Goraksha Shataka

Aus Yogawiki

Das Goraksha Shataka (Sanskrit: गोरक्षशतक gorakṣa-śataka n.) wörtl.: "die hundert Verse (Shataka) des Goraksha" ist ein bekanntes Werk über Hatha Yoga von Goraksha (Gorakhnath). Es lehrt in 101 Shloka die Quintessenz der Hatha Yoga Praxis. Viele dieser Verse werden in anderen Hatha Yoga Schriften zitiert bzw. in diese inkorporiert. So gibt es einige Verse in der Hatha Yoga Pradipika, die sich wortwörtlich bereits im Goraksha Shataka finden.

Mehr zum Goraksha Shataka

Das Goraksha Shataka ist eine der vier klassischen Schriften des Hatha Yoga. Hatha Yoga ist hauptsächlich Praxis. Aber um Hatha Yoga zu verstehen, ist es auch hilfreich, die Grundlagentexte zu lesen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Goraksha Shataka ist einer dieser wichtigen Grundlagentexte. Goraksha Shataka wird auch geschrieben Gorakshashataka und Goraksasataka, Goraksha Sataka, Gorarakshasataka – und auch Goraksha Shatakam. Wörtlich heißt Goraksha Shatakam „Hundertheit des Goraksha“. Der folgende Video-Vortrag ist Teil des Yoga Vidya Lexikons zu Yoga, Meditation, Ayurveda, indischer Philosophie, indischer Mythologie und Spiritualität.


Sukadev über das Goraksha Shataka

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über das Goraksha Shataka

Goraksha Shataka – die Hundertschaft von Goraksha. Goraksha war ein großer indischer Meister, der über vieles auch geschrieben hat. Er ist insbesondere bekannt das für Goraksha Shataka, das heißt, die hundert Verse des Goraksha. Hundert – Shataka, und Goraksha, der Name des Meisters. Goraksha Shataka, die hundert Verse des Meisters Goraksha. Das Goraksha Shataka gehört zu den vier klassischen Hatha Yoga Schriften. Die anderen drei sind: Shiva Samhita, Gheranda Samhita und Hatha Yoga Pradipika.

Das Goraksha Shataka ist dabei die kürzeste Schrift; das Goraksha Shataka beschreibt in hundert Versen das Wichtigste über Hatha Yoga. Du findest mehr über das Goraksha Shataka auf den Yoga Vidya Internetseiten, www.yoga-vidya.de. Gib einfach „Goraksha Shataka“ ein und dann findest du auch den vollständigen Text des Goraksha Shataka, du findest des Weiteren auch Übersetzungen dieses Textes und du findest Erläuterungen. Goraksha Shataka, die hundert Verse des Goraksha. Goraksha Shataka, eine der vier heiligen Hatha Yoga Schriften.

Goraksha Shataka Übersetzung, Sanskrit Text Devanagari und Umschrift, Wort-für-Wort-Übersetzung

Verneigung vor dem Meister

Ehrerbietung dem allerhöchsten Lehrer und Meister, dem Herrn und Beschützer Goraksha Natha.


ॐ परमगुरवे गोरक्षनाथाय नमः |
oṃ parama-gurave gorakṣa-nāthāya namaḥ |
om parama-gurave goraksa-nathaya namah |


Wort-für-Wort-Übersetzung

oṃ : Segnung (kosmischer Urklang Om)
parama-gurave : dem allerhöchsten Meister, Lehrer (Paramaguru)
gorakṣa-nāthāya : dem Herrn und Beschützer Goraksha (Gorakshanatha)
namaḥ : Verneigung, Ehrerbietung (Namas)

Anmerkungen: Goraksha (go-rakṣa) bedeutet wörtlich "Kuhhirt". Er wird in der Hatha Yoga Pradipika (1.5) als einer der großen Siddhas und Meister des Hatha Yoga erwähnt (Hatha Yoga Pradipika 1.5). Paramaguru bedeutet auch den Lehrer eines Lehrers (Guru).

Vers 1

1. Om. Ich werde nun das Goraksha Shataka, die Hundert Verse des Goraksha, verkünden, für die Befreiung der Menschen von den Fesseln der weltlichen Existenz. Es bewirkt die Erkenntnis des Selbst, und ist ein Schlüssel zum Tor der Unterscheidungskraft.


ॐ गोरक्षशतकं वक्ष्ये भवपाशविमुक्तये |
आत्मबोधकरं पुंसां विवेकद्वारकुञ्चिकाम् || १ ||
oṃ gorakṣa-śatakaṃ vakṣye bhava-pāśa-vimuktaye |
ātma-bodha-karaṃ puṃsāṃ viveka-dvāra-kuñcikām || 1 ||
om gorakhsa-shatakam vakshye bhava-pasha-vimuktaye |
atma-bodha-karam pumsam viveka-dvara-kunchikam || 1 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

oṃ : Segnung (kosmischer Urklang Om)
gorakṣa-śatakam' : das Goraksha Shataka, die hundert Verse (Shataka) des Goraksha
vakṣye : ich werde verkünden, lehren (vac)
bhava-pāśa-vimuktaye' : für die Befreiung (Vimukti) von den Fesseln (Pasha) der weltlichen Existenz (Bhava)
ātma-bodha-kara : das die Erkenntnis des Selbst (Atmabodha) bewirkt (Kara)
puṃsām : der Menschen (Pums)
viveka-dvāra-kuñcikām : einen Schlüssel (Kunchika) zum Tor (Dvara) der Unterscheidungskraft (Viveka)

Vers 2

2. Dieses Goraksha Shataka ist eine Leiter zur Befreiung. Es bedeutet das Überlisten des Todes (der Zeit). Denn, wenn der Geist von der Täuschung abgewandt ist, richtet er sich auf das höchste Selbst.


एतद्विमुक्तिसोपानमेतत्कालस्य वञ्चनम् |
यद्व्यावृत्तं मनो मोहादासक्तं परमात्मनि || २ ||
etad vimukti-sopānam etat kālasya vañcanam |
yad vyāvṛttaṃ mano mohād āsaktaṃ paramātmani || 2 ||
etad vimukti-sopanam etat kalasya vanchanam |
yad vyavrittam mano mohad asaktam paramatmani || 2 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

etat : dies (Etad)
vimukti-sopānam : ist eine Leiter (Sopana) für die Befreiung (Vimukti)
etat : dies
kālasya : des Todes ("der Zeit", Kala)
vañcanam : ist das Täuschen ("Hintergehen, Entrinnen", Vanchana)
yat : weil (Yad)
vyāvṛttam : abgewandt (Vyavritta)
manas : der Geist, das Denken (Manas)
mohāt : von der Verblendung, Täuschung (Moha)
āsaktam : gerichtet ist ("hängend an", Asakta)
paramātmani : auf das höchste Selbst (Paramatman)

Anmerkung: Die Wissenschaft des Hatha Yoga wird im ersten Vers der Hatha Yoga Pradipika ebenfalls als eine Leiter bezeichnet (Hatha Yoga Pradipika 1.1).

Vers 3

3. Ein kluger Mensch praktiziert Yoga, den Vernichter des Leidens der weltlichen Existenz, der die Frucht des Wunschbaums der heiligen Überlieferung ist, dessen Zweige von den Vögeln, den Zweimalgeborenen, besucht werden.


द्विजसेवितशाखस्य श्रुतिकल्पतरोः फलम् |
शमनं भवतापस्य योगं भजति सज्जनः || ३ ||
dvija-sevita-śākhasya śruti-kalpa-taroḥ phalam |
śamanaṃ bhava-tāpasya yogaṃ bhajati saj-janaḥ || 3 ||
dvija-sevita-shakhasya shruti-kalpa-taroh phalam |
shamanam bhava-tapasya yogam bhajati saj-janah || 3 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

dvija-sevita-śākhasya : dessen Zweige (Shakha) von Vögeln, Zweimalgeborenen (Dvija) besucht (Sevita) werden
śruti-kalpa-taroḥ : des Wunschbaums (Kalpataru) der heiligen Überlieferung (Shruti)
phalam : die Frucht (Phala)
śamanam : den Vernichter ("Beruhiger", Shamana)
bhava-tāpasya : des Leidens (Tapa) der weltlichen Existenz (Bhava)
yogam : Yoga
bhajati : betreibt (bhaj)
saj-janaḥ : ein kluger, guter Mensch (Sajjana)

Anmerkungen: Dvija (dvi-ja) "zweimal geboren" bedeutet sowohl Vogel als auch die Mitglieder der drei oberen Kasten bzw. Stände (Varna). Shakha (śākhā) bedeutet auch einen "Zweig", also eine Schule bzw. Überlieferungstradition (Rezension) des Veda.

Vers 4

4. Körperstellung, Atemkontrolle, Rückzug der Sinne, Konzentration, Meditation und Versenkung - dies sind die sechs Glieder des Yoga.


आसनं प्राणसंयामः प्रत्याहारोऽथ धारणा |
ध्यानं समाधिरेतानि योगाङ्गानि भवन्ति षट् || ४ ||
āsanaṃ prāṇa-saṃyāmaḥ pratyāhāro'tha dhāraṇā |
dhyānaṃ samādhir etāni yogāṅgāni bhavanti ṣaṭ || 4 ||
asanam prana-samyamaḥ pratyaharo'tha dharana |
dhyanam samadhir etani yogangani bhavanti shat || 4 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

āsanam : Körperstellung, Sitzhaltung (Asana)
prāṇa-saṃyāmaḥ : Atemkontrolle (Pranasamyama)
pratyāhāraḥ : Rückzug der Sinne (Pratyahara)
atha : und (Atha)
dhāraṇā : Konzentration (Dharana)
dhyānam : Meditation (Dhyana)
samādhiḥ : Versenkung (Samadhi)
etāni : dies (Etad)
yogāṅgāni : Bestandteile, Glieder des Yoga (Yoganga)
bhavanti : sind (bhū)
ṣaṭ : die sechs (Shat)

Anmerkungen: Pranasamyama (prāṇa-saṃyāma) ist ein Synonym für Pranayama. In den meisten Handschriften erscheint prāṇa-saṃrodhaḥ (Pranasamrodha), was ebenfalls soviel heißt wie "Kontrolle über den Atem bzw. die Lebensenergie Prana", wörtlich jedoch das "Anhalten (Samrodha) des Atems (Prana)" bedeutet, sich also insbesondere auf die Atemverhaltungen (Kumbhaka) bezieht.

Die im achtgliedrigen (Ashtanga) Yoga des Yogasutra gelehrten beiden Glieder Yama und Niyama werden somit im Goraksha Shataka nicht ausdrücklich erwähnt. In der Hatha Yoga Pradipika (1.17-18) werden wiederum zehn Yamas und zehn Niyamas gelehrt (bei Patanjali sind es jeweils nur fünf). Diese müssen allerdings textgeschichtlich als spätere Einschübe betrachtet werden (Hatha Yoga Pradipika 1.17).

Vers 5

5. Es gibt soviele Körperstellungen, wie es Arten von Lebewesen gibt. Maheshvara kennt all deren Unterscheidungen.

आसनानि तु तावन्ति यावत्यो जीवजातयः |
एतेषामखिलान्भेदान्विजानाति महेश्वरः || ५ ||
āsanāni tu tāvanti yāvatyo jīva-jātayaḥ |
eteṣām akhilān bhedān vijānāti maheśvaraḥ || 5 ||
asanani tu tavanti yavatyo jiva-jatayah |
etesham akhilan bhedan vijanati maheshvarah || 5 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung

āsanāni : Körperstellungen, Sitzhaltungen (Asana)
tu : aber (Tu)
tāvanti : (gibt es) soviele (Tavat)
yāvatyaḥ : wie (Yavat)
jīva-jātayaḥ : Arten (Jati) von Lebewesen (Jiva)
eteṣām : davon, von diesen (Etad)
akhilān : alle (Akhila)
bhedān : Arten, Unterscheidungen (Bheda)
vijānāti : kennt (vi + jñā)
maheśvaraḥ : Maheshvara, der große Herr (Shiva)

Anmerkung: Wieviele Arten von Lebewesen (und folglich Körperstellungen) es nach der tratitionellen indischen Anschauung gibt, wird im nächsten Vers ausgeführt.

Vers 6

6. Aus diesen 8,4 Millionen Körperstellungen wurde von Shiva jeweils eine (stellvertretend für jeweils 100 000) ausgewählt, und somit 84 Körperstellungen zusammengestellt.


चतुराशीतिलक्षाणामेकमेकमुदाहृतम् |
ततः शिवेन पीठानां षोडशोनं शतं कृतम् || ६ ||
caturāśīti-lakṣāṇām ekam ekam udāhṛtam |
tataḥ śivena pīṭhānāṃ ṣoḍaśonaṃ śataṃ kṛtam || 6 ||
caturashiti-lakshanam ekam ekam udahritam |
tatah shivena pithānām shodashonam shatam kritam || 6 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

caturāśīti-lakṣāṇām : 8,4 Millionen ("84 x 100 000", Chaturashiti-Laksha)
ekam ekam : jeweils eins (Eka)
udāhṛtam : wurde als Beispiel ausgewählt ("genannt", Udahrita)
tataḥ : daraus, davon (Tatas)
śivena : von Shiva
pīṭhānām : der Körperstellungen, Sitzhaltungen (Pitha)
ṣoḍaśonam : um 16 (Shodasha) vermindert (Una)
śatam : ein Hundert (Shata)
kṛtam : wurde zusammengestellt ("gemacht", Krita)

Anmerkung: In der Gheranda Samhita (2.1-2) wird dasselbe gesagt, wobei von den besagten 84 Stellungen dort lediglich 32 gelehrt werden. Die Zahl 84 heißt im Sanskrit catur-aśīti. Man kann sie aber auch indirekt ausdrücken, indem man von 100 (Shata) 16 (Shodasha) subtrahiert, was hier der Fall ist: ṣoḍaśonaṃ śatam, "ein um 16 vermindertes Hundert".

Vers 7

7. Von allen Körperstellungen zeichnen sich zwei besonders aus: die eine wird perfekter Sitz (Siddhasana) genannt, die andere Lotussitz (Kamalasana).


आसनेभ्यः समस्तेभ्यो द्वयमेव विशिष्यते |
एकं सिद्धासनं प्रोक्तं द्वितीयं कमलासनम् || ७ ||
āsanebhyaḥ samastebhyo dvayam eva viśiṣyate |
ekaṃ siddhāsanaṃ proktaṃ dvitīyaṃ kamalāsanam || 7 ||
asanebhyah samastebhyo dvayam eva vishishyate |
ekam siddhasanam proktam dvitiyam kamalasanam || 7 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

āsanebhyaḥ : Körperstellungen, Sitzhaltungen (Asana)
samastebhyaḥ : von allen (Samasta)
dvayam : zwei ("eine Zweiheit", Dvaya)
eva : nur (Eva)
viśiṣyate : zeichnen sich aus (vi + śiṣ)
ekam : die eine (Eka)
siddhāsanam : perfekter Sitz (Siddhasana)
proktam : wird genannt (Prokta)
dvitīyam : die andere ("zweite", Dvitiya)
kamalāsanam : Lotussitz (Kamalasana)

Anmerkung: Kamalasana (kamalāsana) ist ein Synonym für Padmasana (padmāsana).

Vers 8

8. Man lege eine Ferse fest an den Beckenboden und den anderen Fuß fest oberhalb des Genitals, und richte den Körper auf. Dann schaue man, unbeweglich und mit gesammelten Sinnen, mit unverwandtem Blick auf die Mitte zwischen beiden Augenbrauen. Diese Sitzhaltung, die das Öffnen der Tür zur Befreiung bewirkt, wird perfekter Sitz (Siddhasana) genannt.


योनिस्थानकमङ्घ्रिमूलघटितं कृत्वा दृढं विन्यसे-
न्मेढ्रे पादमथैकमेव नियतं कृत्वा समं विग्रहम् |
स्थाणुः संयमितेन्द्रियोऽचलदृशा पश्यन्भ्रुवोरन्तर-
मेतन्मोक्षकवाटभेदजनकं सिद्धासनं प्रोच्यते || ८ ||
yoni-sthānakam aṅghri-mūla-ghaṭitaṃ kṛtvā dṛḍhaṃ vinyasen
meḍhre pādam athaikam eva niyataṃ kṛtvā samaṃ vigraham |
sthāṇuḥ saṃyamitendriyo'cala-dṛśā paśyan bhruvor antaram
etan mokṣa-kavāṭa-bheda-janakaṃ siddhāsanaṃ procyate || 8 ||
yoni-sthanakam anghri-mula-ghatitaṃ kritva dridham vinyasen
medhre padam athaikam eva niyatam kritva samam vigraham |
sthanuh samyamitendriyo'chala-drisha pashyan bhruvor antaram
etan moksha-kavata-bheda-janakam siddhasanam prochyate || 8 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

yoni-sthānakam : den Ort, die Stelle (Sthanaka) des Dammes, Beckenbodens ("des Ursprungs", Yoni)
aṅghri-mūla-ghaṭitam : an die Ferse ("Fuß-Wurzel, Ursprung des Fußes", Anghrimula) angelegt, verbunden Ghatita)
kṛtvā : habend ("machend", kṛ)
dṛḍham : fest (Dridha)
vinyaset : man lege (vi + ni + as)
meḍhre : oberhalb des Gliedes, über das Glied (Medhra)
pādam : Fuß (Pada)
atha : und, nun, dann (Atha)
ekam : einen (Eka)
eva : wahrlich, nur (Eva)
niyatam : fest (Niyata)
kṛtvā : machend
samam : aufrecht, ausgerichtet (Sama)
vigraham : den Körper (Vigraha)
sthāṇuḥ : aufrecht, unbeweglich (Sthanu)
saṃyamitendriyaḥ : mit gesammelten, kontrollierten ("bezwungenen", sam + yam) Sinnen (Indriya)
acala-dṛśā : mit unverwandtem, unbeweglichem (Achala) Blick ("Auge", Drish)
paśyan : man schaue (paś)
bhruvoḥ : beide Brauen (Bhru)
antaram : zwischen (Antara)
etat : diese (Sitzhaltung, Etad)
mokṣa-kavāṭa-bheda-janakam : die das Aufbrechen, Öffnen (Bheda) der) Tür (Kavata) zur Befreiung (Moksha) bewirkt, verursacht (Janaka)
siddhāsanam : Sitzhaltung der Vollkommenen, perfekter Sitz (Siddhasana)
procyate : wird genannt (pra + vac)

Anmerkungen: In der Hatha Yoga Pradipika (1.37) erscheint dieser Vers in fast identischer Form. Die dortige Variante (statt niyataṃ kṛtvā samaṃ vigraham steht dort hṛdaye kṛtvā hanuṃ su-sthiram ) lehrt zusätzlich das Anlegen des Kinns an die Brust, also Jalandhara Bandha (Hatha Yoga Pradipika 1.37), ebenso Gheranda Samhita (2.7), deren Wortlaut im ersten Halbvers etwas stärker abweicht.

Brahmananda, der Kommentator der HYP, ergänzt zur Ausführung von Siddhasana, dass die linke Ferse an den Beckenboden und der rechte Fuß über das Genital, wörtlich "über das Glied" (meḍhre), gelegt wird.

Vers 9

9. Man lege den rechten Fuß auf den linken Oberschenkel und den linken Fuß auf den rechten Oberschenkel. Dann ergreife man mit beiden Händen, indem man diese hinter dem Rücken über Kreuz hält, fest die beiden großen Zehen. Dann schaue man, das Kinn auf die Brust drückend, auf die Nasenspitze. Diese Sitzhaltung, die bei den sich selbst beherrschenden Yogis die Vertreibung von Krankheiten bewirkt, wird Lotusstellung (Padmasana) genannt.


वामोरूपरि दक्षिणं हि चरणं संस्थाप्य वामं तथा
दक्षोरूपरि पश्चिमेन विधिना धृत्वा कराभ्यां दृढम् |
अङ्·गुष्ठौ हृदये निधाय चिबुकं नासाग्रमालोकये-
देतद्व्याधिविकारहारि यमिनां पद्मासनं प्रोच्यते || ९ ||
vāmorūpari dakṣiṇaṃ hi caraṇaṃ saṃsthāpya vāmaṃ tathā
dakṣorūpari paścimena vidhinā dhṛtvā karābhyāṃ dṛḍham |
aṅguṣṭhau hṛdaye nidhāya cibukaṃ nāsāgram ālokayed
etad vyādhi-vikāra-hāri yamināṃ padmāsanaṃ procyate || 9 ||
vamorupari dakshinam hi charanam samsthapya vamam tatha
dakshorupari pashchimena vidhina dhritva karabhyam dridham |
angushthau hridaye nidhaya chibukam nasagram alokayed
etad vyadhi-vikara-hari yaminam padmasanam prochyate || 9 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

vāmorūpari : auf (Upari) den linken (Vama) Oberschenkel (Uru)
dakṣiṇam : den rechten (Dakshina)
hi : gewiss (Hi)
caraṇam : Fuß (Charana)
saṃsthāpya : legend ("gelegt habend", sam + sthā)
vāmam : den linken (Fuß, Vama)
tathā : und, ebenso (Tatha)
dakṣorūpari : auf (Upari) den rechten (Daksha) Oberschenkel (Uru)
paścimena : auf die hintere (hinter dem Rücken, Pashchima )
vidhinā : Art und Weise (Vidhi)
dhṛtvā : haltend, ergreifend (dhṛ)
karābhyām : mit beiden Händen (über Kreuz, Kara)
dṛḍham : fest (Dridha)
aṅguṣṭhau : beide großen Zehen (Angushtha)
hṛdaye : an die Brust (die "Herzgegend", Hridaya)
nidhāya : legend ("gelegt habend", ni + dhā)
cibukam : das Kinn (Chibuka)
nāsāgram : auf die Nasenspitze (Nasagra)
ālokayet : schaue man (ā + lok)
etat : das, diese (Sitzhaltung, (Etad)
vyādhi-vikāra-hāri : die die Vertreibung (Vinasha) von) Krankheiten (Vyadhi) bewirkt (Karin)
yaminām : der sich selbst zügelnden, beherrschenden (Yogis, Yamin)
padmāsanam : Lotusstellung (Padmasana)
procyate : wird genannt (pra + vac)

Anmerkung: In der Hatha Yoga Pradipika (1.46) erscheint dieser Vers in nahezu identischer Form (Hatha Yoga Pradipika 1.46), ebenso in der Gheranda Samhita (2.8), deren Wortlaut im letzten Versviertel etwas abweicht.

Vers 10

10. Adhara, "die Grundlage", ist das erste Energiezentrum (Chakra), Svadhishthana, "die Stätte des Selbst", das zweite. Zwischen diesen beiden befindet sich Yonisthana, "der Ort des Ursprungs", der Kamarupa, "die Natur des Verlangens" (oder: "jede beliebige Gestalt annehmend"), genannt wird.

आधारं प्रथमं चक्रं स्वाधिष्ठानं द्वितीयकम् |
योनिस्थानं द्वयोर्मध्ये कामरूपं निगद्यते || १० ||
ādhāraṃ prathamaṃ cakraṃ svādhiṣṭhānaṃ dvitīyakam |
yoni-sthānaṃ dvayor madhye kāma-rūpaṃ nigadyate || 10 ||
adharam prathamam chakram svadhishthanam dvitiyakam |
yoni-sthanam dvayor madhye kama-rupam nigadyate || 10 ||

Wort-für-Wort-Übersetzung

ādhāram : die Grundlage, Stütze Adhara)
prathamam : (ist) das erste (Prathama)
cakram : Energiezentrum ("Rad", Chakra)
svādhiṣṭhānam : die Stätte des Selbst (Svadhishthana)
dvitīyakam : (ist) das zweite (Dvitiyaka)
yoni-sthānam : (ist) der Ort des Ursprungs (Yonisthana), die Stelle (Sthana) des Dammes, Beckenbodens ("des Ursprungs", Yoni)
dvayoḥ : dieser beiden (Dva)
madhye : in der Mitte (Madhya)
kāma-rūpam : die Natur ("Form") des Verlangens, jede beliebige Gestalt (Kamarupa)
nigadyate : der genannt wird (ni + gad)

Anmerkung: Adhara ist ein Synonym für Muladhara, das Wurzelzentrum. Yonisthana bedeutet die Region des Beckenbodens, das Perineum, vgl. yoni-sthānakam in Vers 8.

Vers 11

11. In der Gegend des Anus, die die Grundlage (Adhara) genannt wird, ist ein vierblättriger Lotus. In dessen Mitte - so wird es gelehrt - befindet sich ein Verlangen (Kama) genanntes Dreieck (Yoni), das von den Vollkommenen gepriesen wird.


आधाराख्ये गुदस्थाने पङ्कजं यच्चतुर्दलम् |
तन्मध्ये प्रोच्यते योनिः कामाख्या सिद्धवन्दिता || ११ ||
ādhārākhye guda-sthāne paṅkajaṃ yac catur-dalam |
tan-madhye procyate yoniḥ kāmākhyā siddha-vanditā || 11 ||
adharakhye guda-sthane pankajam yach chatur-dalam |
tan-madhye prochyate yonih kamakhya siddha-vandita || 11 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

ādhārākhye : die die Bezeichnung (Akhya) Grundlage, Stütze (Adhara) hat
guda-sthāne : an der Stelle (Sthana) des Anus (Guda)
paṅkajam : Lotus (ist, Pankaja)
yat : wo ein ("welcher", Yad)
catur-dalam : vierblättriger (Chaturdala)
tan-madhye : in dessen (Tad) Mitte (Madhya)
procyate : wird erwähnt, gelehrt (pra + vac)
yoniḥ : ein (als Dreieck dargestelltes) weibliches Genital (Yoni)
kāmākhyā : das die Bezeichnung (Akhya) Verlangen (Kama) hat
siddha-vanditā : das von den Vollkommenen (Siddha) gepriesen, verehrt (Vandita) wird

Anmerkung: Dieser Vers verweist auf die symbolische Darstellung des Wurzelchakras mit einem vierblättrigen Lotus, in dessen viereckiger Grundstruktur (vgl. Vers 13) ein die Yoni darstellendes, nach unten zeigendes Dreick erscheint. Ganz ähnlich heißt es in der Shiva Samhita (2.22) tasminn ādhāra-padme ca karṇikāyāṃ suśobhanā । trikoṇā vartate yoniḥ ...: "In diesem Wurzel-Lotus, in der Samenkapsel (Karnika), befindet sich eine prächtige, dreieckige (Trikona) Yoni".

Vers 12

12. In der Mitte dieses Dreiecks (Yoni) befindet sich ein großes Linga, das nach Westen (d.h. in Richtung der Sushumna) ausgerichtet ist, und dessen Kopf wie ein Edelstein durchbohrt ist. Wer das weiß, der ist ein Kenner des Yoga.


योनिमध्ये महालिङ्गं पश्चिमाभिमुखं स्थितम् |
मस्तके मणिवद्भिन्नं यो जानाति स योगवित् || १२ ||
yoni-madhye mahā-liṅgaṃ paścimābhimukhaṃ sthitam |
mastake maṇi-vad bhinnaṃ yo jānāti sa yoga-vit || 12 ||
yoni-madhye maha-lingam pashchimabhimukham sthitam |
mastake mani-vad bhinnam yo janati sa yoga-vit || 12 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

yoni-madhye : in der Mitte (Madhya) des (als Dreieck dargestellten) weiblichen Genitals (Yoni)
mahā-liṅgam : ein großes Linga ("männliches Glied", Mahalinga)
paścimābhimukham : das nach hinten ("Westen", Pashchima) ausgerichtet (Abhimukha) ist
sthitam : befindet sich (Sthita)
mastake : am Kopf, am oberen Teil (Mastaka)
maṇi-vat : wie (Vat) ein Edelstein (Mani)
bhinnam : durchbohrt ("durchstoßen", Bhinna)
yaḥ : wer (Yad)
jānāti : (das) weiß (jñā)
saḥ : der (Tad)
yoga-vit : (ist) ein Kenner des Yoga (Yogavid)

Anmerkungen: Der Ausdruck paścimābhimukham, wörtl. "nach Westen (Pashchima) ausgerichtet", könnte auch im Sinne von "in Richtung der Sushumna ausgerichtet" interpretiert werden. Diese Bedeutung legt Brahmananda, der Kommentator der HYP, in seinem Kommentar zur Hatha Yoga Pradipika (1.31) nahe, wo er pavanaṃ paścima-vāhinam karoti "(Pashchimatana) lässt die Lebensenergie (pavanam = Prana) hinten entlang fließen" mit paścima-mārgeṇa = suṣumnā-mārgeṇa vahatīti erklärt, d.h. "(die Lebensenergie) fließt entlang der Sushumna" (Hatha Yoga Pradipika 1.31).

In der tantrischen Symbolik, die den klassischen Hatha Yoga-Texten zugrundeliegt, steht die Yoni (häufig durch ein nach unten weisendes Dreieck dargestellt) für Shakti (Energie), und das Linga (häufig auch durch ein nach oben weisendes Dreieck dargestellt) für Shiva (Bewusstsein).

Vers 13

13. Unterhalb des Linga befindet sich die viereckige Stätte des Feuers, die wie ein Blitzstrahl aufleuchtet und die Farbe erhitzten Goldes hat.


तप्तचामीकराभासं तडिल्लेखेव विस्फुरत् |
चतुरस्रं पुरं वह्नेरधो मेढ्रात्प्रतिष्ठितम् || १३ ||
tapta-cāmīkarābhāsaṃ taḍil-lekheva visphurat |
catur-asraṃ puraṃ vahner adho meḍhrāt pratiṣṭhitam || 13 ||
tapta-chamikarabhasam tadil-lekheva visphurat |
chatur-asram puram vahner adho medhrat pratishthitam || 13 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

tapta-cāmīkarābhāsam : von der Farbe (Abhasa) erhitzten (Tapta) Goldes (Chamikara)
taḍil-lekhā : ein Blitzstrahl (Tadillekha)
iva : wie (Iva)
visphurat : aufscheinend, leuchtend (vi + sphur)
catur-asram : die viereckige (Chaturasra)
puram : Stätte ("Stadt", Pura)
vahneḥ : des Feuers (Vahni)
adhaḥ  : unterhalb (Adhas)
meḍhrāt : vom männlichen Glied (Medhra)
pratiṣṭhitam : befindet sich (Pratishthita)

Anmerkungen: Die ikonographische Beschreibung des Wurzelchakras der beiden vorangehenden Verse 11 und 12 wird hier fortgesetzt. Der Ausdruck "unterhalb des Gliedes" könnte darauf verweisen, dass man sich das Symbol des Chakras dreidimensional vorzustellen bzw. an entsprechender Stelle im Körper zu visualieren hat, wobei das Linga senkrecht auf dem hier beschriebenen Viereck stünde. Verse 11-13 zusammengenommen beschreiben somit die häufig dargestellten Bestandteile der Symbolik des Wurzelchakras: vierblättriger Lotus, Viereck, Dreieck (Yoni) und Linga.

In der Shiva Samhita (2.23) heißt es im selben Kontext, das sich dort (in der dreiecken Yoni, vgl. Anm. zu Vers 12), die Kundali (d.h. die Kundalini), die höchste Gottheit (Paradevata) befindet, die die Form (Akara) eines Blitzstrahls (Vidyullata) hat: tatra vidyul-latākārā kuṇḍalī para-devatā.

Vers 14

14. Mit dem Wort Selbst (Sva) wird die Lebensenergie (Prana) bezeichnet, und Svadhishthana, "die Stätte des Selbst", ist deren Sitz. Daher wird mit der Bezeichnung Svadhishthana, "die Stätte des Selbst bzw. des Prana", das männliche Glied (bzw. der Bereich oberhalb oder dahinter) benannt.


स्वशब्देन भवेत्प्राणः स्वाधिष्ठानं तदाश्रयः |
स्वाधिष्ठानाख्यया तस्मान्मेढ्रमेवाभिधीयते || १४ ||
sva-śabdena bhavet prāṇaḥ svādhiṣṭhānaṃ tad-āśrayaḥ |
svādhiṣṭhānākhyayā tasmān meḍhram evābhidhīyate || 14 ||
sva-shabdena bhavet pranah svadhishthanam tad-ashrayah |
svadhishthanakhyaya tasman medhram evabhidhiyate || 14 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

sva-śabdena : mit dem Wort (Shabda) Selbst (Sva)
bhavet : sei (bezeichnet, bhū)
prāṇaḥ : der Lebensatem, die Lebensenergie (Prana)
svādhiṣṭhānam : die Stätte des Selbst (das zweite Energiezentrum bzw. Chakra, Svadhishthana)
tad-āśrayaḥ : (ist) dessen/deren (Tad) Sitz (Ashraya)
svādhiṣṭhānākhyayā : mit dem Namen (Akhya) Stätte des Selbst / der Lebensenergie (Svadhishthana)
tasmāt : daher, deshalb (Tasmat)
meḍhram : das männliche Glied, Penis (Medhra)
eva : eben, genau, nur (Eva)
abhidhīyate : wird bezeichnet (abhi + dhā)

Anmerkung: Da in Vers 10 Svadhishthana bereits ausdrücklich als zweites Chakra bezeichnet wurde, erscheint hier seine Gleichsetzung mit dem männlichen Glied widersprüchlich. Gemeint ist daher wohl die Region oberhalb bzw. hinter diesem, also der Bereich in Höhe des Scham- bzw. Kreuzbeins. Adhishthana heißt wörtlich "Standort, Grundlage, Basis, Sitz".

Vers 15

15. Dort, wo der Kanda ("Knolle") von Sushumna wie eine Perle von einem Faden durchzogen wird - dieses in der Nabelgegend befindliche Energiezentrum wird Nabelzentrum (Manipuraka) genannt.


तन्तुना मणिवत्प्रोतो यत्र कन्दः सुषुम्णया |
तन्नाभिमण्डलं चक्रं प्रोच्यते मणिपूरकम् || १५ ||
tantunā maṇi-vat proto yatra kandaḥ suṣumṇayā |
tan nābhi-maṇḍalaṃ cakraṃ procyate maṇi-pūrakam || 15 ||
tantuna mani-vat proto yatra kandah sushumnayā |
tan nabhi-mandalam chakram prochyate mani-purakam || 15 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

tantunā : von einem Faden (Tantu)
maṇi-vat : wie (Vat) eine Perle (Mani)
protaḥ : durchzogen wird (Prota)
yatra : wo (Yatra)
kandaḥ : der Kanda ("die Knolle, Zwiebel")
suṣumṇayā : von Sushumna
tat : dieses (Tad)
nābhi-maṇḍalam : (am) Nabelkreis (befindliche, Nabhi-Mandala)
cakram : Energiezentrum ("Rad", Chakra)
procyate : wird genannt (pra + vac)
maṇi-pūrakam : Nabelzentrum ("Edelsteinflut", Manipuraka)

Anmerkung: Die Aussage, dass das Nabelzentrum, innerhalb dessen sich der Kanda befindet, von Sushumna durchzogen wird, verweist darauf, dass alle Energiezentren bzw. Chakras innerhalb der Wirbelsäule, durch die Sushumna verläuft, verortet sind. Bezeichnungen wie "Penis" (Vers 14) oder "Nabelkreis" geben somit in etwa die Höhe an, auf der sich ein Chakra innerhalb der Wirbelsäule befindet. In der Yogachudamani Upanishad, die diesen Vers nahezu identisch überliefert, lautet es in Vers 13 ganz in diesem Sinne tan nābhi-maṇḍale cakram "dieses Energiezentrum in der Nabelgegend ..." (nābhi-maṇḍale steht hier im Lokativ).

Vers 16

16. Oberhalb vom männlichen Glied und unterhalb des Nabels befindet sich der Kanda genannte, wie ein Vogelei geformte Ursprung der Nadis. Dort entspringen 72 000 feinstoffliche Energiekanäle (Nadi).


ऊर्ध्वं मेढ्रादधो नाभेः कन्दयोनिः खगाण्डवत् |
तत्र नाड्यः समुत्पन्नाः सहस्राणि द्विसप्ततिः || १६ ||
ūrdhvaṃ meḍhrād adho nābheḥ kanda-yoniḥ khagāṇḍa-vat |
tatra nāḍyaḥ samutpannāḥ sahasrāṇi dvi-saptatiḥ || 16 ||
urdhvam medhrad adho nabheh kanda-yoniḥ khaganda-vat |
tatra nadyah samutpannah sahasrani dvi-saptatih || 16 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

ūrdhvam : oberhalb (Urdhva)
meḍhrāt : vom männlichen Glied (Medhra)
adhaḥ : unterhalb (Adhas)
nābheḥ : des Nabels (Nabhi)
kanda-yoniḥ : der Kanda (genannte) Ursprung (der Nadis, Kanda-Yoni)
khagāṇḍa-vat : wie (Vat) ein Vogelei (geformt, Khaga-Anda)
tatra : dort (Tatra)
nāḍyaḥ : feinstoffliche Energiekanäle, Nerven (Nadi)
samutpannāḥ : entspringen ("werden geboren", Samutpanna)
sahasrāṇi dvi-saptatiḥ : 72 000 (Sahasra Dvisaptati)

Anmerkung: In der Hatha Yoga Pradipika (3.113) wird die Lage des Kanda mit 12 Finger oberhalb des Muladhara Chakra angegeben, was in etwa der Mitte zwischen Penis und Nabel entspricht (Hatha Yoga Pradipika 3.113). Brahmananda, der Kommentator der HYP, zitiert hierzu den vorliegenden Vers des Goraksha Shataka.

Vers 17

17. Unter diesen Tausenden von feinstoffliche Energiekanälen (Nadi), die die Lebensenergie (Prana) transportieren, werden hauptsächlich 72 als bedeutsam erwähnt. Von diesen werden wiederum zehn am häufigsten gelehrt.


तेषु नाडिसहस्रेषु द्विसप्ततिरुदाहृताः |
प्राधान्यात्प्राणवाहिन्यो भूयस्तत्र दश स्मृताः || १७ ||
teṣu nāḍi-sahasreṣu dvi-saptatir udāhṛtāḥ |
prādhānyāt prāṇa-vāhinyo bhūyas tatra daśa smṛtāḥ || 17 ||
teshu nadi-sahasreshu dvi-saptatir udahritah |
pradhanyat prana-vahinyo bhuyas tatra dasha smritaḥ || 17 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

teṣu : unter diesen (Tad)
nāḍi-sahasreṣu : Tausenden (Sahasra) von feinstoffliche Energiekanälen, Nerven (Nadi)
dvi-saptatiḥ : 72 (Dvisaptati)
udāhṛtāḥ : werden erwähnt (Udahrita)
prādhānyāt : als von großer Wichtigkeit, hauptsächlich, vor allem (Pradhanya)
prāṇa-vāhinyaḥ : die die Lebensenergie ("den Lebensatem", Prana) mit sich führen, transportieren (Vahin)
bhūyaḥ : am häufigsten ("am meisten", Bhuyas)
tatra : unter diesen (Tatra)
daśa : zehn (Dasha)
smṛtāḥ : werden gelehrt ("erinnert", Dasha)

Anmerkung: Das Wort nāḍī (auch nāḍi) bedeutet wörtlich "Röhre, hohler Stengel, röhrenartiges Gefäß". Innerhalb des physischen bzw. "grobstofflichen" Körpers (Annamaya Kosha) bedeutet Nadi auch Ader, Nerv. Innerhalb des "feinstofflichen" bzw. Energiekörpers (Pranamaya Kosha) bedeutet es die feinstofflichen Energiekanäle, die dem chinesischen Konzept der Meridiane vergleichbar sind.

Die Nadis werden hier als Träger der Lebensenergie (prāṇa-vāhinyaḥ) bezeichnet. Ganz ähnlich heißt es in der Shiva Samhita (2.31), die Nadis seien fähig (Daksha), die Körperwinde bzw. -Energien (Vayu, vgl. Vers 25) und Empfindungen (Bhoga) zu leiten (Vaha). Letzteres verweist deutlich auf die Funktion von Nerven: etā bhoga-vahā nāḍyo vāyu-sañcāra-dakṣakāḥ.

Vers 18

18. (Diese zehn wichtigsten Nadis sind:) Ida, Pingala, und als dritte Sushumna, Gandhari, Hastijihva, Pusha und Yashasvini ...


इडा च पिङ्गला चैव सुषुम्णा च तृतीयका |
गान्धारी हस्तिजिह्वा च पूषा चैव यशस्विनी || १८ ||
iḍā ca piṅgalā caiva suṣumṇā ca tṛtīyakā |
gāndhārī hasti-jihvā ca pūṣā caiva yaśasvinī || 18 ||
ida cha pingala chaiva sushumna ca tritiyaka |
gandharī hasti-jihva cha pusha chaiva yashasvini || 18 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

iḍā : Ida
ca : und (Cha)
piṅgalā : Pingala
ca : und
eva : ebenso ("so", Eva)
suṣumṇā : Sushumna
ca : und
tṛtīyakā : als dritte (Tritiyaka)
gāndhārī : Gandhari
hasti-jihvā : Hastijihva
ca : und
pūṣā : Pusha
ca : und
eva : ebenso
yaśasvinī : Yashasvini

Vers 19

19. ... Alambusha, Kuhu, und als zehnte wird Yashasvini gelehrt. Dieses aus den feinstoffliche Energiekanälen (Nadi) bestehende Netzwerk sollte den Yogis immer bekannt sein.


अलम्बुषा कुहूश्चैव शङ्खिनी दशमी स्मृता |
एतन्नाडिमयं चक्रं ज्ञातव्यं योगिभिः सदा || १९ ||
alambuṣā kuhūś caiva śaṅkhinī daśamī smṛtā |
etan nāḍi-mayaṃ cakraṃ jñātavyaṃ yogibhiḥ sadā || 19 ||
alambusha kuhush chaiva shankhini dashami smrita |
etan nadi-mayam chakram jnatavyam yogibhih sada || 19 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

alambuṣā : Alambusha
kuhūś : (Kuhu)
ca : und (Cha)
eva : ebenso ("so", Eva)
śaṅkhinī : Shankhini
daśamī : als zehnte (Dashama)
smṛtā : wird gelehrt ("erinnert", Smrita)
etat : dieses (Etad)
nāḍi-mayam : aus feinstoffliche Energiekanälen, Nerven (Nadi) bestehende ("gemachte", Maya)
cakram : Netzwerk ("Menge", Chakra)
jñātavyam : ist zu kennen, zu verstehen (Jnatavya)
yogibhiḥ : von den Yogis (Yogin)
sadā : jederzeit, immer (Sada)

Vers 20

20. Ida befindet sich auf der linken Seite, und Pingala auf der rechten. Sushumna wiederum befindet sich in der Mitte, und Gandhari endet im linken Auge.


इडा वामे स्थिता भागे पिङ्गला दक्षिणे तथा |
सुषुम्णा मध्यदेशे तु गान्धारी वामचक्षुषि || २० ||
iḍā vāme sthitā bhāge piṅgalā dakṣiṇe tathā |
suṣumṇā madhya-deśe tu gāndhārī vāma-cakṣuṣi || 20 ||
ida vame sthita bhage pingala dakshine tatha |
sushumna madhya-deshe tu gandhari vama-cakshushi || 20 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

iḍā : Ida
vāme : auf der linken (Vama)
sthitā : befindet sich (Sthita)
bhāge : Seite ("Teil", Bhaga)
piṅgalā : Pingala
dakṣiṇe : auf der rechten (Dakshina)
tathā : und (Tatha)
suṣumṇā : Sushumna
madhya-deśe : im mittleren Raum, in der Leibesmitte (Madhyadesha)
tu : aber, wiederum (Tu)
gāndhārī : Gandhari
vāma-cakṣuṣi : (endet) im linken (Vama) Auge (Chakshus)

Vers 21

21. Hastijihva endet im rechten Auge, und Pusha im rechten Ohr. Yashasvini endet im linken Ohr, und Alambusha im Mund.


दक्षिणे हस्तिजिह्वा च पूषा कर्णे च दक्षिणे |
यशस्विनी वामकर्णे चानने वाप्यलम्बुषा || २१ ||
dakṣiṇe hasti-jihvā ca pūṣā karṇe ca dakṣiṇe |
yaśasvinī vāma-karṇe cānane vāpy alambuṣā || 21 ||
dakshine hasti-jihva cha pusha karne cha dakshine |
yashasvini vama-karne chanane vapy alambusha || 21 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

dakṣiṇe : (endet) im rechten (Auge, Dakshina)
hasti-jihvā : Hastijihva
ca : und (Cha)
pūṣā : Pusha
karṇe : Ohr (Karna)
ca : und
dakṣiṇe : im rechten
yaśasvinī : Yashasvini
vāma-karṇe : im linken (Vama) Ohr
ca : und
ānane : im Mund (Anana)
 : schließlich ("oder", Va)
api : auch (Api)
alambuṣā : Alambusha

Vers 22

22. Kuhu endet im Bereich des männlichen Gliedes, und Shankhini im Bereich des Wurzelzentrums (Anus). Auf diese Weise führen die zehn feinstofflichen Energiekanäle (Nadi) zu ihren jeweiligen Körperöffnungen.


कुहूश्च लिङ्गदेशे तु मूलस्थाने च शङ्खिनी |
एवं द्वारमुपाश्रित्य तिष्ठन्ति दश नाडिकाः || २२ ||
kuhūś ca liṅga-deśe tu mūla-sthāne ca śaṅkhinī |
evaṃ dvāram upāśritya tiṣṭhanti daśa nāḍikāḥ || 22 ||
kuhush cha linga-deshe tu mula-sthane ca shankhini |
evam dvaram upashritya tishthanti dasha nadikah || 22 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

kuhūḥ : Kuhu
ca : und (Cha)
liṅga-deśe : (endet) im Bereich (Desha) des männlichen Gliedes (Linga)
tu : aber, wiederum (Tu)
mūla-sthāne : (endet) im Bereich des Wurzelzentrums (Mulasthana)
ca : und
śaṅkhinī : Shankhini
evam : so, auf diese Weise (Evam)
dvāram : zu der (jeweiligen) Körperöffnung ("Tür", Dvara)
upāśritya : indem sie hinführen ("sich begeben habend", upa + ā + śri)
tiṣṭhanti : existieren (sthā)
daśa : die zehn (Dasha)
nāḍikāḥ : feinstofflichen Energiekanäle, Nerven (Nadika)

Anmerkungen: Der Ursprung (Yoni) aller Nadis liegt laut Vers 16 im Kanda, von wo aus sie sich verzweigen und zu ihren jeweiligen Organen oder Körperöffnungen (Dvara) führen. In Vers 20 bis 21 werden die entsprechenden Nadis mit ihrem jeweiligen Zielorgan rechtes bzw. linkes Auge, rechtes bzw. linkes Ohr sowie der Mund aufgeführt. Daher liegt es nahe, das Kuhu im Bereich des Penis (Linga), d.h. in der Harnröhre endet, und Shankhini im Bereich des Anus. So heißt es auch in der Shiva Samhita (2.29), dass die einzelnen Nadis zum Penis (Medhra), Anus (Payu) usw. führen (dort wird als deren Ursprung allerdings nicht der Kanda, sondern Muladhara genannt).

Mit mūla-sthāne "im Bereich der Wurzel" ist wohl parallel zum Anus (vgl. guda-sthāne "im Bereich des Afters" in Vers 11) zugleich das Muladhara Chakra gemeint. Der Ausdruck liṅga-deśe "im Bereich des Penis" verweist möglicherweise auch auf das Svadhishthana Chakra (vgl. Vers 14 nebst Anm.). Aufgrund der notwendigerweise äußerst knappen Ausdrucksweise würde dann einmal mit einem Körperteil (liṅga-deśe, "Penisgegend") auf das dazugehörige Energiezentrum (Svadhishthana) verwiesen, und umgekehrt mit einem Chakra (mūla-sthāne) auf den damit in Verbindung stehenden Körperbereich (Anus).

Vers 23

23. Drei dieser feinstofflichen Energiekanäle (Nadi), die fortwährend die Lebensenergie (Prana) transportieren, werden besonders gepriesen: Ida, Pingala und Sushumna. Ihre jeweiligen Gottheiten sind der Mond, die Sonne und das Feuer.


सततं प्राणवाहिन्यः सोमसूर्याग्निदेवताः |
इडापिङ्गलासुषुम्णास्तिस्रो नाड्य उदाहृताः || २३ ||
satataṃ prāṇa-vāhinyaḥ soma-sūryāgni-devatāḥ |
iḍā-piṅgalā-suṣumṇās tisro nāḍya udāhṛtāḥ || 23 ||
satatam prana-vahinyah soma-suryagni-devatah |
ida-pingala-sushumnas tisro nadya udahritah || 23 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

satatam : fortwährend, stets (Satata)
prāṇa-vāhinyaḥ : die die Lebensenergie ("den Lebensatem", Prana) mit sich führen, transportieren (Vahin)
soma-sūryāgni-devatāḥ : (deren) Gottheiten (Devata) der Mond (Soma), die Sonne (Surya) und das Feuer (Agni) sind
iḍā-piṅgalā-suṣumṇāḥ : Ida, Pingala und Sushumna
tisraḥ : die drei (Tri)
nāḍyaḥ : feinstofflichen Energiekanäle, Nerven (Nadi)
udāhṛtāḥ : werden gepriesen ("erwähnt", Udahrita)

Vers 24

24. Prana, Apana, Samana, Udana und Vyana, sowie Naga, Kurma, Krikara, Devadatta und Dhananjaya (sind die Haupt- bzw. Neben-Vayus).


प्राणापानौ समानश्च ह्य् उदानो व्यान एव च |
नागः कूर्मश्च कृकरो देवदत्तो धनञ्जयः || २४ ||
prāṇāpānau samānaś ca hy udāno vyāna eva ca |
nāgaḥ kūrmaś ca kṛkaro deva-datto dhanañ-jayaḥ || 24 ||
pranapanau samanash cha hy udano vyana eva cha |
nagah kurmash cha krikaro deva-datto dhanan-jayaḥ || 24 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

prāṇāpānau : Prana ("Atem, Lebenshauch, Leben") und Apana
samānaḥ : Samana
ca : und (Cha)
hi : gewiss (Hi)
udānaḥ : Udana
vyānaḥ : Vyana
eva : ebenso ("so", Eva)
ca : und
nāgaḥ : Naga ("Schlange, Schlanendämon")
kūrmaḥ : Kurma ("Schildkröte")
ca : und
kṛkaraḥ : Krikara ("Rebhuhn")
deva-dattaḥ : Devadatta ("der Gottgegebene")
dhanañ-jayaḥ : Dhananjaya ("der Reichtümer gewinnt")

Vers 25

25. Die fünf Naga usw. genannten und die fünf Prana usw. genannten Neben- bzw. Haupt-Vayus (Lebenswinde) zirkulieren in Form der Lebenskräfte in den Tausenden von feinstoffliche Energiekanälen (Nadi).


नागाद्याः पञ्च विख्याताः प्राणाद्याः पञ्च वायवः |
एते नाडिसहस्रेषु वर्तन्ते जीवरूपिणः || २५ ||
nāgādyāḥ pañca vikhyātāḥ prāṇādyāḥ pañca vāyavaḥ |
ete nāḍi-sahasreṣu vartante jīva-rūpiṇaḥ || 25 ||
nagadyah pancha vikhyatah pranadyah pancha vayavah |
ete nadi-sahasreshu vartante jiva-rupinah || 25 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

nāgādyāḥ : Naga usw. (Adya)
pañca : fünf (Pancha)
vikhyātāḥ : genannten, bekannten (Vikhyata)
prāṇādyāḥ : Prana usw.
pañca : fünf
vāyavaḥ : Körperwinde ("Winde", Vayu)
ete : diese (Etad)
nāḍi-sahasreṣu : in den Tausenden (Sahasra) von feinstoffliche Energiekanälen, Nerven (Nadi)
vartante : befinden sich, fließen, verlaufen (vṛt)
jīva-rūpiṇaḥ : in Form, Gestalt (Rupin) des Lebens (Jiva)

Anmerkung: Mit "Naga usw." (nāgādyāḥ) und "Prana usw." (prāṇādyāḥ) werden hier die in Vers 24 einzeln aufgezählten jeweils fünf Neben- bzw. Haupt-Vayus zusammengefasst.

Vers 26

26. Das Lebensprinzip (Jiva), das sich in der Gewalt von Prana und Apana befindet, bewegt sich entlang der linken und rechten Energiebahn abwärts und aufwärts. Aufgrund seiner Unstetheit wird es nicht wahrgenommen.


प्राणापानवशो जीवो ह्यधश्चोर्ध्वं च धावति |
वामदक्षिणमार्गेण चञ्चलत्वान्न दृश्यते || २६ ||
prāṇāpāna-vaśo jīvo hy adhaś cordhvaṃ ca dhāvati |
vāma-dakṣiṇa-mārgeṇa cañcalatvān na dṛśyate || 26 ||
pranapana-vasho jivo hy adhash chordhvam cha dhavati |
vama-dakshina-margena chanchalatvan na drishyate || 26 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

prāṇāpāna-vaśaḥ : in der Gewalt (Vasha) von Prana und Apana
jīvaḥ : das Leben, das Lebensprinzip, die Individualseele (Jiva)
hi : gewiss (Hi)
adhaḥ : nach unten (Adhas)
ca : und (Cha)
ūrdhvam : nach oben (Urdhva)
ca : und
dhāvati  : bewegt sich ("läuft", dhāv)
vāma-dakṣiṇa-mārgeṇa : entlang des linken (Vama) und rechten (Dakshina) Pfades (Marga)
cañcalatvāt : aufgrund seiner Unstetheit, Beweglichkeit (Chanchalatva)
na : nicht (Na)
dṛśyate : es wird wahrgenommen, bemerkt ("gesehen", dṛś)

Vers 27

27. So wie ein Ball, der mit einem Stock gegen den Boden geschleudert wird, wieder aufspringt, genauso wird das von Prana und Apana bewegte Lebensprinzip (Jiva) von diesen beiden hin und her gezogen.


आक्षिप्तो भुवि दण्डेन यथोच्चलति कन्दुकः |
प्राणापानसमाक्षिप्तस्तथा जीवोऽनुकृष्यते || २७ ||
ākṣipto bhuvi daṇḍena yathoccalati kandukaḥ |
prāṇāpāna-samākṣiptas tathā jīvo'nukṛṣyate || 27 ||
akshipto bhuvi dandena yathocchalati kandukah |
pranapana-samakshiptas tatha jivo'nukrishyate || 27 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

ākṣiptaḥ : der geworfen, geschleudert wird ("geworfen wurde", Akshipta)
bhuvi : auf die Erde, gegen den Boden (Bhu)
daṇḍena : mit einem Stock (Danda)
yathā : so wie (Yatha)
uccalati : aufspringt, zurückprallt (ud + cal)
kandukaḥ : ein Ball, Spielball (Kanduka)
prāṇāpāna-samākṣiptaḥ : das von Prana und Apana geworfen, heftig bewegt wird wird ("geworfen wurde", Samakshipta)
tathā : genauso (Tatha)
jīvaḥ : das Leben, das Lebensprinzip, die Individualseele (Jiva)
anukṛṣyate : wird hinterhergezogen, angezogen (anu + kṛṣ)

Vers 28

28. So wie ein mit einem Strick angebundener Falke wieder herangezogen wird, wenn er weggeflogen ist, genauso wird das Lebensprinzip (Jiva), solange es an die Stricke (Guna) der Urnatur gebunden ist, zurückgezogen.


रज्जुबद्धो यथा श्येनो गतोऽप्याकृष्यते पुनः |
गुणबद्धस्तथा जीवः प्राणापानेन कृष्यते || २८ ||
rajju-baddho yathā śyeno gato'py ākṛṣyate punaḥ |
guṇa-baddhas tathā jīvaḥ prāṇāpānena kṛṣyate || 28 ||
rajjubaddho yatha shyeno gato'py akrishyate punah |
guna-baddhas tatha jivah pranapanena krishyate || 28 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

rajju-baddhaḥ : ein mit einem Strick (Rajju) angebundener (Baddha)
yathā : so wie (Yatha)
śyenaḥ : Falke (Shyena)
gataḥ : (wenn) er weggeflogen ist ("weggegangen", Gata)
api : auch, sogar (Api)
ākṛṣyate : herangezogen, mit sich fortgezogen wird (ā + kṛṣ)
punaḥ : wieder (Punar)
guṇa-baddhaḥ : (wenn) es an die Stricke (der Urnatur, Guna) gebunden (Baddha) ist
tathā : genauso (Tatha)
jīvaḥ : das Leben, das Lebensprinzip, die Individualseele (Jiva)
prāṇāpānena : von Prana und Apana
kṛṣyate : wird gezogen (kṛṣ)

Anmerkung: Der Vergleich zielt auf einen Jagdfalken ab, den der Falkner an einer Leine hält. Die Gunas sind Tamas, Rajas und Sattva, die drei Bestandteile bzw. "Eigenschaften" der Urnatur (Prakriti). Das Wort guṇa bedeutet auch "Schnur, Strick".

Sanskrit Text Goraksha Shataka Version eins

(Version Kaivalyadham Institute)

Gorakṣa-śatakam
oṃ parama-gurave gorakṣanāthāya namaḥ
oṃ gorakṣa-śatakaṃ vakṣye bhava-pāśa-vimuktaye /
ātma-bodha-karaṃ puṃsāṃ viveka-dvāra-kuñcikām // 1 //

etad vimukti-sopānam etat kālasya vañcanam /

yad vyāvṛttaṃ mano mohād āsaktaṃ paramātmani // 2 //

dvija-sevita-śākhasya śruti-kalpa-taroḥ phalam /

śamanaṃ bhava-tāpasya yogaṃ bhajati sajjanaḥ // 3 //

āsanaṃ prāṇa-saṃyāmaḥ pratyāhāro'tha dhāraṇā /

dhyānaṃ samādhir etāni yogāṅgāni bhavanti ṣaṭ // 4 //

āsanāni tu tāvanti yāvatyo jīva-jātayaḥ /

eteṣām akhilān bhedān vijānāti maheśvaraḥ // 5 //

caturāśīti-lakṣāṇāṃ ekam ekam udāhṛtam /

tataḥ śivena pīṭhānāṃ ṣoḍeśānaṃ śataṃ kṛtam // 6 //

āsanebhyaḥ samastebhyo dvayam eva viśiṣyate /

ekaṃ siddhāsanaṃ proktaṃ dvitīyaṃ kamalāsanam // 7 //

yoni-sthānakam aṅghri-mūla-ghaṭitaṃ kṛtvā dṛḍhaṃ vinyasen meḍhre pādam athaikam eva niyataṃ kṛtvā samaṃ vigraham /

sthāṇuḥ saṃyamitendriyo'cala-dṛśā paśyan bhruvor antaram etan mokṣa-kavāṭa-bheda-janakaṃ siddhāsanaṃ procyate // 8 //

vāmorūpari dakṣiṇaṃ hi caraṇaṃ saṃsthāpya vāmaṃ tathā dakṣorūpari paścimena vidhinā dhṛtvā karābhyāṃ dṛḍham /

aṅguṣṭhau hṛdaye nidhāya cibukaṃ nāsāgram ālokayed etad-vyādhi-vikāra-hāri yamināṃ padmāsanaṃ procyate // 9 //

ādhāraḥ prathamaṃ cakraṃ svādhiṣṭhānaṃ dvitīyakam /

yoni-sthānaṃ dvayor madhye kāma-rūpaṃ nigadyate // 10 //

ādhārākhye guda-sthāne paṅkajaṃ yac caturdalam /

tan-madhye procyate yoniḥ kāmākhyā siddha-vanditā // 11 //

yoni-madhye mahāliṅgaṃ paścimābhimukhaṃ sthitam /

mastake maṇivad bhinnaṃ yo jānāti sa yogavit // 12 //

tapta-cāmīkarābhāsaṃ taḍil-lekheva visphurat /

caturasraṃ puraṃ vahner adho-meḍhram evābhidhīyate // 13 //

sva-śabdena bhavet prāṇaḥ svādhiṣṭhānaṃ tad-āśrayaḥ /

svādhiṣṭhānākhyayā tasmān meḍhram evābhidhīyate // 14 //

tantunā maṇivat proto yatra kandaḥ suṣumṇayā /

tan-nābhi-maṇḍalaṃ cakraṃ procyate maṇi-pūrakam // 15 //

ūrdhvaṃ meḍhrād adho nābheḥ kanda-yoniḥ sva-gāṇḍavat /

tatra nāḍyaḥ samutpannāḥ sahasrāṇi dvisaptatiḥ // 16 //

teṣu nāḍi-sahasreṣu dvisaptatir udāhṛtāḥ /

prādhānyāt prāṇa-vāhinyo bhūyas tatra daśa smṛtāḥ // 17 //

iḍā ca piṅgalā caiva suṣumṇā ca tṛtīyakā /

gāndhārī hasti-jihvā ca pūṣā caiva yaśasvinī // 18 //

alambuṣā kuhūś caiva śaṅkhinī daśamī smṛtā /

etan nāḍi-mayaṃ cakraṃ jñātavyaṃ yogibhiḥ sadā // 19 //

iḍā vāme sthitā bhāge piṅgalā dakṣiṇe tathā /

suṣumṇā madhya-deśe tu gāndhārī vāma-cakṣuṣi // 20 //

dakṣiṇe hasti-jihvā ca pūṣā karṇe ca dakṣiṇe /

yaśasvinī vāma-karṇe cāsane vāpy alambuṣā // 21 //

kūhuś ca liṅga-deśe tu mūla-sthāne ca śaṅkhinī /

evaṃ dvāram upāśritya tiṣṭhanti daśa nāḍikāḥ // 22 //

satataṃ prāṇa-vāhinyaḥ soma-sūryāgni-devatāḥ /

iḍā-piṅgalā-suṣumṇā ca tisro nāḍya udāhṛtāḥ // 23 //

prāṇāpānau samānaś ca hy udāno vyāna eva ca /

nāgaḥ kūrmaś ca kṛkaro devadatto dhanañjayaḥ // 24 //

nāgādyāḥ pañca vikhyātāḥ prāṇādyāḥ pañca vāyavaḥ /

ete nāḍi-sahasreṣu vartante jīva-rūpiṇaḥ // 25 //

prāṇāpāna-vaśo jīvo hy adhaś cordhvaṃ ca dhāvati /

vāma-dakṣiṇa-mārgeṇa cañcalatvān na dṛśyate // 26 //

ākṣipto bhuvi daṇḍena yathoccalati kandukaḥ /

prāṇāpāna-samākṣiptas tathā jīvo'nukṛṣyate // 27 //

rajju-baddho yathā śyeno gato'py ākṛṣyate(?) /

guṇa-baddhas tathā jīvaḥ prāṇāpānena kṛṣyate // 28 //

apānaḥ karṣati prāṇaḥ prāṇo'pānaṃ ca karṣati /

ūrdhvādhaḥ saṃsthitāv etau yo jānāti sa yogavit // 29 //

kandordhve kuṇḍalī-śaktir aṣṭadhā kuṇḍalī-kṛtā /

brahma-dvāra-mukhaṃ nityaṃ mukhenāvṛtya tiṣṭhati // 30 //

prabuddhā vahni-yogena manasā mārutā hatā /

prajīva-guṇam ādāya vrajaty ūrdhvaṃ suṣumṇayā // 31 //

mahāmudrāṃ namo-mudrām uḍḍiyānaṃ jalandharam /

mūla-bandhaṃ ca yo vetti sa yogī siddhi-bhājanam // 32 //


vakṣo-nyasta-hanur nipīḍya suciraṃ yoniṃ ca vāmāṅghriṇā hastābhyām avadhāritaṃ prasaritaṃ pādaṃ tathā dakṣiṇam /
āpūrya śvasanena kukṣi-yugalaṃ baddhvā śanai recayed eṣā pātaka-nāśinī sumahatī mudrā nṝṇāṃ procyate // 33 //


kapāla-kuhare jihvā praviṣṭā viparītagā /
bhruvor antargatā dṛṣṭir mudrā bhavati khecarī // 34 //

ūrdhvaṃ meḍhrād adho nābher uḍḍiyānaṃ pracakṣate /

uḍḍiyāna-jayo bandho mṛtyu-mātaṅga-kesarī // 35 //

jālandhare kṛte bandhe kaṇṭha-saṅkoca-lakṣaṇe /

na pīyūṣaṃ pataty agnau na ca vāyuḥ prakupyati // 36 //

pārṣṇi-bhāgena sampīḍya yonim ākuñcayed gudam /

apānam ūrdhvam ākṛṣya mūla-bandho nigadyate // 37 //

yataḥ kāla-bhayāt brahmā prāṇāyāma-parāyaṇaḥ /

yogino munayaś caiva tataḥ prāṇaṃ nibandhayet // 38 //

cale vāte calaṃ sarvaṃ niścale niścalaṃ bhavet /

yogī sthāṇutvam āpnoti tato vāyuṃ nibandhayet // 39 //

ṣaṭ-triṃśad-aṅgulaṃ haṃsaḥ prayāṇaṃ kurute bahiḥ /

vāma-dakṣiṇa-mārgeṇa tataḥ prāṇo'bhidhīyate // 40 //

baddha-padmāsano yogī namaskṛtya guruṃ śivam /

nāsāgra-dṛṣṭir ekākī prāṇāyāmaṃ samabhyaset // 41 //

prāṇo deha-sthito vāyur āyāmas tan-nibandhanam /

eka-śvāsa-mayī mātrā tad yogī gaganāyate // 42 //

baddha-padmāsano yogī prāṇaṃ candreṇa pūrayet /

dhārayitvā yathā-śakti bhūyaḥ sūryeṇa recayet // 43 //

amṛtodadhi-saṅkāśaṃ kṣīroda-dhavala-prabham /

dhyātvā candramayaṃ bimbaṃ prāṇāyāme sukhī bhavet // 44 //

prāṇaṃ sūryeṇa cākṛṣya pūrayed udaraṃ śanaiḥ /

kumbhayitvā vidhānena bhūyaś candreṇa recayet // 45 //

prajvalaj-jvalana-jvālā- puñjam āditya-maṇḍalam /

dhyātvā nābhi-sthitaṃ yogī prāṇāyāme sukhī bhavet // 46 //

recakaḥ pūrakaś caiva kumbhakaḥ praṇavātmakaḥ /

prāṇāyāmo bhavet tredhā mātrā dvādaśa-saṃyutaḥ // 47 //

dvādaśādhamake mātrā madhyame dviguṇās tataḥ /

uttame triguṇā mātrāḥ prāṇāyāmasya nirṇayaḥ // 48 //

adhame ca ghano gharmaḥ kampo bhavati madhyame /

uttiṣṭhaty uttame yogī baddha-padmāsano muhuḥ // 49 //

aṅgānāṃ mardanaṃ śastaṃ śrama-saṃjāta-vāriṇā /

kaṭv-amla-lavaṇa-tyāgī kṣīra-bhojanam ācaret // 50 //

mandaṃ mandaṃ pibed vāyuṃ mandaṃ mandaṃ viyojayet /

nādhikaṃ stambhayed vāyuṃ na ca śīghraṃ vimocayet // 51 //

ūrdhvam ākṛṣya cāpānaṃ vātaṃ prāṇe niyojayet /

mūrdhānaṃ nīyate śaktyā sarva-pāpaiḥ pramucyate // 52 //

prāṇāyāmo bhavaty evaṃ pātakendhana-pātakaḥ /

enombudhi-mahā-setuḥ procyate yogibhiḥ sadā // 53 //

āsanena rujo hanti prāṇāyāmena pātakam /

vikāraṃ mānasaṃ yogī pratyāhāreṇa sarvadā // 54 //

candrāmṛta-mayīṃ dhārāṃ pratyāhārati bhāskaraḥ /

tat-pratyāharaṇaṃ tasya pratyāhāraḥ sa ucyate // 55 //

ekā strī bhujyate dvābhyām āgatā soma-maṇḍalāt /

tṛtīyo yo bhavet tābhyāṃ sa bhavaty ajarāmaraḥ // 56 //

nābhideśe bhavaty eko bhāskaro dahanātmakaḥ /

amṛtātmā sthito nityaṃ tālumūle ca candramāḥ // 57 //

varṣaty adhomukhaś candro grasaty ūrdhva-mukho raviḥ /

jñātavyaṃ karaṇaṃ tatra yena pīyūṣam āpyate // 58 //

ūrdhva-nābhir adhas tālu ūrdhva-bhānur adhaḥ śaśī /

karaṇaṃ viparītākhyaṃ guru-vaktreṇa labhyate // 59 //

tridhā baddho vṛṣo yatra rauravīti mahāsvanam /

anāhataṃ ca tac cakraṃ hṛdaye yogino viduḥ // 60 //

anāhatam atikramya cākramya maṇipūrakam /

prāpte prāṇaṃ mahāpadmaṃ yogitvam amṛtāyate // 61 //

viśabdaḥ saṃsmṛto haṃso nirmalaḥ śuddha ucyate /

ataḥ kaṇṭhe viśuddhākhye cakraṃ cakra-vido viduḥ // 62 //

viśuddhe parame cakre dhṛtvā soma-kalā-jalam /

māsena na kṣayaṃ yāti vañcayitvā mukhaṃ raveḥ // 63 //

sampīḍya rasanāgreṇa rāja-danta-bilaṃ mahat /

dhyātvāmṛtamayīṃ devīṃ ṣaṇ-māsena kavir bhavet // 64 //

amṛtāpūrṇa-dehasya yogino dvi-tri-vatsarāt /

ūrdhvaṃ pravartate reto'py aṇimādi-guṇodayaḥ // 65 //

indhanāni yathā vahnis taila-varti ca dīpakaḥ /

tathā somakalā-pūrṇaṃ dehī dehaṃ na muñcati // 66 //

āsanena samāyuktaḥ prāṇāyāmena saṃyutaḥ /

pratyāhāreṇa saṃyukto dhāraṇāṃ ca samabhyaset // 67 //

hṛdaye pañca-bhūtānāṃ dhāraṇāṃ ca pṛthak pṛthak /

manaso niścalatvena dhāraṇā ca vidhīyate // 68 //

yā pṛthvī hari-tāla-deśa-rucirā pītā lakārānvitā saṃyuktā kamalāsanena hi catuṣkoṇā hṛdi sthāyinī /

prāṇaṃ tatra vinīya pañca-ghaṭikāś cittānvitaṃ dhārayed eṣā stambhakarī sadā kṣitijayaṃ kuryād bhuvo dhāraṇā // 69 //

ardhendu-pratimaṃ ca kunda-dhavalaṃ kaṇṭhe'mbu-tattavṃ sthitaṃ yat pīyūṣa-va-kāra-bīja-sahitaṃ yuktaṃ sadā viṣṇunā /

prāṇaṃ tatra vinīya pañca-ghaṭikāś cittānvitaṃ dhārayed eṣā durvaha-kāla-kūṭa-jaraṇā syād vāriṇī dhāraṇā // 70 //

yat tāla-sthitam indra-gopa-sadṛśaṃ tattvaṃ trikoṇojjvalaṃ tejo-repha-mayaṃ pravāla-ruciraṃ rudreṇa yat saṅgatam /

prāṇaṃ tatra vinīya pañca-ghaṭikāś cittānvitaṃ dhārayed eṣā vahni-jayaṃ sadā vidadhate vaiśvānarī dhāraṇā // 71 //

yad bhinnāñjana-puñja-sānnibham idaṃ tattvaṃ bhruvor antare vṛttaṃ vāyumayaṃ ya-kāra-sahitaṃ yatreśvaro devatā /

prāṇaṃ tatra vinīya pañca-ghaṭikāś cittānvitaṃ dhārayed eṣā khe gamanaṃ karoti yamināṃ syād vāyavī dhāraṇā // 72 //

ākāśaṃ suviśuddha-vāri-sadṛśaṃ yad brahma-randhre sthitaṃ tatrādyena sadā-śivena sahitaṃ śāntaṃ ha-kārākṣaram /

prāṇaṃ tatra vinīya pañca-ghaṭikāś cittānvitaṃ dhārayed eṣā mokṣa-kavāṭa-pāṭana-paṭuḥ proktā nabho-dhāraṇā // 73 //

stambhanī drāvaṇī caiva dahanī bhrāmaṇī tathā /

śoṣaṇī ca bhavanty evaṃ bhūtānāṃ pañca dhāraṇāḥ // 74 //

karmaṇā manasā vācā dhāraṇāḥ pañca durlabhāḥ /

vidhāya satataṃ yogī sarva-pāpaiḥ pramucyate // 75 //

sarvaṃ cintā-samāvarti yogino hṛdi vartate /

yat tattve niścitaṃ cetas tat tu dhyānaṃ pracakṣate // 76 //

dvidhā bhavati tad dhyānaṃ sa-guṇaṃ nirguṇaṃ tathā /

saguṇaṃ varṇa-bhedena nirguṇaṃ kevalaṃ viduḥ // 77 //

ādhāraṃ prathamaṃ cakraṃ tapta-kāñcana-sannibham /

nāsāgre dṛṣṭim ādāya dhyātvā muñcati kilbiṣam // 78 //

svādhiṣṭhānaṃ dvitīyaṃ tu san-māṇikya-suśobhanam /

nāsāgre dṛṣṭim ādāya dhyātvā muñcati pātakam // 79 //

taruṇāditya-saṃkāśaṃ cakraṃ ca maṇipūrakam /

nāsāgre dṛṣṭim ādāya dhyātvā saṃkṣobhayej jagat // 80 //

[verse missing]

vidyut-prabhāvaṃ hṛt-padme prāṇāyāma-vibhedanaiḥ /
nāsāgre dṛṣṭim ādāya dhyātvā brahma-mayo bhavet // 82 //

santataṃ ghaṇṭikā-madhye viśuddhaṃ cāmṛtodbhavam /

nāsāgre dṛṣṭim ādāya dhyātvā brahma-mayo bhavet // 83 //

bhruvor madhye sthitaṃ devaṃ snigdha-mauktika-sannibham /

nāsāgre dṛṣṭim ādāya dhyātvā'nandamayo bhavet // 84 //

nirguṇaṃ ca śivaṃ śāntaṃ gagane viśvatomukham /

nāsāgre dṛṣṭim ādāya dhyātvā duḥkhād vimucyate // 85 //

gudaṃ meḍhraṃ ca nābhiṃ ca hṛt-padme ca tad-ūrdhvataḥ /

ghaṇṭikāṃ lampikā-sthānaṃ bhrū-madhye parameśvaram // 86 //

nirmalaṃ gaganākāraṃ marīci-jala-sannibham /

ātmānaṃ sarvagaṃ dhyātvā yogī yogam avāpnuyāt // 87 //

kathitāni yathaitāni dhyāna-sthānāni yoginām /

upādhi-tattva-yuktāni kurvanty aṣṭa-guṇodayam // 88 //

upādhiś ca tathā tattvaṃ dvayam evam udāhṛtam /

upādhiḥ procyate varṇas tattvam ātmābhidhīyate // 89 //

upādhir anyathā-jñānaṃ tattvaṃ saṃsthitam anyathā /

samastopādhi-vidhvaṃsi sadābhyāsena yoginām // 90 //

ātma-varṇena bhedena dṛśyate sphāṭiko maṇiḥ /

mukto yaḥ śakti-bhedena so'yam ātmā praśasyate // 91 //

nirātaṅkaṃ nirālambaṃ niṣprapañcaṃ nirāśrayam /

nirāmayaṃ nirākāraṃ tattvaṃ tattvavido viduḥ // 92 //

śabdādyāḥ pañca yā mātrā yāvat karṇādiṣu smṛtāḥ /

tāvad eva smṛtaṃ dhyānaṃ tat-samādhir ataḥ param // 93 //

yadā saṃkṣīyate prāṇo mānasaṃ ca vilīyate /

tadā sama-rasaikatvaṃ samādhir abhidhīyate // 94 //

[verse missing]

dhāraṇāḥ pañca-nāḍyas tu dhyānaṃ ca ṣaṣṭhi-nāḍikāḥ /
dina-dvādaśakenaiva samādhiḥ prāṇa-saṃyamaḥ // 96 //

na gandhaṃ na rasaṃ rūpaṃ na sparśaṃ na ca niḥsvanam /

ātmānaṃ na paraṃ vetti yogī yuktaḥ samādhinā // 97 //

khādyate na ca kālena bādhyate na ca karmaṇā /

sādhyate na ca kenāpi yogī yuktaḥ samādhinā // 98 //

nirmalaṃ niścalaṃ nityaṃ niṣkriyaṃ nirguṇaṃ mahat /

vyoma-vijñānam ānandaṃ brahma brahma-vido viduḥ // 99 //

dugdhe kṣīraṃ dhṛte sarpir agnau vahnir ivārpitaḥ /

advayatvaṃ vrajen nityaṃ yogavit parame pade // 100 //

bhava-bhaya-vane vahnir mukti-sopāna-mārgataḥ /

advayatvaṃ vrajen nityaṃ yogavit parame pade // 101 //


gorakṣa-śatakaṃ samāptam

Goraksha Shataka Version 2

Hier die zweite Version vom Goraksha Shataka, basierend auf der Ausgabe von George Weston Briggs "Gorakhnath and the Kanphata Yogis (1939)":

gorakṣa-śatakam
oṃ haṭha-yoga-gorakṣa-śataka-prārambhaḥ
śrī-guruṃ paramānandaṃ vande svānanda-vigraham /
yasya saṃnidhya-mātreṇa cidānandāyate tanuḥ // GorS(2)_1 //
antar-niścalitātma-dīpa-kalikā-svādhāra-bandhādibhiḥ yo yogī yuga-kalpa-kāla-kalanāt tvaṃ jajegīyate /
jñānāmoda-mahodadhiḥ samabhavad yatrādināthaḥ svayaṃ vyaktāvyakta-guṇādhikaṃ tam aniśaṃ śrī-mīnanāthaṃ bhaje // GorS(2)_2 //
namaskṛtya guruṃ bhaktyā gorakṣo jñānam uttamam /
abhīṣṭaṃ yogināṃ brūte paramānanda-kārakam // GorS(2)_3 //
gorakṣaḥ śatakaṃ vakti yogināṃ hita-kāmyayā /
dhruvaṃ yasyāvabodhena jāyate paramaṃ padam // GorS(2)_4 //
etad vimukti-sopānam etat kālasya vañcanam /
yad vyāvṛttaṃ mano mohād āsaktaṃ paramātmani // GorS(2)_5 (=1|2) //
dvija-sevita-śākhasya śruti-kalpa-taroḥ phalam /
śamanaṃ bhava-tāpasya yogaṃ bhajati sajjanaḥ // GorS(2)_6 (=1|3) //
āsanaṃ prāṇa-saṃyāmaḥ pratyāhāro'tha dhāraṇā /
dhyānaṃ samādhir etāni yogāṅgāni bhavanti ṣaṭ // GorS(2)_7 (=1|4) //
āsanāni tu tāvanti yāvatyo jīva-jātayaḥ /
eteṣām akhilān bhedān vijānāti maheśvaraḥ // GorS(2)_8 (=1|5) //
caturāśīti-lakṣāṇāṃ ekam ekam udāhṛtam /
tataḥ śivena pīṭhānāṃ ṣoḍeśānaṃ śataṃ kṛtam // GorS(2)_9 (=1|6) //
āsanebhyaḥ samastebhyo dvayam eva viśiṣyate /
ekaṃ siddhāsanaṃ proktaṃ dvitīyaṃ kamalāsanam // GorS(2)_10 (=1|7) //
yoni-sthānakam aṅghri-mūla-ghaṭitaṃ kṛtvā dṛḍhaṃ vinyasen meḍhre pādam athaikam eva niyataṃ kṛtvā samaṃ vigraham /
sthāṇuḥ saṃyamitendriyo'cala-dṛśā paśyan bhruvor antaram etan mokṣa-kavāṭa-bheda-janakaṃ siddhāsanaṃ procyate // GorS(2)_11 (=1|8) //
vāmorūpari dakṣiṇaṃ hi caraṇaṃ saṃsthāpya vāmaṃ tathā dakṣorūpari paścimena vidhinā dhṛtvā karābhyāṃ dṛḍham /
aṅguṣṭhau hṛdaye nidhāya cibukaṃ nāsāgram ālokayed etad-vyādhi-vikāra-hāri yamināṃ padmāsanaṃ procyate // GorS(2)_12 (=1|9) //
ṣaṭ-cakraṃ ṣoḍaśādhāraṃ trilakṣaṃ vyoma-pañcakam /
sva-dehe ye na jānanti kathaṃ sidhyanti yoginaḥ // GorS(2)_13 //
eka-stambhaṃ nava-dvāraṃ gṛhaṃ pañcādhidaivatam /
sva-dehaṃ ye na jānanti kathaṃ sidhyanti yoginaḥ // GorS(2)_14 //
caturdalaṃ syād ādhāraḥ svādhiṣṭhānaṃ ca ṣaṭ-dalam /
nābhau daśa-dalaṃ padmaṃ sūrya-saṅkhya-dalaṃ hṛdi // GorS(2)_15 //
kaṇṭhe syāt ṣoḍaśa-dalaṃ bhrū-madhye dvidalaṃ tathā /
sahasra-dalam ākhyātaṃ brahma-randhre mahā-pathe // GorS(2)_16 //
ādhāraḥ prathamaṃ cakraṃ svādhiṣṭhānaṃ dvitīyakam /
yoni-sthānaṃ dvayor madhye kāma-rūpaṃ nigadyate // GorS(2)_17 (=1|10) //
ādhārākhyaṃ guda-sthānaṃ paṅkajaṃ ca catur-dalam /
tan-madhye procyate yoniḥ kāmākṣā siddha-vanditā // GorS(2)_18 (=1|11) //
yoni-madhye mahā-liṅgaṃ paścimābhimukhaṃ sthitam /
mastake maṇivad bimbaṃ yo jānāti sa yogavit // GorS(2)_19 (=1|12) //
tapta-cāmīkarābhāsaṃ taḍil-lekheva visphurat /
trikoṇaṃ tat-puraṃ vahner adho-meḍhrāt pratiṣṭhitam // GorS(2)_20 (=1|13) //
yat samādhau paraṃ jyotir anantaṃ viśvato-mukham /
tasmin dṛṣṭe mahā-yoge yātāyātaṃ na vidyate // GorS(2)_21 //
sva-śabdena bhavet prāṇaḥ svādhiṣṭhānaṃ tad-āśrayaḥ /
svādhiṣṭhānāt padād asmān meḍhram evābhidhīyate // GorS(2)_22 (=1|14) //
tantunā maṇivat proto yatra kandaḥ suṣumṇayā /
tan-nābhi-maṇḍalaṃ cakraṃ procyate maṇi-pūrakam // GorS(2)_23 (=1|15) //
dvādaśāre mahā-cakre puṇya-pāpa-vivarjite /
tāvaj jīvo bhramaty eva yāvat tattvaṃ na vindati // GorS(2)_24 //
ūrdhvaṃ meḍhrād adho nābheḥ kanda-yoniḥ khagāṇḍavat /
tatra nāḍyaḥ samutpannāḥ sahasrāṇāṃ dvisaptatiḥ // GorS(2)_25 (=1|16) //
teṣu nāḍi-sahasreṣu dvisaptatir udāhṛtāḥ /
pradhānaṃ prāṇa-vāhinyo bhūyas tatra daśa smṛtāḥ // GorS(2)_26 (=1|17) //
iḍā ca piṅgalā caiva suṣumṇā ca tṛtīyakā /
gāndhārī hasti-jihvā ca pūṣā caiva yaśasvinī // GorS(2)_27 (=1|18) //
alambuṣā kuhūś caiva śaṅkhinī daśamī smṛtā /
etan nāḍi-mayaṃ cakraṃ jñātavyaṃ yogibhiḥ sadā // GorS(2)_28 (=1|19) //
iḍā vāme sthitā bhāge piṅgalā dakṣiṇe tathā /
suṣumṇā madhya-deśe tu gāndhārī vāma-cakṣuṣi // GorS(2)_29 (=1|20) //
dakṣiṇe hasti-jihvā ca pūṣā karṇe ca dakṣiṇe /
yaśasvinī vāma-karṇe cāsane vāpy alambuṣā // GorS(2)_30 (=1|21) //
kuhūś ca liṅga-deśe tu mūla-sthāne ca śaṅkhinī /
evaṃ dvāram upāśritya tiṣṭhanti daśa-nāḍikāḥ // GorS(2)_31 (=1|22) //
iḍā-piṅgalā-suṣumṇā ca tisro nāḍya udāhṛtāḥ /
satataṃ prāṇa-vāhinyaḥ soma-sūryāgni-devatāḥ // GorS(2)_32 (=1|23) //
prāṇo'pānaḥ samānaś ca udāno vyānau ca vāyavaḥ /
nāgaḥ kūrmo'tha kṛkaro devadatto dhanañjayaḥ // GorS(2)_33 (=1|24) //
hṛdi prāṇo vasen nityaṃ apāno guda-maṇḍale /
samāno nābhi-deśe syād udānaḥ kaṇṭha-madhyagaḥ // GorS(2)_34 //
udgāre nāgākhyātaḥ kūrma unmīlane smṛtaḥ /
kṛkaraḥ kṣuta-kṛj jñeyo devadatto vijṛmbhaṇe // GorS(2)_35 //
na jahāti mṛtaṃ cāpi sarva-vyāpi dhanañjayaḥ /
ete sarvāsu nāḍīṣu bhramante jīva-rūpiṇaḥ // GorS(2)_36 (=1|25) //
ākṣipto bhuja-daṇḍena yathoccalati kandukaḥ /
prāṇāpāna-samākṣiptas tathā jīvo na tiṣṭhati // GorS(2)_38 (=1|27) //
prāṇāpāna-vaśo jīvo hy adhaś cordhvaṃ ca dhāvati /
vāma-dakṣiṇa-mārgeṇa cañcalatvān na dṛśyate // GorS(2)_39 (=1|26) //
rajju-baddho yathā śyeno gato'py ākṛṣyate(?) /
guṇa-baddhas tathā jīvaḥ prāṇāpānena kṛṣyate // GorS(2)_40 (=1|28) //
apānaḥ karṣati prāṇaḥ prāṇo'pānaṃ ca karṣati /
ūrdhvādhaḥ saṃsthitāv etau saṃyojayati yogavit // GorS(2)_41 (=1|29) //
ha-kāreṇa bahir yāti sa-kāreṇa viśet punaḥ /
haṃsa-haṃsety amuṃ mantraṃ jīvo japati sarvadā // GorS(2)_42 //
ṣaṭ-śatānitvaho-rātre sahasrāṇy eka-viṃśatiḥ /
etat saṅkhyānvitaṃ mantra jīvo japati sarvadā // GorS(2)_43 //
ajapā nāma gāyatrī yogināṃ mokṣa-dāyinī /
asyāḥ saṅkalpa-mātreṇa sarva-pāpaiḥ pramucyate // GorS(2)_44 //
anayā sadṛśī vidyā anayā sadṛśo japaḥ /
anayā sadṛśaṃ jñānaṃ na bhūtaṃ na bhaviṣyati // GorS(2)_45 //
kundalinyāḥ samudbhūtā gāyatrī prāṇa-dhāriṇī /
prāṇa-vidyā mahā-vidyā yas tāṃ vetti sa yogavit // GorS(2)_46 //
kandordhvaṃ kuṇḍalī śaktir aṣṭadhā kuṇḍalākṛti /
brahma-dvāra-mukhaṃ nityaṃ mukhenācchādya tiṣṭhati // GorS(2)_47 (=1|30) //
yena dvāreṇa gantavyaṃ brahma-sthānam anāmayam /
mukhenācchādya tad-dvāraṃ prasuptā parameśvarī // GorS(2)_48 //
prabuddhā vahni-yogena manasā mārutā hatā /
sūcīvad guṇam ādāya vrajaty ūrdhvaṃ suṣumṇayā // GorS(2)_49 (=1|31) //
prasphurad-bhujagākārā padma-tantu-nibhā śubhā /
prabuddhā vahni-yogena vratya ūrdhvaṃ suṣumṇayā // GorS(2)_50 //
udghaṭayet kapātaṃ tu yathā kuñcikayā haṭhāt /
kuṇḍalinyā tathā yogī mokṣa-dvāraṃ prabhedayet // GorS(2)_51 //
kṛtvā sampuṭitau karau dṛḍhataraṃ baddhvā tu padmāsanaṃ gāḍhaṃ vakṣasi sannidhāya cibukaṃ dhyātvā ca tat prekṣitam /
vāraṃ vāram apānam ūrdhvam anilaṃ proccārayet pūritaṃ muñcan prāṇam upaiti bodham atulaṃ śakti-prabodhān naraḥ // GorS(2)_52 (=HYP 1.50) //
aṅgānāṃ mardanaṃ kuryāc chrama-jātena vāriṇā /
kaṭv-amla-lavaṇa-tyāgī kṣīra-bhojanam ācaret // GorS(2)_53 (=1|50) //
brahmacārī mitāhārī tyāgī yoga-parāyaṇaḥ /
abdād ūrdhvaṃ bhavet siddho nātra kāryā vicāraṇā // GorS(2)_54 (=HYP 1.59) //
susnigdhaṃ madhurāhāraṃ caturthāṃśa-vivarjitam /
bhujyate sura-samprītyai mitāhāraḥ sa ucyate // GorS(2)_55 (=HYP 1.60) //
kandordhvaṃ kuṇḍalī śaktir aṣṭadhā kuṇḍalākṛtiḥ /
bandhanāya ca mūḍhānāṃ yogināṃ mokṣadā smṛtā // GorS(2)_56 (=HYP 3.107) //
mahāmudrāṃ namo-mudrām uḍḍiyānaṃ jalandharam /
mūla-bandhaṃ ca yo vetti sa yogī siddhi-bhājanam // GorS(2)_57 (=1|32) //
śodhanaṃ nāḍi-jālasya cālanaṃ candra-sūryayoḥ /
rasānāṃ śoṣaṇaṃ caiva mahā-mudrābhidhīyate // GorS(2)_58 //
vakṣo-nyasta-hanur nipīḍya suciraṃ yoniṃ ca vāmāṅghriṇā hastābhyām avadhāritaṃ prasaritaṃ pādaṃ tathā dakṣiṇam /
āpūrya śvasanena kukṣi-yugalaṃ baddhvā śanai recayed eṣā pātaka-nāśinī sumahatī mudrā nṝṇāṃ procyate // GorS(2)_59 (=1|33) //
candrāṅgena samabhyasya sūryāṅgenābhyaset punaḥ /
yāvat tulyā bhavet saṅkhyā tato mudrāṃ visarjayet // GorS(2)_60 (=HYP 3.15) //
na hi pathyam apathyaṃ vā rasāḥ sarve'pi nīrasāḥ /
api muktaṃ viṣaṃ ghoraṃ pīyūṣam api jīryate // GorS(2)_61 (=HYP 3.16) //
kṣaya-kuṣṭha-gudāvarta- gulmājīrṇa-purogamāḥ /
tasya doṣāḥ kṣayaṃ yānti mahāmudrāṃ tu yo'bhyaset // GorS(2)_62 (=HYP 3.17) //
kathiteyaṃ mahāmudrā mahā-siddhi-karā nṝṇām /
gopanīyā prayatnena na deyā yasya kasyacit // GorS(2)_63 (=HYP 3.18) //
kapāla-kuhare jihvā praviṣṭā viparītagā /
bhruvor antargatā dṛṣṭir mudrā bhavati khecarī // GorS(2)_64 (=1|34) //
na rogo maraṇaṃ tandrā na nidrā na kṣudhā tṛṣā /
na ca mūrcchā bhavet tasya yo mudrāṃ vetti khecarīm // GorS(2)_65 (=HYP 3.39) //
pīḍyate na sa rogeṇa lipyate na ca karmaṇā /
bādhyate na sa kālena yo mudrāṃ vetti khecarīm // GorS(2)_66 (=HYP 3.40) //
cittaṃ carati khe yasmāj jihvā carati khe gatā /
tenaiṣā khecarī nāma mudrā siddhair nirūpitā // GorS(2)_67 (=HYP 3.41) //
bindu-mūlaṃ śarīraṃ tu śirās tatra pratiṣṭhitāḥ /
bhāvayanti śarīraṃ yā āpāda-tala-mastakam // GorS(2)_68 //
khecaryā mudritaṃ yena vivaraṃ lambikordhvataḥ /
na tasya kṣarate binduḥ kāminyāliṅgitasya ca // GorS(2)_69 //
yāvad binduḥ sthito dehe tāvat kāla-bhayaṃ kutaḥ /
yāvad baddhā nabho-mudrā tāvad bindur na gacchati // GorS(2)_70 //
calito'pi yadā binduḥ samprāptaś ca hutāśanam /
vrajaty ūrdhvaṃ hṛtaḥ śaktyā niruddho yoni-mudrayā // GorS(2)_71 (=HYP 3.43) //
sa punar dvividho binduḥ paṇḍuro lohitas tathā /
pāṇḍuraṃ śukram ity āhur lohitaṃ tu mahārājaḥ // GorS(2)_72 //
sindūra-drava-saṅkāśaṃ ravi-sthāne sthitaṃ rajaḥ /
śaśi-sthāne sthito bindus tayor aikyaṃ sudurlabham // GorS(2)_73 //
binduḥ śivo rajaḥ śaktir bindum indū rajo raviḥ /
ubhayoḥ saṅgamād eva prāpyate paramaṃ padam // GorS(2)_74 //
vāyunā śakti-cāreṇa preritaṃ tu mahā-rajaḥ /
bindunaiti sahaikatvaṃ bhaved divyaṃ vapus tadā // GorS(2)_75 //
śukraṃ candreṇa saṃyuktaṃ rajaḥ sūryeṇa saṃyutam /
tayoḥ samarasaikatvaṃ yojānāti sa yogavit // GorS(2)_76 //
uḍḍīnaṃ kurute yasmād aviśrāntaṃ mahā-khagaḥ /
uḍḍīyānaṃ tad eva syāt tava bandho'bhidhīyate // GorS(2)_77 (=HYP 3.56) //
udarāt paścime bhāge hy adho nābher nigadyate /
uḍḍīyanasya bandho'yaṃ tatra bandho vidhīyate // GorS(2)_78 //
badhnāti hi sirājālam adho-gāmi śiro-jalam /
tato jālandharo bandhaḥ kaṇṭha-duḥkhaugha-nāśanaḥ // GorS(2)_79 (=HYP 3.71) //
jālandhare kṛte bandhe kaṇṭha-saṃkoca-lakṣaṇe /
pīyūṣaṃ na pataty agnau na ca vāyuḥ prakupyati // GorS(2)_80 (=1|36, HYP 3.72) //
pārṣṇi-bhāgena sampīḍya yonim ākuñcayed gudam /
apānam ūrdhvam ākṛṣya mūla-bandho'bhidhīyate // GorS(2)_81 (=1|37, HYP 3.61) //
apāna-prāṇayor aikyāt kṣayān mūtra-purīṣayoḥ /
yuvā bhavati vṛddho'pi satataṃ mūla-bandhanāt // GorS(2)_82 (=1|38, HYP 3.65) //
padmāsanaṃ samāruhya sama-kāya-śiro-dharaḥ /
nāsāgra-dṛṣṭir ekānte japed oṅkāram avyayam // GorS(2)_83 //
bhūr bhuvaḥ svar ime lokāḥ soma-sūryāgni-devatāḥ /
yasyā mātrāsu tiṣṭhanti tat paraṃ jyotir om iti // GorS(2)_84 //
trayaḥ kālās trayo vedās trayo lokās trayaḥ sverāḥ /
trayo devāḥ sthitā yatra tat paraṃ jyotir om iti // GorS(2)_85 //
kriyā cecchā tathā jñānā brāhmī raudrī ca vaiṣṇavī /
tridhā śaktiḥ sthitā yatra tat paraṃ jyotir om iti // GorS(2)_86 //
ākārāś ca tatho-kāro ma-kāro bindu-saṃjñakaḥ /
tisro mātrāḥ sthitā yatra tat paraṃ jyotir om iti // GorS(2)_87 //
vacasā taj jayed bījaṃ vapuṣā tat samabhyaset /
manasā tat smaren nityaṃ tat paraṃ jyotir om iti // GorS(2)_88 //
śucir vāpy aśucir vāpi yo japet praṇavaṃ sadā /
lipyate na sa pāpena padma-patram ivāmbhasā // GorS(2)_89 //
cale vāte calo bindur niścale niścalo bhavet /
yogī sthāṇutvam āpnoti tato vāyuṃ nirodhayet // GorS(2)_90 (=1|39, HYP 2.2) //
yāvad vāyuḥ sthito dehe tāvaj jīvanam ucyate /
maraṇaṃ tasya niṣkrāntis tato vāyuṃ nirodhayet // GorS(2)_91 (=HYP 2.3) //
yāvad baddho marud dehe yāvac cittaṃ nirākulam /
yāvad dṛṣṭir bhruvor madhye tāvat kāla-bhayaṃ kutaḥ // GorS(2)_92 (=HYP 2.40) //
ataḥ kāla-bhayād brahmā prāṇāyāma-parāyaṇaḥ /
yogino munayaś caiva tato vāyuṃ nirodhayet // GorS(2)_93 //
ṣaṭ-triṃśad-aṅgulo haṃsaḥ prayāṇaṃ kurute bahiḥ /
vāma-dakṣiṇa-mārgeṇa tataḥ prāṇo'bhidhīyate // GorS(2)_94 (=1|40) //
śuddhim eti yadā sarvaṃ nāḍī-cakraṃ malākulam /
tadaiva jāyate yogī prāṇa-saṃgrahaṇe kṣamaḥ // GorS(2)_95 //
baddha-padmāsano yogī prāṇaṃ candreṇa pūrayet /
dhārayitvā yathā-śakti bhūyaḥ sūryeṇa recayet // GorS(2)_96 (=1|43) //
amṛtaṃ dadhi-saṅkāśaṃ go-kṣīra-rajatopamam /
dhyātvā candramaso bimbaṃ prāṇāyāmī sukhī bhavet // GorS(2)_97 (=1|44) //
dakṣiṇo śvāsam ākṛṣya pūrayed udaraṃ śanaiḥ /
kumbhayitvā vidhānena puraś candreṇa recayet // GorS(2)_98 (=1|45) //
prajvalaj-jvalana-jvālā- puñjam āditya-maṇḍalam /
dhyātvā nābhi-sthitaṃ yogī prāṇāyāme sukhī bhavet // GorS(2)_99 (=1|46) //
prāṇaṃ codiḍayā piben parimitaṃ bhūyo'nyayā recayet pītvā piṅgalayā samīraṇam atho baddhvā tyajed vāmayā /
sūrya-candramasor anena vidhinā bimba-dvayaṃ dhyāyataḥ śuddhā nāḍi-gaṇā bhavanti yamino māsa-trayād ūrdhvataḥ // GorS(2)_100 (=HYP 2.10) //
yatheṣṭhaṃ dhāraṇaṃ vāyor analasya pradīpanam /
nādābhivyaktir ārogyaṃ jāyate nāḍi-śodhanāt // GorS(2)_101 //
iti gorakṣa-śatakaṃ sampūrṇam

Siehe auch

Weblinks

Literatur

Seminare

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