Kaushitaki Upanishad

Aus Yogawiki

Kaushitaki Upanishad und Kaushitakyupanishad (Sanskrit: कौषीतक्युपनिषद् kauṣītakyupaniṣad) eine der älteren Upanishaden (indische Heilige Schriften). Sie stammt aus dem Rigveda und ist als sogenannte Samanya Upanishad allen Vedanta-Schulen gemein. Sie zählt als fünfundzwanzigste der einhundertacht Upanishaden im Muktika-Kanon und beschreibt den Weg der Seelen nach dem Tod und ihre Durchquerung von Himmelsregionen.

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Kaushitaki ist ein Shakha des Rigveda. Auch ist Kaushitaki der Name eines Brahmanas, eines Aranyakas und einer Upanishade. Diese Brahmana wurde mit einer Übersetzung von Professor Cowell in der Bibliotheca Indica veröffentlicht.

Kaushitaki Upanishad कौषीतकि उपनिषद् Kauṣītaki-Upaniṣad Aussprache

Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Kaushitaki Upanishad, कौषीतकि उपनिषद्, Kauṣītaki-Upaniṣad ausgesprochen wird:

Die Kaushitaki Upanishad des Rigveda nach Deussen

Artikel aus „Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 57, 59-99

Einleitung

Die Kaushitaki Upanishad (auch Kaushitaki Brahmana Upanishad genannt) gehört dem Brahmanabestand der Schule der Kaushitakins oder, wie sie auch heißen, der Sankhayanas an, welche ein Brahmanam und im Anschluß daran ein die Upanishad einschließendes Aranyakam besitzen, ersteres aus 30, letzteres aus 15 Adhyayas bestehend.

Über den Zusammenhang der vier Teile unserer Upanishad äußert sich der Kommentator Sankarananda in der Einleitung wie folgt: "Die mit den Worten Citro Ha Vai Gangyayanir anfangende und mit Ya Evam Veda endigende, aus vier Adhyayas bestehende Kaushitaki Brahmana Upanishad enthält:

im ersten Adhyaya die Paryanka Vidya [Ruhebettlehre, weil darin die ins Jenseits gelangende Seele vor das Ruhebett des Brahman tritt, um von ihm geprüft zu werden] zugleich mit den Endpunkten des südlichen Weges [des Pitriyana, der zur Erde zurückführt] und des nördlichen [des zu Brahman führenden Devayana];
im zweiten Adhyaya die Prana Vidya [Lehre vom Prana, Leben, als Symbol des Atman], und für den, der sie kennt, gewisse, auf andere und das eigene Ich bezügliche und zur Erreichung bestimmter Früchte dienliche Werke;
im dritten und vierten Adhyaya die Atma Vidya [Lehre vom Atman].

Wenn auch der Abschnitt Pratardano Ha usw. [d. h. die esoterische Lehre in Adhyaya 3-4] in erster Linie zu studieren ist, so könnte es doch geschehen, daß selbst ein reines Gemüt vor dem attributlosen Brahman, so wenig dasselbe zu fürchten ist, zu Anfang und solange man die Wesenheit des Brahman noch nicht kennt, Furcht empfände, ähnlich wie ein tugendhafter Jüngling, dessen Vater vor seiner Geburt in die Ferne gezogen ist, wenn er seinen Vater zum ersten Mal sieht. Darum, um diese Furcht zu beseitigen, schildert die Schrift vorher [in Adhyaya 1] das als Ziel des nördlichen Weges gleichwie ein irdischer König in der Brahmanwelt thronende attributhafte Brahman. Hierbei heißt es: "Dann kommt er zu dem Ruhebette Amitaujas, das ist der Prana." So wird der Prana als ein Ruhebett im ersten Adhyaya geschildert. In betreff dieses Prana entsteht dann bei dem Zuhörer die Frage, ob derselbe der bloße Odem ist, oder ob er nicht vielmehr sich mannigfacher Machtvollkommenheiten erfreut. Um diese Frage zu lösen, wird im zweiten Adhyaya die verehrende Betrachtung des Prana unternommen. Und so bahnt sich in trefflicher Weise die Schrift den Weg, um weiterhin [in Adhyaya 3-4] die Brahmavidya zu lehren. Wenn aber auch die attributhafte Brahmanlehre selbst von so großen Männern wie Gautama und Svetaketu in aller Demut aus dem Mund des Lehrers angenommen wurde, so müssen auch heute noch die dazu Berufenen in aller Demut die attributhafte wie die attributlose Brahmanlehre annehmen, - dies zu lehren dient die Erzählung."

Die hier vom Kommentator hervorgehobene Absicht, den Leser von dem Exoterischen zum Esoterischen, vom persönlichen Brahma zum Prana und von diesem zum Atman stufenweise emporzuführen, scheint in der Tat, wenn auch nicht bei der ursprünglichen Abfassung, so doch bei der Anordnung der Adhyayas 1,2,3-4 der Kaushitaki Upanishad zugrunde gelegen zu haben.

Erster Adhyaya

Über die hier auftretende Entwicklungsstufe des Seelenwanderungsglaubens vgl. die Vorbemerkungen zu Chand. 5,3-10.

1. Es geschah einmal, daß Citra, der Sproß des Gangya, opfern wollte und den Aruni zum Priester wählte. Der aber sandte seinen Sohn Svetaketu hin, für ihn Priester zu sein. Ihn, da er ankam, fragte Citra: "Also du bist Gautamas Sohn! Gibt es einen Abschluß [der Seelenwanderung] in der Welt, zu dem du mich befördern kannst? Oder ist sonstwie ein Weg, und du willst mich in die Welt, zu der er führt, befördern?" - Er antwortete: "Das weiß ich nicht. Ich will doch meinen Lehrer darum befragen!" Damit ging er zu seinem Vater und befragte ihn: "So und so hat er mich gefragt; was soll ich antworten?" - Der Vater sprach: "Das weiß ich auch nicht. Laß uns in seiner Opferhalle die Veda-Lektion abhalten und dafür empfangen, was Bessere als wir geben! Komm, wir wollen beide gehen!" - So kam er mit dem Brennholz in der Hand zu Citra, dem Sproß des Gaiigya, und sprach: "Laß mich dein Schüler sein!" - Der sprach zu ihm: "Du bist der Priester Anführer (lies Agranir), o Gautama, und hast doch keinen Stolz gezeigt; komm, ich will es dir lehren!"

2. Und er sprach: "Alle, die aus dieser Welt abscheiden, gehen [zunächst] sämtlich zum Mond; durch ihre Leben wird seine zunehmende Hälfte angeschwellt, und vermöge seiner abnehmenden Hälfte befördert er sie [auf dem Pitriyana] zu einer [abermaligen] Geburt. - Aber der Mond ist auch die Pforte zur Himmelswelt [auch der Devayana führt über den Mond]; und wer ihm auf seine Fragen antworten kann[1], den läßt er über sich hinaus gelangen. - Hingegen wer ihm nicht antworten kann, den läßt er [in dem schwindenden, aus zurückkehrenden Seelen bestehenden Teil], zu Regen geworden, herabregnen. Der wird hienieden, sei es als Wurm, oder als Fliege, oder als Fisch, oder als Vogel, oder als Löwe, oder als Eber, oder als Beißtier, oder als Tiger, oder als Mensch, oder als sonst etwas, an diesem oder jenem Orte wiederum geboren, je nach seinem Werk, je nach seinem Wissen. - Nämlich, wenn einer zum Mond kommt, so fragt dieser ihn: "Wer bist du?" Dann soll er antworten:

"Vom Lichten[2], o Jahrzeiten! kam als Same ich,
"Vom fünfzehnfachgezeugten Väterheimat-Land[3] -
"Ihr habt mich eingezwängt[4]im Mann als Schöpfer,
"Durch Mann als Schöpfer eingesprengt[5] der Mutter.
"Geboren ich (lies Jayamana) und wiederum geboren,
"Als zwölffach Jahr[6], als dreizehnt-über-Mond'ges[7],
"Vom zwölffachen[8], vom dreizehnfachen[9] Vater,
"Das Dies[10] und auch das Gegendies[11] zu Wissen; -
"Bis ihr, Jahrzeiten, mich (lies Ma 'rtavo) zum Tod geleitet, -

vermöge dieser Wahrheit, vermöge dieser Kasteiung bin ich Jahreszeit[12], bin ich der Jahreszeiten Kind[13]!" - "Wer bist du[14]?" - "Du bin ich!" -

Wenn er so [zum Mond] spRicht, dann läßt er ihn über sich hinaus [zum Devayana] gelangen.

3. Wenn er nun diesen Devayana genannten Weg antritt, so gelangt er zur Feuerwelt, dann zur Windwelt, dann zur Varunawelt, dann zur Indrawelt, dann zur Prajapatiwelt, dann zur Brahmanwelt. In dieser Welt fürwahr ist

der See Ara (etwa: Sturmflut),
die Stunden Yeshtiha (angeblich: Opfersäumig),
der Strom Vijara (Alterlos),
der Baum Ilya (etwa: Labungsreich),
die Stadt Salajya (etwa: durch Bogensehnen, so dick wie Sala-Bäume, beschützt),
der Palast Aparajita (Unüberwindlich),
als Türhüter Indra und Prajapati,
die Halle Vibhu (die weite),
der Thron Vicakshana (weit sichtbar),
das Ruhebett Amitaujas (unermeßlich kraftvoll),
und die Geliebte Manasi (Verstandgenie)
und ihr Gegenbild Cakshushi (Augengenie), die halten Blumen in Händen, und sie sind es, die [als Nama und Rupam] die Welten weben;
und die Apsaras Ambas und Ambayavis (Mütter und Ammen),
und die Ströme Ambayah (etwa: Mutterheiten).

In diese Welt gelangt, wer solches weiß. Und Brahman spRicht: "Lauft ihm entgegen! Denn durch meine Herrlichkeit ist er zum Strome Vijard (Alterlos) gelangt, und nimmer, wahrlich, wird er altern!.

4. Dann gehen ihm fünfhundert Apsaras entgegen, hundert mit Früchten in den Händen, hundert mit Salben, hundert mit Kränzen, hundert mit Gewändern, hundert mit wohlriechendem Pulver; die schmücken ihn aus mit dem Schmuck des Brahman; und nachdem er mit dem Schmuck des Brahman ausgeschmückt ist, geht er, der Brahmanwisser, hin zu Brahman;

zuerst kommt er zu dem See Ara, den überschreitet er mit dem Manas; die aber nur die Gegenwart kennend sich in ihn begeben, die gehen unter;
dann kommt er zu den Stunden Yeshtiha, die laufen vor ihm davon;
dann kommt er zu dem Strom Vijara, auch den überschreitet er mit dem Manas;
daselbst schüttelt er ab gute Werke und böse Werke; dann übernehmen seine Bekannten, die ihm freund sind, sein gutes Werk, und die ihm nicht freund sind, sein böses Werk;
gleichwie einer, auf einem Wagen schnell fahrend, auf die Wagenräder hinabblickt [deren Speichen ihm verschwimmen], so blickt er hinab auf Tag und Nacht, so auf gute und böse Werke und auf alle Gegensätze: er aber, frei von guten und bösen Werken, als Brahmanwisser, geht zu dem Brahman ein.

5. Dann kommt er zu dem Baum Ilya, da erfüllt ihn der Brahmanduft;

dann kommt er zu der Stadt Salajya, da erfüllt ihn der Brahmangeschmack;
dann kommt er zum Palaste Aparajita, da erfüllt ihn der Brahmanglanz;
dann kommt er zu den Türhütern Indra und Prajapati, die laufen vor ihm davon;
dann kommt er zur Halle Vibhu, da erfüllt ihn die Brahmanherrlichkeit;
dann kommt er zum Thron Vicakshana; der hat als Vorderfüße die Samans Brihad und Rathantaram, und als Hinterfüße [die Samans] Syaitam und Naudhasam, und als Längeleisten Vairupam und Vairajam, und als Querleisten Sakvaram und Raivatam, und ist [seinem Wesen nach] Erkenntnis; denn durch die Erkenntnis wird man [zu dem Thron gelangend] weitsehend;
dann kommt er zu dem Ruhebett Amitaujas, das ist der Prana (das Leben); Vergangenheit und Zukunft, sind seine Vorderfüße, Glück und Labung seine Hinterfüße, [die Samans] Bhadram und Yajnayajniyam seine Kopfleisten, Brihad und Rathantaram seine Längeleisten, Rics und Samans seine Längsborten, Yajus' seine Querborten, Somafasern seine Polsterung, Udgitha sein Überzug, Schönheit sein Kopfkissen;
darauf sitzt Brahman; zu ihm steigt, wer solches weiß, den Fuß vorsetzend [nicht kriechend] hinan. Dann fragt ihn Brahma: "Wer bist du?" -

Dann soll er antworten:

6. "Jahreszeit bin ich, jahreszeitentsprossen bin ich, aus dem Äther als Wiege geboren, als Same des Weibes, als Kraft des Jahres, als eines jeglichen Wesens Selbst. Eines jeglichen Wesens Selbst bist du; und was du bist, das bin ich." Und er fragt ihn: "Wer bin denn ich?" - Dann soll er sagen: "Die Wahrheit!" "Wieso die Wahrheit?" - "Was verschieden von den Göttern und den [ihnen entsprechenden] Lebensorganen, das ist "Wahr-", was aber die Götter und Lebensorgane sind, das ist "-heit"; das wird ausgedrückt durch dies eine Wort "Wahrheit". Dieses befaßt die ganze Welt; und die ganze Welt bist du." Also wird er dann sprechen. Das besagt auch der Vers:

7. Des Bauch Yajus, des Haupt Saman,

Des Körper Ric, als ewig der
Ist anzusehen, als Brahman,
Der große Weise, brahmanvoll[15].

Und er fragt ihn: "Wodurch erfassest du meine männlichen Namen?" - "Durch den Prana", soll er antworten. "Wodurch meine sächlichen?" - "Durch das Manas." "Wodurch meine weiblichen?" - "Durch die Vac (Rede)." "Wodurch meine Gerüche?" - "Durch den Odem." "Wodurch meine Gestalten?" - "Durch das Auge." "Wodurch meine Töne?" - "Durch das Ohr." "Wodurch meine Nahrungssäfte?" - "Durch die Zunge." "Wodurch meine Handlungen?" - "Durch die Hände." "Wodurch meine Lust und Unlust?" - "Durch den Leib." "Wodurch meine Wonne, Geschlechtslust, Zeugung?" - "Durch das Zeugungsglied." "Wodurch meine Ortsbewegungen?" - "Durch die Füße." "Wodurch meine Gedanken, mein Erkanntes, meine Wünsche?" - "Durch die Erkenntnis (Prajna)",

also soll er dann antworten. Dann wird er zu ihm sagen: "Die Urwasser fürwahr sind meine Welt [als Hiranyagarbha], und sie ist dein!" Wahrlich, jede Eroberung des Brahman, jede Entfaltung des Brahman, diese Eroberung erobert, mit dieser Entfaltung entfaltet sich, wer solches weiß, - wer solches weiß.

Zweiter Adhyaya

Lotos - pranadurchdrungen

1. Der Prana (das Leben) als Brahman nach der Lehre des Kaushitaki. Wer sein Leben als identisch mit dem allbefassenden Brahman weiß, dem dienen (ähnlich wie dem Leben die Lebensorgane), sofern er dieses Brahman ist, alle Geschöpfe, auch ohne daß er sie darum bittet.

Der Prana ist das Brahman, also sprach Kaushitaki. Diesem Prana als Brahman dient das Manas als Bote, das Auge als Wächter, das Ohr als Anmelder, die Rede als Aufwärterin.

Fürwahr, wer da weiß, wie diesem Prana als Brahman das Manas als Bote dient, dem fehlt nicht der Bote; wie ihm das Auge als Wächter dient, dem fehlt nicht der Wächter; wie ihm das Ohr als Anmelder dient, dem fehlt nicht der Anmelder; wie ihm die Rede als Aufwärterin dient, dem fehlt nicht die Aufwärterin.

Diesem Prana als Brahman bringen alle jene Gottheiten [Manas, Auge, Ohr, Rede], ohne daß er darum bittet, Spende dar. Also bringen demjenigen alle Wesen, auch ohne daß er darum bittet, Spende dar, der solches weiß.

Seine Upanishad (geheime Losung) ist, nicht zu bitten: Denn wie wenn einer, der das Dorf durchbettelt und nichts erhalten hat, sich hinsetzt und denkt: "Jetzt möchte ich von denen, auch wenn sie mir gäben, nicht essen", und dann kommen sie und sprechen ihn an, die ihn vorher abgewiesen hatten[16], - so ist das Verhalten jenes, der nicht bittet. Ihn sprechen vielmehr [statt daß er, wie vordem, erst bittet] Nahrungbringende an und sagen: "Erlaube uns, dir zu geben!"

2. Der Prana als Brahman nach der Lehre des Paingya. Manas, Ohr, Auge, Rede, die vorher Diener des Prana waren, erscheinen hier als umeinander gelagerte Schichten (vgl. die vier Hüllen Taitt. Up. 2), die den Prana, wie dieser wieder den Atman, schützend umgeben.

Der Prana ist das Brahman, also sprach Paingya. Um diesen Prana als Brahman ist über die Rede hinaus [nach innen zu] das Auge gelagert; über das Auge hinaus das Ohr gelagert, über das Ohr hinaus das Manas gelagert; über das Manas hinaus ist [um das eigentliche Brahman, den Atman] der Prana gelagert.

Diesem Prana als Brahman bringen alle jene Gottheiten [Manas, Auge, Ohr, Rede], ohne daß er darum bittet, Spende dar. Also bringen demjenigen alle Wesen, auch ohne daß er darum bittet, Spende dar, der solches weiß.

Seine Upanishad (geheime Losung) ist, nicht zu bitten. Denn wie wenn einer, der das Dorf durchbettelt und nichts erhalten hat, sich hinsetzt und denkt: "Jetzt möchte ich von denen, auch wenn sie mir gäben, nicht essen", und dann kommen sie und sprechen ihn an, die ihn vorher abgewiesen hatten, - so ist das Verhalten jenes, der nicht bittet. Ihn sprechen vielmehr [statt daß er, wie vordem, erst bittet] Nahrungbringende an und sagen: "Erlaube uns; dir zu geben!"

3. Dem exoterischen, noch nicht völlig geläuterten Charakter der Verehrung des Prana als Brahman entspRicht es, daß hier und im folgenden diese Lehre (ähnlich wie der Theismus in einigen Psalmen) zum Mittel wird, um irdische Zwecke der Habsucht und Rachgier zu befriedigen.

Nunmehr daher die Einheimsung eines bestimmten Gutes. Wenn man auf ein bestimmtes Gut Absichten hat, so soll man in der Vollmondsnacht, oder in der Neumondsnacht, oder während der hellen Monatshälfte bei einer günstigen Konstellation, - an einem dieser Zeitpunkte ein Feuer anlegen, um dasselbe herum kehren, streuen, sprengen, das rechte Knie beugen, mit dem Löffel die Butterspenden opfern und dabei sprechen: "Rede heißt die Gottheit der Einheimsung; die möge mir von dem da dieses da einheimsen, ihr sei Svaha; - Odem heißt die Gottheit der Einheimsung; die möge mir von dem da dieses da einheimsen, ihr sei Svaha; - Auge heißt die Gottheit der Einheimsung; die möge mir von dem da dieses da einheimsen; ihr sei Svaha; - Ohr heißt die Gottheit der Einheimsung; die möge mir von dem da dieses da einheimsen; ihr sei Svaha; - Manas heißt die Gottheit der Einheimsung; die möge mir von dem da dieses da einheimsen; ihr sei Svaha; - Erkenntnis (Prajna) heißt die Gottheit der Einheimsung; die möge mir von dem da dieses da einheimsen; ihr sei Svaha. - Sodann soll er den Geruch des Rauches einziehen, mit Buttersalbung seine Glieder bestreichen und schweigend zu dem Betreffenden hingehen und die Sache nennen, oder er kann auch einen Boten danach senden, denn erhalten wird er sie sicherlich.

4. Die neue Lehre weiß sich dadurch zu empfehlen, daß sie auch zu den so vielfach beliebten Liebeszaubern die Mittel an die Hand gibt. Nunmehr daher die von den Göttern Rede, Odem, Auge, Ohr, Manas, Erkenntnis] erregte Liebessehnsucht (Daivah Smarah). Wenn man einem Mann oder einer Frau, oder Männern oder Frauen lieb zu werden wünscht, so soll man den erwähnten [Göttern] an einem der [erwähnten] Zeitpunkte in der erwähnten Art und Weise dieselben Butterspenden opfern und dabei sprechen: "Deine Rede opfere ich in mir, du da Svaha; deinen Prana opfere ich in mir, du da Svaha; dein Auge opfere ich in mir, du da Svaha; dein Ohr opfere ich in mir, du da Svaha; dein Manas opfere ich in mir, du da Svaha; deine Erkenntnis opfere ich in mir, du da Svaha." - Sodann soll er den Geruch des Rauches einziehen, mit Buttersalbung seine Glieder bestreichen und schweigend zu den Betreffenden hingehen und versuchen, sie zu berühren, oder auch er mag von der Windseite stehen und so mit ihnen reden; sicherlich wird er ihnen lieb werden, sicherlich werden sie an ihn mit Sehnsucht denken.

5. Die Gewohnheit, zu opfern, war zu tief eingewurzelt, als daß man sie ohne Ersatz hätte beseitigen können. Hier tritt an Stelle des täglich am Morgen und Abend zu bringenden Agnihotram der ununterbrochen fortgehende Prozeß des Einatmens (Prana) und des Ausatmens beim Reden (Vac). Ersteres ist eine Opferung der Vac im Prana, letzteres eine solche des Prana in der Vac. - Nicht in äußerem Kultus soll die Religion bestehen, sondern darin, daß man das ganze Leben mit jedem Atemzuge in ihren Dienst stellt. (s. 1. Kor. 10, 31.)

Nunmehr daher die Selbstzwingung des Pratardana (Samyamanam Pratardanam), oder, wie es auch genannt wird, das innerliche Agnihotram. Solange nämlich ein Mensch redet, solange kann er nicht einatmen; dann opfert er den Odem in der Rede; - und solange ein Mensch einatmet, solange kann er nicht reden; dann opfert er die Rede in dem Odem. Diese beiden Opferungen sind unendlich, unsterblich; denn man bringt sie dar ohne Unterlaß im Wachen wie im Schlaf. Hingegen die anderen Opferungen sind endlich, denn sie bestehen aus Werken. Darum haben die alten Weisen das Agnihotram nicht geopfert.

6. Wie Ait. Ar. 2, 1-3 das Uktham (d. h. das beim Mahavrata gebrauchte Nishkevalya Sastram) mit dem Prana, so wird es hier mit dem Brahman (d. h. mit dem aus Ric, Yajus, Saman bestehenden Prinzip der Dinge) identifiziert. - Um den Schlußabschnitt zu verstehen, muß man sich an die Vorstellung erinnern, daß der funktionierende Priester (Hotar, Udgatar, Adhvaryu) sein Selbst so weiht (Atmanam Samskaroti), daß es nur noch aus Ric, Saman, Yajus besteht (vgl. die Stellen in meiner Allgemeinen Geschichte der Philosophie I, 328): Hier weiht zunächst der Adhvaryu sein Selbst so, daß es ganz opferhandlungsartig (Aishtikam, oder backsteinartig, wenn man Aishtakam liest), ganz werkartig wird, dem dann das übrige, aus Yajus bestehende Selbst des Adhvaryu, sowie das aus Ric bestehende Selbst des Hotar und das aus Saman bestehende Selbst des Udgatar angewoben werden.

Das Uktham ist Brahman, so sprach Sushkabhringara. Man soll es (das Uktham) als Ric verehren, denn ihm zu seiner Oberhoheit werden alle Wesen zujauchzen gemacht (Abhyarcyante, Wortspiel mit Ric), als Yajus verehren, denn ihm zu seiner Oberhoheit werden alle Wesen angeschlossen (Yujyante), als Saman verehren, denn ihm zu seiner Oberhoheit neigen sich alle Wesen zu (Samnamante). Als Schönheit soll man es (das Uktham) verehren, als Ruhm, als Kraft. Und so wie dieses (Uktham) das schönste, ruhmvollste, kraftvollste unter den Sastras[17] ist, also ist auch der unter allen Wesen der schönste, ruhmvollste, kraftvollste, wer solches weiß.

Hierbei weiht der Adhvaryu sein Selbst so, daß es opferhandlungsartig, werkartig wird; an dieses webt er sein Yajus-artiges (Selbst) an, an das Yajus-artige der Hotar sein Ric-artiges, an das Ric-artige der Udgatar sein Saman-artiges; dieses ist dann das Selbst der dreifachen Wissenschaft [d. h. das Brahman]. Und der wird so zu dem Selbst des Indra [vgl. Ait. Ar. 2,3,7,1],wer solches weiß! -

7. Zeremonie, um nach dem Vorgange des Kaushitaki durch täglich dreimalige Verehrung der Sonne sich von der Sünde zu reinigen.

Nunmehr daher folgen die drei Verehrungen des Allsiegers Kaushitaki.

Also, der Allsieger Kaushitaki pflegte die aufgehende Sonne zu verehren, mit der Opferschnur angetan und Wasser herbeibringend, und, indem er dreimal davon in ein Gefäß goß, zu ihr zu sprechen: "Du bist der Heber, hebe meine Sünde!" Und in derselben Weise zu der Mittagssonne: "Du bist der Aufheber, hebe meine Sünde auf!" Und in derselben Weise zu der untergehenden Sonne: "Du bist der Wegheber, hebe meine Sünde weg!" Dann hob die Sonne alle Sünde, die er bei Tage und bei Nacht begangen. Und ebenso, wer solches weiß und in dieser Weise die Sonne verehrt, dem hebt sie alle Sünde, die er bei Tage und bei Nacht begeht.

8. Nach Kaush. 1,2, oben S. 24, ist das Zunehmen des Mondes bedingt durch abscheidende und zu ihm gelangende Seelen. Daher hier am Neumondstage die Bitte an den Mond geRichtet wird, sein Anschwellen nicht durch die Kinder des Bittenden, sondern durch die seiner Feinde zu bewirken.

Nun weiter in jedem Monat, wenn die Neumondsnacht kommt, soll er den im Westen erscheinenden Mond verehren in der vorher (2,7) beschriebenen Weise, oder auch er mag ihm zwei grüne Grashalme entgegenwerfen und sprechen:

"Mein Herz, schönscheitlige [s][18], welches
"Im Himmel, in dem Mond ruht,
"Des glaub' ich kundig mich, möge
"Nicht Sohnesleid beweinen ich!"

Von ihm werden seine Kinder nicht [abscheiden], ehe er abscheidet. So, wenn ihm schon ein Sohn geboren ist.

Ist ihm aber noch kein Sohn geboren, so soll er folgende drei Verse murmeln:

"Anschwelle! In dich gehe ein ..." (Rigv. 1,91,16);
"Dir mögen Tränke, dir zugehen Kräfte" (Rigv. 1,91,18);
"Den Strahl, den die Adityas schwellen machen" (vgl. Atharvav.7,81,6);

und dazu sprechen: "Mögest du nicht durch mein Leben, meine Nachkommenschaft, mein Vieh anschwellen, sondern wer uns haßt, und den wir hassen, mit dessen Leben, Nachkommenschaft und Vieh mögest du anschwellen (vgl. Atharvav. 7,81,5)! Hiermit wende ich mich zur Rückkehr zu Indra, zur Rückkehr der Sonne wende ich mich herum." Damit wendet er sich nach seinem rechten Arm hin herum.[19]

9. Es folgt nun eine analoge Zeremonie für den Vollmondsabend, bei der jedoch die Verhältnisse mehrfach anders liegen als vorher. Das bevorstehende Abnehmen des Mondes wird nämlich nicht (wie man, nach 1,2 und 2,8 erwarten sollte) als ein Herabsteigen der Seele zum neuen Erdenleben aufgefaßt, sondern das Schwinden des Mondes bedeutet hier, im geraden Gegenteil, ein Schwinden des Erdenlebens, dessen Abwehr die Zeremonie bezweckt. Auch die zum Schluß ausgeführte Drehung nach rechts herum, also hier von Osten nach Westen,läßt sich nicht wie im vorigen Abschnitt erklären, es sei denn, daß man dort eine halbe, hier eine ganze Drehung annähme, wozu auch die Daivi Avrit als eine Rückkehr zu den beiden Göttern, Varuna im Westen und sodann Indra im Osten, passen würde. - Der Mond ist Prajapati, sofern auf ihm die Geburten beruhen; aber sofern auch das Sterben durch ihn bedingt ist, ist er Pancamukkah Prajapatih und Prinzip alles Vertilgens, wie es vom Brahmanen, Kshatriya, Falken, Feuer und schließlich vom Mond selbst geübt wird, - eine Eigenschaft, welche der Betende auf sich übertragen sehen möchte.

Vollmond

Nunmehr in der Vollmondsnacht soll er den im Osten aufgehenden Mond verehren und, in der vorerwähnten Weise verfahrend, sprechen: "Du bist der König Soma, der weitschauende; du bist der fünfmundige Prajapati;

der Brahmane ist ein Mund an dir, mit diesem Munde issest du die Könige: mit diesem Munde mache mich zum Nahrungsesser:

der König ist ein Mund an dir; mit diesem Munde issest du die Vaisyas; mit diesem Munde mache mich zum Nahrungsesser;

der Falke ist ein Mund an dir; mit diesem Munde issest du die Vögel; mit diesem Munde mache mich zum Nahrungsesser;

das Feuer ist ein Mund an dir: mit dem issest du diese Welt; mit diesem Munde mache mich zum Nahrungsesser;

in dir ist der fünfte Mund; mit diesem Munde issest du alle Wesen, mit diesem Munde mache mich zum Nahrungsesser!

Mögest du nicht durch mein Leben, meine Nachkommen, mein Vieh abnehmen, sondern wer uns haßt, und den wir hassen, mit dessen Leben, Nachkommenschaft und Vieh mögest du abnehmen! Hiermit wende ich mich zur Rückkehr zu den Göttern [Varuna im Westen und sodann Indra im Osten]; zur Rückkehr der Sonne wende ich mich herum." Damit wendet er sich nach seinem rechten Arm hin herum.

10. Daß die Kinder nicht vor dem Vater sterben, soll durch die beiden vorhergehenden Zeremonien, daß sie auch nicht vor der Mutter sterben, durch die nun folgende verhütet werden.

Nunmehr, wenn er seiner Gattin beiwohnen will (lies Sam Vekshyan), so soll er ihr Herz berühren und dazu sprechen:

"Dein Herz (lies Hridayam), Schönscheitlige, welches
"Innen ruht in Prajapati[20],
"Mit dem, Unsterblichkeitsherrin,
"Nicht Sohnesleid erfahre du!"

Von ihr werden ihre Kinder nicht [abscheiden], ehe sie abscheidet.

11. Zeremonie, mit welcher der von der Reise zurückkehrende Vater den Sohn begrüßt, um ihm die volle Dauer des Lebens zu sichern. Ferner, wenn er von einer Reise zurückkehrt, so soll er das Haupt seines Sohnes küssen und sprechen:

"Aus meinen Gliedern dein Werden,
"Aus meinem Herzen dein Entsteh'n,
"Mein Selbst bist du, o Sohn, wahrlich,
"So lebe hundert Herbste lang!"

wobei er dessen Namen hinzufügt.

"Sei fest wie Stein, wie Beil schneidig,
"Wie Goldeshort sei unzerstreut,
"Mein Glanz bist du, o Sohn, wahrlich,
"So lebe hundert Herbste lang!"

wobei er dessen Namen erwähnt.

Sodann umarmt er ihn und spricht: "Womit Prajapati die Geschöpfe umarmte, damit sie unversehrt blieben, damit umarme ich dich, du da" [hier nennt er wieder seinen Namen].

Sodann flüstert er ihm ins rechte Ohr:

"Ihm reiche dar, o Gabenreicher, Dränger" (vgl. Rigv 3,36,10),

und ins linke:

"0 Indra, schenke was der Güter Bestes" (Rigv. 2,21,6),

und spricht: "Nicht breche und nicht wanke! Hundert Lebensherbste lebe! Oh Sohn, mit deinem Namen küsse ich dein Haupt!"

Hier küßt er dreimal sein Haupt. - "Mit dem Rufe Hin, wie die Kühe [ihre Kälber], rufe ich dich an!" Hierbei stößt er dreimal den Ruf Hin gegen sein Haupt aus.

12.-13. Nun folgt der Daivah Parimarah, das Sterben der Gottheiten (Agni, Aditya, Candramas, Vidyut, und analog Vac, Cakshus, Srotram, Manas) in dem Vayu Prana, aus dem sie wieder auferstehen. Eine ähnliche, nur viel einfachere Anschauung liegt dem Brahmanah Parimarah, Ait. Br. 8,28, zugrunde. Dort gehen Vidyut, Vrishti, Candramas, Aditya, Agni in Vayu ein und wieder aus ihm hervor, in der Weise, daß der Blitz im Regen, dieser im Mond, dieser in der Sonne, diese im Feuer, dieses im Wind erlischt, worauf sodann wiederum aus dem Wind das Feuer, aus diesem die Sonne, aus dieser der Mond, aus diesem der Regen, aus diesem der Blitz hervorgehen. Das Hauptgewicht fällt dabei auf die an diese einfache Naturanschauung sich knüpfende Zauberformel zur Vernichtung der Feinde. - In unserer Stelle tritt dieser praktische Zweck in den Hintergrund, indem nur die Verheißung am Schluß an ihn erinnert, wohingegen die Naturanschauung in eigentümlicher Weise fortentwickelt erscheint, zunächst, sofern neben die kosmischen Götter (Agni, Aditya, Candramas, Vidyut) die entsprechenden psychischen "Götter" (Vac, Cakshus, Srotram, Manas) treten, welche im Prana aufgehen wie jene im Vayu, - sodann, sofern mit diesem Vayu-Prana das kosmische und psychische Brahman identisch oder nahezu identisch ist. Das kosmische Brahman, d.h. das in der Welt verwirklichte Veda-Wort, manifestiert sich in Agni, Aditya, Candramas, Vidyut und scheint mit dem Aufhören dieser Manifestationen zu sterben. In Wahrheit aber sterben dieselben (und mit ihnen das Brahman) nicht; ihren Glanz (tejas) geben sie an andere Erscheinungen ab; ihr Leben (Prana) aber kehrt in den Vayu zurück. In analoger Weise manifestiert sich das psychische Brahman, d.h, das im Menschen als Gebet erwachende Veda Wort, in Vac, Cakshus, Srotram, Manas; auch sie (und mit ihnen das Brahman) sterben nicht, sondern geben ihren Glanz (Tejas) an andere psychische Kräfte ab, während sie selbst im Prana, dem psychischen Äquivalent des Vayu, fortbestehen. - Der Grundgedanke ist sonach: der Vayu Prana als Prinzip des kosmischen und psychischen Lebens, von welchem hier das Brahman noch abhängig ist, jedoch so, daß es in undeutlicher Weise als identisch mit ihm behandelt wird.

12. Nunmehr daher das [um den Prana] Herumsterben der Götter.

Fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn das Feuer flammt, und es stirbt, wenn es nicht flammt; alsdann geht dessen Glanz ein in die Sonne, sein Lebenshauch in den Wind;

fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn die Sonne scheint, und es stirbt, wenn sie nicht scheint; alsdann geht deren Glanz ein in den Mond, ihr Lebenshauch in den Wind;

fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn der Mond scheint, und es stirbt, wenn er nicht scheint; alsdann geht dessen Glanz ein in den Blitz, sein Lebenshauch in den Wind;

fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn der Blitz zuckt, und es stirbt, wenn er nicht zuckt; alsdann geht dessen Glanz ein in die Himmelsgegenden[21], sein Lebenshauch in den Wind.

Also gehen alle diese Gottheiten ein in den Wind, ersterben in dem Wind; aber sie gehen darum nicht verloren, sondern aus ihm erheben sie sich wieder.

Soweit in bezug auf die Götter.

Nun in bezug auf das Selbst.

13. Fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn man mit der Rede redet, und es stirbt, wenn man nicht redet; alsdann geht deren (lies Tasyas) Glanz ein in das Auge, ihr Lebenshauch in den Lebenshauch (Prana);

fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn man mit dem Auge schaut, und es stirbt, wenn man nicht schaut; alsdann geht dessen Glanz ein in das Ohr, sein Lebenshauch in den Lebenshauch;

fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn man mit dem Ohr hört, und es stirbt, wenn man nicht hört; alsdann geht dessen Glanz ein in das Manas, sein Lebenshauch in den Lebenshauch;

fürwahr, dieses Brahman entbrennt, wenn man mit dem Manas denkt, und es stirbt, wenn man nicht denkt; alsdann geht dessen Glanz ein in den Lebenshauch, sein Lebenshauch in den Lebenshauch.

Also gehen alle diese Gottheiten ein in den Lebenshauch (Prana), ersterben in dem Lebenshauch; aber sie gehen darum nicht verloren, sondern aus ihm erheben sie sich wieder. Wahrlich, wenn auf den, der solches weiß, die beiden Gebirge, das südliche und das nördliche [der Vindhya und der Himalaya] sich zubewegten, um ihn zu verschütten, so würden sie ihn doch nicht verschütten können! - Aber die, welche ihn hassen, und die er haßt, die alle sterben rings um ihn im Kreise.

14. Der Rangstreit der Organe und der Sieg des Prana oder Lebensodems, der mit dem kosmischen Vayu gleichgesetzt wird, über die übrigen, ist hier, wie so oft, das Thema der exoterischen, im Prana Vayu das Prinzip der Dinge anschauenden Upanishad Lehre.

Nunmehr daher die Aneignung der Oberhoheit.

Nämlich jene [vorher erwähnten] Gottheiten, da sie sich um den Vorrang stritten, wanderten aus diesem Leibe aus; da lag er ohne Odem, vertrocknet wie ein Stück Holz.

Da ging die Rede in ihn ein; aber obgleich er mit der Rede redete, blieb er doch liegen.

Da ging das Auge in ihn ein; aber obgleich er mit der Rede redete und mit dem Auge sah, blieb er doch liegen. Da ging das Ohr in ihn ein; aber obgleich er mit der Rede redete, mit dem Auge sah und mit dem Ohre hörte, blieb er doch liegen.

Da ging das Manas in ihn ein; aber obgleich er mit der Rede redete, mit dem Auge sah, mit dem Ohre hörte und mit dem Manas dachte, blieb er doch liegen.

Da ging der Prana in ihn ein; da stand er alsobald auf. Da erkannten alle jene Gottheiten die Oberhoheit des Prana an, und indem sie des Prana, des Erkenntnis-Selbstes (Prajnatman), teilhaftig wurden, zogen sie mit allen jenen [Verzweigungen des Prana, Prana, Apana, Vyana, Samana, Udana] aus diesem Körper aus, und indem sie in den Wind eingingen, gelangten sie, zum Äther geworden, in den Himmel.

Und ebenso auch, wer solches weiß, die Oberhoheit des Prana anerkennt und, indem er des Prana, des Erkenntnis-Selbstes teilhaftig wird, mit allen jenen aus diesem Körper auszieht und in den Wind eingeht, der gelangt, zum Äther geworden, in den Himmel. So gelangt er dorthin, wohin jene Götter gelangten, nachdem sie dies erkannt, und sofern jene Götter unsterblich sind, sofern wird auch der unsterblich, der solches weiß.

15. Neben dem Seelenwanderungsglauben, der die Wohlfahrt im Jenseits und im abermaligen Erdenleben von dem rituellen und moralischen Verhalten des einzelnen Menschen abhängig machte, bestand auch der Manenkultus noch weiter fort, welchem die Vorstellung zugrunde liegt, daß die Werke der Nachkommen den im Jenseits weilenden Vorfahren zugute kommen. Daher erscheint die Zeugung eines Sohnes als eine Schuld (Rinam), die man an die Väter abträgt; daher auch der sterbende Vater den Sohn feierlich als Fortsetzer seiner Werke einsetzt, worauf sich, ähnlich wie Brih. Up. 1,5,17-20, auch der vorliegende Abschnitt bezieht.

Nunmehr daher die Vater-Sohn-Zeremonie, oder, wie sie auch heißt, die Vermachung (Sampradanam).

Wenn der Vater fühlt, daß er sterben wird, so bescheidet er den Sohn zu sich, und nachdem er das Haus mit frischem Gras hat streuen, das Feuer bei sich anlegen und Wasserkrug nebst Schüssel hinzu setzen lassen, so liegt mit einem noch nicht gewaschenen Gewand angetan der Vater da. Der Sohn tritt hinzu und neigt sich vom Kopfende her über ihn, indem er seine Sinnesorgane mit denen des Vaters in Berührung bringt, - oder auch kann dieser ihm, indem er ihm zugewandt sitzt, das Vermächtnis machen. Dieses übergibt er ihm dann in folgender Weise.

Der Vater spricht: "Meine Rede möge ich in dich legen."
Der Sohn spricht: "Deine Rede nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Meinen Odem möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Deinen Odem nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Mein Auge möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Dein Auge nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Mein Ohr möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Dein Ohr nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Meinen Geschmack möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Deinen Geschmack nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Meine Werke möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Deine Werke nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Meine Lust und Unlust möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Deine Lust und Unlust nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Meine Geschlechtslust, Liebeslust, Zeugungskraft möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Deine Geschlechtslust, Liebeslust, Zeugungskraft nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Meinen Gang möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Deinen Gang nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Mein Manas möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Dein Manas nehme ich in mich auf."
Der Vater: "Mein Bewußtsein möge ich in dich legen."
Der Sohn: "Dein Bewußtsein nehme ich in mich auf."

Sollte jedoch der Vater nur noch mit Mühe (wörtlich: aus der Nähe) sprechen können, so mag er zusammenfassend sagen: "Meine Lebenskräfte (Pranan) möge ich in dich legen", und der Sohn soll antworten: "Deine Lebenskräfte nehme ich in mich auf."

Dann geht er, den Vater rechts behaltend, auf den Ausgang zu, und der Vater ruft ihm die Worte nach: "Möge Glanz, Brahmanenwürde und Ruhm dir einwohnen!" worauf der Sohn über die linke Schulter nach ihm zurückblickt und, indem er durch Vorhalten der Hand oder mit dem Ende des Gewandes [sein Gesicht] bedeckt hält, die Worte spricht: "Mögest du himmlische Welten und Freuden erlangen!"

Sollte der Vater wieder gesund werden, so muß er unter der Herrschaft des Sohnes wohnen, oder auch er mag als Pilger (Parivrajaka) umherziehen. Stirbt er hingegen, so nehmen in der erwähnten Weise [die Lebenskräfte des Vaters] von dem Sohn Besitz, so wie es sich gehört, — so wie es sich gehört.

Dritter Adhyaya

Nach den mehr exoterischen und vorbereitenden Betrachtungen des Atman als personifizierten Gottes und als Prana im ersten und zweiten Adhyaya folgt nun im dritten Adhyaya als der eigentliche Kern der Upanishad die philosophische Lehre vom Atman. Nur die Einkleidung ist mythisch, sofern der Gott Indra (der auch sonst als Personifikation des Atman erscheint, Ait. Ar. 2,2. Ait. Up. 1,3,14. Kaush. 2,6) die Erkenntnis seiner als des Atman dem Pratardana mitteilt, nachdem dieser der Versuchung, selbst zu wählen und dadurch schlechter zu wählen (wie Naciketas in Kath. Up. 1 anderen Versuchungen), glücklich widerstanden hat. — Es folgt sodann eine auf im wesentlichen Richtige psychologische Anschauungen gegründete, wohlgeordnete und vortrefflich durchgeführte Betrachtung über die Abhängigkeit der Sinnesobjekte von den Sinnesorganen und dieser wiederum von dem Prana (Lebenshauch) oder Prajnatman (Bewußtsein-Selbst), d. h. dem Prinzip des unbewußten und des bewußten Lebens, welche beide hier, weil sie "zusammen in dem Leibe wohnen und zusammen aus ihm herausziehen", für identisch erklärt werden und es auch im tiefsten Grunde sind, wiewohl nur ihrer Wurzel nach, aus der sie als zwei verschiedenartige Stämme hervorgehen (siehe meine Elemente der Metaphysik, T1. II, Kap. 4: "Der bewußte und der unbewußte Wille"). Das Resultat dieser nachgewiesenen Abhängigkeit aller Sinnesobjekte und Sinnesorgane vom Bewußtsein-Selbst ist die Ermahnung, daß der nach der erlösenden Erkenntnis Trachtende nicht die Objekte, auch nicht die subjektiven psychischen Kräfte, sondern allein das Subjekt des Erkennens und Handelns zu suchen hat, welches in herrlicher Schilderung als der höchste Gott und zugleich als der Atman in uns gefeiert wird.

Zur leichteren Übersicht mag hier noch eine Disposition des ganzen Abschnittes folgen.

Einleitung (§ 1).

A. Der Prajnatman und die Sinnesorgane.

1. Die Organe laufen in einer Einheit zusammen (Ekabhuyam Gacchanti), welche, als die Gesamtheit der Organe, in jedem einzelnen derselben wirksam ist (§2). 2. Diese Einheit liegt nicht außerhalb der Organe oder Pranah, sondern in demjenigen unter ihnen, welches über alle anderen den Vorrang (Nihsreyasam) hat, d. h. in dem Prana oder Prajnatman. Sein Vorrang aber beruht auf folgenden Gründen:

a. Entbehrlichkeit der anderen Organe;
b. Unentbehrlichkeit des Prana;
c. Sein Fortbestehen im Tiefschlaf und
d. im Tod (§3).

B. Der Prajnatman und die Sinnesobjekte.

1. Die Sinnesobjekte werden als die Organe (d. h. mittels derselben) in den Prajnatman hineingeschüttet (Abhivisrijyante), so daß er durch die Organe die Objekte erlangt (§4). 2. Aus dem Prajnatmanwerden die Organe herausgezogen ([[Udulham]]), aus ihnen wiederum die betreffenden Objekte nach außen projiziert (Parastat Prativihita, § 5), daher die Prajna durch die Organe die Objekte erlangt (§6). 3. Unmöglichkeit, ohne die Prajna und durch die Organe allein die Objekte zu erkennen (§7).

C. Das Subjekt des Erkennens.

1. Nicht die Objekte, sondern das Subjekt soll man suchen zu erkennen. 2. Keine Objekte (Bhutamatrah) ohne subjektive Organe (Prajnamatrah), keine subjektiven Organe ohne Objekte. 3. Beide laufen im Subjekt zusammen wie die Radkreisteile und Felgen in der Radnabe. 4. Das Subjekt ist der ewige, selige Gott, der allmächtig zum Guten und Bösen, zum Heil und Verderben prädestiniert. 5. Und dieser Herr aller Welten ist meine Seele, mein Atman (§8).

1. Es begab sich, daß Pratardana, der Sohn des Divodasa, zu der lieben Wohnung des Indra gelangte, durch Kampf und durch Mannhaftigkeit.

Zu ihm sprach Indra: "Pratardana, wähle dir einen Wunsch!" -

Und Pratardana sprach: "Wähle du selbst für mich, was du für den Menschen als das Heilsamste erachtest!" -

Aber Indra sprach: "Der Höhere wählt doch nicht für den Niederen! Wähle du nur selbst; denn du bist doch niederer als ich." Also sprach Indra.[22]

Aber Pratardana[23] ließ sich nicht abbringen von der Wahrheit; denn die Wahrheit ist Indra.

Da sprach Indra zu ihm:

"So erkenne mich! Denn dieses erachte ich für den Menschen als das Heilsamste, daß er mich erkenne. Denn obgleich ich den dreiköpfigen Sohn des Tvashtar erschlagen habe und die Arunmukhas [die 'Wundmäuligen', entstellt aus Arurmaghan, die 'Knauserigen', Ait. Br. 7,28] und die Streber [oder. Büßer, Yatin] den wilden Hunden vorgeworfen habe, obgleich ich, viele Verträge brechend, im Himmel die Prahladi (die Polterer), im Luftraume die Pauloma (etwa: Dickwänste), auf der Erde die Kalakanja (Schwarzköpfe) durchbohrt habe (Atrinam = Atrinadam?), so wurde mir dafür auch nicht ein Haar (Loma) gekrümmt (Amiyata), — und so auch, wer mich kennt, dem wird fürwahr durch kein Werk seine Welt [sein Platz im Himmel] geschmälert (Loko Miyate), nicht durch Diebstahl, nicht durch Tötung der Leibesfrucht, nicht durch Muttermord, nicht durch Vatermord[24], und hat er auch Böses vollbracht (lies Cakrusho), so entflieht doch nicht die dunkle Farbe von seinem Angesicht [keine Furcht macht ihn erblassen]."

2. Und er (Indra) sprach:

Zeichnung von Indra auf seinem Elefantenberg, Airavata, ca. 1820

"Ich bin der Lebenshauch (Prana); als das Bewußtsein-Selbst (Prajnatman), als Leben, als Unsterbliches verehre mich. Der Prana ist Leben, und das Leben ist Prana. Denn solange in diesem Leibe der Prana weilt, so lange weilt auch das Leben; denn durch den Prana erlangt man in dieser Welt das Nichttotsein, und durch das Bewußtsein (Prajna) die wahre Erkenntnis. Wer mich als Leben, als Unsterbliches verehrt, der gelangt in dieser Welt zur vollen Lebensdauer, und er erlangt Unsterblichkeit, Unvergänglichkeit in der himmlischen Welt."

[[[Pratardana]] sprach]: "Einige lehren, daß die [Lebenskraft|[Lebenskräfte]] in eine Einheit zusammenlaufen (Ekabhuyam Gacchanti); denn niemand kann doch zugleich miteinander durch die Rede den Namen, durch das Auge die Gestalt, durch das Ohr den Ton und durch das Manas den Gedanken zum Bewußtsein bringen; sondern indem vielmehr die Lebenskräfte in eine Einheit zusammenlaufen, so bringen sie nacheinander alles dieses zum Bewußtsein; und wenn die Rede redet, so reden alle Lebenskräfte ihr nach [d. h. mit ihr], und wenn das Auge sieht, so sehen alle Lebenskräfte ihm nach, und wenn das Ohr hört, so hören alle Lebenskräfte ihm nach, und wenn das Manas denkt, so denken alle Lebenskräfte ihm nach, und wenn der Odem atmet, so atmen alle Lebenskräfte ihm nach."

"Allerdings ist es so", sprach Indra.

"Aber doch", fuhr er fort, "besteht unter den Lebenskräften eine Rangordnung. 3. Nämlich,

man lebt auch ohne Rede, denn wir sehen Stumme,
man lebt auch ohne Gesicht, denn wir sehen Blinde,
man lebt auch ohne Gehör, denn wir sehen Taube,
man lebt auch ohne Manas, denn wir sehen Narren,
man lebt auch mit abgeschnittenen Armen,
man lebt auch mit abgeschnittenen Beinen,

denn also sehen wir es, aber der Prana ist es, der Prajnatman, welcher diesen Leib umspannt und aufRichtet (Ut thapayati), darum soll man ihn als das Uktham (vgl. Ait. Ar. 2,1, oben S. 10) verehren.

Dieses ist die Durchdringung aller [Lebenskräfte] im Prana. Was aber der Prana ist, das ist die Prajna (das Bewußtsein), und was die Prajna ist, das ist der Prana.

Und dieses ist seine Anschauung, dieses seine Erkenntnis: wenn ein Mensch so eingeschlafen ist, daß er kein Traumbild schaut, dann ist er eben in diesem Prana zur Einheit geworden; dann geht in ihn

die Rede mit allen Namen ein,
das Auge mit allen Gestalten ein,
das Ohr mit allen Tönen ein,
das Manas mit allen Gedanken ein.

Und wenn einer erwacht, dann geschieht es, gleichwie aus einem flammenden Feuer nach allen Seiten die Funken auseinanderstieben, daß also aus diesem Atman alle Lebenskräfte, je nach ihrem Standort, heraustreten, aus den Lebenskräften [Rede, Auge, Ohr, Manas] die Götter [[[Agni]], Surya, Disah, Candramah], aus den Göttern die Welten [Namen, Gestalten, Töne, Gedanken].

Das ist der Prana, der Prajnatman, welcher diesen Leib umspannt und aufRichtet, darum soll man ihn als das Uktham verehren. Dieses ist die Durchdringung aller [Lebenskräfte] im Prana. Was aber der Prana ist, das ist die Prajna (das Bewußtsein), und was die Prajna ist, das ist der Prana.

Und dieses ist sein Beweis, dieses seine Erkenntnis: wenn der Mensch, leidend und im Begriffe zu sterben, von Schwäche überkommen, in Bewußtlosigkeit verfällt, und die Leute sagen, sein Geist ist entflohen, er hört nicht, sieht nicht, redet nicht, denkt nicht, — dann ist er eben in diesem Prana zur Einheit geworden; dann geht in ihn

die Rede mit allen Namen ein,
das Auge mit allen Gestalten ein,
das Ohr mit allen Tönen ein,
das Manas mit allen Gedanken ein,

und wenn er aus diesem Leibe auszieht, so zieht er mit ihnen allen aus.[25]

4. Als Rede werden in ihn alle Namen hineingeschüttet (Abhivisrijyante, viel besser als Abhivisrijate = Parityajati, wie der Komm. liest), durch die Rede erlangt er alle Namen,

als Odem werden in ihn alle Gerüche hineingeschüttet, durch den Odem erlangt er alle Gerüche,
als Auge werden in ihn alle Gestalten hineingeschüttet, durch das Auge erlangt er alle Gestalten,
als Ohr werden in ihn alle Töne hineingeschüttet, durch das Ohr erlangt er alle Töne,
als Manas werden in ihn alle Gedanken hineingeschüttet, durch das Manas erlangt er alle Gedanken;

dieses ist die Durchdringung aller im Prana.

Was aber der Prana ist, das ist die Prajna, und was die Prajna ist, das ist der Prana; denn beide wohnen vereint im Körper und ziehen vereint aus ihm aus.

Nun wollen wir auseinandersetzen, wie auch alle Wesen mit dieser Prajna (dem Bewußtsein) eine Einheit bilden:

5. Die Rede ist als ein Teil von ihm (dem Bewußtsein) aus ihm herausgezogen (lies Udulham); von dieser ist der Name das nach außen versetzte Wesenselement;

der Odem ist als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesem ist der Geruch das nach außen versetzte Wesenselement;
das Auge ist als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesem ist die Gestalt das nach außen versetzte Wesenselement;
das Ohr ist als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesem ist der Ton das nach außen versetzte Wesenselement;
die Zunge ist als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von dieser ist der Nahrungssaft das nach außen versetzte Wesenselement;
die Hände sind als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesen ist das Werk das nach außen versetzte Wesenselement;
der Leib ist als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesem ist Lust und Unlust [Erregendes] das nach außen versetzte Wesenselement;
das Zeugungsglied ist als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesem ist Geschlechtslust, Liebeslust und Zeugungskraft [nämlich das sie Erregende] das nach außen versetzte Wesenselement;
die Füße sind als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesen sind die Gehbewegungen das nach außen versetzte Wesenselement;
das Manas ist als ein Teil von ihm aus ihm herausgezogen; von diesem sind Gedanken und Begierden [das sie Erregende] das nach außen versetzte Wesenselement.

6. Durch das Bewußtsein (Prajna) die Rede besteigend, gelangt man durch die Rede zu allen Namen[26];

durch das Bewußtsein den Odem besteigend, gelangt man durch den Odem zu allen Gerüchen;
durch das Bewußtsein das Auge besteigend, gelangt man durch das Auge zu allen Gestalten;
durch das Bewußtsein das Ohr besteigend, gelangt man durch das Ohr zu allen Tönen;
durch das Bewußtsein die Zunge besteigend, gelangt man durch die Zunge zu allen Nahrungssäften,
durch das Bewußtsein die Hände besteigend, gelangt man durch die Hände zu allen Werken;
durch das Bewußtsein den Leib besteigend, gelangt man durch den Leib zu Lust und Schmerz [dem sie Erregenden] ;
durch das Bewußtsein das Zeugungsglied besteigend, gelangt man durch das Zeugungsglied zu Geschlechtslust, Liebeslust und Zeugungskraft [dem sie Erregenden];

durch das Bewußtsein die Füße besteigend, gelangt man durch die Füße zu allen Gehbewegungen; durch das Bewußtsein das Manas besteigend, gelangt man durch das Manas zu allen Gedanken [und Begierden erregenden Objekten].

7. Denn nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, die Rede irgendeinen Namen zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jenes Namens nicht bewußt geworden; und nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, der Odem irgendeinen Geruch zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jenes Geruches nicht bewußt geworden; und nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, das Auge irgendeine Gestalt zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jener Gestalt nicht bewußt geworden; und nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, das Ohr irgendeinen Ton zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jenes Tones nicht bewußt geworden; und nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, die Zunge irgendeinen Nahrungssaft zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jenes Nahrungssaftes nicht bewußt geworden; und nicht vermögen, vom Bewußtsein verlassen, die Hände irgendein Werk zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt (nicht Ahatus etc. zu lesen): mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jenes Werkes nicht bewußt geworden; und nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, der Leib irgendeine Lust oder Unlust zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jener Lust und Unlust nicht bewußt geworden; und nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, das Zeugungsglied irgendeine Geschlechtslust, Liebeslust und Zeugungskraft zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jener Geschlechtslust, Liebeslust und Zeugungskraft nicht bewußt geworden; und nicht vermögen, vom Bewußtsein verlassen, die Füße irgendwelche Gehbewegungen zum Bewußtsein zu bringen; denn man sagt: mein Geist war anderswo, darum bin ich mir jener Gehbewegungen nicht bewußt geworden; und nicht vermag, vom Bewußtsein verlassen, irgendein Gedanke zustande zu kommen, oder irgendein Erkenntnisobjekt zum Bewußtsein zu kommen.

8. Nicht nach der Rede soll man fragen, sondern den erkennen, der da redet[27], nicht nach dem Geruch soll man fragen, sondern den erkennen, der da riecht, nicht nach der Gestalt soll man fragen, sondern den erkennen, der da sieht, nicht nach dem Ton soll man fragen, sondern den erkennen, der da hört, nicht nach dem Nahrungssaft soll man fragen, sondern den erkennen, der den Nahrungssaft schmeckt, nicht nach dem Werk soll man fragen, sondern den erkennen, der da wirkt, nicht nach Lust und Unlust [Erregendem] soll man fragen, sondern den erkennen, der Lust und Unlust fühlt, nicht nach Geschlechtslust, Liebeslust und Zeugungskraft soll man fragen, sondern den erkennen, der die Geschlechtslust, Liebeslust und Zeugungskraft empfindet, nicht nach den Gehbewegungen soll man fragen, sondern den erkennen, der da geht, nicht nach dem Manas soll man fragen, sondern den erkennen, der da denkt.

Denn alle diese zehn Wesenselemente sind abhängig vom Bewußtsein, und die zehn Bewußtseinselemente sind abhängig von den Wesen; denn wenn die Wesenselemente nicht wären, so würden auch die Bewußtseinselemente nicht sein, und wenn die Bewußtseinselemente nicht wären, so würden auch die Wesenselemente nicht sein, denn nicht kommt durch die einen ohne die anderen irgendeine Erscheinung (Rupam) zustande.

Noch auch ist dieses eine Vielheit: sondern gleichwie der Kranz des Rades an den Speichen befestigt ist und die Speichen an der Nabe befestigt sind, also sind auch jene Wesenselemente an den Bewußtseinselementen befestigt und die Bewußtseinselemente an dem Prana befestigt, denn dieser Prana ist eben das Bewußtsein-Selbst (Prajnatman), ist Wonne, ist nicht alternd, ist unsterblich!

Er wird nicht höher durch gute Werke und wird nicht geringer durch böse Werke, sondern er ist es, der das gute Werk den tun macht, welchen er aus diesen Welten emporführen will, und er ist es, der das böse Werk den tun macht, welchen er abwärts führen will. Er ist der Hüter der Welt, er ist der Gebieter der Welt, er ist der Weltenherr, und dieser ist meine Seele ((Atman), das soll man wissen, - dieser ist meine Seele, das soll man wissen!"

Vierter Adhyaya

Dieser Abschnitt läßt sich als ein erweiterender Nachtrag des vorhergehenden betrachten[28], sofern die Gedanken vom Eingehen der Lebensorgane in den Prana oder Prajnatman im Tiefschlaf und Wiederhervorgehen aus ihm, von seiner Durchdringung des ganzen Leibes und von seiner Oberhoheit über die Lebensorgane, welche dort Indra dem Pratardana mitteilte, hier in Form einer Belehrung erscheinen, welche Ajatasatru, der König von Kasi (Benares), dem Brahmanen Balaki Gargya (d. h. dem Sohne des Balaka aus der Familie Garga) erteilt, nachdem dieser sich erboten hatte, das Brahman zu erklären und dieses in einer Reihe von Definitionen versuchte, welche von dem König als unzulänglich zurückgewiesen wurden; worauf der Brahmane, seines Nichtwissens überführt, den König um Belehrung bittet, die dieser an dem Beispiel eines vom Tiefschlaf Erwachenden entwickelt. — Dieselbe Erzählung findet sich in kürzerer Form und zumeist mit denselben Redewendungen wieder Brih. Up. 2,1, wo Gargya nur zwölf Definitionen aufstellt, welche mit einer Auslassung (Dikshu) und fünf neu hinzukommenden (Stanayitnau, Pratisrutkayam, Svapnaya, Dakshine und Savye Akshini) in Kaush. Up. zu sechzehn werden. Auch in der Reihenfolge und den Gegenerklärungen des Ajatasatru finden sich mehrfache Differenzen zwischen beiden Rezensionen. Dieselben scheinen nicht voneinander, sondern von einer als beiderseitige Quelle dienenden Erzählung abhängig zu sein, welche mündlich umlief und von den Redaktoren der beiden Upanishaden in Anpassung an Anschauung und Darstellungsweise ihrer Schule schriftlich fixiert wurde. Ganz passend als Rahmen für die von Ajatasatru zu erteilende Belehrung ist die Erzählung in keiner von beiden Rezensionen. Denn nach der Erzählung würde man eine Auseinandersetzung über das Verhältnis des Brahman (Prana, Prajnatman) zu den zwölf oder sechzehn Purushas erwarten, während in der folgenden Belehrung diese Frage in Brih. Up. gar nicht berührt, in Kaush. Up. durch die kurze Bemerkung, daß diese Purushas nur Karman (erschaffen) seien, und daß man nach ihrem Kartar (Schöpfer) zu suchen habe, abgefertigt wird, worauf dann Ajatasatru in seiner am Tiefschlafenden exemplifizierten Auseinandersetzung nur das Verhältnis des Brahman (Prana, Prajnatman) zu den Lebensorganen (Prana, Vac, Cakshuh, Shrotram, Manas) erörtert. Die Lehre von dem Eingehen dieser Organe in den Prana im Tiefschlaf und dem Wiederhervorgehen aus ihm beim Erwachen ist beiden Rezensionen gemeinsam. Hieran schließt sich, nur in Kaush. Up., eine Darlegung von der Durchdringung des Leibes durch den Prana, welche schon durch die sarvapti, Kaush. 3,3-4, oben S. 45-46, vorbereitet war, in der Ausführung jedoch mit Brih. Up. 1,4,7 parallel ist. Zum Schluß wird das Verhältnis des Prana zu den Organen, wie Kaush. 3,8 durch den Vergleich mit Radnabe und Speichen, so hier durch den zwischen dem Prinzipal und seinen Leuten, erläutert. Ein Hinweis auf den Wert der hier erteilten Belehrung, durch welche erst auch Indra seine Übermacht über die Dämonen erlangt habe, beschließt den Abschnitt, als dessen Grundgedanken man, so wie er vorliegt, die Superiorität des Prana Brahman über die Kräfte und Erscheinungen der Natur (die Purushas des Gargya) und über die psychischen Organe im Menschen bezeichnen kann.

Lehrer und Schüler

1. Nun war einstmals Gargya Balaki als Veda-Gelehrter berühmt; er wohnte bei den Usinaras, bei den Satvans und Matsyas, bei den Kurus und Pancalas, bei den Kasis und Videhas.

Der kam einmal zu Ajatasatru, dem König von Kasi, und sprach: "Möge ich dir das Brahman lehren!" Zu ihm sprach Ajatasatru: "Tausend Kühe gebe ich dafür; wenn man so spricht, kommen ja die Leute mit dem Rufe: 'Ein Janaka, ein Janaka!( [ein wegen seiner Freigebigkeit sprichwörtlich gewordener König von Videha] gelaufen."

2. [Der Erzähler vergegenwärtigt sich, ehe er fortfährt, die Hauptpunkte des nun folgenden Gespräches:]

in der Sonne - groß
im Mond - Nahrung
im Blitz - Wahrheit
im Donner - Schall
im Wind - Indra Vaikuntha
im Äther - erfüllt
im Feuer - Überwältiger
im Wasser - Glanz,

soviel in bezug auf die Gottheiten. Nun in bezug auf das Selbst:

im Spiegel - Ebenbild
im Schatten - Gefährte
im Echo - Leben
im Ton - Tod
im Traum - Yama
im Leib - Prajapati
im rechten Auge - der Rede [Selbst]
im linken Auge - der Wahrheit [Selbst].
Geist der Sonne - Sonnengebet

3. Balaki sprach: "Der Geist, der in der Sonne ist, den verehre ich." Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen (Samvadayishthas, oder Text B: Samavadayishthas 'dürftest du meine Zustimmung, Samavada, nicht erlangen'), als Großes, als Hellgekleideten, als Obersten, als Haupt aller Wesen verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zum Obersten, zum Haupt aller Wesen.[29]

4. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Mond ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als König Soma, als Selbst der Nahrung[30] verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zum Selbst der Nahrung.

5. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Blitz ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Selbst der Wahrheit [die wie der Blitz das Dunkel des Nichtwissens erhellt] verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zum Selbst der Wahrheit.

6. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Donner ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Selbst des Schalles verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zum Selbst des Schalles.

7. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Wind ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Indra Vaikuntha, als unbesiegliches Heer verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird siegreich, unbesieglich, die Widersacher überwindend.

8. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Äther (Raum) ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als das erfüllte, unbewegte Brahman verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird erfüllt mit Nachkommen, Vieh, Ruhm, Brahmanenwürde und Himmelswelt, und kommt zu vollem Leben.

Geist des Feuers

9. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Feuer ist, den verehre ich." Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Überwältiger verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zu einem Überwältiger unter den anderen.

10. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Wasser ist, den verehre ich."

Geist des Wassers

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Selbst des Glanzes verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zum Selbst des Glanzes.

Soviel in bezug auf die Gottheiten. - Nun in bezug auf das Selbst.

11. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Spiegel ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Ebenbild verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, dem wird sein Ebenbild in seiner Nachkommenschaft erstehen, nicht was ihm unähnlich wäre.

12. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Schatten ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als unzertrennlichen Gefährten verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der findet Gefährten (lies Dvitiyan), denn Gefährten sind ihm beschieden.

13. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Echo ist, den verehre ich."

Da sprach. Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Leben[31] (Asu) verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der verfällt nicht vor der Zeit der Bewußtlosigkeit.

14. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Tone[32] ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Tod verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der scheidet nicht vor der Zeit dahin.

15. Balaki sprach: "Der Geist der, so eingeschlafen, im Traume wandelt, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als König Yama[33] verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, dem fügt sich (Yamyate) alles hier zum besten.

16. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem Leib ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als Prajapati[34] verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird fortgepflanzt (Prajayate) durch Nachkommen, Vieh, Ruhm, Brahmanenwürde und Himmelswelt und kommt zu vollem Leben.

17. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem rechten Auge ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als der Rede Selbst, des Feuers Selbst, des Lichtes Selbst[35] verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zu dieser aller Selbst.

18. Balaki sprach: "Der Geist, der in dem linken Auge ist, den verehre ich."

Da sprach Ajatasatru: "Wegen dessen hättest du mich nicht zur Unterredung herausfordern sollen; als der Wahrheit Selbst, des Blitzes Selbst, des Glanzes Selbst verehre ich den."

Wer diesen also verehrt, der wird zu dieser aller Selbst.

19. Da schwieg Balaki stille. Zu ihm sprach Ajatasatru: "Ist das alles, Balaki?" - "Das ist alles", erwiderte Balaki. Da sprach Ajatasatru zu ihm: "Nun, dann dürftest du mich wohl ohne Grund zur Unterredung herausgefordert haben, als du dich anbotest, mir das Brahman zu erklären! Denn, o Balaki, er, der der Schöpfer aller jener Geister ist, er, dessen Werk diese Welt ist, der fürwahr ist es, den man kennen muß!"

Da nahm Balaki das Brennholz [das Zeichen der Schülerschaft] in die Hand, trat zum König und sprach: "Nimm mich als Schüler an!" Und Ajatasatru sprach zu ihm: "Das geht doch, so meine ich, gegen den Strich, daß ein Kshatriya einen Brahmanen als Schüler annimmt! - Aber komm! ich will dich darüber belehren."

Mit diesen Worten faßte er ihn an der Hand und ging hinaus mit ihm. Da kamen sie zu einem Menschen, der schlief. Und Ajatasatru redete ihn an: "0 Großer! O Hellgekleideter! o König Soma!" Er aber blieb liegen. Da trieb er ihn mit seinem Stock auf, da erst stand er auf.[36] Da sprach Ajatasatru zu ihm [Balaki]: "0 Balaki, wo weilte soeben dieser Mann? Wo hat sich dies begeben? Und woher ist er so gekommen?"

Aber Balaki wußte es nicht. Und Ajatasatru sprach zu ihm: "0 Balaki, wo dieser Mann soeben weilte, wo sich dies begeben hat, woher er so gekommen ist, willst du das wissen (Iti)?

Im Menschen sind Adern, die heißen Hita (die Wohltätigen), welche, vom Herzen ausgehend, sich um den Herzbeutel herumziehen. Diese, so fein wie ein tausendfach gespaltenes Haar, finden sich [erfüllt] von der Feinheit eines braunen, weißen, schwarzen, gelben und roten [Saftes]. In diesen weilt einer dann, wenn er so eingeschlafen ist, daß er kein Traumbild schaut.

20. Dann wird er in diesem Prana zur Einheit; dann geht in ihn

die Rede mit allen Namen ein,
das Auge mit allen Gestalten ein,
das Ohr mit allen Tönen ein,
das Manas mit allen Gedanken ein.

Und wenn einer erwacht, dann geschieht es, gleichwie aus einem flammenden Feuer nach allen Seiten die Funken auseinanderstieben, daß also aus diesem Atman alle Lebenskräfte, je nach ihrem Standort, heraustreten, aus den Lebenskräften [Rede, Auge, Ohr, Manas] die Götter [[[Agni]], Surya, Disah, Candramah], aus den Göttern die Welten [Namen, Gestalten, Töne, Gedanken].

Das ist der Prana, der Prajnatman, welcher in diesen Leib als Selbst eingegangen ist bis zu den Haaren, bis zu den Nägeln. Darum, gleichwie ein Schermesser in der Schermesserscheide geborgen ist oder das Feuer in der Feuerheimstatt [dem Holze], also ist auch dieser Prajnatman in diesen Leib als Selbst eingegangen bis zu den Haaren, bis zu den Nägeln.

Von diesem Selbst sind jene Selbst [der Organe] abhängig wie von einem Prinzipal seine Leute. Denn gleichwie der Prinzipal sich zusammen mit seinen Leuten ernährt und wie die Leute an dem Prinzipal sich ernähren, also ernährt sich dieses Bewußtsein-Selbst (prajnatman) zusammen mit jenen anderen Selbsten, und also ernähren sich jene anderen Selbst an diesem Selbst.

Solange Indra diesen Atman (Selbst) nicht erkannt hatte, so lange waren ihm die Asuras überlegen; aber nachdem er ihn erkannt hatte, schlug er die Asuras und erlangte dadurch, daß er sie besiegte, über alle Götter und alle Wesen die Prinzipalität, Autonomie, Oberherrlichkeit.

Und ebenso auch der solches Wissende schlägt alle Übel ab und erlangt über alle Wesen die Prinzipalität, Autonomie, Oberherrlichkeit, wenn er solches weiß, - wenn er solches weiß!"

Fußnoten

  1. Wie nachher Brahman, so examiniert hier der Mond die aufsteigenden Seelen über ihr Wissen. Wer die Prüfung besteht, geht den Devayana, wer nicht, den Pitriyana. - Meine Auffassung hier und in der entsprechenden Stelle nachher weicht vom Kommentar und allen Übersetzern (Anquetil, Weber, Cowell, M. Müller) ab. Ich darf aber hoffen, daß man mir zustimmen werde.
  2. Vom Mond.
  3. Vom Mond.
  4. Lies Airayadhvam und vielleicht (mit B. C. E.) Ma Asishikta (vgl. z. B. Amumuktam).
  5. Lies Airayadhvam und vielleicht (mit B. C. E.) Ma Asishikta (vgl. z. B. Amumuktam).
  6. Die Seele kommt vom Mond, ist Mond und als solcher Jahr und Jahreszeit, die beide vom Mond abhängen.
  7. Die Seele kommt vom Mond, ist Mond und als solcher Jahr und Jahreszeit, die beide vom Mond abhängen.
  8. Die Seele kommt vom Mond, ist Mond und als solcher Jahr und Jahreszeit, die beide vom Mond abhängen.
  9. Die Seele kommt vom Mond, ist Mond und als solcher Jahr und Jahreszeit, die beide vom Mond abhängen.
  10. Den Devayana und Pitriyana.
  11. Den Devayana und Pitriyana.
  12. Die Seele kommt vom Mond, ist Mond und als solcher Jahr und Jahreszeit, die beide vom Mond abhängen.
  13. Lies Airayadhvam und vielleicht (mit B. C. E.) Ma Asishikta (vgl. z. B. Amumuktam).
  14. Zwischenfrage des Mondes.
  15. Yajus, Saman, Ric sind der Inbegriff des Brahman (des Gebets in der Form des Veda). Der Rishi, indem er ganz in Yajus, Saman, Ric aufgeht, wird zu Brahman. - Brahman ist das Weltall, mit welchem das im Individuum erscheinende Brahman durch die verschiedenen Organe desselben verbunden ist. Dies ist der Sinn der folgenden Prüfung.
  16. Der Mensch vor und nach Erlangung der Erkenntnis entspRicht dem Bettler, der zuerst nicht durch Bitten erlangen konnte, was ihm, nachdem er resigniert hat, ungebeten zuteil wird.
  17. Unter den Anrufungen, die der Hotar und seine Gehilfen zu rezitieren haben. Cowell und M. Müller übersetzen nach Sankarananda: "unter den Waffen" (!).
  18. Susimam Hridayam, wahrscheinlich ist hier und anderweit Susime "schönscheitlige" als Anrede an die Gattin zu lesen (vgl. Asval. grihyas. 1, 13, 7).
  19. Der Beter schaut nach Westen und wendet sich sodann rechts herum, wie die Sonne in der Nacht, nach Osten, der Himmelsgegend des Indra, hin. Die in der Nacht von Westen nach Osten zurückkehrende Sonne scheint hier ein Symbol des in den Nachkommen sich wieder erneuernden Lebens des Vaters zu sein.
  20. Dem Mond, wie §9, oben S. 35.
  21. Besser mit dem Komm. "in den Wind", in welchem auch Ait. Br. 8,28 der Übergang der Erscheinungen ineinander sein Ende erreicht.
  22. Irgendein Abschreiber, der die Worte Satyan Na Iyaya verstand als "er erfüllte sein Versprechen", scheint p. 75,1, die beiden Namen vertauscht zu haben, was dann weiter die Korrektur von Ma' iti in Maiti zur Folge hatte. - Will man hingegen am überlieferten Text festhalten, so muß man avara beide Male in ganz verschiedenem Sinne nehmen und übersetzen: "Aber Indra sprach: 'Der Höhere wählt doch nicht für den Niedern (Avarasmai)! Wähle nur du selbst!' - 'Dann wird mir also kein Geschenk (Avaro) zuteil, so sprach Pratardana. - Aber Indra ging nicht ab von der Wahrheit (von dem Halten seines Versprechens); denn die Wahrheit ist Indra."
  23. Irgendein Abschreiber, der die Worte Satyan Na Iyaya verstand als "er erfüllte sein Versprechen", scheint p. 75,1, die beiden Namen vertauscht zu haben, was dann weiter die Korrektur von Ma' iti in Maiti zur Folge hatte. - Will man hingegen am überlieferten Text festhalten, so muß man avara beide Male in ganz verschiedenem Sinne nehmen und übersetzen: "Aber Indra sprach: 'Der Höhere wählt doch nicht für den Niedern (Avarasmai)! Wähle nur du selbst!' - 'Dann wird mir also kein Geschenk (Avaro) zuteil, so sprach Pratardana. - Aber Indra ging nicht ab von der Wahrheit (von dem Halten seines Versprechens); denn die Wahrheit ist Indra."
  24. Wer die Erkenntnis des Atman und seiner Einheit mit ihm erlangt und dadurch der Illusion der individuellen Existenz enthoben ist, dessen gute und böse Werke werden zunichte; sie sind nicht mehr seine Werke, eben weil er nicht mehr Individuum ist. (In der Sprechweise des Christentums: wer den Glauben hat, dem werden seine Sünden vergeben.) - Wie wahr, und doch wie gefährlich, wenn sie nur halb verstanden wird, ist diese Lehre!
  25. Der Hauptzweck dieser Betrachtung über Tiefschlaf und Ohnmacht ist der, die Identität des Prana (des Lebenshauches) und der Prajna (des Bewußtseins) zu beweisen. In Tiefschlaf und Ohnmacht besteht der Prana fort, während die Prajna erloschen zu sein scheint. In Wahrheit aber ist sie nicht erloschen, sondern nur mit dem Prana eins geworden, aus dem sie beim Erwachen wieder hervorgeht. Somit ist die Prajna nur vorübergehend, im Wachen, vom Prana verschieden, und bildet im übrigen mit diesem eine Einheit. - Mit der Prajna tauchen aber auch die Sinnesorgane, mit diesen die Sinnesobjekte im Tiefschlaf in den Prana ein; somit gehen auch sie im Prana zur Einheit zusammen, wie das nun Folgende näher ausführt.
  26. Der Kommentator Sankarananda bemerkt hierzu: "Der Sinn ist folgender: Nicht ist ohne Bewußtsein (Prajna) das betreffende Organ (Indriyam), und nicht ist ohne das betreffende Organ des betreffenden Objektes (Vishaya) Erlangung. Folglich, da, wenn etwas ohne ein anderes nicht existiert oder doch nicht perzipiert wird, es mit ihm wesenseins ist, - wie das Gewebe, weil es ohne die Fäden nicht perzipiert wird, wesenseins mit den Fäden ist, - oder wie das Silber, weil es ohne den Perlmutterglanz nicht perzipiert wird, wesenseins mit dem Perlmutterglanz ist, - so ist auch das Objekt, da es ohne das betreffende Organ nicht existiert, d. h. nicht perzipiert wird, wesenseins mit dem betreffenden Organ, und das betreffende Organ, da es ohne das Bewußtsein nicht perzipiert wird, wesenseins mit dem Bewußtsein."
  27. In summa: Nicht nach der empirischen Erkenntnis der Vielheit (nach Avidya), sondern nach der metaphysischen Erkenntnis der Einheit (Vidya) soll man trachten.
  28. Die Meinung des Scholiasten, daß hier eine Steigerung von dem esoterischen Prana zu dem esoterischen Caitanya beabsichtigt sei (Pranat Sushuptavasthad Apagatacaitanyat Param Cetanam Ananda Atmanam Vivakshur), hat in dem Text der Upanishad keinen Halt.
  29. Diese Worte gehören, wie die Stellung des Iti beweist, nicht dem König, wie Cowell und M. Müller annehmen, sondern dem Erzähler.
  30. Die Worte "als König Soma" wurden aus Text B aufgenommen, da sie, wegen ihrer Wiederkehr in § 19, nicht entbehrt werden können. - Der Mond ist annasya atma, Selbst der Nahrung, sofern er, vermöge sei¬nes Zunehmens durch Aufzehren von Seelen und seines Abnehmens durch Aufgezehrtwerden infolge ihres Herabsteigens, der Prototyp dessen, was ißt und gegessen wird, ist.
  31. Das (bewußte) Leben besteht darin, daß die Eindrücke der Dinge in uns, wie die Töne im Echo, einen Widerhall finden.
  32. Der Ton, Sabdan, könnte hier die Nachrede sein, Yah Sabdah Purusham Anveti, wie Text B, freilich in verändertem Zusammenhang, hat.
  33. Wie der Tiefschlaf ein Weilen bei Brahman ist, so scheint der Traumschlaf hier als ein vorübergehendes Weilen bei Yama, dem Todesgott, aufgefaßt zu werden. Im Gegensatz zum Tiefschlaf heißen Brih. Up. 4,3,7 die Erscheinungen des Wachens und des Traumes Mrityo Rupani "Gestalten des Todes".
  34. Prajapati als Prinzip der Leiblichkeit. Vgl, Vaj. Samh. 31,19 (cf. Athar vav. 10,8,13): "Prajapati wirkt im Mutterleib, "Der Ungeborene vielfach wird geboren."
  35. Das Auge als Symbol des physischen wie des geistigen Lichtes ist verständlich; ebenso, daß dem rechten Auge das Ursprünglichere (Rede, Feuer, Licht), dem linken das davon Abgeleitete (Wahrheit, Blitz, Glanz) zugeteilt wird.
  36. Der Tiefschlafende ist bei Brahman. Wäre nun einer der von Balaki genannten Geister das Brahman, so würde, mit deren Namen angerufen, der Schlafende erwachen. Aber er schläft weiter und erwacht erst, nachdem das gewöhnliche Mittel angewandt wurde, ihn mit dem Stock aufzutreiben.

Siehe auch

Literatur

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