Bewusstseinszustand

Aus Yogawiki

Bewusstseinszustand Zustand des Bewusstseins

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Außergewöhnliche Bewusstseinszustände

Mögliches Alltagsbewusstsein
Bewusstseinserweiterung

- Abschnitt aus "Die Kundalini Energie erwecken" von Sukadev Bretz -

Der Mensch ist ein hoch komplexes Wesen, das zu einer Vielzahl von Erfahrungen fähig ist. Unser Alltagsbewusstsein, in dem wir die physische Welt wahrnehmen, in Worten und Bildern denken, Gefühle haben, die sich auf tatsächliche oder eingebildete Erfahrungen begründen, ist nur eine der vielen Möglichkeiten des Bewusstseins. Meist unreflektiert denken die meisten Menschen, dass dieses „Alltagsbewusstsein“ das Normalbewusstsein ist. Wenn Menschen andere Erfahrungen machen, die dem Alltagsbewusstsein nicht entsprechen, bekommen sie Angst und befürchten, verrückt zu werden beziehungsweise in eine Psychose zu geraten.

Jeder Mensch hat nicht nur eine Bewusstseinserfahrung, sondern recht viele. Yogis unterscheiden vier Hauptbewusstseinsformen und zahllose Zwischenbewusstseinsformen. Die vier Hauptbewusstseinsebenen sind Wachbewusstsein, Traumbewusstsein, Tiefschlafbewusstsein, Überbewusstsein.

Im Wachbewusstsein gibt es die Subjekt-Objekt-Spaltung: Der Mensch ist sich seiner selbst bewusst, ist sich der Umwelt bewusst, sieht einen Unterschied zwischen sich, der Welt und natürlich den anderen Geschöpfen. Er nimmt die Welt in Zeit und Raum, in fünf Sinneskategorien wahr. Im Unterschied zum Tier kann er dabei auch logisch denken und analysieren.

Im Traumbewusstsein schafft der Mensch eine Welt aus seinem Unterbewusstsein, identifiziert sich mit einer der Figuren, die er selbst geschaffen hat, und nimmt die Welt vom Standpunkt dieser Figur aus wahr. Manche Träume gleichen in vielerlei Hinsicht der Wachwelt. Andere folgen ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten, bewegen sich jenseits der Grenzen von Zeit und Raum und können ganz diffus sein. Normalerweise wird jedoch die Traumwelt subjektiv in den Kategorien von Raum und Zeit erlebt, auch wenn das Zeitempfinden im Traum ein ganz anderes als im Wachzustand ist. Es gibt die Subjekt-Objekt-Spaltung. Erfahrung geschieht über die fünf Sinne.

Im Tiefschlaf verschwindet die Subjekt-Objekt-Spaltung. Es gibt nichts Wahrnehmbares und keinen Wahrnehmenden. Es gibt überhaupt kein bewusstes Erleben. Die vierte Ebene, Turiya (wörtlich: „der Vierte“) genannt, wird meist mit „Überbewusstsein“ übersetzt. Das reine Überbewusstsein ist das Bewusstsein der Einheit: Die Subjekt-Objekt-Spaltung ist überwunden, es gibt keine Gedanken, keine Sinneswahrnehmungen, sondern allein das Bewusstsein allumfassender Einheit. Es ist wie der Tiefschlaf, allerdings bei vollem Bewusstsein, besser gesagt, bei unendlichem Bewusstsein. Es ist Bewusstsein an sich, ohne Subjekt und Objekt. Im Buddhismus wird es als Nirwana, „Nichts“, bezeichnet, da es nichts ist, was wir uns vorstellen können. In der christlichen Mystik heißt es Unio Mystica, mystische Einheit. Im Yoga hat dieser Zustand zahllose Namen, beispielsweise Purna, Fülle, Unendlichkeit, Nirvikalpa Samadhi, Unmani Avastha, Asamprajnata Samadhi.

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen den ersten drei Bewusstseinsebenen und der vierten: (Fast) alle Menschen erfahren täglich die ersten drei Bewusstseinsebenen. Die vierte wird allerdings nur von wenigen erfahren. Manche kommen von selbst zu diesem Erleben der Einheit, die meisten durch systematisch geübte spirituelle Praktiken.

Die vier Bewusstseinsebenen sind nicht als gleichberechtigte Ebenen zu verstehen, sondern als Hierarchie: Tiefschlafbewusstsein ist die niedrigste Ebene. Traumbewusstsein ist die zweite Ebene. Wachbewusstsein ist dem Traumbewusstsein überlegen: Im Wachbewusstsein erkennt man, dass die Traumwelt „nur“ ein Traum, eine Illusion war und aus dem eigenen Geist geschaffen wurde. Wenn man im Traum von einem Tiger verfolgt wurde und aufwacht, sagt man sich: „Es war nur ein Traum.“

Das Überbewusstsein wiederum ist dem Wachbewusstsein überlegen. Vom Standpunkt des Überbewusstseins ist das Wachbewusstsein wie das Traumbewusstsein. Die so genannte Wachwelt ist auch nur Illusion. Die Kategorien Zeit und Raum sind Illusion. Welt und Individuum sind in Wahrheit nur Manifestationen von Bewusstsein (Shiva) und reiner Energie (Shakti), die letztlich eins sind, jenseits von Zeit und Raum.

Es gibt einen Unterschied zwischen Wachbewusstsein und Überbewusstsein im Verhältnis zum darunter liegenden Bewusstseinszustand: Wenn man vom Wachbewusstsein aus einschläft und träumt, kann man alles dabei Erfahrene im Wachbewusstsein wieder vergessen. Man kann also wieder in den gleichen Alptraum rutschen und wieder vor dem gleichen Tiger angsterfüllt davonlaufen. Wenn man dagegen einmal im vollen Überbewusstsein gewesen ist, wird diese Erfahrung der Einheit auch im Gedächtnis bleiben, wenn man wieder in das Wachbewusstsein zurückkommt. Auch wenn man die Welt wieder in Zeit, Raum, Sinneswahrnehmungen, Gedanken und Erinnerungen wahrnimmt, bleibt die Erkenntnis aus dem Überbewusstsein: „Alles ist eins.“

Es ist ähnlich wie bei einer optischen Täuschung: Wenn man sie einmal durchschaut hat, wird man von ihr nicht mehr getäuscht, auch wenn man weiter in der Lage ist, zu erkennen, warum andere dadurch getäuscht werden. So führt das Überbewusstsein zu Moksha, zur Befreiung, und zu Jnana, zur Erkenntnis. Diese Erkenntnis der Einheit führt den Selbstverwirklichten zur Erfahrung universeller Liebe, wenn er im Normalbewusstsein handelt. Swami Sivananda nennt dies das „Doppelbewusstsein“ des Jivanmukta, des lebendig Befreiten. Er vermag zum einen, die Welt so zu sehen, wie jeder andere im Wachbewusstsein. Zum anderen bleibt die Erinnerung aus dem Überbewusstsein, dass letztlich alles eins ist, alles miteinander verbunden, dass jedes individuelle Bewusstsein Ausdruck des einen, allumfassenden Kosmischen Bewusstseins ist.

Eine Analogie ist das „luzide Träumen“, bei dem der Träumer weiß, dass er träumt. Er sieht zwar die Traumwelt, sieht sich selbst in der Traumwelt, weiß aber, dass alles Traum ist und seinem Unterbewusstsein entspringt. So kann er das Träumen genießen, Erkenntnisse gewinnen, sich aber ganz frei fühlen. Und er kann aufwachen, wann immer er es möchte. So ist es auch mit dem Jivanmukta. Er weiß: Alles ist Manifestation der Kosmischen Shiva-Shakti. Er sieht jedoch die Welt auch in der Dualität. So kann er in der Welt sein Karma ausarbeiten, relative Erkenntnisse gewinnen, anderen in der Dualität helfen. Und er kann in der Meditation jederzeit vollständig in den vierten Bewusstseinszustand, ins Überbewusstsein, wechseln.

Zwischen den vier beschriebenen Hauptbewusstseinszuständen gibt es eine Reihe anderer Bewusstseinszustände. Tagträume beispielsweise sind zwischen Wachen und Träumen angesiedelt, ebenso die für Autofahrer so gefährlichen Döszustände. Von besonderem Interesse sind die so genannten außergewöhnlichen Bewusstseinszustände zwischen Wachen und Überbewusstsein oder auch zwischen Überbewusstsein und Traumbewusstsein. Die verschiedenen außergewöhnlichen Bewusstseinszustände befinden sich zwischen Wach-, Traum- und Überbewusstsein:

Die außergewöhnlichen Bewusstseinszustände können auf verschiedene Weisen entstehen. Der Yoga-Meister Patanjali schrieb im Yoga Sutra vor etwa 2000 Jahren: „Siddhis sind

(1) angeboren, kommen durch
(2) Aushadhi (medizinische Kräuter, Drogen),
(3) Mantras,
(4) Tapas (spezielle Praktiken, Disziplin, Askese) oder
(5) Samadhi (höhere Meditation).“

Siddhis kann man sowohl als außergewöhnliche Fähigkeiten als auch als außergewöhnliche Bewusstseinszustände verstehen. Patanjali beschreibt also fünf verschiedene Weisen, in diese außergewöhnlichen Bewusstseinszustände zu gelangen:

(1) Von selbst: Manche Menschen haben ganz natürlich die Fähigkeit, in andere Bewusstseinszustände zu kommen. Das kann in unserer Gesellschaft sehr problematisch sein, weil dies oft pathologisiert, also als Krankheit angesehen wird und weil wenig Verständnis dafür existiert, und noch weniger Wissen, wie man damit umgeht.
(2) Aushadhi (medizinische Kräuter, Drogen): Weil Menschen intuitiv wissen, dass die Erfahrung des Normalbewusstseins nicht alles sein kann, versetzen sich viele mittels Rauschmitteln auf künstliche Weise in Rauschzustände. Interessanterweise werden in fast allen Kulturen bewusstseinsverändernde Rauschmittel verwendet. Diese reichen von alkoholischen Getränken über Pilze, Pflanzen, Wurzeln, zu den Mohnprodukten Opium, Heroin, Kokain bis zu synthetischen Drogen wie Ecstasy. Die Einnahme bewusstseinsverändernder Drogen kann sehr gefährlich sein, auch wenn seltene Rituale mancher schamanistischen Kulturen diesen Weg gehen. Die meisten spirituellen Traditionen (klassisches Yoga, wie es auch bei Yoga Vidya gelehrt wird, Buddhismus und so weiter) verzichten auf die Einnahme von jeglichen bewusstseinsverändernden Substanzen beziehungsweise verbieten sie sogar. Und zwar aus gutem Grund: Erstens können die Substanzen abhängig machen, zweitens Psychosen erzeugen, drittens die Hirnfunktionen/den Geist dauerhaft schädigen. Und viertens ist die so erlangte Bewusstseinsveränderung nur vorübergehend: Oft sieht der Alltag anschließend umso grauer aus.
(3) Mantras: Im weiteren Sinne sind hier neben den klassischen Mantras auch Rituale, Musik und Tanz gemeint. Menschen erfahren in der katholischen Messe andere Bewusstseinszustände. Viele neuapostolische und evangelikale Kirchen, die besonders in Afrika und Amerika großen Zulauf haben, nutzen Gesang, Musik, Tanz, Trommeln und so weiter und erzeugen damit veränderte Bewusstseinszustände. Fast alle Stammesreligionen und schamanistische Kulturen kennen das. In der westlichen Jugendkultur suchen junge Menschen in Tanz, Musik und Gruppenerlebnissen bewusst oder unbewusst veränderte Zustände des Bewusstseins.
(4) Tapas (Spezielle Praktiken, Askese): Viele spirituelle Systeme kennen diverse Praktiken, die zu veränderten Bewusstseinszuständen führen. Dazu können Fasten, Schweigen, Schlafentzug, Kasteiungen, Körper- und Atemübungen gehören. Gerade im Kundalini Yoga gibt es eine Fülle von Übungen. Hier geschieht dies allerdings weniger durch Entzug, beispielsweise von Nahrung, Schlaf oder Sprechen, oder gar über körperliche Kasteiungen, wie sie im christlichen Mittelalter und noch heute in einigen christlichen Klöstern üblich waren oder sind, sondern durch Übungen, die die Lebensenergien, das Prana, erhöhen. Wenn das Prana erhöht wird und vermehrt durch die Sushumna, die feinstoffliche Wirbelsäule, fließt, und die Chakras öffnet, erweitert sich das Bewusstsein. Der Übende erfährt höhere Ebenen der Existenz. Der Vorteil bei den Kundalini-Yoga-Praktiken: Wenn der Übende anschließend aus der wonnevollen höheren Bewusstseinsebene in das Normalbewusstsein zurückkehrt, bleibt das Mehr an Prana, das Mehr an Lebensenergie erhalten. So kann er das Gefühl von Kraft, Liebe und Freude konkret in den Alltag bringen. Auch moderne psychotherapeutische Techniken wie Rebirthing und Holotropes Atmen gehören zur Kategorie der Tapas: Mittels bestimmter Übungen soll Zugang zu anderen Bewusstseinsebenen erlangt werden. Diese Techniken haben allerdings nicht diese aufladende Wirkung auf das Prana.
(5) Samadhi (höhere Stufen der Meditation): Samadhi an sich ist Überbewusstsein. Meditation mündet nach langer Übung irgendwann in Samadhi. Es wird definiert als Zustand, in dem die Subjekt-Objekt-Spaltung überwunden wird. Von Samadhi gibt es wieder verschiedene Stufen. Der höchste Samadhi, Asamprajnata Samadhi, auch Nirvikalpa Samadhi genannt, ist gleichbedeutend mit Turiya, dem höchsten Bewusstseinszustand der vollständigen Einheit.

Man kann die außergewöhnlichen Bewusstseinszustände in erweiterte, höhere und tranceartige Bewusstseinszustände unterteilen.

Die tranceartigen, ekstatischen Bewusstseinszustände stehen zwischen Traumbewusstsein, Überbewusstsein und Wachbewusstsein. Der Mensch erfährt die Wirklichkeit auf veränderte Weise. Er kann unempfindlich gegenüber Schmerzen, Hitze und Kälte werden. Er kann gesteigerte Kreativität erleben, neue Erkenntnisse gewinnen, Zugang zu Astralwelten erhalten, Engel und Geister sehen, in frühere Leben gehen, heilerische Fähigkeiten entwickeln. Er kann aber auch Halluzinationen bekommen und Trugbilder erfahren. Die Unterscheidung zwischen Halluzination und Schau einer anderen Wirklichkeit ist gar nicht so einfach. Manchmal erinnert man sich nachher nicht mehr an die Erfahrung während der Ekstase, sie ist oft nur wie ein unwirklicher Traum vorhanden. Auf das Verlassen dieser tranceartigen Bewusstseinszustände folgt oft eine Phase der Erschöpfung. Die Tranceerfahrungen können zwar durchaus heilend sein, sind aber für den spirituellen Weg nicht notwendig. Man kann zur Gottverwirklichung kommen, ohne jemals tranceartige Bewusstseinszustände erfahren zu haben. Im klassischen ganzheitlichen Yoga werden Tranceerfahrungen nicht besonders geschätzt, erzeugt oder gar für notwendig erachtet. Gelegentlich in langen Tiefenentspannungen, manchmal auch während enthusiastischem Mantrasingen in großen Gruppen, in seltenen Fällen auch bei langem Pranayama können auch Yoga-Übende in Trance oder Ekstase fallen. Dabei können die Übenden heilende Erkenntnisse gewinnen und sie sind danach auch wieder ganz „normal“.

Die erweiterten, höheren Bewusstseinszustände stehen zwischen Wachbewusstsein und Turiya, Überbewusstsein. Der Mensch ist voll bewusst, ja die Bewusstheit ist um ein Vielfaches gesteigert. Obgleich Bewusstsein an sich keine Eigenschaften hat, wird es erfahren als Satchitananda, als absolutes und damit unendliches Sein (Sat), Wissen (Chit) und unendliche Glückseligkeit (Ananda). Im Tiefschlaf erfährt der Mensch dieses Satchitananda fast gar nicht. Er weiß (Chit) nicht, dass er existiert (Sat) und erfährt keine bewusste Wonne (Ananda). Im Traumschlaf gibt es ein klein wenig mehr Satcidananda. Im Wachbewusstsein ist das Satchitananda stärker: Der Mensch weiß, dass er existiert (Sat), wenn auch als beschränktes Wesen (daher beschränktes Sein). Er ist sich bewusst und weiß einiges von der Welt (Chit). Er erfährt verschiedene Formen von Vergnügen und Freude (vorübergehendes und beschränktes Ananda). Im höchsten Überbewusstsein gibt es absolutes Sein und damit die Erfahrung der Unendlichkeit. Es gibt absolutes Bewusstsein und unendliches Wissen. Es gibt reine, unendliche, ewige Wonne.

Jede Form des höheren Bewusstseins ist eine Ausdehnung in Richtung Satchitananda. Das ist auch das Merkmal, mit dem man höhere Bewusstseinszustände von Trancezuständen unterscheidet.

In höheren Bewusstseinszuständen gilt daher:

  • Es herrscht eine erweiterte Seinserfahrung (Sat): Bewusstseinserweiterung, Verbundenheit, Liebe.
  • Es gibt ein höheres Wissen (Chit): Neue Einsichten kommen, kreative Einfälle, es kann einem vieles klar werden, Sinnzusammenhänge können verstanden werden, Sinn und Zweck des eigenen Lebens und des Weltalls werden plötzlich intuitiv verstanden, ohne in Worte gefasst werden zu können.
  • Ananda wird erlebt: unendliche Freude, verbunden mit Liebe.

Nach der Rückkehr aus einem höheren Bewusstseinszustand zum Normalbewusstsein wird man noch eine ganze Weile von dieser Freude, dieser Liebe, Inspiration und Kraft erfüllt sein.

In Trancezuständen ist eine Mischung aus intuitiven Erkenntnissen aus anderen Ebenen und Traumbildern/Halluzinationen möglich.

In höheren Bewusstseinszuständen gelangt man zu höheren Ebenen des direkten, intuitiven Wissens. Allerdings kann auch das beim Zurückkehren ins Normalbewusstsein falsch gedeutet werden. Denn Wissen in höheren Zuständen funktioniert nicht über Worte, sondern über intuitive Gewissheit.

Was hat das alles nun mit Kundalini zu tun? Kundalini steckt hinter jeder Form von Erfahrung. Der individuelle Schwingungszustand der Kundalini bestimmt, welches Spektrum von Erfahrungen möglich ist.

Die zwei Arten von außergewöhnlichen Bewusstseinsveränderungen stehen mit der Kundalini in folgendem Zusammenhang: Bei Tranceerfahrungen bleibt die Kundalini im Muladhara-Chakra, selbst wenn sie aktiver wird und zu starken Energiemanifestationen führt. Die entstehenden Phänomene hängen mit Prana, individuellem Unterbewusstsein und kollektivem Unterbewusstsein zusammen. Bei Überbewusstseinserfahrungen erwacht die Kundalini und tritt in die Sushumna ein.

Daneben können außergewöhnliche Erfahrungen auch im normalen Wachbewusstsein geschehen. Beispielsweise kann man in einer Yoga-Übung Energieströme in den Fingern und Handflächen spüren, ein angenehmes Kribbeln im Punkt zwischen den Augenbrauen oder eine Wärme im Herzen.

Im engeren Sinne sind echte Kundalini-Erweckungserfahrungen stets mit einer Erweiterung des Bewusstseins verbunden. Auch umgekehrt gilt: Jede Bewusstseinserweiterung ist mit einer Erweckung der Kundalini verknüpft. Auch bei Tranceerfahrungen oder außergewöhnlichen Wahrnehmungen im Wachbewusstsein mag die Kundalini aktiv geworden sein. Allerdings gilt das nur als Teilerweckung. Die Kundalini verlässt dabei das Muladhara Chakra nicht.

So möchte ich hier zwischen eigentlicher Kundalini-Erweckung im engeren Sinne, die mit erweitertem Bewusstsein und Aufsteigen der Kundalini in die Sushumna verbunden ist, und anderen außergewöhnlichen Erfahrungen in Trance und Wachbewusstsein, bei der die Kundalini im Muladhara Chakra bleibt, unterscheiden.

Leider wird diese Unterscheidung oft vernachlässigt. Jede Form von außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen und Energieerfahrungen im Wachzustand wird dann als „Kundalini-Erfahrung“ gedeutet. Darüber hinaus werden modernere psychotherapeutische Techniken, die zu Formen der Tranceerfahrung führen, als „Kundalini-Yoga des Westens“ bezeichnet. Dies entspricht nicht dem, was die klassischen Schriften und die klassischen Meister unter Kundalini Erweckung verstehen.

Ich will im Folgenden auf verschiedene Erfahrungen eingehen, die Menschen auf dem spirituellen Weg machen können und dabei Tipps geben, wie man damit umgehen kann. Es gibt so viele Wege, wie es Pilger gibt. Wenn man einen Berg besteigen will, gibt es unterschiedliche Pfade zum Gipfel. Oben auf dem Gipfel treffen alle zusammen. Die Wege und damit auch die Erfahrungen bis zum Gipfel sind unterschiedlich. Manche Übenden haben heftigere Erfahrungen, manche ruhigere. Manche haben jahrelang überhaupt keine außergewöhnlichen Erfahrungen, merken nur, dass sie ruhiger werden, mehr Kraft für den Alltag haben und mit sich selbst und anderen liebevoller umgehen. Andere gehen durch viele Hochs und Tiefs. Die folgenden Ausführungen sind sowohl für Übende, als auch für Lehrende und Therapeuten gedacht.

Die zwei Einstellungen oder Bewusstseinszustände - Erläuterungen von Sri Yogi Gauri Prasad

Auszug aus dem Buch „Tantra Yoga, Nada Yoga and Kriya Yoga“ von Swami Sivananda, Buch I - Tantra Yoga, 5. Auflage, 2000, Shivanandanagar, S. 63 - 69. Divine Life Society

Bewusstsein hat zwei Einstellungen, eine innere (Antarmukhi) und eine nach außen gerichtete (Bahirmukhi). In seiner inneren Einstellung und in seiner vollständigsten Bedeutung ist es mit einer Erfahrung verbunden, in der es weder Subjekt noch Objekt gibt. In der äußeren Einstellung wird allmählich das Objekt oder das "Dies" (Idam) erfahren, anfangs als Teil seinerselbst und später außerhalb seinerselbst. Es gibt eine Polarisation im (ersten) Unitären Bewusstsein von "Ich" und "Dies", dem erfahrenden Subjekt und seiner Welt. Das letztere ist genauso real wie wie das erstere, welches es ja wahrnimmt, aber da beide vorrübergehend und vergänglich sind und sich wandeln und verändern, ist ihre Realität relativ. Das absolut Wirkliche, was die Allerhöchste Erfahrung darstellt, ist vollkommene, zeitlose, raumlose, endlose Beständigkeit. Die Entwicklung von Bewusstsein wurde in den Shakta Shastras mit der Einteilung in 36 Tattvas oder Stufen von Geist und Materie genaustens erklärt, mit allen Verwicklungen und Komplikationen und mit ihren eigenen technischen Begrifflichkeiten. Sie zeigen sogar den Ursprung von Purusha und Prakriti auf. Tatsächlich bezeichnen die Purusha und Prakriti Tattvas lediglich die Entwicklungs- oder Schwingungsstufe, auf der das "Dies" (Idam) oder Objekt des "Ich" (Aham) aus dem Selbst geschleudert und somit verschieden davon wird. Mit anderen Worten, Sie (Purusha und Prakriti) sind die unmittelbare Wurzel der empirischen Realität, aber diese Wurzel selbst findet ihren Nährboden in dem Bewusstsein, welches letztlich Samvit (die Allerhöchste Erfahrung - Chidrupini) ist. Dies ist Maya Shakti für den Shakta. In einem Aspekt ist Sie die ultimative unveränderliche Realität, in dem anderen entwickelt Sie sich zu den Formen der Welt und tritt auch als solche in Erscheinung.

Es gibt also eine wirkliche, wenn auch unbeständige, Vielfältigkeit in einer realen und beständigen Einheit. Ohne Zweifel kann dieser Lehrsatz nicht logisch erklären, wie die Göttin (Shakti Devi) einerseits unveränderlich ist und sich andererseits doch wandelt. In dieser Hinsicht läuft die Maya von Shankaracharya, welche ja weder real noch unreal ist, der Logik zuwider. Die höchste Wahrheit ist unlogisch. Der Shakta sagt: "Besser, ich akzeptiere beides, die Realität der sich wandelnden Welt, welche uns ja von Maya in unserer Alltags-Erfahrung auferlegt wird, genauso wie die Realität des Unveränderlichen, welche ja im Yoga erfahren wird." In der spirituellen Erfahrung verschwindet das Problem. Und so sagt Shiva im Kularnava Tantra: "Einige begehren vorzugsweise den Dualismus (Dvaitavada) und andere wiederum den Monismus (Advaitavada). Beide Richtungen jedoch wissen nicht um Meine Wahrheit, die jenseits von Monismus und Dualismus liegt (Dvaitadvaitavivarjita)." Die Shakta Tantras sind eine Form der Advaita Veden. Alle Verehrer sind praktische Realisten, wie auch immer ihre Glaubenslehre sein mag. Ein Shakta betet zur Mutter (Durga Devi) und weiß, dass das "Eine" für ihn in Erscheinung tritt in Form oder Gestalt der Mutter. Dieses Merkmal der Shakta-Glaubenslehre ist im Devi Bhagavatam sehr gut geschildert. Die Erzählung lautet wie folgt:

Als Shiva seinem Weib Sati Devi die Erlaubnis verweigerte, dem Yajna ihres Vaters Daksha beizuwohnen, obwohl sie wiederholt darum ersucht hatte, nahm die Jagadamba Devi, die sah, dass Hochmut sich ihres Gatten bemächtigt hatte, eine gar schreckliche Gestalt an, mit dem Ziel, diese Eitelkeit zu zerschmettern. Nachdem sie für einen Moment nachgedacht und Ihre Gedanken abgewogen hatte, öffnete Sati Ihre drei schrecklichen Augen und überflutete Shankara (Shiva) mit Trugbildern. Shiva hielt inne und schaute die Devi an, wie Sie mit Ihren vor Zorn geöffneten Lippen vor ihm stand, mit Augen, die von zerstörerischem Feuer nur so glühten. Als Sie sich auf diese Weise angeschaut fühlte, zeigte die Devi plötzlich den schrecklichen Zahn in Ihrem fürchterlichen Mund und lachte laut auf. Shankara Mahadeva erstarrte vor Angst, als er den furchterregenden Klang IhresLachens hörte. Mit größter Anstrengung öffnete er Seine drei Augen und sah den welt-erschreckenden Aspekt der Jagadamba. Als Er so auf Sie sah, verlor Ihr Körper sogleich ihre goldene Farbe und nahm jene dunkle Masse von zermahlener Augenlider-Farbe (Anjana) an. Da stand Sie, eine Erscheinung, nackt wie ein leerer Raum, mit zerzaustem Haar, heraushängender Zunge und vier Armen. Schrecklich wütend war sie, schweißgebadet (vor Wut) und mit einem furchterregenden Antlitz, eine Girlande von Totenköpfen um Ihren Hals, Ihren Kopf geschmückt mit der Brillanten-Krone und einer Mondsichel, die hell wie 10 Millionen Sonnen leuchteten. Ihre Stimme erklang laut wie Donnerhall. So also, in dieser schrecklichen Erscheinung, stand die Sati vor dem Mahadeva, selbst von der Unmasse Ihrer eigenen strahlenden Tejas (Energien) geblendet, und stieß ein schallendes Gelächter aus. Als Shankara diese wundersame Erscheinung der Devi wahrnahm, verließ ihn alle Selbstkontrolle und von Panik ergriffen suchte er, in alle Richtungen zu fliehen. Als die Devi Ihn, Shiva, auf diese Weise von Angst erfasst sah, stieß sie weiter ein um's andere Mal Ihr schreckliches, schallendes Lachen hervor, rief aber, um Ihn zu beschwichtigen: "Fürchte Dich nicht! Fürchte dich nicht!" Doch als der Mahadeva diese Schreie und das schallende Gelächter hörte, rannte er wieder verzweifelt flüchtend in alle Richtungen. Aber in welche Richtung er auch rannte, immer wieder sah er eine furchterregende Gestalt vor sich. Nachdem er so in alle zehn Regionen der Himmel gerannt war, fand er, dass er nirgends sicher war; so setzte er sich schließlich auf die Erde und schloss Seine drei Augen; und als Er sie wieder öffnete, sah er Syama (die schwarze Dame) vor sich, mit lächelnder Miene, Ihre Augen weit geöffnet und schrecklich und Ihr Haar zerzaust. Mahadeva fragte Sie, als er Sie so vor Sich sah, angstbesorgt: "Wer seid Ihr, Syama? Wo ist mein geliebtes Weib Sati hingegangen?"

Die Devi sagte: "Mahadeva, Ich bin Eure Sati, Ich, die Ich hier vor Euch stehe. Warum ist Euer Geist heute so verwirrt? Komme ich Euch denn anders vor als Eure Sati?"

Shiva antwortete: "Wenn Ihr wirklich Meine geliebte Sati (Tochter von Daksha) seid, warum seid Ihr dann schwarz geworden und seht so schrecklich aus? Wer sind diese schrecklichen Formgestalten, die in allen Richtungen um mich stehen? Welche von all denen seid Ihr dann? Erzählt mir alles, denn diese wundersamen Gestalten haben mich zutiefst erschreckt."

Und Sati sprach: "Ich bin die feinstoffliche (jenseits aller Worte und Gedanken) Mula Prakriti, die, die erschafft und zerstört. Um mein Versprechen einzulösen, was Ich Euch vor Ewigkeiten gegeben habe (um Euch für Euren Tapasya zu segnen), inkarnierte ich mich als schönes Mädchen im Hause Dakshas, bloß um Euch zu bezaubern und zu meinem Gatten zu machen. Ich habe diese furchteinflößende Erscheinung heute angenommen, allein nur um Daksha zu erschrecken. Diese zehn schreckenerregenden Gestalten, welche Ihr in jeder der zehn Richtungen der Himmel wahrgenommen habt, sind alle Aspekte Meinerselbst. Doch als ich Euch in so großer Angst sah, wie Ihr Euch in alle Richtungen drehtet, stellte Ich Mich vor Euch, um sie vor Euch abzuschirmen, diese Formen und Gestalten Meinerselbst."

Shiva sagte: "Ihr seid die feinstoffliche Mula Prakriti, die, welche erschafft, erhält und zerstört. Es ist unmöglich, Euch, die Ihr jenseits aller Worte und Gedanken seid, zu kennen. Da Ich Euch also durch große Trugbilder und Illusion nicht erkannte, habe Ich unerfreuliche Worte wider Euch gesprochen. Daher bitte Ich Euch für das Vergehen, das ich so verübt habe, um Entschuldigung, o Paramesvari. Wollt Ihr mir nicht die Namen von all diesen Euren zehn furchterregenden Gestalten nennen, welche in jeder der zehn Himmelsregionen stehen?"

Devi antwortete: "Die Gestalt von dunkler Hautfarbe mit den schrecklichen Augen, welche Ihr vor Euch seht, ist Kali. Die von Syama (dunkelblauer) Hautfarbe, welche Ihr über Euch seht, ist Mahamaya Tara, das wahre Abbild von Mahakali. Die magere, verarmt aussehende und ganz schrecklich anzusehende Devi, welche Ihr zu Eurer rechten Seite seht, O hochseliger Mahadeva, ist Mahavidya Chinnamasta. O Shambhu, die Devi zu Eurer Linken Seite ist Bhuvanesvari. Die, welche hinter Euch steht, ist Devi Bagalamukhi, die Zerstörerin der Feinde. Jene, welche als Witwe im Süd-Osten in Erscheinung tritt, ist Devi Mahavidya Dhumavati, eine große Isvari. Die Devi im Süd-Westen ist Tripasundari (Kamala). Im Nord-Westen steht Malangi und im Nord-Osten Mahavidya Shodasi, eine andere große Isvari. Die, welche unter Euch steht, ist Bhairavi. O Shambhu, fürchtet Euch nicht! Von Meinen vielen Gestalten (90 Millionen Manifestationen) sind diese zehn die besten (die vollkommensten Vibhutis)." (Vibhuti ist das Ding, welches die höhere Natur charakterisiert. Vibhu ist das, was alldurchdringend ist und Vibhuti ist beides, das, was es darstellt und die Kraft, durch die es dargestellt wird.)

Die 10 Mahavidyas

Von der oben erzählten Geschichte aus der Purana entnehmen wir also, dass die zehn Devis die zehn grundlegenden Göttlichen Shaktis sind, welche dazu bestimmt sind, allen teuflischen Elementen, welche diesen Globus in allen zehn Dimensionen durchfluten, zu überwältigen und ihnen zu widerstehen.

All dies sind nicht bloß Redewendungen oder frei erfundene Symbole, sondern feinstoffliche bewusste Kraft- und Energiekörper, die von der höchsten Wohnstätte ausgestrahlt und heruntergesandt werden, um das Erden-Bewusstsein zu erhöhen und es in den Menschen zu vergöttlichen. All diese Gottheiten sind Namen, Kräfte und Persönlichkeiten des Universellen Höchsten Gottes, und sie repräsentieren jeweils eine bestimmte Macht und Energie des Allerhöchsten Göttlichen Wesens. Sie manifestieren den Kosmos und sind zugleich manifest in ihm. Sie erkennen sich in der Seele des Menschen, ihrem Bruder und Verbündeten, wieder und wünschen sich, ihm zu helfen und ihn zu erhöhen, indem sie sich in ihm erhöhen, damit seine Welt von ihrem Licht, ihrer Stärke und ihrer Schönheit ergriffen wird. Diese Gottheiten rufen den Menschen zu einer göttlichen Allianz und Gemeinschaft auf; sie umwerben ihn und erheben ihn in ihre Bruderschaft, laden ihn zu Hilfe ein und bieten die Ihre an gegen die Söhne der Dunkelheit und Abspaltung - gegen die teuflischen Elemente im Menschen.

Als Gegenleistung ruft der Mensch die Gottheiten bei seinen Opfer-Ritualen an, bietet ihnen seinen Geist, seine Kraft und seinen Willen dar und bekommt diese als Geschenk in sein Wesen und Leben zurück, verstärkt, bewehrt und wiedererleuchtet. Götter oder ihre Shaktis in Person von Göttinnen sind nicht einfach nur poetische Personifizierungen abstrakter Ideen oder psychologische oder physikalische Abläufe und Funktionen der Natur. Für die vedischen Seher waren sie lebendige Realitäten; die Wechselhaftigkeit der menschlichen Seele repräsentiert nicht bloß einen kosmischen Kampf um Prinzipien und Neigungen, sondern auch den der kosmischen Kräfte untereinander, die sie unterstützen und verkörpern. Dies sind die Devatas und die Dämonen (Asuras). Auf der Weltenbühne wie in der individuellen Seele wird dasselbe reale Drama und Spiel mit derselben Besetzung inszeniert.

Was ist der Zweck dieses Spiels, und welches Ziel soll letztendlich erreicht werden? Nun, das Ziel ist natürlich, die Höchste Chit Shakti oder das Kraft-Bewusstsein hinunter auf die Ebene des physischen (materiellen) Bewusstseins zu bringen und es als das allerhöchste, alles-beherrschende Element im menschlichen Wesen einzurichten. Denn nur dann kann es auf direktem Wege die Arbeit durch das menschliche System (und in ihm) in Angriff nehmen. Vor Beginn dieser Herabkunft muss jedoch viel Arbeit geleistet werden, um das menschliche Instrument durch seine eigene Yoga-Kraft, welches eine ganz besondere Kraft des Allerhöchsten Wesens ist, vorzubereiten. Diese Kraft ist ein subtiles Werkzeug für die Reinigung des Wesens und auch dafür, es fit zu machen, die Infiltrationen der Kräfte von Stärke, Wissen und Frieden im System zu empfangen und beizubehalten.

Nun lasst uns dieses System, welches im Allgemeinen mit "Tantra" oder "Tantra Shastra" bezeichnet wird, sorgfältig untersuchen und einen kurzen Abriss über einige seiner Hauptprinzipien zeichnen. Der Gebrauch dieses Ausdrucks selbst löst schon Missverständnisse aus und führt nur zu weiteren. Das Wort "Tantra" wird von dem Wortstamm "Tan" abgeleitet und bedeutet "ausbreiten, verbreiten". Tantra ist das Shastra (Schrift), durch welches das Wissen verbreitet wird. Die Endsilbe "Tra" bedeutet von ihrer Wurzel her "erretten". Dieses Wissen, welches errettet, wird verbreitet. (Tanyate Vistaryate Jnanam Amena iti Tantram). Gibt es überhaupt ein anderes Wissen als das religiöse, welches wirklich errettet? In dem Sinne ist Tantra Shastra also eine Abhandlung über dieses Wissen. Wissen im shastrischen Sinne bedeutet eigentlich die unmittelbare (Sakshatkara) Erfahrung oder Veranschaulichung und nicht das bloße Lesen darüber in irgendwelchen Büchern, wie göttlich und nützlich auch immer solche Studien als Vorbereitung sein können. Tantras werden daher eher als wissenschaftlicher Fund betrachtet und weniger als Offenbarung; das ist etwas, was vom einem selbst, nicht von außen, entdeckt wird. Es wird deshalb behauptet, dass die Tantras die enthüllten Mittel und Wege sind, durch welche die Tattvas, die Kräfte und andere Stoffe entdeckt werden können. Kurz gesagt, die Tantra Shastras oder Agamas formen eine praktische Philosophie, d. h. eine Philosophie, welche nicht bloß auf Beweise sondern auch auf Experimente aufbaut. Tatsächlich müssen alle agieren, die noch nichts erreicht haben und erfüllt sind. Aus diesem Grunde hat jeder urzeitliche Glaube sein Ritual.

Ein Schriftsteller aus dem Westen hat einmal die Meinung zum Ausdruck gebracht, dass die Tantra Shastras zumindest in ihrem Ursprung befremdlich seien und gewiss den Veden feindlich gegenüber ständen. Er sagte: "Wir vertreten stark die Meinung, dass die zwei Prinzipien in ihrer Essenz grundlegend gegensätzlich sind und dass die Tantras nur deshalb vedische Formen benutzt haben, um ihre essentielle Gegensätzlichkeit zu vertuschen." Dies ist aber nicht der korrekte Ansatz, die Dinge zu sehen. Es gibt überwiegend viel Unwissenheit bei den Ansichten über die Beziehung von Tantras zu den Veden und umgekehrt. Von einem äußeren Standpunkt betrachtet, gibt es die historische Spekulation, dass die Verehrung der Großen Mutter, der Magna Mater des Nahen Ostens, der Adya Shakti des Shakta Tantra in ihren Wesenszügen eine der ältesten und meistverbreitetsten der Religionen der Welt ist. Zudem war sie in Indien möglicherweise in ihrem Ursprung unabhängig von der brahmanischen Religion, wie sie uns in den vedischen Samhitas und Brahmanas präsentiert wird. Wenn dem so sein sollte, dann wurde sie wohl erst später mit der vedantischen Tradition vermischt, sodass der Shakta-Glaube heutzutage eine besondere Darstellung und Präsentation der allgemeinen vedantischen Lehre ist. Was auch immer der Ursprung der Shakta Lehrsätze sein mag, es wäre ein Fehler, nicht wenigstens die Möglichkeit offen zu lassen, dass die sogenannte "tantrische" Tradition durch eine Denkweise und Praxis genährt wurde, die eigentlich nicht, im wahrsten Sinne des Wortes, Teil des Vaidik-Kults oder seiner Abstammungslinie waren.

Die neuste Tendenz in der modernen westlichen Philosophie ist es, Tests über Intuition und Superbewusstsein durchzuführen, so wie es früher einmal eine Tendenz gab, die Dialektik zu verherrlichen. Intuition aber muss mittels Sadhana, was ja bloß die allmähliche Entfaltung des riesigen ruhenden Lagers der Kraft (Shakti) ist, die jeder in sich selbst trägt, auf höchstmögliche Ebenen geführt werden. In der Zusammenstellung "Yati Dharma Nirnaya" wird aufgezeigt, dass sogar die Dandins der Shri Shankara-Schule einem tantrischen Ritual folgen, welches Ihrem Stand entspricht.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

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Selbsterfahrung, Psychotherapie, Psychologie

19.04.2024 - 21.04.2024 Atem erleben
Das erweiterte Atemerleben führt zu öffnenden und befreienden Wonneerfahrungen. Der Atem kann sich aber auch durch Blockadenmuster entlang des Atemraums blockiert und unerfüllt anfühlen.
Blocka…
Erkan Batmaz
19.04.2024 - 21.04.2024 Anahata Retreat
Du wirst dich in diesen Tagen intensiv mit deinem Anahata Chakra, deinem spirituellen Herzen, beschäftigen. Du darfst dich durch verschiedene Yoga Angebote, durch unterschiedliche Meditationen, Hatha…
Sarada Drautzburg

Intensiv-Praxis Yoga und Meditation (wenig Theorie, keine Ausbildungen)

03.05.2024 - 05.05.2024 Asana intensiv: Prakrti Namaskar
Prakrti Namaskar ist eine Kombination von Grund-Asanas, die eine Karana, d.h. eine Abfolge - wie das beliebte Surya und Chandra Namaskar - bilden. Im Gegensatz zu diesen wird Prakrti Namaskar jedoch…
24.05.2024 - 26.05.2024 Christliche Kontemplation und Meditation - Grundlagenseminar
Ein Praxisseminar, indem du verschiedene christliche Meditationstechniken kennenlernst. Das Seminar eignet sich besonders auch für Yoga Übende mit einem christlichen Hintergrund.
Einführungssem…
Mangala Stefanie Klein

Multimedia

Wie komme ich in Kontakt mit reinem Bewusstsein Fragen zum Thema Vedanta, Bewusstsein, Seele, Maya – Spirituelle Entwicklung Glauben, Energie, Erinnerung und klares Bewusstsein