Mahavakya

Aus Yogawiki
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Die Mahavakyas (Sanskrit: महावाक्य mahā-vākya n.) wörtl.: "großen (Maha) Aussprüche (Vakya)" sind wichtige Sinnsprüche aus den Upanishaden, den grundlegenden Texten der vedischen Literatur. Obwohl es sehr viele Mahavakyas gibt, werden vier von ihnen besonders hervorgehoben. Jedes von ihnen stammt aus einem anderen Upanishaden-Text. Die vier Leitsätze bezeichnen in einer kurzgefassten und präzisen Form das Hauptthema und die Essenz aller Upanishaden: das Einssein des Selbst mit dem Einen (Brahman).

Die vier Mahavakyas der Upanishaden

Die Eule - Symbol für Weisheit

Die Großen Weisheitssprüche

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

Heute möchte Ich über die vier Mahavakyas sprechen. Vier Mahavakyas bedeutet im Deutschen „die vier großen Aussprüche“. Maha bedeutet groß und vakyas heißt Ausspruch. Die Mahavakyas stammen aus den Upanishaden, welche zu den ältesten Schriften der Menschheit gehören und heute noch verwendet werden. Die Upanishaden sind sozusagen die Wurzel von Vedanta. [1] bedeutet im Deutschen „Ende der Veden“ und die Upanishaden sind das Ende der Veden.

Die Upanishaden wurden in Dialogform geschrieben. Ein Schüler geht zum Lehrer und fragt ihn: „Bitte, zeige mir, wie erfahre Ich das Unendliche? Zeige mir den Weg zum ewigen Glück und zur Unsterblichkeit!“ Die großen Meister haben dann die Schüler zunächst einmal auf die Probe gestellt, indem sie ihnen Prüfungen gaben und sie ihn Versuchung führten. Erst, wenn die Schüler die Prüfung bestanden haben, gaben die Meister die Weisheit an sie weiter.

Auch heute noch, wenn wir die Upanishaden lesen oder diese Vortragsreihe hören, werden wir auf gewisse Weise geprüft. Denn es ist einfach zu sagen „Ich bin das Unsterbliche Selbst“, doch wir werden daran geprüft, dies im Alltag zu leben. Die Essenz der Upanishaden sind die vier Mahavakyas.

Ähnlich wie Shankaracharya seine Lehre in den drei großen Sätzen zusammengefasst hat, sind die Lehre der Upanishaden in vier Mahavakyas zusammengefasst. Über diese möchte Ich nun sprechen und dich dann zu einer Meditation über die vier Mahavakyas einladen.

Die vier Mahavakyas, also die vier großen Aussprüche der Upanishaden, tauchen in verschiedenen Upanishaden auf. Ich werde das nun nicht zu sehr ausführen. Hier im Yoga wiki kannst du jedes der vier Mahavakyas eingeben und erfährst in welcher der Upanishaden diese zu finden sind. Es ist wichtig zu verstehen, dass die vier Mahavakyas nicht aus einer einzigen Upanishade stammen, sondern letztlich eine Zusammenfassung von vier Aussprüchen Shankaracharyas darstellen.

  • Der Erste lautet: „Tat Twam Asi.“ Das heißt: „Das bist du“.
  • Der Zweite lautet „Aham Brahmasmi“ und bedeutet „Ich bin dieses Brahman, dieses Unendliche, dieses Ewige“.
  • Ayam Atma Brahman“ lautet der Dritte. Es heißt „dieses Selbst ist Brahman“.
  • Der Vierte „Prajnanam Brahma“ , was „dieses Brahman ist Bewusstsein“ bedeutet.

Tat Tvam Asi

Das bist du

Dies sind also die vier Mahavakyas. Der Erste lautet „Tat Twam Asi.“ „Tat“ heißt „das“ und bezieht sich auf das Unendliche und Ewige. Du bist dieses Unendliche und Ewige.

„Tat“ bezieht sich nicht auf den Körper und nicht auf die Psyche, sondern auf das Unendliche, das Ewige und Seiende an sich und das bist du. Darüber kannst du meditieren und dir dessen bewusst sein. Außerdem kannst du es dir immer wieder vor Augen halten, wenn du sagst: „Ich bin halt so“ oder zum Beispiel „Ich bin gekränkt, denn er hat mich geärgert.“ Sei dir dann bewusst, du bist nicht der Ärger, nicht die Persönlichkeit und nicht die Talente oder Fähigkeiten. Das sind alles begrenzende Attribute und Eigenschaften. Auch bist du nicht dein Gewand, dein Fahrrad oder deine Brille. Du bist das Unsterbliche Selbst, „Tat Twam Asi“.

Aham Brahmasmi

Ich bin Brahman

Dies ist auch was der Vedanta Meister seinem Schüler sagt. Es gibt auch Vedanta-Einweihungen oder in unserer Tradition die Swami-Einweihungen. Wenn jemand zum Mönch wird, gehört zu dieser Swami-Einweihung dazu, dass der Lehrer neunmal „Tat Twam Asi“ wiederholt. Der Schüler wiederrum antwortet neunmal: „Aham Brahmasmi“. So bestätigt er: „Ja, Meister, ich habe verstanden. Ich bin Brahman.“

Auch dies kannst du dir immer wieder im Alltag bewusst machen. Wenn du dir sagst, du bräuchtest dieses und jenes oder du wärst nicht gut genug, dann kannst du darüber lächeln und sagen „Aham Brahmasmi“.

Ayam Atma Brahman

Die nächste der vier Mahavakyas ist eigentlich identisch mit der zweiten. „Ayam Atma Brahman“ und auf Deutsch „dieses Selbst ist nichts anderes als Brahman“. Auf einer gewissen Weise ist „Ayam Atma Brahman“ eine Konsequenz und Tiefenanalyse der Frage „Wer bin ich?“. Zuerst stellst du fest, dass du nicht der Körper, nicht die Psyche, nicht die Emotionen und nicht die Energie bist. Aber was dann? Du bist Brahman, das Absolute und Satchidananda.

Prajnanam Brahma

Es gibt nur das Absolute

Die Frage, die man sich als nächstes stellt, wäre dann: „Was ist Brahman?“ Die Antwortet lautet „Prajnanam Brahma“ oder Brahman ist Bewusstsein. Brahman ist weder fassbar noch ein Gegenstand der Wahrnehmung, sondern Bewusstsein. Dieses Bewusstsein, welches du selbst bist, ist Brahman. Von den drei Sätzen des Shankaracharya erinnerst du dich, dass, „Brahma Satyam“ , es nur Brahman gibt. Es gibt nur das eine Absolute und das Unendliche. Die ganze Welt, wie sie sich für uns darstellt, ist nichts anderes als Bewusstsein. Die Welt in Zeit und Raum ist eine Illusion. Brahman, das Bewusstsein, in Zeit und Raum gebrochen, schafft diese Welt. Um dies zu veranschaulichen, nehmen wir das Beispiel des reinen Lichts. Wenn Teile des reinen Lichts weggenommen werden, dann erscheinen diese in den Regenbogenfarben. Doch im Grunde gibt es nur reines Licht und die anderen Farben entstehen nur, wenn man vom Spektrum etwas wegnimmt. In diesem Sinne gibt es auch nur Brahman, welches sich auf dieser Welt manifestiert. Brahman ist Bewusstsein und Bewusstsein nimmt Bewusstsein wahr, denn es gibt nur, „Prajna“, Bewusstsein.

Die Mahavakyas im Alltag

Spüre Herzensverbindung

Das kannst du dir immer wieder sagen und zu dir selbst sprechen „Tat Twam Asi“. Auch wenn du einen Menschen siehst, kannst du es erneut wiederholen und dich mit ihm im Herzen verbinden. Denn du bist auch das, was in den Tiefen eines jeden Menschen ist. Du kannst den Baum anschauen oder dich in alle Richtungen ausdehnen. Du bist all das. Nicht im Relativen, sondern die Essenz.

Wann immer du feststellst, dass du dir selbst etwas einredest, wie zum Beispiel „Ich bin dies und das“, „Ich bin gefährdet“ oder „Der mag mich nicht“, dann sage zu dir: „Aham Brahmasmi“. Es macht mir alles nichts aus, was geschieht, denn ich bin Brahman.

„Ayam Atma Brahman“ oder „Dieses Selbst ist Brahman“, kannst du besonders gut sagen, wenn du dir der Pracht des Universums bewusst bist und dir bewusst bist, dass sich hinter allem eine göttliche Wirklichkeit befindet. Diese göttliche Wirklichkeit, „Ayam Atma“, das bin ich selbst.

Eine weitere, gute Frage ist die Frage nach Gott: „Wer ist Gott?“. Im Yoga und auch in den Religionen wird öfters über Gott gesprochen und jede Religion und ihre Subunterteilung hat ihre eigene Definitionen von Gott. Ist er männlich oder weiblich, groß oder klein, oben oder unten, einfaltig oder dreifaltig? Hier wird gesagt, dass Gott Bewusstsein ist. Alles andere ist relativ und letztlich vom menschlichen Geist gemacht. Krishna sagt in der Bhagavad Gita, dass wie auch immer sich der Mensch Gott vorstellt, in dieser Form offenbart sich Gott. Doch letztlich ist Gott ohne Form und irgendeine Gestalt. Was ist Gott? Brahman. Was ist Brahman? Bewusstsein an sich. So kannst du dir auch zwischendurch bewusst machen, dass das gesamte Universum, wie du es wahrnimmst oder für dich nicht wahrnehmbar ist, Brahman ist und nur aus Bewusstsein besteht. Dies kannst du immer wieder zur lebendigen Erfahrung im Alltag machen.

Zusammenfassung

Das war „Die vier Mahavakyas“ als Vortrag und Meditation. Die Grundlagen von Vedanta und die Essenz der Lehren der Upanishaden. Die Essenz deines Lebens. Es ist ja nicht etwas, was uralt ist und deshalb für heute irrelevant. Es ist vielmehr etwas, was uralt ist und deshalb weiter relevant.

Anderen helfen erzeugt Nächstenliebe

Setze es im Alltag um. Du kannst dir selber öfters sagen: „Tat Twam Asi“, Das bist du. Wenn du andere Menschen siehst, auch wenn sie leiden, kannst du ihnen sagen „Tat Twam Asi“. Daraus entsteht auch Nächstenliebe. Auf der relativen Ebene, bist du in diesem Körper und auch in jenem Körper, daher gilt es ihm zu helfen. Auch Jesus hat es so gesagt: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.“ Denn er ist dein Selbst. Tat Twam Asi. Das bist du.

Du bist nicht nur im Begrenzten, denn du bist das Bewusstsein dahinter. Daher: „Aham Brahmasmi“. Erfahre dich zwischendurch als Brahman in deinem Inneren. Zwischendurch erfahre dich als Brahman überall.

Mache dir dies immer wieder bewusst und spüre auch immer wieder: „Ayam Atma Brahman“. Ich bin dieses Brahman. Mein wahres Selbst ist Brahman. Höre auf dir immer wieder Identifikationen zuzulegen.

Angenommen, du beschäftigst dich mit moderner Psychologie. Immer wieder wird irgendetwas gesagt, wie „Höre auf deine Bedürfnisse“ , „Erkenne wer du bist“, „Lerne Nein zu sagen“ und alles Mögliche. Auf einer relativen Ebene mag das ja auch durchaus seinen Sinn haben. Doch identifiziere dich nicht.

Es heißt manchmal auch, man solle sich selbst lieben lernen und annehmen, mit all den Fähigkeiten und Begrenzungen. Doch du bist nicht die Fähigkeiten oder die Begrenzungen. „Ayam Atma“, mein Selbst ist Brahman und nichts anderes.

Sich an Gott zu wenden ist auch immer wieder gut. Auch im Jnana Yoga wird Bhakti Yoga eine wichtige Rolle zugeschrieben. Wir wollen Gott verehren und sagen:

„Oh Gott, nicht mein Wille, sondern dein Wille geschehe. Zeige mir, was du von mir willst.“ 

Dann ist es auch wichtig, sich bewusst zu machen, wer Gott ist. „Prajnanam Brahma“. Gott ist Bewusstsein. Die ganze Welt ist Bewusstsein. Es gibt nur Bewusstsein. Beim letzten Mal sprach ich darüber, dass man die Welt, wie wir sie wahrnehmen, als Traum oder Schauspiel Gottes sehen könnte. Es ist eine Manifestation des Bewusstseins Gottes.

In diesem Sinne, lebe den Alltag, sei dir bewusst: „Prajnanam Brahma“. Tat Twam Asi. Auch du bist dieses Bewusstsein. Aham Brahmasmi. Ich bin dieses Brahman. Prajnanam Brahma. Bewusstsein ist Brahman. Ayam Atma Brahman. Dieses Selbst ist Brahman.

Lebe in diesem Geist, lebe daraus und du wirst merken, dass somit das Leben eine ganz andere Dimension und Tiefe bekommt. Meditiere täglich darüber und du wirst merken, dass der Alltag anders verlaufen wird. Auch wenn du andere Meditationstechniken als Hauptmeditation hast, kannst du zwischendurch über diese vier Mahavakyas nachdenken und sie integrieren.

Ich wiederhole erneut die vier Mahavakyas, damit du sie nicht vergisst.

  • Tat Twam Asi - Das bist du.
  • Aham Brahmasmi - Ich bin Brahman.
  • Ayam Atma Brahma - Dieses Selbst ist Brahman.
  • Prajnanam Brahma - Bewusstsein ist Brahman.

Hinweise

Swami Sivananda: meditiere, meditiere, meditiere

Mehr Information über Vedanta, Meditation und wie du zum Beispiel Yoga vom ganzheitlichen Standpunkt aus üben kannst, findest du auf unseren Yoga Vidya Internetseiten.

Und natürlich fällt es am leichtesten sich mit besonders tiefen Fragen des Lebens zu beschäftigen, wenn man sich für ein paar Tage eine Auszeit nimmt und dieses vielleicht in einer besonders spirituellen Umgebung, zum Beispiel in einen der Yoga Vidya Ashrams, wie zum Beispiel in Bad Meinberg im Teutoburger Wald, an der Nordsee, Allgäu oder Westerwald.

Ein paar Tage weg vom Alltag, ein paar Tage intensiverer Meditation und Yoga hilft dir, dass du noch bereiter bist für Fragen wie:

Video - Die vier Mahavakyas der Upanishaden

Video - Meditation über die vier Mahavakyas

Die Maha-Vakyas

Shiva steht für reines Bewusstsein

- Auszug aus dem Buch "Vedanta für Anfänger" von Swami Sivananda -

Die Schriften, die Veden und Upanishaden, existieren zu dem Zweck, die ganze Menschheit von dieser vergänglichen kurzlebigen Existenz zu befreien. Die Aussagen der Schriften können in drei Gruppen unterteilt werden, nämlich:

1. Vidhi-Vakya, Vorschriften
2. Nishedha-Vakya, Verbote
3. Siddharthabodha-Vakya beziehungsweise Maha-Vakya (Lehrsätze), die Lehre von der höchsten Wahrheit, der Identität der individuellen Seele mit dem Paramatman (höchstes Selbst; Brahman)

Die ersten beiden sollen den irregeführten Jiva (individuelle Seele) reinigen und auf das Verständnis der dritten Gruppe vorbereiten. Das höchste Wissen kann nur intuitiv erfahren werden, und die Intuition kann nur in einem gereinigten Geist aufsteigen.

Es gibt vier Maha-Vakyas. Jeder der vier Veden enthält einen dieser Aussprüche:

Prajnanam Brahma: „Brahman ist Bewusstsein.” Dies wird Svarupabodha-Vakya (Svarupa = eigene Natur) genannt. Der Ausspruch erklärt die Natur Brahmans beziehungsweise die Natur des Selbst und stammt aus der Aitareya-Upanishade des Rigveda.

Aham Brahma Asmi: „Ich bin Brahman.” Dies ist die Anusandhana (anu = eins)-Vakya. Der Aspirant kann seinen Geist darauf fokussieren. Enthalten ist dieser Lehrsatz in der Brihadaranyaka Upanishade des Yajurveda.

Tat Tvam Asi: „Das bist du.” Dieses Vakya findet man in der Chhandogya Upanishade des Sama Veda. Der Lehrer unterweist den Schüler durch diesen Ausspruch.

Ayam Atma Brahma: „Dieses Selbst ist Brahman.” Dies ist Anubhavabodha (anubhava = Erfahrung der Einheit) -Vakya, das die innere intuitive Erfahrung des Aspiranten reflektiert. Der Satz stammt aus der Mandukya Upanishade des Atharva Veda finden.

Von diesen vier Maha-Vakyas ist Tat Tvam Asi von großer Wichtigkeit. Es ist das Upadesa-Vakya (Lehrsatz für die Unterweisung des Schülers) beziehungsweise Upanishaden-Vakya. Der Guru weiht den Schüler nur durch diesen Lehrspruch in Brahma Jnana (Wissen um das Absolute) ein. Er wird auch Shravana-Vakya (Lehrsatz zum Hören) genannt und hat die anderen drei Vakyas zur Folge.

Der Guru unterweist den Schüler durch “Tat Tvam Asi” – „Das bist du.“ Der Schüler hört diese Worte (Shravana), prüft sie und denkt über die darin enthaltene Botschaft nach (Manana), meditiert über diese Bedeutung (Nididhyasana) und erreicht Samadhi, der zu Aparoksha Anubhuti (direkte Verwirklichung der Einheit) - entsprechend „Aham Brahmasmi“ - führt. In dieser Erfahrung versteht er das Maha-Vakya „Ayam Atma Brahma“ und verinnerlicht die Natur von Brahman beziehungsweise des Selbst durch die intuitive Erkenntnis des Maha-Vakya „Prajnanam Brahma“.

Die drei Worte dieses Vakya müssen sorgfältig analysiert und verstanden werden. Durch Shravana und Manana über die Bedeutung erlangt man indirektes Wissen, Paroksha-Jnana, was ausreicht, alle Sünden zu zerstören. Dieses Wissen hilft dem Aspiranten, die Identifikation mit allen Taten und Reaktionen aufzugeben und allen Attributen mit denen er sich in Unwissenheit identifiziert hat, zu entsagen. Er kann dann ein sorgenfreies, ungestörtes und losgelöstes Leben in dieser Welt führen.

Nididhyasana (Meditation) und Samadhi (Überbewusstsein) gewähren dem Aspiranten direktes Wissen, Aparoksha Jnana, das ihn von der ursächlichen Unwissenheit befreit, die wiederum die Ursache des Kreislaufes aus Geburt und Tod ist.

Daher ist es sehr wichtig, dieses Maha-Vakya in all seinen Details, Wort für Wort, einzeln und im Kontext zu studieren und seine Bedeutung zu verstehen.

Die A Priori Methode

Prakriti (Natur; Schöpfung), die Ursache der Unwissenheit, besteht aus den drei Gunas und trägt die Spiegelung der transzendentalen Wirklichkeit, Satchidananda, in sich. Prakriti ist geteilt in zwei Aspekte, nämlich Maya und Avidya. Maya ist Shuddha-Sattva-Pradhana, der Zustand, in dem das Prinzip von Sattwa (Reinheit) über die anderen beiden, Rajas und Tamas, vorherrscht. Avidya ist Malina-Sattwa, der Zustand der Prakriti, in dem Sattwa von den anderen beiden übertönt und befleckt wird.

Wenn die reine Intelligenz (Chit) in Maya beziehungsweise Suddha-Sattwa reflektiert wird, wird das so reflektierte Bewusstsein „Ishwara“ genannt. Wenn diese Intelligenz in Malina-Sattwa beziehungsweise Avidya reflektiert wird, dann wird das daraus resultierende Bewusstsein „Jiva“ genannt. Aufgrund der vielfältigen Natur von Avidya gibt es auch viele Jivas, die individualisiert und voneinander getrennt, von Avidya beherrscht werden. Und diese Unwissenheit führt zu ihrer Identifikation mit den fünf Hüllen und den drei Körpern. Folglich unterliegt der Jiva Handlung, Schmerz und Leid.

Im Satz Tat Tvam Asi bezieht sich „Tat“ auf das reflektierte Bewusstsein in Maya, während „Tvam“ sich auf das reflektierte Bewusstsein in Avidya bezieht. Das Wort „Asi“ verkündet ihre Einheit. Es besagt, dass ein einziges „Chit“, Bewusstsein, in zweifacher Weise reflektiert wird, sowohl als Ishwara als auch als Jiva, wenn es jeweils durch die Schleier von Maya und Avidya verdeckt ist.

Dies ist in aller Kürze die “a priori” Methode, um von der Ursache ausgehend die Bedeutung des Maha-Vakyas “Tat Tvam Asi” zu verstehen.

Wie die Mahāvākyas zur Erleuchtung führen

Meditiere und erlange Erleuchtung

Es war einmal ein sehr eifriger Aspirant, der große Sehnsucht nach Gott, nach Gottverwirklichung hatte. So fragte er jeden, den er traf: „Sage mir, was ist Gott? Wo ist Gott?“

Er erhielt die verschiedensten widersprüchlichen Antworten: „Gott ist im Tempel“, „Gott ist Shiva“, „Gott ist Krishna“, „Gott ist Göttin, Devī“, „Gott ist nicht im Tempel, sondern in der Welt“, „Gott ist transzendent, nicht in der Welt“.

Einer gab ihm schließlich den Tipp: „Dort im Dschungel, etwa drei Tagesreisen von hier, lebt ein weiser Asket, der viel weiß und Gott verwirklicht hat. Am besten du fragst ihn.“ Und er beschrieb ihm den Weg dorthin.

Sobald unser Aspirant sich für ein paar Tage frei machen konnte, begab er sich auf den Weg. Er folgte dem Flusslauf wie beschrieben. An einer bestimmten Biegung bog er links ab, danach ging es über einen Hügel und so weiter. Nach mehreren Tagen erreichte er eine kleine Lichtung, wo der Weise vor seiner Hütte saß, in tiefe Meditation versunken.

Der Aspirant setzte sich still neben ihn und ließ ihn nicht aus den Augen, um ihn sofort fragen zu können, sobald er aus seinem Samādhi herauskommen würde.

Prajñānaṃ brahma

Nach ein paar Stunden öffnete der Weise schließlich langsam die Augen. Der Schüler verneigte sich und fragte ihn sofort: „Meister, Meister, bitte sage mir, wer ist Gott und wo ist Gott?“ – Der Meister war erst einmal etwas verblüfft, denn er hatte schon monatelang keinen Menschen mehr getroffen und mit niemandem gesprochen. Er schaute unseren Aspiranten an und sagte „Prajñānaṃ brahma – Bewusstsein ist Brahman, Gott“. Dann schloß er wieder die Augen und versank in tiefer Meditation.

Unser Aspirant blieb noch eine Weile bei ihm sitzen in dieser wunderbaren Schwingung und Ruhe und wiederholte für sich im Geist „prajñānaṃ brahma – prajñānaṃ brahma – prajñānaṃ brahma.“

Schließlich machte er sich auf den Heimweg, denn er wurde dort erwartet und gebraucht. Unterwegs wiederholte er ständig „prajñānaṃ brahma – Bewusstsein ist Brahman“ und die ganze Natur erschien ihm verwandelt. Er nahm die Bäume wahr, die Lianen, die blühenden Orchideen, das Plätschern des Wassers, die Vögel – und er spürte plötzlich: Das war nicht einfach eine Kulisse, tote Natur, sondern es war ein Bewusstsein dahinter, ein Geist, ein lebendiges Sein.

So kam er ganz beschwingt nach Hause. Jeden Tag meditierte er über prajñānaṃ brahma, dachte darüber nach, wiederholte es auch im Alltag immer wieder, wenn er nicht Besonderes zu tun hatte. Nach einigen Wochen merkte er plötzlich: „Brahman ist Bewusstheit – Ich bin doch auch bewusst. Was bedeutet das?“ – Sobald er es einrichten konnte, machte er sich wieder auf den Weg zum Meister.

Ayam ātmā brahma

Und wie zuvor ging er durch den Urwald, spürte das Bewusstsein, die Lebendigkeit, den Geist hinter allem und kam wieder zu der Lichtung. Wie zuvor saß der Meister in Samādhi versunken dort.

Und wie zuvor setzte unser Aspirant sich zu ihm, meditierte auch ein bisschen mit, blieb aber achtsam, um den Moment nicht zu verpassen, wo er seine Frage stellen konnte.

Schließlich öffnete der Meister die Augen und sah den Aspiranten. Nun war er nicht mehr so überrascht – er kannte ihn ja nun schon. Unser Schüler verneigte sich wieder vor ihm und sagte: „Meister, Meister, du hast gesagt, prajñānaṃ brahma – Brahman ist Bewusstsein. Aber ich bin doch auch bewusst? Was bedeutet das?“ – Der Meister lächelte sanft und freundlich und sagte: „Ayam ātmā brahma – dieses Selbst ist Brahman“. Und versank wieder in tiefe Meditation.

Unser Aspirant kehrte nach Hause zurück, wiederholte die ganze Zeit Ayam ātmā brahma, meditierte darüber und dachte darüber nach: „Ayam ātmā brahma – dieses Selbst ist Brahman“. Nach ein paar Wochen kam plötzlich der Gedanke: „Ayam Atma Bahma – wenn dieses Selbst Brahman ist, dann bin ich doch auch….“ – Er wagte den Gedanken nicht zu Ende zu denken, das schien ihm doch zu kühn.

Aham brahmāsmi – Tat tvam asi

Du kannst dir schon denken, wie die Geschichte weitergeht: Er machte sich wieder auf den Weg, kam zur Lichtung, setzte sich neben den Meister und wartete geduldig, bis dieser aus seinem Samādhi herauskam.

Als der Meister die Augen aufschlug, verneigte er sich wieder und fragte: „Meister, Meister, du hast mich gelehrt ayam ātmā brahma, dieses Selbst ist Brahman. Aber ich bin doch das Selbst. Heißt das dann, ich bin auch Brahman – aham brahmāsmi?“ – Und der Meister lächelte gütig und wissend und antwortete: „Tat tvam asi – DAS bist du.“

Unser Schüler blieb bei ihm sitzen, versank ebenfalls in tiefen Samādhi und verwirklichte seine wahre Natur. Nach einer Weile kehrte er zurück in seinen Alltag und tat, was zu tun war, aber mit einer ganz neuen Sicht und Einstellung.

Meditation über die Mahavakyas

Swami Sivananda

- Auszug aus dem Buch "Konzentration und Meditation" von Swami Sivananda -

Mahavakyas sind die vier heiligen Aussagen der Veden:

1. prajnanam brahma
2. aham brahma asmi
3. tat tvam asi
4. ayam atma brahma

Prajnanam brahma

Das erste steht in der Aitareya Upanishad des Rig Veda und ist eine Definition und indirekte Bezeichnung (lakshana vakya) des Absoluten. Es vermittelt die Erkenntnis des brahman (tatbodha-jnana).

Aham brahmasmi

Das zweite in der Brihadaranyaka Upanishad des Yajur Veda und vermittelt die unmittelbare Erfahrung (anubhava vakya) und Beobachter-Bewusstsein.

Tat tvam asi

Das dritte in der Chhandogya Upanishad des Sama Veda und ist eine Unterweisung und Anleitung (upadesha vakya) und verleiht Erkenntnis Shivas (als reines Bewusstsein).

Ayam atma brahma

Das vierte in der Mandukya Upanishad des Atharva Veda und ist sakshatkara vakya (eine Aussage für die Wahrnehmung) und führt zum Gewahrsein brahmans, zur Erkenntnis brahmans (brahma-jnana).

Mit jedem dieser vier Mahavakyas kann man wie mit Om meditieren.

Meditation über Aham Brahmasmi

Während du geistig aham brahmasmi wiederholst, spüre: „Ich bin der reine Atman/Brahman, absolutes Sein-Wissen-Wonne (shuddha Sat Chit Ananda-vyapaka atman)“. Rein mechanisches Wiederholen bringt nicht viel Nutzen. Fühle es wirklich tief im Inneren. Allmählich wirst du durch dieses tiefe Gefühl in einen überbewussten Zustand kommen.

Setze dich auf eine Decke, richte dich nach Norden oder Osten aus und spüre dabei:

In ähnlicher Weise kannst du auch eines der anderen Mahavakyas auswählen und damit meditieren. Identifiziere dich dabei immer mit der den Koshas zugrunde liegenden Essenz.

Meditation mit den vier Mahavakyas

Ursprung der Mahavakyas

Maha = groß, vak = Sprache, sprechen, Stimme, vakya = Ausspruch, Aphorismus

Die Mahavakyas haben ihren Ursprung in den Veden, die dazu da sind, um den Menschen Wissen zu vermitteln

  • älteste Texte indischer Literatur
    • wurden nicht von Menschen geschaffen, sondern Rishis von Gott offenbart
    • gelten als ewig existierende Klangschwingungen
    • Veda = Wissen, Vedanta = Ende des Wissens, des heiligen Wissens der Veda
  • jedes mahavakya entspringt aus einer der vier Traditionslinien der vedischen Literatur und repräsentiert deren Essenz

Die Mahavakyas sind Teil der Upanishaden, des hinteren Teils der Veden

Eine der Hauptaussagen: die Welt ist eine Illusion

Die Mahavakyas helfen uns, uns daran zu erinnern und dieser höchsten Wirklichkeit bewusst zu werden

Die Bedeutung und Herkunft der vier Mahavakyas

1. Prajnanam Brahma – Bewusstsein ist Brahman
lakshana vakya aus der aitareya upanishad des rigveda
2. Ayam Atma Brahman – Dieses Selbst ist Brahman
Sakshatkara vakya aus der mandukya upanishad des atharvaveda
  • drückt die innere, intuitive Erfahrung des Meditierenden aus
  • kennzeichnet das Auflösen der Individualität (vom Ego verursacht), um mit dem Absoluten zu verschmelzen
    • Bsp.: Salzpuppe im Meer
  • das individuelle und das universelle Selbst sind identisch
3. Tat tvam asi – Das bist Du
Upadesha vakya aus der chhandogya upanishad des samaveda
  • das Wort der Belehrung des Gurus, das den Schüler zur Zeit der Einweihung in die letzte große Wahrheit einführt
  • tat repräsentiert Brahman, tvam das Individuum in Unwissenheit, asi die Vereinigung
  • man fühlt es nicht durch den Schleier der Unwissenheit getrübt ist
  • Bedeutung kann nur durch sorgfältige Betrachtung erfasst werden, um nicht den Schleier für die Wirklichkeit zu halten
  • durch Wiederholung verneint man alle vergänglichen Eigenschaften (Körper, Farbe, Geschlecht, Religion, usw.), die die individuelle Seele begrenzen
4. Aham Brahmasmi – Ich bin Brahman
Anubhava vakya aus der brihadaranyaka upanishad des yajurveda
  • Identität des Individuellen mit dem Universellen entspringt nur direkter Erfahrung
  • der Schüler soll sich als reines sat-chid-ananda fühlen und gelangt allmählich in den Zustand des Überbewusstseins
  • Identifikation mit dem Höchsten, nicht mit den begrenzenden Eigenschaften
  • Erkenntnis, dass das eigene Bewusstsein ein Teil des unendlichen, absoluten und göttlichen Bewusstseins ist
  • Jesus sagte: „Ich und mein Vater sind eins
  • Atman und Brahman sind eins


Der Schüler reflektiert und meditiert darüber und kommt im Laufe der Zeit zu Samadhi

Anleitung - Meditation

Man kann sich ein Mahavakya auswählen und darüber wie mit einem Mantra meditieren.

  • werde dir der vergänglichen, relativen Existenz von Körper, Atem und Geist bewusst
  • werde dir der dahinter stehenden absoluten, unveränderlichen und allumfassenden Existenz bewusst
  • meditiere mit einem der Mahavakyas

Mahavakya महावाक्य mahā-vākya Aussprache

Hier kannst du hören, wie das Sanskritwort Mahavakya, महावाक्य, mahā-vākya ausgesprochen wird:

Sukadev über Mahavakya

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Mahavakya

Mahavakya, die vier großen Aussagen aus den Upanishaden. "Vak" heißt Sprache, "Vakya" – das Gesprochene, ein Wort, ein Satz, eine Aussage. Maha – großartig, groß. Mahavakya – großartiger Satz, großartiger Ausspruch. Mahavakya ist im Konkreten die Bezeichnung für die vier wichtigsten Aussagen der Veden, vier Mahavakyas in den Upanishaden. Diese vier Mahavakyas findest du jeweils in mehreren Upanishaden. Das gibt es als erstes "Tat Tvam Asi" – Mahavakya: "Du bist Das." Du bist nicht der Körper, du bist nicht die Psyche, du bist nicht die Persönlichkeit, du bist Das, was jenseits ist. Du bist Das – "Tat", das Unendliche, das Ewige, Satchidananda. Aber nichts, was wirklich in Worte fassbar ist. All die Eigenschaften, Namen sind nicht ausreichend. "Tat Tvam Asi – Das bist du."

Zweitens: "Aham Brahmasmi." "Aham" – ich bin, "Asmi" – dieses, Brahman. "Aham Brahmasmi. Ich bin Brahman." Dritte ist: "Prajnanam Brahma." Bewusstsein – "Prajna" oder das, was bewusst ist – Prajnana, das ist Brahman. Prajna ist auch Erkenntnis, Prajnana, das, was erkennt, also Bewusstsein an sich. Bewusstsein an sich, das ist Brahman, das ist Gott, das ist das Absolute.

Und schließlich: "Ayam Atma Brahman. Dieses Selbst, das tiefe Selbst, das ist Brahman." Das sind also die vier Mahavakyas. Vier Mahavakyas, vier große Aussprüche, vier große Aussagen. Wenn du sie verstehst, hast du alles verstanden. Lerne sie, wiederhole sie dir immer wieder und verwirkliche sie. ."

Die Mahavakyas - Einführung nach Deussen

Artikel aus "Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda" in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 29-31.

Die Upanishaden kennen vier große, markante Sätze oder Erkenntnisse, die sogenannten vier "Mahavakyas". In diesen vier kurzen, fast mantrischen Sprüchen wird die innerste Botschaft der Upanishaden markiert. Alle vier drehen sich um das große Geheimnis der Selbst-Erkenntnis, um das Mysterium der verborgenen Göttlichkeit des Menschen.

Aham Brahmasmi: Ich bin Brahman. (Brihadaranyaka Up. L4,10)
Tat Tvam Asi: Das bist Du. (Chandogya Up. VI,8,7)
Prajnanam Brahma: Brahman ist Erkenntnis. (Aitareya Up. V,3)
Ayam Atma Brahma: Dieser Atman ist Brahman. (Mandukya Up. II)

SELBST-Erkenntnis nach den Upanishaden ist GOTTES-Erkenntnis. Es ist die Erfahrung der Einheit des innersten Wesenskernes des Menschen mit der absoluten Quelle allen Lebens. In der Verwirklichung des Atman, in der Erleuchtungserfahrung, "begegnet die Seele Gott, und 'erkennt' sie ihn - in einem inneren Zustand, der ebenso unaussprechlich und unbeschreiblich ist wie der Gott selbst, den sie entdeckt, oder vielmehr wie die Lehrer des Vedanta sagen, dessen transzendente Nichtdualität mit ihr selbst sie erkennt: Tat Tvam Asi."[1]

Es wäre ein verhängnisvoller Irrtum, wollte man leichthin diese "große Erfahrung" mit dem begrenzten menschlichen Ego verknüpfen. Die Persönlichkeit ist nur ein blasses Abbild des wirklichen, göttlichen Selbst, wie Henri Le Saux in seiner Kommentierung der Mahavakyas deutlich macht. Wenn es heißt, der Atman sei Brahman, so "bedeutet dies gewiss nicht, dass der Rishi die individualisierenden Teile seines Körpers oder auch seiner Psyche (Manas) oder seines phänomenalen Bewusstseins mit dem ganzen Sein identifiziert. Aber er hat erkannt, dass in allem in Wahrheit nur dieser Akt des Seins ist, dieser Lichtstrahl des reinen Selbstbewusstseins, dieses Mysterium des Absoluten, das in seiner eigenen letzten Tiefe leuchtet."[2]

Trotz seiner alles verwandelnden Einheitserfahrung begeht der Rishi der Upanishaden nicht den Fehler, Atman und Brahman gleichzusetzen. Atman und Brahman sind nicht, wie in einer mathematischen Gleichung, beliebig austauschbar. Die Erkenntnis seines göttlichen Atman führt den Seher nicht dazu, Brahman durch den Atman zu definieren, sondern Brahman wird im Atman als Brahman erfahren. Hier geht es um die Einsicht: "Ich und der Vater sind eins" (Joh. 10,30) und zugleich um das Wissen "Der Vater ist größer als ich" (Joh. 14,28).

Die englischen Theosophen Annie Besant und Charles W. Leadbeater haben die Einheit von Erkenner, Erkennen und Erkenntnis in zwei kurzen Abhandlungen sehr erhellend beschrieben, wobei vor allem Annie Besant in ihrem Denken stark von den Upanishaden beeinflusst wurde.[3] Sie führt in ihrem Werk "Gedankenkraft" aus: "Wenn das Bewusstsein nach langer Entfaltung die Kraft entwickelt hat, in sich alles zu reproduzieren, was außerhalb existiert, dann fällt die materielle Hülle, in der es sich betätigt hat, ab, und das Bewusstsein, das Erkenntnis ist, identifiziert sein Selbst mit allen den Selbsten, unter denen es sich entwickelt hat, und betrachtet den Stoff, der mit jenem Selbst in gleicher Weise verbunden ist, als das Nicht-Selbst. Das ist der "Tag sei bei uns", die Vereinigung, die der Triumph der Entwicklung ist, wenn das Bewusstsein sich selbst und die anderen kennt - und die anderen als sich selbst. Durch die Gleichheit des Wesens wird vollkommene Erkenntnis erlangt, und das Selbst erlebt jenen wunderbaren Zustand, in dem die eigene Identität nicht aufhört, die Erinnerung nicht verlorengeht, aber die Gesondertheit ihr Ende findet - und Erkenner, Erkennen und Erkenntnis eins sind."[4]

Leadbeater zielt in die gleiche Richtung, macht in seinen Darlegungen jedoch deutlich, dass auch in der Erleuchtung, in der Erkenntnis des "Aham Brahmasmi", der Einheit von Selbst und Gott, die Kontinuität des Bewusstseins nicht verlorengeht. Es handelt sich bei der großen Einheitserfahrung um eine immense Erweiterung des Bewusstseins, nicht um eine Vernichtung oder Auflösung des Individuums. "Vielleicht mag es nicht ganz mit Unrecht als eine Vernichtung alles dessen, was wir in der physischen Welt von dem Menschen kennen und denken, erklärt werden; denn seine ganze Persönlichkeit, alle niederen Eigenschaften sind längst gänzlich verschwunden. Jedoch die Wesenheit ist da, der wahre Mensch ist da; der von der Gottheit selbst herabgestiegene göttliche Funke ist noch da, obschon nun zur Flamme entfacht - einer Flamme, die mit Bewusstsein ein Teil dessen wird, von dem sie ausgegangen; denn hier taucht alles Bewusstsein in ihm unter, obwohl es alles beibehält, was das Beste im individuellen Fühlen war. Der Mensch fühlt sich immer noch genau so wie jetzt, aber erfüllt von einer Freude, einer Kraft, einem Fähigsein, wofür wir hier unten einfach keine Worte haben. Er hat keineswegs seine persönlichen Erinnerungen verloren. Er ist gerade so sein Selbst wie immer, nur ist es ein erweitertes Selbst. Er weiß noch: "Ich bin ich"; aber er weiß ebenso: "Ich bin Er"."[5]

Brahma, Vishnu und Shiva, die Hindu Trinität

Bedeutungsvoll bleibt an dieser Stelle noch die Frage, ob das "Tat tvam asi" oder das "Aham brahmasmi" eine gewissermaßen finale Erfahrung darstellt. Gibt es so etwas wie eine endgültige, absolute Erleuchtung? Hier weichen auch innerhalb der verschiedenen Traditionen die Meinungen voneinander ab. Im Hinduismus stehen etwa Ramana Maharshi oder Sri Aurobindo sich als Antipoden gegenüber. Während Ramana Maharshi, als Vertreter des klassischen Vedanta, von einer bereits auf menschlicher Ebene möglichen völligen Vereinigung von Atman und Brahman ausging, lehnte Sri Aurobindo diese Lehre entschieden ab. Der evolutive Prozess ging für ihn immer weiter. Er vertrat in seinen "Briefen über den Yoga" die Überzeugung von einem immer "weiteren göttlichen Fortschreiten, von einer unendlichen Entwicklung".[6] Ähnlich sieht es im Buddhismus aus, wo der Dalai Lama die Verwirklichung der "Buddha-Natur", die der hier beschriebenen upanishadischen Erfahrung entspricht, als finale Erfahrung einstuft, während etwa Lama Angarika Govinda die evolutive Entfaltung in einem ständigen Fortschreiten zwischen individuellem und universellem Bewusstsein sah.[7] Vielleicht beschreibt es die Weisheit von "Licht auf dem Pfad" am treffendsten, wenn es dort heißt: "Ins Licht gehst du ein, die Flamme wirst du nicht berühren."[8]

Fußnoten

  1. Le Saux, Weg, S. 37.
  2. Ebd., S. 65.
  3. Vgl. Annie Besant, The Wisdom of the Upanishads, Adyar 1925.
  4. Dies., Gedankenkraft, Grafing 2005, S. 23 f.
  5. Charles W. Leadbeater, Das höhere Selbst, Grafing 1982, S. 71.
  6. Briefe über den Yoga, Bd. 1, Pondicherry 1977, S. 23 f.
  7. Vgl. dazu: Dalai Lama, Buddha-Natur, Grafing 2004 und Lama Anagarika Govinda, Schöpferische Meditation und Multidimensionales Bewusstsein, Freiburg 1977.
  8. Mabel Collins, Licht auf dem Pfad, Grafing 2001.

Die Vier Mahavakyas

Andere Mahavakyas

  • Neti Neti (नेति नेति neti neti) "Nicht so, nicht so!" aus der Brihadaranyaka Upanishad. Dieses Mahavakya besagt, dass Brahman nicht beschrieben werden kann.
  • Sarvam Khalvidam Brahma (सर्वं खल्विदं ब्रह्म sarvaṃ khalv idaṃ brahma) "All dies ist wahrhaftig Brahman".

Meditation über Mahavakyas

Swami Sivananda

Meditationsanleitung von Swami Sivananda:

"Mahavakyas" sind die vier heiligen Aphorismen, die in den offenbarten Büchern (Shrutis) enthalten sind.

  1. "Prajnanam Brahma".
  2. "Aham Brahmasmi".
  3. "Tat twam Asi".
  4. "Ayam Atma Brahma".

Der erste steht in den Aitareya Upanishaden des Rigveda, der zweite in den Brihadaranyaka Upanishaden des Yajurveda, der dritte in den Chandogya Upanishaden des Samaveda, der vierte in den Mandukya Upanishaden des Atharvaveda. Der erste Aphorismus ist die unfehlbare Erkenntnis (Lakshana Vakya), die Brahma beschreibt und die Erkenntnis des Selbst (Tatbodha Jnana) vermittelt. Der zweite vermittelt unmittelbar die Erkenntnis (Anubhava Vakya) des "einzigen Beweises des Weltalls" (Sakshi Jrtana). Der dritte ist das Wort der "Belehrung" (Upadesha Vakya), das aufgrund der Unterweisung des Gurus die Erkenntnis Shivas ermöglicht (Shiva Jnana). Der vierte gibt die unmittelbare Schau (Sakshatkara Vakya), die zur Erkenntnis Brahmas (Brahma Jnana) führt. Man kann das eine oder andere der Mahavakyas auswählen und darüber wie über OM meditieren.

Verschiedene Schreibweisen für Mahavakya

Sanskrit Wörter werden in Indien auf Devanagari geschrieben. Damit Europäer das lesen können, wird Devanagari transkribiert in die Römische Schrift. Es gibt verschiedene Konventionen, wie Devanagari in römische Schrift transkribiert werden kann Mahavakya auf Devanagari wird geschrieben " महावाक्य ", in IAST wissenschaftliche Transkription mit diakritischen Zeichen " mahāvākya ", in der Harvard-Kyoto Umschrift " mahAvAkya ", in der Velthuis Transkription " mahaavaakya ", in der modernen Internet Itrans Transkription " mahAvAkya ".

Ähnliche Sanskrit Wörter wie Mahavakya

Siehe auch

Weitere Informationen zu Sanskrit und Indische Sprachen

Zusammenfassung Deutsch Sanskrit - Sanskrit Deutsch

Deutsch ein großer Satz, (ph.). Sanskrit Mahavakya
Sanskrit Mahavakya Deutsch ein großer Satz, (ph.).

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