Pratima

Aus Yogawiki

1. Pratima (Sanskrit प्रतिमा pratimā f.) bedeutet Symbol, Bildnis, Götterstatue (siehe Murti), Götterbild. Pratima dient der Verehrung des Göttlichen. Auf der einen Seite symbolisiert ein bestimmter Pratima einen Aspekt des Göttlichen, auf der anderen Seite ist alles eine Manifestation Gottes, egal ob der Pratima aus Stein, Lehm, Messing oder Papier hergestellt wurde und welche Gottheit abgebildet ist. Die Verehrung des Pratima erhebt den Geist und richtet ihn auf das Göttliche hin aus.

Shakti-Murti nach der Verehrung

2. Pratima (Sanskrit प्रतिमा pratimā m.) Schöpfer, Macher, derjenige, der etwas herstellt.

3. Pratima, (Sanskrit प्रतिमा pratimā f.), ist ein Spiritueller Name und bedeutet Ähnlichkeit, Reflektion, Bild, Statue, Götterbild. Pratima kann Aspirantinnen gegeben werden mit Soham Mantra, Tryambaka Mantra.

Pratima प्रतिमा pratimā Aussprache

Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Pratima, प्रतिमा, pratimā ausgesprochen wird:

Sukadev über Pratima

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Pratima

Pratima sind insbesondere die großen Tempel-Murtis, die Tempel-Figuren, die Tempel-Statuen werden als Pratima bezeichnet. Oft wird gesagt, wenn eine Murti eine Pranapratishtha Zeremonie durchlebt hat, dann wird sie zur Pratima. Murti ist Bild, Murtis sind insbesondere die Statuen. Und wenn diese Statuen verehrt werden und dabei mit Lebensenergie ausgestattet werden, dann werden sie zu Pratima, sie werden zum besonderen Götterbild, eine besondere Götterstatue und insbesondere bekommen sie Ähnlichkeiten für Gott, sie werden zum Kanal Gottes. Pratima – Bild, Symbol, aber insbesondere Götterstatue, Götterfigur, die ausgestattet ist mit Kraft und in deren Gegenwart man Gott erfahren kann. Pratima – die Götterfigur, Götterstatue, Darstellung von Gott, insbesondere in Stein. Pratimas sind fast immer in Stein oder auch in Marmor, Granit usw. Es gibt auch kleinere Pratimas, manchmal auch ein einfacher runder Stein, wenn er an einem heiligen Ort gefunden wird, kann auch als Pratima gelten. Also, Pratima – Götterdarstellung, meistens über einen Stein.

Pratima - Symbol

Swami Sivananda

Auszug aus dem Buch "Bhakti und Sankirtan" von Swami Sivananda (Hrsg.: The Divine Life Society, 2007), S. 34-35

Während jedes Objekt ein Objekt der Verehrung sein kann, so wählt man natürlicherweise ein Bildnis, das einen Einfluss auf den Geist erzeugt. Das Bildnis einer Gottheit erhebt den Geist des Verehrenden. Ein Saligram Stein führt leicht zur Konzentration des Geistes. Jeder hat eine Vorliebe für ein bestimmtes Symbol oder Bildnis. Die persönlichen Neigungen des Verehrenden beruhen auf seinem Glauben an die besondere Wirksamkeit, die die Symbole und Bildnisse für ihn besitzen. Psychologisch gesprochen bedeutet dies, dass ein bestimmter Geist am Besten auf das gewünschte Ziel hinarbeitet, wenn er dafür bestimmte Mittel, Symbole und Bildnisse benutzt.

Für den Verehrenden, der an das Symbol glaubt, ist jegliche Art von Bildnis der Körper Gottes, sei es aus Stein, Lehm oder Messing, sei es ein Bild, Saligram usw. Solch eine Verehrung ist nie Götzendienst. Materie ist immer eine Manifestation Gottes. Gott ist in allem gegenwärtig. Alles kann ein Objekt der Verehrung sein, denn alles ist die Manifestation Gottes, der darin verehrt wird. Die Ausführung der Verehrung allein beinhaltet schon, dass das Objekt der Verehrung höher und bewusst ist. Die Dinge auf diese Weise zu sehen muss der Verehrende lernen. Der unwissende Geist sollte dahingehend geschult werden.

Die Mehrheit der Menschheit besitzt einen unreinen oder schwachen Geist. Deshalb sollte das Objekt der Verehrung für diese Menschen rein sein. Objekte, die Begierde oder Abneigung hervorrufen können, müssen vermieden werden. Der fortgeschrittene Sadhaka jedoch, der einen reinen Geist besitzt und das Göttliche in allem sieht, kann jede Art von Objekt verehren. Einige Heuchler versuchen, ihre Begierden unter dem Deckmantel der Verehrung zu befriedigen.

Die Andacht zum fuguralen Kultbild - Pratima

Artikel aus: Heinrich Zimmer, Kunstform und Yoga im indischen Kultbild, 1987, S. 39 bis 72

Die Tantras

"Die geistige Welt, in der das indische Kultbild seinen Boden hat, lebt in den großen Traditionen der hinduistischen Sekten, die uns vom Beginn unserer Zeitrechnung ab durch umfangreiche literarische Denkmale mehr oder weniger esoterischen Charakters bezeugt sind. Ihre jüngere Schicht, die Literatur der Tantras gibt vorzüglich Aufschlüsse darüber, welche Rolle das Kultbild im religiösen Leben der Gläubigen verschiedenster Bekenntnisse spielt, und welches eigentlich der Sinn ist, den der Inder selbst mit ihm verbindet. Diese wertvollen Quellen sind von der westlichen Wissenschaft lange stiefmütterlich behandelt worden. Man kann die Fülle der Gesichte, die Indiens geistiges Erbe einer kleinen Arbeiterschar auftat, dafür verantwortlich machen wie auch die Neigung, sich vorab den älteren Zeugnissen indischer Kultur zu widmen, die als Denkmale der Frühzustände menschlicher Kultur überhaupt vornehmlich der Betrachtung wert erschienen.

Die Tantras [mystische und spirituelle Texte] haben, nach indischem Zeitmaß gemessen, weder die Würde hoher Altertümlichkeit für sich, noch umgibt sie die Glorie der Weltreligion, die dem Buddhismus allgemeines Interesse sichert. Zudem sind sie noch nicht tot, wenn ihre Bahn sich auch dem Ende zuneigt. Darum waren sie dank ihres esoterischen Charakters vor wissenschaftlicher Wißbegier vergleichsweise sicherer als Zeugnisse älterer, verblichener Geisteswelten, die der Profanierung durch wissenschaftliche Erkenntnis nur Schwierigkeiten des Verständnisses entgegenzusetzen hatten. Für den Westen umgab sie bislang ein Geheimnis, das ihrem Wesen gemäß ist, und was über sie an ungefährem Wissen verlautete, war nicht besonders angetan, eine unmetaphysisch-positivistisch gerichtete Forschung, deren Geschmack mitunter christlich-puritanisch beeinflußt war, zu locken.

Die literarische Flut der Tantras spiegelt die letzte große Weltvision, in der Indiens Geist, altes Erbe organisch zusammenschließend, sich selbst noch einmal großartig ausgesprochen hat, ehe die westliche Welt christlich-positivistisch zersetzend in sein Gewebe drang. Sie übernimmt die hohen Formeln der Vedantaphilosophie und die wunderbare psychologische Erfahrung jahrtausendalter Yogapraxis und umspannt mit ihren Rahmen die großen Gottesideen des Hinduismus wie die Fülle magischer Riten, die den Alltag wie das ganze Leben zu meistern versprechen, die dem engen, vielfältigen Diesseits mit seinem Drang und seiner Undurchdringlichkeit gebieten und die Fernen anderer Sphären entriegeln. Als Ganzes ist sie ein Wurf von größtem Bogen und im Einzelnen ihrer dichten Erbmasse von vollendeter Kompliziertheit: ein Labyrinth.

Es ist das Verdienst Arthur Avalons, diese von mählichen Abendschatten sich unaufhaltsam überdunkelnde Welt in das künstliche Licht wissenschaftlicher Erkenntnis gerettet und der Forschung allererst geschenkt zu haben, und ohne seine epochale Pionierarbeit an Textausgaben, Übersetzungen und Einleitungen, für die er einen Stab einheimischer Mitarbeiter gewann, wäre diese kleine Studie nicht möglich gewesen. Indem sie es unternimmt, einiges aus dem reichen Material, das er erschloß, zum Verständnis formaler Eigentümlichkeiten des indischen Kultbildes auszuwerten, ist sie ein kleines Zeichen des Dankes für all das Licht, das von seinen Arbeiten auf die letzte große Epoche des alten Indien und auch auf die vorangehenden fällt.

Kalachakra Mandala aus Tibet

Gedanken- und Gestaltenwelt der Tantras beherrschen eine Epoche des indischen Geistes und haben als Ausdruck orthodox-brahmanischer Weltanschauung auch Glauben und Lebensformen der heterodoxen Sekten, der Buddhisten und Jainas, die inmitten des rechtgläubigen Hinduismus Blüte und Verfall erlebten, beeinflußt und geformt. In jahrhundertelangem Nebeneinander übernahmen beide Lehren vom jüngeren Tantrismus Gottesanschauungen, Kultformen und Symbole, und der vorderindisch-kontinentale Buddhismus hat ganz wesentlich in diesem langandauernden Verschmelzungsprozeß sein eigenes Gesicht verloren und sich schließlich in seiner Eigenart völlig ausgelöscht. Was die brahmanisch-orthodoxen Tantratexte über Sinn und Funktions des Kultbildes aussagen, findet darum in der buddhistischen Literatur Parallelen und darf mit Fug auch das formale Verständnis buddhistischer Kultbilder in allgemeinen Zügen leiten. Die geschichtliche Annahme scheint berechtigt, daß erst mit der Übernahme von Tantra-Vorstellungen in die asketische Erlösungslehre des Buddhismus und mit der Umwandlung ihrer Heilbringer und Heiligen zu gotthaften Wesen nach dem Vorbild der großen hinduistischen Gottheiten das Kultbild und seine Verehrung den Einzug in ihre Welt gehalten haben.

Es gelang Arthur Avalon im Anschluß an berufene Vertreter den Eingang in die verschlossene Welt der Tantras zu finden und als eine glückliche Einführung in sie veröffentlichte er in Übertragung aus der Ursprache ein zusammenfassendes Werk des Shivacandra, eines erst kürzlich verstorbenen Anhängers und Lehrers der Tantras, dessen gründliche Kennerschaft in ihrer Treue zum Alten noch nicht durch Einflüsse der anglo-indischen Moderne getrübt ist. Der zweite Teil seines Tantra-Tattva (Wesen der Tantras, Principles of Tantra) enthält, durchweg aus alten Quellen schöpfend und sie interpretierend, Ausführungen über die Funktion des hinduistischen Götterbildes im täglichen Kultleben des Gläubigen. Aus ihm läßt sich entnehmen, was in den Augen des eingeweihten Inders Sinn und Funktion des Kultbildes sind, läßt sich vorab begreifen, in welcher geistigen Welt das hinduistische Götterbild verwurzelt ist.

Die kosmische Vision der Tantras erschaut die Welt als mannigfache Entfaltung göttlicher Kraft (Shakti, Potenz) zur Fülle der Erscheinungen. Diese Kraft ist geistige Wesenheit (Cit, Caitanya) und ihr wahrer Stand ist affektloses, darum leidloses, das ist seliges (Anandamaya) Sein. Dieser wahre Stand ist attributlos (Nirguna). In seiner Anerkenntnis übernimmt die Tantralehre die Anschauung des großen Vedantalehrers Shankaracharya: die Shakti ist im Grunde ihres Wesens gleich dem Brahman: seiend, geistig, selig (Sat Cit Ananda) und einzige Totalität des Seins, ohne ein Zweites neben sich (Advaita). In diesem Stande ist sie unentfaltetes Sein (Avyaktam, ein Begriff, den die Samkhyalehre ausgebildet hat). Aber sie ist mit der Kraft der Maya, der Illusion begabt, und dank dieser hebt das Spiel (Lila) der Weltentfaltung des unentfaltet-attributlos Geistigen an. In ihm wandelt reine geistige göttliche Energie sich lustvoll zu attributhafter göttlicher Person.

Surya, der Sonnengott, auf seinem Wagen

Zur Vielheit sich spaltend wird das Geistige seiner selbst bewußt als Welt und göttliche Macht, die sie durchwebt und regiert. Vishnu, Shiva, Surya der Sonnengott, Ganesha, der elefantenköpfige »Herr der Scharen«, die großen Götter der hinduistischen Glaubenswelt, sind die ragenden unter den personalen göttlichen Gestalten, in denen das weltgebundene menschliche Bewußtsein, in dem das Geistige in der Spaltung von Schauendem und Gegenstand befangen ist, das attributlos ewige geistige Sein (Nirgunam Brahman) attributhaft anschaulich (Sagunam) anschauen und verehren kann.

Aus dem rein geistigen Stande (Nirgunam Caitanyam) spielend in bewußtes Sein tretend, im Bewußtsein, das immer eine Vielheit zur Voraussetzung hat, das nur am Empfinden von Unterschiedlichem (eben Attributen — Gunas) ein Dasein hat, — bindet sich die göttlich-geistige Kraft, die Shakti, lustvoll mit den Banden der eigenen Maya und erfährt sich, in mannigfachen dumpferen Bewußtseinsstufen der vielfach sich differenzierenden Erscheinungswelt, vor allem im Bewußtsein der menschlichen Seele, im Jiva. Aber wie nichts da ist außer der göttlich-geistigen Energie, sind auch die unteren Welten der Tiere und Pflanzen, ja Berge und Steine nur Entfaltungsgrade der einen Shakti, in denen sie zur Zweiheit des Bewußtseins spielend auseinandertritt. Ihre Ungeistigkeit, ihr dumpfes Sein bestehen als gegensätzlich nur für die matterleuchtete Geistigkeit des menschlichen Bewußtseins; in ihm gebunden durch die eigene Maya erkennt das Geistige, die Kraft, sich nicht als das All-Eine.

Lustvoll in attributbeladenes buntes Sein auseinandertretend, um seiner selbst in vielen Färbungen von immer wachsender Trübe und undurchsichtiger, unerleuchteter Dumpfheit bewußt zu werden, strebt das reine geistige Sein immer wieder in menschlichem und göttlichem Bewußtsein zu seinem undifferenzierten Stande zurück, zu jener kristallenen Ruhe in sich selbst, die völlig ununterschieden attributlos sich selbst nicht weiß. Der Mensch will sich als Brahman erfahren, er will die Spaltung zwischen Schauendem und Erscheinungswelt verschmelzen, will das Bewußtsein seiner selbst als etwas Unterschiedlichem, das von einem Wechsel der Inhalte gespeist wird, auslöschen im Erlebnis reiner totaler Geistigkeit.

Der Weg, den die Tantras hierzu lehren ist die Andacht vor dem Götterbild. Welche der großen Göttergestalten ein jeder seiner Andachtsübung zugrunde legt, ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Das richtet sich nach seinem persönlichen, familienmäßig ererbten Glaubenskreis, richtet sich nach dem Ritual, das sein geistlicher Erzieher, sein Guru, ihm vermittelt hat. Die göttlichen Personen, deren Bild und Wesen zum Gegenstand kontemplativer Übung gemacht wird, sind ja nur höchste attributhafte (Saguna) Aspekte der reinen attributlos ungespaltenen Geistigkeit (Nirguna Caitanya, Brahman), in denen sie, in ihrem reinen Stande unanschaulich (weil Einheit von Seher und Gesicht), Anschauung werden kann. Sie sind nur Durchgangspunkt zum Ziel der Andachtsübung, die reine ungespaltene unanschauliche Geistigkeit zu erfahren, sich als sie zu erfahren. Richtig betrachtet führt die eine wie die andere unter ihnen zum Ziel.

Neben ihnen und sie doch weit überragend steht die weibliche Gestalt Kali-Durgas als vornehmste Form der Anschauung göttlich-geistiger Kraft (Shakti) für das menschliche Bewußtsein. Die reine Geistigkeit (Caitanya), im menschlichen Bewußtsein auseinander tretend zu Menschenseele und Gott als ihrem Gegenstand, in dieser Spaltung im Netz der eigenen Maya spielend zum Bewußtsein ihrer selbst kommend, schaut sich am klarsten in Ihr, der dunklen Göttin, die weiblich ist, wie die Kraft (Shakti), als welche sich das undifferenzierte geistige Sein, das neutrale Brahman darstellt, wenn es als Verführerin in lockendem Tanze der bunten Erscheinungswelt in sich selbst auseinander tritt, wenn es die Vielheit alles Bewußtseins in der Welt als Entfaltung seiner selbst muttergleich am Leben erhält und sie schließlich unablässig und immer wieder verschlingt und in ihrer Besonderheit vernichtet.

Kali-Durga ist der anschauliche Aspekt der Shakti schlechthin, kraft der die anderen göttlichen Personen Leben haben. Sie ist die unmittelbarste attributhafte Entfaltung des unanschaubaren undifferenzierten reinen göttlichen Geist-Seins (Brahman), das nur im Erlebnis der totalen Einheit, dem Schwinden des bewußten Seins erfahren werden kann, ist reinste für die innere Anschauung mögliche Erscheinungsform des Unanschaubaren, in dessen Erlebnis Seher und Gesicht zusammenfallen.

Brahman

Das Denken kann die Zweiheit, auf der das menschliche Bewußtsein (wie alles Bewußtsein) beruht, niemals wirklich überwinden, denn Bewußtsein ist seine Voraussetzung, es ist selbst nur eine Bewegung oder Verhaltungsform (Vritti) des Bewußtseins. In seiner Sphäre kann das Bewußtsein höchstens um die Überwindung der Zweiheit von Seher und Gesicht wissen, kann sie als Ziel ansprechen, aber niemals diese Zweiheit aufheben. Aufhebung der Zweiheit ist Erlöschen des Bewußtseins. Die reine göttliche Geistigkeit (Brahman) mag, sich selbst mit dem Zauber ihrer Maya bindend, als menschliches Bewußtsein sich spielend naiv als Glied eines vielheitlich bunten Weltzusammenhanges fühlen und göttlich-personale Wesenheiten, die diesen Zusammenhang durchwalten in innerer Anschauung wie in Bildwerken und Zeichen gläubig verehren, um den Weg durch die dem Bewußtsein entfaltete Welt zu finden; erhebt sie sich aber zum Willen, ihr zu unterschiedlicher Fülle auseinander getretenes Wesen als Totalität und Einheit zu erfahren, zur Ruhe in sich selbst einzugehen, so dienen eben Bildwerk und Zeichen als Werkzeug (Yantra), um die Ineinssetzung (Samadhi) von Seher und Gesicht zu bewirken.

Das Bildwerk, das der Gläubige in täglicher Andachtsübung sich selbst gegenüberstellt, wird zum Ziel der Konzentration gemacht und damit zum Gegenstand des Bewußtseins verabsolutiert. Gegenüber dem Bewußtsein (dem Seher) als dem Einen ist es das Andere (Gesicht) schlechthin, Hieroglyphe der Welt, Totalität des Zweiten. In ihm gerinnt der wechselnde Erscheinungsstrom, der als ein Wellenspiel das andachtslos der Welt geöffnete Bewußtsein durchspült zu ruhevollem Bilde; aus der in eigener Bewegung oszillierenden Vielheit von Bewußtseinsinhalten kristallisiert sich Einheit; aus der unbestimmten Vielzahl, in der Erscheinungen und Seele sich im Bewußtseins vergesellschaften, wird konzentrierte Zweizahl: die Vorstufe zur Ineinssetzung von Seher und Gesicht (Samadhi), deren Vollziehung das Ziel der Andachtsübung ist, in der das Bewußtsein zur Ruhe kommt und die Geistigkeit aus aller Differenzierung zu reinem attributlosem Sein heimkehrt.

Yantra, Mandala, Chakra und Pratima

Weil das Kultbild in diesen wie in magischen Akten als Werkzeug dient, ist es ein Yantra. Das Wort Yantra bezeichnet ganz allgemein ein Gerät oder Werkzeug, einen Apparat oder Mechanismus, dessen sich der Mensch zu einer spezifischen Arbeitsleistung bedient. Das Kultbild ist ein zu psychisch-sakralen wie magischen Funktionen zweckmäßig konstruierter Apparat. In diesen Funktionen steht aber das figurale Abbild (Pratima) eines göttlichen Wesens innerhalb des technischen Requisits weder für sich allein da, noch nimmt es unter Apparaten, die genau der gleichen Funktion dienen, eine überragende Stellung ein.

Mandala

Neben ihm gibt es andere sinnvolle Gebilde von Menschenhand, die, in ihrer Form mehr oder weniger von ihm verschieden, genau denselben Zwecken dienen und seine Stelle in der Kulthandlung einnehmen können. Das sind die Cakras (Kreiszeichnungen), die Mandalas (Ringzeichnungen), und ihnen verwandte streng geometrische lineare Figuren, die als Yantras schlechthin bezeichnet werden. Das figurale Kultbild (Pratima) ist also nur ein besonderer Typus einer Gattung von bildhaften Kultapparaten (Yantras). Es zeichnet sich vor den anderen Yantras durch die Wahl der Mittel aus, durch die Zeichen, deren es sich ausschließlich bedient, um das Wesen der Gottheit, die es darstellt, zur Erscheinung zu bringen: seine figuralen Elemente menschen- und tierhafter Gestalt und deren Attribute (Waffen, Kleidung, Schmuck) sind sämtlich der sinnlichen Erscheinungswelt entnommen.

Die anderen Typen: Kreis- und Ringzeichnungen und rein lineare Figuren — Yantras im engeren Sinne — entraten dieser figuralen Elemente mehr oder weniger. Das Figurale ist überhaupt kein notwendiger Bestandteil dieser Gebilde. Bei ihnen können an seine Stelle Schriftzeichen treten, aber sie können auch ganz darauf verzichten, ihre rein geometrische Gestalt aus Dreiecken, Vierecken, Kreisen und geometrisierten Linien von Lotusblättern mit Symbolen zu füllen, die ihr Wesen auch dem Auge des Uneingeweihten verdeutlichen könnten. Besonders kunstvolle, für Tempel bestimmte Gebilde dieser Art vereinen auch streng geometrisches Gefüge mit reichem figuralem Schmuck.

Will man zu einem elementaren Verständnis der formalen Eigenart des indischen Kultbildes vordringen, so muß man die unbedingte funktionale Gleichheit dieser formal so verschieden anmutenden Gebilde, die im Sprachgebrauch durch die gemeinsame Bezeichnung als Yantra ihren Ausdruck gefunden hat, ernst nehmen. Das figurale Kultbild (Pratima) darf in der Betrachtung von seinen ebenbürtigen Geschwistern nicht getrennt werden, wenn man Wesentliches seiner Form verstehen will. Die Einsicht in die sachlich-funktionale Identität dieser Typen, die sich so sehr verschiedener Formensprachen bedienen, kann es allein ermöglichen, das figurale Kultbild (Pratima) einigermaßen mit dem Auge zu sehen, für das es geschaffen ist, — und dessen Geschöpf es ist: mit dem Auge des eingeweihten Inders. Vom figuralen Kultbild führt der Weg, es sehen zu lernen über das geometrische Gebilde mit figuralem Schmuck zum rein linear-geometrischen Yantra, bis das Auge, von seiner Anschauung gesättigt, sich verwandelt zum Kultbild zurückwenden darf.

Shiva Skulptur

Die Wahl besonderer formaler Symbole, deren sich viele dieser Kultbilder zur Versinnbildlichung göttlicher Wesenheit bedienen, erheischt zu ihrem Verständnis schließlich noch eine kleine Erweiterung der Betrachtung auf Erscheinungen ganz anderer Art, die im Andachtsdienst die Stelle der Kultbilder einnehmen können. Statt ihrer können auch im esoterischen Ritus Menschen als Inkarnationen des Göttlichen treten. Der Lehrer des Eingeweihten (Guru) ist als Träger der Tantralehre eine wandelnde Verkörperung des ewigen Urlehrers, der ihre Wahrheit offenbart hat und dem die heilige Tradition sie in den Mund legt: Shiva, des Großen Gottes. Und ferner ist das Weib — zunächst die Gattin des Eingeweihten, dann aber auch Frauen und Mädchen überhaupt — die greifbare Erscheinung der kosmisch-göttlichen Potenz (Shakti), die sich spielend zur Erscheinungswelt entfaltet; ihr mütterlicher Schoß (Yoni) gebiert die Welt der Maya, die uns befängt. In seiner ersten Wandlung aus dem Zustande des Attributlos-Undifferenzierten (Nirgunam Brahman) enthüllt sich das reine Sein als göttliches Paar: als Shiva und Shakti, als der Gott und seine göttliche Kraft.

Sie sind zwei und doch eines, sie sind das eine Göttliche unter den zwei Aspekten der Ruhe-in-sich und der Kraft, die sich entfaltet, die Maya ist. Das Symbol beider ist in der figuralen Formensprache die Vereinigung der Liebenden, auf der Ebene linearen Ausdrucks ist es das Zeichen des aufwärts und abwärts gekehrten Dreiecks, das Schoß und Phallus (Yoni und Lingam) bezeichnet. Es ist das Ziel der Andacht, sich vom Stande Maya gebundener Menschlichkeit zum göttlichen Sein zu erheben: das im Bewußtsein des Jiva verdunkelte Brahman zur reinen Klarheit seines Wesens zu bringen, — eine Durchgangsstufe dazu bildet der Zustand, in dem der Eingeweihte, dessen Sinnenleben völlig geläutert und beherrscht sein soll, sich selbst als Shiva erfährt, indem er verehrend ein weibliches Wesen zur Shakti erhöht.

Die sinnfälligen Akte des geheimen Rituals, in denen diese Stufe der Vergöttlichung der Person des Eingeweihten vollzogen wird, und die ihnen entsprechend Symbolwelt der Kultbilder sind Spiegelungen ein und desselben Sinnes auf zwei verschiedenen Ebenen sinnfälliger Leibhaftigkeit, die einander erläutern. Was an der ritualen Praxis für das Gefühl des Uneingeweihten bedenklich sein kann, findet seine Erklärung in den begrifflichen Formeln der Tradition wie in den anschaulichen Formen der Bilder, und die symbolische Formenwelt der Bilder hat für uns einen Kommentar im esoterischen Ritus.

Die Gestaltung der geometrisierenden Kultbilder (Mandalas und Yantras im engeren Sinne) ist als graphischer Spiegel übersinnlicher Wesenheiten natürlich streng bestimmt dank ihrem Charakter als Wesensaussage und ist jeder dekorativ bildenden Subjektivität entrückt, die ihren reinen Aussage- und Abbildcharakter zerstören und sie zu einem belanglosen, wenn auch vielleicht dem Auge sehr gefälligen Gekritzel entwerten würde. Denselben Charakter trägt das figurale Kultbild (Pratima), das bezeugt seine Bezeichnung wie Verwendung als Yantra. Seine Bezeichnung Pratima meint wörtlich »Gegenmessung« und bezeichnet das am Originalen abgemessene, abgepaßte. Das figurale Kultbild ist also das korrekte Abbild einer Erscheinung und steht zu ihr in einem Verhältnis unbedingter, gewollt-willkürfreier Treue. Man kann dieses Verhältnis mit dem eines von der lebendigen Erscheinung genommenen Schattenrisses zu seinem Gegenstande vergleichen, dessen Wert eben auf der getreuen Wiedergabe des Konturs der räumlichen Erscheinung beruht. Das Kultbild strebt in der Ebene dreidimensionaler körperhafter Darstellung denselben Charakter reiner Wesensabbildung an, wie das graphische zweidimensionale Yantra mit den Mitteln bedeutsamer Liniengefüge, zu denen vielleicht noch Silbenzeichen treten.

Kamalatmika Yantra

In ihrem materialen Vorhandensein sind beide Menschenwerk, ein bloßes Gerät, das als solches nach Gebrauch der Vernichtung anheimfallen darf. Neben den aus dauerhaften Stoffen gefertigten Kultbildern der Tempel und Hausaltäre, die immer wiederholter Andachtsübung dienen, wurden und werden in den Kreisen hinduistischer Orthodoxie Morgen für Morgen zahllose Bilder aus ungebranntem Lehm geformt zu täglicher Andachtsübung, wie Yantras und Mandalas gezeichnet werden, und nach Gebrauch dem Fluß zur Auflösung übergeben oder zerbrochen, wie aus ungebrannter Erde schnell geformte Gefäße und aus Blättern geflochtene Teller, die nach vollzogener Mahlzeit achtlos weggeworfen werden. Noch Tagore schildert dieses Eintagsleben täglich neu geformter Kultbilder in einem Gedicht des »Zunehmenden Mondes«, wo eine Mutter die Frage ihres Kindes beantwortet: »wo komm ich her, wo hast du mich aufgelesen?«:

»Du stecktest im Herzen mir als mein Sehnen,
in meinen Puppen hab ich dich gesehn. —
Schuf ich das Bild des Gottes jeden Morgen
aus Ton, hieß ich dich werden und vergehn. Im
Gott des Hausaltars warst du verborgen, und
meine Andacht ihm galt dir.«

Erst die geistige Aktivität des Andächtigen, die ein Yantra (Pratima, Mandala oder Yantra im engeren Sinne) zum Zielpunkt konzentrierter Bestrahlung wählt, macht etwas aus ihm. Dieser Verwandlungsprozeß, den das Bewußtsein des Menschen an der Materialität des Yantra vollzieht, geschieht im Akt der Verehrung, der Puja. Das Bild ist nicht die Gottheit, ihre Wesenheit tritt auch nicht magisch herbeigerufen für die Dauer der Verehrungszeremonie von irgendwo außerhalb in seinen Kern hinein; der Gläubige selbst erzeugt in seinem Inneren ein Schaubild der göttlichen Wesenheit und projiziert es auf das Kultbild, das vor ihm steht, um die göttliche Wesenheit anschaulich im Stand der Zweiheit, der seinem Bewußtsein entspricht zu erfahren. Dieses innere Schaubild göttlich-personaler Wesenheit ist natürlich jenseits aller Willkür, in ihm soll ein dem äußeren Auge entrücktes göttliches Sein ins innere Blickfeld treten, eine übermenschliche hohe Wirklichkeit sich im menschlichen Bewußtsein spiegeln.

Wie diese übersinnliche Wesenhaftigkeit sich menschlicher Anschauung darstellt, ist durch die Tradition ihrer Selbstoffenbarung festgelegt. Das Göttliche offenbart sich im Wandel der Zeiten immer aufs neue in Rede und sichtbarer Erscheinung; sein Wort wie Bild sind Besitz der heiligen Überlieferung Eingeweihter: vom Lehrer zum Schüler vererbt und in Kultgemeinschaften bewahrt. Bild und Wort als Selbstoffenbarungen des Göttlichen enthalten Wesensaussagen über den göttlichen Weltzusammenhang, umschließen hohe Wahrheit. Sie sind die reinste Form der Wahrheit, die dem in Zweiheit lebenden Bewußtsein anzuschauen möglich ist. In Bild und gläubigem Bewußtsein tritt die reine unentfaltete Geistigkeit (Nirgunam Caitanyam, Brahman), die Totalität ist in zwei durch den Bann ihrer Maya mit verschiedenen Attributen (Guna) behafteten Erscheinungen auseinander und schaut sich an, wird sich ihrer selbst in Differenziertheit bewußt. Diese Situation der Bildverehrung ist ein Moment der lustvollen Entfaltung der ewig rein geistigen Kraft (Shakti) vor sich selbst, aus dem sie im Akt der Ineinssetzung (Samadhi) von Bild und anschauendem Bewußtsein, in den Zustand des Unentfalteten (Avyaktam) zusammenstürzt. Dann ist das Ziel der Kultübung erreicht: der Gläubige erfährt sich als göttlich.

Das Kultbild vermag das innere Schaubild, das darauf projiziert wird, aufzunehmen und sich von ihm durchleuchten zu lassen, weil seine eigene Materialität (Holz, Stein, Lehm, Bronze, Sandelpaste oder Farben) nur spezifische Entfaltungsformen der Einen Shakti, für das menschliche Bewußtsein Konkretionsstufen des Einen Geistigen sind. Neben ihm auf der gleichen Ebene der Wesensaussage von Übersinnlichem, stehen Laut, Silbe und Wort als feinere und kompaktere Entfaltungsformen des Brahman für den Bereich des Ohres. Darin liegt ihre Bedeutung für den Gläubigen, der durch Überlieferung eingeweiht ist, wie weit sie über ihre Funktion in der Alltagssprache hinaus, sinnbeladen sind. Dank ihrer als Repräsentanten göttlichen Wesens in der Sphäre des Schalls vermag er, sie laut oder leise aussprechend oder sie inwendig vor sich hinsagend und wiederholend, die wesensverwandte Schau göttlichen Seins in sich aufzurufen und sich verehrend mit dem Aspekt des Göttlichen zu beschäftigen, der sich vor seinem inneren Auge entfaltet und es erfüllt. Im bedeutsamen Spruch, dem Mantra, der für den Uneingeweihten eine unverständliche Silbenfolge oder ein belangloser Satz sein mag, konzentriert sich die attributhafte höchste geistige Kraft (Shakti), die Totalität ist, unter vielen Formen als Mantrashakti.

Sanskrit Mantras: u.a. Om Namah Shivaya und Om Namo Narayanaya

Die Mantras als (dank dem durchgängigen Symbolwert ihrer Lautzeichen) konzentrierte Wesensaussagen erschließen ihren Gehalt, der Shakti ist, nicht dem diskursiven Denken, sondern wissender Konzentration, die sie erfolgreich fixierend betrachtet, sie zur Totalität des Inhalts erhebt, das Bewußtsein ganz mit ihnen durchtränkt. Ebenso erschließt sich das Geheimnis des Kultbildes nur fixierender Kontemplation, die sich an die Bahn überlieferter Technik und an das Wissen um die Bedeutsamkeit des bildhaft-räumlichen Formenkomplexes (wie der graphischen Symbole des Yantra, der akustischen des Mantra) hält. »Vor den Augen des Uneingeweihten wird ein Bild verehrt; der Andächtige aber sieht in übersinnlicher Schau die leibhafte Erscheinung der göttlichen Kraft, die Geist ist, im ungeistigen Gerät.« Man vergleicht jemanden, der den Akt der Bildverehrung (Puja) von außen beurteilt, ohne persönliche Erfahrung des seelischen Vorgangs zu haben, mit einem, der sich über die Auslage eines Süßigkeiten-Händlers äußert, ohne ein Stück davon gekostet zu haben. — Aus diesem Vergleich ist abzunehmen, wo unser Wille in das Wesen indischer Kultbilder einzudringen, bei allen möglichen stilgeschichtlichen Aufgaben, die zu lösen sind, bei allen Betrachtungen geistesgeschichtlicher und soziologischer Bezüge, die am Kunstwerk haften, im Peripheren steckenbleiben muß.

Das Yantra bei Meditation und Andacht

Yantra

Das Kultbild ist ein Yantra und nur ein Yantra. Wer ohne seine Hilfe sich in den Zustand des Samadhi zu setzen vermag, wo Gesicht und Seher verschmelzen und mit dem Zustand der Zweiheit das bewußte Sein ein Ende findet, mag seiner entraten. Es ist nicht das Wesentlichste bei der Andachtsübung, es bringt in ihren Verlauf nur eine Variation. Es geht von ihm ja keine primäre Energie aus. Wie ein Eingeweihter, der gelehrt worden ist, das reine göttliche Sein (Brahman) in der attributhaft-personalen Erscheinungsform Vishnus vor seine innere Anschauung zu bringen, ohne Kultbild erfolgreich Samadhi üben soll, lehrt eine Stelle des Bhagavata-Purana (nach Shivacandra zitiert): Gott Vishnu sagt selbst, wie er angeschaut sein will:

»Im Feuerkreis des Lotus seines Herzens soll der Yogin folgende meiner Erscheinungsformen ins Bewußtsein rufen, die seine Andacht mit Erfolg segnet: Eine Gestalt vollzählig an Gliedern, ruhevoll, von schönen Formen, mit vier langen und schönen Armen, einem zierlichen Nacken und edler Stirn, mit göttlich-lieblichem Lächeln, Ohrringe schmücken die beiden wohlgeformten Ohren, die Kleidung ist gelb und dunkelblau, die Locke Shrivatsa schimmert dunkel auf der Brust, in vier Händen trägt die Gestalt Muschelhorn, Messerring, Keule und Lotusblume und ein Gewinde aus wilden Blumen hängt über die Brust herab. Ihre Lotusfüße schimmern im Glanz juwelenbesetzter Knöchelspangen, das Juwel Kaustubha strahlt an ihr, mit einer leuchtenden Krone, einer Brustkette, Armbändern und Ringen am Oberarm ist sie geziert, schön ist sie an allen Gliedern und reizend, ihre Haltung ist voller Süße, zärtlich ihre Augen und ihre Erscheinung beglückt das Auge.

Diese beseligende Brahman-Gestalt betrachtend, soll er seinen Geist fest auf alle ihre Glieder richten. Alle seine Sinne: Gehör, Getast, Gesicht, Geschmack und Geruch mit der Kraft des Denkens von ihren Gegenständen abziehend, soll er mit dem Denken (Buddhi), dem Wagenlenker der Seele, sein Bewußtsein untertauchend baden in Fluten der Liebe zu mir. Danach soll er die geistige Bewegung (Cittavritti), die bisher über alle meine Glieder sich ausbreitend hin und her ging, in einen Punkt sammeln und darin festhalten. Dann ist es für den Andächtigen nicht mehr notwendig, irgend etwas Einzelnes (einen Teil der göttlichen Erscheinung: Glied, Schmuckstück, Attribut) zu fixieren. Nur meine Haltung soll er erschauen, über der ein leises, süßes Lächeln spielt.

Wenn sein Geist diese Haltung ohne Unterbrechung und ohne Zerstreuung festzuhalten vermag, soll er seinen punkthaft gesammelten Geist abziehen und ins Leere richten. Dann, wenn er meine subtilen Entfaltungsformen (Vibhilti: das bloße Haltungsbild in punkthafter Sammlung erfaßt) im Raum, im Sternenäther oder in der leeren Unendlichkeit erschaut hat, soll er seine geistige Kraft, die den unendlichen Raum zum Gegenstande gehabt hat, einziehen und fürder ruhen in mir als dem Wesen aller Wesen (Paramatman). Dann braucht er nichts mehr zu schauen. Dann wird der Yogin im Zustand des Samadhi mich als Wesenswesen (Paramatman) alles Lebenden (Jiva) schauen, als sein eigenes Wesen (Atman), wie Licht taucht in Licht und nicht von ihm zu scheiden ist. In einem Yogin, der solchermaßen durch angespannte Schau Samadhi erreicht, schwinden die drei Formen der Täuschung: Gegenstand der Erkenntnis, Erkenntnis und Akt des Erkennens schnell.«

Krishna Yantra

Samadhi, Ineinssetzung des geteilten Göttlichen (sprachlich verwandt mit dem griechischen synthesis), ist letztes Ziel der Puja: die Vollziehung eines rein seelischen Aktes, nämlich der Bewußtseinswandlung vom Stande des Jiva zur unbewußten Geistigkeit des Brahman. Das Brahman ist im Jiva, denn es gibt ja nichts außer ihm; es ist eine Frage der Reife und der Technik, wie sich die Zweiheit von Seele und Welt, Seher und Gesehenem, deren Illusion das Selbstbewußtsein des Jiva ausmacht, sich in Einheit aufheben läßt.

Die durch Vishnus Mund empfohlene Technik heißt den Andächtigen zunächst sich allen Sinnenseindrücken der Außenwelt verschließen. Gibt er sich ihrer Vielheit hin, so wird er immer ihrer Zahl, ihrer Dauer, ihrer Intensität wie ihrem Wechsel machtlos gegenüberstehen und außerstande sein, den ersten Schritt zu völligem Samadhi von Seher und Gesicht, die bloße Ineinssetzung der Mannigfaltigkeit der Welt erfolgreich zu vollziehen. Das kann nur in der inneren Anschauung geschehen, wo die Erscheinungswelt im Bilde personaler Gottheit zusammengerinnt, die ihr Ganzes ist, ihre materiale Ursache wie Ursache ihrer Entfaltung, ihr Stoff wie das Prinzip, das sie souverän durchwaltet und wieder aufzulösen vermag. Ziel dieser Übung innerer Anschauung ist zunächst, auf ihrem Felde den Zustand gestalterfüllter Ruhe herzustellen, ihr Bereich ganz mit dem in sich konturhaften, detailreichen Bilde der Gottheit zu füllen.

Gewiß kostet es keine kleine Mühe, dieses vielheitliche Ganze Stück um Stück ohne abzuirren oder zu erlahmen vor die innere Anschauung zu bringen und wirklich keinen Augenblick etwas anderes zu sehen, als was zum Bilde des Gottes gehört, das alles aber wirklich und bestimmt zu sehen, festzuhalten und schließlich zu einem Ganzen zu vereinigen. Bis mit der Ineinssetzung der Teile keiner den anderen überstrahlend auslöscht, bis kein Wettstreit der Teile die Aufmerksamkeit des Schauenden hierhin und dorthin zu ziehen trachtet und den inneren Blick voll Unrast hin und her leitet, d. h. die vorstellende Kraft dazu treibt, bald diesen Teil des Bildes, bald jenen mit besonderer Intensität unter Hinterantsetzung der übrigen vor sich zu rufen. Es gilt in diesem ersten Prozeß, alle Teile des erstrebten Bildes in einem ruhevollen Allzumal von ganz gleichmäßig strahlender Anziehungskraft vor dem inneren Auge festzuhalten.

Die Geschichte vom Maharaja Rama Krishna

Welche Ablenkungen der Konzentration die Übung fruchtlos machen können, welche Hemmungen den gewollten Ablauf innerer Bilder zu kreuzen vermögen, veranschaulicht eine Geschichte, die Shivacandra erzählt, um die Größe des Wagnisses rein innerlicher Verehrung ohne Zuhilfenahme eines Yantra darzutun. Der Maharaja Rama Krishna übte bei der Verehrung seiner Gottheit Kali-Durga eine Technik, die in ihrer reinen Geistigkeit der durch Gott Vishnus Mund empfohlenen verwandt ist: das in unserer Schau erzeugte Bildnis der Göttin sollte wie ein wirkliches Kultbild geschmückt und verehrt werden: ein bildloser innerer Gottesdienst. Shivacandra erzählt:

»Irgendwann, im ersten Stadium seines Weges zur Vollendung (Sadhana), nach der Einweihung, als der Maharaja gleichgültig gegen seine Regierungspflichten sich ganz von der Welt abschloß und sich dauernd in Übungen der Verehrung (Puja) und inneren Schau (Dhyana) versenkt hielt, hatte er ein Paar goldene Armbänder für seine Gemahlin, die Rani Katyayani befohlen. Ein paar Tage, nachdem er den Befehl gegeben hatte, sah der König die Handgelenke der Rani noch ohne Schmuck, befragte sie darum und vernahm, daß die Armbänder noch nicht fertig seien. Am Tage darauf, als er mit Verehrungsübung (Puja) beschäftigt war, erschien ein Sannyasin (ein brahmanischer Bettelasket) mit geflochtenem Haar am Tore des Palastes und fragte die Türhüter: »Wo ist euer Mahraja? Sagt ihm, ein Sannyasin ist gekommen ihn zu sehen.« — Sie antworteten ihm voller Demut: »Herr, der Maharaja ist jetzt im Hause der Verehrung. Niemand darf zu ihm, und auch wenn wir jetzt zu ihm sprächen, hätten wir keine Aussicht eine Antwort zu erhalten.« 

Der Sannyasin lachte und erwiderte: »Ich sagte euch: geht!« — Die Türhüter wagten nicht, ihm den Gehorsam zu weigern, und taten wie ihnen gesagt war, aber umsonst. Raja Rama Krishna war gerade in geistige Verehrung seiner Gottheit versenkt und gab keine Antwort, trotzdem ein Sannyasin gekommen war. Die Türhüter kehrten um und berichteten dem Sannyasin. Der Sannyasin hob seine Augen ein wenig, lächelte und sprach mit tiefer Stimme: »Wenn der Maharaja mit seiner Verehrung fertig ist und herauskommt, so sagt ihm: an die Armbänder der Königin denken heißt nicht geistige Verehrung seiner erwählten Gottheit verrichten.« Sprach's und war verschwunden. Die Türhüter verstanden nicht was seine Worte besagten, und wagten nicht den Sannyasin am Gehen zu hindern. Als Asket war er frei zu kommen und zu gehen.

Später, als König Rama Krishna aus dem Hause der Verehrung kam, fragte er die Türhüter: »Wo ist der Sannyasin?« — Voller Angst berichteten sie ihm die Worte des Sannyasin und sein Weggehen. Schnell wie ein Blitz drangen diese Worte des Sannyasin durch das Ohr des Königs in seinen Sinn. Er fuhr zusammen vor Schreck über das Vergehen, das er begangen hatte, und wiederholte die Worte: »Wo ist der Sannyasin?« und seine Stimme war von Kummer erstickt und zitterte vor Angst. Dann eilte der Raja auf die Hauptstraße, ihn zu suchen, aber da er damals geistig nicht reif war, ihm zu begegnen, war er außerstande, ihn ausfindig zu machen. Aber was der Sannyasin getan und gesagt hatte, genügte, daß sich der König nach diesem Vorfall von aller Welt abschloß. Niemand wußte, wo er gerade war oder was er tat. Er wurde achtlos gegen die äußere Welt, sein Blick wurde starr und sein Inneres in einen Zustand dauernder Entrücktheit versenkt. So vergingen drei Jahre.

Da — eines Tages, als der König, seiner Gewohnheit folgend, in seinem »Hause der Verehrung« mit Puja beschäftigt war, erschien derselbe Sannyasin abermals. Als die Türhüter seiner ansichtig wurden, warfen sie sich ihm zu Füßen und führten ihn ehrfürchtig an die Tür des königlichen Hauses der Verehrung. Auch an diesem Tage beschäftigte sich der König mit geistiger Verehrung, aber er befand sich in einer großen Schwierigkeit: um die Göttin, die reine Geistigkeit ist, mit geistigen Darbringungen zu verehren, hatte der Raja an diesem Tage die Braue der Göttin mit aufgelöstem Haar (das ist Kali-Durga) mit einer hochrandigen edelsteinschimmernden geistigen Krone geschmückt. Dann ging er daran, den muschelförmigen Nacken der Gottheit, die voller Liebe zu ihren Gläubigen ist, mit einem geistigen Blumenkranz von roten Jabablüten zu zieren. Aber so oft er seine Hände erhob, den Kranz um der Mutter Nacken zu legen, störte der hohe Kamm der Krone seine Bewegung. Nach mehreren vergeblichen Versuchen wurde er von Kummer und Leid erfüllt und dachte bei sich selbst: »Vielleicht werde ich heute nicht imstande sein, den Kranz um der Mutter Nacken zu legen.« Vor maßlosem Kummer füllten sich seine Augen mit Tränen und weinend rief er: »Mutter, was soll ich tun?« — Eine Stimme von draußen antwortete: »Rama Krishna, warum weinst du? weil du auf das Haupt der Mutter eine Krone gesetzt hast, hast du heut all diesen Kummer über dich gebracht. Nimm sie ab und dann häng ihr den Kranz um.« — Rama Krishna fuhr auf, ließ die Mutter und ihre Verehrung im Stich und öffnete die innere und äußere Tür des Hauses der Verehrung:

Göttin Kali

Da sah er vor sich einen Mahapurusha (»großer Mann«, allgemeine Bezeichnung für den Typus des vollendeten Menschen), einen Sannyasin mit Asche beschmiert und von Feuer der Kraft (Tejas) glühend. Er erkannte in ihm Purnananda Giri, den vollkommenen Sadhaka (einen, der den Weg zum Brahman beschritten hat), mit dem vereint er in früheren Leben auf Leichenverbrennungsplätzen Sadhana (asketische Praxis, die zur Vollendung im Brahman führt) getrieben hatte. Er neigte sich zu seinem Füßen und sprach: »Bruder, so steht es heute mit mir. Die Mutter und du, ihr wißt, wie ich diese drei Jahre verbracht habe, seit du von dannen gingst, nachdem du mir die Huld erwiesen hattest, mich zu beschämen.« — Purnananda lachte und sprach: »Fürchte dich nicht, Bruder! Weil ich dich damals verließ, darf ich dir heute nach drei Jahren nahen. Wie es damals um dich stand, war die Zeit für mich noch nicht gekommen, dich wiederzusehen. Sieh: wie sehr verschieden dein Denken damals an die Armbänder der Königin von der Ratlosigkeit mit dem Blumenkranze ist, in der du dich eben befandest. Weil die Mutter dich gesegnet hat, bin ich wieder hier, um mein Versprechen aus früheren Leben einzulösen.« Nach dieser Begegnung wurde Raja Rama Krishna wandernder Bettelasket im Bekenntnis zu Kali-Durga (ein Bhairava) und die Rani Katyayani desgleichen, und sie übten zusammen mit Purnananda Giri den »Wandel zur Vollendung auf Leichenverbrennungsplätzen« (Mahash-Mashana-Sadhana) an den Ufern der Atreyi bei Baksar.«

Kali Yantra

Es gibt wohl nicht so sehr viele Menschen, die mit der Neigung zu diesem Wege des Sadhana auch die Veranlagung mitbringen, die ihnen auf ihm einigen Erfolg verspricht. Maharaja Rama Krishna opfert seinem Willen zu vollkommener geistiger Puja, längst ehe er als heimatloser Asket auf Leichenstätten hinauszieht, Glanz und Genuß seiner königlichen Macht. Von allem zieht er sich ab, was seine Geburt ihm nahegebracht hat und versinkt noch als König in einer völlig anonymen, den Weltmenschen unmöglichen Lebensform. Aber auch der reine Eifer dreier ganz der Andacht geweihten Jahre bringt ihn noch nicht ans Ziel. Noch bei der Wiederkehr Purnananda Giris kämpft er mit einer Schwierigkeit, die dem Auge eines Vollendeten vergleichsweise elementar erscheinen mag, mit einer Hemmung, die nicht die letzte Phase des vielgliedrigen Pujavorganges betrifft, sondern den Verlauf des Aufbauprozesses, in dem die attributreiche Erscheinung der Gottheit stückweise vor die innere Anschauung gebracht wird: ein einleitender Akt, dem entscheidende und wohl schwerere folgen wollen. König Rama Krishna vollzog einen natürlichen Schritt in der Bahn seiner Entwicklung, wenn er um weiterzukommen, die letzten Bande der Welt an sich zerschnitt und unter Purnananda Giris Führung äußerlich in einer namenlosen Existenz verschwand, um innerlich sich in der Einheit des attributlosen Brahman zu verlieren.

Das Yantra bei der Andacht

Sein Weg rein geistiger Verehrung ist ein Weg für die wenigen. Den Vielen, die aus weltlicher Lebensform noch nicht hinauszuschreiten vermögen zu den Leichenverbrennungsplätzen, den Flußufern, einsamen Sandbänken und stillen Stätten, die der heimatlose Yogin als Aufenthalt zu wählen liebt, steht der leichtere Weg der Verehrung mittels eines Yantra offen.

Für die Funktion eines Yantra in der Andacht ist es von untergeordneter Bedeutung, was alles an seelischen und äußeren Akten voraufgehen muß, ehe der entscheidende Vorgang an ihm selbst vollzogen werden darf: die »Einsetzung des Odems« (Pranapratishtha), — aber diese Akte bezeichnen die Sphäre, in der Puja sich abspielt. Das Ritual des einsamen Andächtigen, der sein eigener Priester ist, muß kompliziert sein, denn — darüber sind sich die maßgebenden Quellen einig —: Ziel der Verehrung des Göttlichen ist: selbst göttlich zu werden. Mit den Banden eigener Maya bindet sich die reine göttliche Geistigkeit: das Brahman dünkt sich Jiva, Gott ist in uns, wir sind das Göttliche, aber es bedarf mancher vorbereitenden Handlung, ehe wir uns in den Stand der Zweiheit, in dem der Akt der Puja sich vollzieht, erheben und, über ihn hinausgleitend, im Stande der Einheit uns als göttlich erfahren können.

Diese Erfahrung wird immer wieder ganz klar als Ziel der Andacht angesprochen, z. B. heißt es im Vasishtha Ramayana hinsichtlich der Verehrung Vishnus: »Wenn ein Mensch Vishnu verehrt, ohne Vishnu zu werden, wird er keine Frucht der Verehrung ernten«, und anderwärts wird gesagt: »Der Mensch soll Vishnus Namen nicht gebrauchen, ohne selbst Vishnu zu werden, noch soll er Vishnu verehren, ohne Vishnu zu werden, noch seine Gedanken auf Vishnu richten, ohne Vishnu zu werden.« — Nur wer Gott wird, erfährt ihn.

Den Weg dazu bahnen Akte der Magie und der seelischen Konzentration, die sich der Wirkung der göttlichen Kraft bedienen, wie sie sich in der Form bedeutsamer Silben und Worte als Mantrashakti darstellt. Dieser Weg beginnt mit dem Betreten des Hauses (oder Raumes) der Verehrung. Es ist nicht gleichgültig, mit welchem Fuße der Gläubige eintritt, noch in welcher Haltung; auch soll er dabei seine Gedanken auf die Lotusfüße der Gottheit richten, die in seinem Herzen thront. Eintretend vertreibt der Andächtige störende Einflüsse der Himmelswelt durch den starren Blick seiner Augen, die nicht zwinkern dürfen und damit dem Blick der Götter gleichen, die keinen Schlummer kennen; feindlicher Elemente der mittleren Luftwelt zwischen Himmel und Erde erwehrt er sich mit dem Wurfgeschoß-Zauberwort (Astramantra) »Phat«, das ihm Gewißheit gibt, gegen sie gefeit zu sein; in der Erdwelt lauernde Störung verjagt er mit drei Schlägen der Ferse auf den Boden.

Das Ritual der Andacht überläßt nichts der Willkür, dem Zufall; in seiner bedeutenden Sphäre kann es nichts Gleichgültiges geben, wenn auch die in vielen Rinnsalen nebeneinander herfließende Überlieferung sich im einzelnen widersprechen mag. Für den Sitz des Andächtigen, seine Höhe, sein Material, die Himmelsrichtungen, nach denen er orientiert sein darf, für Zeit und räumliche Umgebung bestehen Regeln wie für den Ablauf der Andachtsübung selbst. Der Berufene, der in sie eintritt, bedarf zunächst der Reinigung seines Wesens. Wie die Reinigung des Andachtsraumes und der Kultrequisiten, die voraufzugehen hat, ist sie natürlicher und magischer Art. Die magischen Akte, die auf der äußerlichen rituellen Reinheit aufbauen, bestehen im Sprechen bedeutsamer Silben und ebensolchen Gestikulationen und in Atemübungen, deren besondere Kraft feststeht. Es gilt den elementarischen Körper in einen höher gearteten zu verwandeln, reinigend das göttliche Wesen an ihm zu wecken. Darauf folgt ein Akt gesammelter Betrachtung (Ekagradhyana), der am Leitfaden von Sprüchen und Silben (Dhyanamantra) in innerer Schau das Bild der göttlichen Wesenheit von den Füßen bis zum Kopfe und vom Kopf bis zu den Füßen aufbaut.

Dieser innere Akt der Verehrung soll jeder äußeren voraufgehen. Er ist etwas wesentlich anderes, als das allein äußerlich wahrnehmbare Rezitieren der ihn befördernden Sprüche, das ihn begleitet und auch in stummem inwendigen Flüstern oder rein geistiger Vergegenwärtigung vollzogen werden kann. Verarmt er in praxi zu ihrem mechanischen Ablauf, so bleibt er in seinem wesentlichen Teile unerfüllt, denn die Hervorbringung des geistigen Bildes der Gottheit ist Voraussetzung für fruchtbare äußere Puja gemäß der kategorischen Erklärung: »Nur solange Dhyana dauert, dauert Puja.« — Ohne Dhyana ist rein äußere Verehrung wertlos, rein innere in Dhyana ist äußerer weit überlegen, aber wer darf sich vermessen, mit ihr allein ans Ziel zu kommen?

Nach der Puja

Hier setzt die Funktion des Yantra ein, sei es figural menschen- und tierhaft gestaltet (Pratima), oder ein rein lineares Gebilde (Mandala und Yantra im engeren Sinne). Im »Wogenstrom der Seligkeit des Shakti-Gläubigen« (Shaktanandatarangini) heißt es: »Wer die Gottheit außen sucht und sich dabei von der Gottheit im eigenen Herzen entfernt, gleicht einem Manne, der umherstreift ein Stück Glas zu finden, nachdem er das Juwel Kaustubha, das er in der Hand hielt, weggeworfen hat. (Das Juwel Kaustubha gewann Vishnu, als die Götter und Dämonen das himmlische Milchmeer quirlten, und trägt es als Schmuck auf der Brust.) Nachdem man seine Gottheit im eigenen Herzen erschaut hat, soll man sie einsetzen in ihre Bildsäule, ihr gemaltes Bild, in ein Gefäß (z. B. ein Topf kann als äußerer Sitz der Gottheit dienen) oder in ein Yantra (im engeren Sinne) und sie dann verehren.«

Ober diesen Akt der Einsetzung, der die mittels Mantrashakti während des Dhyana Zustandes im eigenen Innern klar erschaute Gottheit als göttlich belebendes Element dem materiellen Yantra zeitweilig wie Odem einfügt (Prana-Pratishtha) , lehrt das Gandharva-Tantra (die Verehrung Kali-Durgas darlegend): »Nach den vorbereitenden Atemübungen (Pranayama) soll der Andächtige (Sadhaka) eine Handvoll Blumen nehmen. Man soll die Gottheit niemals ohne eine Handvoll Blumen anrufen. Wenn der Andächtige seinen Atem geregelt hat, soll er in seinem Herzen die Höchste Herrin, wie sie vorher beschrieben ist, beschauen, und wenn er dank ihrer Gnade in seinem Herzen das Bild erschaut, dessen Wesen Geistigkeit ist, dann soll er sich der Gleichheit des inneren Bildes mit dem äußeren Bildnis bewußt werden. Dann soll er die strahlende Kraft (Tejas) der Geistigkeit in seinem Innern mit Hilfe der Windkeim-Zaubersilbe (dem Mantra Yam) aus sich herausführen, entlang dem Atem durch die Nase und in die Handvoll Blumen strömen lassen (die er an die Nase hält). So zieht die Gottheit mit dem Atem aus und tritt in die Blumen ein. Dann soll der Andächtige die Gottheit in das Bildnis oder Yantra einsetzen, indem er es mit den Blumen berührt.«

Erst wenn göttliches Wesen durch eine solche Handlung gesammelten Vorstellens, die am sinnfälligen Akt der Übertragung des inneren Bildes im Atem, der die Blumen füllt, ihre Stütze und gleichsam Körperlichkeit hat, in ein irgendwie geformtes Yantra als ihren Sitz (Pita) für die Dauer äußerer Verehrungszeremonie eingegangen ist, hat die Andacht zum Yantra einen Sinn. Sonst bleibt sie fruchtlos leeres Spiel. Das äußerlich sichtbare Dasein der Gottheit entlastet beim Andächtigen das Vermögen innerer Vorstellung und vertritt ihr Bild, wenn er während der äußeren Verehrung die Gewißheit festzuhalten vermag, daß die Gottheit seines Herzens, das attributhafte Brahman, das sich mit seiner Maya im menschlichen Bewußtsein des Gläubigen gebunden hat, körperhaft (in irgendeiner anschaulichen Form) vor ihm steht und sich selbst im Zustand der Zweiheit anschaut.

Am sichtbaren göttlichen Wesen vollzieht der weltgebundene Andächtige die Kulthandlung, die König Rama Krishna am rein geistigen Bilde seiner Gottheit zu vollbringen gedachte. Ihr Zeremoniell ist eine kultische Entwicklungsform der Bräuche, mit denen ein hoher Gast willkommen geheißen und geehrt wird: die Gottheit hat auf dem Ehrensitze Platz genommen, man heißt sie willkommen (Svagata), bietet ihr wie einem Ankömmling Wasser für die Füße (Padya) und die übliche Begrüßungsgabe (Arghya): Blumen, Sandelpaste, erfrischende Speise usw. Man bietet ihr ein Bad, danach frische Kleidung und Schmuck aller Art, Essen, danach Wasser zum Mundspülen und Händereinigen, man feiert sie mit hin und her geschwenktem Lichte (Nirajana), Blumenspenden (Push-Panjali), Gesang mit Instrumentalbegleitung, Tanz und hymnischem Preislied, verneigt sich vor ihr und umwandelt ihr Bild, indem man ihm ehrfurchtsvoll die rechte Seite zukehrt. Die Bestandteile dieser vielgliedrigen Handlung wechseln in den verschiedenen Quellen der Überlieferung, sind aber vom selben Sinn getragen. Der Gottesdienst findet seinen Höhepunkt im Akt der Selbsthingabe des Gläubigen an die Gottheit (Atmasamarpana): nachdem er ihr sinnfällig seine Verehrung bewiesen hat, gibt er sich ihr zu eigen. Damit ist die Andachtsübung zu Ende, und es bleibt dem Frommen nur übrig, die göttliche Geistigkeit, die er mit Pranapratishtha dem Yantra eingeflößt hat, durch den umgekehrten Akt des Weg- und Wieder-in-sich-Zurückziehens (Upasamhara-Mudra) wieder in das eigene Herz aufzunehmen.

Tantra-Literatur: Gautamiya Tantra und Mahanirvana Tantra

Die Tantra-Literatur betont immer wieder, daß diese Form, das Göttliche zu verehren und zu erfahren, nicht die höchste sei, verschweigt aber dabei nie, daß es wertlos und gefährlich ist, sich von ihr zu lösen, ehe dem Geist Schwingen gewachsen sind zur reinen Form bildlos innerer Andacht. Im Gautamiya-Tantra heißt es: »Was man innere Verehrung (Antaryaga) nennt, verleiht bei Lebzeiten Befreiung von Grenzen des Menschseins (Mukti). Aber ein Recht auf sie haben allein Asketen (Muni), die diese Befreiung suchen.« Gemäß der Tantra-Samhita ist von beiden Formen der Verehrung, »die innere für die Sannyasins bestimmt (die Haus und Familie aufgegeben haben, wie Raja Rama Krishna, als er dem Beispiel Purnananda Giris folgte), innere und äußere Verehrung kommt den übrigen Menschen zu.« — Das »Große Tantra des Erlöschens« (Mahanirvana Tantra) zeichnet die Rangordnung der verschiedenen Formen der Verehrung auf: »Der höchste Stand ist der, in dem die Gegenwart des Brahman in Allem erfahren wird. Der mittlere Stand ist der Zustand der inneren Schau, der niedrigste Stand von Preislied und Rezitation bedeutsamer Silben (Japa) und niedriger als der niedrigste ist der rein äußerlicher Verehrung. Yoga ist die Verwirklichung oder Erfüllung der Einheit von Seele (Jiva) und Höchstem Wesen (Paramatman). Verehrung beruht auf dem zwiefachen Wissen, daß Er, der Herr und ich sein Diener bin. Aber für den, der erfahren hat, daß alles Brahman ist, gibt es weder Yoga noch Verehrung mehr.«

Die rechte Andachtsübung mittels Yantra bezeichnet eine untere Stufe im Entwicklungsgange des menschlich begrenzten Bewußtseins zu grenzenloserer Form: wer sich selbst als Brahman erfahren hat, für den ist jeder Kultakt im überwundenen Reich der Vielheit mit Anrede und Darbringung leer geworden, seiner bedarf nicht mehr, wer sich allezeit spontan mit allem eins und göttlich weiß. Ihn hat auch der Drang, den Stand der Zweiheit von Seele und Welt auf immer zu überwinden, aus den Banden der Welt, von Heim und Habe auf den Schwingen des Gleichmuts, der nichts mehr begehrt (Vairagya) ins Heimatlose, Besitzentblößte, Namenlos-Unbestimmte getragen; die Allgewalt des inneren Zuges, heimzukehren in den ursprünglichen Stand kristallener Einheit, läßt den Lebenszielen, die menschliche Gemeinschaft stecken kann, keinen Raum mehr. Aber wer, wie die meisten Menschen, tätig der Welt lebend noch ganz Zweiheit ist, bedarf der Zweiheit von Kultzeichen und andächtiger Seele, um seiner eigenen Göttlichkeit in ihrem Gegenüber sich täglich neu bewußt zu werden, wenn das Yantra durch die Einsetzung des Odems Leben empfängt und die Gottheit aus seinem Herzen ihm sichtbar gegenübertritt.

Der täglich wiederholte äußere Kultakt reift den Geist dazu, in reiner geistiger Verehrung die Gottheit zu erfahren, sich als Gottheit zu erfahren. Die Tantras bezeichnen sich selbst als den Weg zum Erlebnis der Einheit durch das Erlebnis der Zweiheit. Ihnen erscheint es widerspruchsvoll, zum Erlebnis der Einheit als Überwindung der Zweiheit von Welt und Ich unter Umgehung dieser zwiespältigen Urerfahrung aufsteigen zu wollen. Die unumgängliche Form, die Wahrheit zu vermitteln: das Verhältnis vom Lehrer zum Schüler, verewigt in sich den Stand der Zweiheit; wie kann es Lehre der Einheit zu seinem Gegenstande haben? — Aber auch für den Frommen, der die Einheit erfahren hat, kann Verweilen im Reiche der Zweiheit, bildhafte Verehrung der geliebten Gottheit elementarer Drang seiner Liebe sein: »Was ist der Gewinn der Erlösung? Wasser mündet in Wasser. Ich esse gern Zucker, aber ich mag nicht zu Zucker werden.« Im letzten Samadhi, der Andächtigen und Gott in eins schmilzt, verlischt mit allem übrigen auch das Strahlennetz der Liebe, das die göttliche Mutter und ihr in Schau beseligtes Kind zusammenschlingt.

Ramaprasad, der große Sänger der Dunklen Mutter, der sein Leben ihrer Verehrung weihte, sang: »Der Veda verkündet Erlösung dem, der die Gottheit gestaltlos verehrt; mir deucht diese Meinung falsch und oberflächlichem Denken entsprungen. Ramaprasad sagt: immerdar sucht mein Geist die dunkle Schönheit, tu wie du magst, — wer wünscht Nirvana?« Das gläubige Gebet »Mutter« zur Dunklen Göttin, der Shakti, die Brahman ist (Brahmamayi), ist der Ausdruck der Einheit im Stande der Zweiheit, — oder »der Ruf der Zweiheit im Meere der Einheit«. Alles im Leben ist ihre Entfaltung, aber nur im Auseinandertreten zur Zweiheit kann die unerschöpfliche Seligkeit ihres Anschauens ausgekostet werden. Darum wird von Ramaprasad erzählt, man habe ihn selten von der Verehrung des formlos Göttlichen sprechen hören:

»Oh hundert wahre Veden künden: daß meine rettende Gottheit formlos sei; —
Es spricht Shri Ramaprasad: die Mutter lebt in allen Leibern,
Oh verblendetes Auge sieh: im Dunkel ist die Mutter Erleuchtung des Dunkels

Einerlei, ob das Bewußtsein des Andächtigen dem Kultbild gegenüber wie Ramaprasads Geist im Stande der Zweiheit, der sein Wesen ausmacht, verharrt, oder zur Aufhebung seiner Selbst in völligem Samadhi weiterschreitet, oder auch die Gottheit im Bilde mit magischer Praxis um eines bestimmten weltlichen Zieles willen verehrt: — immer befindet sich der Andächtige im Akt der Verehrung dem menschlich gestalteten Götterbild als einem Yantra gegenüber, in das die Essenz eines inneren Schaubildes eingegangen ist. Damit diese Essenz des inneren Schaubildes in das Kultbild eingehen kann, muß es ihr in jedem Betracht gemäß sein. — Es ist deutlich, daß diese Beziehung auf die innere Anschauung (Dhyana) für das Allgemeinste in der Formgebung des Kultbildes bedeutsam sein muß. Es ist wahrscheinlich, daß die formale Eigenart methodischer innerer Bildentwicklung (Dhyana) im Gegensatz zu den Eigentümlichkeiten äußeren Sehens und der Nachbildung seiner Gegenstände geeignet ist, Licht zu verbreiten über den besonderen Charakter, der dem indischen Kultbild allgemein und unabhängig von Zeit, Schule und Landschaft eigen ist und der unser Auge befremdet.

Das innere Schaubild, das der Gläubige im Verlauf seiner Andacht hervorbringt, ist aber seinerseits wieder Reproduktion einer ursprünglichen inneren Schau eines Aspektes göttlicher Wesenheit, den die heilige Überlieferung festgehalten hat. Und so ist das Kultbild ein magisches Gefäß der individuell differenzierten Gotteserscheinung, als die das Unentfaltet-Unanschauliche sich dem inneren Auge des Frommen darstellt, je nach seiner Sektenzugehörigkeit und Einweihung in ein bestimmtes Ritual. Um seine Funktion zu erfüllen, muß es in seiner Form dem Bildnis der »Gottheit im Herzen«, wie der in heiliger Überlieferung festgelegten Erscheinungsform entsprechen. Beide — die im Herzen erschaute Gottheit und die in der Tradition gelehrte Erscheinung — sind ja ein und dasselbe; keinem Gläubigen ist es gegeben, das Bild der Gottheit, das er in sich aufbauen will, von sich aus zu formen nach eigenem Denken, denn vom Göttlichen kann nur das Göttliche selbst zeugen.

Wie Gott sich als Erscheinung darstellt, ist sein Belieben, und von der Tradition seiner Anschauung und Darstellung, die zum Kern heiliger Überlieferung gehört, auch nur im Kleinsten abzuweichen, ist reiner Widersinn, denn diese Überlieferung ist ja, wie ihre literarische Form bezeugt, nichts anderes als die fixierte mündliche Selbstoffenbarung Gottes. In ihr sagt das Göttliche sich selbst aus und erläutert die Aspekte, unter denen der Mensch sein Wesen fassen kann; ein Gott selbst spricht und sagt, was er für den Menschen sei und für die Welterscheinung, wie der Mensch sie sieht, und was darüber hinaus seines Wesens ist. Immer sprechen die Götter selbst von sich und ihresgleichen in den heiligen Texten, und das eben gibt diesen die Autorität, vor der jeder eigenwillige Versuch, die Gottheit in anderer Form sich zu denken und anzuschauen reiner Widersinn bleibt. Zu dieser Selbstoffenbarung des Gottes durch sein eigenes Wort gesellt sich in der heiligen Überlieferung gern, die Rede bestätigend und gleichsam erläuternd, die übersinnliche Anschauung, die das Göttliche gnädig dem gewährte, dem sie zuerst in Worten diesen Aspekt ihres Wesens enthüllte.

Krishna und Arjuna

In der Bhagavadgita offenbart sich das Göttliche im Morgendämmer eines neuen Weltalters durch Vishnus Mund den Menschen aufs neue. Es sagt sein eigenes Wesen aus und weist in dessen Ordnung dem Menschenwesen Ort und Wege an. Nachdem Prinz Arjuna der Selbstoffenbarung Vishnus in Gestalt des Menschenfürsten Krishna, der ihm verschwägert, seinen Wagen in der großen Entscheidungsschlacht um Reich und Weltherrschaft lenken will, gelauscht hat, bittet er ihn (XI. Gesang, 1-4), seine unvergängliche göttliche Gestalt schauen zu dürfen, falls das möglich sei. Der Gott gewährt ihm seinen Wunsch:

— »allein mit diesem Auge dein
wirst du mich nicht erschauen können, —
ein göttlich Auge geb ich dir:
sieh meiner Allmacht Schöpferspiel!« (XI. 8.)

Dem offenbarenden Wort fügt das Göttliche die übersinnliche Schau seines Wesens hinzu; und die ekstatischen Worte des begnadeten Sehers angesichts der Allmacht Schöpferspiel, mit denen er die Fülle des Gesichts vor dem Gott entlädt, halten die Bilder seines inneren Auges für die Überlieferung fest, verbürgen ihre Wahrheit, weil es seine eigenen Worte sind, wie sie im Augenblicke der Schau selbst über seine Lippen quollen.

Der allwissende Buddha verkündet der lauschenden Jüngerschar die Lehre vom Buddha Amitabha und seinem seligen Reiche im Westeng: wie er vor Äonen als Mönch auf Erden wandelnd durch Gelübde umfassender Liebe zu den Wesen aller Welten den Grund zu seiner Herrlichkeit gelegt hat, die er in Übung aller Vollkommenheiten Wirklichkeit hat werden lassen. Er erläutert das Wunder seiner Macht, die alle Wesen, die nach Erlösung verlangt, auf dem Pfade gläubiger Hingabe an ihn ohne Beschwer in sein Reich zieht und mit Erleuchtung beseligt; er schildert das Wunder dieses Reiches: ein blumenhaftes Nirvana-Idyll. Dann heißt er seinen Jünger Ananda, an den sich seine Rede richtet, aufstehen und mit einer Hand voll Blumen gen Westen sich neigen und den Buddha Amitabha verehren. Da spricht Ananda die Bitte aus, Amitabha selbst erschauen zu dürfen im Kreise seiner Bodhisattvas, der Großen Wesen, die ihm bei seinem unendlichen Werk der Liebe helfend dienen.

Im selben Augenblicke läßt der Buddha Amitabha in der unendlichen Ferne seiner Welt aus seiner Handfläche einen Strahl ausgehen, der ihr Wunder vor der andächtigen Schar des Erden-Buddhas aufleuchten läßt. Durch Myriaden Welten, die — wie ein Ei neben dem anderen — zwischen seiner Welt und der irdischen gelegen sind, stellt er ihre Erscheinung greifbar nahe vor Augen mit seinem Licht, das, sie erhellend, Weltberge, Wälder und Schöpfungen von Götter- und Menschenhand und was sonst alles dazwischenliegt, wie Glas durchstrahlt. Dann fragt der Buddha auf Erden, Shakyamuni, einen Bodhisattva seiner Schar, nach vielen der Erscheinungen, die in magischer Schau vor ihm stehen, und Frage und Antwort des Meisters, die in der Fülle des Gesichts beschreibend und deutend kreisen, bestätigen abschließend die Wahrheit der offenbarenden Rede Shakyamunis. Die Wahrheit aus dem Munde des Vollendeten wird besiegelt durch die Worte des Belehrten, der verkündet, er schaue wahrhaft in übersinnlichem Licht, was er mit sinnlichem Ohr vernommen.

Menschengeist enträtselt nichts am Bilde des Übermenschlichen, das er fassen kann; aber der gläubigen Hingabe wie der Kraft des Yoga enthüllt das Göttliche sein übersinnlich sichtbares Teil, wie es auch mit Menschenzunge zu ihm spricht. Daher der unvergleichliche Wert heiliger Überlieferung und die unendliche Bedeutung ihrer getreuen Bewahrung. Die Erscheinung des Göttlichen, die der Gläubige in sich aufruft, ist, wie Texte zeigen, bis ins Kleinste der Formen ihrer Glieder, ihrer besonderen körperlichen Merkmale und der Maße ihres Baus, bis in Farbtöne, Ausdruck und Haltung, Schmuck und Attribute jenseits aller Willkür festgelegt. Sie ist Kopie eines ersten übersinnlich-inneren Schaubildes nach den Vorschriften verbürgter Überlieferung. Das erklärt nicht nur die große traditionelle Gebundenheit des Kultbildes in der Verwendung der Formelemente, aus denen es sich in zeitlich und landschaftlich mählich abgewandelten Vertretungen immer gleicher Typen aufbaut; diese Beziehungen zum inneren Schaubild, dessen Gefäß, dessen räumlich-körperliche Projektion es ist, erklärt das allgemeinste seines Stils.

Aus der inneren Anschauung erwachsen, ihr als Yantra zum Träger dienend, zum Zielpunkt, wenn ihr Gehalt nach außen herausgestellt wird, ist das Kultbild in seinem Stil dem sinnlichen Sehen wesensfremd. Es hat nichts mit dem äußeren Auge zu tun. Es sucht das Auge nicht und hat ihm nichts zu sagen, wie es nicht betrachtet, sondern fixiert sein will. Auch wenn es formal ganz aus Abbildern von Dingen der Welt äußerer Sichtbarkeit aufgebaut ist, spiegelt es reine innere Anschauung, der es als Typus entstammt. Und steht im allgemeinsten seines Stils eben unter den eigenen Gesetzen dieser inneren Anschauung.

Der spirituelle Name Pratima

Pratima ist ein spiritueller Name für Meditierende mit Soham oder Tryambaka Mantra

Pratima als Frauenname bedeutet Bild, Ähnlichkeit, Reflexion, bedeutet Verkörperung und ist auch Götterbild und Statue. Wenn du den Namen Pratima hast, dann soll das heißen, dass du wie eine Verkörperung Gottes sein willst. Du möchtest letztlich ähnlich sein wie Gott und dass Gott durch dich hindurch wirkt, dass du also das Instrument in den Händen Gottes bist. Pratima männlich ist übrigens der Schöpfer, der Macher, derjenige, der etwas herstellt. Prati heißt auch hin und ma heißt machen. Pratima, derjenige, der etwas herstellt, etwas herstellt. Pratima, diejenige, die gemacht wurde und etwas ähnlich ist. In diesem Sinne, wenn du Pratima heißt und eine Frau bist, dann soll das heißen, du willst eine Verkörperung Gottes sein und dein leben so ausrichten, dass es ähnlich ist wie das Leben von großen Heiligen und Weisen, so wie Gott es in den Schriften empfiehlt. So wirst du schließlich zur Verkörperung Gottes und du wirst Gott verwirklichen.

Ähnliche Spirituelle Namen

Verschiedene Schreibweisen für Pratima

Sanskrit Wörter werden in Indien auf Devanagari geschrieben. Damit Europäer das lesen können, wird Devanagari transkribiert in die Römische Schrift. Es gibt verschiedene Konventionen, wie Devanagari in römische Schrift transkribiert werden kann. Pratima auf Devanagari wird geschrieben "प्रतिमा", in IAST wissenschaftliche Transkription mit diakritischen Zeichen "pratimā", in der Harvard-Kyoto Umschrift "pratimA", in der Velthuis Transkription "pratimaa", in der modernen Internet Itrans Transkription "pratimA".

Siehe auch

Yantra der Künstlerin Birgit Shakumthala Schnebel
Kapitel 1: Einleitung - Indisches Kultbild und klassische Kunst (Indische Kunst)
Kapitel 2: Yoga und figurales Kultbild
2.1 Die Andacht zum fuguralen Kultbild - Pratima
2.2 Äußeres Sehen und inneres Schauen (Visualisierung)
Kapitel 3: Yoga und lineares Kultbild - Yantra und Mandala
3.1 Das lineare Gebilde in Magie und Kult (Symbol)
3.2 Entfaltung und Einschmelzung innerer Gesichte (Andacht)
3.3 Lineare Yantras mit figuraler Füllung - Lamaistische Mandalas (Mahasukha)
3.4 Der Boro Budur - ein Mandala (Borobudur)
3.5 Das rein lineare Yantra
3.5.1 Figurales Kultbild und lineares Yantra (Bild)
3.5.2 Die Formensprache des rein linearen Yantra (Form)
3.5.3 Das Shri Yantra
Kapitel 4: Zeichensprache und Proportion im Kanon indischer Kunst (Zeichensprache)
Kapitel 5: Der Ort des Kultbildes in der Welt des Gläubigen (Offenbarung)
Schlussbetrachtung von Kunstform und Yoga im indischen Kultbild

Literatur

  • Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
  • Swami Sivananda, Götter und Göttinnen im Hinduismus (2008)
  • Swami Sivananda, Bhakti und Sankirtan, Hrsg.: The Divine Life Society, 2007
  • Swami Sivananda, Inspirierende Geschichten (2005)
  • Swami Sivananda, Japa Yoga (2003)
  • Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis (2001)
  • Swami Sivananda, Autobiographie von Swami Sivananda (1999)
  • Swami Sivananda, Shrimad Bhagavad Gita. Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda (1998)
  • Swami Sivananda, Gedanken zur Kontemplation (1996)
  • Swami Sivananda, Hatha-Yoga. Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte (1964)
  • Swami Sivananda, Sadhana – Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
  • Swami Sivananda: Feste und Fastentage im Hinduismus, Yoga Vidya Verlag
  • Heinrich Zimmer, Kunstform und Yoga im indischen Kultbild (1926)
  • Heinrich Zimmer, Der Weg Zum Selbst (1944)
  • Heinricht Zimmer, Die Indische Weltenmutter (1980)
  • Heinrich Zimmer, Buddhistische Legenden (1985)
  • Helmut Hansen: Die Physik des Mandala (2007)
  • Lama Anagarika Govinda: Mandala – Gedichte und Betrachtungen (1961)
  • Paramahansa Satyananda, Tantra und Yoga Panorama
  • Paul Deussen, Der Gesang des Heiligen. Eine philosophische Episode des Mahabharatam. Übersetzung der Bhagavadgita (1911)
  • Swami Vishnu-devananda: Meditation und Mantras, Sivananda Yoga Vedanta Zentrum
  • Carl Capeller: Sanskrit Wörterbuch, nach den Petersburger Wörterbüchern bearbeitet, Strassburg : Trübner, 1887

Weblinks

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