Gewaltlosigkeit
Gewaltlosigkeit heißt anderen keinen Schaden zuzufügen. Gewaltlosigkeit bedeutet zunächst, niemanden körperlich zu verletzen. In einem weiteren Sinn ist Gewaltlosigkeit eine innere Einstellung der Liebe und des Mitgefühls zu allen Wesen. Gewaltlosigkeit, auf Sanskrit Ahimsa, gehört zu den 5 Yamas, den ethischen Prinzipien des Yoga.
Letztlich kommt Gewaltlosigkeit aus der Überzeugung, dass in jedem das Göttliche sich manifestiert. Gewaltlosigkeit ist zunächst einmal Verzicht, andere körperlich zu verletzen. Gewaltlosigkeit heißt aber auch, in Gedanken und Worten Gutes bewirken zu wollen und zu bewirken. In letzter Konsequenz bezieht Gewaltlosigkeit auch Tiere und die Umwelt mit ein. Ein anderer Name für Gewaltlosigkeit ist Nichtverletzen.
Sukadev über Gewaltlosigkeit
Niederschrift eines Vortragsvideos (2015) von Sukadev über Gewaltlosigkeit
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Gewaltlosigkeit, ein wichtiges Ideal, eine wichtige Tugend im Yoga, und nicht nur im Yoga, in vielen spirituellen Traditionen. Gewaltlosigkeit, auf Sanskrit „Ahimsa“, auch genannt „Nicht-Verletzen“, ist eine wichtige Tugend. Im Yoga zählt Ahimsa zu den so genannten Yamas, die Ethik des Menschen, eine der Grundprinzipien, wie man mit anderen Menschen umgeht. Es gibt sogar den Ausdruck: „Ahimsa Paramo Dharma. Gewaltlosigkeit, Nicht-Verletzen, ist die höchste Tugend.“ Was auch heißen soll, wenn mal verschiedene Tugenden miteinander in Konflikt stehen, dann sollte man das tun, was die Gewaltlosigkeit einem sagt. Also, angenommen, es gibt die Wahrheit und es gibt die Gewaltlosigkeit, dann ist Gewaltlosigkeit wichtiger.
Also, ein berühmtes Beispiel, das mein Meister, der Swami Vishnudevananda, gebraucht hat. Angenommen, da würde jetzt jemand reinrennen in den Raum und würde sagen: „Hinter mir ist einer, der will mich abschlachten, schützt mich.“ Und dann lasse ich ihn schnell aus dem Fenster rausrennen, schließe wieder das Fenster und dann kommt als nächstes der rein mit einem Fleischermesser, das vielleicht sogar bluttriefend schon ist, und der sagt: „Wo ist dieser Typ?“ Man könnte jetzt Satya üben, Wahrhaftigkeit üben, und sagen: „Der ist dort aus dem Fenster raus und ich sehe ihn noch dort.“ In dem Fall wäre es aber korrekter, Ahimsa Genüge zu tun und notfalls eine Notlüge zu machen. Das heißt, zu sagen: „Ja, der hat die Tür kurz aufgerissen und ist dann schnell wieder weitergerannt, der muss irgendwo hinten sein.“ Und dann rennt der andere weiter und man hat Zeit, die Polizei zu rufen. Also, wenn verschiedene Tugenden miteinander in Konflikt sind, gilt Gewaltlosigkeit als besonders wichtig.
Schwieriger wird es natürlich, wenn zwei verschiedene Arten von Gewaltlosigkeit in Konflikt stehen. Z.B., angenommen, jemand ist Polizist und dann gibt es dort gerade jemanden, der eine Schulklasse entführt hat. Und er droht, sie alle umzubringen, vielleicht ist es irgendein Terrorist, ein Fanatiker und er beginnt gerade, das erste Kind zu erschießen. Die Aufgabe des Polizisten kann jetzt sein, mit einem so genannten finalen Rettungsschuss den Terroristen zu töten, um die Kinder zu schützen. So kommt man immer wieder an ethische Fragen. Aber Gewaltlosigkeit ist zunächst mal so eine innere Einstellung und es ist auch ein Lebensprinzip, zu sagen: „Ich möchte niemanden verletzen. Ich möchte harmonisch mit anderen Menschen zusammen sein.“ Und es gibt verschiedene Quellen dieser Gewaltlosigkeit.
Die erste Quelle der Gewaltlosigkeit ist eine tief verstandene Liebe. Wenn du weißt, wir sind alle Kinder Gottes oder wir sind alle Kinder der gleichen Mutter Erde, dann weißt du, wir sind Geschwister und wir wollen uns nicht gegenseitig das Leben schwer machen. Aus diesem Gefühl der Verbundenheit kommt der Wunsch, anderen Gutes zu tun. Noch mehr, wenn du weißt, tief im Herzen sind wir alle verbunden, wenn du weißt, tief im Herzen, dort ist alles, was du brauchst, tief im Herzen, dort bist du in dir, du ruhst in dir und der andere auch. Und im Herzen bist du verbunden mit allen, mit denen du zu tun hast. Wenn du das irgendwo weißt, dann entsteht auch ein Gefühl der Liebe. Das ist so ähnlich, angenommen, die linke Hand haut mal der rechten eine runter, weil sie irgendwo ausgerutscht ist, dann wird jetzt die rechte Hand nicht der linken wieder zurückhauen, um sich zu rächen, sondern die rechte Hand und die linke Hand sind Teil des gleichen Körpers. Weil sie Teil des gleichen Körpers sind, deshalb werden sie sich nicht rächen, sondern sie wissen, sie sind verbunden. In diesem Sinn, diese Verbundenheit und Einheit ist auch eine Grundlage von Gewaltlosigkeit.
Schließlich, eine nächste Grundlage von Gewaltlosigkeit ist der Wunsch, glücklich zu sein und auch der Wunsch, zur Erleuchtung zu kommen. Patanjali im Yoga Sutra sagt: „Du musst in Gewaltlosigkeit verankert sein, wenn du glücklich sein willst.“ Wenn du andere Menschen angreifst, wenn du aus Kränkung heraus handelst, dann wirst auch du unglücklich sein. Man kann mit Gewalt Macht bekommen, man kann mit Gewalt vielleicht Dinge bekommen, die man will, glücklich sein wird man so nicht. Und das zweite ist, Patanjali sagt auch: „Mit Ahimsa kommst du zu wahrem Wissen, zur spirituellen Erleuchtung, daher ist es wichtig, dass du Gewaltlosigkeit übst, aus Gewaltlosigkeit kommt die Erfahrung der Einheit, so wie die Erfahrung der Einheit zu wahrer Gewaltlosigkeit führt.“ Jetzt überlege selbst, überlege nicht, welche Menschen dich immer wieder kränken und wie viel Gewalt du erfährst, sondern überlege mehr: „Wie gehe ich mit Menschen um?“ Denn Ahimsa, Gewaltlosigkeit, gilt in Gedanken, Wort und Tat.
Physische Gewalt, auf das sollte man natürlich verzichten. Aber wie sind deine Worte, mindestens, wie ist die Mehrheit deiner Worte? Sind sie wirklich von Verständnis und Gewaltlosigkeit geprägt? Und wie sind deine Gedanken, sind sie von Wohlwollen geprägt? Du kannst vieles tun. Und es gibt noch einen weiteren Ausdruck, der vielleicht noch wichtiger ist als Gewaltlosigkeit, das ist Maitri, das heißt Mitgefühl, Freundlichkeit, oder auch Prema, Liebe. Aber Prema und Maitri klingen etwas abstrakt, Gewaltlosigkeit ist klarer. Das Gefühl ist Prema, Liebe, ist Maitri, Mitgefühl, Freundlichkeit, Freundschaft. Konkret ausdrücken tust du das mindestens in Gewaltlosigkeit und in Handlungen der Nächstenliebe, also indem du für andere da bist. Das waren einige Gedanken zu Gewaltlosigkeit, zum Prinzip „Nicht-Verletzen“, auf Sanskrit „Ahimsa“, ein so wichtiges Prinzip im Yoga und allgemein für glückliches Zusammensein von Menschen insgesamt.
Swami Sivananda über Gewaltlosigkeit
Auszüge aus dem Buch „Samadhi Yoga“ von Swami Sivananda[1]
Gewaltlosigkeit ist eine wunderbare Eigenschaft des Herzens. Sie ist eine seltene Tugend. Sie verwandelt einen Menschen hin zur Göttlichkeit. Wer in Gewaltlosigkeit aufgegangen ist, ist Gott selbst. Alle Devas und die ganze Welt huldigen ihm. Die Kraft der Gewaltlosigkeit ist stärker als die Kraft des Intellektes. Es ist leicht, den Intellekt zu entwickeln, aber das Herz zu entwickeln ist schwer. Gewaltlosigkeit zu üben entwickelt das Herz auf wundervolle Weise.
Gewaltlosigkeit ist höchste Liebe. Gewaltlosigkeit ist Seelenkraft. Gewaltlosigkeit zu üben bedeutet, göttliches Leben zu üben. Hass schmilzt in der Gegenwart von Liebe. Hass schmilzt in der Gegenwart von Gewaltlosigkeit. Es gibt keine größere Kraft als Gewaltlosigkeit. Gewaltlosigkeit zu üben macht dich furchtlos. Wer voller Vertrauen Gewaltlosigkeit übt, kann die ganze Welt verändern, wilde Tiere bändigen, die Herzen Aller gewinnen und seine Feinde besiegen. Er kann Dinge geschehen lassen und Dinge auflösen. Die Kraft von Ahimsa ist unbeschreiblich. Ihr Ruhm ist unaussprechlich. Ihre Großartigkeit ist unergründlich. Die Kraft von Ahimsa ist wunderbarer und feiner als Elektrizität oder Magnetkraft.
Gewaltlosigkeit ist Mahavrata, der große universelle Eid. Sie sollte von allen Menschen in allen Ländern gelebt werden. Sie betrifft nicht nur die Hindus, oder Inder im Allgemeinen. Jeder Mensch, der die Wahrheit erkennen möchte, muss Gewaltlosigkeit praktizieren. Welchen Schwierigkeiten Du auch immer begegnest, welche Verluste Du erleiden musst, Du darfst Gewaltlosigkeit nicht aufgeben. Herausforderungen und Schwierigkeiten werden mit Sicherheit deinen Weg kreuzen, um deine Kraft auf die Probe zu stellen. Du solltest unerschütterlich bleiben. Nur dann wirst Du mit Sicherheit Erfolg haben.
Gewaltlosigkeit ist keine Strategie. Sie läuft nicht mechanisch ab. Sie ist die grundlegende Eigenschaft derer, die nach der Wahrheit streben. Ohne Gewaltlosigkeit ist keine Selbst-Erkenntnis möglich. Es wird dir allein durch das Praktizieren von Gewaltlosigkeit möglich sein, das Höchste Selbst, den Brahman, zu erfahren und zu erreichen. Diejenigen, für die Gewaltlosigkeit nur eine Strategie darstellt, werden oft versagen. Sie werden auch versucht sein, Gewalt anzuwenden; diejenigen hingegen, die sich streng an den Eid von Gewaltlosigkeit als grundlegendes Prinzip des Yoga halten, werden niemals Gewalt in Erwägung ziehen.
Denke immer an den Ausspruch der Schriften, die mit Autorität bezeugen: „Gewaltlosigkeit Paramo Dharmah“ (Nicht-Verletzen ist der höchste Dharma). Gedenke der weisen Worte von Bhishma dem Großen: „Pranadanat param danam na bhutam na bhavishyati – Es gab nie ein größeres Geschenk und wird nie ein größeres Geschenk geben als das Leben.“ Gewaltlosigkeit, den höchsten Dharma, in deinem täglichen Leben umzusetzen, wird dir dabei helfen, innere spirituelle Stärke, Frieden im Geist und die Erkenntnis der Wahrheit zu erlangen.
Gewaltlosigkeit ist keine Waffe der Schwachen, sondern der Starken. Sie ist kein Schutzschild für Weichlinge, sondern für Machtvolle. Sie ist wirklich aus härterem Holz geschnitzt. Übe sie voller Achtsamkeit und Umsicht in deinem Alltag. Du magst bei deinen Versuchen hundert Mal danebenlangen, doch Du wirst auch Kraft aus dem Versuch ziehen, sie umzusetzen. Pausenloses Üben, angestrengtes Bemühen und strenge Disziplin von Geist, Sprache und Körper sind vonnöten. Du erreichst den vollkommenen Zustand von Gewaltlosigkeit, wenn Du weder in Gedanken, Worten noch Taten Gewalt benutzt.
Gewaltlosigkeit ist ein Weg zum Ziel. Das Ziel ist die Erkenntnis der Wahrheit. Der Weg ist genauso wichtig wie das Ziel. Wenn Du dich um den Weg kümmerst, wirst Du früher oder später das Ziel erreichen müssen. Halte dir das Ideal Gewaltlosigkeit stets vor Augen und halte beharrlich an ihm fest. Am Anfang magst Du noch wiederholt stolpern und fallen, wenn Du versuchst, dein Ideal zu leben, doch schließlich wirst Du im vollkommenen Zustand von Gewaltlosigkeit verankert sein und die höchste, die einzige Wahrheit erlangen. Wenn Du diese eine Tugend, Gewaltlosigkeit, entwickelst, werden alle anderen Tugenden von selber an dir haften. Alle sündhaften und schlechten Handlungen geschehen unter dem Einfluss von Ärger. Man kann den Ärger leicht bezwingen, indem man Gewaltlosigkeit praktiziert. Wenn der Ärger unter deiner Kontrolle ist, kannst Du keine schlechten Taten begehen und wirst höchsten Frieden genießen.
Das Gesetz der Gewaltlosigkeit ist so präzise wie das Gesetz der Schwerkraft. Du musst wissen, wie Du es intelligent und mit wissenschaftlicher Genauigkeit benutzt. Wenn Du es mit Genauigkeit und Präzision anzuwenden vermagst, kannst Du Wunder wirken. Dann kannst Du die Elemente und die ganze Natur beherrschen. Das gesamte Geheimnis der Natur wird dir offenbart werden, wie die Amalaka-Frucht auf deiner Hand.
Im Mahabharata XIII-113-47 heißt es, dass sich folgende Sieben gegen Gewaltlosigkeit vergehen, weil Fleisch gegessen wird: 1) derjenige, der das Tier zum Schlachten bringt, 2) derjenige, der dem Vorschlag beistimmt, 3) derjenige, der das Tier tötet, 4) derjenige, der das Fleisch kauft, 5) derjenige, der das Fleisch verkauft, 6) derjenige, der das Fleisch zubereitet und 7) derjenige, der das Fleisch isst.
Im heiligen Buch Jain kannst du lesen: Leben darf man nicht zerstören, noch darf man zustimmen, dass jemand anderes Lebewesen tötet; dann wird man von allem Elend befreit werden. Man soll weder in Gedanken, Worten noch Taten ein anderes Lebewesen verletzen, ob es sich bewegt oder nicht. Lebewesen, die sich bewegen sind Tiere, Menschen inbegriffen, Feuer und Geist. Unbewegliche Dinge sind die Erde, das Wasser und Pflanzen. Ein weiser Mensch sollte sich nicht sündhaft gegenüber Erde, Wasser, Feuer etc. verhalten, noch sollte er Anderen dergleichen gestatten. Berauschende Getränke, Fleisch, Honig und die Frucht des Milchbaumes sollten von allen stets vermieden werden, die gut und entschlossen sind, alle beweglichen Lebewesen zu schützen. Vegetarismus ist eine Schuld, die kaum die Größe eines Atoms hat und die durch Buße ausgelöscht werden kann, doch Fleischessen birgt Schuld von der Größe des Bergs Meru, des Königs der Berge, und kann wegen ihrer Größe nicht bereinigt werden.“
Der Pfad von Gewaltlosigkeit ist sehr schmal, doch wenn Du aufrichtig Gewaltlosigkeit praktizierst, kannst Du ihn mit Leichtigkeit bereisen, da Du unweigerlich auf jedem Schritt die göttliche Gnade erfährst. Der Innenwohnende Gott wird dir Rückendeckung geben und dich allzeit führen. Du magst vielleicht nicht in so kurzer Zeit, z.B. in zwei - drei Monaten, mit deiner Gewaltlosigkeitspraxis rundweg erfolgreich sein. Nur durch beständige, achtsame Anstrengung wirst Du dich in Gewaltlosigkeit verankern. Diese Praxis wird zweifelsohne kontinuierlich Leid mit sich bringen und Du wirst sie sich durch endlose Geduld und Vergebung entwickeln lassen müssen. Der Pfad von Gewaltlosigkeit ist wie eine Klinge, wie ein Rasiermesser. Es ist, als wenn man auf der Schneide eines scharfen Schwertes wandelt. Wenn Du nicht aufpasst, wirst Du ernsthaft verletzt werden, doch wenn Du achtsam bist, wirst Du unausweichlich Unsterblichkeit erlangen. Du musst wahrlich einen teuren Preis zahlen, wenn Du ewiges Leben und endlose Wonne haben möchtest.
Absolute Gewaltlosigkeit ist selbst für den bewusstesten Sannyasin ein Ding der Unmöglichkeit. Es ist unvermeidbar, dass man beim Gehen, Sitzen, Essen, Atmen, Schlafen, Trinken etc. zahllose Kreaturen tötet. Man kann wohl kaum einen einzigen „Nicht-Verletzer“ in der Welt finden (Nasti kinchit ahimsakah).
Sri Vasishtaji zeugte Söhne ohne jegliche Leidenschaft. Du kannst den erhöhten Bewusstseinszustand großer Seelen nicht nachvollziehen. Sie bleiben unberührt, unbetroffen, selbst, wenn sie Nachkommen zeugen oder Millionen von Menschen ums Leben bringen. Sie führen verschiedene Handlungen aus und zeugen Kinder für Loka Sangraha. Die Gita (XVIII-77) sagt: „Wer frei von egoistischen Beweggründen ist, wessen Geist unberührt beliebt, der tötet nicht, auch wenn er Menschen umbringt, und ist ungebunden.“ Normalerweise urteilen weltlich orientierte Menschen Andere von ihrem eigenen Standpunkt aus. Und auch sie sagen: „Wir zeugen Nachfahren und töten für Lokasangraha.“ Das ist eine große Täuschung und ein schwerer Fehler. Selbst wenn sie eine Ziege schlachten, um ihren eigenen Gaumen zu erfreuen, zitieren sie dafür die Schriften: „Keine Waffe kann ihn spalten, Feuer brennt ihn nicht, und Wasser macht ihn nicht nass, ebenso wenig trocknet Wind ihn aus.“ (Gita, II-28). Was das für eine kluge Philosophie ist? Das ist die Philosophie der Asuras. Das ist die Philosophie von Virochana und Charvaka. Es gibt viele Adepten dieser Lehre.
Wenn Du Gewaltlosigkeit praktizieren willst, übe dich in höchstem Maße in Selbstbeherrschung. Du musst selbst unter größter Provokation den Geist ruhig halten können. Du musst deine Impulse absolut im Griff haben. Gewaltlosigkeit ist keine rein mechanische Übung. Sie ist eine wunderbare Herzenseigenschaft, die einen Menschen in einen wahren Heiligen verwandeln kann. Übe Gewaltlosigkeit in Gedanken, Worten und Taten. Gewaltlosigkeit in Gedanken und Worten ist wichtiger, als sie in Taten zu praktizieren. Wer über seine Gedanken die Kontrolle hat und kosmische Liebe entwickelt hat, wird Gewaltlosigkeit erfolgreich in Gedanken, Worten und Taten ausüben können. Es dauert lange Zeit, bis man in Gewaltlosigkeit wirklich aufgeht. Geduld und unentwegte Anstrengungen sind dafür nötig. Gewaltlosigkeit ist in Wahrheit die Methode, mit der man den Egoismus tötet. Wer sie praktiziert, wird zu einem Felsen. Sie entwickelt wunderbare Willensstärke.
Nur gewöhnliche Menschen glauben, dass Gewaltlosigkeit bedeutet, kein Lebewesen physisch zu verletzen. Das ist nur die grobe Variante von Gewaltlosigkeit. Der Eid der Gewaltlosigkeit wird schon damit gebrochen, einem Anderen gegenüber Verachtung zu zeigen, jemandem gegenüber unberechtigte Abneigung und Voreingenommenheit zu entwickeln, über einen Mitmenschen die Augenbrauen hochzuziehen, einen Anderen zu beschimpfen, einen Anderen zu hassen, schlecht von Anderen zu reden, zu lästern und zu diffamieren, hasserfüllte Gedanken anzusammeln, Lügen zu verbreiten oder einen Anderen in jeglicher Art und Weise zu ruinieren.
Es ist bloße Dummheit zu glauben, dass Du vom Rest der Welt getrennt bist. Du existierst mit allem. Wenn Du ein anderes Wesen verletzt, Visvaranjan, verletzt Du dich selbst. Wenn Du Chandalas Liebe entgegenbringst liebst Du dich selbst. Trennung ist Tod. Einheit ist ewiges Leben.
Böses Blut beendet man nicht mit bösem Blut, sondern durch Liebe. Wenn wir schlecht über andere denken, verletzen wir uns selbst. Wenn wir andere lieben, lieben wir uns selbst. Verstehe das große Gesetz und seine Wirkungsweise. Dann wirst du glücklich sein. Es ist ein sehr subtiles Gesetz.
Richte keinerlei Art von Zerstörung an.
Wenn Du geistig sündigst, wenn Du jemanden geistig verletzt, wirst auch Du mental leiden. Aktion und Reaktion sind gleich stark und gleichartig. Wenn Du jemanden mit Worten verletzt, wirst Du auch nur durch Worte verletzt werden. Ein Anderer mag dich beschimpfen, dich diffamieren. Wenn Du jemandem physischen Schaden zufügst, wirst Du auch physischen Schaden erleiden. Wenn Du einen Menschen am Auge verletzt und er erblindet, wirst auch Du erblinden. Wenn Du jemandem den Finger abschneidest, wird man auch dir den Finger abschneiden. Verstehe dieses Naturgesetz. Verletze nie jemanden in Gedanken, Worten oder Taten. Tue stets Gutes. Dann erlangst Du höchsten Frieden und ewiges Glück.
Ein weltlich ausgerichteter Mensch strebt danach, von der Welt gelobt und geliebt zu werden und versucht, jeglicher Kritik auszuweichen. Er denkt und handelt so, dass alle ihn loben mögen. (Auch das ist eine unreine Vasana. Es ist Loka Vasana). Geht das? Nein. Niemals. Niemand kann der ganzen Welt gefallen. Hast Du nicht die Geschichte vom alten Mann, seinem Sohn und dem Esel gehört? Du kannst den Hahn eines Kessels zudrehen, aber die Welt mit ihren vielen Zungen bringst Du nicht zum Schweigen. Einige werden dich loben und Andere dich kritisieren. Sei gleichmütig, sei geistig ausgeglichen. Stehe über Lob und Tadel. Behandle Lob wie Schweinekot oder wie Gift. Erlange den Nirwana-Zustand. Nur dann kannst Du immer glücklich sein. Nur dann kannst Du wahrhaft voller Frieden und voller Freude sein.
Die Leute haben selbst Sri Rama oder Sita, Gott Shiva oder Gott Krishna nicht verschont. Sie reden schlecht von diesen göttlichen Wesen. Sie stigmatisieren sie. Wenn sie schon Götter so behandeln, was kann man dann von ihrem Verhalten gewöhnlichen Menschen gegenüber erwarten?
Ein Weißer hasst einen Schwarzen und andersherum. Ein Samajist mag keinen Sanatanisten und andersherum. Ein Inder aus dem Norden kann die Inder aus dem Süden nicht leiden und andersherum. Einem Saiviten sind die Vaishnaviten ein Dorn im Auge und andersherum. Ein Protestant mag keinen Katholiken und andersherum. Der Mensch besitzt eine angeborene Neigung dazu, seinen Geburtsort, sein Land, seine eigene Familie, seinen Klan oder seine Sekte, seine Art der spirituellen Praxis, seine Religion und seine eigene Sprache zu loben, und die der Anderen zu kritisieren. Das ist aus Unwissen geborene Kleinkariertheit. Wenn das Herz des Menschen sich durch spirituelle Entwicklung ausdehnt, wenn er das Wissen vom Selbst erlangt, vergehen diese Vasanas. Siehst Du, in welch einem entarteten und bedauernswürdigen Zustand der Mensch aufgrund des Einflusses der Vasanas angelangt ist? Und doch versucht er immer noch nicht, diese Vasanas zu zerstören. Er hält an ihnen wie ein Blutegel fest und glaubt, stets auf dem rechten Weg zu sein, weil ihn die Vasanas mit Täuschungen blenden. Obgleich er im Körper eines Menschen lebt, tut er Dinge, die für Wesen in der Horizontalen charakteristisch sind.
Jesus sagte: „Liebe tut ihrem Nächsten kein Leid an. Darum erfüllt Liebe das Gesetz.“ Du hast sagen gehört: „Liebt eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen. Segnet die, die euch verfluchen und betet für die, die euch gemein ausnutzen, und ihr sollt Kinder eures Vaters im Himmel sein; darum seid vollkommen wie euer Vater im Himmel vollkommen ist, denn er ist freundlich gegen die Gerechten wie gegen die Ungerechten.“ Befolgen die heutigen Christen diese Lehren Jesu? Wären sie den Lehren gefolgt, hätte es keinen Krieg gegeben. Und kein Land würde Maschinengewehre herstellen und Kriegsschiffe bauen. Wahre Christen und wahre Brahmanen sind heute sehr selten. Wenn Jesus heute käme, würde er bittere Tränen weinen beim Anblick des heutigen Christentums, Seiner eigenen Kinder.
Es ist leicht, andere nicht zu verletzen, es ist allerding schwierig, dauerhaft von anderen unversehrt zu bleiben. Ein einziges hartes Wort zerbricht die Freundschaft zweier Menschen die zwanzig Jahre lang in Liebe verbunden waren. Ein kleines Räuspern oder Stirnrunzeln, ein kleines Lachen, eine Prise Verachtung, ein giftiger Blick lässt Freunde, Geschwister und Familien auseinanderbrechen. Wie starr doch das Ego ist! Wie stark die Identifizierung (Abhimana – Selbst-Liebe) mit diesem unrealen Körper ist, dieser Kombination von fünf Tattvas(Elementen), diesem Gemisch von Fleisch, Knochen, Haut, Nerven, Blut und Eiter! Wie mächtig doch Maya ist!
Wenn Du Gewaltlosigkeit praktizierst, muss Du Beleidigungen, Rügen, Kritik und auch Angriffe aushalten. Suche nie Vergeltung oder wünsche Anderen Übel an den Hals, selbst bei starker Provokation. Hege gegen niemanden negative Gedanken. Sammele keinen Ärger an. Fluche nicht. Sei voller Freude und bereit dazu, für die Wahrheit selbst dein Leben aufzugeben. Durch Gewaltlosigkeit kann man die höchste Wahrheit erreichen.
Himsa (Verletzen) ist ein Erzfeind von Jnana. Sie trennt und spaltet. Sie steht dem Erreichen der Einheit, des Einsseins mit Anderen im Wege.
Du verletzt einen Anderen aus Unwissenheit. Wenn Du immer im Gedächtnis behältst, Gott in jedem Menschen und Tier zu sehen, und dass Gott im Herzen aller lebenden Wesen sitzt, wirst Du niemanden verletzen. Man beginnt, Andere von dem Moment an zu verletzen, in dem man vergisst, Gott in ihnen zu sehen. Wenn Du dich vollends in der Praxis der Gewaltlosigkeit verankern kannst und kein Wesen in Gedanken, Worten und Taten verletzt, bist Du Gott. Dann bist Du wahrhaftiger Brahman.
Copyright Divine Life Society
Gewaltlosigkeit, Ahimsa, im Yoga Sutra
Patanjali beschreibt Ahimsa, Gewaltlosigkeit, als einen der 5 Yamas, ethischen Vorschriften im Umgang mit anderen. Hier ein Vortragsvideo dazu, Kommentar zum Yoga Sutra 2. Kapitel, Vers 35:
Gewaltlosigkeit und andere Tugenden
Gewaltlosigkeit : Was ist Gewaltlosigkeit ? Woher stammt das Wort? Wozu ist Gewaltlosigkeit gut? Was sind ihre Grenzen? Wie kann man sie kultivieren? Was ist das Gegenteil von Gewaltlosigkeit ? Gewaltlosigkeit ist die innere Einstellung, niemandem schaden zu wollen, niemandem körperliche oder seelische Gewalt antun zu wollen. Gewaltlosigkeit, auch Nichtverletzen genannt, ist die Übersetzung des Sanskritwortes Ahimsa. Gewaltlosigkeit ist auch eine politische Handlungsstrategie: Es hat sich gezeigt, dass Gewaltlosigkeit eine sehr effektive Strategie ist für die Einleitung von positiven langfristigen Veränderungen. Durch gewaltlosen Widerstand ist Indien unabhängig geworden. Gewaltlosigkeit in den Friedensdemonstrationen hat 1989/1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands und zum Fall des Eisernen Vorhangs geführt. Gewaltlosigkeit ist eine Tugend der Starken, sagte Mahatma Gandhi.
In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Gewaltlosigkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:
Ähnliche Eigenschaften wie Gewaltlosigkeit
Ähnliche Eigenschaften wie Gewaltlosigkeit, also Synonyme zu Gewaltlosigkeit sind z.B. Nichtverletzen, Freundlichkeit, Mitgefühl.
Ausgleichende Eigenschaften
Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Gewaltlosigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Feigheit, Aufgeben. Daher braucht Gewaltlosigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Durchsetzungsvermögen, Mut, Tapferkeit, Konsequenz.
Gegenteil von Gewaltlosigkeit
Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Gewaltlosigkeit, Antonym zu Gewaltlosigkeit :
- Positive Gegenteile von Gewaltlosigkeit, man könnte diese auch als Gegenpole bezeichnen: Durchsetzungsvermögen, Mut, Tapferkeit, Konsequenz
- Negative Gegenteile von Gewaltlosigkeit, also Laster, negative Eigenschaften, sind z.B. Gewalttätigkeit, Grobheit, Beleidigung
Gewaltlosigkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten
- Gewaltlosigkeit gehört zur Tugendgruppe 3 Liebe, Zuneigung, Hilfsbereitschaft, Einfühlungsvermögen, Großzügigkeit. Die wichtigsten Tugenden dieser Tugendgruppe sind Liebe und Empathie
- Im Kontext des Persönlickeitsmodell der Big Five gehört Gewaltlosigkeit zum Persönlichkeitsfaktor A1 Verträglichkeit hoch: kooperativ, liebevoll, freundlich, mitfühlend
- Im Persönlichkeitsmodell DISG gehört Gewaltlosigkeit zur Grundverhaltenstendenz S - Stetigkeit, Mitgefühl, Teamfähigkeit
- Im Ayurveda zählt man gewaltlosigleit zum Vata-Kapha Temperament bzw. Dosha.
Entwicklung von Gewaltlosigkeit
Gewaltlosigkeit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Gewaltlosigkeit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:
- Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Gewaltlosigkeit und des Mitgefühls zu kultivieren. Du kannst nicht mehrere Tugenden auf einmal entwickeln. Aber es ist möglich, jede Woche eine Tugend, eine Eigenschaft, wachsen zu lassen.
- Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Gewaltlosigkeit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein gewaltloserer Mensch, ein Mensch voller Mitgefühl, zu sein."
- Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Gewaltlosigkeit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt
- Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Gewaltlosigkeit, ich entwickle Mitgefühl ".
- Am Tag wiederhole immer wieder eine solche Affirmation:
- Ich bin gewaltlos, ich bin einfühlsam".
Vortragsmitschnitt zu Gewaltlosigkeit - Audio zum Anhören
Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Gewaltlosigkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.
Siehe auch
Eigenschaften im Alphabet vor Gewaltlosigkeit
Eigenschaften im Alphabet nach Gewaltlosigkeit
Literatur
- Swami Sivananda: Die Überwindung der Furcht
- Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis
- Swami Sivananda: Inspirierende Geschichten
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
Weblinks
- Meditation - Viele Infos und praktische Anleitungen
- Yoga Übungen
- Yogaschulen und Yoga Zentren
Seminare
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