Vernunft

Aus Yogawiki

Vernunft ist das geistige Vermögen des Menschen, Einsichten zu bekommen, Zusammenhänge zu erkennen, sich ein Urteil zu bilden, Entscheidungen zu treffen.

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Vernunft ist das, was über Instinkte, Wünsche, Neigungen und Impulse hinausgeht und diese steuert. Vernunft schaut weiter in die Vergangenheit und in die Zukunft. Vernunft blickt um die Ecke und beurteilt Absichten, Motivationen und Konsequenzen von Handeln. Vernunft versucht auch, die Welt zu ergründen.

Es gibt die niedere Vernunft, die praktische Vernunft, die höhere und die spirituelle Vernunft. Im Yoga spricht man von Buddhi, wenn man Vernunft meint. Die niedere Vernunft findet logische Begründungen für ein eigentlich unvernünftiges, wunschgetriebenes Verhalten. Die praktische Vernunft überlegt, wie man das, was man möchte, gut bekommen kann.

Die höhere Vernunft fragt sich, was man überhaupt möchte, was einen glücklich macht. Die höhere Vernunft überlegt, was das ethisch Richtige ist. Die höhere Vernunft überlegt auch, was andere machen, und wie das was man beabsichtigt zu tun, sich auf andere auswirkt. Die spirituelle Vernunft, auch die philosophische Vernunft, fragt: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?

Gibt es einen Gott? Wenn ja, wer ist Gott? Gibt es eine höhere Wirklichkeit? Wenn ja, was ist sie und ist sie zu erreichen? Diese höheren Fragen werden für den Menschen dann wichtig, wenn er spirituell erwacht ist. Im Vedanta sagt man dann, dass der Mensch die erste Bhumika, die erste Stufe der spirituellen Evolution, Subecha, erreicht hat, wenn diese spirituelle Vernunft, auch Viveka genannt, aufgewacht ist.

Der Intellekt und die Vernunft sind begrenzte Instrumente, die im Bereich der begrenzten Dualität Wunder irken können, aber machtlos sind im Bereich der unbegrenzten Nichtdualität. So können zum Beispiel Vernunft oder Logik ein Raumschiff entwerfen und bauen (Dualität), aber sie können keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage "Wer bin ich?" (Nichtdualität) geben. Die Erkenntnis des Selbst ist eine nichtduale, intuitive Erfahrung. Das dualistische Erfahren von Gegenständen über den Geist und die Sinne geschieht nur auf einer oberflächlichen Ebene, der des äußeren Scheins.

Vernunft - eine Tugend. Was ist Vernunft? Woher stammt das Wort? Wozu ist Vernunft gut? Was sind Synonyme, was das Gegenteil von Vernunft?

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Vernunft in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann.

Vernunftals als Grundlage von Ethik und Moral

Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

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Vernunft ist ein Begriff, der so vieles bedeutet. Immanuel Kant hat eine Kritik der reinen Vernunft geschrieben und danach Kritik der praktischen Vernunft und Kritik der Urteilskraft. Und Kritik heißt hier nicht, dass er etwas kritisiert, sondern in dem Fall war es eine Abhandlung, wo er etwas durchleuchtet, deshalb werde ich jetzt nicht in ein paar Minuten mich mit Immanuel Kant messen können.

Aber Vernunft ist zum einen die Fähigkeit, etwas logisch zu durchdenken. Vernunft heißt, etwas zu verstehen. Vernunft heißt, Hintergründe zu verstehen, Zusammenhänge zu verstehen, Ursachen zu verstehen. Vernunft ist auch die Fähigkeit, etwas in einen größeren Kontext zu bringen. Vernunft heißt auch, zu überlegen: "Was sind meine langfristigen Ziele? Was ist der Sinn meines Handelns? Was sind meine Werte? Und vor dem Hintergrund von übergeordneten Anliegen, vor dem Hintergrund vom übergeordneten Sinn des Lebens, vor dem Hintergrund meiner Werte, was wäre das Richtige?"

Angenommen, du siehst einen Menschen und du magst ihn nicht und du willst ihn gleich schimpfen. Die Vernunft würde gebieten, zu sagen: "Warum mag ich den Menschen nicht, er hat mir nichts getan. Vielleicht erinnert er mich an jemand anders in diesem oder einem früheren Leben. Ich sage "Stopp", die Vernunft gebietet, dass ich jetzt freundlich zu ihm bin."

Oder irgendjemand, mit dem du zusammenarbeitest, kritisiert dich. Du bist gleich auf hundertachtzig, du willst sofort entweder ihn schimpfen oder ihm den Kram vor die Füße werfen und sagen: "Mit mir nicht." Die Vernunft würde sagen: "Vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Anliegen muss ich weiter mit ihm zusammenarbeiten. Was wäre jetzt eine gute Weise, wie ich damit umgehe?"

Die Vernunft würde vielleicht sagen: "Jetzt kann ich mich nicht beherrschen, ich bin auf hundertachtzig. Ich werde jetzt den Raum verlassen und werde morgen weiter mit ihm sprechen." So kannst du immer wieder mit Vernunft überlegen. Vernunft also zum einen, erkennt Zusammenhänge. Vernunft überlegt Ursachen. Vernunft beurteilt das, was ist, vor dem Hintergrund von übergeordneten Werten, Zielen, Anliegen, Sinn. Und dann, auf dieser Basis, trifft Vernunft Entscheidungen.

Vernunft ist natürlich auch praktische Vernunft, im Sinne von, du magst eine Mango haben, du überlegst: "Wie kriege ich um die Zeit eine Mango her?" So kann man Vernunft auch einsetzen. Oder dein Computer funktioniert nicht richtig, du überlegst: "Was kann ich dort tun, dass er wieder funktioniert?" Oder du kommst mit deinem Handy nicht zurecht, irgendwo kriegst du das Yoga Vidya Tugenden-Lexikon nicht als Hörsendung, du kriegst es nur als YouTube-Video, aber eigentlich wäre es doch praktisch, wenn man das einfach als Hörsendung hat. Vernunft würde ausprobieren: "Wie kriege ich das hin?"

Praktische Vernunft. Dritte Art der Vernunft ist die höhere Vernunft. Die höhere Vernunft stellt höhere Fragen: "Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?" Das ist die höchste Vernunft. Und diese höchste Vernunft, die leitet dann aus diesem eben diese höheren Anliegen, den höheren Sinn des Lebens ab und die Werte, so dass daraufhin die erste Form der Vernunft, von der ich gesprochen hatte, wichtig ist.

Und das, was jetzt zu tun ist und die Anliegen sind, abgewogen wird vor dem Hintergrund übergeordneter Werte, übergeordneter Anliegen und einem übergeordneten Sinn. Übrigens, der Sanskrit-Begriff für Vernunft ist Buddhi. Und Buddhi hängt auch zusammen mit Erwachen, Buddha ist ja auch der Erwachte. Und so ist Buddhi das, was einen zum Erwachen hinbringt.

Du stellst dir die Fragen: "Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?" Das sind Fragen, die du stellen kannst, tief stellen kannst, darüber meditieren kannst und dann vielleicht auch eine Intuition hast. Das ist die höchste Form der Vernunft. Dann, die zweite Form der Vernunft ist, dein Leben darauf auszurichten und Entscheidungen zu treffen, die dem Ausdruck geben, und so zu handeln, dass du dem höheren Sinn des Lebens letztlich gerecht wirst.

Dann, die praktische Vernunft macht dann im Alltag das, was hilfreich und notwendig ist. Überlege selbst: "Habe ich diese höchste Vernunft oft genug angewendet? Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist der Sinn des Lebens?" Nutzt du die zweite Form der Vernunft, immer wieder dein Leben zu hinterfragen: "Ist es ausgerichtet auf diese höheren Ziele? Ist es ausgerichtet auf die höheren Werte? Das, was ich tue, reflektiert das meine Werte, meine Anliegen und meinen höheren Sinn?" Und als letztes: "Kann ich auch im Alltag praktisch und logisch denken, um so Probleme zu lösen und besser zurecht zu kommen?"

Essay über Vernunft

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"Sei vernünftig!", "Das ist doch wider aller "Vernunft"!" Solche Ausrufe bekommen wir immer wieder zu hören. Aber was genau ist Vernunft? Schaut man in den Duden, so ist Vernunft das "geistige Vermögen des Menschen, Einsichten zu gewinnen, Zusammenhänge zu erkennen".

Gleichzeitig hat Vernunft oft etwas damit zutun, was andere von einem erwarten oder auch damit, ob etwas verboten oder erlaubt ist. Bist du zum Beispiel schon dreimal beim Schwarzfahren erwischt worden und droht dir beim nächsten Mal eine saftige Geldstrafe, so ist es sehr unvernünftig, wieder ohne Fahrschein in den Zug zu steigen.

Wenn dich hingegen jahrelang Rückenschmerzen geplagt haben, du daraufhin mit einem Yogakurs begonnen hast und jetzt täglich sogar zuhause Asanas übst, ist das hingegen sehr vernünftig. Um noch einmal an obige Beschreibung anzuknüpfen: Du hast die Einsicht gewonnen, dass Yoga dir gut tut.

Gleichzeitig ist Vernunft auch oft kulturabhängig. In Deutschland wäre es sehr unvernünftig, wenn du deinen Lehrer, ohne dass er es dir explizit angeboten hätte, in der ersten Stunde einfach duztest. Es könnte respektlos oder frech wirken. In Schweden hingegen ist das "Du" eine normale Anrede und niemand würde sich darüber wundern oder gar ärgern.

Vernunft hat also auch immer etwas mit Wissen und Erfahrung zu tun – manche Erfahrungen muss man eben erst einmal gemacht bzw. manche Einsichten gewonnen haben, um beim nächsten Mal vernünftig handeln zu können.

Vernunft und die drei Gunas

Vernunft kann echte Vernunft sein - dann ist das sattvige Vernunft. Sie kann selbstbezogen sein - dann spricht man im Yoga von rajasiger Vernunft. Und sie kann irrtümlich sein, dann ist es tamasige Vernunft. Hier ein Videovortrag dazu, Kommentar zu den Versen 29-32 des 18. Kapitels der Bhagavad Gita:

Vernunft in Beziehung zu anderen Eigenschaften

Ähnliche Eigenschaften wie Vernunft

Ähnliche Eigenschaften wie Vernunft, also Synonyme zu Vernunft sind z.B. Verstand, Esprit, Scharfsinn, Klugheit, Besinnung, Räson, Geist, Intellekt, Ratio, Denkvermögen, Logik, Urteilskraft, Unterscheidungskraft, Unterscheidungsvermögen, Denkfähigkeit, Begriffsvermögen, Auffassung, Weitblick.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Vernunft übertrieben kann ausarten z.B. in Schläue, Gewieftheit, Durchtriebenheit, Gerissenheit, Irreführung, Überlistung, Arroganz, Hochmut, Arglist. Daher braucht Vernunft als Gegenpol die Kultivierung von Liebe, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen, Unkompliziertheit, Einfachheit, Bodenständigkeit, Schlichtheit, Instinkt, Intuition, Eingebung, Glaube, Vertrauen.

Gegenteil von Vernunft

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Vernunft, Antonyme zu Vernunft :

Vernunft im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

Entwicklung von Vernunft

Vernunft kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Vernunft in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Vernunft zu kultivieren. Vielleicht kannst du nicht alle guten Eigenschaften auf einmal kultivieren. Aber es ist möglich, innerhalb einer Woche oder innerhalb eines Monats eine Tugend, eine Eigenschaft, stark werden zu lassen.
  • Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Vernunft kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein vernünftigerer Mensch zu sein."
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Vernunft ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt.
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: Ich entwickle Vernunft.
  • Am Tag wiederhole immer wieder eine Autosuggestion, Affirmation wie z.B.: Ich bin vernünftig.

Nutze deinen Verstand - so kultivierst du deine Vernunft

Am meisten kultivierst du die Vernunft, indem du deinen Verstand regelmäßig nutzt.

  • Gehe den Dingen auf den Grund.
  • Frage nach, hake nach.
  • Folge nicht blind Emotionen und Instinkte - gebrauchen deinen Verstand.
  • Handle nicht gemäß erster Impulse - durchdringe alles mit deiner Vernunft.
  • Ergründe den Grund der Dinge, die Motivation der Menschen.
  • Unterhalte dich mit anderen auf hohem intellektuellen Niveau.
  • Lies gute Bücher, nicht leicht verständliche Bücher, philosophische Bücher.
  • Lies auch gehobene Literatur - auch dort wird Vernunft oft zum Thema gemacht.

Affirmationen zum Thema Vernunft

Mit Affirmationen kannst du zwar keine Vernunft kultivieren. Vernunft entwickelst du durch den Gebrauch der Vernunft. Aber mittels Affirmationen versetzt du dich in die richtige Stimmung, sodass du bereit bist, deinen Verstand zu gebrauchen. Hier also einige Affirmationen für mehr Vernunft. Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr zu Funktion und Wirkungsweise von Affirmationen.

Klassische Autosuggestion für Vernunft

Hier die klassische Autosuggestion:

  • Ich bin vernünftig.

Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:

  • Ich bin vernünftig. Om Om Om.
  • Ich bin ein Vernünftiger, eine Vernünftige OM.

Entwicklungsbezogene Affirmation für Vernunft

Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin vernünftig " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:

  • Ich entwickle Vernunft.
  • Ich werde vernünftig.
  • Jeden Tag werde ich vernünftiger.
  • Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Vernunft.

Dankesaffirmation für Vernunft

  • Ich danke dafür, dass ich jeden Tag vernünftiger werde.

Wunderaffirmationen Vernunft

Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren:

  • Bis jetzt bin ich noch nicht sehr vernünftig. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Vernunft entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
  • Ich freue mich darauf, bald sehr vernünftig zu sein.
  • Ich bin jemand, der vernünftig ist.

Gebet für Vernunft

Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Vernunft:

  • Lieber Gott, bitte gib mir mehr Vernunft.
  • Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein vernünftiger Mensch werde.
  • Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Vernunft mehr und mehr zum Ausdruck bringe.

Was müsste ich tun, um Vernunft zu entwickeln?

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Du kannst dich auch fragen:

  • Was müsste ich tun, um Vernunft zu entwickeln?
  • Wie könnte ich vernünftig werden?
  • Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Vernunft.
  • Angenommen, ich will vernünftig sein, wie würde ich das tun?
  • Angenommen, ich wäre vernünftig, wie würde sich das bemerkbar machen?
  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Vernunft kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als vernünftiger Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

Vortragsmitschnitt zu Vernunft - Audio zum Anhören

Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Vernunft, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.

Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Vernunft

Eigenschaften im Alphabet nach Vernunft

Literatur

Weblinks

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