Jiva

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1. Jiva (Sanskrit: जीव jīva adj. u. m.) lebend, lebendig; gesund; (am Ende von Kompos.:) lebend von; Leben verleihend; ein lebendiges Wesen; das Leben; das Lebensprinzip; der Lebensatem (so im Sinne von Prana gebraucht); die individuelle Seele, Individualseele. Jiva ist Atman, der sich mit den Upadhis (den begrenzenden Hüllen) identifiziert.

2. Jiva (Sanskrit: जीवा jīvā f.) Leben, Seele, Lebewesen; (Pl.) das lebendige oder Leben bringende Element, Wasser; die Erde; Bogensehne; die Heilpflanze Leptadenia reticulata (Jivanti); (Geometrie:) Sehne; der Sinus eines Bogens.

Jiva ist ein wichtiges Wort in der Vedanta Philosophie, im Jnana Yoga. Es geht darum, die Identifikation als Jiva zu überwinden und sich als Paramatman zu erkennen und zu erfahren.

Jiva ist das Individuum, die individuelle Seele, Wesenheit, Person, der Mensch, der göttliche Funke der im Körper wohnt, der mit den Beschränkungen des Körpers und der Sinne verknüpft ist und sich als „Ich“ fühlt. Der Jiva ist nach außen orientiert und nimmt die gesamte vergängliche Welt (Jagat) und den Kreislauf des Lebens (Samsara) für bare Münze, obwohl er nur in sie eingetaucht ist; daher fühlt sich der Jiva von den Früchten seiner Handlungen überwältigt und wandert als ein Spielball der relativen Gegensatzpaare durch das Leben. Das Ziel der Bewusstseinsentwicklung ist, den Jiva als eine Projektion des Atman, als ein Werkzeug, das keine selbständige Realität besitzt, zu durchschauen.

Jiva जीव jīva Aussprache

Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Jiva, जीव, jīva ausgesprochen wird:

Sukadev über Jiva

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Jiva

Jiva – die individuelle Seele, das scheinbar existierende Individuum. Jiva heißt auch „das Lebensprinzip“. Jivana heißt auch lebendig. Jiva ist das, was ein Individuum lebendig macht. Jiva, also die individuelle Seele. Die Frage ist oft: „Wer bin ich?“ Frage, „wer bin ich“, erkenne dein Selbst und sei frei. Das ist die große Aussage im Vedanta. Jiva wäre die individuelle Seele. Aber gibt es wirklich die individuelle Seele? Im Vedanta sagt man: „Brahma Satyam. Brahman allein ist wirklich. Jagan Mithya. Die Welt, wie wir sie sehen, ist unwirklich. Jivo Brahmaiva Na Parah. Jiva, die individuelle Seele, Na Parah – ist nichts anderes als Brahman.“

Jiva, individuelle Seele, ist nur ein Irrtum. Du existierst nicht als Individuum. Die Tiefe deiner Seele ist das Göttliche. Tief in dir ist Brahman. Tief in dir erfährst du Brahman. Und jeder andere ist auch nichts anderes als Brahman, das Absolute, das Göttliche. Scheinbar gibt es verschiedene Jivas, aber in Wahrheit gibt es nur einen Atman, ein Brahman. Daher, es ist gut, dich selbst zu kennen auch als Individuum, als Jiva, denn als Jiva manifestiert sich Brahman. Brahman manifestiert sich als so viele Jivas, das Göttliche erfährt die Welt in so vielen scheinbaren Einzelseelen. Aber letztlich gibt es nur ein Brahman, einen Atman, ein höchstes Selbst. Löse dich von der Identifikation als Jiva, erfahre dich als göttliches Prinzip hinter allem.

Viveka Chudamani - Jiva, die individuelle Seele

Gib die Vorstellung einer Individualität auf

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 186 von Sukadev Bretz -

Shankara schreibt: Hinter dem „Ich“ steht die verkörperte individuelle Seele (jiva). Sie ist ohne Anfang, sie vollbringt alle Taten auf der relativen Ebene. Gemäß früherer Eindrücke und Neigungen (vasana) führt sie gute oder schlechte Handlungen durch und trägt deren Folgen.

Die Individualität entsteht durch Identifikation

Die individuelle Seele entsteht durch Identifikation. Sie ist eine Widerspiegelung der ursprünglichen Seele. Man könnte sagen es verhält sich ähnlich, wie es eine Sonne gibt und die Sonne spiegelt sich in Wellen wieder. Jede Welle ist dann wie die Sonne, eine kleine Sonne. Und das Licht von jeder einzelnen Welle ist zum einen geprägt von der Sonne und zum anderen von der Welle. In einem Teich oder im Meer oder in einem Fluss gibt es jede Menge Wellen.

Genauso wie die Widerspiegelung der Sonne in den Wellen ist auch die individuelle Seele eine Widerspiegelung des Selbst in den Upadhis - in Körper und Psyche. Und so wie die Widerspiegelung der Sonne in einer Welle die Charakteristika der Sonne hat, nämlich Licht und Strahlen, so hat auch die Widerspiegelung des kosmischen Selbst in Körper und Psyche bestimmte Aspekte der Seele des Atman, eben Sat, Chid und Ananda. Atman, das Selbst, ist unbeschränkt (Sat) und reines Bewusstsein (Chid), und unendliche Freude (Ananda). Dieses wird widergespiegelt in einer Welle, also in Körper und Psyche. Es ist weiter Sat - Sein, aber kein unendliches Sein mehr, sondern identifiziertes Sein. Nicht mehr „ich bin das unendliche Sein“ sondern „ich bin Körper und Psyche“. Chid – unendliches Bewusstsein, widergespiegelt in Körper und Psyche, ergibt ein begrenztes Bewusstsein, ein begrenztes Erkenntnisvermögen, „Ich als kleines Ich sehe und erkenne“. Ananda – unendliche Freude, widergespiegelt in Körper und Psyche wird dann zu kleinen Sinnesbefriedigungen, kleinen Sinnesfreuden und so weiter.

Die Individualität bleibt im Astralkörper bestehen

Also aus dem großen Sat Chid Ananda entsteht eine kleine individuelle Seele. Und das Verrückte dabei: Diese individuelle Seele hat eine solche Eigendynamik, dass sie auch weiter besteht selbst wenn der Körper wegfällt. Der Astralkörper existiert weiter, die individuelle Seele bleibt weiter in diesem Astralkörper und inkarniert sich wieder in einem nächsten Körper. Und so geht es weiter. Wenn schon eine individuelle Seele da ist, dann ist sie ohne Anfang. Man kann also nicht sagen, wann das universelle Selbst zum individuellen Selbst geworden ist. In dem Moment, wo du als Individuum da bist, scheint es so, als ob du immer schon Individuum warst. Deshalb anadi – ohne Anfang, anadi-kalah – und auch ohne Ende, also ohne eine Zeit die zu Ende geht. Ayam – das ist diese Erkenntnishülle. Ahaṃ-sva-bhāvaḥ - diese Erkenntnishülle ist dann die natürliche Grundlage des Ich-Bewusstseins, und damit der individuellen Seele (jiva).

Die Individualität scheint die Erfahrungen zu machen

Und diese scheint jetzt sämtliche (samasta) Aktivitäten (vyavahāra) zu erfahren (vodha). Das Individuum scheint so, als ob es alles erfährt. Und es scheint auch (api) so, als ob es alle Handlungen (karmani) ausführt (karoti) oder auch erfährt. Man könnte auch sagen es erfährt alle früheren Handlungen, also das Karma. Die individuelle Seele erträgt die ganzen Aktivitäten, erfährt das ganze Karma, scheint die verschiedenen Handlungen auch zu tun. Und es erfährt das, was aus früheren Wünschen kommt, pūrva-vāsanaḥ, und auch was aus punyani und apunyani tat-phalani kommt, das heißt die Resultate/Früchte, die aus guten und schlechten Handlungen kommen.

Wach auf: Du bist das unsterbliche Selbst!

Das Individuum scheint zu existieren. Es scheint Dinge wahrzunehmen, es scheint Dinge zu tun. Und es erfährt zum einen das, was aus Wünschen kommt und zum anderen, was aus Karma kommt. Manches kommt deshalb, weil du es dir gewünscht hast und manches kommt, weil du gehandelt hast, du hast danach gestrebt. Und manches kommt, weil du früher Gutes und Schlechtes getan hast.

Shankara fasst hier den gesamten Karma-Gedanken zusammen:

Zunächst braucht es ein Individuum. Und das was du erntest:

  • ist zum einen das was du gewünscht hast
  • zum zweiten was du durch deine Handlungen direkt erzeugt hast
  • zum dritten was die Früchte von gutem und schlechtem Karma sind

All das erfährst du. Und dann bist du ein kleines Individuum.

Aber bist du wirklich ein kleines Individuum? Nein, bist du nicht. Du bist das unsterbliche Selbst. Durch Identifikation entsteht eine scheinbare individuelle Seele. Aber du bist das nicht. Du bist das unsterbliche Selbst.

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Siehe auch

Literatur

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Dr phil Oliver Hahn