Einsiedler

Aus Yogawiki

Zum täglichen Gebrauch für die Schüler der Einsiedelei

Merksprüche vom Indologen Heinrich Zimmer aus seinem Buch "Der Weg zum Selbst" 1944 erschienen im Rascher Verlag Zürich

Karman — was wir einst taten, sprachen und wollten — reift uns zum Schicksal, so will es der Höchste. So ist es selber gött-liche Gewalt? — nein es ist lebloser Stoff, Was Karman wirkte muß vergehen, aber unser Tun treibt Samen; das ist die Ursache, daß der Täter immer neu im Meer des Karman versinkt, Aus Karman reift keine Erlösung. Aber Tun ohne Verlangen und Wünsche, rein in Hingabe an den Höchsten Herrn getan, reinigt das Gemüt und bereitet es zur Erlösung. Andacht mit Leib, Rede und stummer Sammlung: — »pûjâ«, Andacht mit Gebärden, Blumen und Gaben, »japa«, Singen und Flüstern heiliger Formeln und Namen Gottes, »dhyâna«, innere Betrachtung göttlicher Erscheinung in gesammelter Schau, — diese drei sind die Stufenleiter frommen Tuns. Das achtfältige All mit den fünf Elementen, mit Sonne, Mond und allen Wesen als Offenbarung des Höchsten anzuschauen, ist echte Verehrung Gottes. Besser als lange Preislieder ist es, nur Gottes Namen sich vorzusagen, besser noch, ihn still zu flüstern, am besten ist, ihn rein innerlich im Gemüt zu betrachten mit gesammelter Schau. Innere Betrachtung, stetig wie ein Strahl Oel aus dem Kruge, ist besser als unterbrochene.

Besser als auf Gegensätze schauen, ist die innere Betrachtung »ich bin ER«, — sie heiligt, Inniges Verweilen im innerlichen Werden des einzig Seiend-Wirklichen, das alles Werdens und Entwerdens bar ist, dank der Kraft, es in innerer Schau werden zu lassen, ist die höchste Form gläubiger Hingabe. Das Gemüt zu seinem Quell und Ursprung zurückzuführen und in die Stätte des Herzens einzusenken, in seine eingeborene Herrlichkeit und Seligkeit, — das ist der Sinn gläubiger Hingabe (bhakti), asketischer Versenkung (yoga) und Erleuchtung in Erkenntnis (jnâna), Wie Vögel, im Netz gefangen, sich nicht rühren können, wird das schweifende Gemüt gefangen und zerschmilzt in Stille, wenn der Atem angehalten wird: — ein Weg, seine Unrast zu stillen, Gemüt und Lebensatem, zu Vorstellungen hier und Vorgängen dort verzweigt, sind zwei Aeste, die einer Wurzel entspringen, Einschmelzen und Vernichtigen sind die beiden Formen, der Unrast des Gemüts ein Ende zu machen: zerschmolzen ersteht es neu, nicht aber wenn es abgetötet ist. Wird der Atem gehemmt, so erlangt das eingeschmolzene Gemüt Vernichtigung, wenn es völlig auf ein Ziel gerichtet wird. Was bleibt dem großen Yogin, dessen Gemüt vernichtigt ist, übrig zu tun, wenn er in seinen wahren Stand getreten ist? Wenn das Gemüt sich den Dingen außen entzogen hat und sein eigen Selbst erschaut: das ist das Schauen des wahrhaft Wirklichen. Wenn das Gemüt ohne abzulassen sein eigen Wesen zu ergründen trachtet, ergibt sich: da ist kein Gemüt mehr. Das ist der gerade Weg. Alle Regungen des Gemüts gründen in der Regung »Ich«. Lauter Regungen bilden das Gemüt. Begreife: das Gemüt ist nichts anderes als die Regung »Ich«.

Woher steigt dieses »Ich« auf? — das erforsche nach innen, dann schwindet das Ich. Das ist Erforschen der wahren Erkenntnis. Schwindet das Ich, so strahlt das Herz selbst auf: »ICH-ICH« — vollkommene Fülle reinen Seins. Solches war zu allen Zeiten der wahre Sinn des Wortes »Ich«, denn auch wenn das Ich im tiefen traumlosen Schlaf zerschmilzt und sich selber verliert, besteht, worin es zergeht. Leib, Sinneskräfte, Lebenshauche, Gemüt und Dunkel, das uns befängt, — das bin ich nicht. Rein seiend bin ich, und jene Schalen sind nicht. Da ist kein zweites Sein, das seiner selbst inne wäre: — Sein ist Innesein, und das sind wir selbst. Der Höchste Schöpfer und die Geschöpfe sind. So sind sie Eines nach ihrem Sein, verschieden aber an Gebärden und Erkenntniskräften. Frei von allen Gebärden das eigene Selbst erschauen, heißt den Höchsten schauen, denn das Selbst ist seine wahre Gestalt. Das Selbst schauen, heißt ihm inne sein: an ihm gibt es keine Zweiheit. Dieser Stand des Inneseins heißt »aus ihm bestehen« (tan-maya-nishthâ). Ein Bewußtsein frei von Erkennen und bar des Nichterkennens: das ist Erkenntnis. Denn wo bliebe etwas zu erkennen? Was ist das eigene Wesen im Schauen des Selbst? — unvergängliches, wandelloses, in sich volles, um sich wissendes Glück, Im höchsten Glück jenseits von Fesseln und Erlösung webst du göttlich im Dienst des Göttlichen, Dies ist die glühende Entäußerung (tapas), bei der das Ich schwindet und das eingeboren Wirkliche offenbar wird, — dies ist die Lehre Ramanas.

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Siehe auch

Literatur

  • Der Weg Zum Selbst von Heinrich Zimmer, Rascher Verlag Zürich, 1944, 1. Auflage