Schatten

Aus Yogawiki

Schatten sind unter anderem Eigenschaften des Selbst, die man ungern an sich wahrnimmt, sondern auf andere projiziert. In diesem Beitrag erfährst du einiges über Schattenseiten und wie du mit den eigenen Schattenseiten umgehen kannst.

Schattenspiel, von Ferdinand du Puigaudeau

Der Schatten am Himmel

Schatten bei Sonnenuntergang

- Auszug aus dem Buch "Konzentration und Meditation" von Swami Sivananda -

Sich auf die Vorstellung von „Schatten“ beziehungsweise Reflexion zu konzentrieren, lässt einen sowohl sichtbare wie unsichtbare Objekte erfahren. Du kannst dem Schatten auch Fragen stellen. In den Schriften gibt es Beschreibungen, wie man seine eigene Reflexion am Himmel wahrnehmen kann und welche Ergebnisse das mit sich bringt – wie zum Beispiel langes Leben, Schutz vor einem Tod durch Unfälle, Erfolg, Herrschaft über Prana, die Fähigkeit, sich nach Belieben überall hin zu begeben und Gotteserfahrung.

Hier eine einfache Konzentrationsübung dazu:

Stelle dich bei Sonnenaufgang oder im Mondlicht so hin, dass dein Körper einen Schatten wirft und du den Schatten auf der Erde gut sehen kannst. Dann fixiere deinen Blick eine Weile auf den Hals des Schattens. Danach schaue hoch zum Himmel. Wenn du dann einen vollständigen grauen Schatten, also ein Nachbild des Schattens auf der Erde, am Himmel sehen kannst, gilt das als ein günstiges Zeichen. Übe so lange, bis du den Schatten am Himmel gut wahrnehmen kannst.

Umgang mit dem Schatten – Aufgabe für einen spirituellen Aspiranten

Aus einem Artikel von Sukadev Bretz im Yoga Vidya Journal Frühjahr 2010

Es ist eine Aufgabe eines spirituellen Aspiranten, sich mit seinen Schwächen und seinen eigenen Marotten zu beschäftigen und sie anzunehmen, vielleicht auch mit seinen Schattenseiten. Beim Konzept des Schattens von C.G. Jung geht es darum, wie wichtig es ist, den Schatten zu integrieren.

Er nannte zwei Arten von Schattenseiten, zumindest in seinen späteren Schriften:

1. Das Konzept des Schattens nach C. G. Jung

Es ist eine Aufgabe von Vicharana, sich mit seinen Schwächen und seinen eigenen Marotten zu beschäftigen und sie anzunehmen, vielleicht auch mit seinen Schattenseiten. Beim Konzept des Schattens von C.G. Jung geht es darum, wie wichtig es ist, den Schatten zu integrieren. Er hat zwei Arten von Schattenseiten unterschieden, zumindest in seinen späteren Schriften.

Zum einen gibt es Schattenseiten in uns, die wir nicht leben, aber eigentlich leben könnten und wo es gut wäre, wenn wir sie leben würden. Wir leben sie aber nicht, weil wir Angst davor haben. Etwas konkreter: Angenommen, ihr seid ein sehr ordentlicher Mensch und euch nervt es furchtbar, wenn eure Arbeitskollegen auf deren Schreibtisch Chaos haben. Das kann auf eine Schattenseite hinweisen. Vielleicht würdet ihr eigentlich auch gern ein bisschen Chaos zulassen und leben, aber da ist die Angst, falls ihr es zulasst, im Chaos unterzugehen, die Kontrolle darüber zu verlieren. Oft kommen einem die Schattenseiten auch über die eigenen Kinder entgegen. Sie leben häufig die Schattenseiten, die man nicht leben will. Dort würde man raten, dass das etwas wäre, was man leben sollte.

Man braucht keine Angst davor zu haben. Ich kann mich noch an eine Seminarteilnehmerin erinnern, die ihr Leid klagte, dass ihre Kinder ihr Zimmer nicht aufräumen. So viel Energie würde dort verloren gehen. Morgens könne sie zwar ihre spirituellen Praktiken machen und dann zur Arbeit gehen, und das sei auch alles ok, aber mit den Kindern... Dann habe ich kurz mit ihr gesprochen. Bei ihrem Arbeitsplatz war sie die Vorgesetzte. Dort konnte sie ihre Vorstellung von Ordnung auch durchsetzen. Aber bei den Kindern hat das nicht funktioniert. Die unbewusste Angst die Kontrolle zu verlieren, und loszulassen, ist so weit verbreitet und deshalb fast schon normal. Sich dessen bewusst zu sein, löst viele dieser Ängste, und ermöglicht die Chance zum Verständis, für andere und auch für sich selbst.

Ich habe ihr geraten, sie solle mal zu Hause, in ihrem Schlafzimmer alle Schubladen ausräumen, gleichmäßig um ihr Bett verteilen, und außerdem sollte sie bei ihrer Yogapraxis einmal pro Woche eine Asana bewusst falsch machen. Natürlich nicht so, dass es schädlich ist. Man kann z. B. im Schulterstand die Beine ein bisschen auseinander haben oder in der Entspannung den Kopf leicht schief und den einen Arm so und den anderen so… Natürlich nicht in der Vorwärtsbeuge einen Rundrücken machen, nichts, was schädlich ist. Und sie hat das auch gemacht. Viele Menschen setzen die Ratschläge, die man gibt, nicht um. Aber sie hat es ausprobiert. Beim nächsten Weiterbildungsseminar hat sie mir erzählt, dass der Ratschlag Wunder gewirkt habe. Zum einen bei den Kindern: Als diese gesehen haben, dass Mamas Schlafzimmer so unaufgeräumt ist – haben sie sofort ihr eigenes Zimmer aufgeräumt. Es hat Wunder für sie selbst bewirkt: Sie hat eine kreative Ader in sich entwickelt. Und es hat Wunder bei ihrem Job bewirkt: Sie hat die lange fällige Beförderung bekommen. Sie dachte, ihre ganz disziplinierte Art würde am Arbeitsplatz gut ankommen, aber irgendjemand mag sie nicht und deshalb wird sie nicht befördert. Aber die Chefs zwei Ebenen höher hatten gesagt, dass das zwar nett ist, aber dass man Menschen so einen Kontrollierfreak eigentlich nicht zumuten kann. Und nachdem sie dort auch ein wenig entspannter war, hat sie sofort ihre Beförderung bekommen – von ihrer fachlichen Kompetenz war sie gut –, aber man hatte vorher gedacht, wenn andere Teamleiter unter ihr arbeiten sollen, würde das nicht gut gehen, denn die wollen auch ihre Freiheiten haben. Das als Beispiel für einen unterdrückten Schatten.

Übrigens, wenn ihr ordentliche Menschen seid und es euch nicht stört, wenn euer Nachbar oder Arbeitskollege alles unordentlich hat, und es euch nicht behindert –, dann habt ihr dort keine Schattenseite. Aber wenn jemand etwas tut – vorausgesetzt natürlich, es ist nicht unethisch -, was euch sehr stört, habt ihr vielleicht eine Schattenseite, mit der ihr euch eventuell einmal beschäftigen sollt. Umgekehrt, wenn ihr ein Chaotiker seid und ein Arbeitskollege euch nervt, weil er alles so Etepetete hat – könnt ihr vielleicht etwas Ordnung schaffen, statt den Kollegen bekämpfen. Oder eben, mal reinspüren, wo ist in mir dieser Etepetete-Mensch, den ich nicht leiden kann.So oder so, ist es ein Prozess sich seiner selbst immer mehr bewusst zu werden. Und aus bewusst sein wird Verständnis und Mitgefühl.

2. Schattenseiten, mit denen man leben lernen kann

Dann gibt es aber auch Schattenseiten, die man nicht so einfach leben und loswerden kann. Die meisten Menschen haben Schattenseiten, vor denen man Angst haben kann, z.B. Selbstmordgedanken, aggressive Gedanken, Mordgedanken gegenüber anderen etc. Ich habe jetzt bewusst welche genommen, die extrem sind. Manchmal vergehen solche Schattenseiten von selbst, wenn man Yoga macht, manchmal vergehen sie nicht. Man muss lernen, sich damit zu arrangieren. Man sollte diese nicht leben im Sinne von sie ausleben. Man sollte lernen, dass diese Schattenseiten in einem sind, dass diese Fantasien öfters kommen, aber man wird sie nicht leben. Deshalb ist man kein schlechter Mensch.

Videovortrag von Sukadev - Umgang mit Schattenseiten:

Als spiritueller Aspirant ist die Begegnung mit dem eigenen Schatten bzw. der `Schattenseite des Lebens´ eine schwierige und wichtige Aufgabe.

Was ist überhaupt der Schatten? Was ist eine Schattenseite? Wie kann mit mit seinem Schatten, mit seinen Schattenseiten umgehen? Darüber spricht Sukadev in diesem Video-Vortrag zum Thema „Der Spirituelle Weg – Umgang mit Schattenseiten“. Manche Schattenseiten gilt es zu integrieren. Mit anderen Schattenseiten muss man lernen zu leben, bzw. ihre Informationen erkennen.

Dieser Vortrag ist Teil der Vortragsreihe zu Vicharana, bewusstes spirituelles Streben. Die Vortragsreihe zu Vicharana wiederum ist Teil der Vortragsreihe zu „Spiritueller Weg“. Und dieser wiederum ist der Teil "YVS051" der Vortragsreihe „Yoga Vidya Schulung – Der ganzheitliche Yogaweg“.


Viveka Chudamani - Die Analogie von Schatten und Spiegel

Ich bin weder Schatten noch Spiegelbild

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 163 von Sukadev Bretz -

So wie dir niemals in den Sinn käme, dich für den Schatten des Körpers oder für das Spiegelbild des Körpers oder für den Körper im Traum oder in Gedanken zu halten, so darfst du dich auch nicht mit dem lebenden Körper (Jiva Sharira) identifizieren.

Ich bin nicht der Schatten

Du kannst die Analogie gerade mal überlegen. Du siehst hinter dir einen Schatten oder du siehst vor dir einen Schatten. Der Schatten bewegt sich. Der Schatten, wenn du denkst, ich bewege den Kopf, bewegt sich auch der Schatten. Wenn du denkst, ich bewege die Arme, dann bewegen sich auch die Arme des Schattens. Bist du deshalb der Schatten? Nein natürlich nicht. Du weißt: Der Schatten ist einfach etwas, was kommt durch den Körper. Sonnenlicht projiziert den Körper als Schatten zum Beispiel auf den Boden vor dir oder zur Wand.

Ich bin nicht das Spiegelbild

Oder genau so, angenommen du schaust in den Spiegel, dann siehst du im Spiegel siehst du ein Spiegelbild eines Körpers. Wenn dir der Körper dann nicht gefällt, wirst du den Spiegel nicht boxen. Du weißt: Ich bin nicht das Spiegelbild.

Genauso bin ich nicht der Körper

Oder angenommen du wachst morgens auf und du hattest im Traum irgendwo schwere Rückenschmerzen, dann wirst du dir jetzt keine Sorgen mehr machen. Du sagst: Es war nur ein Traum. Und was im Traum passiert ist, dass ist nicht so wichtig. Es ist unerheblich. Es spielt keine Rolle. Auf diese Weise ist auch letztlich der Körper wie ein Spiegelbild, ein Schatten deiner Seele. Du bist nicht der Körper, auch wenn der Körper sich bewegt. Auch wenn du den Körper siehst. Auch wenn du den Körper fühlst. Du bist trotzdem nicht der Körper. Der Körper ist wie ein Schatten von dir. Er ist wie ein Spiegel von dir. Aber du bist nicht der Körper.

Ich bin nicht der Körper des Traumes

Denke nach über diese Analogie - Körper als Spiegel deiner Selbst – Körper als Schatten deiner Selbst. Oder das alle beste Beispiel ist sicherlich: Der Traum. Wenn du aufwachst, erkennst du: Ich bin nicht der Körper des Traumes. Und so ähnlich auch, wenn du morgens aufwachst, dann sage dir oder wenn du abends zu Bett gehst sage dir auch: Ich bin nicht der Körper. So wie ich jetzt das Körperbewusstsein verlieren werde beim Einschlafen und so wie ich morgens aufwachen werde und das Traumkörper-Bewusstsein verlieren werde, bin ich weder der Wachkörper noch der Traumkörper.

Die Jagd nach den Schatten

Artikel von Swami Sivananda

Licht und Schatten auf den Sphären, Leonardo da Vinci, 1492

Ein Schauspiel, das eindeutig und mit überzeugenden Argumenten die höchste Wichtigkeit eines Lebens in Gottes Gnade und unter spirituellem Einfluss geltend macht, egal zu welcher Zeit und unter welchen Umständen, ob zu Kriegs- oder Friedenszeiten, in Freiheit oder Knechtschaft, in Armut oder Wohlstand.

Szene: Der Salon eines wohlhabenden Anwalts. Er führt ein Gespräch mit einem Freund - dem spirituellen Kulturvertreter - der ein selbstloser Helfer und Mitarbeiter im religiösen Bereich ist. Zwei andere Freunde betreten gerade das Zimmer. Der eine ist Arzt der Epikureischen Schule, vollkommen damit beschäftigt, viel Geld zu verdienen und seiner Familie ein luxuriöses und komfortables Leben zu bieten. Der andere ist Professor der Wirtschaftswissenschaften, der fest daran glaubt, dass industrielle Expansion und wirtschaftliche Unabhängigkeit die einzig ultimativen Ziele sind. Nach den üblichen Vorstellungen und Bekanntmachungen entwickelt sich über das Haupthema des Tages folgende Konversation:

Anwalt: (an den spirituellen Kulturvertreter gerichtet) - Mein Freund, meiner Meinung nach vergeuden Sie ihre wertvolle Energie und Ihre intellektuellen Fähigkeiten mit wertlosen Aktivitäten, welche die Probleme, die wir momentan haben, nicht lösen werden.

Spiritueller Kulturvertreter: Das augenblickliche Problem kann nur dadurch gelöst werden, indem wir es an der Wurzel des Übels der gegenwärtigen Epoche packen. Eine Nation kann nicht überleben oder in Wohlstand leben, wenn nicht die Mehrheit ihrer Menschen einen hohen Grad an Kultur und Charakter besitzt. Indien hatte eine glorreiche Vergangenheit und eine ganz eigene Kultur, die jetzt nur noch einigen wenigen vorbehalten ist. Wir müssen sie wiederbeleben und zu noch rühmlicheren Ebenen erhöhen, wenn wir unser materielles und unser spirituelles verlorengegangenes Erbe wiedergewinnen wollen.

Professor: Aber wie können die breite Masse und die untere Mittelschicht diese kulturellen Ideen und Lehren annehmen, wenn noch nicht einmal ihre physischen Bedürfnisse befriedigt werden. Beide vegetieren eher in Armut dahin, kommen kaum über die Runden und haben praktisch nichts zu essen.

Spiritueller Kulturvertreter: Est wenn unsere besser verdienende, gebildete Bevölkerungsschicht ihre Moral und ihre Kultur entwickelt, indem sie die Werte der Religion und Philosophie in ihrem Alltagsleben praktiziert, werden wir unseren verlorengegangenen Ruhm und unsere wirtschaftliche Unabhängigkeit wiedergewinnen. Es muss ein Geist von Opferbereitschaft und Uneigennützigkeit unter den Wohlhabenden generiert werden, damit die ärmeren Klassen aufsteigen können.

Arzt: Ich glaube nicht an all das Gerede von Kultur und Moral oder wirtschaftliche Verbesserung der Massen. In welchem Sektor des Öffentlichen Berufs ist denn noch Zeit oder gar Freizeit übrig? Jeder sollte sich doch um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Ich bin in jeder freien Minute bis spät in die Nacht hinein mit beruflichen Tätigkeiten oder Anrufen beschäftigt. Es muss für uns doch auch Zeit für Erholung, Einkäufe, Kinogänge und andere soziale Verpflichtungen geben.

Sehr oft laufen wir unserem eigenen Schatten nach.

Spiritueller Kulturvertreter: Sie scheinen eine rohe und eher eingeschränkte Sicht der Dinge zu haben und sind sich wohl der höheren, metaphysischen Themen nicht sehr bewusst. So eine Sichtweise ist eine teuflische Lebenseinstellung, ganz wie sie in der Gita (Kapitel XVI) beschrieben wird. Sie wird zu Degeneration, Knechtschaft und Leiden in zukünftigen Leben führen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Wenn Sie ernsthaft und aufrichtig der Menschheit dienen wollen, dann werden Sie auch schon Freizeit und Energie dafür finden.

Anwalt: Ich meine, wir sollten unsere ganze Energie auf den politischen und wirtschaftlichen Bereich richten, anstatt sie mit der Propagation einer spirituellen Kultur zu vergeuden. Wenn wir erst einmal Freiheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit erreicht haben, dann können wir uns immer noch Gedanken über Kultur, Moral und dem Leben nach dem Tod machen.

Spiritueller Kulturvertreter: In diesem Falle sollten Sie auch aufhören, sich beruflich zu betätigen und zu essen und zu trinken, solange, bis Freiheit und wirtschaftliche Verbesserung eingetreten sind. Kultur, Moral und Religion sind für die Seele genauso wichtig wie Nahrung für den Körper und Wohlstand für das materielle Leben. Wenn Sie warten, bis alle die Freiheit bekommen, dann werden Sie niemals in der Lage sein, überhaupt Fortschritt zu erreichen. Wer kann schon sagen, dass er Freiheit in seiner Lebensspanne erreichen wird? Auf diese Art und Weise werden Sie dieses so wertvolle Leben und diese Inkarnation als Mensch vergeuden.

Professor: Es ist die Überbetonung von spirituellem Leben und Religion, die überhaupt erst unseren Untergang und die ganze Sklaverei gebracht hat. Wir haben in der Vergangenheit unseren wirtschaftlichen Fortschritt vernachlässigt, infolgedessen haben uns andere bezwungen und überholt, und wir sind arme und rückständige Leute geblieben. Wir sollten deshalb erst einmal unsere materiellen Ressourcen und physischen Kräfte entwickeln und so denselben hohen Stand von Fortschritt, Macht und Wohlstand wie die Nationen des Westens erreichen, bevor wir überhaupt daran denken, uns mit unproduktiven Bestrebungen wie Religion und Philosophie zu beschäftigen.

Spiritueller Kulturvertreter: Aber selbst die, die in politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereichen arbeiten, können keine nutzbringende und förderliche Leistung erbringen, ohne sich zuerst durch Disziplin eine spirituelle Basis geschaffen und einer religiösen Schulung unterzogen zu haben. Die führenden Köpfe im Sozialwesen und in der Politik arbeiten, mit nur wenigen Ausnahmen, aus rein egoistischen Beweggründen und Kämpfen doch alle für ihren eigenen Ruf, Ruhm, Wohlstand, ihre eigene Überlegenheit und Macht.

Arzt: In der Geschichte hat keine Nation jemals Freiheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit durch das Studium der heiligen Schriften, durch gottgefällige Lebensführung oder durch Gebete, Bhajans und Kirtans (Singen , um Gott zu preisen) erlangt.

Spiritueller Kulturvertreter: Indien war nur für einige wenige Jahrhunderte in Knechtschaft. Von welcher Bedeutung ist schon diese Periode verglichen mit den vergangenen Millionen von Jahren seit Ankunft des Menschen auf dieser Erde? Selbst wenn wir jetzt die Freiheit zurückerhielten, muss das nicht unbedingt bedeuten, dass sie länger als ein paar Jahrhunderte anhalten wird, und die Menschen, die dann in der zukünftigen Zeit leben, werden wieder gewaltige Anstrengungen unternehmen müssen, um sie wiederzugewinnen. Etwas, was nicht für immer gültig ist, kann doch nicht das ultimative Ziel des Lebens sein. Es muss ein Umfeld von selbstlosem Handeln und Dienen geschaffen werden, was zu Reinheit des Geistes und Herzens führt. Nur mit dieser Ausrichtung kann Arbeit hilfreich sein. Sie ist dann Mittel und Zweck, um Fortschritt auf dem spirituellen Weg zu erlangen und sollte nicht mit dem Ende oder dem Ziel verwechselt werden.

Professor: Wir müssen da unterscheiden zwischen spirituellem und materiellem Leben. Durch Überbetonung des spirituellen Aspekts sind wir erst in die gegenwärtige Lage gekommen. Deshalb sollten wir uns um größeren materiellen und industriellen Fortschritt bemühen, soweit es Indien betrifft.

Spiritueller Kulturvertreter: Ich stimme Ihnen zu, dass wir eine ebenmäßige Entwicklung haben sollten, wo sich die spirituellen und materiellen Aspekte des Lebens in vollem Umfang ausdrücken können. Aber es war nicht die Überbetonung des spirituellen Lebens, die zu unserem Untergang in den letzten Jahrhunderten geführt hat, sondern eher die des materiellen Lebens mit all seinen üblen Begleiterscheinungen wie Lust, Gier, Eifersucht, Uneinigkeit und Egoismus. Um in einer modernen Welt eine ausgeglichene Entwicklung im sozialen wie auch religiösen Bereich zu erreichen, muss es notwendigerweise zwei Arten von Arbeitern geben. Ein Zimmermann hat ein anderes Arbeitsfeld als ein Elektriker. Man kann nicht erwarten, dass der eine die Arbeit des anderen ausführen kann. Beide sind notwendig. Konstruktive Arbeit in sozialen, wirtschaftlichen, politischen und industriellen Bereichen ist gleichwohl äußerst wichtig. Ich habe mich nie dafür ausgesprochen, dass diese Aspekte ignoriert werden sollten.

Aber errettet werden können die Leute allein nur durch die Religion. Ohne Religion ist der Mensch im Nirgendwo. Politische Freiheit kann nicht das ganze Leid und all das Böse in der Welt ausrotten. Sie macht unser Leben nur ein wenig angenehmer. Die Welt ist wie ein Hundesschwanz, der nie gerade gerichtet werden kann. Brot, Butter, Marmelade und Gebäck können keine immerwährende Freude und ewiges Glück bereiten. Die modernen Luxusgüter der westlichen Menschen sind Feinde eines spirituellen Lebens und des Friedens. Sie werden uns nach unten ziehen. Denn der Mensch verlangt nach wie vor eigentlich sehr wenig auf dieser Erde.

In diesem Moment betritt ein Swami, welcher der Guru des spirituellen Kulturvertreters ist, den Raum. Seine große und kräftige Gestalt, der schimmernde Glanz, seine Aura und magnetisierende Präsenz sind so achtungsgebietend, dass jeder aufsteht und sich zu seinen Füßen wirft. Der spirituelle Kulturvertreter gibt ihm darauf eine kurze Zusammenfassung des Gespräches, das gerade zum Ende gekommen war.

Swami Sivananda

Swamiji: Nur die Art von Arbeit, welche die Unwissenheit der Menschen beseitigt und ihnen inneren Frieden und immerwährende Freude bringt, kann das Leiden der Menschheit vollständig ausmerzen. Diese Arbeit ist spirituelle Propaganda oder die Verbreitung der Wissenschaft des Höheren Selbst, Brahma-Vidya, und die Wissenschaft des Yoga, Yoga Shastra. Das ist die glorreiche Krönung jeder menschlichen Aktivität. Diese Tätigkeit ist die höchste Form von Opferbereitschaft oder Yoga. Es gibt niemandem auf dieser großen Erde, der Gott näher ist, als der selbstlose Mitarbeiter im Bereich der Spiritualität. (Gita Kapitel XVIII-69).

Man muss das Übel allen menschlichen Leidens bei der Wurzel fassen, und dieses Übel ist Unwissenheit und die Ignoranz der Natur des Höheren Selbst und des wahren Ziels des Lebens. Die Wissenschaft des Höheren Selbst ist der wahre spirituelle Reichtum der Menschen. Sie ist unerschöpflich. Nur Indien allein besitzt diesen höchsten, göttlichen Reichtum. Sogar die reichsten und höchst kultiviertesten Leute von allen Teilen der Welt kommen nach Indien, um Yoga zu praktizieren. Sie suchen Rat und Führung bei den Rishis, Sehern und Weisen und wünschen nichts mehr, als diesen unvergänglichen Reichtum zu erwerben. Niemand kann Indien diesen unvergänglichen Reichtum stehlen. Indien war, ist und wird immer reich bleiben, ob materiell oder spirituell gesehen. Die Ressourcen unseres Landes sind gewaltig und unendlich. Es wurde zwar von verschiedenen Nationen überfallen und geplündert, aber immer noch sind seine Ressourcen im Überfluss vorhanden. Dieses Land ist immer frei gewesen und wird es auch immer bleiben. Seine Kultur und Zivilisation gehören zu den höchsten in der ganzen Welt.

Glück und Freude kommen nicht von Wohlstand und Reichtum. Die westlichen Nationen sind ziemlich rast- und ruhelos, trotz ihres enormen Reichtums. Egoismus, Gier, Hass und Eifersucht haben ihren Frieden zerstört. Daraus können wir nur folgern, dass nur ein spirituell- ausgerichtetes Leben allein immerwährenden Frieden, Glück und Freude bringen kann. Die Dispute zwischen Heiligen und Haushältern (ob ein spirituell- oder ein materiell-ausgerichtetes Leben besser ist), zwischen Dualisten und Non-Dualisten (ob Gott und die Seele identisch oder voneinander getrennt sind), zwischen politischen oder spirituellen Arbeitern (welche Art von Arbeit wichtiger und wesentlicher ist) sind schon seit Urzeiten im Gange. Es ist sehr schwierig, die Haushälter, Dualisten und Politiker zu überzeugen, solange ihr Geist nicht von falschen Eindrücken und Vorstellungen gereinigt und durch Sadhana (spirituelle Praxis) und Erfahrung geklärt ist.

Jene, die im spirituellen Bereich arbeiten, sollten sich erst gar nicht auf Diskussionen mit Arbeitern aus anderen Bereichen einlassen. Sie sollten eher mit anderen selbstlosen Arbeitern kooperieren, egal, in welchem Bereich sie auch immer tätig sind. Sie sollten einfach ihre eigene Arbeit mit unverminderter Kraft fortsetzen.

Mögen wahres Urteilsvermögen und Licht den Menschen aufgehen, die zu sehr von dieser vergänglichen Welt und ihrem materiellem Leben gefesselt sind, welche die spirituelle Seite des Lebens vollständig ignoriert haben, die zu sehr nur an ihre Körper und dessen Annehmlichkeiten denken, die alles über ihre eigentliche göttliche Natur vergessen haben und die den Schatten hinterlaufen und dadurch ihre wirkliche Substanz - nämlich Gott- der das innere Höchste Selbst in allen Lebewesen und das ultimative Ziel der menschlichen Evolution ist, aufgeben.

Mögen alle Wesen im ganzen Universum Frieden und unendliche Glückseligkeit erlangen!

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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