Handeln
Handeln - bezeichnet jedes Tun, Dulden oder Unterlassen eines von Motiven geleiteten zielorientierten Wirkens. So kann man sich für etwas einsetzen oder generell aktiv werden für die gute Sache oder sich für das Gute engagieren. Man kann sich entscheiden etwas auszuhalten, was dem Dulden entsprechen würde. Braucht jemand Hilfe und man tut nichts, so ist dies auch Handeln, im Sinne von Unterlassen.
Handeln und Nichthandeln
- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -
Wer kann vielleicht auf Handeln, Karma Yoga verzichten und den kontemplativen Weg der Meditation gehen.
Wer Yoga zu erreichen wünscht muss Handeln
Kommentar zur Bhagavad Gita 6. Kapitel 3. Vers
Für den Weisen, der Yoga zu erreichen wünscht, gilt handeln als der Weg. Für den Weisen, der Yoga erreicht hat, gilt Nichthandeln als der Weg.
Wenn du zum Yoga kommen willst, ist erst einmal Tätigkeit wichtig. Am Anfang ist Sadhana, Pranayama, Asanas, Meditation und Mantrasingen, wichtig. Zu Beginn des spirituellen Weges, wächst du mehr an Aufgaben, die dir im Alltag gegeben werden.
Er sagt hier: Für den der eine gewisse Stufe erreicht hat, gilt Nichthandeln als der Weg. Dann ist das, was du in der Meditation machst, das wichtigere.
Kommentar zur Bhagavad Gita 6. Kapitel 4. Vers
Wenn ein Mensch nicht an den Sinnesobjekten oder Handlungen hängt und allen Sankalpas entsagt hat, wird von ihm gesagt, er habe Yoga erreicht.
In den vorherigen Kapiteln hat er gesagt, man solle den Dualismus aufheben zwischen Entsagung und nur noch meditieren und Karma Yoga, den Yoga des Handelns.
Du bist zum Handeln gezwungen
Selbst der, der sagt, er führe nur noch ein kontemplatives Leben, das auch er handeln muss. Man muss essen und muss irgendwie zum Essen kommen. Auch wenn man bettelt, um zum Essen zu kommen. Wenn man andere bitten muss, die Hütte, das Haus zu reparieren. Dann ist auch das handeln.
Handeln ist in jedem Fall nötig. Du musst atmen, du musst auf die Toilette, du musst Hygiene machen. All das ist nötig. Vollkommene Entsagung ist nicht möglich.
Auch Karma Yoga, in dem Sinn da sein für andere, nicht möglich als spirituelle Praxis. Du musst auch jeden Tag, Asana, Pranayama und Meditation üben. Man kann jetzt diesen Vers so deuten:
Swami Sivanandas Wahlspruch
Am Anfang des Weges, ist das was du im Alltag tust, noch wichtiger als die Meditation. Nicht umsonst sagte Swami Sivananda, in den Zusammenfassungen seiner Lehren: „Serve, love, give, purify, meditate, realize (diene, liebe, gib, reinige dich, meditiere, verwirkliche)“.
- 1. Serve
Zuerst kommt das Dienen, das was du tust für Andere. Das was du tust, für Gott. Das was du tust, für den Guru - Dienen.
- 2. Love
Und mache das mit Liebe, mache es mit Liebe zu den Menschen, mache es mit Liebe zur Schöpfung, mache es mit Liebe zu Gott. Mache es mit Liebe zum Guru. Entwickle diese Liebe selbst gegenüber den Menschen, die nicht so freundlich zu dir sind. Entwickle Liebe zu den Menschen die Dinge tun, die du überhaupt nicht magst. Manchmal wirst du vielleicht Menschen von unethischem Handeln abhalten müssen, tue es trotzdem mit Liebe - Liebe.
- 3. Give
Teile das was du hast mit Anderen. Finde heraus was du hast, sowohl an Besitz, wie auch an Fähigkeiten, an Wissen. Teile es mit Anderen - Gib.
- 4. Purify
Dann folgt Reinige und Asanas, Pranayama, Meditation sind zu Anfang größtenteils Reinigung. Führe ein sattwiges Leben, verzichte auf tamasige Sachen, reduziere rajasige Dinge. Gehe in reine Umgebungen, wie in den Satsang, gehe in spirituelle Gemeinschaften. Gehe dort regelmäßig hin und praktiziere gemeinsam. Gehe in einen Ashram oder lebe in Einem.
- 5. Meditate
Dann folgt Meditation. Wenn du die ersten vier regelmäßig machst, wird die Meditation immer tiefer.
- 6. Realize
Schließlich kommt die Verwirklichung.
Die richtige Einstellung
Wenn du am Anfang des Weges stehst, ist es wichtig dass du jeden Tag Asanas, jeden Tag Pranayama, jeden Tag Meditation übst und vielleicht auch jeden Tag Swadhyaya (Selbststudium) übst, Schriften lesen, Videos oder Audios anhörst über den spirituellen Weg. Du brauchst diese Inspiration. Aber was deinen spirituellen Fortschritt besonders antreibt, ist deine Einstellung zu dem was du tust.
Wenn du das was du tust, von ganzen Herzen machst, Gott darbringst, dich als Instrument siehst. Und die Erfahrungen, die Herausforderungen des Alltags, die dich manchmal durchrütteln, auf die Probe stellen, enttäuschen, verärgern usw. Wenn du all diese Erfahrungen annimmst als Lektionen des Göttlichen, dann wächst du gut.
Am Anfang des spirituellen Lebens, ist es die spirituelle Praxis, die dir die Kraft gibt, die spirituelle Einstellung zu haben für den Alltag. Was deinen Fortschritt, des spirituellen Lebens betrifft, ist es weniger die Menge und die Qualität deiner Praxis (Asanas, Pranayama und Meditation), sondern es ist mehr deine Einstellung im Alltag.
Spiritualität im Alltag
Hast du eine spirituelle Einstellung im Alltag oder machst du einen künstlichen Unterschied zwischen spirituellem Leben und weltlichem Leben. Weltliches Leben, mein Broterwerb, dort stehe ich meinen Mann/Frau oder dient nur dem Gelderwerb.
Und spirituelles Leben ist die eine Stunde wo ich spirituelle Praktiken mache und eine halbe Stunde wo ich spirituelle Bücher lese oder spirituelle Videos anschaue usw. Dies ist nicht das spirituelle Leben, diese anderen Stunden solltest du dem spirituellen Leben widmen.
Wenn du denkst, der Sukadev hat leicht reden, der lebt in einem Ashram, da ist alles leicht. Hier im Ashram ist es genauso, es gibt einige Sevakas - Gemeinschaftsmitglieder - die sagen, ich muss meinen Job machen. Ich würde lieber mein Seva, mein uneigennütziges Dienen reduzieren um mehr Zeit zu haben, für die [Spirituelle Praktiken|spirituellen Praktiken].
Das Hauptwachstum liegt eben nicht hauptsächlich in den spirituellen Praktiken, sondern im Seva, im uneigennützigen Dienen, im Karma Yoga, dort gilt es sich zu engagieren. Bist du wirklich interessiert an spiritueller Entwicklung? Überprüfe:
- Hast du die Einstellung hast, das die Aufgabe, die dir geschickt wird von Gott kommt, um zu wachsen.
- Hast du wirklich die Einstellung, dass das was du tust, dass du es als Dienen machst?
- Bist du wirklich in der Lage, dich nicht damit zu identifizieren?
- Bist du in der Lage auf Wünsche auf Vorurteile zu verzichten?
- Bist du in der Lage nicht an den Früchten der Handlungen zu hängen?
Wenn nicht, arbeite daran! Hier im Vers sagt Krishna: Wenn du nicht an den Sinnesobjekten hängst, wenn zum Beispiel das Essen mal nicht gesalzen, oder versalzen ist, wenn deine Lieblingsspeise nicht da ist, die falschen Gewürze drin sind usw. Wenn es zu kalt ist, weil jemand das Fenster aufgemacht hat. Wenn es zu warm ist, weil das Fenster zu ist. Wenn es zu laut, oder zu leise ist, wenn unangenehme Gerüche da sind usw. Wenn dir das alles nichts ausmacht, dann hast du eine Stufe im Yoga erreicht.
Drei Kriterien gibt es die zeigen, ob du eine gewisse Stufe im Yoga erreicht hast. Ab da wo Meditation wichtiger wird, als das Karma Yoga.
- 1. Nicht an den Sinnesobjekten hängen
- 2. Nicht an der Handlung hängen
Sind all die Sachen des Karma Yoga. Auch wenn ein Anderer deine Aufgabe übernimmst, nicht an der Handlung hängen (weil du weggedrängt wurdest). Wenn du nicht schimpfst hast du etwas erreicht. Nicht am Ergebnis der Handlung und an den Früchten der Handlung hängen.
- 3. Allen Sankalpas (Wünsche, egoistische Vorsätze, Vorgefassten Meinungen, Vorstellungen..) entsagen.
Wenn du diese drei Kriterien erfüllst, ab dann hast du eine Stufe im Yoga erreicht, wo Meditation als spirituelle Praxis, die wichtigere ist. Du hast dein Rajas, dein Tamas überwunden.
In der Jnana Yoga Terminologie würde man sagen, du hast Mala überwunden, die Unreinheit des Geistes. Du hast Vikshepa überwunden, die Unruhe und die Zerstreuung des Geistes.
Bleibt als letztes Hindernis, Avarana, der letzte Schleier der Unwissenheit. Diesen Schleier überwindest du tatsächlich durch reine Meditation. Dann ist es an der Zeit, dein Leben der Meditation zu widmen, deine physischen Bedürfnisse zu reduzieren, die Zeit der Meditation auszubauen.
Falls es dir nicht möglich ist, weil du deinen Lebensunterhalt verdienen musst, oder du Sevaka bei Yoga Vidya bist, da gehört uneigennütziges Dienen dazu, wirst du die Zeit der Meditation erhöhen. Du wirst die Zeit der Zerstreuung reduzieren. Du wirst die größte Intensität in die Meditation hinein bringen.
Die meisten Menschen sind nicht so weit und sie müssen mehr Aufmerksamkeit auf das Karma Yoga richten. Sie müssen die anderen spirituellen Praktiken machen um mehr Energie, Inspiration zu bekommen für das Karma Yoga.
Das nächste Mal spreche ich über den Yoga des Gleichmuts, Yoga des freundlichen Umgangs mit sich selbst.
Die Kommentare der Bhagavad Gita ausführlich im Yoga Vidya Schriften Blog und weitere Informationen findest du auf den Yoga Vidya Internetseiten
Verfasser: Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, Schüler von seinem Guru Swami Vishnu-devananda, dieser wiederum Schüler von Swami Sivananda / nach der Yoga Vedanta Tradition, die sich zum großen Teil auf den großen Meister Shankaracharya bezieht
Video - Handeln und Nichthandeln
Meditation und Handeln
- Auszug aus dem Buch "Konzentration und Meditation" von Swami Sivananda -
Der Mensch besteht aus dem Atman sowie dem Geist-Psyche-Denken und dem Körper. Der Atman seinerseits hat zwei Aspekte, einen unveränderlichen und einen veränderlichen. Der letztere heißt Welt, der erstere Gott. Die Welt aber ist nichts anderes als Gott in Manifestation. Nicht, dass die Welt nicht existieren würde – aber sie hat eine relative Existenz.
Der atman ist alldurchdringend, ewig, vollkommen und rein, ist All-Seligkeit, All-Macht, All-Wissen. Er nimmt aus seinem eigenen freien Willen heraus all diese Namen und Formen an, die „Welt“ genannt werden (namarupa jagat). Dieser Wille wird Shakti genannt, kosmische Energie und ist atman in Aktion.
Shakti – der schöpferische Wille
Im nirguna atman ist die shakti statisch, latent. Im saguna atman ist sie dynamisch – atman in Bewegung. atman hat keine Wünsche, weil er vollkommen ist und es keine Dinge außerhalb von ihm gibt. Wunsch bedeutet Anziehung, die Unvollkommenheit voraussetzt. Genau dies ist die Entscheidung zu einer Handlung von innen heraus. Wenn atman will, entsteht die Welt. Der Wille atmans hält und beherrscht das Weltall. Der Mensch wird durch Egoismus, Begierde und Furcht hin- und hergetrieben, weil er sich mit der Begrenzung durch Geist und Körper identifiziert. Die Vorstellung von Begrenztheit kommt aus Ich-Identifikation.
Ziel des menschlichen Lebens ist die Verwirklichung der Einheit in allem Manifesten und Unmanifesten. Diese Einheit ist immer vorhanden – wir haben sie nur aus Unwissenheit heraus vergessen. Die Entfernung dieses Schleiers der Unwissenheit, der Vorstellung, dass wir auf Körper und Geist beschränkt sind, ist die Hauptaufgabe in der spirituellen Praxis.
Daraus folgt logischerweise, dass wir die Vorstellung von Vielfalt aufgeben müssen, um Einheit zu verwirklichen.
Dazu halten wir ständig die Vorstellung aufrecht, dass wir in unserer wahren Essenz alldurchdringend, allmächtig usw. sind. Und indem wir uns klar werden, dass da kein Raum für Wünsche ist, denn in der Einheit gibt es keine emotionale Anziehung, sondern nur beständige, dauerhafte, ruhige, ewige Glückseligkeit.
Es ist ungenau, von einem „Wunsch nach Befreiung“ zu sprechen. Denn Befreiung bedeutet nur die Erlangung des Zustands der Unendlichkeit, der schon besteht, der unsere wahre Natur ist und deshalb nicht Gegenstand unseres Wunsches sein kann. Wir können uns nichts wünschen, was wir schon sind. Alle Wünsche wie zum Beispiel nach Nachkommenschaft, Wohlstand, Glück in dieser Welt oder in den Himmelswelten und schließlich selbst der Wunsch nach Befreiung sollten vollkommen sublimiert werden und alle Handlungen nur vom reinen, selbstlosen Willen in Richtung auf das Ziel bestimmt sein.
Diese sadhana - der unaufhörliche Versuch, sich als eins mit allem zu fühlen – kann oder vielmehr muss sogar mitten in intensiver Tätigkeit und Aktivität kultiviert werden. Das ist die zentrale Lehre der Gita. Sie ist einleuchtend, denn das Göttliche ist saguna und nirguna zugleich, mit und ohne Form. Lasse Geist und Körper tätig sein im Bewusstsein, dass du sie nicht bist, sondern dass du ihr lenkender Beobachter bist. Identifiziere dich nicht mit diesen äußeren Stützen (adhara).
Natürlich ist es am Anfang wichtig, regelmäßig zu meditieren. Nur jemand mit einem außerordentlich starken Willen könnte darauf verzichten. Aber für den normalen spirituellen Aspiranten ist Meditation unverzichtbar. In der Meditation werden die Instrumente – Körper und Geist – stetig, sodass es in diesem Zustand verhältnismäßig einfach ist, ein Gefühl von Einheit hervorzurufen. Inmitten täglicher Aktivitäten ist das schwierig. Karma Yoga mit dieser inneren Einstellung ist daher herausfordernder als reiner Jnana Yoga. Es ist aber sehr wichtig, alles zu spiritueller Praxis zu machen – also nicht nur die Meditationspraxis im engeren Sinn. Sonst geht es langsam, denn ein paar Stunden Meditation über die Einheit und Identifikation mit Körper und Geist im größten Teil des Tages bringen keinen schnellen substantiellen Fortschritt.
Hilfreich ist, om als Symbol mit der abstrakten Idee zu verbinden, denn es ist seit undenklichen Zeiten als Symbol für Einheit verwendet worden. Daher ist die wirkungsvollste Methode, om auch tagsüber zu wiederholen und sich seiner Bedeutung bewusst zu sein. Darüber hinaus braucht es einige Zeit morgens und abends, die nur der Meditation im engeren Sinn gewidmet ist.
Interesseloses Handeln, Werke notwendig zum Bestande der Welt
Ausschnitt aus dem Buch "Der Gesang des Heiligen. Eine philosophische Episode des Mahabharatam". Eine Übersetzung der Bhagavadgita von Paul Deussen. Leipzig. F.a. Brockhaus. 1911. S. 21-29. Krishna belehrt Arjuna über verhaftungsloses Handeln und Karma Yoga.
Arjuna sprach:
- 1. (951.) Wenn nach deiner Meinung, o Janardana, die Erkenntnis höher steht als das Werk, warum spornst du mich dann an zu einem grausamen Werke, o Vollhaariger?
- 2. (952.) Durch deine widerspruchsvolle Rede verwirrst du meinen Geist; sage mir doch das Eine mit Bestimmtheit, wodurch ich das Heil erlangen kann.
Der Heilige sprach:
- 3. (953.) Zwei Standpunkte gibt es in dieser Welt, wie ich schon vordem gelehrt habe, o Untadeliger: Die Hingebung an die Erkenntnis ist der Standpunkt der Reflektierenden (Sankhya), die Hingebung an das Werk ist der der Yoga-Übenden.
- 4. (954.) Nicht durch Enthaltung von den Werken erlangt der Mensch die Werkbefreiung, und nicht durch bloßes Wegwerfen von allem gelangt er zur Vollendung.
- 5. (955.) Der Mensch kann doch nie auch nur einen Augenblick bestehen, ohne Werke zu tun. Denn ein jeder wird auch gegen seinen Willen gezwungen zu wirken durch die seiner Natur (Prakriti) eingeborenen Gunas (Beschaffenheiten).
- 6. (956.) Wenn einer zwar die wirkenden Sinnesorgane im Zaume hält und müßig sitzt, aber in seinem Herzen den Sinnendingen nachhängt, der ist betörten Geistes und auf falschem Wege.
- 7. (957.) Wer hingegen die Sinne durch das Manas im Zaume hält und dann, o Arjuna, mittels der Tatorgane sich dem Tun hingibt ohne Anhänglichkeit, mit dem steht es anders.
- 8. (958.) Vollbringe du das notwendige Werk, denn das Tun steht höher als das Nichttun, und auch der Fortgang des Körperlebens ist nicht möglich, ohne dass man Werke tut.
- 9. (959.) Auch abgesehen von den Werken, welche um der Opferpflicht willen notwendig sind, bleibt diese Welt an Werke gebunden. Darum, o Kuntisohn, tue das Werk, aber tue es ohne Anhänglichkeit.
- 10. (960.) Als der Schöpfer Prajapati zugleich mit dem Opfer vordem die Wesen schuf, da sprach er zu ihnen: Durch dieses sollt ihr euch fortpflanzen, dieses sei euch die eure Wünsche erfüllende Wunschkuh.
- 11. (961.) Fördert ihr durch das Opfer die Götter, und die Götter wiederum sollen euch fördern; indem ihr euch gegenseitig fördert, werdet ihr das höchste Glück erlangen.
- 12. (962.) Denn die Götter, durch eure Opfer gefördert, werden euch die gewünschten Genüsse gewähren; wer das von ihnen gewährte genießt, ohne ihnen etwas wiederzugewähren, der ist eben ein Dieb.
- 13. (963.) Die Guten essen, was vom Opfer übrigbleibt, und werden dadurch von allen Sünden gereinigt; die Bösen aber, welche nur zu ihrem eigenen Besten kochen, die essen zu ihrem Verderben.
- 14. (964.) Die Wesen entstehen aus der Nahrung, die Nahrung entsteht aus dem Regen (Parjanya), der Regen entsteht aus dem Opfer, das Opfer entsteht aus dem Werke;
- 15. (965.) das Werk entsteht aus dem Vedaworte (Brahman), das Vedawort entsteht aus dem Unvergänglichen; somit hat das allumfassende (Sarvagata) Vedawort allezeit seinen Halt im Opfer.
- 16. (966.) So dreht sich das Rad im Kreise, und wer es nicht in Umdrehung versetzt hienieden, der führt ein ruchloses Leben, ist ein Tummelplatz der Sinne und lebt, o Sohn der Pritha, vergeblich.
- 17. (967.) Aber der Mensch, welcher am Atman sich freut, am Atman sich ersättigt und am Atman sein Genüge findet (vgl. Chand. Up. 7,25,2. Mund.Up. 3,1,4), für den gibt es keine Pflicht mehr.
- 18. (968.) Er hat keinen Zweck im Auge bei dem, was er tut, er hat keinen Zweck im Auge bei dem, was er nicht tut; und bei allen Wesen sucht er keinen Stützpunkt seiner Zwecke.
- 19. (969.) Darum betreibe allezeit die obliegende Pflicht ohne Anhänglichkeit; denn wer ohne Anhänglichkeit seine Pflicht erfüllt, der Mann erlangt das Höchste.
- 20. (970.) Nur durch ihre Werke sind Könige wie Janaka zur Vollendung gelangt. Und auch darum musst du handeln, damit du die andern Menschen [zu ihrer Pflicht] anhältst.
- 21. (971.) Denn was der an höchster Stelle Stehende tut, das ahmen die übrigen Menschen nach, und was er sich als Richtschnur erwählt, danach richtet sich auch das Volk.
- 22. (972.) Nicht liegt mir [als Allgeist], o Sohn der Pritha, in allen drei Welten irgend etwas ob, was ich zu tun hätte, noch gibt es für mich etwas zu erlangen, was ich nicht schon erlangt hätte, und doch betätige ich mich in Wirkungen.
- 23. (973.) Denn, sollte es je geschehen, dass ich nicht unermüdlich tätig wäre, so würden, o Sohn der Pritha, die Menschen allerwärts meinem Beispiel folgen.
- 24. (974.) Alle Welten würden in Untätigkeit verharren, wenn ich nicht mein Werk vollbrächte, und ich würde Verwirrung veranlassen und die Geschöpfe hier zugrunde richten.
- 25. (975.) Und so wie die Nichtwissenden handeln mit Anhänglichkeit an ihr Werk [und seinen Lohn], so soll der Wissende ohne Anhänglichkeit handeln, um [durch sein Beispiel] die übrigen dazu anzuhalten, o Bharata,
- 26. (976.) Er soll die Nichtwissenden, die noch an dem Werke hängen, in ihrem Bewusstsein nicht irre machen; er, der Wissende, soll sie veranlassen, alle Werke mit Freudigkeit zu tun, indem er selbst mit Hingebung sie betreibt.
- 27. (977.) Die Werke, wo sie auch immer geschehen, werden getan durch die Gunas der Prakriti, aber der Mensch, in seinem Selbste betört durch den Ahamkara (Ichbewusstsein), wähnt: Ich bin der Handelnde.
- 28. (978.) Wer aber die Wesenheit kennt, o Großarmiger, der macht einen Unterschied zwischen den Gunas und dem [gunalosen] Werke; er begreift, dass die Gunas sich unter den Gunas betätigen, und hält sich frei von Anhänglichkeit.
- 29. (979.) Die Menschen, betört durch die Gunas der Prakriti, sind an jene Werke der Gunas anhänglich, sind trägen Geistes und Halbwissende; sie möge der Ganzwissende nicht irre machen.
- 30. (980.) Mir sollst du alle Werke weihen, den Geist gerichtet auf den höchsten Atman, und so, von Hoffnung und Selbstheit frei, mögest du kämpfen ohne Bekümmernis.
- 31. (981.) Die Menschen, welche allezeit diese meine Vorschrift befolgen, im Glauben und ohne Murren, die gelangen sogar durch ihre Werke zur Erlösung.
- 32. (982.) Diejenigen aber, welche murren und diese meine Vorschrift nicht befolgen, diese in allem Erkennen Betörte und Besinnungslose wisse als Verlorene.
- 33. (983.) Betätigt sich doch auch der Wissende entsprechend seiner eigenen Natur; ihrer Natur (Prakriti) folgen alle Wesen, was kann da Hemmung ausrichten!
- 34. (984.) Jedes Sinnesorgan steht fest, sei es in Liebe, sei es in Hass, seinem Gegenstande gegenüber; unter diese beiden soll man sich nicht beugen, denn beide sind hinterlistige Feinde des Menschen.
- 35. (985.) Besser ist es die eigene Pflicht ohne Tüchtigkeit, als die fremde Pflicht mit Erfolg zu betreiben; ja, es ist besser in der Erfüllung der eigenen Pflicht zugrunde zu gehen, Befassen mit fremder Pflicht bringt Gefahr!
Arjuna sprach:
- 36. (986.) Aber durch wen wird der Mensch angestiftet, das Böse zu tun, selbst gegen seinen Willen, o Nachkomme des Vrishni, und gleichsam mit Gewalt dazu gedrängt?
Der Heilige sprach:
- 37. (987.) Es ist die Begierde, es ist der Zorn, entspringend aus dem Gunas des Rajas (Leidenschaft), ein großer Fresser, ein großer Bösewicht, ihn wisse hienieden als den wahren Widersacher.
- 38. (988.) Wie das Feuer vom Rauch umhüllt wird, wie Rostflecken den Spiegel verdecken, wie der Embryo von der Eihaut umschlossen wird, so ist von ihm diese ganze Welt überzogen.
- 39. (989.) Verdunkelt wird sogar das Wissen des Wissenden von diesem ewigen Widersacher, der die Gestalt der Begierde annimmt, o Sohn der Kunti, und ein unersättliches Feuer ist.
- 40. (990.) Die Sinnesorgane, das Manas und die Buddhi sind sein Standort; von diesen aus verdunkelt er das Wissen und überschattet die Seele.
- 41. (991.) Darum vor allem, o Stier der Bharatas, bändige deine Sinnesorgane und schlage jenes Böse aus dem Felde, welches Erkenntnis und Lebenserfahrung vergiftet.
- 42. (992.) Die Sinnesorgane, heißt es, sind vorzüglich, vorzüglicher als die Sinnesorgane ist das Manas, vorzüglicher als das Manas ist die Buddhi (vgl. Kath. Up.3,10. 6,7), wer aber noch vorzüglicher als die Buddhi ist, das ist er [der Atman].
- 43. (993.) Also wisse ihn als vorzüglicher noch als die Buddhi, befestige deinen Atman durch den [höchsten] Atman und bekämpfe jenen. Feind, o Großarmiger, der sich in die Begierde kleidet und schwer zu fassen ist.
Siehe auch
- Yoga Vidya Meditationskurs Anfänger - 10 Wochen
- Karma Yoga
- Karma Yogi
- Karma
- Allgestalt
- Aufgabe
- Bhagavadgita
- Einswerdung
- Erkenntnis
- Ewigkeit
- Gottesverehrung
- Kshetra
- Königswissen
- Lebensführung
- Macht
- Opfer
- Pflicht
- Prakriti
- Purusha
- Sein
- Shraddha
- Verehrung
- Verhaftungslosigkeit
- Verzagtheit
- Wesen
Literatur
- Paul Deussen: "Der Gesang des Heiligen. Eine philosophische Episode des Mahabharatam". Übersetzung der Bhagavadgita. Leipzig. F.a. Brockhaus. 1911.
- Sukadev Bretz: Meditieren lernen in 10 Wochen - Übungsbuch mit MP3-CD
- Sukadev Bretz, Ulrike Schöber: Der Pfad zur Gelassenheit
- Sukadev Bretz: Karma und Reinkarnationauch als ebook oder Hörbuch
- Sukadev Bretz: Die Bhagavad Gita für Menschen von heute
- Swami Sivananda: Bhagavad Gita
- Swami Sivananda: Sadhana
- Swami Sivananda: Karma Yoga
- Swami Sivananda: Konzentration und Meditation