Evaluation der Yoga Vidya Fitnessreihe: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 15. Februar 2014, 16:38 Uhr
Die Forschungsarbeit Evaluation der Yoga Vidya Fitnessreihe, vorgelegt im Dezember 2007 von Franz Wegener (Leitung), Robert Wudtke, Sebastian Klintzsch, Hendrik Bloch und Katharina Nehring, wurde im Rahmen des Studiums am Institut für Sportwissenschaft sowie der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften angefertigt. Sie gliedert sich in einen Theorieteil (Kap. 1-12) und einen Experimentalteil (Kap. 13-21). Betreuende Professorin der Arbeit war Prof. Dr. A. Hökelmann - ebenfalls von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
1 Einleitung
Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit – dem Theorieteil – soll zunächst jene Zielgruppe herausgestellt werden, welche in unserer modernen Lebensweise in typischer Form immer häufiger wird: Sportabstinente Personen mittleren Alters mit Bewegungsmangel. Diese Bevölkerungsgruppe ist im Zuge des biologisch determinierten Alterungsprozesses durch einen zunehmenden Rückgang des koordinativen Potenzials gekennzeichnet, was ohne entsprechende gesundheitsbezogene Interventionen zu drastischen negativen Folgen bezüglich der Lebensqualität führt (vgl. Schaller, 2002, S. 163).
Die neue Yoga Vidya Fitnessreihe wurde entwickelt, um einen Beitrag zum Gesundheitsport im Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten (nach Leitfaden Prävention IKK-Bundesverband, 2006, S. 27-33) zu leisten. Diese soll sportabstinente Menschen mittleren Alters mobilisieren, um Bewegungsmangel entgegenzuwirken, das Herz-Kreislauf-System zu stärken und den Stütz- und Bewegungsapparat zu kräftigen. Darüber hinaus wird eine Verbesserung der allgemeinen Koordination angestrebt (vgl. Schilling, 1974) die eine Ökonomisierung von Bewegungen begünstigt. Ob die neue Fitnessreihe in den Gesundheitssport integriert werden kann, soll anhand der folgenden Untersuchung bewertet werden.
Anschließend wird der international anerkannte Gesundheitsbegriff der WHO und die Kernziele, die im Leitfaden der Spitzenverbände der Krankenkassen für den Bereich der Primärprävention (IKK-Bundesverband, 2006) festgelegt wurden, genauer dargelegt. Eines dieser Kernziele, die physischen Gesundheitsressourcen, welche heute weitgehend für alle bewegungsbezogenen Interventionen von besonderer Bedeutung sind, sollen dabei genauer beleuchtetet werden. Koordination, Beweglichkeit, Kraft und Ausdauer spielen diesbezüglich und im Kontext komplexer Dekonditionierungserscheinungen bei der besagten Zielgruppe eine wesentliche Rolle (vgl. z. B. Spring / Dvorak / Dvorak / Schneider / Tritschler & Villinger, 2005). Darauf aufbauend werden die Begriffe Bewegung und Sport und das Verständnis von Fitness als ein umfassender Begriff zur Beschreibung einer guten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit näher beschrieben, und geklärt, in welcher Weise diese als ein Bestandteil der Gesundheit zur Gesundheitserhaltung und Gesundheitsförderung beitragen.
Vor diesem Hintergrund wird die neue Yoga Vidya Fitnessreihe vorgestellt und die mit ihr verbundenen Lernziele mit denen des Gesundheitssports verglichen. Dabei wird sowohl auf die allgemeinen als auch auf die speziellen physiologischen Wirkungen während der einzelnen Abschnitte der Kursintervention eingegangen.
Im nachstehenden Experimentalteil finden nach einer kurzen allgemeinen Einführung zu den motorischen Tests eine Darlegung sowie eine Begründung für die zur Yogaintervention herangezogenen Tests statt. Dabei wurde ein allgemeiner Koordinationstest für Erwachsene mittleren Alters (KGKT), sowie verschiedene Tests zur Bestimmung des allgemeinen gesundheitlichkonditionellen Zustands verwendet. Dazu zählt u. a. eine gute Beweglichkeitsfähigkeit der Lenden-Becken-Hüft-Region (vgl. Schlumberger, 2005, S. 408) sowie eine gut ausgeprägte Kraftfähigkeit, die zur Bewältigung von Alltagsanforderungen ebenso benötigt wird, wie zur Vorbeugung von Haltungsschwächen oder Haltungsschäden und natürlich auch zur Erreichung von sportlichen Leistungen und zur Realisierung des entsprechenden sportlichen Trainings (vgl. Hirtz, o. J., S. 1 – 10). Des Weiteren wurde noch die allgemeine aerobe Ausdauer, deren gesundheitlicher Wert von besonderer Bedeutung etwa hinsichtlich der Prävention von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems ist, getestet (vgl. u. a. Pfeifer, 2004; vgl. Jordan & Linse, 2002; vgl. Bös & Brehm, 1999).
2 Ziele der Studie
2.1 Begründung der Zielgruppe
Die Yoga Vidya Fitnessreihe versucht insbesondere Frauen und Männer mittleren Alters, das heißt zwischen 30 und 50 Jahren, anzusprechen. Es handelt sich hierbei um gesunde Versicherte mit Bewegungsmangel, Bewegungseinsteiger und –wiedereinsteiger, jeweils ohne behandlungsbedürftige Erkrankungen (IKK-Bundesverband, 2006, S.28). Nun stellt sich die Frage, warum diese Altersgruppe ausgewählt wurde? Schaller (2002) betont, dass der biologisch determinierte Alternsprozess für die
Entwicklung der Bewegungskoordination dramatische Folgen hat und macht auf den Rückgang des koordinativen Potenzials bereits zur Lebensmitte um das 30. Lebensjahr aufmerksam. Ohne Übung nimmt die koordinative Ausstattung relativ kontinuierlich ab, bis es schließlich ab dem 50. Lebensjahr zu einer deutlichen Rückbildung kommt. Die Folge ist, dass hierdurch die Lebensqualität älterer Menschen deutlich in Mitleidenschaft gezogen wird (vgl. S. 163). Nach Roth und Winter (1994) sind allerdings für die Bewertung der beobachtbaren Regelverläufe weitere Einflussfaktoren zu erwähnen. Dazu gehören einige Personfaktoren wie z. B. das biologische Alter, der Gesundheitszustand und das Geschlecht sowie ferner einige Umweltfaktoren, wie etwa eine anregende Umgebung und die Art der Bewegungsaufgaben (vgl. S. 198).
Im Alter werden uns Probleme bei der Bewegungskoordination kaum bewusst, da die Gewohnheit vorherrscht, „Alltagshandlungen“ wie Zähneputzen, Treppensteigen und Essen routinemäßig und stereotyp auszuführen. Irritationen treten erst dann auf, wenn abverlangt wird, gewohnte Bewegungen unter ungewohnten oder neuen Bedingungen auszuführen. Dies tritt nach Schaller & Wernz (2000) unter folgenden Umständen ein:
- während des motorischen Lernprozesses
- bei der Ausführung von Bewegungen unter ungewohnten oder neuen Bedingungen
- nach längerer Passivität
- infolge des biologischen Altersprozesses (vgl. S. 12).
Mit all diesen Faktoren ist der Mensch im Laufe seines Lebens fortlaufend bzw. irgendwann einmal konfrontiert und während Jüngere hinsichtlich ihrer Fähigkeiten noch ein entsprechendes Anpassungsvermögen besitzen, haben besonders die Älteren diesbezüglich eine schlechtere Ausgangsposition. Deshalb versucht die Yoga Vidya Fitnessreihe im Rahmen einer gesundheitsbezogenen Intervention gezielt die Menschen mittleren Alters zu erreichen, um den oben genannten Verhältnissen rechtzeitig entgegen wirken zu können.
Im folgenden Abschnitt wird auf den Gesundheitsbegriff, die Kernziele des Gesundheitssports und dessen Lernziele sowie auf den Begriff der Fitness genauer eingegangen, um diese anschließend mit den Lernzielen und dem „gesundheitlichen Wert“ der Yoga Vidya Fitnessreihe vergleichen zu können.
2.2 Gesundheitsbegriff
Als grundlegend für den Begriff Gesundheit gilt heute weitgehend die Definition der WHO (World Health Organization), in der festgehalten wird: „Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen" (Originaltext WHO, 1984).
Die Definition der WHO, welche als Grundlage entlang von sämtlichen gesundheitsorientierten Konzepten angeführt wird, beschreibt das (dauerhafte) Wohlbefinden eines jeden Menschen für sich persönlich, das unter Umständen auf sehr individuellem Weg zu erreichen ist (vgl. Jordan & Linse, 2002, S. 11).
Bei der Definition der WHO wird besonders die subjektive Dimension von Gesundheit unterstrichen, wobei gleichsam von einem dynamischen Zustand oder Balancezustand gesprochen wird. Dieser objektive und subjektive Balancezustand einer Person ist dann gegeben, wenn die Person sich in Einklang mit körperlichen, seelischen und sozialen Bereichen der Entwicklung, den eigenen Möglichkeiten, Zielen und den äußeren Lebensbedingungen befindet.
Der Balancezustand muss zu jedem lebensgeschichtlichen Zeitpunkt aufrecht gehalten bzw. erneut wiederhergestellt werden und ist von persönlichen Faktoren und Faktoren der Umwelt abhängig. Man kann also festhalten, dass die sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Lebensbedingungen den Entwicklungsrahmen für die Gesundheit geben. „Gesundheit hat somit Prozesscharakter und ist hiernach das Ergebnis der Auseinandersetzung mit Belastungen und Anforderungen und das auf psychosozialer und physischer Ebene“ (vgl. DGB-BWT Thüringen, o. J.).
In Ergänzung dazu und im Sinne der „Ottawa Charta“ von 1986 ist Gesundheitsförderung „ein Prozess, der Menschen dazu in die Lage versetzen soll, mehr Einfluss auf ihren Gesundheitszustand zu entwickeln und ihre Gesundheit aktiv zu verbessern. Ziel ist die Erreichung eines Zustandes vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens, der dadurch erreicht werden soll, dass Individuen und Gruppen unterstützt werden, eigene Wünsche wahrzunehmen und zu realisieren, Bedürfnisse zu befriedigen, sowie die Umgebung zu verändern oder sich an diese anzupassen. Gesundheit ist ein positives Konzept, das sowohl soziale und individuelle Ressourcen als auch körperliche Fähigkeiten betont. Aus diesem Grund ist Gesundheitsförderung nicht nur im Kompetenzbereich des Gesundheitssektors anzusiedeln, sondern Gesundheitsförderung geht weiter als ein gesunder Lebensstil zum Wohlbefinden“ (Originaltext WHO, 1986).
Zusammengefasst heißt es bei Woll, Tittlbach, Schott, Bös (2004) also: „Gesundheitsförderung ist ein Prozess, der darauf abzielt, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Lebensumstände und ihre Lebensumwelt zu ermöglichen“ (S. 11). Hervorzuheben hierbei ist der entwicklungsperspektivische Charakter, welcher Gesundheitsförderung als Prozess darstellt und nicht als statischen Zustand. Im Blickpunkt stehen dabei vor allem die Wechselbeziehungen hinsichtlich des Abbaus von Risikofaktoren auf der einen Seite, und dem Aufbau Gesundheitsressourcen auf der anderen Seite.
2.3 Begriffsklärung Gesundheitssport
Gesundheitssport „zielt zum einen auf eine gezielte Stärkung der Gesundheitsressourcen, verbunden mit einer gezielten Meidung und Minderung von Risikofaktoren sowie einer möglichst effektiven Bewältigung von Beschwerden und Missbefinden“ ab (Bös & Brehm, 1998, S.10). Angestrebt werden Verhaltenswirkungen die insbesondere durch den Aufbau von Bindungen an die gesundheitssportliche Aktivität nachhaltig gemacht werden sollen. Das schließt eine möglichst flächendeckende Verbreitung von gesundheitssportlichen Angeboten sowie die Vermittlung eines langlebigen Bedürfnisses nach Sport mit ein. „Gesundheitssport ist eine Form der sportlichen Betätigung, die gezielt eine Stabilisierung, Verbesserung und Wiederherstellung von Gesundheit anstrebt“ (Hartmann, Opper, Sudermann, 2005, S. 65) Damit trägt der Gesundheitssport sowohl präventiven als auch [Rehabilitation|rehabilitativen]] Charakter.
Hartmann, Opper und Sudermann (2005) zitieren dazu Schwenkmezger (1993), der die Zweckbestimmung des Gesundheitssports hervorhebt und damit die Abhängigkeit seiner Gestaltung von seinen Zielen aufzeigt. Dementsprechend wurden die Ziele der Yoga Vidya Fitnessreihe insbesondere auf eine Stärkung des Bewegungssystems, welche unter den Punkt der physischen Gesundheitsressourcen einzuordnen ist, festgelegt. Diese werden nachstehend im Zusammenhang mit den Kernzielen des Gesundheitssports genauer dargelegt.
2.4 Kernziele des Gesundheitssports
2.4.1 Stärkung von physischen Gesundheitsressourcen
„Die Förderung physischer Gesundheitsressourcen durch körperliche Aktivität und Gesundheitssport meint vor allem die Verbesserung von Ausdauer, Kraft, Dehnfähigkeit, Koordinationsfähigkeit und Entspannungsfähigkeit als Komponenten der gesundheitsbezogenen Fitness“ (Pfeifer, 2004, S. 32). Pfeifer (2004) betont, dass eine allgemeine Förderung der körperlichen Fitness im Kontext der allgemeinen Gesundheitsförderung, für die Prävention von Rückenschmerzen sinnvoll ist (vgl. S. 32). „Eine Aktivierung des Muskelsystems löst immer komplexe Anpassungsprozesse des gesamten Organismus aus und kann so dazu beitragen, diesen widerstandsfähig und gesund zu halten“ heben Bös & Brehm (1998) hervor.
Trotz des bisherigen Ausbleibens von prospektiven Studien, die eine ausreichende Grundlage für die Bewertung von Fitnessfaktoren als Risikofaktor für die Entstehung von Rückenschmerzen zulassen würden, zeigt eine Reihe von Querschnittuntersuchungen zum muskulären Status von Personen mit Rückenschmerzen, eine vor allem hinsichtlich der Muskelkraft und Muskelmasse ausgeprägte „Dekonditionierung“ (Pfeifer, 2004, S. 33; nach Verbunt et al. 2003). Von Müller et al. (2003) werden 27 Querschnittstudien zusammengefasst, wobei ein Großteil derer eine reduzierte Muskelkraft (bzw. ein reduziertes Drehmoment) oder eine geringere Kraftausdauer der Rückenmuskulatur bei Personen mit Rückenschmerz ergab. (Pfeifer, 2004, S. 33). Andere Studien konnten weiterhin Defizite in der neuromuskulären Ansteuerung der Rückenmuskulatur sowie deren Muskelquerschnitt darstellen, so Pfeifer (vgl. S. 33).
Die Kraft oder die Kraftausdauer der Rücken- bzw. der Rumpfmuskulatur ist also spätestens mit dem Auftreten von Rückenschmerzen assoziiert, deshalb erscheint eine Einbeziehung von Übungsformen zur Verbesserung von Muskelkraft und Kraftausdauer als Schwerpunkt in Interventionsprogrammen sinnvoll. Die Expertise von Pfeifer (2004) zeigt, dass dies auch gilt, wenn nicht klar ist, welche Rolle diesen Fitness-Komponenten hinsichtlich der Entstehung von Rückenschmerz zuzuschreiben ist (vgl. S. 33).
Wenn man die Rolle der Rücken- und Rumpfmuskulatur in Bezug zur Funktion der Wirbelsäule betrachtet, werden zwei Funktionsaspekte deutlich:
- 1. Bewegungsfunktion: Die Muskulatur wird in Synergie mit der Extremitätenmuskulatur eingesetzt, um die Wirbelsäule entsprechend der durch Bewegungsaufgaben und Umwelt entstehenden Anforderung zu bewegen.
- 2. Haltungsfunktion: Die Muskulatur wird eingesetzt, um die Wirbelsäule bzw. den gesamten Rücken bei der Fortbewegung bzw. bei Bewegungen der Extremitäten aufrecht und stabil zu halten (vgl. Pfeifer, 2004, S. 33).
Gerade der zweiten Komponente wird im Hinblick auf die komplexe Steuerung und Aktivierung der Muskulatur zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt. So wird der wirbelsäulennahen Rückenmuskulatur sowie der synergistischen Stabilisationsmuskulatur (wie die wirbelsäulenfernere Rücken- und Bauchmuskulatur) vor allem die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Wirbelsäulenhaltung unter ständig variierenden Umgebungsbedingungen zugeschrieben. Cholewicki & McGill (1996), Richardson et al. (1999) oder McGill (2001) argumentieren für den Einsatz von Übungen zur Kräftigung und Stabilisation des Rückens, wobei die Fähigkeit zur Stabilisierung der Wirbelsäule einerseits abhängig ist von der Kraft der umgebenden Muskulatur und andererseits zu einem großen Teil vom qualitativen Einsatz der Muskelkraft im Sinne einer adäquaten Koordination (vgl. Pfeifer, 2004, S. 33).
Somit ergeben sich vor dem geschilderten Hintergrund folgende Teilziele für die Zielsetzung der Stärkung physischer Ressourcen:
- Verbesserung der Muskelkraft und Kraftausdauer von Rücken- und Rumpfmuskulatur
- Verbesserung der intermuskulären Koordination der vorderen, seitlichen und hinteren Rückenmuskulatur für eine adäquate Stabilisation der Wirbelsäule.
In Ergänzung zu den Übungsformen, die eine Verbesserung der Kraftquantitäten und -qualitäten anstreben, sollen im Sinne einer Verbesserung der allgemeinen Fitness zudem Übungsformen für die Verbesserung der Dehnfähigkeit und Beweglichkeit in das Programm aufgenommen werden. Dies gilt auch vor dem Hintergrund des Modells der muskulären Dysbalancen (z.B. Hasenbring 1999, Pfingsten et al. 1999), welches in Bezug zu Rückenschmerzen häufig diskutiert wird. Bös & Brehm (1998) heben in diesem Zusammenhang hervor, dass bereits bei einem einmal wöchentlich realisierten systematischen Training der Kraft- und der Dehnfähigkeit, wesentliche Funktionen des Halte- und Bewegungsapparates erhalten bleiben und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Beschwerden (Rückenschmerzen) verringert wird (vgl. Bös & Brehm, 1998; nach Banzer & Neumann, 1998; Badtke & Bittmann, 1998).
Außerdem sollen in bewegungsbezogenen Interventionsprogrammen mit dem Ziel einer Stärkung der körperlichen Fitness auch Übungsformen zur Verbesserung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit enthalten sein (vgl. Pfeifer, 2004, S. 34). „Im Vordergrund sollten dabei Maßnahmen stehen, die gerade in Bezug auf das postulierte Ziel einer Bindung an körperliche Aktivität zu einer eigenständigen Durchführung von ausdauerorientiertem Gesundheitssport hinführen“ (Pfeifer, 2004, S. 34). Zusammengefasst ergeben sich also folgende Zielsetzungen für Gesundheitssportprogramme zur Prävention von Rückenschmerz im Hinblick auf physische Gesundheitsressourcen bzw. Risikofaktoren:
- Verbesserung von Kraft und Kraftausdauer der Rücken- bzw. Rumpfmuskulatur zur Vermeidung von Dekonditionierungszuständen infolge von Bewegungsmangel
- Verbesserung der Koordination der Rücken- bzw. Rumpfmuskulatur zur Stabilisation des Rückens
- Verbesserung der allgemeinen körperlichen Fitness mit den ergänzenden Komponenten Ausdauer und Beweglichkeit im Sinne einer Förderung physischer Gesundheitsressourcen (vgl. Pfeifer, 2004, S. 34).
Bös & Brehm ergänzen die genannten Faktoren noch um den Aspekt der Entspannungsfähigkeit, die als „fünfte Perspektive“ im Modell der grundlegenden muskulären Aktivierung gilt und über welches in der Sportwissenschaft derzeit weitgehend Einigkeit herrscht (vgl. Bös & Brehm, 1999; nach z. B. Bös / Wydra & Karisch, 1992; Bouchard & Shepard, 1994; Israel. 1995; Wydra, 1996).
2.4.2 Stärkung von psychosozialen Gesundheitsressourcen
Unter psychosozialen Gesundheitsressourcen versteht man kognitive, soziale und emotionale Ressourcen, die sowohl die Lebensqualität verbessern können, als auch zur Bewältigung von gesundheitlichen Belastungen dienen können. Abgezielt wird einerseits darauf, bei den Teilnehmern Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit zu fördern. Andererseits soll ihnen aufgezeigt werden, mit Alltagsbelastungen besser umgehen zu können. Vermittelt werden soll ein positives Körperbild. Durch eine gezielte Vermittlung, bewusst oder unbewusst, soll das Handlungs- und Effektwissen gesteigert werden. Das heißt, Wirkungen und Möglichkeiten sportlicher Aktivität sollen den Teilnehmern bewusst werden.
2.4.3 Verminderung von Risikofaktoren
„Bewegungsmangel“ gilt als Risikofaktor für die Gesundheit und kann weitere Risikofaktoren, wie z. B. Bluthochdruck, erhöhte Blutzuckerwerte, Störungen des Fettstoffwechsels, Übergewicht und muskuläre Dysbalancen nach sich ziehen“ (Hartmann, Opper, Sudermann, 2005, S. 67). Dem gilt es entgegenzuwirken, bereits ab dem Kindesalter. Eine Hierarchie der Risikofaktoren wurde von Schaefer (1978) aufgestellt.
Ihre kausalen Zusammenhänge werden in Abbildung 2-1 aufgezeigt. Zielstellung innerhalb präventiver Programme besteht in der Früherkennung dieser Risikofaktoren und der Verminderung dieser Verhaltensweisen. Das Salutogenese-Modell und das Sozialisationsmodell hingegen stellen Gesundheit als Interaktion zwischen belastenden und entlastenden Faktoren dar (Hurrelmann, 2006, S.124-129). Man kann dabei von einem Wechselverhältnis von Risiko- und Schutzfaktoren sprechen.
2.4.4 Bewältigung von Beschwerden und Missbefinden
Eine Bewältigung von Beschwerden kann durch gezielte Einwirkung auf den Organismus geschehen. Eine Kräftigung der Muskulatur kann im Falle von Rückenschmerzen Probleme lindern und bewältigen. Daraus resultieren wiederum eine positivere Einschätzung eigenen Gesundheitszustandes und ein verbessertes Wohlbefinden.
2.4.5 Aufbau von Bindung an gesundheitssportliche Aktivität
Bindung bedeutet im Zusammenhang der Gesundheitsförderung durch Sport die regelmäßige Teilnahme an den angebotenen Aktivitäten. Im Idealfall führt regelmäßige, über einen langen Zeitraum ausgeübte sportliche Aktivität auch zu einem veränderten Lebensstil. Dieser passt sich auch einer gesunden Lebensweise an (Ernährung, Freizeitaktivitäten). Von besonderem Interesse sind die in diesem Zusammenhang zu erwähnenden hohen Drop-out-Raten im Gesundheitssport. Hartmann, Opper und Sudermann (2005) berufen sich auf Untersuchungen von Pahmeier (1999) und Wagner (2000), die fünfzigprozentige Ausfallquoten nicht als Seltenheit einstufen. Kritische Phasen bilden demnach das erste halbe Jahr der begonnenen Aktivität und der Zeitraum nach der Beendigung des durch Krankenkassen unterstützen Angebots. Für eine erfolgreiche Aktivierung und Bindung von Menschen ist es notwendig vorhandene Teilnahmebarrieren für potenzielle Teilnehmer zu reduzieren. Angebote müssen sich an den Zielgruppen orientieren, dürfen zeitlich und körperlich nicht überfordern und müssen Bezüge außerhalb des Sportkurses aufbauen.
2.4.6 Verbesserung der Bewegungsverhältnisse
Unter Verbesserung der Bewegungsverhältnisse wird ein gezieltes Einwirken auf die Möglichkeiten der Bevölkerung sich zu bewegen bzw. sich sportlich zu betätigen verstanden. Dies kann sich je nach Setting auf Angebote für Bewegungs- und Sportkurse, auf das Einrichten von Fahrradwegen oder auf andere Maßnahmen mit dieser Zielsetzung beziehen. (Kocher, G. & Oggier, W., 2004, S.70). Eine Intervention zur Gesundheitsförderung ist dann am erfolgreichsten, wenn sie sowohl auf Verhaltens- als auch auf Verhältniswirkungen abzielt (Kocher, G. & Oggier, W., 2004, S.70). In diesem Rahmen kann Yoga Vidya als Anbieter für Gesundheitssport nur auf das Angebot gesundheitsorientierter Freizeitaktivitäten Einfluss nehmen, indem es Kurse anbietet, die Menschen die Möglichkeit geben, sich in ihrer Freizeit zu bewegen (Kernziele 1 bis 3). Die Yoga Yidya-Fitnessreihe soll dieses Kursangebot erweitern und durch Einbezug der Fitness in das Yoga mehr Menschen ein breiteres Angebot schaffen. Durch die Vereinsstruktur Yoga Vidyas können durch Außenstellen in vielen deutschen Städten Kurse angeboten werden und so die Bewegungsverhältnisse flächendeckend nachhaltig verbessert werden. So können z.B. die Teilnehmer des hier untersuchten des Kurses (Yoga Vidya-Fitnessreihe), auch nach einem Umzug in ihrer neuen Heimat demselben Kurs beitreten. Um die Effektivität des Bewegungsangebotes und eine gleichbleibende Qualität sicherzustellen, werden Übungsleiter einheitlich qualifiziert und die Gesundheitseffekte der Reihe in der vorliegenden Studie empirisch überprüft.
2.5 Der Fitnessbegriff im Kontext von Gesundheitssport
Bewegung und Sport setzten an der körperlichen Komponente von Gesundheit an, obwohl deren Wirkungen weit über den rein körperlichen Bezug hinausreichen. Sie können dabei zu einer persönlichen Ressource werden, welche als Schutzfunktion Widerstand gegen mögliche Gesundheitsrisiken leistet. Ergänzend dazu ist Fitness ein umfassender Begriff zur Beschreibung einer guten körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit. Sie trägt als Bestandteil der Gesundheit zur Gesundheitserhaltung und Gesundheitsförderung bei.
Im Handlungsfeld von Sport und Bewegung gibt es viele Varianten, die Fitness zu steigern. Bei den so genannten fitness- und gesundheitsorientierten Bewegungsformen, wie z. B. Ausdauerlauf, Aerobic, Rad fahren oder Rückentraining, ist der gemeinsame Trainingsgedanke hinsichtlich der gesundheitsorientierten Zielsetzung stets transparent. Weiter gibt es neben der (allgemeinen) gesundheitsbezogenen Fitness auch die (spezielle) Fitness aus Sicht der verschiedenen Wettkampfsportarten, die größtenteils disziplinspezifisch ausgebildet wird und deren Zielsetzung zu Gunsten der jeweiligen Sportart ausgerichtet ist. Leistungsorientierte Sportler benötigen demnach neben einer allgemeinen, gesundheitsbezogenen Fitness eine sportartspezifische Fitness, welches die Anforderungen und die Ausbelastung von gesundheitsorientierten Zielen hinsichtlich Intensität und Anspruch oftmals deutlich übersteigt (vgl. Jordan & Linse, 2002, S. 11 - 12).
In der vorliegenden Arbeit soll im Hinblick auf die (gesundheitsorientierte) Yoga Vidya-Fitnessreihe allerdings auf den Grundgedanken der allgemeinen gesundheitsbezogenen Fitness aufgebaut und letzteres außen vor gelassen werden.
2.6 Was ist neu an der Yoga Vidya-Fitnessreihe?
Die neue Yoga Vidya-Fitnessreihe möchte, wie der Name schon sagt, eine Brücke schlagen zwischen der westlichen Fitness und der östlichen Yoga- Tradition. Es soll durch die Verwendung traditioneller Yogaübungen im Sinne der Rishikesh-Reihe, jedoch mit einer Ausrichtung an der westlichen Trainingslehre und mit dynamischeren Belastungen ein Bewegungsangebot geschaffen werden, welches gleichermaßen für yogainteressierte wie für fitnessinteressierte Menschen ein attraktives Bewegungsangebot bietet. Damit ist es von der Ausführung der Übungen her mit dem Power-Yoga verwandt. Trotzdem bleibt der Yoga Vidya-Fitnessreihe das ganzheitliche Menschenbild und damit die ganzheitliche Übungsgestaltung mehr erhalten als dem Power-Yoga (Karven, 2003). Dem Power-Yoga, der Yoga Vidya-Fitnessreihe sowie dem Programm vieler Rückenschulen ist der Aspekt allgemeiner Kräftigungsübungen gemein. Diese werden im Kurs ausgeübt und sollen einerseits Interesse an und Kompetenz für Bewegung schaffen, andererseits soll aber auch der Trainings- bzw. Gesundheitszustand der Teilnehmer direkt verbessert werden. Einige der traditionellen Yoga-Übungen sind verglichen mit den Übungen der Rückenschulen belastender für den Rücken und die Wirbelsäule, da sie ein starkes Abbeugen in alle Richtungen beinhalten (z.B. Kobra). Menschen mit bereits vorhandenen Rückenproblemen sollten daher mit einigen Übungen der klassischen Yoga Vidya-Fitnessreihe vorsichtig sein. Andererseits werden durch diese Übungen andere Trainingsreize gesetzt.
Im Unterschied zum Programm vieler Rückenschulen steht auch weniger das Wissen über richtiges Tragen und Heben im Vordergrund (http://www.medizinfo.de/ruecken/schule/start.shtml) als ein sehr starker Schwerpunkt auf Achtsamkeitsübungen und eine Schulung der Bewusstmachung körperlicher Signale. Diese Aufmerksamkeitsschulung für körpereigene Signale ist in jede Übung explizit mit eingebunden, von der Entspannung bis hin zum pulsgesteuerten Sonnengebet. So soll jeder Teilnehmer für sich selbst erkennen können, was für seinen Körper am günstigsten ist. Theoretisches Wissen wird wie in den Rückenschulen vermittelt (vgl. Kursmanual Yoga Vidya- Fitnessreihe), jedoch liegt ein größerer Schwerpunkt auf der Achtsamkeit. Dies unterscheidet die Yoga Vidya-Fitnessreihe auch von verschiedenen Angeboten des Power-Yogas.
2.7 Die Lernziele der Yoga Vidya-Fitnessreihe
Lernziele der Yoga Vidya-Fitnessreihe sind:
- Steigerung der körperlichen Fitness in den Bereichen Ausdauer, Kraft, Flexibilität, Koordination
- Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden
- Verbesserte Körperhaltung
- Auflösung von Spannungen zu jeder Zeit
- Entwicklung des Körpergefühls
- Gefühl von Entspannung, Leichtigkeit
- Erhöhung von Energiegefühl
- Fühlen von innerem Frieden
- Entwicklung subtiler Wahrnehmungsvermögen
- Sich selbst Spüren und annehmen, wie man ist
- Gefühl von Harmonie und Verbundenheit (vgl. Kursmanual)
3 Kursinhalte der Yoga Vidya-Fitnessreihe
Die Yoga Fitnessreihe von Vidya beinhaltet nach eigenen Angaben ein Training „aller Systeme“ des Körpers in 45 bis 90 Minuten. Die Übungen zielen ab auf die Kondition mit Schwerpunkt Muskelkraft, die Beweglichkeit/Flexibilität und die Koordination (insbesondere Gleichgewicht und Körpergefühl/Wahrnehmung) sowie die Entspannung. Da diese Reihe aufgrund der zum Teil sehr anspruchsvollen Körperübungen für Fortgeschrittene gedacht ist, sind die Beteiligten angehalten, die Übungsreihe zusätzlich 1-2 Mal pro Woche zu Hause selbstständig durchzuführen. Die Yoga Vidya-Fitnessreihe ist dem Aufbau nach grob in folgende Abschnitte gegliedert:
- Entspannung, Om und Einführungs-Mantras
- Sonnengebet (Surya Namaskar) zum konditionellen Training/Erwärmung
- Sonnengebet (Surya Namaskar) zur Entwicklung der allgemeinen Muskelkraft
- Navasana (Variationsübungen zur speziellen Muskelkraft)
- Asanas (Halteübungen zur Entwicklung der Flexibilität und Aspekten der Koordination)
- Tiefenentspannung
Nachstehend soll die Übungsreihe genauer erläutert werden, wobei sich die Ausführungen hier ausschließlich auf die Erklärung der physischen [Wirkungen des Yoga|Wirkung]en der entsprechend dafür vorgesehenen (aktiven) Übungen im Sinne der westlichen Trainingslehre bezogen wird. Dies wird durch die Ausführungsformen der Surya Namaskar, der Navasana-Übungen sowie der Asanas dargestellt. Auf zusätzliche Ausführungen unter Zuhilfenahme der östlichen Energielehre des Yogas wird hinsichtlich des fitnessorientierten Konzepts dieser Reihe in unserer Untersuchung verzichtet. Wir richten somit das Hauptaugenmerk auf die trainingswissenschaftlich begründeten Wirkungen, die sich der Annahme nach durch die aktiv durchgeführten Übungen der Yoga Vidya-Fitnessreihe einstellen. Auf den Sinn der Entspannungsteile der einführenden Mantras sowie in der abschließenden Tiefenentspannung wird sich im Kapitel 7 der „Wechselwirkungen“ noch näher bezogen, um die Reihe im „Gesamteffekt“ besser charakterisieren zu können.
3.1 Surya Namaskar Grundreihe zur Erwärmung/Vorbereitung
Beschreibung: Zuerst wird die Übung, wie in der nebenstehenden Abbildung (3-2) veranschaulicht, 12 Runden in „klassischer Weise“ durchgeführt, d. h. mit mäßigem Tempo. Danach werden weitere 20 bis 40 zügige Sonnengebete mit Puls in der Zielzone (120) ausgeführt.
3.1.1 Wirkungen
Die Übung soll den Körper in idealer Weise auf die anstehenden Asanas vorbereiten, d. h. erwärmen und dehnen. Dabei werden sehr viele Muskelgruppen angesprochen und das Herz-Kreislauf- System angeregt. Diese Übung ist somit keine Asana (Stellung), sondern eine Yoga-Übung „für sich“. Im Folgenden wird diese in ihren einzelnen Schritten genauer dargelegt.
3.2 Surya Namaskar für die Entwicklung von Muskelkraft
Diese Übung ist der größte Teil des Kraft-Übungsprogramms und spricht sehr viele Muskeln an. Dabei wird jede Stellung etwa 5-8 Atemzüge lang gehalten (maximale Anstrengung!) Es soll darauf geachtet werden, dass lediglich die Muskeln genutzt werden, die für eine entsprechende Bewegungsqualität nötig sind. Die übrigen Muskelgruppen sollen auf „yogische Weise“ entspannt werden. Hinzu kam eine „Trapezius-Stärkungsübung“ (ohne Abbildung). Dabei wurde stehend mit den Händen in eine Kniekehle gefasst und die Schultern gegen den Widerstand des Beines hochgezogen.
Diese Übungen richten sich an die Entwicklung der speziellen Muskelkraft, d. h. es werden gezielt ganz bestimmte Muskeln und Muskelgruppen in ihrer Funktionsweise angesprochen. Dabei wird wie bei den Übungen der „Surya Namaskar für die Entwicklung von Muskelkraft“ die Stellung 5-8 Atemzüge lang gehalten und mit maximaler Anstrengung gearbeitet. Wieder sind lediglich in bewusster Weise die Muskeln zu benutzen, die für die spezifische Bewegungsqualität ausschlaggebend sind. Die üblichen Muskeln sind auf „yogische Weise“ zu entspannen.
3.4 Asanas für Flexibilität und Koordination
Bei den Asanas ist jede Stellung etwa 8 – 12 Atemzüge lang zu halten. Dabei soll auf eine sanfte, gleichmäßige Dehnung ohne Anstrengung geachtet werden. Diese beinhalten:
- Schulterstand
- Pflug
- Fisch
- Vorwärtsbeuge
- Schmetterling
- Grätschbeinige Vorwärtsbeuge
- Kobra
- Bogen
- Halbmond
- Drehsitz
- Baum
Nachstehend wird noch kurz auf die „Motivationsmittel“ hingewiesen, durch die die Probanden unterstützt worden sind, ehe auf die Wirkungsweisen eingegangen wird.
4 Allgemeine physiologische Wirkungen der Yoga-Praxis
„Asanas, die in der richtigen Weise geübt werden, berühren den ganzen Menschen und fördern die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit“ (Lobo, 1978, S. 26). Nach Ebert (1989) sind Aspekte der gesundheitsfördernden Wirkungen von Yogaübungen beispielsweise:
- präventive und kurative Rücken- und Haltungsschulung, Stärkung der Skelettmuskulatur
- Optimierung der Atem-, Kreislauf- und Stoffwechselfunktion
- Training und Funktionsaktualisierung der Regulationssysteme (Hormon- und Nervensystem)
- Entspannung und Stressregulation
- Steigerung des Körperbewusstseins und dadurch verbesserte Wahrnehmung und Steuerung der Körperfunktionen
Die verfeinerte Körperwahrnehmung geht einher mit einer generellen Sensibilisierung, d. h. der Mensch entdeckt Dysfunktionen schneller und merkt früher, was ihm gut tut und was ihm schadet. Gleichzeitig wächst das Gespür für die Mitmenschen (vgl. Ebert, 1989).
5 Spezielle physiologische Effekte der Yoga – Praxis
Ebert (1989) differenziert die physiologisch-gesundheitlichen Wirkungen von Yoga noch genauer, wie die folgenden Abschnitte aufzeigen sollen. Wir nehmen an, dass sich mit der Yoga Vidya-Fitnessreihe ähnliche Effekte einstellen werden. Wir beschränken uns dabei jedoch lediglich auf die für unsere Untersuchung relevanten Effekte.
5.1 Kreislaufwirkungen
- Verbesserte Durchblutung/Kapillarisierung von Haut und Eingeweiden (reaktive Hyperämie)
- Verstärkter lymphatischer Abstrom
- Geringfügige Steigerung der Herzfrequenz
5.2 Somatosensible Wirkungen
- Reizsetzung für Rezeptoren (Muskel-, Sehnen-, Gelenks-, Haut-, viszerale Rezeptoren)
- Verstärkte neuronale Aktivität („Wahrnehmungsdifferenzierung- Körperschema“)
- Verstärkte Wahrnehmung des Eingeweidezustands
5.3 Sensomotorische Wirkungen
- Regleroptimierung der Bewegungsökonomie
- Hemmung des Muskeldehnungsreflexes
5.4 Meditation und autonome Reaktionen
(verminderte Sympathikusaktivität, Erholungsreaktion wesentlich stärker als in Ruhe oder bei Schlaf).
- Verlangsamung von Herz- und Atemfrequenz
- Verringerung muskulärer Spannung/Muskeltonus
- Verbesserte Durchblutung der viszeralen und der Skelettmuskulatur
- Erhöhung des Hautwiderstands (= Zeichen für Entspannung, Angstverminderung, geringere Erregung)
- EEG verstärkte Alphawellen (= Entspannung)
- Verlangsamung des gesamten Stoffwechsels (effizienterer Energiehaushalt)
- bessere Sauerstoffversorgung/geringerer Sauerstoffverbrauch
- Reduktion von Laktatwerten im Blut (anaerobe Glykolyse red. durch Erhöhung des Sauerstoffumsatzes).
5.5 Langfristige Veränderungen durch Yoga
Die nachhaltige Wirkung von Yoga wird von Ebert durch folgende Zustände charakterisiert:
- Knochengewebe (Strukturveränderungen)
- Knorpelgewebe (Knorperquellung, Verbesserung der Stoffwechselsituation)
- Gelenksbeweglichkeit
- Skelettmuskulatur (Kräftigung, Kapillarisierung, Verbesserung der Stoffwechselsituation)
- Vagotonisierung (Gharote-Index)
- Steigerung des vegetativen Leistungsvermögens (Abnahme Herz- Atemfrequenz bei standardisierter Belastung)
- Steigerung der Vitalkapazität
- Steigerung der Diffusionskapazität der Lunge
- Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme
- Gezielte Kontrolle von Durchblutung und Thermoregulation
(vgl. Ebert 1989)
6 Physische Wirkungen einzelner Übungen der Yoga Vidya-Fitnessreihe
Nachstehend sollen die physischen Effekte einzelner Körperübungen der Yoga Vidya-Fitnessreihe dargestellt werden, welche nach eigenen Angaben hinsichtlich der körperlichen Wirkung von Yoga Vidya entsprechend proklamiert wurden.
6.1 Schulterstand (Sarvangasana)
Hierbei wird die Flexibilität der Wirbelsäule trainiert und Nackenverspannungen aufgelöst. Der Schulterstand wirkt beruhigend. Gedehnte Muskeln: Longissimus (Rückenstrecker), Trapezius (Kaputzenmuskel), Nackenmuskeln (vgl. Bretz, 2004).
Lysebeth (1981) ergänzt, dass die Hauptwirkung auf der Gravitationskraft beruht, die den Körper in umgekehrter Richtung beeinflusst. Dabei vollzieht sich eine Streckung der Wirbelsäule und Dehnung der Nackengegend. Es werden Verspannungen insbesondere der Hals- und Bauchmuskulatur vermindert sowie des Zwerchfells. Die Versorgung des Gehirns erfolgt mit erhöhter Blutmenge, beseitigt Verkrampfungen der Gefäße als oftmalige Ursache von Kopfschmerzen. Bezüglich des Blutkreislaufs findet eine ein verbessert venöser Blutabfluss aus Beinen und Bauchregion statt sowie eine Verhütung von Krampfadern und Thrombosen.
6.2 Pflug (Halasana)
Dieser dehnt Rücken- und Halswirbelsäule und hilft, Flexibilität zu bekommen und zu halten. Des Weiteren werden die Beinmuskeln gedehnt. Gedehnte Muskeln: Longissimus (Rückenstrecker), Trapezius (Kaputzenmuskel), Nackenmuskeln, Gluteus (Gesäßmuskeln), Bizeps (Oberschenkelbeuger), Gastrocnemius (Wadenmuskeln) (vgl. Bretz, 2004).
6.3 Fisch (Matsyasana)
Der „Fisch“ soll bei verspannten Schulter- und Rückenmuskeln, die eventuell im oder nach dem Schulterstand fühlbar geworden sind, abhelfen. Er beseitigt Steifheit im Lenden- und Halswirbelbereich und stärkt die obere Rückenmuskulatur und hilft gegen den Rundrücken. Gedehnte Muskeln: Pectoralis (Brustmuskeln), Halsmuskeln Gestärkte Muskeln: Trapezius (Kaputzenmuskel), Longissimus (Rückenstrecker), eventuell Latissimus (Breite Rückenmuskeln) und Bizeps (Armbeuger) Komplementärstellung zu Schulterstand und Pflug, in erster Linie Wirkung auf Thorax.
Der Nacken wird entlastet und wird komprimiert statt gedehnt (vgl. Bretz, 2004). Lysebeth (1981) weist auf eine Entlastung der Schulterblattgegend hin und spricht ihr die Wirkung gegen verstärkte Kyphose und Rückgratverkrümmung zu. Weiter werden alle Rücken- und Nackenmuskeln bei Dehnung der gesamten Vorderseite (Hals, Brust-, Bauchmuskeln) gestärkt.
6.4 Vorwärtsbeuge (Paschimothanasana)
Hierbei werden die Kniesehnen und -muskeln (Oberschenkelbeuger und Wadenmuskeln) flexibel und die Wirbelsäule wird elastisch. Gedehnte Muskeln: Gastrocnemius (Wadenmuskeln), Bizeps (Beinbeuger), Gluteus (Gesäßmuskeln), Longissimus (Rückenstrecker) Gestärkte Muskeln: Eventuell Psoas (Hüftbeuger), Bizeps (Armbeuger) (vgl. Bretz, 2004).
6.5 Kobra (Bhujangasana)
Bei der Kobra werden die Rückenmuskeln gestärkt. Gedehnte Muskeln: Pectoralis (Brustmuskeln), Rectus Abdomini (Gerade Bauchmuskeln), Halsmuskeln, eventuell Psoas (Hüftbeuger) Gestärkte Muskeln: Longissimus (Rückenstrecker), Trapezius (Kaputzenmuskel), Latissimus (breite Rückenmuskeln), Gluteus (Gesäßmuskeln), Trizeps(Armstrecker) (vgl. Bretz, 2004).
Die Übung führt zu einer starken Verbesserung der Beweglichkeit. Gleichzeitig werden alle Rückenmuskeln angespannt und die Bauchmuskeln gedehnt. Weiter sollen kleine Verschiebungen der Wirbelsäule korrigiert werden, was präventiv gegen Bandscheibenvorfälle helfen soll (vgl. Lysebeth, 1981).
6.6 Bogen (Dhanurasana)
Hierbei werden die gesamten Rückenmuskeln gestärkt. Gedehnte Muskeln: Pectoralis (Brustmuskeln), Rectus Abdomini (Bauchmuskeln), Psoas (Hüftbeuger), Quadrizepos (Beinstrecker) Gestärkte Muskeln: Longissimus (Rückenstrecker), Trapezius (Kaputzenmuskel), Quadrizeps (Beinstrecker), Unterarmmuskeln, Gluteus (Gesäßmuskeln) (vgl. Bretz, 2004). Für Lysebeth (1981) wird die Rückenmuskulatur hier passiv beansprucht. Die Asanas beseitigt Verspannungen und Steifheit in den Schultern, kräftigt Arme und Beine.
6.7 Drehsitz (Ardha Matsendrasana)
Durch die Drehung des Körpers wird die Wirbelsäule (WS) seitlich flexibel gedehnt. Gedehnte Muskeln: Gluteus, Obliquus und Transversus Abdomini (schräge Bauchmuskeln), Latissimus (breite Rückenmuskeln), Lendenmuskeln, Pectoralis (Brustmuskeln) Gestärkte Muskeln: Latissimus, Obliquus und Trans-versus Abdomini (schräge Bauchmuskeln), Lendenmuskeln (jeweils auf der anderen Seite als die gedehnten Muskeln) Die Wirkungen zeigen sich nach Yoga Vidya aufgrund der Drehung der Wirbelsäule und wechselseitiger Komprimierung eines Teils des Unterleibs (vgl. Bretz, 2004). Lysebeth (1981) weist auf die Rotation der gesamten WS hin, welche Versteifung und Abnutzung vorbeugt. Dabei werden sämtliche Bänder und Muskeln des Rückens gedehnt.
7 Wechselwirkungen mit den Abschnitten der Entspannung
Die Abschnitte der Yoga Vidya-Fitnessreihe stehen physiologisch betrachtet in einer sinnvollen Beziehung zueinander. Der voran stehende Entspannungsteil ist im Sinne der biologischen Entspannungsreaktion des Autogenen Trainings bzw. der Progressiven Muskelentspannung und der Meditation dazu da, den Körper optimal für die folgenden Übungen vorzubereiten, indem hierbei neben der muskulären Entspannung die Blutgefäße auf körperlich-passive Weise „geweitet“ werden und der Organismus somit für eine verbesserte Sauerstoffbereitstellung aktiviert wird (vgl. Vaitl, 2000, S.25). Folgende psychologische Effekte sollten sich nach Vaitl (2000) infolge der Entspannungstechniken einstellen:
- affektive Indifferenz (kaum Provokation von Emotionen und Affekten mehr möglich)
- mentale Frische (mentales und körperliches Gefühl des Ausgeruhtseins)
- Erhöhung der Wahrnehmungsschwellen (Außenreize, d. h. Geräusche usw. lösen kaum noch Reaktionen aus, meist werden sie gar nicht mehr wahrgenommen)
Dazu sind die physiologischen Entspannungsreaktionen nach Vaitl u. a. wie folgt gekennzeichnet:
- Abnahme des Muskeltonus
- Veränderung der Reflex-Tätigkeit
- Periphere Gefäßerweiterung
- Geringfügige Verlangsamung des Pulsschlages
- Senkung des arteriellen Blutdrucks
- Abnahme des Sauerstofferbrauchs
- Gleichmäßigkeit der Atmung
(vgl. Vaitl, 2000, S. 26 – 27)
Dies lässt insgesamt eine Ökonomisierung des gesamten Energiebedarfs vermuten, welche letztendlich auch eine bessere und genauere Bewegungsausführung ermöglicht. Durch die einführenden Mantras wird zudem eine angenehme soziale Situation herbeigeführt, indem man sich gemeinsam einstimmt. Das bewirkt als eine Art Ritual, eventuelle psychische Störeinflüsse zu beseitigen und sich von Alltagsbelastungen zu entfernen. Nachstehend wird in ergänzender Weise nochmals auf die hier zugrunde liegenden Entspannungsverfahren begrifflich eingegangen.
Entspannungstechniken In der Yoga Vidya-Fitnessreihe werden am Anfang der Stunde, innerhalb der Stunde und am Ende der Stunde Entspannungsverfahren eingesetzt. Es werden eine Tiefenentspannung und Grundmeditationstechniken durchgeführt. Unter Meditation im Allgemeinen versteht man eine spezielle Art des Denkens oder Gebet, zu welcher sehr viel Konzentration notwendig ist, um einen entspannten veränderten Bewusstseinszustand zu erreichen (vgl. Vaitl, 2000). Des Weiteren werden in der Fitnessreihe Methoden und Techniken aus dem Autogenen Training sowie der Progressiven Muskelentspannung verwendet. Beim Autogenen Training handelt es sich um eine Methode zur konzentrativen Selbstentspannung und ist im weiteren Sinne in die Verfahren der Psychotherapie einzuordnen (vgl. http://www.ganzheitsmedizin.de/ganzheit/methoden/autogen.htm).
„Die Grundwirkungen, die jeder an sich schon während des Erlernens der Unterstufe feststellen kann sind: Entspannung, Abbau von Nervosität, Leistungssteigerung, Zunahme der Konzentrationsfähigkeit und Steigerung der körperlichen Abwehrkräfte“ (vgl. http://www.aok.de/bund/rd/136069.htm.). Die Progressive Muskelentspannung, PMR, beschreibt ein Verfahren, bei dem durch willkürliche und bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen ein Zustand tiefer Entspannung des ganzen Körpers erreicht wird (vgl. http://www.aok.de/bund/rd/136069.htm.). PMR ist eine Methode, die den Stressabbau fördert, um gelassen auf Aufregung, Angst oder Ärger zu reagieren (vgl. http://www.aok.de/bund/rd/136069.htm).
8 Handlungs- und Effektwissen
„Ein zentrales Ziel besteht darin, Menschen zu befähigen, Kontrolle über ihre Gesundheit auszuüben und dadurch ihr physische, psychisches und soziales Wohlbefinden zu verbessern“ (Tiemann nach WHO, 1998, S. 231). In diesem Zusammenhang stehen gesundheitsbezogene Kognitionen, die auf ein gesundheitsorientiertes Verhalten gerichtet sind, dessen Zusammenhang u. a. von Allmer (1990), Leppin (1994), Schwarzer (1992) und Weber (1994) erfolgreich dargelegt wurden. Solche Kognitionen beziehen sich auf die Wahrnehmung und Bewertung von Ereignissen und können zu einer erfolgreichen „Einstellung aus Überzeugung“ in Form eines individuellen Verhaltens führen. Dazu gehören u. a. etwa eine Risikowahrnehmung, aber auch Optimismus, Kontrollüberzeugung und Selbstwirksamkeitserwartungen. Diese können z. B. zu subjektiven Gesundheitstheorien als „komplexes Aggregat von Kognitionen“ führen bzw. sich in bestehende subjektive Gesundheitstheorien integrieren (vgl. Tiemann, 1998, S. 231 – 233).
Handlungs- und Effektwissen stellt nunmehr ein zentrales Element bei subjektiven Theorien über Gesundheit und sportliche Aktivität dar. Dabei beinhaltet das Handlungswissen jene Wissensbestände, die sich unmittelbar auf eine Realisierung sportlicher Aktivitäten beziehen, also spezielle Kenntnisse bezüglich der Optimierung vermitteln. Besonders relevant sind dabei Kenntnisse über Belastungsregeln, Grundprinzipien bei der Ausführung und Übungstechniken sowie wichtige allgemeine Trainingsgrundsätze. Effektwissen beinhaltet zudem Wissensbestände über potentielle Wirkungen sportlicher Aktivität. Inbegriffen sind hier Kenntnisse über grundlegende Mechanismen der biologischen Adaptation infolge körperlicher Belastung, wie etwa das Ausdauertraining auf das Herz- Kreislaufsystem und das Kraft- und Beweglichkeitstraining auf den aktiven und passiven Bewegungsapparat sowie Wirkungen sportlicher Aktivität auf das Wohlbefinden (vgl. Tiemann, 1998, S. 233).
In unserer Untersuchung wurden bezüglich des Handlungswissens wichtige handlungsbezogene Informationen durch die Yoga-Kursleiter vermittelt, die sich auf die aktuellen Ausführungen der jeweiligen Aktivitäten und Übungen bezogen. Außerdem wurden den Teilnehmern jeweils Audio-CDs mitgegeben, die als Anleitung für ein selbstständiges Üben Zuhause dienen sollten. Diese sollten den Effekt der Handlungsbezogenheit noch weiter unterstützen.
9 Einfluss körperlicher Aktivität auf die psychische Gesundheit und daraus resultierende Erwartungen an die Yoga Vidya-Fitnessreihe
Die kognitiven Leistungen verlaufen im Alter unterschiedlich. Körperliche und geistige Aktivitäten gelten als positive Parameter im Hinblick auf die Beeinflussung der Leistungsgeschwindigkeit. Meusel (1996) beruft sich innerhalb seiner Darlegungen auf verschiedene Autoren, deren Ergebnisse diese Zusammenhänge verdeutlichen. So konnten durch Powell und Pohndorf (1971) positive Beziehungen zwischen der körperlichen Fitness und fluiden Intelligenzleistungen mittels eines Wahlreaktionstest aufgezeigt werden. Die Wahlreaktionszeit galt als Indikator für die Verarbeitungsgeschwindigkeit der Informationen. Hierbei konnten ältere, sich sportlich betätigende Männer ähnliche Ergebnisse wie jüngere Probanden erreichen. Im Vergleich dazu schlossen sportlich inaktive Männer wesentlich schlechter ab. Fischer u. a. konnten 1986 zeigen, dass während körperlicher Bewegung eine signifikante Zunahme der Kurzzeitspeicherkapazität vorherrscht. Ebenso stellten sie erhöhte Werte der fluiden Intelligenz fest. (Vgl. Meusel, 1996, S.44).
Teipel (1998) befasste sich mit den Auswirkungen von Sportaktivitäten im Hinblick auf psychologische Aspekte. Dazu wurden Studien von Singer (1981), Kruse (1990), Brehm/Abele(1992), Thiel (1994), Denk/Pache (1996) und Allmer/Tokarski (1996) zugrunde gelegt. Ersterer sieht die Auswirkungen sportlicher Aktivität im Seniorenalter vor allem in „der Steigerung des subjektiv wahrgenommenen Wohlbefindens erweitert durch speziellere Effekte“ (Teipel, 1998, S. 64). Diese Effekte macht er abhängig von der Gruppe, der Art, Intensität und den Methoden der Durchführung der Aktivität. Als besondere Leistungen bzw. Auswirkungen werden die Verbesserung der intellektuellen Leistungsfähigkeit, der Abbau nervöser Spannung und Angst sowie die Verbesserung der Stimmungslage hervorgehoben. Darüber hinaus konnte bei älteren Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren nach Absolvierung eines zehnmonatigen Gymnastikprogramms eine verbesserte Stimmungslage und eine verbesserte Gedächtnisleistung festgestellt werden. Die Ergebnisse von Kruse (1990) sieht Teipel (1998) darin, dass durch Sport die Erweiterung des eigenen Lebensraumes gefördert wird.
Dies wirkt sich wiederum positiv auf das subjektive Kompetenzerleben, d. h. auf das Verständnis sicher Aufgaben erfüllen zu können. „Ferner konnten durch die sportlichen Aktivitäten spezifische Körperstrategien erworben werden, die positive Auswirkungen im Alltag haben konnten“ (Teipel, 1998, S. 64). Auch das mit Sport verbundene Aufbauen neuer sozialer Kontakte und Netzwerke wird große Bedeutung beigemessen um mit entsprechender Motivation das Sportengagement beizubehalten. Des Weiteren können durch Sport die vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten aufrechterhalten werden, was wiederum die Möglichkeiten eines unabhängigen und selbstständigen Alltags im Alter vergrößert. In den Untersuchungen von Brehm und Abele (1992) wurden „die Effekte unterschiedlicher sportlicher Aktivität auf das Wohlbefinden und die Lebenszufriedenheit in vielfältiger Weise gesteigert“ (Teipel, 1998, S. 65).
Unterschieden werden konnten kurz- und langfristige Effekte. Kurzfristig konnten eine gehobene Stimmung und eine Abnahme von negativen Emotionen registriert werden. Langfristig ließen die Wahrnehmung von Beschwerden und das Gefühl einer Beeinträchtigung nach. Ebenso konnten die negativen Emotionen langfristig vermindert werden. Allmer und Tokarski (1996) stellten den Erhalt bzw. die Verbesserung der allgemeinen Funktionsfähigkeit in den Mittelpunkt. Die selbstständige Bewältigung des Alltags resultiert durch physische, psychische und soziale Verbesserungen verbunden mit einem verbesserten Wohlbefinden in den drei Komponenten. Man fühlt sich leistungsfähiger, fitter, gesünder, hat mehr Kontakte sowie eine verbesserte Grundstimmung und ist im Ausüben von Alltagsbewegungen weniger eingeschränkt. Diese Ergebnisse gingen aus einer Befragung von 45 Männern und 45 Frauen hervor, die aus 80% aus Lebenszeitsportlern und 20% aus Wiedereinsteigern bestand. Nachweisbare Unterschiede in den wahrgenommenen Effekten zwischen Männern und Frauen sowie den Wiedereinsteigern und den Dabeigebliebenen konnten nicht festgestellt werden. Allerdings kam die Verbesserung im psychischen Wohlbefinden erst an vierter Stelle im zeitlichen Verlauf zum Tragen. Die Zusammenhänge zwischen sportlicher Aktivität und den Dimensionen des Wohlbefindens werden in Abbildung 9-1 verdeutlicht. Brehm (1998) betrachtet seinerseits „Parameter des aktuellen und des habituellen Befindens sowohl in positiver (Stimmung, Grundgestimmheit) als auch in negativer Ausprägung (Angst, Depression, Stresswahrnehmung)“ (S. 39).
Untersuchungen zur kurzfristigen Stimmungsveränderung im Rahmen von sportlicher Aktivität kommen über die Vielzahl der Studien und Metaanalysen zu vergleichbaren Ergebnissen. McDonald und Hodgdon (1991) konnten signifikante Stimmungseffekte feststellen: „Abnahme von Spannungs- und Angstzuständen, Depression, Müdigkeit und Verwirrtheit sowie ein Anstieg der Vitalität“ (Brehm, 1998, S. 40). Diese Ergebnisse trafen sowohl für Männer als auch für Frauen zu und konnten unabhängig von der ausgeübten Aktivität ermittelt werden. In Studien deutschsprachiger Arbeitsgruppen wurden die Effekte hinsichtlich der Stimmungslage vor und nach sportlicher Aktivität untersucht. Im so genannten Fitnessbereich wurden dabei verschiedene Sportprogramme untersucht (Laufen, Rückengymnastik, Schwimmen, Aerobic, Tanz u. a.). „Diese Studien zeigen, dass sportliche Aktivitäten zur individuellen Stimmungsregulation in zweifacher Weise beitragen können, nämlich als „Äquilibrationseffekte“ und als „Disäquilibrationseffekte““ (Brehm, 1998, S. 40).
Erstere beziehen sich darauf, negative Beeinflussungen der Stimmung abzuschwächen und positive Aspekte werden verstärkt. Den aufgebauten Ärger und die deprimierte Grundstimmung kann man im Sport umwandeln in ein Gefühl der Aktiviertheit verbunden mit innerlicher Ruhe. „Über die Studien hinweg traten die positiven Effekte bei etwa 75% der Sporttreibenden auf“ (Brehm, 1998, S. 40). Die Disäquilibrationseffekte treten eher bei Wettkampfsportarten auf. Sie beziehen sich auf das Durchleben von verschiedenen Spannungszuständen im Verlauf eines Wettkampfes unabhängig von dessen Ergebnis. Abbildung 9-2 zeigt neun Dimensionen für die erfolgreiche Bewältigung des Alterns und den damit verbundenen Funktionen des Sports.
Diese direkten Zusammenhänge zwischen Sport und Wirkungen auf die menschliche Psyche stellen gleichzeitig Chancen zur Bewältigung des körperlichen Abbaus dar. Hollmann, Strüder und Diehl (2006) sehen den positiven Einfluss körperlicher Aktivität in verschiedenen biochemischen Prozessen begründet. „Fast parallel zum Anstieg des Laktatspiegels im arteriellen Blut steigt jener von Endorphinen an“ (S.14). Diese dadurch entstehende positive Grundstimmung kann durch die gleichzeitige vermehrte Ausschüttung von Serotonin und Dopamin weiter verstärkt werden. Die Serotinbildung im limbischen System wir durch körperliche Aktivität erleichtert. „Ausdauertraining [bewirkt] spezfische Veränderungen im serotonergen System in Abhängigkeit von der Belastungsintensität und der Leistungsfähigkeit des Sportlers“ (Hollmann, Strüder, 2003, S. 265f.).
Ausgehend von der beschriebenen Forschungslage, lassen sich Vermutungen zu erwarteten psychischen Effekten durch die Teilnahme am Yoga Vidya-Fitnesskurs aufstellen. Aussagemöglichkeiten werden durch die schriftliche Befragung (mittels Polaritätsprofil nach Mathesius, 1972) der Teilnehmer vor und im Anschluss an den jeweiligen Kurstagen gewonnen. Dabei werden die Probanden hinsichtlich Ihrer Stimmungslage, der Aktivität und des körperlichen Befindens befragt. Durch das bereits beschriebene Pflegen der sozialen Beziehungen, als Bestandteil der genutzten Motivationsmittel, können diese Effekte sich verstärken. Vermutet wird das Eintreten der genannten Äquilibrationseffekte. Durch die beschriebenen Studienergebnisse, konnten sowohl für Männer als auch für Frauen positive Auswirkungen bezogen auf das Wohlbefinden und die Stimmungslage nachgewiesen werden. Diese Studien bezogen sich annähernd auf denselben Altersbereich, den auch die Teilnehmer der in dieser Arbeit beschriebenen Untersuchung hatten. Die Yoga Vidya-Fitnessreihe vermittelt eine kräftigende und kardiovaskuläre Beanspruchung, abgerundet durch Entspannungsteile. Dadurch lassen sich positive Einflüsse auf die Psyche vermuten, die sich in einem gesteigerten Wohlbefinden und einer verbesserten Stimmungslage niederschlagen.
10 Bindung und Drop-out im Gesundheitssport
Im folgenden Kapitel soll die Bedeutung weiterführender sportlicher Aktivität im Anschluss an einen Kurs dargestellt werden. Schließlich ist es auch ein Anliegen der Krankenkassen, dass die Versicherten auch nach dem Ende eines sportorientierten Gesundheitskurses sportlicher Aktivität nachgehen. Inwieweit diese Zielstellung zu realisieren ist und welche Faktoren für Bindung und Drop-out im Gesundheitssport eine Rolle spielen, werden an dieser Stelle Beachtung finden. Einleitend zu diesem Kapitel ist ebenfalls zu erwähnen, dass bisher hauptsächlich im englischsprachigen Raum Untersuchungen über die Ursachen von Bindung und Drop-out durchgeführt wurden. Daher werden in den folgenden Kapiteln insbesondere Autoren zitiert, welche sich mit den internationalen Studien auseinander setzten.
10.1 Begriffsbestimmung
Auf Grund der hier zu behandelnden Thematik, werden an dieser Stelle nur die sportwissenschaftlichen Definitionen der Begriffe „Bindung“ und „Drop-out“ berücksichtigt. Demzufolge bezeichnet man mit „Bindung“ grundsätzlich die „Anwesenheit von Teilnehmern an Sportkursen. Bindung lässt sich als komplexer Prozess zwischen gegebenen personalen und kontextuellen Faktoren und der Teilnahme an sportlicher Aktivität umschreiben“ (Woll & Wydra, 2005, S. 84). Der Ausstieg aus sportlicher Aktivität, welcher nicht termingebunden sondern eher ein langfristiger Prozess ist, wird als Drop-out bezeichnet (vgl. Woll & Wydra, 2005, S. 84).
10.2 Bedeutungsgehalt von Bindung und Drop-out
Da körperliche und sportliche Inaktivität mit dem Abbau körperlicher Leistungsfähigkeit einhergeht, liegt das primäre Interesse von Organisationen und Institutionen in einer langfristigen Aufnahme und Aufrechterhaltung sportlicher Aktivität. Wie aus der Literatur (vgl. Woll & Wydra, 2005, S. 83; Pahmeier, 1996, S. 66) hervorgeht, ist den meisten Menschen (90%) die Bedeutung des Sports für die Gesundheit durchaus bewusst, dennoch sind nur 10-20% der Erwachsenen sportlich aktiv. Die zentralen Einstiegsmotive für den Gesundheitssport, Gesundheit und Wohlbefinden, können jedoch nur bei dauerhaft und regelmäßig ausgeführter sportlicher Aktivität realisiert werden. Dieser Aspekt impliziert nicht nur die stetige Teilnahme an einem krankenkassengeförderten gesundheitsorientierten Sportkurs, der ja zeitlich begrenzt ist, sondern auch eine überdauernde sportliche Aktivität über das Kursende hinaus.
Des Weiteren liegt die Hauptproblematik der Zielgruppe (Erwachsene) in der Unregelmäßigkeit, im fehlenden Durchhaltevermögen und in der nur gering ausgeprägten Dauerhaftigkeit ihrer (Gesundheits-) Sportpartizipation. Vergleiche über Abbrecherquoten im englisch- und deutschsprachigen Raum ergaben, dass 40-60% beziehungsweise 20-50% der Teilnehmer gesundheitsorientierter Sportprogramme, diese vorzeitig beendeten (vgl. Pahmeier, 1998, S. 124). Daraufhin beschäftigte sich man, vorrangig in der angloamerikanischen Public- Health Forschung, mit den Abbruchgründen einer begonnenen sportlichen Aktivität. Dabei erzielte man weitgehende Einigkeit in der Erkenntnis, dass „Sportpartizipation kein ‚Alles-oder-Nichts-Phänomen’ ist, sondern es wird als ein kontinuierlicher, zeitlicher Prozess betrachtet, der lange vor der sichtbaren Verhaltensumstellung beginnt“ (Pahmeier, 1998, S. 125). Diese Aussage geht mit der oben angeführten Definition des Begriffs „Drop-out“ überein. Dieser Vorgang wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, welche im Folgenden näher erläutert werden. Dabei wurden insbesondere Ausführungen der Autoren Pahmeier (vgl. 1998, S. 128-133; 1996, S. 67-73) sowie Woll & Wydra (vgl. 2005, S. 84-88) herangezogen.
10.3 Bindungs- und Ausstiegsfaktoren im Gesundheitssport
Berücksichtigt man die eben angesprochenen Literaturangaben zur Erläuterung der Ausstiegsproblematik, so müssen vier zentrale Komponenten betrachtet werden. Als erstes bezieht man die physisch und psychisch-personalen Faktoren, in denen auch biomedizinische Merkmale von Bedeutung sind, in die Vorüberlegungen mit ein. Zweitens wird die Betrachtung der Lebensstile und Lebensgewohnheiten der Aussteiger mit denen der Dabeibleiber verglichen. Drittens werden für die Erklärung der Bindungs- und Ausstiegsproblematik die verschiedenen Merkmale (kognitive, emotionale) zur Vorbereitung auf eine Kursteilnahme berücksichtigt. Viertens und letztens wird das Erleben und die Bewertung der sportlichen Aktivität hinsichtlich der unmittelbaren Auseinandersetzung mit dem Kursprogramm, näher erläutert. Im Folgenden wird auf diese Faktoren, die das Drop-out-Verhalten beeinflussen, näher eingegangen.
10.3.1 Physische und psychisch-personale Faktoren
Biomedizinische Faktoren der Teilnehmer wie Fitnesslevel, Gesundheitszustand, Körpergewicht sowie Krankheiten und Beschwerden, können das Bindungs- und Ausstiegsverhalten beeinflussen (vgl. Woll & Wydra, 2005, S. 85). Betrachtet man den Zusammenhang dieser Faktoren mit dem Drop-out-Verhalten detaillierter, so lassen sich folgende Rückschlüsse ziehen. Je schlechter die biologischen Werte und je geringer die Wahrnehmung einer Verbesserung der Beschwerden ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Abbruchs eines gesundheitsorientierten Sportprogramms. Hierbei ergibt sich für zahlreiche Organisationen und Institutionen, welche gesundheitssportorientierte Programme anbieten wollen, ein Dilemma, „da gerade gesundheitlich beeinträchtigte Zielgruppen an eine Bewegungsaktivität herangeführt werden sollen“ (Pahmeier, 1996, S. 68).
10.3.2 Lebensstile und –gewohnheiten
Allgemein betrachtet, beeinflussen aktuelle Lebensumstände und - gewohnheiten die Bereitschaft zur Aufnahme sportlicher Aktivität. Insbesondere die Bereiche Beruf und Familie wirken sich auf die aktuelle Sportpartizipation aus. Wie aus verschiedenen Studien hervorgeht, tragen primär wahrgenommene berufliche Belastungen auf psychischer und körperlicher Ebene zum Ausstieg aus einem Kurs bei. So „nennen Aussteiger wesentlich häufiger als Dabeibleiber beruflichen Stress als Belastungsfaktor“ (Pahmeier, 1996, S. 69). Sogar 94% der Aussteiger gaben an, das auftretende Probleme in Familie oder Beruf zur Reduzierung oder auch Einstellung der sportlichen Aktivität führen (vgl. Brehm & Pahmeier, 1990, S. 47).
Auf Grund der dargestellten Forschungslage, lassen sich verschiedene Erwartungen hinsichtlich der Ausstiegsmotive treffen. Es ist jedoch zu vermuten, dass hauptsächlich Belastungen im beruflichen und privaten Bereich als Ausstiegsmotiv dienen. Die darüber hinaus von Woll und Wydra (2005) aufgegriffene Fragestellung (Ob und inwiefern sich eine bisherige Sportkarriere auf die aktuelle Sportpartizipation auswirkt?) kann anhand der bisherigen Befunde nicht eindeutig beantwortet werden (vgl. S. 86).
10.3.3 Merkmale zur Vorbereitung auf eine Kursteilnahme der Teilnehmer
Da die Teilnahme an einem gesundheitsorientierten Kurs den Versuch unternimmt einige Verhaltensweisen und Lebensgewohnheiten zu verändern, müssen emotionale und kognitive Bewertungen über „Ziele, Erwartungen und Sinnorientierungen die mit der Ausübung einer sportlichen Aktivität verbunden werden (vgl. Pahmeier, 1996, S. 69), Beachtung erlangen.
Hinsichtlich der Motive sind keine großen Differenzen zwischen Dabeibleibern und Aussteigern zu erkennen, da beide Gruppen die Gesundheit als wichtiges Ziel der sportlichen Aktivität bewerten (vgl. Woll & Wydra, 2005, S. 86; Pahmeier, 1996, S. 69; Pahmeier, 1998, S. 129). Demzufolge unterscheiden sich Dabeibleiber und Aussteiger hinsichtlich ihrer Sinnorientierungen. Während Dabeibleiber die Bedeutung der „Verbesserung von Bewegungsfertigkeiten“, des „Spannungs- und Risikoerlebens“ oder auch „Geselligkeit“ höher einschätzen, sind diese Aspekte für Aussteiger eher unwichtig.
Weiterhin bestehen Unterschiede hinsichtlich der Zielsetzung und den Erwartungen die mit einer Teilnahme an entsprechenden Sportkursen verbunden sind. Hierbei setzen sich Aussteiger in der Mehrzahl langfristige, teils unrealistische und nicht klar definierte Ziele. Folglich steigen eher Teilnehmer aus dem Kurs aus, die ihre (langfristigen) Ziele und Erwartungen nicht verwirklichen konnten (Pahmeier, 1998, S. 130; 1996, S. 69; Woll & Wydra, 2005, S. 86).
Auf Grund der hier dargestellten Aspekte könnte man vermuten, dass sich die Motivlage eines Ausstiegs aus der Yoga Vidya-Fitnessreihe auf ähnliche Faktoren zurückführen lässt. Aussagen über die tatsächliche Motivlage der Aussteiger können erst nach Auswertung der Drop-out-Fragebögen getroffen werden.
10.3.4 Erleben und Bewerten der sportlichen Aktivität
Ein weiterer bedeutsamer Aspekt zur Erklärung der Drop-out-Problematik ist der soziale Faktor. Demnach erfahren Dabeibleiber wesentlich größere soziale Unterstützung seitens nahe stehender Personen für die Teilnahme an einen Kurs, als dies bei Aussteigern der Fall ist. Auch die soziale Einbindung in der Übungsgruppe erfährt bei Dabeibleibern eine positivere Bewertung als bei Aussteigern.
Außerdem haben die Anwesenheit und Begleitung von Bezugspersonen entscheidenden Einfluss auf die aktive Teilnahme an einem Kurs. Demnach „trainieren potentielle Aussteiger signifikant seltener mit einem Partner als potentielle Dabeibleiber“ (Pahmeier, 1998, S. 132). Ein ebenfalls wichtiger Aspekt erscheint die Funktion des Übungsleiters. Demzufolge hat dieser vier Aufgaben zu erfüllen:
- a.) individuelle Korrektur- und Kontrollfunktion
- b.) Fachkompetenz
- c.) Modell- und Motivationsfunktion
- d.) Verantwortung für das emotionale Klima
Dabeibleiber bewerten diese vier genannten Aufgabenbereiche positiver als Aussteiger, so dass dem Übungsleiter enorme Bedeutung bezüglich Bindung oder Ausstieg beigemessen wird. Weiterhin konnte die Wichtigkeit von Gruppenzusammensetzungen in Studien erfasst werden (vgl. Pahmeier, 1998, S. 132). Demnach ist die Homogenität der Teilnehmer bezüglich Alter, Geschlecht, Fitnesslevel aber auch dem äußeren Erscheinungsbild (insbesondere bei Frauen) von enormer Bedeutung und kann somit positiv zur Bindung beitragen.
Auch die Programminhalte können für Bindung oder Drop-out von entscheidender Bedeutung sein. So steht zunehmend das positive subjektive Wohlbefinden, welches durch eine mittlere Anstrengung bezüglich der Belastungsintensität erreicht werden kann, im Mittelpunkt. Überbeanspruchung, aber auch negative emotionale Aspekte wie Langeweile, Missbefinden oder Unzufriedenheit, erhöhen hingegen die Wahrscheinlichkeit eines Ausstiegs. Positive emotionale Aspekte (situatives Wohlbefinden, Spaß, Freude) aber auch günstige Rahmenbedingungen (Erreichbarkeit der Sportanlage) sind Determinanten einer regelmäßigen und dauerhaften Kursteilnahme (vgl. Woll & Wydra, 2005, S. 87; Pahmeier, 1998, S. 132-133). In der folgenden Abbildung werden die oben genannten Faktoren nochmals in ihren Wechselwirkungen dargestellt. Bezüglich der Yoga-Fitnessreihe in Bad Meinberg sei erwähnt, dass erst nach Auswertung der Posttests beziehungsweise der Drop-out-Fragebögen die hier dargelegten Erkenntnisse bestätigt oder angezweifelt werden können.
11 Verhaltensorientierte Gesundheitsförderung mit der Yoga Vidya-Fitnessreihe
Ein wichtiger Aspekt der bei der Durchführung dieses Projektes beachtet werden sollte, ist die verhaltensorientierte Ausrichtung der Kursteilnehmer. Dabei sollen primär Möglichkeiten des Aufbaus von Bindungen an gesundheitssportlicher Aktivität (Kernziel 5) (vgl. Leitfaden Prävention, 2006, S. 29) verfolgt werden. In der Yoga Vidya-Fitnessreihe werden in folgenden Bereichen Ressourcenstärkungen angestrebt:
- a.) Verbesserung der sportlichen Fitness (Ausdauer, statische Kraftausdauer, Beweglichkeit, Koordination)
- b.) Erfahrung von Erlebnisqualitäten
- c.) Anregung der Körperwahrnehmung
- d.) Aufklärung über Zusammenhang zwischen Sport und Gesundheit
- e.) Induktion regelmäßigen, gesundheitsfördernden Sporttreibens :f.) Stimmung, soziale Unterstützung, Aufbau sozialer Beziehungen, Reduzierung von Barrieren
Um die angestrebten Verbesserungen der sportlichen Fitness zu erreichen, wurden die in den Kapiteln 3 und 6 beschriebenen Übungsformen verwendet. Auf eine detaillierte Beschreibung dieser Übungen wird daher an dieser Stelle verzichtet. Mit der Erfahrung von Erlebnisqualitäten verbindet man im Zusammenhang mit diesem Projekt das Erlebnis vielfältiger emotionaler und sozialer Komponenten. Diese können beispielsweise Aspekte wie Freude, Spaß, Gemeinschaft und sozialen Kontakt beinhalten. Hierfür wurde bei der Yoga Vidya-Fitnessreihe insbesondere durch das Angebot eines Essens nach Beendigung des Kurses, die Bildung sozialer Beziehungen unter den Teilnehmern angestrebt. Da, wie oben bereits erwähnt, ähnliche Methoden erfolgreich zur Bildung sozialer Beziehungen angewandt wurden, vermuten wir auch im Fall der Yoga Vidya-Fitnessreihe entsprechende Effekte. Inwiefern sich diese nach Abschluss des 12-wöchigen Kurses veränderten, kann an dieser Stelle noch nicht beantwortet werden da dies erst nach Auswertung des Posttests möglich ist.
Um Anregungen zur Körperwahrnehmung bei den Teilnehmern zu erreichen, wurden verschiedene Entspannungsverfahren angewandt. Hierbei waren insbesondere das Autogene Training, die Progressive Muskelentspannung sowie Grundtechniken der Meditation von Bedeutung. Diese wurden nicht konsequent am Ende der jeweiligen Kurseinheit durchgeführt. Die angegebenen Entspannungsverfahren konnten sich über die gesamte Kursstunde hinweg verteilen. Das heißt, dass durchaus die Möglichkeit bestand, erste Mischformen des Autogenen Trainings und der Progressiven Muskelentspannung am Anfang der Stunde durchzuführen. Weitere Einzelheiten werden im entsprechenden Kapitel dieser Arbeit genauer beschrieben und dargelegt.
Eine weitere Zielstellung besteht in der Aufklärung über den Zusammenhang zwischen Sport und Gesundheit. Hierzu sei lediglich erwähnt, dass entsprechende Erläuterungen des Kursleiters bezüglich der gesundheitlichen Wirkungen der durchgeführten Yoga-Übungen getätigt wurden. Vertiefende Erläuterungen werden an anderer Stelle dieser Arbeit (Kapitel Handlungs- und Effektwissen) gegeben beziehungsweise sind dem Kursmanual zu entnehmen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Gesundheitsförderung ist die Induktion regelmäßigen, gesundheitsfördernden Sporttreibens. Dies kann „als oberstes Ziel einer verhaltensorientierten Gesundheitsförderung durch Sport“ (Lames & Kolb, 1997, S. 35) betrachtet werden. Inwieweit die Teilnehmer auch noch nach Beendigung des Yoga Vidya Fitnesskurses sportlicher Aktivität nachgehen, kann wiederum erst nach Auswertung der Drop-out-Fragebögen erfolgen. Aussagen über mögliche neue sportliche Aktivitäten, den dazu verwendeten Zeitrahmen aber auch Gründe für den möglichen Ausstieg werden erst nach Auswertung der Drop-out-Fragebögen getätigt.
Zusätzlich Aspekte der Verhaltenswirkungen wie beispielsweise Stimmung und Wohlbefinden, wurden mit Hilfe des Polaritätsprofils vor und nach jeder Kurseinheit von jedem Teilnehmer erfasst. Weitere Fragen zu den möglichen Gründen des Austritts aus der Yoga Vidya Fitnessreihe werden im Drop-out-Fragebogen berücksichtigt.
Eines der wichtigsten Ziele der Verhaltenswirkungen im Gesundheitssport ist der Aufbau sozialer Beziehungen unter den Teilnehmern. Zu diesem Zwecke wurde vom Haus „Yoga Vidya“ ein wöchentliches Essen im Anschluss des Kurses angeboten. Inwiefern sich durch solche Maßnahmen Verhaltensweisen positiv verändern, wird nach der Auswertung der Eingangs- und Ausgangsfragebögen (Prä- und Posttest) ersichtlich. Hier wurden den Teilnehmern spezifische Fragen zu deren (sozialer) Einbindung in den Kurs gestellt. Dass ähnliche Maßnahmen wie das wöchentliche Essen im Anschluss des Kurses erfolgreich zum Aufbau sozialer Beziehungen beitragen können, zeigt das Projekt „Gesund und Bewegt“. Dort waren vor Beginn des Kurses kaum bestehende Kontakte unter den Teilnehmern zu verzeichnen. Mit Beendigung des Kurses kannten sich im Mittel 60,5% der Teilnehmer mit Namen (vgl. Lames & Kolb, 1997, S. 77-78).
12 Verhältnisorientierten Gesundheitsförderung mit der Yoga Vidya-Fitnessreihe
In Anlehnung des „Leitfadens Prävention“ sollen folgende verhältnisorientierte Zielstellungen angestrebt werden. Hierzu zählen primär Verbesserungen der Bewegungsverhältnisse (Kernziel 6), welche hauptsächlich durch den Aufbau kooperativer Netzwerke beim Zugang zu einer gesundheitssportlichen Aktivität und bei deren Weiterführung von großer Bedeutung sind (vgl. Leitfaden Prävention, 2006, S. 29). Diese übergeordnete Zielstellung beinhaltet auch qualitätsgesicherte Kursangebote die durch entsprechend geschultes und ausgebildetes Personal in geeigneten Räumlichkeiten durchgeführt werden. Dies ist bei Europas größtem Yogaverein „Yoga Vidya“ in Bad Meinberg gegeben, da dort mit Hilfe von Seminaren und Weiterbildungen eigenständig Yogalehrer ausgebildet werden. Diese garantieren eine qualitätsbewusste Durchführung der angebotenen Kurse. Des Weiteren sind zahlreiche Räumlichkeiten vorhanden, die in ihrer Größe und auch in ihrer materiellen Ausstattung (Matten, Kissen u. a.) die Durchführung qualitätsreicher Kurse ermöglichen. Die bereits oben erwähnten ständigen Weiterbildungen der Yogalehrer sind gleichzeitig ein eindeutiger Hinweis auf vorhandene Qualitätssicherung.
Ein letzter Aspekt soll die Vernetzung und Kooperation des Vereins „Yoga Vidya“ herausstellen. Auf Grund seiner nationalen und internationalen Präsenz, steht „Yoga Vidya“ Bad Meinberg mit zahlreichen deutschen und internationalen Yoga-Seminarhäusern und Yoga-Zentren in Kooperation. Durch dieses große Netzwerk besteht für Interessenten, Mitglieder und Teilnehmer der Yoga Vidya-Fitnessreihe die Möglichkeit, auch in anderen Regionen Deutschlands und Europas (möglicherweise auf Grund eines Umzugs) entsprechende Kurse zu belegen. Eines der größten und bedeutendsten Yoga-Häuser neben Bad Meinberg ist das „Haus Yoga Vidya Westerwald“.
13 Eigenschaften der Probanden
Die Eigenschaften der Zielgruppe der Yoga Vidya-Fitnessreihe in Bad Meinberg werden im folgenden Kapitel kurz beschrieben. Das Hauptaugenmerk wurde auf folgende charakteristische Schwerpunkte gelegt: Der Kurs „Yoga Yidya Fitnessreihe ist für gesunde Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit Bewegungsarmut konzipiert, die sich im mittleren Erwachsenenalter (ca. 30-50 Jahre) befinden. Der besondere Bedarf dieser Zielgruppe wurde bereits im Kapitel 2.1 begründet. Die Forderung nach gesunden Teilnehmern heißt, dass die Teilnehmer zum Zeitpunkt des Kursbeginns keine Beschwerden haben durften. Dieser Aspekt ist insofern von Bedeutung, da dieser Yoga Vidya-Fitnesskurs zur Prävention und nicht zur Rehabilitation angeboten wird. Alle Probanden der Studie entsprachen diesen Zielgruppenbestimmungen.
14 Motivationsmittel
Um die Wahrscheinlichkeit eines Drop-outs zu minimieren, wurden vom Verein „Yoga Vidya“ verschiedene Motivationsmittel angewandt. Dabei unterschied man zwischen Experimentalgruppe und Kontrollgruppe. Eine wichtige Zielstellung dieses Yoga Vidya-Fitnesskurses ist die Erzeugung sozialer Bindungen unter den Teilnehmern. Um diesen verhaltensorientierten Ansatz zu erreichen, bot der oben angesprochene Verein ein wöchentliches Essen für die Experimentalgruppe im Anschluss des Kurses an. Dass derartige Maßnahmen erfolgreich sein können, zeigt auch das Projekt „Gesund und Bewegt“. Lames und Kolb, die dieses Projekt mitinitiierten und wissenschaftlich begleiteten, kamen in ihren Ausführungen (1997) zu dem Ergebnis, dass gemeinsames Beisammensein im Anschluss eines Kurses die soziale Bindung unter den Teilnehmern verstärken kann (vgl. S. 79).
Zusätzlich wurden allen Teilnehmern der Experimentalgruppe Plakate und CDs ausgehändigt, auf denen verschiedene Übungen abgebildet beziehungsweise auf Audiodateien zur Verfügung standen. Damit erhielten die Teilnehmer die Möglichkeit, die erlernten Übungen auch zu Hause durchzuführen. Diese verhaltensorientierten Maßnahmen sind insbesondere unter der Berücksichtigung des „Leitfadens zur Prävention“ und der Drop-out-Problematik von enormer Bedeutung. Die Teilnehmer der Kontrollgruppe dieses Projektes hatten zu Beginn der Studie dieselben altersspezifischen, gesundheitlichen und sportbiographischen Eigenschaften wie die Teilnehmer der Experimentalgruppe. Damit die Anwesenheit der Kontrollgruppe zum Posttest gewährleistet werden konnte, wurde allen Mitgliedern dieser Gruppe dasselbe kostenlose Kursangebot wie der Experimentalgruppe unterbreitet, jedoch mit Kursbeginn nach dem Posttest. So haben die Teilnehmer der Kontrollgruppe ihre Bewegungsgewohnheiten erst nach dem Posttest geändert und es sind kaum Effekte zu erwarten, die auf einer unterschiedlichen Motivationslage der Teilnehmer der beiden Gruppen beruhen.
15 Wissenschaftliche Fragestellungen und Hypothesen
Hinsichtlich der Trainings-Priorität von Yoga Vidya Fitness, mit den Körperübungen (Surya Namaskar/Navasana) insbesondere auf die Entwicklung der „Muskelkraft“ zu setzen und der speziellen Charakteristik der „Kraftausdauerleistungen in azyklischen Bewegung“ (vgl. Schnabel et al., 2003, S. 176 – 178) besonders während der Abschnitte „Surya Namaskar zur Entwicklung der Muskelkraft“ sowie der „Navasana“ (statische bzw. isometrische Kraftausdauer), stellt sich für und zunächst die folgende übergeordnete Frage:
Frage 1: Können durch Yoga-Körperübungen der Yoga Vidya-Fitnessreihe gesundheitlich positive Effekte bei sportabstinenten Erwachsenen mittleren Alters (ca. 30 – 50 Jahre) hinsichtlich der isometrischen Kraftausdauer des Rumpfes erzielt werden?
Hypothese 1: Infolge der Yoga-Intervention von Yoga Vidya verbessert sich die statische Kraftausdauerfähigkeit im Bereich des Rumpfes (Rumpfbeuge- und – streckmuskulatur), daher wird ein entsprechender Anpassungseffekt erwartet. Weiter sind die Asanas der Yoga Vidya-Fitnessreihe in hohem Maße an die Beweglichkeit und die allgemeine Koordinationsfähigkeit (vgl. u. a. Schilling, 1974), speziell an die Gleichgewichtsfähigkeit gebunden. Das heißt, dass diese Übungen teilweise einen für untrainierte Menschen hohen Bewegungsumfang verlangen (vgl Hollmann/Hettinger, 2000, S. 153). Zudem fordern die Übungen die Fähigkeit, den ganzen Körper im Gleichgewichtszustand zu halten bzw. während und nach umfangreichen Verlagerungen des Körpers diesen Zustand beibehalten bzw. wieder herstellen zu können. (vgl. Meinel & Schnabel, 2004). Daraus leitet sich unsere zweite und dritte Fragestellung ab:
Frage 2: Stellen sich infolge der Körperübungen der Yoga Vidya-Fitnessreihe gesundheitlich positive Effekte bei sportabstinenten Erwachsenen mittleren Alters (ca. 30 – 50 Jahre) hinsichtlich der Beweglichkeit der Schultern und der Wirbelsäule im Zusammenhang mit der Dehnfähigkeit der ischiokruralen Muskulatur ein?
Hypothese 2: Die Beweglichkeit der Schultern und die Beweglichkeit der Wirbelsäule im Zusammenhang mit der Dehnfähigkeit der ischiokruralen Muskulatur verbessern sich im Verlauf des Kurses.
Frage 3: Verbessert sich durch die Yoga Vidya-Fitnessreihe die allgemeine Koordinations- und Gleichgewichtfähigkeit?
Hypothese 3: Die allgemeine Koordinationsfähigkeit und Gleichgewichtfähigkeit verbessert sich durch die Intervention. Es wird dabei angenommen, dass durch verschiedene Übungen mit hohen Gleichgewichtsanforderungen eine Verbesserung des Gleichgewichts erreicht wird. Darüber hinaus wurde mithilfe des pulsgesteuerten Sonnengebets (Surya Namaskar) als Ganzkörperbeanspruchung zum Teil auch im Bereich der aeroben Energiebereitstellung geübt, wobei die Probanden zwischen 20 und 40 Ausführungen im Zeitraum mehrerer Minuten durchzuführen hatten und dabei eine Belastung im Bereich eines 120er Pulses erfuhren. Da nach Schnabel et al. hier bereits eine Belastung im Bereich der aeroben Kurzzeit- (< 2 min) und Mittelzeitausdauer (2 – 10 min) von Untrainierten vorliegt (vgl. 2003, S.169-171; S. 327-328), stellt sich die nächste Frage.
Frage 4: Verbessert sich im Zuge dieser kürzeren Dauerbelastungen über ein paar Minuten hinweg auch die Fähigkeiten der Kurzzeit- bzw. Mittelzeitausdauer?
Hypothese 4: Durch die unterschiedlichen Belastungsarten in Kombination mit kürzeren Ausdauerbelastungen (zwischen 2 und 10 Minuten), verbessert sich auch die Fähigkeit der allgemeinen aeroben Ausdauer.
Hinsichtlich der Kernziele im Gesundheitssport (vgl. 2.4) und der Ausführungen im Kapitel 11 haben uns auch der Erhebung der Stimmungslage, des Wohlbefindens und der sozialen Einbindung sowie den Abbrechern gewidmet. Wie aufgezeigt wurde, können das aktuelle psychische Befinden und dessen Regulation als wesentliche Komponente psychischer Gesundheit und des Gesundheitsverhaltens gedeutet werden. Sie stehen in engem Zusammenhang mit der Funktionsfähigkeit wichtiger Körpersysteme wie z. B. dem Herz – Kreislauf – System und dem autonomen [[Nervensystem]9. Zudem stellt es eine wesentliche Voraussetzung für die Bewältigung von Belastungssituationen dar. In Brehm (1998) werden des Öfteren Hypothesen formuliert, die zur Geltung bringen, dass sportliche/fitnessorientierte Konzepte vorwiegend mit Äquilibrationseffekten (Abschwächung negativer und Verstärkung positiver Stimmungsaspekte) einhergehen (vgl. Brehm, 1998, S. 201 – 204).
Frage 5: Kommt es im Rahmen der Durchführung der Yoga Vidya-Fitnessreihe zu positiven Effekten hinsichtlich der Stimmung und des körperlichen Befindens?
Hypothese 5: Da die sportliche Aktivität sich speziell im Fitnessbereich positiv auf die aktuelle Stimmungslage und das subjektive Wohlbefinden auswirkt, ist anzunehmen, dass sich auch bei den Teilnehmern von Yoga Vidya Fitness Verbesserungen bezüglich der Stimmung und des körperlichen Befindens einstellen werden.
Frage 6: Unterscheiden sich Kursabbrecher von Kursabsolventen hinsichtlich des körperlichen Befindens, der Stimmung oder der wahrgenommenen Aktivität nach der Kursstunde?
Hypothese 6: Abbrecher unterscheiden sich im körperlichen Befinden, der Aktivität und der Stimmung nach der Stunde von Absolventen. Es wird dabei angenommen, dass ein vermindertes Befinden auf einer oder mehrerer dieser Skalen sich negativ auf die Motivation auswirkt weiterzumachen.
Frage 7: Verhilft die Teilnahme an der Yoga Vidya-Fitnessreihe zu neuen sozialen Kontakten und so zu einer besseren sozialen Einbindung?
Hypothese 7: Die Teilnehmer der Yoga Vidya-Fitnessreihe sind durch die Kursteilnahme nach Kursende besser sozial eingebunden als vor dem Kurs. Es wird dabei angenommen, dass die gemeinsame Teilnahme im Kurs es den Teilnehmern ermöglicht soziale Kontakte zu finden und diese Möglichkeit von den Teilnehmern wahrgenommen wird.
Frage 8: Führt die Yoga Vidya-Fitnessreihe zu einer nachhaltigen Weiterführung sportlicher Aktivitäten?
Hypothese 8: Durch die Teilnahme im Kurs werden die Teilnehmer so nachhaltig motiviert, dass sie ein halbes Jahr nach Kursende immer noch Sport treiben.
16 Zeitplan
Die Kursintervention Yoga Vidya-Fitness fand in der Zeit vom 13.02.07 bis 17.04.07 statt. Die Probanden übten in diesem 10-wöchigen Zeitraum immer Dienstag zwischen 19 und 21 Uhr. Der erste Termin für die Übung war somit der 13.02. Weiter wurde am 20.02., 27.02., 06.03., 13.03., 20.03., 27.03., 3.04., 10.04. und am 17.04. im Rahmen des Kurses geübt. Die Prätests haben wir eine Woche vor Beginn der ersten Kursstunde - am 06.02.2007 - direkt am Ort der Intervention im Haus Yoga Vidya in Bad Meinberg durchgeführt. Sie fanden im Zeitraum von 18 bis ca. 21 Uhr statt. Die Posttests führten wir dann eine Woche nach der Intervention - am 24.04.2007 - erneut im Haus Yoga Vidya durch.
Im folgenden Abschnitt sollen zunächst, nach einer kurzen allgemeinen Hinführung durch die Beschreibung der Begrifflichkeiten und Testkriterien, die motorischen Testverfahren beschrieben werden, die wir verwendet haben.
17 Motorische Tests
Motorische Tests dienen als Forschungsmethode. Dabei steht das Lösen sportmotorischer Aufgaben unter standardisierten Bedingungen im Vordergrund. Die ermittelten Ergebnisse lassen die Einordnung der jeweiligen Versuchsperson in eine Gruppe vergleichbarer Personen zu. „Motorische Tests sind wissenschaftliche Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer theoretisch definierbarer und empirisch abgrenzbarer Persönlichkeitsmerkmale. Gegenstandsbereiche sind das individuelle, allgemeine und spezielle motorische Fähigkeitsniveau. Ziel ist eine möglichst quantitative Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung“ (Bös, Pfeifer, Stoll, Tittlbach, Woll, 2001, S. 533). Nach Roth (1983) sind „Sportmotorische Tests [...] Bewegungsaufgaben, bei denen die Probanden aufgefordert werden, das im Sinne der Aufgabenstellung bestmögliche Ergebnis (maximum performance) zu erzielen [....]. Ziel ihrer Anwendung ist der Schluss von den erfassten Leistungsdaten auf den individuellen Ausprägungsgrad der zugrunde liegenden motorischen Fertigkeiten und Fähigkeiten“ (S. 258). Darüber hinaus versteht man unter motorischen Tests standardisierte Mess- und Prüfverfahren, die geschlechts-, alters- und trainingsspezifisch zu bewerten sind. Auch die Gültigkeitsbereiche von Tests lassen sich hinreichend durch eine Spezifizierung von Geschlecht, Alter und Zielgruppe charakterisieren.
18 Durchgeführte Tests
18.1 Karlsruher Gesundheitsorientierter Koordinationstest (KGKT)
Der KGKT wird charakterisiert als „sportmotorischer Test zur Erfassung der koordinativen Leistungsfähigkeit für Erwachsene“ (Bös, Pfeifer, Stoll, Tittlbach, Woll, 2001, S. 139). Nach Gabriel, Wick und Puta (2007) gelten die Schulung und der Erhalt koordinativer Fähigkeiten „im Sinne situationsadäquaten interund intramuskulären Zusammenspiels als zentrale Komponenten der Unfall- und Schadensprophylaxe“ (S. 33). Gerade für ältere Menschen stellen koordinative Fähigkeiten die Grundlage für einen selbstständigen Alltag dar. Diese Testbatterie besteht aus 7 Testitems und lässt eine Beurteilung der Koordination bei Präzisionsaufgaben im mittleren und späteren Erwachsenenalter zu. Der Anwendungs- und Gültigkeitsbereich bezieht sich sowohl auf Männer als auch auf Frauen im Altersbereich von 35 bis 65 Jahren. „Gemessen werden die Fähigkeiten zur interozeptiven Regulation (z. B. Gleichgewicht) und zur exterozeptiven Regulation (z. B. präzise Steuerung von Auge-Hand) bei ballistischen und geführten Bewegungen“ (Bös, Pfeifer, Stoll, Tittlbach, Woll, 2001, S. 140). Die Gesamtreliabilität des KGKT (r=0,74) gilt als akzeptabel. Einsetzbar ist er sowohl bei Querschnitts- als auch bei Längsschnittsuntersuchungen.
18.1.1 Testitems
Wurf an die Wand
Die Testperson steht in der Mitte eines markierten Kreises mit einem Durchmesser von einem Meter. Der Abstand zur Wand beträgt 3 Meter. Der Ball wird von unten nach oben an die Wand geworfen. Nach dem Abwurf wird eine ganze Drehung um die Körperlängsachse durchgeführt und der zurückprallende Ball gefangen, ohne dass dieser den Boden berührt und der Kreis verlassen wird (vgl. Abb. 18-1).
Die Aufgabe gilt als gut gelöst (2 Punkte), wenn die Drehung und das Auffangen des Balles sicher und ohne Ortsveränderung vollzogen werden. Die Drehung beträgt dabei 360°. Die Aufgabe gilt als gelöst (1 Punkt), wenn die Drehung zwischen 270° und 360° und innerhalb des Kreis es vollzogen wird. Der Ball muss ebenfalls gefangen werden und kleine Unsicherheiten sind erlaubt. Nicht gelöst (0 Punkte) ist die Aufgabe, wenn der Ball vor dem Fangen den Boden berührt oder die Drehung kleiner als 270° ist oder die Testperson den Kreis verlässt. Benötigt werden ein Gymnastikball und Klebeband zur Markierung des Kreises.
Einbeinstand (Augen geschlossen)
Die Testperson soll auf einem beliebigen Bein 15 Sekunden mit geschlossenen Augen stehen. Das Spielbein berührt dabei das Standbein unterhalb des Knies und die Hände werden in die Hüften gestemmt (vgl. Abb. 18-2). Das Standbein ist frei wählbar. Die Aufgabe gilt als gut gelöst (2 Punkte), wenn der Proband während der Übungszeit regungslos steht. Gelöst (1 Punkt) gilt die Aufgabe bei leichten Ausgleichbewegungen. Nicht gelöst (0Punkte) wird die Aufgabe, wenn das Spielbein abgesetzt wird, die Augen geöffnet werden oder das Standbein den [[Boden]9 verlässt. Als Testmaterialien werden eine Stoppuhr und eventuell eine Markierung (Klebeband) für das Standbein benötigt.
Wurf mit Drehung
Die Testperson steht erneut in der Mitte eines markierten Kreises mit einem Durchmesser von einem Meter. Blickrichtung erfolgt zum Testleiter. Aufgabe ist es den Gymnastikball senkrecht in die Luft zu werfen und nach einer 360° Drehung um die Körperlängsachse den Ball wieder zu fangen (vgl. Abb. 18-3). Dieser darf den Boden nicht berühren. Der Proband entscheidet selbstständig über den Zeitpunkt des Abwurfes und wählt die Drehrichtung. Die Aufgabe gilt als gut gelöst (2 Punkte), wenn der Ball nach einer 360° Drehung sicher gefangen und der Kreis nicht verlassen wird. Zudem sollte die Abfolge Drehen-Werfen- Fangen gut koordiniert sein. Einen Punkt gibt es (Aufgabe gelöst), wenn die Drehung größer als 270° und kleiner als 360° erfolgt oder der Ball mit größeren Unsicherheiten gefangen wird. Ist die Drehung kleiner als 270° oder fällt der Ball zu Boden oder die Testperson verlässt den Kreis gibt es Null Punkte und die Aufgabe gilt als nicht gelöst.
Achterkreisen
Hierbei soll die Testperson fünf Achterkreise (vgl. Abb. 18-4) um zwei Gymnastikkeulen ausführen. Diese werden im Abstand von 40cm aufgestellt. Ausgangsstellung ist seitlich, mittig neben den Keulen, wobei das Standbein frei wählbar ist. Das Spielbein soll nahezu gestreckt sein. Gut gelöst (2 Punkte) Aufgabe, wenn die Bewegung sich und ohne die Keulen zu berühren ausgeführt wird. Als gelöst (1 Punkt) gilt die Aufgabe, bei leichtem Schwanken der Probanden. Die Keulen werden dabei aber ebenfalls nicht berührt. Nicht gelöst (0 Punkte) ist die Aufgabe bei Berührung oder Umwerfen der Keulen bzw. wenn das Spielbein zwischendurch abgesetzt werden muss.
Ball umgreifen
Im Grätschstand mit leicht gebeugten Knien soll ein Gymnastikball fünfmal zwischen den Beinen durch umgreifen der Hände gehalten werden. Eine Hand hält den Ball von vorn, die andere von hinten fest. Bei der Ausübung darf der Ball nicht zu Boden fallen und seine Position zwischen den Beinen nicht verlieren (vgl. Abb. 18-5). Ist der Bewegungsrhythmus fließend und der Ball wird sicher und kontrolliert umgegriffen ohne zu Boden zu fallen, gilt die Aufgabe als gut gelöst (2 Punkte). Ist hingegen der Bewegungsrhythmus eher stockend gilt die Aufgabe als gelöst (1 Punkt). Fällt der Ball zu Boden oder die Hände greifen nacheinander um, gilt die Aufgabe als nicht gelöst (0 Punkte).
Gehen rückwärts
Die Testperson soll eine 6m lange Strecke möglichst schnell zurücklegen. Dabei soll sie die Fußspitze stets an die Ferse des anderen Fußes setzen (vgl. Abb. 18-6). Über den Startzeitpunkt entscheidet sie selbstständig. Es werden drei Versuche gemessen. Abgebrochen wird bei unkorrekter Bewegungsausführung. Die bis dahin zurückgelegte Strecke und die benötigte Zeit werden notiert. Jeder Proband kann zuerst 2m auf Probe gehen. Hinzu kommt der Hinweis seitens des Testleiters, im ersten Versuch auf die genaue und komplette Zurücklegung der Strecke zu achten und im Anschluss auf die Schnelligkeit. Am Ende wird von den drei Versuchen der Schnellste gewertet. Für den Testaufbau wird neben der Stoppuhr Klebeband für das Abkleben der Strecke benötigt.
Balancieren auf schmaler Schiene
Zur Überprüfung des statischen Gleichgewichts sollen die Testpersonen 60 Sekunden balancierend auf einer Schiene das Gleichgewicht halten. Die Breite der Schiene beträgt 2cm. Das Standbein kann frei gewählt werden. Das zweite Bein darf die Schiene oder den Boden nicht berühren (vgl. Abb. 18-7). Es werden die Versuche gezählt, die der Proband benötigt um 60 Sekunden auf der Schiene zu stehen. Das heißt, dass die Zeit bei jedem Fehler gestoppt wird und nach Wiederaufnahme des Balancezustandes weiter läuft. Als obere Grenze stehen den Probanden 20 Versuche zur Verfügung. (vgl. Woll, A., Tittlbach, S., Schott, N., Bös, K.,2004, S. 79-86 & Tittlbach, S., Kolb, H., Woll, A., Bös, K.,2005).
Tabelle 18-1: Aufgaben und Inhalte des KGKT (nach Tittlbach, S., Kolb, H., Woll, A., Bös, K., 2005, S. 255)
Bezeichnung der Testaufgabe | Testinhalte (Fähigkeiten) | Primäre Beanspruchung |
---|---|---|
1. Wurf an die Wand* | exterozeptiv/ballistisch | Ganzkörper |
2. Einbeinstand* | interozeptiv/statisch | Vestibularapparat |
3. Wurf mit Drehung* | exterozeptiv/ballistisch | Ganzkörper |
4. Achterkreisen* | exterozeptiv/geführt | Vestibularapparat |
5. Ball umgreifen* | interozeptiv/ballistisch | Ganzkörper |
6. Gehen rückwärts** | interozeptiv | Ganzkörper |
7. Balancieren auf schmaler Schiene | statisch | Vestibularapparat |
Fußnoten: * Bei diesen Testitems werden zwei Versuche durchgeführt. ** Gehen rückwärts wird mit drei Versuchen durchgeführt.
18.2 Konditionelle Tests der Beweglichkeit
Nach Martin, Carl & Lehnertz (1993) sind unter Beweglichkeitsfähigkeiten diejenigen Fähigkeiten zu verstehen, welche funktionelle Gelenkbewegungen willkürlich und gezielt mit der erforderlichen Schwingungsweite der beteiligten Gelenke ausführen können (vgl. S.214).
Für Schnabel/Harre/Krug & Borde (2003) ist es zudem eine allgemeine motorische Fähigkeit, welche für die einzelnen Gelenke bzw. Gelenksysteme sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann, sodass die Beweglichkeit in Hüftgelenk, Fuß-, Schultergelenken oder der Wirbelsäule (Rumpf) gesondert betrachtet werden muss.
Sie umfasst die
- Dehnfähigkeit und die
- Gelenkigkeit.
Sie ist zudem abhängig von
- der Konstitution (Zustand der Gelenke, Dehnbarkeit von Muskeln, Sehnen etc.),
- der Kondition (Kraftfähigkeit der beteiligten Muskulatur),
- der Koordination (Steuerung und Aktivierung der Muskulatur),
- den Tätigkeiten, die zuvor ausgeführt wurden und
- den situativen Umständen
(vgl. Spring/ Dvorak/Dvorak/Schneider/Tritschler & Villinger, 2005, S. 5 – 6; vgl. Schnabel/Harre/Krug & Borde, 2003, S. 135 – 136).
Eine Förderung der Beweglichkeit ist aus unterschiedlichen Gründen von hoher präventiver Bedeutung. Zum Beispiel wird die „Volkskrankheit chronischer Rückenschmerz“ (vgl. z. B. Boeckh-Behrens & Buskies, 2006, S. 11 – 12) durch eine Reihe von „typischen“ Einschränkungen in der Beweglichkeit erklärt, welche nicht nur den lumbalen Bereich der Wirbelsäule betreffen. Häufig sind Gelenke bzw. Muskeln mit indirekter Wirkung auf die Wirbelsäule betroffen. So wird auch die häufig verkürzte ischiokrurale Muskelgruppe und das damit verbundene, eingeschränkte Bewegungsausmaß in Hüft- und Kniegelenk für eine verminderte Funktionsfähigkeit der Lenden-Becken-Hüft-Region mit verantwortlich gemacht. Eine verkürzte Ischiokruralmuskulatur behindert z. B. den physiologischen Bewegungsablauf bei Rumpfbeugebewegungen aus dem Stand. Die Einschränkung der Kippfähigkeit des Beckens nach anterior führt zu erhöhten Flexionsanforderungen an die Lumbalregion. Häufig wiederholte Hebeaufgaben (etwa im Beruf) können somit zu Schädigungen von flexionsbegrenzenden passiven Strukturen (wie z. B. dem hinteren Längsband) führen (vgl. Schlumberger, 2005, S. 408). Somit ist die Beweglichkeit in gesundheitsbezogenen Interventionsprogrammen stets anzustreben.
Da die Yoga Vidya-Fitnessreihe vorrangig auf die Beweglichkeit des Rumpfes Bezug nimmt (vgl. Kapitel 6), haben wir demzufolge auch die Beweglichkeitstests schwerpunktmäßig entsprechend ausgerichtet. Es wurden gängige Testmethoden zur Bestimmung der allgemeinen Wirbelsäulenbeweglichkeit bzw. der Gelenkigkeit/Dehnfähigkeit der Rückenstrecker/der Lendenwirbelsäule in Kombination mit den Beinen, der Gesäßmuskulatur, und des Hüftgelenks (Schober-Test, Sit-and-Reach-Test) beim Rumpfbeugen vorwärts durchgeführt (vgl. Fetz & Kornexl, 1978, S. 87, modifiziert nach dem „Stand-and-Reach-Test“). Hinzu kam ein weiterer Test zur Komplettierung, welcher die Beweglichkeit der Schultergelenke misst (S-Haltetest), da wir deren Beweglichkeit aufgrund der direkt am Rumpf ansetzenden Lage, der indirekten Wirkung auf die Wirbelsäule und im Sinne einer „Gesamtbeweglichkeit“ des Rumpfes ebenso als wichtig erachteten (Fetz & Kornexl, 1978, S. 87).
18.2.1 Schober-Test
Die Erfassung der Hautverschiebung bei Flexion wird als Schober-Test bezeichnet. Es handelt sich dabei um ein Untersuchungsverfahren zur Ermittlung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule. Es handelt sich hierbei um ein quantitatives Messverfahren. Zur Durchführung werden auf der Haut Markierungen aufgebracht. Durch die Beugung in der Lendenwirbelsäule und die damit verbundene Hautdehnung, wird die entstehende Abstandsveränderung mittels eines Maßbandes erfasst. „Die Verbindungslinie zwischen den spinae iliaca posterior superior dient als Ausgangspunkt für eine Markierung 10cm oberhalb und 5cm unterhalb des Mittelpunktes dieser Linie“ (Bös, Pfeifer, Stoll, Tittlbach, Woll, 2001, S. 218). Die Markierungen werden in aufrechter Körperhaltung angezeichnet und in maximaler Flexion wird der Abstand zwischen den Markierungen gemessen.
18.2.2 Sit and Reach-Test
Der Sit and Reach -Test wird als universeller Test zur Erfassung der Rumpfbeugefähigkeit verstanden. „Die Rumpfbeugefähigkeit wird dabei als Kombination aus Dehnfähigkeit der ischiocruralen Muskulatur und der Flexionsbeweglichkeit der Wirbelsäule gesehen“ (Bös, Pfeifer, Stoll, Tittlbach, Woll, 2001, S. 252). Zielstellung des Tests ist die Bestimmung der Rücken- und Beinbeweglichkeit um Rückschlüsse über die allgemeine Beweglichkeit ziehen zu können. Gemessen wird der Abstand vom Nullpunkt (Kastenanfang) bis zu den Fingerspitzen der Mittelfinger. Dabei wird unterschieden in positive und negative Werte, wie durch die Abbildung (vgl. Abb. 18-8) verdeutlicht.
18.2.3 S-Halte-Test
Um die Beweglichkeit im Schulterbereich zu überprüfen wurde auf den S-Halte- Test (SHT) zurückgegriffen. Hierbei sitzt der Proband auf einem Hocker und führt beide Arme hinter dem Rücken zusammen. Dies geschieht ohne Schwung zu holen und ohne eine Ausgleichbewegung im Oberkörper. Dabei wird ein Arm über und ein Arm unter der Schulter hinter den Rücken geführt (vgl. Abb. 18-9). Gemessen wird der Abstand der Endglieder der Mittelfinger beider Hände zueinander. Hierbei haben gelten die gemessenen Werte als negativ wenn sich die Finger nicht berühren. Positive Werte entstehen, wenn die Finger übereinander geschoben werden können. Als Testmaterialien werden ein Turnhocker und ein Maßband benötigt.
18.3 Konditionelle Tests der Kraftausdauer von Rumpfbeuge- und –streckmuskulatur
Auch die Kraftausdauer stellt eine wichtige, zu testende Gesundheitskomponente dar. Unter Kraft wird zunächst die Fähigkeit verstanden, durch Muskelanspannung Widerstände zu überwinden (konzentrische Arbeitsweise), Widerständen nachgebend entgegenzuwirken (exzentrische Arbeitsweise) oder Widerstände zu halten (statische Arbeitsweise) (vgl. Tiemann, 1997, S. 40; nach Ehlenz/Grosser/Zimmermann, 1987, S. 11; Schmidtbleicher, 1984). Die Kraftausdauer trägt dabei folgende Bedeutung: „Die Kraftausdauerfähigkeit ist die Fähigkeit zur Realisierung hoher Krafteinsätze über eine längere (der geforderten) Belastungsdauer, d. h. bei hohen Wiederholungszahlen von Kraftstößen die Verringerung der Kraftstoßhöhen möglichst gering zu halten bzw. den ermüdungsbedingten Leistungsabfall zu minimieren“ (Hirtz). Hirtz betont, dass die Kraftfähigkeit zur Bewältigung von Alltagsanforderungen ebenso benötigt wird, wie zur Vorbeugung von Haltungsschwächen oder Haltungsschäden und natürlich zur Erreichung sportlicher Leistungen und zur Realisierung des entsprechenden sportlichen Trainings.
Er hebt weiterhin hervor, dass sämtliche Organe des Körpers gewissermaßen im Dienste der Muskeltätigkeit stehen und von daher die Gesundheitsrelevanz der Kraftfähigkeit und ihrer Ausprägung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann (vgl. Hirtz, S. 1-10). Tidow (2005) macht deutlich, dass ältere und auch Ergebnisse neuester Publikationen auf die Richtigkeit der These „Kraftmangel als Schmerzverursacher“ verweisen und stellt die mangelhafte Rumpfextensorenkraft als Prädiktor für die Auftrittswahrscheinlichkeit etwa von Rückenschmerzen heraus (vgl. S. 241). Da die meisten Personen mit Rückenleiden eine Dysbalance zugunsten der Rumpfflexoren aufweisen, liegt die Relevanz der Kraft- bzw. der Kraftausdauer- Leistungsfähigkeit auf der Hand (vgl. Tidow, 2005, S. 241 – 242).
Die Trainings-Priorität von Yoga Vidya-Fitness ist, mit den Körperübungen (Surya Namaskar/Navasana) speziell auf die Entwicklung der Muskelkraft zu setzen. Diese motorischen Funktionstests werden zur Messung der Kraftausdauer der Rumpfbeuger und –strecker verwendet. Zur Testung im Bereich der Rumpfstrecker liegt die Testperson in Bauchlage auf einer Matte. Unter Einbeziehung von Lagerungshilfen für Becken und Bauch, wird der Oberkörper aktiv über der Unterlage gehalten ohne dabei die Lendenwirbelsäule zu lordosieren. Die Arme bleiben seitlich neben dem Körper gestreckt. Die Halswirbelsäule wird maximal gebeugt und die Probanden sollen so lange wie möglich in dieser Position verharren (vgl. Abb. 18-10).
Wie in Kapitel 15 bereits dargelegt wurde, liegt hierbei nach Schnabel et al. (2003) die Charakteristik der „Kraftausdauerleistungen in azyklischen Bewegungen“ vor und wird zudem speziell im Abschnitt der „Surya Namaskar zur Entwicklung der Muskelkraft“ sowie bei den „Navasana“ als statische bzw. isometrische Kraftausdauer besonders in den Bereichen des Rumpfes in beschriebener Weise angesprochen.
Die Messung der Kraftausdauer der Rumpfextensoren wurde mit dem statischen Kraftausdauertest in Bauchlage (Ito-Test) vorgenommen (vgl. Tidow, 2005, S. 243 – 244). Die schlichte Methode des Ito-Tests ist dahingehend zu kritisieren, dass die gewählte, nicht standardisierte Konsistenz des Kissens sowie eine ggf. vorhandene Korpulenz im Bauchbereich schwer zu kontrollierende Einflüsse auf das Testresultat ausüben können. Hinzu kommt, dass aufgrund der schwer quantifizierbaren Kissenfunktion unklar bleibt, welcher Anteil der Oberkörpermasse im Schwerefeld gehalten wird und die Frage, ob dieser Test weibliche Personen nicht a priori ausschließt (vgl. Tidow, 2005, S. 243 – 244). Zur Untersuchung der Kraftausdauer im Bereich der Rumpfbeuger, befindet sich der Proband in Rückenlage. Die Arme werden auf der Brust verschränkt und die Beine mit einer Beugung von 90° in Hüft- und Kniegelenk in Stufenlagerung gehalten. Die Halswirbelsäule wird maximal gebeugt und der Oberkörper über die gesamte Haltedauer leicht von der Unterlage gehoben.
Bei beiden Versuchen wird die Zeit registriert. Als Testmaterialien werden Lagerungshilfen, eine Gymnastikmatte und eine Stoppuhr benötigt. Bös, Pfeifer, Stoll, Tittlbach, und Woll (2001) bescheinigen dem Test die Eignung für die Dokumentation von Interventionsmaßnahmen, besonders aufgrund seiner hohen Reliabilitätskoeffizienten (vgl. S. 251).
Tabelle 18-2: Test-Retest-Korrelationen - Kraftausdauertest nach Ito et al. (1996) (nach Bös, Pfeifer, Stoll, Tittlbach, Woll, 2001, S. 251)
Männer | Frauen | |
---|---|---|
Rumpfbeuger (gesunde Probanden) | r=0,95 | r=0,89 |
Rumpfstrecker (gesunde Probanden) | r=0,97 | r=0,94 |
Siehe auch
- Yoga Vidya Reihe
- Studien
- Wissenschaftliche Studien Yoga
- Wissenschaftliche Studien Meditation
- Wissenschaftliche Studien Ayurveda
- Wissenschaftliche Studien Tiefenentspannung
- Wissenschaftliche Studien Yoga für Kinder und Jugendliche
- Wissenschaftliche Studien Kirtan- und Mantrasingen
- Wissenschaftliche Studien Literaturliste
Literatur
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