Geist

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Geist ist ein sehr vielschichtiges Wort. Das Wort Geist kann folgendes bedeuten:

Holy Grail von Dante Gabriel Rossetti, 1874

(1) der Verstand, der Intellekt

(2) die Gesamtheit der geistig-emotionalen Prozesse und Funktionen, also die ganze Psyche

(3) die zentrale Idee einer Sache: Der Geist der Liebe; der olympische Geist

(4) eine astrale Wesenheit bzw. Spukgestalt, ein überirdisches Wesen ohne Körper: Mir ist ein Geist erschienen

(5) der Sinn, die Essenz, auch die Kraft von einer Epoche: Der Geist der Aufklärung, der Geist der Romantik

(6) Die Gesinnung eines Menschen: Du hast in meinem Geist gehandelt

(7) der Mensch in bezug auf seine verstandesmäßigen Fähigkeiten: Kleinere Geister verstehen oft großartige Gedankengänge nicht

(8) der Geist Gottes, Heiliger Geist

(9) Gesinnung: Er war freundlichen Geistes, er handelte im Geiste der Freundschaft

(10) ein Toter: Mir ist sein Geist erschienen.

(11) die Essenz eines Menschen bzw. seine geistige Stimmung, wie sie sich gerade darstellt: er ist ein unruhiger Geist, ein kreativer Geist.

(12) Es gibt auch den reinen Geist, den Weltengeist, die Ebene des reinen Geistes – als transzendete Wirklichkeit, als Bezeichnung für Gott.

Darüber hinaus kann man von allen guten Geistern verlassen sein (dumm handeln), seinen Geist aufgeben (sterben), geistlos (fantasielos, freudelos, dumm) sein, oder auch geistreich und geistvoll (witzig, ideenreich, klug). An manchen Fragen scheiden sich die Geister – nicht immer befindet man sich dabei in Harmonie mit dem Zeitgeist. Und oft spricht man von den drei Teilen eines Menschen, Körper, Geist und Seele. Es ist also gut zu wissen, was gemeint ist, wenn man den Begriff Geist liest, hört, oder verwendet. Die Vielschichtigkeit des Begriffs Geist kann den Geist ganz schön verwirren...

Geist - eine Tugend. Was bedeutet Geist? Was will man mit diesem Wort sagen? Wozu ist Geist gut, wozu nicht? Was sind Synonyme, was Antonyme, also ähnliche und entgegengesetzte Begriffe, von Geist? Du findest hier einen umfangreichen Artikel, Videovortrag und Audiovortrag. Lass dich inspirieren!

Sein, Geist und Bewusstsein

Artikel von Matthias Roth, erschienen im Yoga Vidya Journal Nr. 17

Jan van Eyck-Genter Altar-Detail-Maria und Heilige Geist.jpg

Im Yoga ist sehr viel von Geist, Sein, Selbst, höheres Selbst, Ich und Bewusstsein die Rede. Dann wären da noch: Spirit, Mind, Selbstverwirklichung, Bewusstseinserweiterung, höheres (göttliches) Bewusstsein usw. Ich habe den Eindruck, dass diese, sehr komplexen und schwierigen Begrifflichkeiten in der Yoga-Welt nicht immer mit der dafür notwendigen "Trennschärfe" benutzt werden. Will sagen: Viele Yogis verwenden diese und ähnliche Begriffe oft und andauernd, scheinen sich aber nicht immer wirklich darüber im Klaren zu sein, was diese Begriffe eigentlich bedeuten oder beschreiben. Dies führt dann zu Missverständnissen dergestalt, dass zwei Menschen über denselben Begriff reden, eigentlich aber komplett verschiedene Dinge damit meinen. "Klassiker" sind diesbezüglich Selbstverwirklichung und Bewusstseinserweiterung. Es ist wie bei dem alten Witz über die Philosophie: Frage zwei Philosophen nach einer Sache, und du erhältst (mindestens) drei verschiedene Antworten!

Diesem Dilemma werde auch ich hier nicht abhelfen können. Ich möchte allerdings einige Dinge zur Diskussion stellen. Vielleicht auch, weil es mir ein Bedürfnis ist, dem in mancherlei Hinsicht zur Wellness-Maschine degradierten Yoga Respekt zu verschaffen aus anderen Gründen als demjenigen, dass Yoga einem persönlich gut tut. Sukadev habe ich vor langen Jahren einmal sinngemäß sagen hören: "Wer immer brav seine Übungen macht und quasi den 'Lebenstil Yoga' in sein Leben einführt, ohne dabei wirkliche, echte Erfahrungen zu machen und sich weiter zu entwickeln, läuft Gefahr, eine Art spirituellen Materialismus zu praktizieren." Das gefällt mir, und es führt uns hier direkt mitten hinein ins Thema.

Geist und Materie

Sind Geist und Materie zwei verschiedene Angelegenheiten? Und was ist mit dem Geist, der in vielen Büchern auftritt? Ist Geist Materie, oder ist Materie Geist? Oder gibt es eine geistige und eine materielle Materie? - Buddha sagt: "Es ist dein Geist, der die Welt erschafft, darüber hinaus ist nichts." Die Welt ist nur in deinem Kopf, sagen wir gerne.

Stellt euch bitte in Gedanken (im Geist, im Kopf, im Mind?) vor, ihr sitzt gerade in einem schönen Wintergarten, lest vielleicht sogar in einem guten Yoga-Buch. Plötzlich hört ihr einen lauten Knall! Ihr seht nach und findet draußen, am Fuße der Scheibe, eine Kohlmeise, die traurigerweise die Spiegelung des Himmels in der Scheibe für den Himmel selbst gehalten hat und "hineingeflogen" ist, aus ihrer Sicht in den Himmel, aus unserer in die Scheibe. Dabei hat sie sich das Genick gebrochen. - Nur nebenbei sind es für mich persönlich, neben dem oft maßlosen Heizbedarf für Wintergärten, Gründe wie dieser, die mich Wintergärten eher skeptisch ansehen lassen, aber gut. - Die Frage hier ist: Existiert die Scheibe wirklich, oder ist sie Illusion, nur in meinem Kopf? Die Meise hat sich wegen einer Illusion, besser: wegen eines Irrtums das Genick gebrochen, es war nicht der Himmel, es war Glas.

Gut, kann ich sagen, irgendwie ist letztlich alles Illusion, auch der Tod der Meise. Ich kann ihn mir ja auch, wie den gesamten Vorgang, bloß einbilden. Jetzt kann man, ist man vogelkundlich erfahren, Überraschendes beobachten: Gesetzt den Fall, die zu Tode gekommende Kohlmeise hatte gerade Junge im Nest, fällt sie als deren Elternteil aus. Das könnte dramatische Folgen für den Meisennachwuchs haben. Also gibt es unverpaarte Meisen, die sich mit einem Mal an der Fütterung dieser Jungmeisen beteiligen, obwohl es gar nicht ihre eigenen Kinder sind.

Nicht sehr wahrscheinlich, dass diese unverpaarten Meisen der Illusion zum Opfer gefallen sind, die Elternmeise sei gar nicht gegen eine Glaswand geflogen und habe sich dabei leider das Genick gebrochen. Nach allem, was man weiß, sind Meisen zu derlei abstrakten Gedanken nicht in der Lage. Nein: Anscheinend ist wirklich eine manifest gewesene Meise tot und eine andere manifeste Meise merkt dies und handelt danach.

Den einzigen vernünftigen Schluss, den man aus derlei Beobachtungen ziehen kann, ist: Ja, es gibt eine manifeste Welt, es gibt Materie, Menschen, Tiere usw. wirklich. Ich bilde mir dies alles nicht nur ein. Irrte Buddha also? - Vermutlich nicht, denn die Art, wie ich die Welt sehe und erlebe, ist nur in meinem Kopf. Trotzdem gibt es diese Welt, auch unabhängig von mir.

Manche Yogis möchten mir jetzt vielleicht gerne zurufen: Es ist eben alles Illusion, meine Gedanken, die Meisen, die Welt usw.! - Dann wären eben aber auch Gefühle, Meditationserlebnisse, der Schluss, dass alles Illusion sei, der gesamte manifeste Kosmos, Illusion. Die riesige Menge an CO2 aus dem Flieger, der mich zum Baden in die Südsee, zum Meditieren in den Himalaya bringt, eine Illusion? Wäre all das eine angenehme, erfreuliche, wünschenswerte Perspektive für in der Welt handelnde Menschen? Wohl eher nicht. Es handelt sich dabei zudem um einen nicht einmal besonders hilfreichen Zirkelschluss.

Die Welt existiert. Existiert denn nun auch der Geist?

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Um diese Frage zu beantworten, muss ich mir erst einmal darüber im Klaren werden, was ich unter "Geist" verstehe.Intelligenz? Eine höhere, "feinstoffliche" Wesenheit? Vernunft?

Yoga sieht den Geist als Instrument der Seele an. Er besteht aus:

Manchmal wird auch noch zwischen "niederem" (alltagsmenschlichem) und "höherem" (göttlichem) Buddhi (Überbewusstsein) unterschieden. Die Buddhisten lassen zudem die quasi übergeordneten Konzepte von Seele und Geist als etwas Ewiges, das alles überdauert und hervorruft, weg; es gibt dort nur Bewusstsein.

Ähnliche, umfassende Definitionsversuche gibt es auch in der abendländischen Philosophie. Sie alle postulieren, ähnlich wie Yoga, hier eine "geistige" und dort eine "materielle" Substanz, hier Geist, dort Welt, hier Idealismus, dort Materialismus. Jetzt sind wir also wieder bei Sukadevs spirituellem Materialismus gelandet, der Yoga sehr schnell werden kann: Yoga zählt den Geist zur stofflichen, zur materiellen Welt, ist diesbezüglich also ein Materialismus. Dieser Trick erlaubt uns trefflich darüber zu spekulieren, wie Dinge wie Teleportation, Gedankenübertragung usw. funktionieren könnten. Und erklärt zudem, wie geistige Vorgänge zu manifesten Dingen in der Welt werden können.

Aber, und hier kommt eine Art Pferdefuß: Obwohl Yoga Geist grundsätzlich als Materie ansieht, bzw. Materie als Stoff gewordenen Geist, postuliert er trotzdem noch einen Geist, Atman oder Brahman, ohne erklären zu können, woraus dieser denn bestehe, oder ob er überhaupt aus etwas bestehe. Dies kommt dem abendländischen Idealismus nahe. Ein Dilemma bahnt sich an: Der Geist kann nicht gleichzeitig geistig und stofflich sein, das wäre ein Widerspruch in sich. Doch Yoga versucht sich tatsächlich an diesem Widerspruch. Zumal Atman gar nicht tätig ist, er "ist" einfach. Wofür braucht man ihn dann überhaupt? Zudem bietet Yoga keine vernünftige Erklärung dafür, woher letztlich alle geistig-materiellen Vorgänge (Latenzen, Vrittis usw.) herrühren bzw. warum es sie überhaupt geben muss, wenn letztlich doch alles nicht-materieller Atman/Brahman ist. Moderne Hirnforscher sagen uns beispielsweise all das sind Reaktionen auf Lichtblitze im Nervensystem. - Uff!

Geist, Körper und Selbst

Soham Shivoham, singen wir. Ich bin weder Geist noch Körper, unsterbliches Selbst bin ich; Sein, Wissen und Glückseligkeit, Sacchidananada. Sein, Wissen und Glückseligkeit sind also nicht Manifestationen des Geistes. Was aber sind sie dann, wenn die einzig "geistige" Form im Yoga, Atman, nichts tut, weder sieht, noch fühlt noch handelt, sondern einfach nur "ist". Wer oder was erlebt also Sacchidananda, mein Geist kann es, gemäß Soham Shivoham eigentlich nicht sein, Atman aber auch nicht.

Man sieht: Jetzt wird es richtig kompliziert. Zudem: Was könnte ein unsterbliches Selbst sein, im Gegensatz zu einem sterblichen Selbst, begreift man das Selbst, wie es traditionell getan wird, als all das, was einen Menschen ausmacht: Erfahrungen, Selbstorganisation, Wünsche, die Fähigkeit sich in jeder Sekunde des eigenen Lebens als sich selbst zu begreifen und nicht als ein anderer usw., und was demnach zwingend mit dem Tode des Menschen endet, da es an das Vorhandensein eines mehr oder minder gesunden Gehirnes gebunden ist? Ist das unsterbliche Selbst also die Seele, die die Buddhisten gar nicht kennen? Ist es "reines, schauendes" Bewusstsein? Falls ja, wer oder was aber "schaut", wenn kein Geist mehr vorhanden ist, der mit der Welt in Kontakt treten könnte? Was ist es? - Wer weiß es? Ich nicht.

Der Geist kann sich extrem groß machen, wir sind aber nicht nur unser Geist

Geist und Welt existieren, hilft uns das jetzt weiter?

Es gibt im Yoga also eine Welt aus Geistmaterie, wie ich es mal unbedarft nennen möchte, und dann noch etwas, was als Selbst, Atman, manchmal auch als höheres individuelles Selbst bezeichnet wird, welches von allem anderen Seienden unterschieden wird und auch streng zu unterscheiden ist von dem, was wir im Alltagsgebrauch als Selbst verstehen: das, was einen Menschen zum Handelnden macht (Atman "tut" ja nichts, es "ist" einfach). Darüber hinaus gibt es dann noch ein Göttliches Selbst Brahman. "Ich bin brahman", lautet ein Kernsatz des Yoga. - Ist das alles für uns Westler irgendwie plausibel miteinander zu vereinbaren und zu begreifen?

Vermutlich nicht. Zu viele verschiedene indische Philosophien, dualistische und nicht-dualistische, theistische und atheistische, schamanische usw. sind inzwischen im Yoga zu einer in sich widersprüchlichen Gesamtschau verwoben. Das in Widersprüchen und Absurditäten geschulte indische Denken hat damit sehr viel weniger Probleme als der eher monotheistische Westen, was allerdings keine Aussage darüber beinhalten soll, wer von beiden dabei der Wahrheit näherkommt.

Neue Ansätze

Moderne Philosophen versuchen, die offensichtliche Absurdität dieses nicht nur im Yoga verbreiteten Geist-Welt-Seele-Gott-Denkens zu überwinden. Yoga versucht ja, Licht und Klarheit in die Welt zu bringen. Hier deshalb einige hilfreiche Anregungen auf und aus diesem Weg:

  • Materie existiert, und dies unabhängig davon, wie ich sie als Mensch wahrnehme und deute. D. h., die Welt ist wirklich und keine Illusion. Lediglich mein [[Bild] von der Welt ist der Täuschung, Maya, unterworfen.
  • Geist ist nichts von der Welt getrenntes, sondern beschreibt nur das, was ist, auf einer ganz bestimmten Organisationsstufe, derjenigen des Nervensystems. Materie beschreibt dasselbe auf der Organisationsstufe der Atome und Moleküle, Optik dasselbe auf der Ebene der Wellen usw.
  • Bewusstsein, ist einfach der normale, natürliche und aktuelle Zustand des Gehirns, keine Sondereigenschaft, die zu entwickeln wäre, die von außen eindringt o. Ä. Insoweit macht es keinen Sinn, von Unter- und Überbewusstsein zu sprechen. Beide stellten lediglich verschiedene aktuelle Zustände der Gehirnorganisation dar. Dies deckt sich ausgezeichnet mit dem praktischen Erfahrungen während der Meditation. Möglicherweise meint Bewusstseinserweiterung, sacchidananda, das reine, schauende Bewusstsein nichts anderes als einen letzten, vollkommen harmonischen Gehirnzustand, einem Zustand, in dem zu Schauendes und Schauender in Harmonie miteinander und scheinbar nicht mehr voneinander getrennt sind. Trotzdem, und dies ist entscheidend, liefe all dies im Geist, also im Gehirn ab, und nicht auf einer eher spekulativen Meta-Ebene.
  • Gefühle sind real und keine Illusion.
  • Die buddhistische Sichtweise, was das Konzept der Seele und des Geistes anbelangt, überrascht durch ihre Modernität.
  • Das Selbst des Menschen als lebenslanges Organisationsprinzip im Menschen ist real und keine unnötige philosophische Annahme. Es endet mit dem Tod. Es hat nichts zu tun mit dem, was in der Esoterik "Höheres Selbst" genannt wird. Was dieses "Höhere Selbst" sein könnte, muss bislang Spekulationen überlassen bleiben, denn auch die Geheimlehren klären darüber nicht auf, sie postulieren es lediglich.

Ausgehend von diesen Punkten kommt man zu interessanten Ideen, wendet man sie auf die anfangs genannten Begriffe an. Und stellt vielleicht sogar fest, dass vieles in der Yoga-Lehre überraschend "modern" ist. Jede neue Erkenntnis ist wichtig. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Forschen.

Sukadev Bretz über die Wortbedeutung Geist

Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Caspar David Friedrich Der Wanderer über dem Nebelmeer.jpg

Geist ist einer der deutschen Begriffe, der so viele verschiedene Bedeutungen hat, Geist wird daher auch in unterschiedlichen Übersetzungen im Yoga unterschiedlich gebraucht. Zum einen spricht man von Körper, Geist und Seele. In diesem Kontext, von Körper, Geist und Seele, ist der Geist die Psyche, und die Seele ist der unsterbliche Wesenskern. Das, was du tief im Inneren bist, das ist dann die Seele. Und der Geist ist alles Denken und Fühlen.

Und wann immer du im Yoga Sutra z.B. die Übersetzung "Geist" findest, kannst du überlegen: "Ist dort jetzt vielleicht die Psyche gemeint?" Psyche im Sinne von Denken und Fühlen. Also, wenn von Körper, Geist und Seele die Rede ist, in dieser Reihenfolge, dann meint man meistens unter Seele den unsterblichen Wesenskern, das Bewusstsein, und Geist ist das Denken und Fühlen.

Es geht aber auch andersrum, z.B. gibt es auch die Aussage, es gibt den Körper, es gibt die Seele und es gibt den Geist. Wenn man von Körper, Seele und Geist spricht, dann ist natürlich wieder klar was der Körper ist, die Seele ist hier die Psyche, im Sinne von Emotionen und Gefühle, und der Geist ist das logische Denken.

Dort sagt man gerne, Bauch, Herz und Kopf. Und damit ist dann gemeint, Bauch ist alles, was den Körper betrifft, und das Herz sind hier die Gefühle und das ist dann die Seele, und Geist ist dann das Denken. Und jenseits des Denkens und des Intellekts ist dann Atman, die Seele, das höchste Bewusstsein.

Und es gibt noch eine weitere Aussage, man spricht z.B. auch vom unsterblichen Geist. Wenn z.B. das englische Wort "spirit" ins Deutsche übersetzt wird, wird es auch manchmal als "Geist" übersetzt. Und dann, der Körper ist der Körper, die Seele ist dann die Emotionen, die Gefühle, wie auch das Denken, und der Geist ist der unsterbliche Geist und das ist dann das Bewusstsein.

Du siehst, Geist kann viele verschiedene Bedeutungen haben und es ist wichtig, erstmal herauszufinden, in dem Kontext, in dem du gerade bist, was ist dort gemeint. Im Yoga wird unter Geist meistens die Psyche, Denken und Fühlen verstanden, manchmal findest du im Yoga Kontext aber auch Geist als unsterblicher Wesenskern, als der kosmische Geist, und manchmal findest du auch Geist als logisches Denken.

Egal, was du unter Geist verstehst oder was unter Geist verstanden wird, angenommen, du verstehst unter Geist das Denken und Fühlen, dann ist es gut, identifiziere dich nicht damit, erkenne dein unsterbliches Wesen. Angenommen, du verstehst unter Geist den unsterblichen Wesenskern, dann erkenne dich als unsterblichen Geist.

Das war zwar jetzt ein etwas theoretischer Vortrag, aber es hilft manchmal auch mal, ein paar Wortbedeutungen zu besprechen. Und gerade wer auf dem Yoga-Weg ist, muss manchmal überlegen: "Wie sind die Yoga-Worte tatsächlich zu verstehen?" Da gibt es unterschiedliche Traditionen, unterschiedliche Übersetzungen und oft gibt es unterschiedliche Begriffe für das gleiche und gleiche Begriffe für Unterschiedliches.

Der reine und der unreine Geist - von Sri Swami Sivananda

Der Sanskrit Begriff für Geist ist Manas. Es heißt, Manas besteht aus zwei Arten, dem reinen und dem unreinen Geist. Was mit dem Gedanken an Begierde assoziiert wird, ist der unreine Geist, während die Assoziation ohne Begierde der reine Geist ist: auch bekannt unter dem Namen höherer Geist. Der unreine Geist wird der niedere Geist genannt. Beim Menschen ist allein sein Geist der Grund für Anhaftung oder Befreiung. Der Geist, der von sinnlichen Objekten angezogen wird, tendiert zur Anhaftung, während der nicht angezogene zur Befreiung tendiert. Es heißt, es gibt Erlösung für einen Geist ohne Begehr nach sinnlichen Objekten. Nach der Befreiung sollte ein Aspirant daher seinen Geist immer frei von allem Wunsch nach materiellen Objekten halten.

Der unreine Geist oder Ashuddha Manas ist angefüllt mit unreinen Vasanas (Neigungen des Geistes), Rajas und Tamas und der reine Geist oder Shuddha Manas ist angefüllt mit reinen Vasanas und Sattwa. Die unreinen Vasanas führen zu Wiedergeburt. Der reine Geist mit reinen Vasanas führt zu Moksha oder Befreiung von Geburt und Tod. Weltlich geprägte Personen arbeiten mit dem niederen oder dem unreinen Geist. Sie sind an ihr Karma gebunden. Die befreiten Weisen arbeiten mit dem reinen oder sattwigen Geist (höherer Geist). Sie sind nicht an ihr Karma gebunden, da sie frei von Egoismus sind und keine Entlohnung für ihre Taten erwarten.

Der unreine Geist ist unstet. Er schwankt ständig. Er springt von einem Objekt zum nächsten. Er sehnt sich ständig nach sinnlichen Objekten. Er ist angefüllt mit allen möglichen Ängsten und Schmerzen. Der reine Geist ist stetig. Er betreibt Brahma Vichara. Er ruht im höheren Selbst. Er fühlt sich nicht zu sinnlichen Objekten hingezogen. Er ist frei von allen möglichen Ängsten und Schmerzen.

Der unreine Geist ist nicht anders als die Vasanas (subtile Wünsche), die zu zahllosen Wiedergeburten führen. Der Geist wird Opfer vieler Wünsche durch sein Schwanken. Die Schwankung wird von Rajas und Vikshepa Shakti ausgelöst. Wenn der Geist schwankt, wandert er von einem Objekt zum nächsten.

Der Ajnani oder Mensch mit weltlichem Gemüt wird vom unreinen Geist beherrscht. Er agiert entsprechend dem Diktat des niederen oder unreinen Geistes. Aber ein Weiser oder Jnani hat seinen Geist perfekt unter Kontrolle. Er agiert entsprechend der Stimme seiner Intuition.

Wie ein Wäscher Schmutz durch Schmutz entfernt, genau wie ein Reisender den Dorn in seinem Fuß mit einem anderen Dorn entfernt, so sollte auch der unreine Geist vom reinen Geist eliminiert werden.

Wer den niederen oder unreinen Geist ausgelöscht hat, treibt Wiedergeburten weit von sich. Die reinen Vasanas, mit denen der Weise Taten vollbringt, führen für ihn nicht zu Wiedergeburt.

Alle unreinen Vasanas lösen sich komplett auf, wenn du Wissen über das Selbst oder Brahma Jnana erhältst. Meditation, Japa, Kirtan, Pranayama, Brahma Vichara, das Studium religiöser Bücher und Satsang generieren reine Vasanas.

Wenn der Geist vom Wunsch nach Objekten befreit ist und im Selbst oder Atman ruht, wirst du ewige Glückseligkeit genießen. Wenn der Geist von allem Begehr oder Sehnsucht nach Objekten befreit ist, wenn er im Herzen kontrolliert wird, wenn er die Realität von Atman erreicht, wirst du Moksha oder die finale Seligkeit des Lebens erreichen.

O geliebter Ram! Erlaube es deinem Geist nicht zu schwanken. Mache deinen Geist für immer frei von allem Begehr nach materiellen Objekten. Lösche den unreinen oder niederen Geist mit Hilfe des reinen oder höheren Geistes aus und transzendiere auch den höheren Geist. Mögest du fest wie ein Felsen sein! Mögest du mit dem reinen oder sattwigen Geist beschenkt sein! Mögest du immer friedlich in der ewigen Wonne des Selbst ruhen!

Herrschaft über den Geist

Auszüge aus dem Buch "Samadhi Yoga" von Swami Sivananda

Meditation hilft. es ist wie eine psychohygiene.

Die äußere, objektive Welt ist die Welt der Dinge. Die innere, subjektive Welt ist die Welt der durch den Geist erzeugten Bilder. Raga Dvesha (Vorlieben und Abneigungen, Anziehung und Abstoßung) existieren nicht in den äußeren, mit den Sinnen erfassten Dingen. Sie leben im Geist und den inneren Bildern. Halte den in der objektiven Welt herumstreunenden Geist mit Trataka, Japa, Upasana und Pranayama ruhig. In der subjektiven Welt führe Krieg gegen den Bilder erzeugenden Geist, entweder mit der Methode des Raja Yoga des Chitta Vritti Nirodha (Abschalten aller geistigen Bewegung) oder mit der Methode der Selbstanalyse und Selbstprüfung der Jnana Yogis. Der in der obketiven Welt herumwandernde Geist ist der wahrnehmende Teil des Geistes; der kreative Geist ist der denkende, der Gedanken erzeugende Teil des Geistes.

Gewisse westliche Psychologen meinen: "Ein ziellos herumwandernder Geist kann allein durch Konzentrationsübungen dazu gebracht werden, sich in einem kleinen, abgesteckten Kreis zu bewegen. Man kann ihn nicht gänzlich auf einen einzigen Punkt fixieren. Wenn man ihn auf einen einzigen Punkt fixiert, hemmt man den Geist komplett. Das bedeutet den Tod für den Geist. Durch völlige Fixierung des Geistes ist nichts zu erreichen. Es macht darum keinen Sinn, den Geist gänzlich einzuschränken."

Das stimmt nicht. Völlige Kontrolle des Geistes kann man erzielen, wenn alle Gedankenwellen gründlich vernichtet wurden. Ein Yogi wirkt Wunder mit der Hilfe eines fokussierten Geistes. Er erfährt die versteckten Schätze der Seele mithilfe des Lichtstrahls, den ein auf einen einzigen Punkt ausgerichteter Geist hervorbringt. Wenn Ekagrata, fokussiertes Bewusstsein, einmal erreicht ist, muss Nirodha, völliger Rückzug erreicht werden. In diesem Zustand legen sich alle Bewegungen zur Gänze. Der Geist wird leer. Dann zerstört der Yogi auch diese blanke Vritti und wird eins mit dem Höchsten Purusha von dem der Geist sein Licht bezieht. Dann erlangt er Allwissenheit und erreicht Kaivalya, Unabhängigkeit. Von diesen Dingen wissen westliche Psychologen nichts. Darum stochern sie im Dunkeln. Sie haben keine Ahnung vom Purusha, der die Aktivitäten des Geistes beobachtet.

Kooperiere nicht mit dem Geist auf seinen üblen Streifzügen. Der Geist wird Stück für Stück unter deine Kontrolle kommen. Es gibt die praktische Methode, nicht mit dem Geist zu kooperieren. Wenn der Geist sagt: "Ich muss heute Süßigkeiten essen", sage dem Geist: "Ich arbeite heute nicht mit dir zusammen. Ich esse nichts Süßes. Ich esse nur Brot und Dhaal". Wenn der Geist sagt: "Ich muss ins Kino gehen", sage ihm: "Ich werde den Satsang von Swami Ramananda besuchen und mir seine Ausführungen über die Upanischaden anhören." Wenn der Geist sagt: "Ich muss ein Seidenhemd anziehen", sage dem Geist: "Ich werde zukünftig keine Seidenkleidung mehr tragen, nur noch Khaddar." Das ist die Methode, mit dem Geist nicht zu kooperieren. Die Nicht-Zusammenarbeit mit dem Geist ist ein Schwimmen gegen die sinnlichen Strömungen. Schrittweise wird der Geist dünner. Er wird dein gehorsamer Diener. Du erlangst Herrschaft über den Geist.

Ein Mensch mit Selbst-Kontrolle bewegt sich zwischen den sinnlichen Dingen mit Zurückhaltung, ist frei von den Kräften der Anziehung und Abstoßung und erlangt Frieden. Der Geist und die Sinne besitzen von Natur her die zwei Strömungen: Anziehung und Abstoßung. Darum mögen der Geist und die Sinne gewisse Dinge, und lehnen andere ab. Doch ein Mensch mit Disziplin bewegt sich zwischen den Sinnesdingen mit einem Geist und mit Sinnen, die frei von Anziehung und Abstoßung sind, die durch das Selbst beherrscht werden und er erlangt so den Frieden des Ewigen. Ein diszipliniertes Selbst hat einen sehr starken Willen. Darum gehorchen die Sinne und der Geist diesem starken Willen. Ein diszipliniertes Selbst nimmt sich nur die Dinge, die für das Überleben des Körpers unabdingbar sind, ohne Vorliebe, ohne Hass. Es nimmt sich nie jene Dinge, welche die Shastras verbieten.

So wie auch ein ganz wenig Öl noch an den Seiten eines Topfes klebt, selbst nachdem er gründlich geleert wurde, so verstecken sich auch noch ein paar feine Sehnsüchte in den Ecken des Geistes, auch wenn du dein Allerbestes gibst, sie zu zerstören. Diese subtilen Wünsche sollten ebenso durch Unterscheidung und durch Vichara ausgemerzt werden. Nur dann kannst Du in tiefe Meditation und in Samadhi versinken.

Übe das Folgende wieder und wieder: (1) Vasana Kshaya (Zerstörung der Vasanas); (2) Mano Nasa (Auflösung des Geistes); und (3) Tattva Jnana. Behalte diesen Punkt gut im Gedächtnis. Selbst wenn eins der drei überlängere Zeit geübt wird, erbringt das doch nicht die Früchte, welche alle drei zusammen erzielen können.

Man kann einen Diamanten mit einem Haar durchbohren. Man kann einen wütenden Elefanten mit einem feinen Seidentuch anbinden. Man kann die Sonne scheinen lassen, wenn das eigene Kind spielen will. Man kann die Flamme des Feuers nach unten brennen lassen. Doch den Geist zu kontrollieren, ist schwierig!

Man kann sogar eine Kobra als Schmuck um den Hals tragen. Man kann auf die andere Seite des Ozeans springen. Man kann aus einem Stein Öl pressen. Man kann ein Seil aus Sand flechten. Doch den Geist zu kontrollieren, ist sehr schwierig!

Der Samen dieses Körpers ist der Geist. Für den Geist gibt es zwei Samen, die Schwingung des Prana und Vasana. Wenn man Prana kontrolliert, kann man den Geist kontrollieren. Wenn man durch Unterscheidung, Vichara, Leidenschaftslosigkeit und Meditation die Vasanas ausmerzt, wird der Geist zerstört.

Der Geist und das Prana bedingen sich gegenseitig. Prana ist der Mantel, oder das Gefährt für den Geist. Wo Prana ist, ist Geist und umgekehrt. Wenn du tief über eine Sache nachdenkst, egal was, verlangsamt sich der Atem. Wenn man an Erstickung leidet, kommt der Geist zum Stillstehen. Der Geist ist der Fahrer. Prana ist das Pferd, und der Körper ist der Wagen. Prana schwingt und setzt den Geist in Bewegung. Der Geist denkt, wenn Prana sich bewegt. Wenn Prana den Körper verlässt, hören alle Körperfunktionen auf. Dann liegt der Körper am Boden wie ein Stück Holz. Die Trennung von Prana und Körper nennt man im allgemeinen Sprachgebrauch Tod. Die Kontrolle von Prana führt zur Kontrolle des Geistes und umgekehrt.

Versuche den Geist nicht durch brutale Methoden unter Kontrolle zubekommen. Manchmal muss man den Geist mit süßen Worten bewegen, so wie man ein Kind mit lieben Worten und Süßigkeiten dazu bekommt, etwas zu tun. So wie ein wütender Elefant nur durch die Rute kontrolliert werden kann, kann auch der Geist durch effiziente Mittel wie entschlossene Entsagung, Kontakt zu Weisen und steter Meditation unterworfen werden.

Wenn Du einem Vogel beide Flügel stutzt, fliegt er nicht mehr. Er plumpst herab. Und doch flattert er noch ab und zu hierhin und dahin. Nach einer Weile wird er absolut still. Genauso wird der Geist absolut ruhig und frei von Gedanken werden, wenn Du seine beiden Flügel stutzt. Was sind seine beiden Flügel? Er denkt an die Vergangenheit. Das ist der eine Flügel. Die Erinnerung an Vergnügen erfüllt den Geist durch die Kraft der Samskaras (Eindrücke). Dann hängst Du an diesen angenehmen Dingen. Dann organisierst Du und planst Du, wie Du diese Dinge bekommen kannst. Dann führst Du deinen Plan aus. Während der Durchführung bist Du Einigen durch die EmotionRaga‘ (Liebe) positiv gegenüber eingestellt, Andere lehnst Du Kraft der Emotion ‚Dvesha‘ (Hass) ab. Als Resultat von frommen und unfrommen Taten erlangst Du Freude und Leid. So dreht sich das Rad des Samsara mit den sechs Speichen Raga, Dvesha, Sukha, Duhkha, Papa und Punya endlos herum. Diese stete Bewegung stört weltlich ausgerichtete, gedankenlose Menschen reichlich wenig. Sie sind froh, wenn sie ein paar Spekulatios-Kekse, etwas Brot, Marmelade und ein wenig Geld bekommen. Einen Yogi stört es aber und er versucht sein Allerbestes um diesen geistigen Strom anzuhalten.

Der zweite Flügel des Geist-Vogels ist das Planen der Zukunft. Schmiede keine Pläne für die Zukunft. Sei frei wie ein Vogel und wie die Luft. Beobachte die Vrittis. Zermalme ihre Knospen. Erfülle Dir nicht deine Sehnsüchte. Das ist das große Geheimnis. Verwirf sie. Verlangen ist Brennstoff für den Geist. Gedanken sind Feuer. Das Feuer – die Gedanken – werden durch den Brennstoff – Verlangen – am Leben gehalten. Gedanken und Verlangen existieren zusammen. Führst Du keinen Brennstoff zu – Verlangen, geht das Feuer der Gedanken langsam aus. Dann tritt Mano Nasa, die Auflösung des Geistes, ein. Der Geist geht im Brahman auf. Der Geist schmilzt in den Brahman, in die Stille, wie ein aus Salz geformtes Spielzeug sich auflöst, wenn es im Wasser schwimmt. Der Geist erlangt Laya im Brahman.

Wenn Du nur hoffst, wirst Du Enttäuschungen erleben. Deine Pflicht ist, zu arbeiten. Kümmere dich nicht um die Ergebnisse oder Früchte. Arbeite mit Sama Buddhi. Sei gleichmütig, habe Sama Buddhitva. Sei erhaben über Erfolg und Misserfolg. Nur so wirst du immer erfolgreich sein. Niederlagen sind einfach nur Stufen zu gewaltigem Erfolg. Pflege keine Hoffnungen, keine Erwartungen. Es ist schließlich Gott, der alles veranlasst und erweckt, der inspiriert und ausführt. Lasst uns eins sein mit Seinem Willen.

Die Welt ist ein riesiges Rad. Sie dreht sich ohne Unterlass. Der Geist ist die Nabe dieses Rades. Menschen, die egoistisch, stolz, leidenschaftlich und gierig sind, verfangen sich in diesem Rad. Wenn Du den Geist zur Ruhe bringen kannst, kommt das Weltenrad zum Stillstand und Du wirst aus dem ewigen Reigen von Tod und Wiedergeburt befreit sein. Wenn der Geist aufhören soll, sich zu drehen, musst Du Egoismus, Stolz, Verlangen und Gier ausschalten.

Im Geist derer, die friedlich sind und gleichsam gut und freundlich zu allen Wesen, geht die Wahrheit von alleine auf. Frieden im Geist erreicht man durch Ausreißen allen Verlangens und aller Gedanken. Wenn man Wünsche und Gedanken unter Kontrolle gebracht hat, wird der Geist ruhig wie ein See, den kein Wind bewegt. Dieser Frieden kann nicht in einer Woche oder in einem Monat erlangt werden. Langes Üben ist ausschlaggebend.

Der Geist fliegt wild herum wie eine berauschte Biene. Ziehe die Indriyas von den Dingen ab. Werde alle Reize und Anziehungen los. Kontrolliere das Prana. Verschließe die Öffnungen des Körpers. Genau wie man einen Elefanten einfangen kann, kannst Du nun den Geist fesseln. Genau wie ein Soldat seine Feinde mit seinem Schwert erschlägt, die sich wieder und wieder gegen ihn erheben, so kannst Du auch alle Gedanken an Dinge niederschlagen, wenn sie immer aufs Neue aufkommen. Wenn alle Vrittis sterben, kommst Du in den Zustand geistiger Dunkelheit. Entferne diese Dunkelheit durch Unterscheidungskraft. Dann erlangst Du ein strahlendes Licht. Geh über diese Phase hinaus. Du wirst ein Land der Leere durchschreiten müssen. Dann wirst Du Schlaf und Moha begegnen. Schließlich wirst Du in Nirvikalpa Samadhi eintreten.

Prana vibriert, solange Vasanas im Geist verweilen. Der Geist lebt, solange er die Form der Dinge annimmt. Die Indriyas funktionieren, solange sie die ihnen entsprechenden Dinge wahrnehmen. Prana stirbt, wenn die zwei Ströme, die Anziehung und die Abstoßung von Dingen, ausgemerzt sind. Die Indriyas sterben, wenn sie durch das Praktizieren von Leidenschaftslosigkeit, durch Dama und Pratyahara von ihren Dingen abgezogen werden.

Mit der Zerstörung der Vasanas und Sankalpas schmilzt Du den Geist dahin, Du merzt ihn aus. Mit dem Tod des Geistes beseitigst Du den Egoismus. Mit der Zerstörung des Egoismus erkennst Du das Selbst. Mit dem Erkennen des Selbst erlangst Du Selbst-Erkenntnis. Mit der Selbst-Erkenntnis wirst Du frei von allen Arten von Leiden, Kummer und Elend. Du erfreust Dich der höchsten, ungetrübten Wonne des Ewigen und wirst zu Ihm.

Vasanas und Prana sind die zwei Samen für den Baum des Geistes. Wenn man einen von beiden kontrolliert, kontrolliert man beide. Gestatte deinem Geist keine Nachsicht. Halte all Deine Sinne und Wünsche unter strenger Kontrolle. Kontrolliere den Geist wie folgt: "Oh Geist, ich habe Dir schon tausendmal gesagt, Dein Herumwandern zu unterbinden und die Lotusfüße Gottes aufzusuchen. Hör auf zu wandern oder ich bringe Dich augenblicklich um."

Schließe Deine Augen. Zerstöre die Vasanas (des Körpers, der Welt und aus Buchwissen). Ziehe den Geist ab. Identifiziere dich mit dem Sakshin (dem stillen Beobachter des Geistes). Reiße den Schleier der Unwissenheit in Fetzen. Fange den sprunghaften Hirsch – den Geist – mit der Schlinge des Erforschens und des Brahma Chintana. Reite auf dem Elefanten der Erkenntnis deines Selbst und ziehe frei über die Höhenstraßen durch die Gipfel der absoluten Weisheit des Selbst.

Als erstes solltest Du den Geist durch Vichara, das Erforschen der Frage "Wer bin ich?", erobern. Solange wie der Geist nicht zerstört ist, wird die Vasana wieder und wieder an dir kleben und Du wirst keinen Frieden finden. Wenn der Geist an Nichts denkt, wenn ihm alle Vasanas genommen wurden, erlangst Du den Zustand der Geistlosigkeit und kannst dich unbeschreiblichen Friedens erfreuen. Solange Du Dein Selbst noch nicht erkannt hast, solange Du Deinen Geist noch nicht kontrollierst, solltest Du den Lehren deines Gurus und den Weisungen der Schriften bedingungslos folgen.

Wenn Du Dinge anschaust, dringt der Geist in diese ein. Wenn Du etwas nicht siehst, dringt der Gegenstand in deinen Geist ein. Es fällt Dir sehr schwer, dich aus den Krücken der sinnlichen Gegenstände zu befreien. Verweilst Du jedoch wie ein Sakshi, ein stiller Beobachter, entziehst Du dich ihrem Einfluss. Darum kultiviere den Sakshi Bhava und sei ein Beobachter der Vrittis, der geistigen Wellen. Und der Frieden des Ewigen wird dich erfüllen.

Versuche nicht, den Geist mit Gewalt zu kontrollieren. Du wirst dabei keinen Erfolg haben. Es wird nötig sein, die erprobten oder auch verordneten Wege aufzunehmen, nämlich, die Gesellschaft von Weisen aufzusuchen, Vichara, die Entsagung von Vasanas, Pranayama, etc. Wenn Du versuchst, den Geist gewaltsam zu kontrollieren, ist das, als wenn man einen wütenden Elefanten mit einer dünnen Schnur oder mit einer Bananenfaser anzubinden versuchte. Genau wie der Stock das wirksame Instrument ist, den wütenden Elefanten zu kontrollieren, ist Vichara das wirksame Instrument dafür, den Geist zu kontrollieren.

In den Kathopanischaden findet man geschrieben: "Wer keine Unterscheidung kennt und wessen Geist stets unkontrolliert ist, hat seine Sinne (Pferde) nicht unter Kontrolle, wie die heimtückischen Pferde eines Kutschers. Wer jedoch versteht und den Geist unter Kontrolle hat, hat ebenso seine Sinne unter Kontrolle, wie die guten Pferde eines anderen Kutschers. Wer allerdings keinerlei Unterscheidungskraft ausübt und seinen Geist unkontrolliert und immer unrein lässt, erreicht dieses Ziel nicht, sonder geht in den Kreislauf von Tod und Wiedergeburt. Doch wer versteht, wer seinen Geist immer unter Kontrolle hat, und rein ist, erreicht das Ziel und wird dann nicht wiedergeboren werden. Und wer den Fahrer versteht und die Zügel des Geistes hält, der erreicht das Ziel seiner Reise, und jenes ist der höchste Wohnsitz Vishnus" (III, 59).

Die weltlichen Pflichten sind keine Fesseln. Diese Welt ist der beste Lehrmeister. Es wird von Dir nicht verlangt, dieser Welt zu entsagen und dich im Himalaya in eine Höhle zurückzuziehen, um deine verlorene Göttlichkeit wiederzuerlangen. Die Welt kann deiner Gott-Erkenntnis nicht im Wege stehen. Lebe in der Welt, doch erlaube der Welt nicht, in dir zu leben. Wer inmitten der Versuchungen dieser Welt die Perfektion erreicht, ist ein wahrer Held.

Wenn ein Yogi oder Sannyasin, der Geistesruhe wahren kann, solange er in einer Höhle im Wald lebt, sich über Störungen des Geistes beklagt, wenn er in einer geschäftigen Stadt lebt, dann hat er keine Kontrolle über seinen Geist. Er hat keine innere spirituelle Stärke. Er ist kein wahrer Vedantin. Er hat keine Selbst-Erkenntnis. Er hat das Ziel des Lebens nicht erreicht. Er ist immer noch gefangen im Reich von Maya. Ein echter Yogi, ein richtiger Vedantin, ist einer, der den Geist in perfekter Ruhe bewahrt während er intensiven Aktivitäten mitten im Tumult einer Stadt nachgeht. Das ist die Zentrale Lehre der Gita. Krishna sagt: "Gedenke meiner aller Zeit und kämpfe." Krishna gab Arjuna seine Anweisungen in den Kampf mit. Obgleich Arjuna anfänglich mutlos war, gewann er an spiritueller Stärke und kämpfte auf dem Schlachtfeld.

Trotz deiner angestrengten Versuche und strengem Sadhana wird dich diese geheimnisvolle Welt überwältigen. Sei wachsam. Verdiene dir den spirituellen Reichtum von Moksha. Erhebe dich über die Versuchungen. Erhebe dich über Gut und Böse. Lebe in Gott. Lebe in der eisernen Festung der Gemeinschaft mit weisen Menschen. Keine Versuchung, kein Satan und keine Maya können diese bezwingen. Keine Maya kann in sie eindringen.

Der Sieg über den Geist bedeutet den Sieg über den Tod. Über die Tyrannei von Materie und Fleisch zu triumphieren heißt, über den Tod zu triumphieren. Das ist das Erreichen von Atma Svaraya, von Unsterblichkeit. Das ist das Ziel des Lebens. Das ist das Kaivalya der Vedantins bzw. die absolute Freiheit der Raja Yogis. Es kann nur durch intensive spirituelle Praxis und beständiges Meditieren über das Unsterbliche Selbst erlangt werden.

Copyright Divine Life Society

Gesunde Ernährung für den Geist

Mit der Kraft der Gedanken neue Wege bereiten

Ein Artikel Christian Einsiedel, aus dem Yoga Vidya Journal Nr.34 - Sommer 2017

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Vegetarisch, vegan, biodynamisch, saisonal, regional, glutenfrei, basisch, sattvig, und so weiter – gerade in der Yoga-Szene stellen viele Menschen hohe Ansprüche an ihre Ernährung.

Sie folgen Überlegungen der Ethik, des Ayurveda oder westlicher (Alternativ-) Medizin in dem Bestreben, gut auf ihre „Annamaya Kosha“ zu achten, die „aus Nahrung gemachte Hülle“ ihres Daseins. Die richtige Ernährung ist eines der fünf Prinzipien des Yoga nach Swami Sivananda und sicher mit ein Grund dafür, dass Yoga-Übende oft körperlich gesünder sind als ihre Mitmenschen.

Den Geist füttern

Zusätzlich zu den Gedanken um die Ernährung lohnt der Blick auf die Ernährung der Gedanken: Was führen wir eigentlich unserem Geist zu und wie verdauen wir es? Ähnlich wie bei physischer Nahrung gibt es beim „Gedankenfutter“ förderliche und weniger förderliche Quellen für unser Wohlbefinden. Einen Horrorfilm zu schauen kann uns intensiver aufwühlen als der stärkste Kaffee. Ein lähmender Glaubenssatz wie „ich kann ja eh nichts ändern“ macht uns träger als jede Flasche Wein. Spannend ist nun, dass Menschen auf objektiv gleiche Ereignisse mit ganz unterschiedlichen Gedanken reagieren.

Das äußerlich Erlebte bestimmt also nicht das innere Erleben. Daraus ergibt sich die Freiheit, auch schwierigsten Ereignissen innerlich Sinn zu geben, wie es z.B. der Psychologe und KZ-Überlebende Viktor Frankl beschreibt. Oder ihnen zumindest mit Gelassenheit zu begegnen, wie es die meisten spirituellen Traditionen lehren.

Den Geist beherrschen

Unzählige Methoden sind dafür entwickelt worden. Im Yoga werden sie unter dem Begriff „Raja Yoga“ zusammengefasst – der Yogaweg, der sich der Beherrschung des Geistes widmet. Im Westen gibt es die klassischen psychotherapeutischen Verfahren, dazu Methoden der Persönlichkeitsentwicklung, zum Beispiel das Neurolinguistische Programmieren (NLP), die Rational Emotive Therapie (RET), Byron Katie’s „The Work“ oder die aktuelle Strömung der positiven Psychologie.

Alle diese Ansätze haben gemeinsam, dass sie vor das Beherrschen des Geistes ein Bewusstwerden und ein spielerisches Hinterfragen setzen. Die Grundannahme: Wenn wir ein Gespür dafür entwickeln, was wir so alles denken und wo es herkommt, können wir auch lernen, die Gedanken selbst oder unseren Umgang damit zu beeinflussen.

Wir können uns beispielsweise von Gedanken trennen, die zwar lange da waren, aber heute nicht mehr stimmen. Wie im bekannten Bild des großen, starken Elefanten, der sich an einen Holzpflock anbinden lässt. Das tut er nur, weil er „weiß“, dass er nicht kräftig genug ist, sich loszureißen – könnte er sich anders sehen, wäre er frei.

Wir können auch lernen, unsere oft widersprüchlichen Gedanken als Ausdruck verschiedener innerer Stimmen wahrzunehmen. Diese Stimmen streiten nur, weil sie alle etwas Positives für uns erreichen wollen. Friedemann Schulz von Thun beschreibt dieses Bild als „inneres Team“, Sukadev als „Ministerkonferenz“. Hilfreich ist es, weil es uns erlaubt, die einzelnen Stimmen über ihre jeweilige Absicht zu befragen und innerlich über die bestmögliche Entscheidung zu „verhandeln“. Auch das schafft wie beim Elefanten mehr Freiraum – wir können bessere Entscheidungen treffen, als wenn wir mit unserer Widersprüchlichkeit hadern oder sie uns sogar zum Vorwurf machen.

Den Geist öffnen

Ein dritter Ansatz für den nahrhaften, befreienden Umgang mit unserem Geist: Wir können lernen, bestimmte Gedanken nicht so ernst zu nehmen, sondern sie eher als Warnlampe zu betrachten. Wenn sich zum Beispiel etwas sehr dringend anfühlt, ist das oft eher ein Zeichen dafür, dass wir uns neue Energie zuführen sollten. Die Dringlichkeit hat meist nichts mit der Sache zu tun, sondern ist nur ein Ausdruck unseres verzweifelten Versuchs, mit fast leerem Tank weiter Vollgas zu geben. Das in der jeweiligen Situation zu erkennen, ist – wie alles im Yoga – Übungssache.

All diesen und weiteren Methoden liegt eine Erkenntnis zu Grunde: Für alle neuen Wege, die wir im Leben gehen, bilden wir neue neuronale Bahnen im Gehirn. Wenn wir zum Beispiel fremde Länder bereisen oder beginnen, Yoga zu üben, machen wir neue Erfahrungen, nehmen neue geistige Nahrung auf. Diese ermöglicht uns oft einen neuen Blick auf unser bisheriges Leben – auch deshalb suchen Menschen immer neue interessante Erfahrungen. Wir sind aber nicht abhängig von solchen äußeren Erlebnissen, weil der Prozess in beide Richtungen funktioniert: Ebenso wie neue Erfahrungen das Denken verändern, können auch Veränderungen im Denken den Weg für ganz neue Erfahrungen bereiten.

Ein ganz konkretes Beispiel zum Abschluss: Der Gedanke „Raja Yoga ist mir zu kompliziert“ ist sehr massiv – wenn wir ihn denken, kann man daran gar nichts machen, es ist eben einfach so. Schon ein einziges kleines Wort kann hier eine Veränderung bringen: „Bisher war mir Raja Yoga zu kompliziert“ öffnet den Satz und schafft Spielraum. Zunächst für eine neue Vorstellung. Und dann vielleicht auch für eine neue Erfahrung in der Welt. Mit welchem Glaubenssatz, den Du bisher für unveränderbar gehalten hast, möchtest Du das einmal ausprobieren?

Über den Autor

Christian Einsiedel ist Coach, Manager und Musiker. Bei Yoga Vidya war er stellvertretender Leiter des Online Medien-Teams und ist weiterhin als Seminarleiter und Yogalehrer (BYV) mit Yoga Vidya verbunden.

Siehe auch

Weblink

Literatur

Seminare

Jnana Yoga, Philosophie Jnana Yoga, Philosophie

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Yogalehrer Ausbildung

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Zusammenfassung

Der Geist ist ein Teil von uns, wie der Körper selber. Er kann sich verselbständigen, er kann sich quälen oder uns austricksen. Ebenso kann er aber auch beruhigt werden und durch Meditation klar werden. Im Yoga streben wir es an, dass wir nicht von unserem Geist kontrolliert werden. Der Weg des Raja-Yoga hilft uns da weiter.