Yoga Sutra

Aus Yogawiki
Patanjali - Autor des Yogasutra

Yoga Sutra von Patanjali, Raja Yoga Sutra, Raja heißt König, Herrscher. Der königliche Weg zur Beherrschung des Geistes oder Sutra heißt Faden. Leitfaden zur Beherrschung des Geistes und somit Grundlagenwerk des Raja Yoga.

Yoga Sutra Einführung - ein Vortrag von Sukadev Bretz 2018

  • Was/Wer war Patanjali?
  • Was ist das Yogasutra?
  • Was sind die verschiedenen Kapitel des Yogasutra, die Inhalte des Yogasutra?
  • Wie lauten die ersten 4 Yogasutras von Patanjali?
  • Wiederholung der Citta Bhumi, die Zustände des Geistes und der Antakarana, der inneren Instrumente.

Om Namah Shivaya. Herzlich willkommen zu einem weiteren Vortrag, zum Thema Yogasutra, einem Einführungsvortrag zu einer neuen Reihe von Vorträgen zu Patanjali Yogasutra.

Ich möchte beginnen mit einem Anrufungsvers von Patanjali Kirtanheft 696.

  • Om Om Om
  • Yogena Chittasya Padena Vacham
  • Malam Sharirasya Cha Vaidyakena
  • Yo'pakarot Tam Pravaram Muninam
  • Patanjalim Pranjalir Anato'smi

Was/Wer war Patanjali?

Das Yogasutra von Patanjali ist eines der wichtigsten Werke der Spiritualität, der wichtigsten Werke der Psychologie, das Grundlagenwerk des Raja Yoga. Zusammen mit der Bhagavad Gita, der wichtigste Yoga Text überhaupt. Yogasutra wurde geschrieben von einem Meister namens „Patanjali“. Patanjali lebte irgendwann etwa vor 2000 Jahren, da streiten sich die Historiker, ob es vor Christus oder nach Christus war.

Was ist das Yogasutra?

Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute

Patanjali hat ein wichtiges Werk geschrieben, „Yogasutra“. Sutra heißt Leitfaden. Sutra heißt wörtlich Faden und hier können wir es gut übersetzen mit Leitfaden. Yogasutra besteht aus 196 Versen und diese 196 Verse sind der Leitfaden zum Raja Yoga. Sutra wird auf zwei Weisen verwendet. Zum einen Yogasutra Bezeichnung für das gesamte Werk, aber man spricht auch vom 1.,2.,3. Sutra, denn jeder einzelne Vers wird auch als Sutra bezeichnet. Sutra ist also ein Werk über Raja Yoga, Yoga des Geistes.

Ich habe ein Buch darüber geschrieben mit Kommentaren, zu jedem einzelnen der Yogasutras. Ich habe auch Vorträge gegeben, zu jedem einzelnen der Yogasutras.

Wenn du auf die Yoga Vidya Internetseite gehst und ins Suchfeld eingibst: „Patanjali Yogasutra“ kommst du auf das Yogasutra Portal, dort findest du meine Kommentare zu Yogasutra, als Texte und auch als Audio und als Niederschriften dieser Audiokommentare, so dass du noch viel tiefer gehen kannst.

Heute ein Überblick über das gesamte Yogasutra und das Eintauchen in die ersten Verse des Yogasutra. Bei den folgenden Vorträgen gehe ich dann jeweils einige Verse zusammen durch, um bestimmte der Yogasutras zu beschreiben.

Yogasutra, also Grundlagenwerk, des Raja Yoga des psychologischen Yoga. So wird gerne gesagt Patanjali war der größte Psychologe aller Zeiten. Er war vermutlich einer der Ersten der beschrieben hat, was ist der menschliche Geist, wie funktioniert der menschliche Geist, welche Teile des menschlichen Geistes gibt es, welche höheren Bewusstseinszustände gibt es und wie kommt man in die höheren Bewusstseinszustände. Welche Erfahrungen macht man auf den Weg dorthin und welche Hindernisse gibt es auf diesem Weg. Wie kann man ein Hindernis nach dem anderen überwinden. Und wie kommt man schließlich zu Kaivalya zur höchsten Befreiung.

Das Yogasutra kann verwendet werden für eine spirituelle Weise von dem ernsthaften Aspiranten, Yogasutra kann auch verwendet werden um geistige Kräfte zu aktivieren. Yogasutra kann auch verwendet werden um zu Harmonie zu kommen und in Harmonie mit sich selbst zu sein. So kann Yogasutra auch die Grundlage sein für die psychologische Yogatherapie, wie auch die Yogatherapie.

Bei Yoga Vidya gibt es auch die psychologische Yogatherapieausbildung, da werden auch die Verse aus dem Yogasutra verwendet, um mit sich selbst harmonischer und friedvoller umzugehen. Wir haben auch die Yogatherapieausbildung, insbesondere einer unserer Ausbildungsleiter der Harilalji sagt, dass viele Erkrankungen physischer Art, im Geist beginnen. Um den Körper zu heilen, gilt es auch an die Psyche zu gehen. Dazu verwendet er Verse der Bhagavad Gita und aus dem Yogasutra, zusätzlich zu Asanas, Pranayama, Entspannungstechniken, Kriyas, vorbereitende Übungen, Ernährung usw.

So kann das Patanjali Yogasutra dazu beitragen, mehr in Harmonie zu leben, letztlich psychische Beschwerden zu reduzieren, damit umzugehen, darüber hinauszuwachsen. Patanjali Yogasutra kann helfen geistige Kräfte zu entwickeln. Patanjali Yogasutra kann helfen das höchste Selbst zu verwirklichen und zur Erleuchtung zu gelangen.

Die Inhalte des Yogasutra von Patanjali

Das Yogasutra hat 4. Hauptkapitel. Die Kapitel werden Pada bezeichnet. Pada heißt auch Fuß oder Schritt. Es heißt aber auch Teil oder Kapitel. Vier Kapitel, man könnte auch sagen, vier Füße auf dem das ganze Raja Gebäude ruht. Yoga Sutra ist so geschrieben, dass du mit jedem einzelnem Pada anfangen könntest. Es ist also nicht so, dass du das Erste verstehen musst, um zum Zweiten zu kommen usw. Sondern Du könntest auch jedes Kapitel für sich nehmen. Jedes Kapitel für sich ist auch schon irgendwie rund. Aber als Ganzes, so wie du nicht auf einem Bein stehen könntest, wenn du alle 4 Kapitel hast, dann hast du einen festen Stand. So wie ein Tier auf vier Füßen oder ein Tisch mit vier Beinen sehr gut steht. Nur ein Kapitel zu machen, geht auch, aber es ist etwas wackelig. So ist es gut, sich mit allen vier Padas zu beschäftigen.

Die vier Kapitel im Yogasutra

  • 1. Kapitel heißt Samadhi Pada. Oft übersetzt als Weg zu Samadhi. Gilt auch als Theorie des Geistes. Auch im 1. Kapitel ist jede Menge Praxis. Patanjali ist ein Praktiker.
  • 2. Kapitel heißt Sadhana Pada. Hier geht es hauptsächlich um spirituelle Praxis, obgleich auch hier einige Konzepte hinein kommen.
  • 3. Kapitel heißt Vibhuti Pada. Vibhuti heißt göttliche Herrlichkeiten, großartige Seinsformen. Im 3. Kapitel geht es um die Entwicklung von geistigen Kräften, außergewöhnlichen Fähigkeiten, auch die Siddhis die übernatürlichen Fähigkeiten.
  • 4. Kapitel heißt Kaivalya Pada. Das heißt der Weg zur Befreiung. Es geht darum, wie erreichen wir die höchste Befreiung. Auch der letzte Vers vom Yoga Sutra spricht von Kaivalya und Iti, Kaivalya und Iti-Ende, wenn wir das erreicht haben, haben wir das Ziel des Lebens erreicht.

1. Kapitel Samadhi Pada

Im 1. Kapitel ist eine ganze Menge enthalten. Es beginnt das Patanjali erklärt, was ist Yoga. Er beschreibt, welche Gedankenwellen es gibt, welche Formen von Gedanken es gibt. Er beschreibt wie du die Gedanken zur Ruhe bringen kannst und verschiedene Methoden zur Gottverwirklichung zu kommen. Er beschreibt die Hindernisse auf dem spirituellen Weg. Und er beschreibt wie man die Hindernisse überwinden kann. Dann beschreibt er die verschiedenen Samadhi Formen, die kommen, wenn du die Hindernisse überwindest.

2. Kapitel Sadhana Pada

Im 2. Kapitel beschreibt Patanjali die Grundlagen des Leidens, warum wir leiden, die Kleshas? Er beschreibt, verschiedene Techniken, wie wir sie überwinden können. Zum Beispiel Kriya-Yoga der Yoga der Tat. Dann beschreibt er Karma und den Sinn des Lebens. Er sagt warum sind wir überhaupt hier, in einer beschränkten Welt und welchen Sinn hat es, in dieser Welt zu sein. Dann spricht er über Viveka, die Notwendigkeit der Unterscheidung, zwischen dem Selbst und dem Nichtselbst. Dann beschreibt er, wie können wir überhaupt lernen, auch im Alltag zu dieser Unterscheidung zu kommen und unser wahres Selbst zu erfahren. Dann beginnt er mit dem bekannten Teil des Yoga-Sutra, die Ashtangas, die 8 Stufen des Yoga.

hast du sicherlich schon mehrmals gehört. Er beschreibt besonders die ersten 5 Yamas, ersten 5 Ashtangas, die 5 Angas, also Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara.

3. Kapitel Vibhuti Pada

Swami Sivananda in Meditation

Im 3. Kapitel beschreibt er die höheren Ashtangas, also die höchsten 3 Angas: Dharana, Dhyana, Samadhi. Er beschreibt eine spezielle Form der Praxis, Samyama, es heißt eine bewusste Konzentration des Geistes auf etwas. Dann gibt er verschiedene Methoden wie wir den Geist konzentrieren, auf was wir den Geist konzentrieren können. um auf diese Weise unsere psychischen Fähigkeiten zu entwickeln. Viele der Verse im 3. Kapitel, sind Verse wie wir Einfühlungsvermögen in andere Menschen entwickeln können. Viele Verse gehen darauf hinaus, wie können wir herausfinden, was unsere Aufgaben sind, was wir tun müssen. Wie bekommen wir Zugang zur Intuition.

Einige Verse laufen darauf hinaus, wie wir mit unseren geistigen Kräften über physische Grenzen hinaus wachsen können. Er beschreibt, wie wir geistige höhere Fähigkeit entwickeln können, wie wir positive Tugenden entwickeln können und wie wir auch verhindern können, verschiedenen Versuchungen zum Opfer zu fallen.

Vibhuti Pada endet damit das Patanjali uns ermahnt, hänge nicht zu sehr an geistigen Kräften, gehe zu Kaivalya, zur Befreiung. Nur das gibt dir dauerhafte Glückseligkeit.

4. Kapitel Kaivalya Pada

Im 4. Kapitel beschreibt er die Ursachen für die Siddhis, übernatürliche Kräfte und beschreibt warum wir an diesen nicht hängen sollten. Er gibt verschiedene Techniken aus der Identifikation herauszukommen. Er beschreibt wie wir Dharma, Rechtschaffenheit entwickeln können. Letztlich wie wir alle Begrenzungen überwinden, Kaivalya, das Höchste erfahren.

Kommentar zu den ersten vier Versen

Yoga Sutra von Patanjali 1. Kapitel, 1. Vers

Atha - Jetzt ist Yoga

1. अथ मोगानशु ासनभ ॥् १॥

atha yoganushasanam nun wird Yoga erklärt

Atha heißt jetzt und das ist, was du immer wieder verwenden kannst athaYoga.

Wenn du morgens aufwachst und etwas müde bist, sage atha Yoga, jetzt übe ich Yoga. Oder wenn du abends nach Hause kommst, und in deinem Geist bereit bist für Asanas. Vielleicht sollte ich noch einen Tee trinken, oder vielleicht noch ein paar Nachrichten überprüfen oder sollte ich.., dann sage atha Yoga. Jetzt mache ich Yoga.

Das atha Yoga kann dir helfen, mit ganz klarem Geist, das zu tun, was zu tun ist. Oder auch, wenn du vor besonderen Herausforderungen stehst. Jetzt gilt es dabei zu bleiben und konzentriert zu sein, oder im Mitgefühl in der geistigen Gelassenheit zu bleiben. Dann sage auch atha Yoga. Jetzt werde ich wie ein Yogi, dort sein, atha Yoga.

Anushasanam heißt Erklärungen und Auslegung. Hier sagt Patanjali, hier geht es um Yoga. Es geht besonders um Raja Yoga, aber es geht auch um die anderen Yoga Wege. So sagt er einfach athayogaanushasanam.

Yoga Sutra von Patanjali 1. Kapitel, 2. Vers

2. मोगणित्तवृणत्तणनयोध् ॥ २॥

Yogashchittavrittinirodhah

Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedanken im Geist.

Yoga heißt auch Einheit, Vereinigung. Man könnte auch sagen, jetzt werde ich beschreiben wie du zu der Erfahrung der Einheit kommst. Und er sagt im 2. Vers und wie kommst du zu einer Einheit mit Yoga? Durch Nirodha, das heißt zur Ruhe bringen der Vrittis, der Gedanken und Citta im Geist.

Ich gehe davon aus, dass dies nicht der erste Vortrag ist, den du hörst. Es gibt weitere Vorträge über die Yoga Vidya Schulung, Yogalehrerausbildung habe ich dies schon einmal vorgestellt. Hier nur eine kurze Zusammenfassung und Wiederholung, von dem was du kennst oder noch nachschauen kannst. Also Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedanken im Geist.

Citta heißt in diesem Kontext, der gesamte Geist. Vrittis sind die sogenannten Gedankenwellen. Vermutlich erinnerst du dich an das Seebeispiel. Der menschliche Geist, ist wie das Wasser in einem See. Unten am See ist der Schatz. Und oben die Wellen im See, sind das was verhindert, dass du nach unten schaust.

Yoga heißt jetzt, das du die Vrittis, die Gedanken im Citta im Geist zur Ruhe bringst. Und das ganze Wasser des Geistes, klar machst. Nirodha heißt also das schrittweise zur Ruhe bringen. Das führt irgendwann zu Nirodha, der vollkommenen Ruhe des Geistes. Nirodha ist das zur Ruhe bringen und Nirodha ist der Zustand, wenn alles zur Ruhe gebracht ist.

Der menschliche Geist kann durch fünf Gemütszustände gehen. Mudha auch Tamas genannt. Trägheit, vergleichbar mit dem See, der irgendwo dreckig oder braun ist, oder auch voller Algen ist. Der menschliche Geist ist irgendwie träge und du sagst ich kann nicht, es geht nicht, es ist alles zu viel. Oder einfach müde oder einfach in einem negativen Gemütszustand. Das ist ein Gemütszustand den es zu überwinden gilt. Citta kann ein Mudha sein.

Citta kann auch Kshipta sein. Kshipta ist ein sehr unruhiger Gemütszustand, wo du tausend Dinge, gleichzeitig oder kurz hintereinander willst. Du entscheidest dich, du willst erst dieses machen, das auch noch, und überlegst auch noch, was denkt der Mensch von mir, was soll er besser machen, was könnte ich noch tun usw. Geist unruhig Kshipta.

Wenn der Geist gesammelt ist nennt sich das Vikshipta. Gesammelter Gemütszustand. Es ist so als ob die Wellen ruhig sind und von einer Seite zur anderen gehen. Der Geist ist schon etwas klarer, du kannst schon etwas sehen, das am Grunde des Geistes etwas Gutes ist.

Bring die Gedanken zur Ruhe und erfahre Einheit

Ekagrata der Geist wird vollkommen klar. Ekagra heißt einpünktig. Ekagrata, der geistige Zustand charakterisiert durch Einpünktigkeit. In diesem Ekagrata bist du voll konzentriert und damit ist schon ein überbewusster Gemütszustand da. Ist der Geist vollkommen ruhig, keine Gedanken, keine Worte, keine Bilder, keine Emotionen aber vollkommene Klarheit dann strahlt in dir, das eigentliche Wesen hervor. Um den Geist zur Klarheit zu bringen, ist es sinnvoll das Antahkarana, das innere Instrument genauer zu kennen.

Wie es einen eigenständigen Vortrag über Chitta Bhumi gab, wo ich das alles genau erläutert habe. Habe ich bereits einen oder mehrere Vorträge über Antahkarana gehalten. Diese kannst du in unserer Wiki Seite www.yoga-vidya.de oder auch auf YouTube, kannst du nach Antahkarana suchen, Antahkarana-Video Sukadev kannst du dort fündig werden.

Wenn du deinen Geist zu Ruhe bringen willst, ist eine gewisse Erkenntnis des Geistes gut, hier gibt es Buddhi. Buddhi ist die Vernunft, der Verstand letztlich die Führungspersönlichkeit. Du kannst erst einmal erkennen, da ist Mudha, der Gemütszustand der Trägheit. Nicht ich bin träge, nicht ich bin deprimiert. Sondern da ist Chitta Bhumi, der Gemütszustand von Mudha. Dann kannst Du überlegen, wie kommst du dort raus. Dann kannst Du schauen, wie kannst du aufhören, dich zu identifizieren. Ahamkara ist Identifikation. Nicht ich bin deprimiert, sondern Chitta Bhumi ist in Mudha, könntest auch sagen in Tamas.

Deshalb sind in Manas, im bewussten Geist, alle möglichen unschönen Gedanken, die irgendwo gespeist werden aus Chitta, im Sinne von Unterbewusstsein. Das Wort Chitta kann zwei Bedeutungen haben, im Rahmen der Chitta Bhumis. In der Sankhya-Philosophie, ist Chitta der ganze Geist ähnlich wie Antahkarana und im Sinne der Vedanta Philosophie, im Sinne von Antahkarana ist Chitta, das Unterbewusstsein.

So kann Buddhi sagen, wie kann ich aus meinem Unterbewusstsein positivere Inhalte holen, dann gibt es viele Möglichkeiten. Pranayama üben, meditieren, Asanas üben, positive Affirmationen u.v.a.

Um den Geist zur Ruhe zu bringen, kann es hilfreich sein, deinen Geist zu kennen und zu schauen, welche Inhalte gibt es alle in deinem Unterbewusstsein. Wie kannst du positive Inhalte in deinen Geist bringen, wie kannst du ihn zu Klarheit bringen. Wie kannst Du die Tendenzen überwinden, dich zu identifizieren, mit Wünschen, Emotionen, Gier, Trägheit usw. Wie kannst Du Buddhi zur Ruhe bringen, damit du schließlich zu Nirodha kommst. Soweit die kurze Wiederholung von Bhumi, Chitta und Antahkarana.

Yoga Sutra von Patanjali 1. Kapitel, 3. Vers

3. तदा द्रष्ट्ु स्वरूऩऽे वस्थानभ ॥् ३॥

tada drashtuh svaroope avasthanam

Im 3. Vers sagt Patanjali, dann ruht der wahre Sehende in seinem wahren Wesen.

Drashtuh heißt das bist du wirklich. Du bist reines Selbst. Im Sankhya auch genannt Purusha, das Selbst, das Eigentliche das bist du. Im Vedanta würden wir sagen atman, brahman, das Selbst, das Absolute, die wahre Natur. Und diese wahre Natur ist das Bewusstsein.

Bewusstsein hier drashtuh. Du kannst dir bewusst sein was draußen geschieht, du kannst dir bewusst werden was in dir ist. Aber nur dann, wenn dein Geist vollkommen ruhig ist, dann ruhst du in dir selbst. Bewusstsein kann ich bewusst sein, wahrnehmen. Bewusstsein kann in sich selbst ruhen. Wenn du bewusst in dir ruhst, hast du Kaivalya, Befreiung erreicht, svarupa ist deine wahre Natur. Es gilt also deinen Geist zur Ruhe zu bringen und dann ruhst du in deiner wahren Natur.

In den anderen Vorträgen habe ich davon gesprochen, wenn du in dir ruhst hast du Sat-Chit-Ananda. Die Erfahrung der Unsterblichkeit und der Verbindung zu allem, Sat. Du hast das Überbewusstsein erreicht, Chit, reines Bewusstsein und Ananda, Freude. In dem Maße, in dem es dir gelingt deinen Geist mehr zur Ruhe zu bringen, wirst du glücklicher. Dein Glück hängt nicht ab, von Objekten, nicht von dem was du hast. Dein Glück hängt davon ab, wie sehr es dir gelingt, deinen Geist zur Ruhe zu bringen. Die Fähigkeit deinen Geist zur Ruhe zu bringen, das ist Glück. Bringe immer wieder deinen Geist zur Ruhe.

Angenommen du hast einen Wunsch, eine Gier. Anstatt zu denken, ich brauch das jetzt unbedingt um glücklich zu sein, mache dir bewusst, ich brauche Ruhe des Geistes. Du könntest sagen, gut, damit mein Geist ruhig ist werde ich mir jetzt den Wunsch erfüllen. Funktioniert manchmal auch. Du kannst aber auch sagen, langfristig ist es gut, ich lerne die Fähigkeit, in jeder Situation meinen Geist zur Ruhe zu bringen. Dann bin ich dauerhaft glücklich. Du könntest deinen Geist zur Ruhe bringen, ohne dass du etwas tust und ohne das du rennst.

Im Yoga würden wir sagen, lerne glücklich zu sein durch die Ruhe des Geistes. Tue was zu tun ist, erfülle deine Pflicht, werde deiner Verantwortung gerecht. Glück bekommst du aus der Tiefe des Selbst. Glück bekommst du aus der Erfahrung von Einheit und Verbundenheit.

Den Sinn des äußeren Leben erfüllst du, wenn du deiner Aufgabe gerecht wirst, verantwortlich bist und das tust, was deiner Pflicht entspricht. Avasthanam dann ruht der Sehende in seinem wahren Wesen.

Yoga Sutra von Patanjali 1. Kapitel, 4. Vers

Löse dich von Identifikationen

4. वणृ त्तसारूप्यभ इ् तयत्र ॥ ४॥

vrittisaroopyam itaratra

In allen anderen Gemütszuständen identifiziert sich der Wahrnehmende mit seinen Gedanken.

In Mudha, in Kshipta, in Vikshipta und Ekagrata gibt es die Neigung, sich zu identifizieren. Zwar wird im Vedanta und in den Versen des Yoga Sutra, immer wieder empfohlen, sei dir bewusst, du bist nicht die Gedanken. Löse dich von der Identifikation. Aber solange Gedanken da sind, gibt es eine gewisse Identifikation. Du kannst die Gedanken beobachten und versuchen, ihnen freundlich zuzulächeln. Du kannst sie kommen und gehen lassen. Aber zwischendurch rutscht du dann doch in die Identifikation hinein. Das ist ganz natürlich. Das sagt Patanjali auch hier, es ist wie ein Vor-Vers, indem er sagt: „Gehe freundlich mit dir selbst um“. Solange du noch Gedanken hast, solange du Wünsche hast, solange gibt es auch eine Identifikation.

Aber langfristig lernst du deinen Geist zur Ruhe zu bringen. Man könnte sagen, es ist wie ein Engelskreislauf. Du bemühst dich etwas um den Geist zur Ruhe zu bringen. Dann erkennst du, ich bin nicht der Wunsch, ich kann über die Wünsche hinauswachsen und mein Glück hängt nicht von den Wünschen ab. Also, wenn nächstes Mal ein Wunsch kommt identifizierst du dich nicht so stark. Wenn du dich nicht so stark identifizierst, fällt es dir auch leichter den Geist zur Ruhe zu bringen. Wenn es leichter fällt den Geist zur Ruhe zu bringen, fällt es auch leichter sich nicht zu identifizieren. Weniger Identifikation, mehr Ruhe des Geistes. Mehr Ruhe des Geistes, weniger Identifikation. Es ist wie eine Aufwärtsspirale die irgendwann in die Erleuchtung mündet. Arbeite an beidem, lerne zum einen sich nicht zu identifizieren, beobachte das Spiel des Geistes und dann lerne deinen Geist zur Ruhe zu bringen.

Das kannst du auch ganz einfach praktisch machen. Wenn heute oder die nächsten Tage ein Wunsch kommt. Und du denkst: „Ich brauch das unbedingt, das muss ich haben.“ Schau es dir an und sei dir bewusst, da ist ein Wunsch. Höre auf die Wörter: “Ich brauch das unbedingt, ich muss das haben, ich werde nur glücklich sein, wenn ich das habe…“ Höre das an und dann lächle. Schau dir an, welche Bilder dort sind. „Wenn du das bekommst, wie das ist, wie schön das ist, oder was du machen musst. Schau dir dies an und lächle. Vielleicht ist das mit einem Gefühl verbunden und du spürst zwischen Herz und Kehle oder zwischen Bauch und Herz oder woanders. Mach dir bewusst, da ist all das.

Vielleicht benutzt du die Technik die ich besonders gern habe. Sieh den Wunsch an, als Handlungsempfehlung mit Energie. Sei dir bewusst das ist Handlungsempfehlung mit Energie. Sage deinem Bewusstsein,“ danke für die Handlungsempfehlung mit Energie“ und sage „Nein danke.“ Dann hast du dich nicht identifiziert und jetzt bringe deinen Geist zur Ruhe. Zum Beispiel indem du ein Mantra wiederholst, zum Beispiel indem du den Himmel anschaust, zum Beispiel indem du dein Herz in verschiedene Richtungen ausdehnst.

Wenn du in einem Moment den Himmel anschaust, oder dein Bewusstsein ausdehnst, im Mantra bist, ist der Geist schon ruhiger. Vielleicht ist er jetzt in Vikshipta. Evtl. löse ihn auch davon und genieße dann einen Moment Gegenwart. Und dann wird es schön. Du erfährst Ananda, Freude, klarere Bewusstheit und Weite. Und du hast erkannt, Glück hängt nicht von Wünschen ab. In diesem Sinn ist es ganz praktisch, Nicht Identifikation plus Ruhe des Geistes.

Tipp: Arbeite heute und die nächsten Tage damit, mit Nicht-Identifikation und den Geist bewusst zur Ruhe zu bringen. Bedingungslos etwas Glück zu erfahren, indem du deinen Geist ins Hier und Jetzt bringst und hier und jetzt Freude erfährst.

Hinweise

Weitere Hinweise findest du in meinem Buch: „Die Yogaweisheit des Patanjali, für Menschen von heute“, aus dem ich auch die Verse auf Sanskrit und die deutsche Übersetzung vorlese.

Es gibt auch das [www.schriften.yoga-vidya.de Yoga Sutra Portal], wo es Kommentare gibt, zu jeden der einzelnen Yoga Sutra.

Du kannst auch in Google suchen nach: "Yoga Sutra, Sukadev". Dort kannst Du Kommentare lesen und letztlich Tipps für den Tag bekommen.

Wir haben bei Yoga Vidya auch Seminare zum Thema Raja Yoga. Wir haben Seminare die nennen sich Raja Yoga 1, 2, 3 und Raja Yoga 4 und da geht es um die einzelnen Kapitel des Yoga Sutra.

Es gibt auch eine 9-tägige Yogalehrerweiterbildung. Das ist die Weiterbildung Raja Yoga, wo man durch jeden der 196 Verse systematisch durch geht.

Mehr dazu unter findest du auf unseren Yoga Vidya Internetseiten. Beim nächsten Mal geht es um die nächsten Verse von Patanjali.

Verfasser: Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, Schüler von seinem Guru Swami Vishnu Devananda, dieser wiederum Schüler von Swami Sivananda nach der Yoga Vedanta Tradition, die sich zum großen Teil auf den großen Meister Shankaracharya bezieht.

Video - Yoga Sutra Einführung - von Sukadev Bretz 2018

Yamas und Niyamas im Yoga Sutra

Ethisches Verhalten - gegenüber sich Selbst und Anderen

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

Kommentar zu den Versen 30 - 34 aus Patanjali, Yoga Sutra

Das sind die Themen des Yoga Sutra ab Vers 30 im 2.Kapitel.

Yamas

Die Yamas bestehen aus Ahimsa, Satya, Asteya, Brahmacharya, Aparigraha. Yamas zunächst wird oft übersetzt mit Selbstbeschränkung. Yama ist aber de facto Ethik im Umgang mit Anderen. Ahimsa, Nicht-Verletzen, himsa heißt verletzen, a, kurzes a vor einem anderen Wort heißt meistens das Gegenteil davon,

Das sind also die fünf Grundprinzipien. Ich hatte darüber ja schon einen recht ausführlichen Vortrag gehalten im Rahmen der Yoga Vidya Schulung. Über die einzelnen Yamas wird es ja auch später einzelne Vorträge geben. Jetzt geht es erst noch mal um das Grundlegende und das sagt Patanjali im 31.Vers.

Diese Grundregeln sind nicht durch soziale Schicht, Ort, Zeit oder Umstände bedingt. Sie gelten für alle Ebenen und bilden das große, universelle Gelübde. Es gibt ja auch eine situative Ethik. Zum Beispiel gibt es die Berufsethik eines Arztes wozu die Schweigepflicht zum Beispiel gehört. Es gibt die Berufsethik eines Rechtsanwaltes, wo auch die Schweigepflicht gehört und auch das er sich immer für das Wohl seines Mandanten einsetzt. Und so gibt es verschieden Schichten. Kinder haben bestimmte Pflichten, Jugendliche, Erwachsene, Rentner und natürlich Politiker haben bestimmte Pflichten und so weiter. Banker haben bestimmte Pflichten und natürlich auch heutzutage im 21.Jahrhundert sieht man bestimmte Dinge anders als im 20. Jahrhundert und an unterschiedlichen Orten der Welt.

Aber diese 5 Yamas kann man sagen, sind die allgemeine menschliche Ethik.

Ahimsa: vegane Ernährung

Ahimsa Nicht-Verletzen, würde man auch so deuten, sich und anderen so wenig Leid wie möglich antun. In der Bibel wird ja auch gesagt: nicht töten und himsa im engeren Sinne heißt ja auch töten. Ahimsa ist wenigstens nicht töten. Aber im weiteren Sinne heißt es auch Gewaltlosigkeit. Satya - Nicht-Lügen, Asteya – Nicht-Stehlen, Brahmacharya - Vermeidung von sexuellen Fehlverhalten. Unterschiedliche Zeiten interpretieren als sexuelles Fehlverhalten etwas anderes, aber allgemein gilt es, sexuelles Fehlverhalten zu vermeiden. Und Aparigraha ist letztlich Unbestechlichkeit. Eine Gesellschaft wird ruiniert, das Zusammenhalten der Gesellschaft wird ruiniert, wenn Menschen in Verantwortungspositionen bestechlich sind. Und so solltest du dir den großen Vorsatz fassen, deshalb auch Mahavrata, der große Vorsatz „Ich will mich an diese 5 Yamas halten. Ich werde mich daran halten.

  • Ich werde nicht zum Wohl von irgendetwas, also für eigene egoistische Zwecke lügen.
  • Ich werde nicht um meinen Vorteil zu bekommen, einfach Menschen verletzen.
  • Ich werde nicht für größeren Geldgewinn andere Bestechen.
  • Und ich werde nicht für größeren Lustgewinn sexuell unethisch handeln.
  • Ich werde erst recht nicht stehlen.“

Das sind also die Vorsätze, die du dir fassen solltest. Und wenn du als spiritueller Aspirant wachsen willst, fasse dir diesen Vorsatz. Und wenn du ihn bisher noch nicht gefasst hast, dann unterbrich jetzt diesen Vortrag einen Moment und mache Mahavrata, das große Gelübde, den großen Vorsatz, dich von diesen Prinzipien leiten zu lassen.

Niyamas

32. Vers, die Niyamas bestehen aus Shaucha, Santosha, Tapas, Swadhyaya, Ishvara Pranidhana. Das sind die fünf Niyamas.

  • Shaucha heißt eben Reinheit.
  • Santosha heißt Zufriedenheit,
  • Tapas wird oft übersetzt als Askese, Selbstsucht, heißt aber allgemein auch spirituelle Praktiken,
  • Swadhyaya – Selbststudium, was sowohl heißt Introspektion wie auch lesen von Schriften und spirituellen Werken, besuchen von spirituellen Vorträgen mit dem Wunsch mehr über dich selbst und den spirituellen Weg herauszufinden.
  • Ishvara Pranidhana ist die Hingabe an Gott.

Das sind die fünf Niyamas. Man könnte sagen, dass sind im Raja Yoga Sinn die fünf spirituellen Praktiken die du im Alltag üben solltest. Also, ein reines Leben führen im ganzheitlichen Yoga würden wir auch sagen, den Sattva-Regeln folgen. In Shaucha sind dann letztlich die Ernährungsratschläge enthalten, dort ist enthalten das du reine, sattvige Regeln befolgst auch bei Kleidung, bei Sprache, im Umgang mit Anderen und so weiter. Also in Shaucha ist letztlich das ganze Sattva Element „Mache dein Leben rein.“

Aus sich selbst heraus zufrieden

Dann kommt Santosha. Santosha, die Zufriedenheit, Kultivierung der Zufriedenheit, überwinden von Raga und Dvesha, Mögen und Nichtmögen, Gier und so weiter, auf der dann Ärger und so weiter beruht. Santosha, Zufriedenheit.

Und dann würde man sagen Tapas sind die regelmäßigen spirituellen Praktiken und bedeutet auch, bewusst deinen Geist kontrollieren. Öfter etwas tun, was dein Geist nicht mag. Öfter auch etwas nicht tun, was dein Geist mag.

Swadhyaya also Introspektion. Immer wieder, Swami Sivananda hat gesagt „Scrutinise your motives.“, das heißt „Analysiere deine Motive.“ Sei dir bewusst auf Grund welcher Motive du handelst und immer wieder sorge dafür, dass die höheren Motive überwiegen. Und damit das gut funktioniert, lies spirituelle Bücher. Der eigene Geist verwirrt sich immer etwas. Heutzutage ist es jetzt üblich das Menschen, es ist das Jahr 2017, ihre Weisheit aus Facebook holen und ich bekomme jetzt immer wieder auch irgendwelche Sachen geschickt als Messenger, irgendwelche Facebook-Sachen die irgendjemand gepostet hat, als ob das der Weisheit letzter Schluss ist. Menschen verbringen so viel Zeit und das ist manchmal Weisheit und manchmal Teil-Weisheit. Gut ich verbreite auch viel Dinge über Facebook. Aber auf die Schriften zurückzukommen. Yoga Sutra, Bhagavad Gita, Hatha Yoga Pradipika, Upanishaden. Manche Menschen verkaufen dann das, was irgendwelche Psychologen und Halbpsychologen sagen, als Weisheit letzter Schluss und ziehen dann vieles in Frage was in den Schriften steht. Lies die Schriften selbst. Und das hilft dir auch immer wieder, dich richtig auszurichten oder man könnte auch sagen dich einzunorden. Und schließlich Ishvara Pranidhana, Verehrung Gottes. Also auch alles was du tust um Gott zu verehren ist gut.

Yoga Wege im ganzheitlichen Yoga

Und so bezieht Patanjali letztlich auch alle Yoga Wege mit ein. Man könnte sagen in Ahimsa, Nichtverletzen ist letztlich Karma Yoga mit einbezogen. Die ganze Ethik im Alltag ist ja letztlich Karma Yoga. Dann über Shaucha ist auch vieles vom Hatha Yoga einbezogen, wo es ja auch um Prana geht. Dann natürlich über Tapas ist das ganze Kundalini Yoga miteinbezogen, wo es ja um intensive spirituelle Praktiken geht. In Swadhyaya, Studium der Schriften und Selbststudium ist Jnana Yoga einbezogen. Und Ishvara Pranidhana ist ja letztlich Bhakti Yoga.

Denken an das Gegenteil überwindet störende Gedanken

33. Vers, störende Gedanken können durch das Denken an ihr Gegenteil überwunden werden. Also wenn du Vitarkas hast, man könnte auch sagen andere Gedanken als die Yamas und Niyamas, die dich stören, können überwunden werden. Wie? nämlich durch Bhavana, durch Hervorbringen von Pratipaksha, eben die gegensätzliche Stimmung. Also wenn du zum Beispiel entdeckst, dass in dir Gier ist, dann bringe die Stimmung von Zufriedenheit hervor. Wenn du irgendwie Wut hast und anderen es heimzahlen willst, dann kultiviere Geduld, Vertrauen, Großzügigkeit oder Zufriedenheit.

Also Patanjali sagt hier werde dir bewusst, wenn Gedanken und Gemütszustände kommen die nicht den Yamas und Niyamas entsprechen und dann erzeuge diese innere Einstellung, die den Yamas und Niyamas entspricht. Das ist deine Verantwortung. Sage nicht der andere bringt mich zur Weißglut, sondern du kannst höchstens sagen, in der Gegenwart des Anderen kommt ein unerwünschter Gemütszustand und ich werde einen anderen Gemütszustand erzeugen. Patanjali gibt dir hier die volle Verantwortung für deinen Gemütszustand. Es ist schon eine große Verantwortung und es liegt an dir deinen Gemütszustand zu ändern. Dies ist ja auch ein Vortrag im Rahmen der Yoga Vidya Schulung, du hast schon vieles gelernt und viele Instrumente an die Hand bekommen. Es liegt an dir diese auch umzusetzen. Swami Sivananda hat gerne gesagt „Sei nicht nachlässig im Umgang mit deinem Geist. Lass nicht nach in der Bemühung deinen Geist zu beherrschen.“

Negative Gedanken und Emotionen erzeugen Schmerz und Unwissenheit

34. Vers, negative Gedanken und Emotionen, wie Gewalttätigkeit, ob man sie selbst in die Tat umsetzt, andere tun lässt oder negatives Tun billigt oder geschehen lässt, ob durch Gier, Ärger oder Verblendung verursacht, ob mild, mittelmäßig oder stark, resultieren in endlosem Schmerz und Unwissenheit. Deshalb sollte man die gegenteilige Ansicht, die entgegengesetzte Gefühlseinstellung kultivieren. Also er hat im vorigen gesagt Pratipaksha Bhavana, bringe den negativen Gedanken entgegengesetzte Grundstimmungen hervor. Also wenn du merkst, da ist irgendetwas Negatives in dir, insbesondere eben Himsa, Steya, Asatya und so weiter dann denke über das Gegenteil nach. Erzeuge die entgegengesetzte Grundstimmung.

Warum solltest du das tun? Auch die Frage warum sollten wir ethisch handeln? Und es gibt ja verschiedene Begründungen für die Ethik. Es gibt zum einen manche Religionen die sagen, handle ethisch, das ist ein Gebot Gottes. Weil Gott es so will, handle ethisch. Aber wenn du dich nicht an Gottes Gebot hältst, wird Gott dich in die Hölle bringen. Ein Grund für Ethik.

Ein anderer Grund könnte auch sein, in der Zeit der Aufklärung gab es ja so einige Philosophen der Ethik und die haben so gesagt, ohne ethisches Verhalten, ohne ethische Grundsätze gäbe es so viel Gewalt. Jeder gegen jeden. Dann könnte kein Mensch glücklich sein. Und so ist es wichtig, dass man Menschen erzieht zu einem ethischen Verhalten. Damit eine Gesellschaft überhaupt funktionieren kann braucht es Ethik. Aber da die Menschen eine Neigung haben unethisch zu sein, braucht es Polizei und Richter und Gefängnis und Staatsanwälte und so weiter.

Eine andere Begründung der Ethik. Gut dann gibt es noch weitere Begründungen. Patanjali sagt hier, oder sagen wir noch etwas. Die modernen Evolutionsbiologen oder auch die sogenannten Paléonto-Psychologen, die vieles was den Menschen betrifft aus der Steinzeit ableiten, sagen gerne auch der Mensch ist eigentlich gepolt auf Kooperation. Er ist glücklich, wenn er kooperiert. Letztlich wird er unglücklich, wenn er unethisch ist.

Hier sind wir sehr ähnlich zum Beispiel an der Begründung der Ethik von Aristoteles. Aristoteles hat ein Werk geschrieben, das heute genannt wird die Nikomachische Ethik und dort beschreibt er das sogenannte gute Leben und er sagt das gute Leben ist ein glückliches Leben. Und er sagt auch, damit ein Mensch glücklich sein kann, muss er ethisch sein. Es ist nicht möglich für einen Mensch langfristig glücklich zu sein, wenn er unethisch ist. Und dort ist er fast ähnlich, wie die modernen Evolutionsbiologen, die eben sagen, der Mensch ist auf Kooperation getrimmt. Wenn er gegen Ethik verstößt ist er unglücklich. Patanjali folgt hier einem ähnlichen Ansatz. Er sagt, wer sich unethisch verhält, das resultiert in endlosem Schmerz.

Handle ethisch und verwirkliche

Aristoteles sagt auch, um Philosoph zu sein, um Wissen zu bekommen, muss du auch ethisch sein. Unethisches Denken und Handeln führt dazu, dass du nicht zur Wahrheit kommst. Hier sagt es auch Patanjali: Unethisches Verhalten führt zu Schmerz und Unwissenheit. Natürlich Patanjali hat höhere Ideale als Aristoteles. Patanjali will dich zur Erleuchtung führen, zur Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung, Kaivalya, zur Erlösung, zur Befreiung. Und da bedeutet, Avidya, Unwissenheit noch mehr als das was Aristoteles darunter verstanden hätte. Also er sagt, warum Ethik, damit du aus dem Schmerz herauskommst. Warum Ethik, damit du zum Wissen und zur Erleuchtung kommen kannst. Es mag sein, das du durch unethisches Verhalten schneller reich werden, das du schneller Vorteile haben kannst, nur glücklich wirst du dadurch nicht werden.

Man wird wahrscheinlich sagen können, dass ein großer Teil der ganz reichen Menschen auf dieser Welt, nicht mit Yamas und Niyamas reich geworden ist. Also wenn man sich diese Menschen anschaut, wie sie im Alter aussehen, dann weißt du, nein, so willst du nicht sein. Es gibt ja durchaus dann noch einige, die dann im Alter einen großen Teil ihres Vermögens gemeinnützigen Stiftungen überschrieben haben, zum Teil auch um ihr schlechtes Gewissen irgendwo zu beruhigen. Und es hat Ihnen dann eben auch geholfen, im Alter wieder ethisch zu werden. Und es mag auch einige Vermögende geben, die ihr Vermögen erreicht haben durch ethische Mittel. Aber Unethik resultiert in Leid und Unwissenheit. Deshalb brauchst du auch keine unethischen Menschen, die reich werden, beneiden. Aber vielleicht kannst du dich einsetzen, dass es eine gerechtere Wirtschaft und Sozialordnung gibt. Denn Patanjali sagt jetzt hier auch. Unethik ist nicht nur wenn du selbst etwas aktiv machst. Er setzt jetzt Maßstäbe für sehr hohe Ethik:

  • Er sagt erst, unethisches Verhalten ist erstmal, wenn du es selbst in die Tat umsetzt.
  • Zweitens, wenn du andere dazu verleitest unethisches zu tun.
  • Und drittens, wenn du es billigst, dass jemand unethisches tut.
  • Und viertens, wenn du es geschehen lässt, obgleich du dich hättest einsetzen können dafür das es nicht geschieht.

Das ist tatsächlich stark. Das ist sehr viel. Patanjali ist eben nicht wirklich derjenige, der einen nur zur Meditation veranlasst. Dieser Vers ist wie eine Anleitung zu großem gesellschaftlichen Engagement. Sei selbst ethisch, lass andere nichts unethisches Tun, billige negatives Tun nicht und lass auch nicht zu, das es geschehen kann, wenn es sich irgendwo vermeiden lässt. Und dann sagt er auch: und egal ob du es jetzt tust, aus Gier heraus, aus Ärger oder Täuschung.

Manche Menschen werden unethisch um etwas zu erreichen, weil sie gierig sind. Gar nicht mal wenige Menschen werden unethisch aus Ärger heraus, Kränkungen heraus. Sie sind beleidigt worden. Oder jemand hat ihnen etwas angetan und jetzt in ihrem Ärger oder einfach aus Täuschung, moha heraus, verblendet. Und dann sagt es das ganze kann mild sein, es kann mittelmäßig sein und es kann stark sein. In diesem Sinne, sei dir bewusst, wie steht es um deine Ethik, bist du wirklich ethisch oder verlässt du manchmal die Ethik aus Gier, Ärger oder Täuschung. Veranlasst du andere unethisches zu tun. Lässt du unethisches zu? All das führt zu Leid und Unwissenheit. Willst du spirituelle Erleuchtung erfahren, dann gilt es dich ethisch zu verhalten und für das Gute in der Welt zu engagieren.

Hari Om Tat Sat
Om Om Om
Om Sarva-mangala-mangalye
Shive Sarvartha-sadhike
Sharanye Tryambake Gauri
Narayani Namostu Te
Om Shanti, Shanti, Shanti.

Ja, soweit zum Patanjali Yoga Sutra. Gerade zu diesen Versen habe ich auch sehr lange Kommentare geschrieben in dem Buch "Die Yoga Weisheit des Patanjali für Menschen von heute". So das du noch sehr viel mehr Anregungen bekommen kannst, Ethik im Alltag umzusetzen. Ja dies war ein Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe zum Yoga Sutra, ein Teil der Vortragsreihe zur Yoga Vidya Schulung, ganzheitlicher Yoga Vidya Weg zur Kultivierung aller Aspekte des Menschen mit der Ausrichtung zur Erleuchtung zur kommen. Auch Begleitmaterial zur 2-jährigen Yoga Vidya Yogalehrer Ausbildung, wo ich in diesen Teilen noch tiefer gehe, als was in den Vorträgen behandelt werden kann, so dass Interessierte noch tiefer in die Yoga Vidya Spiritualität eintauchen können.

Video - Yamas und Niyamas im Yoga Sutra

Raja Yoga - Kommentar zu den Raja Yoga Sutras von Patanjali

Kommentar von Sukadev Volker Bretz zu den Raja Yoga Sutras von Patanjali. Grundlage/Quellentexte: "Meditation und Mantras" von Swami Vishnu-devananda, herausgegeben vom Sivananda Yoga Vedanta Zentrum, München, ISBN 3-930716-003, und "Die Wissenschaft des Yoga" von I.K. Taimni, F. Hirthammer Verlag, ISBN 3-921288-80-0

Wichtige indische Schriften

Die Yoga Sutras von Patanjali gelten als wichtigste der Yogaschriften. Die vier bedeutendsten Yogaschriften sind

  • die Upanishaden, die den Jnana Yoga betreffen,
  • die Bhagavad Gita, die alle Yogawege umfaßt, sich aber vor allem auf Karma und Bhakti Yoga konzentriert;
  • die Hatha Yoga Pradipika, die den Hatha und Kundalini Yoga behandelt, und
  • die Yoga Sutras über den Raja Yoga, den Yoga der Geisteskontrolle.
Sukadev doziert über Patanjali

Patanjali selbst spricht übrigens nicht von Raja Yoga, sondern von Yoga allgemein. Der Ausdruck Raja Yoga stammt eigentlich aus der Hatha Yoga Pradipika. Dort heißt es: „Wir üben Hatha Yoga, um Raja Yoga zu erlangen.“ Denn es ist sehr schwer, nur durch geistig-psychologische Techniken Kontrolle über den Geist zu bekommen. Asanas und Pranayama können uns dabei helfen. So haben eigentlich die Hatha Yoga-Schriften den Ausdruck Raja Yoga für die Sutras von Patanjali populär gemacht. Raja heißt wörtlich „Herrscher“; durch Raja Yoga werden wir zum Herrscher über unseren Geist und unser Leben. Die Raja Yoga Sutras wurden von einem Weisen namens Patanjali geschrieben. Über seine Person und sein Leben ist fast nichts bekannt, nicht einmal mythologische Geschichten, was sehr außergewöhnlich ist, denn die Inder lieben es, Legenden zu erzählen. Möglicherweise hat er sich als Mensch bewußt im Hintergrund gehalten in der Vorstellung, nicht er als Person sei wichtig, sondern das Yogasystem, das dahintersteht und das er weitergibt. Patanjali ist nicht der Erfinder dieses Systems, sondern er hat altes, längst vorhandenes Wissen zusammengefaßt und geordnet. Die Raja Yoga Sutras sind etwa zwischen 600 vor und 500 nach Christus anzusiedeln. Da Patanjalis System mit dem Buddhismus große Ähnlichkeiten aufweist, nimmt man an, daß entweder Patanjali von der buddhistischen Tradition beeinflußt wurde oder umgekehrt Buddha von Patanjali. Die Meinungen, ob Patanjali vor oder nach Buddha gelebt hat, gehen auseinander.

Sutras

Es gibt verschiedene Formen indischer Schriften. Sutras sind die kürzeste und prägnanteste Weise, etwas zu sagen – nicht nur im Yoga, sondern auf allen Gebieten. Es gibt zum Beispiel die Nadya Sutras über indischen Tanz, es gibt Sutras über Politik u.s.w.. Für den Jnana Yoga sind zum Beispiel die Brahma Sutras sehr bedeutend. Aber es gibt nur dann eine Sutra, wenn die Tradition schon einige hundert Jahre alt und reif dafür ist, in Sutraform komprimiert zu werden. Sutra bedeutet wörtlich „Schnur“ oder „Faden“, was durchaus auch in unserer Kultur als „Leitfaden“ zu finden ist.

Eine Sutra ist kein Lehrbuch, das man liest und anschließend hat man alles verstanden. Es ist vielmehr als Leitfaden gedacht für den Lehrer, um dem Schüler den Raja Yoga beizubringen, indem er eben Sutra für Sutra durchgeht. Und es ist ein Leitfaden für den Schüler. In früheren Zeiten war es üblich, daß die Schüler die Sutras vollständig au.s.w.endig lernten, bevor der Lehrer irgendwelche Kommentare dazu abgegeben hat. Erst wenn der Schüler sie au.s.w.endig konnte, wurde er für fähig gehalten, im Raja Yoga unterwiesen zu werden. Sie sind übrigens nicht so schwer au.s.w.endig zu lernen, denn sie sind in Versen abgefaßt, die inhaltlich wie eine Schnur, eine Kette, aufeinander folgen. Man kann aus dem letzten Wort des vorhergehenden Verses jeweils fast schon den Anfang des folgenden Verses erraten. Der Sinn des Auswendiglernens ist auch, daß der Text im Geist dann immer parat ist. Denn in früheren Zeiten gab es kaum Bücher. Die Inder haben auf Palmblätter geschrieben. Palmblätter sind schwierig zu präparieren und zu beschreiben und halten auch nur einige Generationen lang. Dann müssen sie neu abgeschrieben werden. Einer der Gründe, warum man in Indien so große Schwierigkeiten hat zu bestimmen, von wann eine Schrift stammt, ist, daß man auf kein Original mehr zurückgreifen kann, sondern nur auf wiederholte Abschriften. Man kann also nicht beurteilen, ob eine Schrift nun schon Tausende oder „nur“ Hunderte von Jahren alt ist. Die Sutras wurden vorgelesen, vom Lehrer erklärt und von den Schülern gelernt. Dadurch lernten die Schüler auch ihren Geist und seine Arbeitsweise kennen. Yoga Sutras lernt man nur wegen ihres Inhalts, man rezitiert sie nicht wie zum Beispiel die Bhagavad Gita oder die Upanishaden, die gleichzeitig Mantracharakter haben und durch ihre Klangschwingung wirken. Auch heute noch findet man es in Indien relativ häufig, daß die Bhagavad Gita rezitiert wird – nicht so die Yoga Sutras.

Aufbau der Raja Yoga Sutras

Die Raja Yoga Sutras bestehen aus vier Teilen, den sogenannten Padas. Pada bedeutet wörtlich „Fuß“ oder eben im übertragenen Sinn Kapitel. Jedes Kapitel ist in Verse unterteilt, die als Aphorismen oder Sutras bezeichnet werden. Das Wort Sutra bezieht sich sowohl auf das Gesamtwerk wie auch auf jeden einzelnen Aphorismus. Die vier Füße, Kapitel, auf denen die Sutras stehen sind:

  • Samadhi Pada
  • Sadhana Pada
  • Vibhuti Pada
  • Kaivalya Pada

Samadhi Pada wird oft auch als „Theorie des Geistes“ betitelt. Im ersten Kapitel beschreibt Patanjali, welche Stufen des Bewußtseins und welche Arten von Samadhi es gibt und wie der Geist funktioniert, bzw. was er ist. Er behandelt der Reihe nach, was Yoga ist, dann die verschiedenen Gedanken im Geist, die verschiedenen Weisen, wie man den Geist beherrschen kann, die verschiedenen Samadhikein Leerzeichen am Ende!-Stufen (Savitarka, Nirvitarka, Savichara, Nirvichara, Sananda und Sasmita) als Formen von Sarvikalpa Samadhi, und schließlich Nirvikalpa Samadhi. Weiterhin schreibt er über die Hindernisse auf dem Weg, Hinweise zu deren Überwindung und schließlich nochmals über Samadhi und die Folgen von Samadhi. Das zweite Kapitel hat als Hauptthema Sadhana, die spirituelle Praxis. Patanjali beschreibt dort zunächst den sogenannten Kriya Yoga, auf den wir noch zurückkommen werden, dann die Kleshas, die Ursachen des Leidens, was Karma ist und Teile der Raja Yoga-Philosophie, die letztlich aus dem Samkhya-System stammt. Dabei geht es um die Fragen: Was ist diese Welt, warum bin ich überhaupt in dieser Identifikation, was ist der Sinn des Ganzen, was ist Bindung und was ist Befreiung? Der bekannteste Teil der Raja Yoga Sutras, die acht Stufen des Yoga, findet sich ebenfalls im zweiten Kapitel. Speziell die ersten fünf Stufen – Yama, Nyama, Asana, Pranayama, Pratyahara – sowie ihre Wirkungen, wenn wir sie üben, sind hier beschrieben. Die Kapitel sind nicht so systematisch, wie die Überschriften dies vermuten lassen, eben weil es Sutra–Stil ist und als Leitfaden zur Unterweisung und für die Praxis dient. Es würde unter diesem Gesichtspunkt keinen Sinn machen, das erste Viertel nur mit Theorie zu füllen, das zweite nur mit Praxis. Im ersten Teil überwiegt zwar die Theorie und im zweiten die Praxis, aber gleichzeitig findet sich im ersten Kapitel auch Praxis und im zweiten auch Theorie. Trotzdem ist das Hauptthema des ersten Kapitels Theorie des Geistes und des zweiten Kapitels spirituelle Übung. Letzteres umfaßt sowohl die eigentlichen Praktiken (Yama, Nyama, Asana, Pranayama, Pratyahara) als auch die Lebenseinstellung des Yogis, was dann wieder in die Philosophie und die Theorie des Karmas hineingeht.

Das dritte Kapitel beschreibt die höheren Stufen des Raja Yoga, nämlich Dharana, Dhyana und Samadhi, also Konzentration, Meditation und Überbewußtsein und deren Auswirkungen. Der größte Teil des 3. Kapitels behandelt die Auswirkungen, die es hat, wenn man in der Lage ist, den Geist ganz auf etwas zu konzentrieren. Wenn wir zu einer großen Konzentration fähig sind, entstehen außergewöhnliche Fähigkeiten. Daher ist das 3. Kapitel ganz faszinierend. Es wird in den Kommentaren oft vernachlässigt in der Vorstellung, das alles sei nur für sehr weit entwickelte Menschen oder die Siddhis (übernatürliche Fähigkeiten), die dabei entstehen, seien doch nur Hindernisse auf dem spirituellen Weg, mit denen man sich als Aspirant gar nicht so sehr abgeben solle. Aber da Patanjali ein Viertel seines ganzen Werkes diesem Thema widmet, kann es wohl doch nicht ganz so sein.

Swami Vishnu hat einige Aphorismen davon erläutert und gezeigt, daß sie nicht nur Siddhas (Meistern im Besitz übernatürlicher Kräfte) vorbehalten sind, sondern auf jeder Entwicklungsstufe ganz praktisch anwendbar sind, um bestimmte Probleme zu lösen und Hindernisse im Geist wegzuräumen. Indem wir lernen, uns zu konzentrieren, kommen alle möglichen Fähigkeiten. Patanjali sagt im Grunde genommen, daß Konzentration alles ist. Und das gilt auf allen Stufen der Entwicklung. Konzentrationstechniken sind nicht nur für Menschen, die tatsächlich Samadhi erreichen, sondern auch für spirituelle Aspiranten, die ernsthaft auf dem Weg sind und Konzentration üben wollen. Swami Vishnu sagte immer: „Für einen Yogi mit Konzentration ist nichts unmöglich“ oder „Konzentration ist der erste Schritt der Meditation“, „Ein zerstreuter Geist ist unfähig zu meditieren“. Dazu gehört auch, im Alltag, im ganz Banalen, konzentriert zu sein. Diese Konzentration können wir im täglichen Leben mit Hilfe der anstehenden Aufgaben entwickeln.Umgekehrt können wir auch die Schwierigkeiten des täglichen Lebens besser bewältigen, wenn wir konzentriert sind.

Swami Nidyananda pflegte zu sagen: „Concentrate, just concentrate“ – nicht auf etwas konzentrieren, sondern einfach nur konzentrieren, immer ganz konzentriert sein, dann kommt alles andere von selbst. Wenn wir eine so starke Konzentration entwickeln, entsteht Macht, und Macht korrumpiert. Patanjali beschreibt hier ganz großartige Dinge, wie wir zum Beispiel den Geist anderer Menschen kennenlernen und beeinflussen, Vergangenheit und Zukunft sehen, unsere früheren Leben erfahren, größer, kleiner, unsichtbar, schwer, leicht u.s.w.. werden können – was sowohl wörtlich zu verstehen ist als auch im übertragenen Sinn. Wir werden es hier mehr im übertragenen Sinn interpretieren: Wie diese Techniken uns schwergewichtig machen, so daß wir wahrgenommen werden, wenn wir etwas zu sagen haben, oder wie sie uns unsichtbar machen, so daß wir von anderen Menschen in einer bestimmten Situation nicht wahrgenommen werden. Es ist aber auch durchaus wörtlich zu nehmen. Ich selbst habe mehrmals erlebt, wie Swami Vishnu in die Zukunft sehen konnte, daß er hellseherische Fähigkeiten hatte und Ereignisse, die eigentlich unmöglich waren, möglich gemacht hat. Wenn er eine Vision hatte, spielte es keine Rolle, ob es äußerlich möglich war oder nicht – es hat sich einfach manifestiert.

Die Gefahr dabei ist, daß das Ego sich aufbläst. Daher sagt auch Patanjali, die Siddhis, die sich dabei entwickeln, sind Hindernisse, denn sie verstärken das Ego. Je fortgeschrittener wir sind, desto weniger werden wir unsere geistigen Kräfte benutzen. Allerdings für den, der fortgeschritten, aber noch nicht so sehr fortgeschritten ist, ist es gut, diese Techniken zu üben, um die Konzentration weiterzuentwickeln und seinen Geist zum Instrument Gottes werden zu lassen.

Bei all dem müssen wir Hingabe zu Gott üben, uns bewusst sein, auch wenn wir unsere Konzentrationsfähigkeit benutzen, sind wir Diener Gottes und stellen all unsere Fähigkeiten, unser Prana, als Instrument Gottes zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dagegen. Wir entwickeln dann diese Fähigkeiten, um ein besserer Diener Gottes zu werden und nicht, um ein dickes Ego zu bekommen. Nicht „Das habe ich toll gemacht“, sondern: „Gott wirkt durch mich hindurch“. Man muß sich immer als Kanal Gottes sehen und alles, was man an Fähigkeiten bekommt und erreicht, als Gnade Gottes empfinden.

Das vierte Kapitel ist Kaivalya, die Befreiung. Es enthält zwar tatsächlich einiges über Befreiung, aber relativ unzusammenhängend auch über alle möglichen anderen Themen. Es gab auch eine Theorie, nach der das vierte Kapitel nicht von Patanjali sein könne, weil hier ein Aphorismus auf den anderen folgt, ohne daß sie miteinander etwas zu tun hätten. Laut der modernen Kommentatoren soll es aber trotzdem von Patanjali sein. Er hat eben in dieses vierte Kapitel alles hineingebracht, was nicht in die Logik und Aufeinanderfolge von Versen der ersten drei Kapiteln hinein gepasst hat, aber trotzdem wichtig ist. Er spricht zum Beispiel nochmals über Siddhis, die übernatürlichen Kräfte und deren mögliche Ursachen. Er geht erneut auf Karma ein, auf den Unterschied zwischen Chitta und Atman (Geist und Selbst), auf das Wesen des Gedankens, die Philosophie der Wahrnehmung und er endet natürlich mit Kaivalya, der Befreiung.

Alle Kommentare von Sukadev zum Yoga Sutra

Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya kommentiert das Yoga Sutra immer wieder. Hier Links zu diesen Kommentaren:

Kommentare zum gesamten Yoga Sutra als Video und Audio

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Yoga Sutra Kapitel 1

Raja Yoga Sutra Kapitel 2

Yoga Sutra 3. Kapitel

Yoga Sutra 4. Kapitel

Siehe auch

Weblinks

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