkrankungen. Der Körper mag Erkrankungen haben, Du hast sie nicht! Und hab auch kein schlechtes Gewissen, wenn der Körper krank wird. Es gibt ja heutzutage die Vorstellung, man hat etwas falsch gemacht, wenn man krank ist. Und irgendwas muss man richtig machen. Manche Menschen denken, sie haben ihre Spiritualität nicht richtig gelebt, wenn sie erkrankt sind. Ich würde sagen: Das ist Unsinn!

Beende die Identifikation mit dem Körper

Es ist nicht Zeichen einer gut gelebten Spiritualität, dass dein Körper gut funktioniert. Dein Körper geht durch Veränderungen. Ja du kannst einiges beitragen für die Gesundheit deines Körpers. Aber der Körper hat Gesundheit, der Körper hat Krankheit, du bist das Unsterbliche Selbst! Vielleicht kommt manchmal eine Krankheit nur deshalb, damit du aufhörst dich mit dem Körper zu identifizieren. Und manchmal kommt eine Krankheit, um dir zu zeigen, wie sehr du dich trotzdem noch identifizierst. Ich habe es schon so oft erlebt: Spirituelle Aspiranten, ernsthaft. Tief verankert im Jnana Yoga. Sie haben schon oft genug meditiert über „Sat Chit Ananda svarupoham“. Sie haben schon oft gelernt: „Tat Tvam Asi“ - Das Bist du, „Aham Brahmasmi“- Ich bin Brahman, „Ayam Atma Brahman“- Dieses Selbst ist Brahman. Sie haben auch gesungen: „Ich bin nicht dieser Körper, dieser Körper gehört mir nicht, ich bin nicht diese Gedanken, diese Gedanken gehören mir nicht. Sat Chit Ananda, Sat Chit Ananda, Sein Wissen Glückseligkeit!“ Und dann kommt eine Krankheit, ein Unfall, vielleicht auch eine schwere Krankheit. Und dann denken die Menschen sofort, sie haben alles falsch gemacht. Das ist unsinnig.

Prüfungen kommen für Jeden

Spirituell richtig zu machen, bedeutet nicht, dass du frei bist von Prüfungen. Sie kommen sowieso, ob du spirituell praktizierst oder nicht. Es mag ja sogar sein, dass Yogaübungen dir helfen etwas länger zu leben, etwas länger gesund zu sein. Ja und ich kenne jede Menge Menschen, die chronisch krank waren und die Krankheit durch Yogaübungen überwunden haben. Das ist auch so. Aber das hat jetzt nichts mit spiritueller Entwicklung zu tun. Wie gesund oder krank dein Körper ist, besagt gar nichts darüber, ob du den spirituellen Weg gut gehst. Es gab sogar im christlichen Mittelalter eine Phase, wo es darum ging den Körper irgendwo zu quälen. Und es galt als gut, wenn der Körper krank ist. Das ist ein Zeichen. So kann man den Körper überwinden.

Beispiele von Heiligen

Der Heilige Franz von Assisi ist glaub ich nur Anfang 40 geworden. Therese von Lisieux ist in ihren Zwanzigern gestorben. Shankara ist nur 32 Jahre alt geworden. Jesus ist mit knapp 30 Jahren ans Kreuz genagelt worden. Ja es gab die, die älter geworden sind. Buddha ist in der Tradition über 80 Jahren geworden. Swami Sivananda ist Ende 70 geworden. Swami Nityananda und Swami Chidananda sind Mitte – Ende 90 geworden. Es gibt auch die alten [[Meister. Aber ist ein Swami Chidananda so viel besser als ein Shankaracharya? Nein! War eine Anandamayi Ma so viel besser als ein Ramakrishna oder Vivekananda, die relativ jung gestorben sind. Oder zumindest ist Vivekananda früh gestorben, ich glaube in seinen 40-er Jahren. Nein! Es hat nichts mit Spiritualität zu tun, ob der Körper gesund ist oder krank.

Der Körper hat seine Aufgaben

Körper hat sein Karma und hat sein Dharma. Du aber bist das Unsterbliche Selbst! Das nächste Mal, wenn du krank bist, beobachte den Körper wie du ein Auto betrachten würdest, dass gerade nicht so gut ist. Wenn dein Auto quietschende Bremsen hat oder wenn irgendwo der Vordersitz vor und zurückzuschieben ist oder wenn irgendwas anderes ist. Das bist Du nicht! Wenn nötig, gib dein Auto in die Werkstatt und lass es reparieren. Wenn nötig, gib den Körper zum Arzt und nimm ein Medikament oder behandle das Auto pfleglicher und behandle den Körper pfleglicher. Aber selbst wenn du den Körper eine Zeit lang nicht pfleglich behandelt hast, ist auch nicht so tragisch.

Wie weit spürst du dich mit allem verbunden

Krishna sagt: Du nimmst Körper an und du legst Körper ab. So wie du alte Kleider abträgst und neue Kleider aufträgst, so trägst du neue Körper auf und alte verlässt du wieder. Nicht so tragisch! Eine Manifestation von Vedanta ist „samatvam“- Gelassenheit und diese Gelassenheit kommt durch Nicht-Identifikation. Und gerade in Zeiten der Prüfung erkennst du, wie viel spürst du tatsächlich „Aham Brahmasmi“. Wenn Partnerschaftsprobleme da sind, wenn Probleme bei der Arbeit sind, wenn Krankheiten kommen. Da bewährt sich Vedanta.

Viveka Chudamani - Das Selbst leuchtet aus sich selbst heraus

Öffne dein Herz und lass es strahlen

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 211 von Sukadev Bretz -

Das Höchste Selbst (atman) leuchtet aus sich selbst. Es unterscheidet sich von den fünf Hüllen. Es ist Zeuge der drei Bewusstseinszustände, es ist reines Sein (sat), unveränderlich (nirvikara), makellos rein (niranjana), immerwährend/ewig glückselig/ ewige Wonne (sadanada). Der Weise muss erkennen, dass das Höchste sein wahres Selbst ist.

Du brauchst nichts um glücklich zu sein

Dieser Vers besteht aus wunderschönen Worten. In den letzten Versen hat Shankara viel darüber erzählt, wer wir nicht sind. In diesem Vers sagt er, wer wir sind. Wir sind das Unsterbliche Selbst und das gilt sich immer wieder bewusst zu machen. Das Selbst leuchtet aus sich selbst heraus, dass heißt es braucht nichts, es ist svayam-jyotih. Du brauchst nichts, um glücklich zu sein. Du brauchst nichts, um du selbst zu sein. Du bist das Unsterbliche Selbst. Du bist es jetzt und in jedem Moment. Du bist absolut unabhängig und frei. Die äußeren Umstände haben nichts damit zu tun. Verschieden von den fünf Hüllen (vilakshana), verschieden von Pancha, den fünf Hüllen. Egal, was körperlich oder energetisch passiert, egal, was mit deiner Psyche passiert, spielt keine so große Rolle. Du warst, bist und wirst das Selbst sein.

Daher sagt er auch Zeuge (Sakshi) der Dreiheit (Traya) der Bewusstseinszustände (Ayastha). Die drei Bewusstseinszustände sind:

Identifiziere dich nicht mit dem was kommt

Wenn du im Wachbewusstsein bist, egal ob es schön oder schlimm ist, weißt du, dass es spätestens beim Einschlafen vorbei ist. Dein Selbst ist unabhängig davon. Du existierst auch unabhängig von diesen Umständen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Lerne, was kommt und geht, zu betrachten und dich nicht zu sehr damit zu identifizieren. Denn du bist nirvikarah, unveränderlich, und niranjana, unbefleckt. Unveränderlich bist du, egal ob es dir gut oder schlecht geht, ob andere freundlich oder unfreundlich sind, ob du gerade Glück oder Pech hast, bist du nirvikarah, unveränderlich. Mache dir das bewusst.

Alles geht durch Veränderungen - du bleibst gleich

Der Körper geht durch Veränderungen, die Psyche geht durch Veränderungen, Energien gehen durch Veränderungen, Emotionen gehen durch Veränderungen. Du selbst bleibst gleich. Erfahre das, erkenne das.

Niranjana, du bist rein und unbefleckt. Das bedeutet, dass dich nichts so sehr berühren kann, dass du selbst nichts mehr machen kannst. Manche Menschen haben schlimme Erfahrungen, traumatische Erfahrungen, ganz grässliche Erfahrungen gemacht, sind aber ganz tief in der Seele trotzdem unberührt. Und auch wenn du ein schlechtes Gewissen hast, weil du etwas Falsches gemacht hast, bist du in der Seele unberührt. Du bist kein Sünder und auch wenn du etwas Schlimmes gemacht hast, kann dich das nicht berühren. Natürlich solltest du Gutes tun und wenn du Schlechtes tust, dann hat es eine karmische Auswirkung.

Glück ist wie die Sonne immer da

Wenn du unethisch gehandelt hast, dann wird das ein Karma erzeugen aber du selbst bist trotzdem unberührt. Löse dich von der Vorstellung, sogar nicht gut zu sein, falsch gehandelt zu haben, unethisch gehandelt zu haben. Du bist niranjana und sananda, ewige Wonne.

Manche Menschen sagen, dass sie nie mehr glücklich sein werden. Das ist unsinnig. Du bist immer glücklich, egal ob du es weißt oder nicht. Auch wenn die Sonne mal untergegangen ist, ist sie nicht weg. Die Erde hat sich zwischen die Sonne und dich gestellt. Du bist das unsterbliche Selbst. Die Wonne ist immer da. Sie ist von nichts abhängig. Es kann dir nichts genommen werden, was dir dauerhaft das Glück nehmen würde. Mache dir das bewusst. Glück ist immer da. Betrachte das (vijñeyaḥ). Erkenne dein eigenes Selbst (svātmatva). Dann bist du ein Weiser (Vipashchit)

Viveka Chudamani - Meditiere über das Selbst wieder und wieder

Stetige Meditation bringt dich deinem Selbst näher

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 525 von Sukadev Bretz -

Oh du große Seele/ Edler, indem du überall das Selbst siehst, dich als nicht-duales Selbst kontemplierst, nutze deine Zeit, um die Freude des Selbst zu genießen.

Denke immer wieder über das Selbst nach

Hier will uns Shankara auffordern, immer wieder nachzudenken über das Selbst und das Brahman. Ich weiß, dass er sich immer wieder wiederholt, aber die Wiederholungen sind notwendig. Wir müssen uns immer wieder daran erinnern. Nicht umsonst werden ja auch die Werbeanzeigen wieder und wieder geschaltet. Nicht umsonst gibt es die gleichen Plakate und die gleichen Slogans wieder und wieder. Man muss erinnert werden. Vieles andere erinnert dich. Aber vor allen Dingen diese Hörsendung, dieser Podcast, diese Rezitationen der Verse des Viveka Chudamani sollen dich immer wieder erinnern und ermutigen. Denke über deine wahre Natur nach. Du bist das unsterbliche Selbst, der Atman. Denke darüber nach, handle danach, verwirkliche es, wieder und wieder.

Meditiere täglich und halte ein paar Momente inne

Es gibt nicht nur die große Meditation. Es ist wichtig, dass du täglich meditierst und zum Beispiel, wenn du die Mantra Meditation übst, auch während der Mantra Meditation ein paar Momente innehältst, tief nach Innen gehst und dein Selbst erfährst. Einen Moment halte inne und nimm wahr, was du wahrnehmen kannst. Dann löse dich vom Wahrnehmbaren und gehe nach innen, du bist das Selbst.

Beim Halten der Asanas tief nach innen gehen

Wenn du Asanas übst, bleibe einen Moment in der Stellung, gehe tief nach innen. Spüre, dass da der Körper ist! Er ist in der Asana. Spüre den Atem, der abläuft! Spüre das Prana, die Lebensenergien! Aber dann sei dir bewusst: Ich bin das unsterbliche Selbst, der Atman. Ich bin der, der alles wahrnimmt. Genieße die Freude des Selbst.

Beim Pranayama leite das Prana durch den Körper

Wenn du Pranayama übst, dann achte darauf, dass du bei Kapalabhati fest ausatmest, schicke dein Prana in die verschiedenen Körperregionen. Wiederhole Mantras oder Affirmationen aber zwischendurch halte auch inne und spüre die Freude des Selbst.

Singe Mantras und sprich mit anderen mit ganzem Herzen

Wenn du Mantras singst, dann singe die Mantras mit Enthusiasmus, singe für Gott. Bitte Gott um Hilfe! Spüre dein Herz! Zwischendurch halte inne und spüre die Freude des Selbst. Wenn du mit anderen sprichst, dann sprich mit anderen. Überlege, wie du klug auf sie eingehen kannst, höre ihnen zu, sage deine Punkte gut. Aber zwischendurch stelle Herz-zu-Herz-Verbindungen her. Spüre das Selbst in dem anderen und in dir.

Bei jeder Tätigkeit im Alltag spüre das Selbst

Wenn du deine Arbeit tust, Computerarbeit, Haushalt, wenn du putzt oder dich um Patienten kümmerst, tue das. Zwischendurch bei Wartezeiten oder zwischen zwei Handlungen gehe nach innen, spüre das Selbst. Gehe nach innen, spüre das Selbst. Dehne deine Bewusstheit aus, spüre das Selbst. Mache Herzensverbindungen mit einem oder mehreren Menschen oder der Natur. Spüre das Selbst immer wieder. Die Erfahrung des Selbst ist nicht nur da, wenn du einmal im Ashram bist. Da ist sie natürlich besonders spürbar, aber sie ist auch im Alltag, zum Beispiel gerade jetzt erfahrbar.

Vollkommen im Selbst ruhend

Swami Sivananda - selbstverwirklichter Meister

- Abschnitt aus dem Buch: Yoga der drei Energien von James Swartz -

Ein selbstverwirklichter Mensch genießt ein Bewusstsein, das die Wahrnehmung von Körper, Geist, der Sinne und seiner Umgebung umfasst, ist aber nicht mit ihnen identifiziert. Das Wissen „Ich bin grenzenlose Existenz/Bewusstsein“ wurde vollständig verinnerlicht, weil es kein Gefühl der Trennung und ein spürbares Gefühl der Zufriedenheit gibt, das sich als Liebe zu jedem und allem ausdrückt, einschließlich des fehlerhaften Egos. Der nichtduale bhakta ist frei von Objekt-Liebe (und ebenso frei, Objekte zu lieben), weil die nonduale bedingungslose Liebe ihre eigene Frucht ist.

Dieser bhakta ist noch größer als eine edle Person, die intellektuell verstanden hat, dass sie das Selbst ist. Der vollständig selbstverwirklichte Mensch ist völlig zufrieden mit sich selbst, seinem Ego, seinen Möglichkeiten und seiner Lebenssituation, weil er das immer volle, überfließende Selbst ist.


Wer bin ich? - Das Selbst

Sich selbst erkennen aus Yoga Sicht

- Auszug aus dem Buch "Die ersten Stufen des Yoga" von Swami Sivananda -

1. Was sich inmitten all der Dinge, die sich verändern und wandeln, selbst nicht verändert und wandelt, ist von ihnen unterschieden. Deshalb ist das Ich-Bewusstsein, welches unverändert und als Einheit durch alle Verwandlungen des stofflichen Körpers und seiner gesamten Umwelt beharrt, von ihnen allen unterschieden. Ich, der ich als Kind vor so und soviel Jahren im Schoß meiner Eltern spielte und hüpfte und schlief, habe jetzt selbst eigene Kinder. Welches unveränderte und währende Teilchen Materie ist durch alle diese Jahre in meinem physischen Organismus ununterbrochen vorhanden geblieben? Besteht denn noch eine Identität zwischen meinem kindlichen Körper von einst und meinem ausgewachsenen von heute? Nur mein ICH hat sich nicht verändert. Es ist noch dasselbe wie einst. Wenn ich von mir spreche, sage ich immer Ich und nichts mehr oder weniger. Die Hüllen, in denen ICH glücklich bin oder jung, alt, schwarz, weiß, Brahmane, Sannyasin, sind nur zufällige Nebenumstände in dem ununterbrochenen Fortbestand des ICH. Sie sind immer fließend und wandelbar. Das ICH aber bleibt dasselbe. Die Umweltbedingungen ändern sich, aber sie umgeben immer dasselbe ICH, das wandelbar ist inmitten der ewigen Verwandlungen.
2. Haus, Stadt, Land, Erde, Sonnensysteme, in denen ICH lebe und mit denen ich mich identifiziere, dauern nur in Verbindung mit dem ICH, das durch alle ihre Wandlungen unberührt bleibt. Ich kann mir niemals weder meine Geburt noch meinen Tod bewusst vorstellen und niemals einen Anfang oder ein Ende erleben. Mein ICH ist tatsächlich die eigentliche Grundlage aller Existenz.
3. Frage irgendeinen und jeden, der im Dunkeln hinter einem Vorhang oder einer verschlossenen Tür steht: „Wer ist dort?" Jeder wird leidenschaftlich sofort antworten: „Ich bin es?" So stark ist der tief eingeprägte Charakter, der ungehemmte Ausbruch, die unwiderstehliche Äußerung des allbekannten ICH, dass es erwartet, von anderen ebenso selbstverständlich erkannt zu werden, wie es sich selbst erkennt.
4. Aus der wahren Natur des ICH folgt notwendig seine Unsterblichkeit als Teil seines Wesens. Was sich nicht wandelt, was in keiner Weise begrenzt ist, dessen Anfang und Ende wir nicht kennen, das ist notwendigerweise unsterblich.
5. Wir sagen: unsere Welt, unser Bewusstsein. Dass auch der andere ein Bewusstsein hat, dass auch der andere eine Welt hat, dass es überhaupt einen anderen gibt, ist ebenfalls nur unser Bewusstseinsinhalt. Da das für jede Einzelheit gilt, folgt daraus, dass alle diese „Jedermann" nur Einer sind und dass alle diese vielen Fälle von Bewusstsein, welche diese gesamte Erscheinung von Gedankenaustausch und Verkehr erst möglich machen, in Wirklichkeit nur das Eine sind, das verschiedene Gestalten annimmt.
6. Jeder hat das angeborene Gefühl: ,Ich existiere', Aham Asmi. Schließe deine Augen und stelle dir einen Augenblick vor, dass du tot seist. Es wird dir nie gelingen. Du wirst bei diesem Versuch immer deine Leiche beobachten, die da liegt. Das zeigt deutlich, dass du immer der schweigende Zeuge (Sakshi oder Drishta) oder das Subjekt bist.
7. Geburt und Tod betreffen den physischen Körper. Hunger und Durst sind Eigentümlichkeiten (Dharrnas) von Prana. Freude und Kummer (Harsha und Soka) sind Eigenschaften des Bewusstseins. Schlaf gehört der innersten der fünf Hüllen zu, welche die Seele umschließen (Anandamaya Kosha, Karana Sharira). Du aber bist etwas wesentlich anderes als diese Hüllen.
B. Du träumst manchmal, du seiest tot und deine Angehörigen weinen um dich. Also sogar in diesem scheinbaren Todeszustand siehst und hörst du sie weinen. Das beweist deutlich, dass auch nach einem scheinbaren Tod das Leben in Wirklichkeit fortdauert. Du existierst auch dann noch, wenn die physische Hülle abgelegt ist. Dieses Existierende ist Atma oder das große ICH.
9. In der Brihadaranyaka Upanishad (11, 4, 13) steht zu lesen: „Wodurch sollten wir denn wen sehen?" Das beweist eindeutig, dass Atman kein Gegenstand der Wahrnehmung ist. Atman ist immer das erkennende Subjekt. Da ist weder ein Handelnder noch ein Gegenstand des Handelns noch ein Werkzeug. Auf der physischen Ebene gibt es nur die Dreiheit (Triputi) der Sehende, das Sehen und das Gesehene. Wer kann den Erkennenden erkennen? Wie sollte man Ihn erkennen können, durch den doch alles erkannt ist? Du kannst ja auch den Sehenden des Sehens nicht sehen. Du kannst den Hörer des Hörens nicht hören. Du kannst den, der die Wahrnehmung wahrnimmt, nicht wahrnehmen. Du kannst den, der die Erkenntnis erkennt, nicht erkennen.
10. Glaube doch an die Herrlichkeit deines eigenen Selbst. „Das bist du". Dieses Atman wurde nie geboren und wird niemals sterben. Lass allen Aberglauben und Zweifel fahren. Brenne alle falschen Eindrücke (Samskaras) und falschen Erinnerungen aus. Mann und Frau können dieses Atman verwirklichen. Verbrenne alle falschen Unterscheidungen. Es gibt kein niedrig, kein hoch, kein groß, kein höher, kein niedriger, kein beseelt und kein unbeseelt. Schaue dein eigenes Selbst überall. Es gibt nichts außer dem Selbst.

Wie das Selbst entflieht

Vorstellung, wie das Selbst den Körper verlässt

- Abschnitt aus dem Buch: Was wird aus der Seele nach dem Tode - von Swami Sivananda -

Das Entfliehen des Selbst vom Körper hängt von den guten Taten des Jiva und dem Grad seiner erworbenen Erkenntnis ab. Wer beides in so großem Maße erworben hat, dass er die Sonnenwelt erreichen könnte, dessen Körper verläßt das Selbst durch das Auge; es entweicht durch den Kopf, wenn er in der Welt des Hiranyagarbha leben darf; entsprechend seinen Werken und seinem Wissen kann es ihn auch auf anderen Wegen verlassen.

Wenn das individuelle Selbst in die andere Welt entflieht, geht die Lebenskraft (Prana) mit ihm und auch alle anderen Organe. Das Selbst hat ein Eigenbewusstsein, das dem Traum ähnelt und wodurch seine Taten hervorgerufen werden. Es besitzt kein unabhängiges Bewusstsein. Wenn es ein unabhängiges Bewusstsein besäße, hätte jeder das Ende seines Lebens erreicht. Ein Mensch erlangt das, woran er im Augenblick des Todes denkt, wenn er sich immer mit dem Gedanken befasst hat. Jeder hat in diesem Augenblick ein Bewusstsein, das aus Eindrücken in Form von einzelnen Veränderungen in seinem Geist besteht.

Er geht dann in den Körper ein, der zu diesem Bewusstsein gehört. Um Handlungsfreiheit im Zeitpunkt des Todes zu haben, sollten die Aspiranten, die Befreiung erstreben, schon zu Lebzeiten sehr wachsam im Ausüben von Yoga und der Erlangung rechten Wissens und rechten Tuns sein.

Dem Selbst, das in die andere Welt geht, folgt sein Wissen nach. Es besitzt eine vollkommene Erkenntnis über alles Gebotene und Verbotene und trägt die Eindrücke seiner vormaligen Erfahrungen in seinem damals erlebten Tun mit sich. Diese Eindrücke spielen bei der charakterlichen Entwicklung des Jiva im nächsten Leben eine große Rolle.

Seine neuen Taten im nächsten Leben werden von diesen Eindrücken bestimmt, denn die Sinne haben in einer Sache, die sie noch nicht geübt haben, keine Fertigkeit; werden sie aber durch die Eindrücke von früheren Taten bestimmt, so können sie Fertigkeiten ohne Übung entwickeln. Es wird zum Beispiel allgemein beobachtet, dass einige Menschen schon von Geburt an in der Malerei sehr geschickt sind und selbst ohne jede Übung den besten Maler übertreffen. Andere dagegen können selbst nach langem Üben die gleiche Arbeit verrichten. Dies alles ist von dem Entstehen oder Nichtentstehen einer vormaligen Erfahrung abhängig.

Wissen, Werke und vormalige Erfahrungen sind die drei Faktoren, die die zukünftige Geburt eines Individuums bestimmen. Daher sollte man Tugenden entwickeln und gute Werke tun, um in einem gesunden und schönen Körper wiedergeboren zu werden.

Die Organe sind alldurchdringend und allumfassend. Der Grad ihrer Begrenzung durch den Körper und die Elemente ist von Wissen, Werken und der vormaligen Erfahrung abhänging. Darum vergröbern oder verfeinern sich die Organfunktionen in Übereinstimmung mit ihnen, obwohl die Organe in ihrer Natur alldurchdringend und unendlich sind.

Wie ein Blutegel, wenn er zur Spitze des Strohhalmes gelangt ist, einen andern Anfang ergreift und sich selbst dazu hinüberzieht, so ergreift auch das Selbst, nachdem es den Leib abgeschüttelt und ihn bewusstlos gemacht hat, einen anderen Anfang und zieht sich selbst dazu hinüber.

Wie ein Goldschmied eine kleine Menge Gold beiseite nimmt und eine andere, neuere und bessere Form gestaltet, so auch dieses Selbst; wenn es den Körper abgeworfen und ihn bewusstlos gemacht hat, schafft es eine andere, neuere, schönere Gestalt, sei es die der Väter, der Gandarven (Himmlischen), der Götter oder des Hiranyagarbha.

Begierden sind die Hauptursache für die Seelenwanderung. Wenn die individuelle Seele mit Wünschen gebunden ist, erlangt sie die Erfüllung dieser Wünsche, die durch diesen feinen Körper oder Geist ermöglicht werden. Nachdem sie die Vergeltung für die Werke in diesem Leben empfangen hat, kehrt sie aus jener Welt in diese Welt des Werks zurück. So geht es dem Menschen, der verlangt. Ein wunschloser Mensch, der frei von Verlangen ist, wird nicht mehr wiedergeboren. Wer ohne Wünsche ist, gestillten Verlangens, wer keinen anderen Wunsch als Selbsterkenntnis hat, dessen Organe ziehen nicht aus, da er Brahman ist, und in Brahman geht er auf. Wer Brahman erkannt hat und wunschlos geworden ist, den können keine Werke mehr beflecken, denn die Sruti sagt: „Wer aber wunschgestillt, wes Selbst bereitet, dem schwinden alle Wünsche schon hienieden.“ (Mundaka-Upanishad 3,2,2)

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

Meditation

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Das Yogasutra Patanjalis bietet eine Fülle von Anregungen zur Meditations- und Yogapraxis. Darüber hinaus enthält der Text eine umfassende lebenspraktische Philosophie, die den Übenden zur Verwirklic…
Karuna M Wapke