Aurobindo

Aus Yogawiki

Aurobindo Ghose wurde am 15. August 1872 in Kolkata geboren und starb am 5. Dezember 1950 in Podicherry. Shri Aurobindo war ein indischer Politiker, Philosoph, Hindu-Mystiker, Guru und Yogi und Schöpfer des Integralyoga. Seine Briefe, Gedichte und philosophischen Schriften sind mit Sri Aurobindo unterschrieben und unter diesem Namen veröffentlicht. Er verbindet als einer der ersten in seiner Person die humanistische Bildung und das Wissen des Westens mit den Weisheitslehren und spirituellen Traditionen Indiens.

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Biographie von Shri Aurobindo Ghose

Nach seiner Studienzeit in Cambridge/England (1879-1893) kehrt Aurobindo Ghose nach Indien zurück und befasst sich intensiv mit den großen Traditionen seines Landes, bevor er sich für die indische Unabhängigkeit einsetzt.

1909 wird Aurobindo aus dem Gefängnis entlassen, in dem er wegen seines Kampfes für die Unabhängigkeit ein Jahr verbracht hat. Er war verdächtigt worden, direkt oder indirekt in ein Attentat verwickelt gewesen zu sein; tatsächlich räumt er später ein, dass seine spirituelle Philosophie nicht zum Einsatz einer gewaltlosen Strategie wie bei Gandhi führt. Nach seinen eigenen Berichten hatte er während des Jahres im Gefängnis eine Reihe von spirituellen Erlebnisse, die ihn einen Bewusstseinszustand jenseits des Nirvana erfahren ließen.

Auf der Flucht vor den Engländern lässt Shri Aurobindo sich schließlich am 04. April 1910 im damals französischen Puducherry (Pondicherry) nieder. Zu diesem Zeitpunkt gelangt er zu der Überzeugung, dass es über den Kampf für die Unabhängigkeit Indiens hinaus einen Kampf für die Zukunft der Menschheit gibt. Er widmet sich der spirituellen Suche und Forschung und der Erstellung seiner Schriften. Immer mehr Schüler stellen sich ein, um bei ihm und seiner französischen Schülerin und Mitarbeiterin Mirra Alfassa, die sowohl er selbst wie auch seine Schüler „Mutter“ nennen, zu leben. Mirra Alfassa übernimmt dann auch die materielle Leitung des in den 20er Jahren offiziell gegründeten Ashrams.

Lehre

Sein Ashram soll, so Shri Aurobindos Idee, ein „Evolutionslabor“ sein. Bis 1926 hat er seine Lehre ausgearbeitet: Seiner Ansicht nach ist der Mensch heute erst an einem unvollkommenen Stadium seiner Evolution angelangt; es sei nicht zu leugnen, dass „der Mensch ein Übergangswesen“ sei. Wenn Charles Darwin vor der Veröffentlichung seines Werkes über die „Entstehung der Arten“ gesteht, es „komme einem Mord gleich“, so betrifft dies die Feststellung, dass der Mensch der gleichen Familie angehört wie der Affe. Sri Aurobindo geht in seinen Annahmen zur Entwicklung der Arten noch weiter. Er legt uns die Möglichkeit nahe, dass der Mensch nur ein Glied in der Entwicklungskette zu einer neuen Art sein könnte. Diese neue Art, von der der Mensch nur ein Zwischenglied ist, müsste nicht notwendigerweise mit einem Bewusstsein ausgestattet sein, das vom menschlichen mentalen Bewusstsein erfasst werden kann. Das Bewusstsein der neuen Art könnte für den Menschen so unverständlich sein wie der menschliche Geist für die Tiere. Dennoch sieht Aurobindo einen wichtigen Unterschied zur Evolution der vorausgehenden Arten: Wir können die Entwicklung dieses Bewusstseins schon vorhersehen und vor allem vielleicht bewusst darauf hinarbeiten.

Der bewusste Weg unserer Evolution liegt nach Aurobindo darin, die Entwicklung unserer spirituellen Fähigkeiten zu suchen. Er glaubt, eine radikalere Entwicklung der von der Menschheit bereits entdeckten spirituellen Fähigkeiten werde eines Tages zur Erweckung einer noch völlig unbekannten Dimension führen. Das Zutage-treten dieser Bewusstseinsdimension stelle den für eine neue Art bezeichnenden Evolutionssprung dar.

1926 zieht Sri Aurobindo sich von der Welt zurück und widmet sich ausschließlich der irdischen Manifestation des Supramentalen. Er verlässt seinen Rückzugsort nur selten, entweder um sich mit seinen Anhängern zu treffen oder um in die indische Politik einzugreifen. Während der übrigen Zeit kommuniziert er schriftlich mit seinen Schülern.

Er hat etliche Werke über die heiligen indischen Schriften geschrieben, die für viele Menschen aus dem Westen neben den Schriften von Swami Vivekananda einen guten Zugang zum Hinduismus und seiner Philosophie darstellen. Aurobindo stirbt 1950 in seinem Ashram.

Kurzer Abriss der Evolutionsphilosophie von Sri Aurobindo

Der von Sri Aurobindo vorgestellte Evolutionsgedanke ist nicht rein materialistisch wie bei den meisten der geistigen Erben von Charles Darwin. Aurobindo leugnet den materialistischen Ansatz nicht, stellt jedoch seine Begrenztheit heraus:

"Es ist heute allgemein bekannt, dass die Wissenschaft keine Darstellung der Wahrheit aller Dinge ist, sondern lediglich eine Sprachform zur Umschreibung bestimmter Erfahrungen mit den Dingen, ihrer Struktur, ihrer Mathematik, ein geordnetes und anwendbares Konzept ihrer Prozesse – mehr nicht. Die Materie selbst ist wie ein Energiegebilde, von dem wir nur oberflächlich die Struktur kennen, so wie sie unserem Geist und unseren Sinnen und manchen Untersuchungsinstrumenten erscheint (bei denen man nun vermutet, dass sie selbst einen Großteil ihrer eigenen Ergebnisse bestimmen, da die Natur ihre Antworten an das verwendete Instrument anpasst), doch kein Gelehrter weiß darüber mehr oder kann darüber mehr wissen."

Von dieser Feststellung ausgehend behauptet Aurobindo, dass die Wissenschaft einen spirituellen Blick auf die Evolution durchaus zulässt. Für ihn ist das Unbewusste nicht nur unterbewusster Natur im Sinne der Freudianer (aber nicht der Anhänger von Jung) und aller materialistisch orientierten Psychologen, sondern das Unbewusste hat auch eine spirituelle Natur, in der das Bewusstsein selbst zum Überbewusstsein hin erweitert ist.

Natürlich kann man auf einer bestimmten Ebene davon ausgehen, dass das Unterbewusste eine Art Gebilde aus qualitativen, das Spiel materieller Kräfte reflektierenden Trieben darstellt, welche die Wissenschaft als quantitativ betrachtet und die allein für den Gang der Evolution verantwortlich sein sollen. Doch für Aurobindo wirft die Entdeckung, dass das Unbewusste auch überbewusster Natur ist, ein überbewusstes Licht bis auf den Grund des Unterbewussten, welches zeigt, dass der Blick der Forschung das Bewusstsein, das sich in der Materie verbirgt, zwangsläufig verfehlt.

Aurobindo definiert das menschliche Bewusstsein als ein geistiges, mentales Bewusstsein:

In der Terminologie unseres Yoga bezeichnen das Substantiv "Geist" und das Adjektiv "geistig" insbesondere den Teil der Natur, der mit kognitiven Prozessen, Verständnisprozessen, Gedanken, geistiger und gedanklicher Wahrnehmung, Reaktionen, die die Objekte beim Geist hervorrufen, im Geist entstehenden Gebilden und Strömungen, geistiger Vision und geistigem Willen zusammenhängen, usw.

Das menschliche mentale Bewusstsein umfasst ihm zufolge ein von den Tieren ererbtes, vitales Bewusstsein und ein physisches Bewusstsein, das noch von den ersten Lebensformen stammt. Jenseits der höchsten überbewussten Gipfel des mentalen Bewusstseins können wir, so Aurobindo, das „Supramentale“ erfahren, das eine unmittelbare Erfahrung der heute indirekt und zum Teil durch unsere geistige Intelligenz erfahrbaren Wahrheit darstellt: "Unter dem Supramentalen verstehe ich das Bewusstsein der Wahrheit… durch die das Göttliche nicht nur seine eigene Essenz und sein eigenes Sein erfährt, sondern auch seine manifeste Erscheinung."

Im Übrigen erläutert Sri Aurobindo: "Eine Beschreibung der supramentalen Natur unter Zuhilfenahme des Mentalen könnte nur entweder mit allzu abstrakten Umschreibungen erfolgen oder aber mit mentalen Bildern, die sie in etwas verwandeln könnten, das ganz und gar nicht ihrer Realität entspricht." Mit dem von ihm ausgearbeiteten integralen Yoga möchte Aurobindo die individuelle und kollektive spirituelle Entwicklung hin zu diesem neuen Zustand fördern.

Das Neue an Aurobindos Konzept im spirituellen Bereich besteht vor allem darin, dass die Praxis seines integralen Yoga es dem Praktizierenden nicht nur ermöglicht, sich dem Göttlichen zu nähern, sondern auch in sich selbst die göttliche Energie aufzunehmen, mit dem Ziel, das göttliche Bewusstsein in der Materie zu verkörpern; Aurobindos Mystik ist aktiv, da er versucht, unsere Welt schon jetzt auf der materiellen Stufe ihrer Entwicklung zu verändern. Er befürwortet eine gewisse Askese, doch im Gegensatz zu einer vollständigen Ablehnung des materiellen Körpers versucht er uns bewusst zu machen, dass „ein- und dasselbe höhere Gesetz Materie und Geist regiert“.

Werke

Der integrale Vedanta

Sri Aurobindo (1872-1950)

Nach Aurobindo ist die spirituelle Philosophie einer der vier Wege der evolutionären Weiterentwicklung, wie Okkultismus, Yogapraxis (die spirituelle Erfahrung) und Religion. Als solcher bietet sie allen Möglichkeiten – einschließlich derer, die über das Mentale selbst hinausgehen – nur eine Öffnung des Mentalen.

The Divine Life (Das Göttliche Leben, auch übersetzbar als "spirituelles Leben") ist sicher Aurobindos am stärksten philosophisch orientiertes Werk. Aurobindo hat es im Laufe seines Lebens mehrfach überarbeitet und die Lektüre wurde stets denen stark ans Herz gelegt, die seine Schüler sein wollten. Aurobindo beginnt in seinem Werk zunächst mit der Darlegung zweier sich ergänzender verneinender Aspekte. Bei diesen zwei verneinenden Aspekten handelt es sich nicht nur um Irrtümer. Es sind auch zwei Halbwahrheiten, da jeder nicht unbeträchtliche Irrtum einen Aspekt der Wahrheit verhüllt, die ans Licht gelangen will. Auf der einen Seite ist da das materialistische Verneinen, das die Bedeutung des Bewusstseins abstreitet und die Evolution lediglich als materielle Entwicklung abtut. Auf der anderen Seite finden wir das spirituelle Verneinen des Wertes des gegenwärtigen Lebens, das davon ausgeht, dass dieses Leben ohnehin nur eine illusorische Erscheinung oder illusorische Evolution ist. Dieser spirituelle Ansatz hat zur Folge, dass die Materie als grobe Illusion betrachtet wird, als träge Kraft, die der spirituellen Befreiung entgegensteht; Aurobindo widersetzt sich also der vorherrschenden Auslegung der Vedanta-Philosophie in Indien.

Aurobindo bestreitet jedoch nicht den Wert spiritueller Erfahrungen, auch wenn sie diese Deutung vermitteln, die mit der dem Materialismus innewohnenden Wahrheit rein gar nichts gemein hat; er ist jedoch der Ansicht, dass die fraglichen spirituellen Erfahrungen erneut untersucht, vertieft und überwunden werden müssen, wenn sie zu einer authentischen psychologischen Erkenntnis im Dienst der metaphysischen Evolution der Natur werden sollen. Diese spirituelle Psychologie im Dienst der metaphysischen Evolution der Natur hat letztlich das Ziel, das mentale menschliche Bewusstsein, den menschlichen Geist zu übersteigen, und zwar nicht durch dessen Verneinung, sondern durch seine Erweiterung und Erhöhung. Das mentale Bewusstsein ist bei der Lektüre von The Divine Life aufgerufen, den Sinn der Evolution zu verstehen, die für Aurobindo vor allem eine göttliche Evolution ist: "Das Ziel von Yoga ist, die göttliche Gegenwart und das göttliche Bewusstsein zu durchdringen und von ihnen besetzt zu werden [...] Das Göttliche allein ist unser Ziel" erläutert er in seinen Letters on Yoga (Briefe über den Yoga). The Divine Life, das Göttliche Leben, nimmt daher den Standpunkt der Entwicklung des Göttlichen selbst ein; in der Vedanta-Philosophie wird die Entwicklung des Göttlichen selbst als göttliche Manifestation bezeichnet. Der Beitrag der göttlichen Entwicklung oder Manifestation besteht zunächst darin, diese göttliche "Seligkeit im Sein" selbst im menschlichen Geist zu manifestieren, der Leid und Schmerz empfindet und das Drama des Todes erlebt. Nach Aurobindo zeigt sich dieses immer offenkundiger werdende Göttliche Leben auf der Ebene des menschlichen Bewusstseins als Erscheinen einer Harmonie zwischen Individuum und Kollektiv, die imstande ist, das Aufkommen einer neuen metaphysischen göttlichen Wirklichkeit jenseits des mentalen Bewusstseins widerzuspiegeln:

"Erst wenn durch die Einwirkung des Supramentalen der Schleier zerrissen und der geteilte mentale Geist beherrscht, ruhig und passiv ist, wendet sich das Mentale selbst wieder der Wahrheit der Dinge zu. Dann finden wir einen reflektierenden, leuchtenden Geisteszustand, der der göttlichen Wirklichkeit als Instrument dient. Dort nehmen wir wahr, was die Welt wirklich ist; wir erfahren auf jede Weise, dass wir selbst im Anderen sind und der Andere in uns, dass wir alle das universelle Eine bilden, das sich vervielfacht hat. Wir verlieren unseren streng abgetrennten individuellen Gesichtspunkt, der der Ursprung jeder Begrenzung und jeden Irrtums ist.“

Doch Aurobindo geht noch weiter; ihm zufolge will das Göttliche, dass das Aufkommen dieser neuen metaphysischen Wirklichkeit jenseits der höchsten Form des menschlichen Bewusstseins in der materiellen Erscheinung des Menschen Glück, Perfektion, Macht, Unsterblichkeit usw. enthüllt. Diese Enthüllung soll durch die Öffnung unserer menschlichen Körper zum Supramentalen (Supramentalisierung) erfolgen, so wie zuvor in der Evolution die Materie mobilisiert, belebt und mit Geist ausgestattet wurde.

Nach Aurobindo wurde diese supramentale, metaphysische Wirklichkeit, die auf unserer Erde noch nicht erschienen ist, von den vedischen Rishis bereits gesehen. Sein integraler Vedanta vollendet den Weg, der von den Rishis schon bereitet und dann brach gelassen wurde, um das mentale Bewusstsein zu entwickeln. Er stellt fest, dass die Evolution auf Erden sich auf die Entwicklung des mentalen Bewusstseins konzentriert hat: "Das Zeitalter der intuitiven Erkenntnis, für das das alte vedantische Gedankengut der Upanishaden steht, musste dem Zeitalter der rationalen Erkenntnis weichen; die durch Inspiration empfangenen heiligen Schriften haben der metaphysischen Philosophie den Vortritt gelassen, so wie später die metaphysische Philosophie der experimentellen Wissenschaft weichen musste. Der menschliche Verstand neigt dazu, sich durch sein eigenes Instrument zu befriedigen.“

Das Supramentale ist von einem mentalen Gesichtspunkt aus nicht zu verstehen; nach Aurobindo entzieht es sich jeder intellektuellen Möglichkeit des Verstehens, auch wenn das Konzept intellektuell erdacht werden kann. Denn: "Das Leben lässt sich nicht in die Formeln und Systeme pressen, die unser Verstand ihm auferlegen will; es ist zu komplex, zu sehr angefüllt mit unendlichen Möglichkeiten, um sich vom willkürlichen Intellekt des Menschen tyrannisieren zu lassen... All das Schwierige rührt daher, dass es am Grund unseres Lebens und unserer Existenz etwas gibt, das der Intellekt niemals wird kontrollieren können: Das Absolute, das Unendliche. ".

Nach Aurobindo ist es daher unsere Aufgabe, die einem mentalen Bewusstsein eigenen Grenzen besser zu verstehen, um die Möglichkeit eines supramentalen Bewusstseins näher ins Auge fassen zu können. Abgesehen davon, dass es das Unendliche nicht erfassen kann, lässt sich das gewöhnliche mentale Bewusstsein am besten in von unterschiedlichen logischen Regeln geleiteten, verstandesmäßigen Überlegungen, in Konzepten unterschiedlicher Natur ausüben; so kann das mentale Bewusstsein jedem beliebigen Gesichtspunkt einen anderen, scheinbar entgegengesetzten Gesichtspunkt gegenüberstellen. Ein mentales Bewusstsein kann sich daher der Wirklichkeit nur durch Abbildung einer Folge von Teilansichten von ihr nähern. Aurobindos Epos Savitri dient uns als suggestive erläuternde Kurzvorstellung eines supramentalen Bewusstsseins: "Ein einziger unzähliger Blick".

Das Übermentale als Strom intuitiver Visionen bleibt für Aurobindo eine Erkenntnis, die in der Vielzahl geteilter und nur partieller Einsichten gefangen ist; so wurden z.B. seiner Ansicht nach die großen Religionen von Menschen begründet, die über einen solchen Blick verfügten, doch ihr übermentaler Blick führte zu Unterschieden bei der Betonung spiritueller Aspekte.

Der integrale Yoga

Der integrale Yoga bzw. Joga von Sri Aurobindo ist vor allem in seinen Werken "The Synthesis of Yoga", "Letters on Yoga", "Guide of Yoga" und in den letzten Kapiteln von "The Divine Life" dargelegt, aber auch und besonders in seiner epischen Dichtung "Savitri".

"Wir verfügen über ein doppeltes psychisches Wesen, eine oberflächliche, sehnende Seele [...] und ein unterschwelliges psychisches Wesen, eine reine Kraft aus Licht, Liebe, Freude, Essenz der Reinheit; sie ist unsere wirkliche Seele hinter der Form äußerer psychischer Existenz, der wir so oft diesen Namen geben. Wenn ein Widerschein dieses weiteren und reineren psychischen Wesens an die Oberfläche dringt, dann sagen wir von einem Menschen, dass er eine Seele hat [...]".

Hier zeigt sich dann der Beginn unserer authentischen Individualität, unserer wirklichen individuellen Essenz, die gänzlich dem Göttlichen und der Göttlichwerdung, Divinisierung zugewandt ist, da sie ja die individuelle Manifestation davon ist; Aurobindo spricht in diesem Zusammenhang von Psychisierung.

Die mehr oder weniger vollendete Psychisierung des Bewusstseins strebt dann gleichfalls eine echte, die mentalen und vitalen Aspekte reinigende Spiritualisierung an, bis sie im Übermentalen erstrahlen. Diese übermentale Erleuchtung hat in religiöser Hinsicht nicht mehr das Ziel, das Heil in großer Entfernung vom irdischen Unterbewusstsein zu finden wie in der Vergangenheit. Die übermentale Spiritualisierung will vielmehr bewusst die körperlichen, unterbewussten Phänomene betrachten, die für ein gewöhnliches mentales und vitales Bewusstsein, auch dann wenn es psychisiert ist, nur schwer zu erfassen und zu beherrschen sind.

Aurobindo als Dichter

Aurobindo versteht das Lesen seiner Dichtung und insbesondere der aufrichtige Umgang mit seiner großen Dichtung "Savitri" so, dass der Leser sein gewöhnliches Bewusstsein einem starken suprabewussten Einfluss aussetzt, auch wenn dies nicht sofort spürbar ist.

Er behauptet, der Leser könne die Tragweite seines Epos nicht verstehen, wenn er es auf der Ebene eines gewöhnlichen Bewusstseins lese; vielmehr werde die Lektüre und wiederholte Lektüre, wie die Mutter in einem Gespräch erläutert, durch ihre mantrische Wirkung allmählich auf das Bewusstsein einwirken. Wir wissen, dass das erneute Lesen eines bedeutungsvollen Textes stets zu einem besseren analytischen Verständnis der Bedeutung seiner Inhalte führt und dass es zur Entwicklung unseres Systems der spontanen Deutung der Welt beitragen kann, wenn man die so verstandenen Inhalte für sich übernimmt.

Wir wissen auch, dass in der alltäglichen Realität erprobte, intensiver verstandene Inhalte den Sinn anderer Inhalte eines machtvollen Textes enthüllen, der anfänglich weniger intensiv verstanden wurde. Ist der gelesene Text sehr bedeutungsreich, so kann eine neue mentale Vision Fuß fassen, die uns von der vorausgehenden, begrenzteren mentalen Vision befreit. Doch hier handelt es sich nicht mehr nur um eine Deutung der Welt, die unsere mentale Vision von ihrer Enge befreit, sondern es geht darum, das Mentale von einem übermentalen Horizont aus zu sehen, die Vorherrschaft der mentalen Vision in unseren Leben aufzuheben.

Wenn wir Savitri auf aufrichtige Art lesen, so wie man jemandem zuhört, dessen Worten wir gestatten, unser eigenes Bewusstsein auf echtere Art und Weise zu erforschen, als wir selbst es bis zu diesem Zeitpunkt getan haben, können wir dann im Zuge wiederholten Lesens die bewusste Evolution eines Bewusstseins beobachten, das unsere mentale Festung durchdringt? Können wir durch die schönsten und besten nur vorstellbaren Dinge eine bewusstere und daher authentischere Bewusstseinserfahrung machen?

Auroville im integralen Yoga von Aurobindo

Sri Aurobindo und die "Mutter" sind die Begründer einer internationalen Gemeinschaft in Auroville bei Puducherry. Auroville versteht sich als werdendes Modell der idealen Stadt, deren Bewohner sich auf das Erscheinen des neuen Menschen, auf die Manifestation des supramentalen Bewusstseins vorbereiten.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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