Licht
Sichtbares Licht (meist als Licht bezeichnet) ist elektromagnetische Strahlung, die für das menschliche Auge sichtbar ist, und es ist Ursache für den Sehsinn. Sichtbares Licht wird überlicherweise definiert mit einer Wellenlänge im Bereich 400 Nanometer (nm) oder 400 x 10-9 m bis 700 Nanometer – zwischen dem infraroten, mit längeren Wellenlängen, und dem ultravioletten, mit kürzeren Wellenlängen.
Diese Zahlen stellen nicht die absolute Grenze menschlichen Sehens dar, aber den ungefähren Bereich innerhalb dessen die meisten Menschen gut sehen können. Verschiedene Quellen definieren sichtbares Licht so begrenzt wie 420-680 bis hin zu 380-800 nm. Unter idealen Laborbedingungen können Menschen infrarotes Licht bis hinauf zu mindestens 1050 nm, Kinder und junge Erwachsene bis hinunter zu 310-313 nm sehen.
Die primären Eigenschaften von sichtbarem Licht sind Stärke, Ausbreitungsrichtung, Frequenz oder Wellenlängenspektrum und Polarisation, während seine Geschwindigkeit im Vakuum, 299.792.458 Meter pro Sekunde, eine der fundamentalen Konstanten der Natur ist. Sichtbares Licht, wie alle Arten elektromangetischer Strahlung (EMS), bewegt sich experimentell nachgewiesen im Vakuum immer mit dieser Geschwindigkeit. Wie bei allen Typen von EMS wird sichtbares Licht in kleinen „Paketen“, Photonen genannt, ausgestrahlt und absorbiert und zeigt beide Eigenschaften von Wellen und Teilchen. Diese Eigenschaft wird als Welle-Teilchen-Dualität bezeichnet. Das Studium von Licht, bekannt als Optik, ist ein bedeutendes Forschungsgebiet in der modernen Physik.
Licht des Yoga
Artikel von Swami Sivananda
Yoga ist ein perfektes und praktisches System zur Selbsterziehung. Durch die Yogapraxis kann eine harmonische Entwicklung von Geist, Körper und Seele erreicht werden. Yoga ist eine exakte Wissenschaft. Durch die Yogapraxis kann man absolute Kontrolle über die ganze Natur erlangen. Yoga verhilft zur ethischen Perfektion, zu ungeteilter Konzentration des Geistes und zur Entfaltung von etlichen geistigen Kräften. Yoga lehrt angewandte Psychologie und verhilft den Ausübenden zu einer Verbundenheit mit Gott durch Samadhi, zur Befreiung von den drei Gunas (Eigenschaften der Natur) und zu Kaivalya (Befreiung), oder am Ende sogar zur vollständigen Unabhängigkeit von alledem.
Yoga ist eine Methode, durch die das begrenzte Selbst bzw. die individual-Seele mit dem unendlichen Selbst bzw. der höchsten Seele vereint wird. Yajnavalkya definiert Yoga folgendermaßen: "Samyoga yoga iti ukto jivatma-paramatmano iti - Die Verbindung zwischen der Individual-Seele und der höchsten Seele wird Yoga genannt". Yoga ist das Lehrfach, das Wissen über den Geist, die Sinne und den physischen Körper vermittelt. Yoga hilft bei der Koordination und Kontrolle über die subtilen Kräfte innerhalb des Körpers. Yoga bringt Perfektion, Frieden und dauerhafte Freude mit sich. Yoga hilft dir im Berufsleben, wie auch im Alltag. Du kannst durch das Praktizieren von Yoga in allen Situationen gelassen bleiben. Yoga schenkt dir erholsamen Schlaf, aber auch mehr Energie, Elan, Vitalität und Gesundheit. Du wirst effizienter und schaffst allmählich mehr innerhalb kürzerer Zeit. Du kannst folglich in jedem Bereich des Lebens mehr Erfolg haben. Yoga gibt dir neue Kraft, Zuversicht und Selbstvertrauen. Durch Yoga kannst du Kontrolle über deinen Geist, deine Gelüste, deine Emotionen, deine Impulse, dein Temperament und deine Wortwahl erlangen. Geist und Körper werden dir auf den leisesten Wink gehorchen.
Das Ziel von Yoga ist den Menschen von der Sklaverei von Prakriti (Ur-Natur, Scheinwelt) zu befreien, und ihn seine unabhängige Natur begreifen zu lassen, bzw. Kaivalya erreichen. Yoga bereitet ihn auf die glückselige Vision vor. Yoga bedeutet Bändigung der Vrittis (Sinneseindrücke, Wellen des Geistes), und ebnet so den Weg zu Nirvikalpa Samadhi (Zustand des Über-Bewussten), wo die Samskaras (Samen der Wiedergeburt) in toto (restlos) verbrannt werden können. Yoga ist ein Verfechter der Loslösung von weltlichen Interessen, damit Meditation dauerhaft und ungestört möglich ist. Yoga empfiehlt Meditation auf das innere Licht deines Herzen, oder etwas anderes, was dir Freude bereitet. Yoga verordnet quasi einen Rückzug von den gewöhnlichen Dingen, und ein Sich-Hinwenden an die ununterbrochene Meditationspraxis. Yoga kann aber auch zu Hause praktiziert werden, erfordert nur etwas mehr Organisation. Yoga ist die Abkehr der Sinne vom objektiv wahrnehmbaren Universum und die Konzentration auf den Geist. Yoga ist das ewige Leben der Seele. Yoga verwandelt einen Menschen in ein göttliches Wesen. Yoga schenkt den Verlassenen Hoffnung, den Depressiven Freude, den Schwachen Kraft, und den Unwissenden Weisheit. Yoga ist der geheime Hauptschlüssel um die Welt des Segens zu betreten, und tiefen, andauernden Frieden zu empfinden.
Yoga zielt darauf ab, den Geist und seine Abwandlungen zu zähmen und zu bändigen. Die Yoga-Praxis entwirrt Jiva (Einzelseele) aus den Fängen der Sinnesobjekte, aus der Welt der Phänomene. Jivatman wird identisch mit Paramatman (Brahman). Dieses Eins-Werden mit Paramatman ist das Ziel menschlicher Existenz. Westliche Philosophen, wie zum Beispiel Plato, Emerson, Schopenhauer, Spinoza. Max Muller und Paul Duessen haben alle die Studien der Wissenschaft des Yoga in den höchsten Tönen gepriesen. Deine Yoga-Praxis wird dir helfen, deine Gefühle und Begierden zu kontrollieren, und dir Kraft geben, Versuchungen zu widerstehen, und die Elemente aus deinem Geist entfernen, die dich und deine Entwicklung stören. Sie wird dir helfen, immer und überall einen ruhigen und wachen Geist zu bewahren. Du wirst dich ruhig, gelassen, still und wunderbar konzentriert fühlen. Die Yoga-Praxis wird dir helfen, das Eins-Sein mit Gott zu bewahren, und so summum bonum (das höchste Ziel) der Existenz zu erreichen. Du kannst vielerlei außergewöhnliche physische, mentale und übernatürliche Kräfte durch die yogische Disziplin entwickeln, und die störenden Eindrücke im Geiste, die Chittas, eliminieren. Der physiche Körper und der Geist sollten durch folgende yogische Übungen unter Kontrolle gebracht werden; Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Kriya Yoga, Konzentration und Meditation. Durch diese Übungen wirst du die Ruhelosigkeit von Körper und Geist loswerden. Tat- und Lebenskraft werden sich entfalten, dazu kommt noch jugendliche Kraft gepaart mit einem stabilen, kraftvollen Geist.
Der Yogaweg ist ein innerer Weg, dessen Tor dein Herz ist. Du brauchst Mut, Ausdauer, Geduld und den brennenden Wunsch nach Befreiung, um diesen Weg zu gehen. Ein furchtsamer Mensch ist absolut ungeeignet für diesen Weg. Die ernsthafte Aspirantin, der ernsthafte Aspirant auf dem Yogaweg ist idealerweise demütig, einfach, sanft, gebildet, tolerant, nachsichtig und freundlich. Er sucht die Wahrheit überall. Er schenkt den Sadhus, den Sannyasins, Bhaktas, Mahatmas, den Heiligen und Weisen, den Shrutis sowie den Schriften Ehrerbietung. Höchste Tugendhaftigkeit oder ethische Perfektion sind jedoch nicht das endgültige Ziel der Yogis. Sie sind lediglich Hilfsmittel, um das Ende des Lebens zu erreichen. Die ethische Entwicklung ist schwieriger voranzutreiben, als das Erreichen von intellektueller Größe, da die Wahrheit nur begriffen werden kann von denjenigen, die ein reines oder unbeflecktes Herz besitzen.
Die Basis eines moralen Lebens sind Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Gnade, Bescheidenheit, Respekt vor dem Leben oder zumindest sanfte Rücksicht auf jedes atmende Wesen, absolute Selbstlosigkeit, Wahrheitsliebe, Keuschheit, kosmische Liebe, Nicht-Begehren und die Abwesenheit von Eitelkeit und Scheinheiligkeit. Gier nach Macht, nach materiellen Gütern, nach Sinnesfreuden, Reichtum, Selbstbezogenheit und niedere Triebe haben den Menschen von seinem wahren Leben in der Seele in ein materielles Leben gedrängt. Jeder Mensch kann aber wieder seine verlorene göttliche Herrlichkeit erlangen, wenn er mit der nötigen Ernst- und Aufrichtigkeit die Yoga-Prinzipien praktiziert. Yoga verwandelt die animalische tierische Natur in göttliche Natur, und führt zum Gipfel.
Der Begriff Sadhana schließt jedwede spirituelle oder yogische Praxis mit ein, die Aspiranten nutzen können, um den Geist zu reinigen, zu beruhigen und zu kontrollieren, und so letztlich Sadhaya zu erlangen, bzw. die Früchte von Sadhana zu ernten, nämlich Brahman - das Unendliche - das Ziel aller Yogis und Yoginis. Es gibt viele Formen von Yoga. Es gibt etwas für jedes Temperament. Yoga als Oberbegriff beinhaltet Karma Yoga, Bhakti Yoga, Raja Yoga und Jnana Yoga. Der Begriff Yoga im engeren Sinne bezieht sich auf Patanjalis Raja Yoga. Dann gibt es auch Hatha Yoga, wobei Hatha Yoga untrennbar mit Raja Yoga verbunden ist. Hatha Yoga bedeutet wörtlich Vereinigung von "Ha" Sonne und "Tha" Mond. Prana ist der Sonne, Apana ist dem Mond zugeordnet. Hatha Yoga ist daher auch die Verbindung zwischen dem Lebenshauch (Prana) und der ausscheidenden Energie (Apana). Hatha Yoga bereitet dich darauf vor, Raja Yoga auszuüben. Hatha Yoga ist somit nur ein Helfer auf deinem Weg hin zu Raja Yoga.
Raja Yoga ist eine exakte Wissenschaft. Raja Yoga beschäftigt sich mit dem Geist und mit der Entstörung all seiner Abwandlungen. Da der Geist die Ursache für die Existenz dieser Welt ist, wird er im ausgelöschten Zustand automatisch den Yoga-Ausübenden zum höchsten Ziel führen, nämlich Asamprajnata Samadhi (die höchste Stufe von Samadhi, jenseits von Dualität), worin er in absolutem Frieden und Eins-Sein mit der höchsten Seele findet. Und so wird Raja Yoga auch Königsweg aller Yogawege genannt. Yoga-Schüler können in drei Klassen oder Stufen eingeteilt werden, nämlich die Erste, die Zweite und die Dritte. Yogarudha ist jemand, der den höchsten Gipfel im Yoga erklommen hat. Er hat die höchste Stufe von Asamprajnata Samadhi erreicht und gehört zur ersten Klasse. Sadasiva Brahmendra von Nerur (Südindien) und Jnana Dev von Alandi (nahe Pune) gehören zu dieser Klasse der Yogis. Yogarudha war vielleicht ein Yoga Brashta (wörtlich: gebrochener Pfeil) in seinem früheren Leben - einer, der vom Yoga agbefallen ist. Er hatte vermutlich die vorbereitenden Übungen, also Yama, Niyama, Asana, Pranayama und Pratyahara in seinen früheren Inkarnationen bereits absolviert. Im Moment seiner Geburt begann er sofort mit der Meditation. Yunjana ist jemand, der sich zutiefst dem Yoga verpflichtet hat. Er gehört zur zweiten Klasse. Aururukshu ist jemand, der den Versuch macht, die vielen Stufen im Yoga hinauf zu klettern. Er gehört zu dritten Klasse.
Im Yoga wird das alltägliche Leben mit der Drehbewegung eines Rades mit sechs Speichen verglichen: Die sechs Speichen symbolisieren jeweils Raga (Haben Wollen), Dvesha (Ablehnung), Tugend, Laster, Vergnügen und Schmerz. Der Mensch tut vielerlei tugendhafte aber ebenso böse Handlungen aufgrund der Kräfte, die von Mögen und Nicht-Mögen ausgehen. Und er erntet so die Früchte seiner Handlungen, nämlich Vergnügen oder Schmerz. Durch die Erinnerungen an die angenehmen Erlebnisse, versucht er die entsprechenden Sinnesobjekte festzuhalten. Durch dieses Anhaften zieht er bestimmte Mitmenschen vor, und verletzt andere. Aus Mögen und Nicht-Mögen, treten Vergnügen und Schmerz im Geiste auf. Und so dreht sich das Rad des Raga, Dvesha, Tugend, Laster, Vergnügen und Schmerz, ohne die Wahrscheinlichkeit, dass es je wieder von alleine anhalten wird. Doch der Yogi beendet das rotierende Elend durch das Praktizieren von Asamprajnata Samadhi.
Das beharrliche Üben von Yoga erfordert von dem Yogaschüler ein Übermaß an Energie und Nervenstärke. Wenn es ihm gelingt, die grundlegende, die Samen-Energie zu bewahren, wird es gelingen. Daher ist die Brahmacharya-Praxis von höchster Wichtigkeit, wenn man das Ziel von Yoga schnell erreichen möchte (Brahmacharya ist Reinheit in Gedanke, Wort und Tat. Im engeren Sinne ist Brahmacharya Zölibat und sexuelle Enthaltsamkeit). Jede Nachlässigkeit und Unregelmäßigkeit im Praktizieren, jeder Anfall von Leidenschaft oder Weltlichkeit vermag die kleinen guten Ergebnisse nichtig zu machen, und es ist sehr schwer, wieder den vorherigen Stand zu erreichen. Das ist der Grund weshalb Yoga beharrlich geübt werden sollte. So lange, bis du im höchsten Samadhi verwurzelt bist. Wer seinen Geist durch ausdauernde, jahrelange Yoga-Praxis zu kontrollieren vermag, wird in der Lage sein, die unveränderliche Realität hinter der Erfahrungswelt von wechselnden Namen und Formen zu erkennen. Das ist der Grund, weshalb Patanjali sagt: "Die Praxis wird fest und stabil, wenn sie über lange Zeit ausgeübt wird, ohne Unterbrechungen und mit perfekter Hingabe." (Ch. 1-15).
Yoga besteht nicht darin, stundenlang mit gekreuzten Beinen zu sitzen, oder den Puls oder gar die Atmung anzuhalten, oder sich lebend für eine Woche oder einen Monat begraben zu lassen. Das sind physische Meisterleistungen. Viele Menschen denken, es gäbe nichts anderes auf dem Yoga Weg. Echtes Yoga ist mehr, es ist etwas Höheres. Echtes Yoga ist das Erlangen von höchstem spirituellem Wissen durch Nirvikalpa Samadhi oder bewusste Vereinigung mit Gott durch das Kontrollieren von den Indriyas (Sinnesorganen) und dem Geist. Für die Yoga-Praxis ist ein Guru oder ein Lehrer unverzichtbar. Aber sei achtsam bei der Auswahl deines Lehrers. Im Bereich von Yoga und Spiritualität gibt es viele selbsternannte Gurus, die viel Schaden anrichten. Ein Yogi oder ein Eingeweihter, der bereits den Weg gegangen ist, wird dich behutsam zum Ziel führen. Er wird dir die Fallen und Schlingen zeigen können und die Hindernisse aus dem Weg räumen. Falls du keinen selbstverwirklichten Guru finden kannst, lasse dir von Schülern helfen, die den Weg schon lange und erfolgreich gehen. Falls du mit deiner Lehrperson einige Jahre zusammen leben kannst, bis du perfekt geformt, ist es umso besser. Es ist wichtig, etwas Zeit zusammen mit deinem Lehrer zu leben, die Lektionen zu erhalten und sie entsprechend zu praktizieren. Später kannst du auch deine Praxis zu Hause fortsetzen und schriftliche Lektionen erhalten. Wann immer du kannst, suche aber die physische Nähe zu deinem Meister. Falls es nicht möglich ist, geeignete Lehrer zu finden, folge den grundlegenden Instruktionen in den Büchern von selbstverwirklichten Yogis. Sie werden dich inspirieren, deine Zweifel ausmerzen und dir Orientierung geben. Falls die Autoren am Leben sind, schaue, ob du mit ihnen in persöhnlichen Kontakt treten, ja sogar besuchen kannst.
Falls du von der Neurgierde getrieben wirst, übernatürliche Kräfte zu erlangen oder mystische Erlebnisse zu haben, wirst du im Yoga keinen Erfolg haben. Du musst eine brennende Liebe für das Unendliche haben. Du musst ernsthaft nach der Wahrheit streben. Nur dann kannst du die Leiter des Yogas aufsteigen und den Gipfel von Nirvikalpa Samadhi erreichen. Du musst auch ausgeprägte Leidenschaftslosigkeit bzw. Sachlichkeit an den Tag legen. Ohne diese Charaktereigenschaft kannst du dich selbst nicht verwirklichen, und ohne Selbstverwirklichung kannst du weder Freiheit oder Perfektion, noch unendlichen Segen erleben.
Das Verstehen der Natur des Selbst durch die Frage "wer bin ich?" und das Studium der Upanishaden, die feste Überzeugung, dass diese Welt illusorisch und nicht real ist - erreicht durch Unterscheidungsfähigkeit und konsequente Leidenschaftslosigkeit - ein starker Wunsch nach Befreiung, sowie regelmäßige Meditationspraxis werden zusammen zweifellos eine Loslösung von weltlichen Belangen möglich machen, und so jedweden profanen Wunsch nach Superkräften oder irdischem Vergnügen sublimieren. Alle Yogawege - Hatha Yoga, Raja Yoga, Karma Yoga, Bhakti Yoga - bereiten den Aspiranten darauf vor, das Selbst zu erkennen, und gipfeln in Jnana Yoga. Erlange daher umfassende Kenntnisse aller Yogawege. Gehe beharrlich den Weg bis zum Ziel und praktiziere den Yoga-Weg, der deinem Temperament und Geschmack am besten passt. Nehme von den anderen Yoga-Richtungen die Übungen, die dir helfen, Fortschritte zu machen. Mit anderen Worten, egal wer du bist, du kannst eine für dich günstige Kombination aus den oben genannten Yoga-Wegen für dich zusammenstellen. Aber nutze deinen gesunden Menschenverstand: Bringe die verschiedenen Wege nicht durcheinander. Lerne durch sorgfältige Innenschau und Selbst-Ananlyse für dich herauszufinden, ob du wirklich durch deine individuellen Praxis-Module Fortschritte machst oder nicht.
Viveka Chudamani - Das Selbst als reines Licht
- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 128 von Sukadev Bretz -
Von dem das Universum durchdrungen wird, was aber selber nicht durchdrungen werden kann, das leuchtende, dessen Wesen Licht ist und vom Universum wiedergespiegelt wird, das ist das.
Das Selbst durchdringt das ganze Universum
Wieder ein Vers, in der die Natur des Selbst beschrieben wird, mit paradoxen Aussagen. Das Universum wird durchdrungen von dem höchsten Selbst. Hinter dem ganzen Universum ist das höchste Selbst. Was auch immer wahrgenommen werden kann, wird vom höchsten Selbst wahrgenommen.
Das Selbst ist der Zeuge - Atman
Das Universum gibt es nicht, ohne dass es einen Beobachter gibt, der sich des Universums bewusst ist. Das Universum braucht einen Beobachter. Aber das Universum selbst kann den Beobachter nicht wahrnehmen. So sagt er yena - von dem, welchen, Vishvam - das Universum, vyaptaṁ - durchdrungen wird, yaṁ na vyāpnoti, was von diesem nicht durchdrungen werden kann, Abharupam, das selbst nicht lichthaft werden kann, idam sarvam - dieses Universum, yaṁ bhāntyam - auf Grund dessen, Anubhati - es scheint, Ayam - dieses. Das Universum erscheint auf Grund des Selbst, ist der Zeuge, der Atman.
Das Brahman an sich
Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906, S. 139-155.
Brahman als das Nichtseiende, nach 1,4.14-15
Es wird behauptet, so führt Shankara aus, dass die Vedanta-Texte in Bezug auf die Ableitung der Welt aus dem Brahman, sowie in Bezug auf die Natur des Brahman selbst, vielfach in Widerspruch stünden; in ersterer Hinsicht, sofern bald der Äther, bald das Feuer, bald der Odem als Ersterschaffenes genannt wird, in letzterer, sofern Brahman an einigen Stellen als das Nichtseiende, an andern als das Seiende bezeichnet wird. Was den ersten Punkt betrifft, sagt er, so wird davon später die Rede sein (vgl. Kap. XVIl,1); hier haben wir es nur mit dem letzten zu tun. Allerdings heißt es (Taitt. 2,7) :
- Nichtseiend war am Anfang dieses, daraus entstand das Seiende,
während doch Chand. 6,2,1 gesagt wird: "Seiend nur, o Teurer, war dieses zu Anfang, eines nur und ohne zweites. Zwar sagen einige: nichtseiend sei dieses zu Anfang gewesen, eines nur und ohne zweites; aus diesem Nichtseienden sei das Seiende entstanden. Aber wie könnte es, o Teurer, wohl also sein? Wie könnte aus dem Nichtseienden das Seiende entstehen?"
Hier wird, in der einen wie in der andern Stelle, das allwissende, allmächtige, allbeseelende, zweitlose Wesen als Ursache der Welt bezeichnet (S. 372,7); und wenn in der Taitt. Up. von einem Nichtseienden die Rede ist, so ist darunter nicht ein wesenloses Nichtseiendes zu verstehen, wie schon der vorher (Taitt. 2,6) zitierte Vers beweist:
- Der ist nur ein Nichtseiender, der Brahman als nichtseiend weiß:
- Wer Brahman weiß als Seiendes, heißt dadurch selbst ein Seiender.
Das Wort "seiend" wird gewöhnlich gebraucht, um die in Name und Gestalt entfaltete Welt zu bezeichnen; um nun anzudeuten, dass diese Entfaltung vor der Schöpfung nicht bestand, wird von dem allein seienden Brahman metaphorisch gesagt: Es war gleichsam ein Nichtseiendes (S. 376,7).
Brahman als das Urlicht, nach 1,3,22-23
Mund. 2,2,10 (Kath. 5,15 = Shvet. 6,14) heißt es: "Dort leuchtet nicht die Sonne, nicht Mond und Sterne, noch leuchten diese Blitze, viel weniger irdisches Feuer: Ihm, dem glänzenden, glänzt alles nach, von seinem Glanze erglänzt alles dieses."
An dieser Stelle ist, wie Shankara erörtert, nicht irgend ein Lichtelement zu verstehen, sondern der höchste Atman, von dem es auch Chand. 3,14,2 heißt: "Licht ist seine Gestalt, Wahrheit sein RatschluSs" (S. 272,9), und von welchem im vorhergehenden (Mund. 2,2,5.9) die Rede ist (S. 274,2). An ein Lichtelement ist nicht zu denken, weil einem solchen Sonne usw. [also auch der Mond!] nicht nachglänzen können, da sie ebensogut wie jenes selbst Lichtelemente sind (S. 272,11); wohl aber können sie alle dem Brahman nachglänzen, denn ein Nachmachen kann auch unter Dingen verschiedener Art stattfinden, wie eine glühende Eisenkugel dem Feuer nachbrennt und der Erdstaub dem Winde nachweht (S. 273,2).
Dazu kommt, dass außer den genannten Lichtelementen, Sonne usw., gar kein anderes vorhanden ist (S. 274,8). — Von des Atman Glanz erglänzt "alles dieses", nämlich entweder: die Sonne usw., in dem Sinne, wie es Brih. 4,4,10 heißt: "Ihn ehren als unsterblich Leben die Götter, als der Lichter Licht", oder es bedeutet: diese ganze Weltentfaltung, wie sie in Namen und Gestalten entstanden ist als "die Vergeltung der Taten am Täter" (Kriya Karaka Phala, S. 273.12; dieselbe Formel S. 291,6. 447,3. 987,6), hat als Ursache die Lichtnatur des Brahman, so wie die Offenbarung alles Gestalteten als Ursache die Lichtnatur der Sonne hat (S. 273,13). Alles was wahrgenommen wird, das wird durch Brahman als Licht wahrgenommen, Brahman aber wird durch kein anderes Licht wahrgenommen, weil es sein Wesen ist, Selbstlicht zu sein, also, dass die Sonne usw. in ihm (Tasmin) leuchten. Denn Brahman offenbart das andere, nicht aber wird Brahman durch das andere offenbart (S. 275,1).
Brahman als letzter, unerkennbarer Urgrund des Seienden
a) Nach 1,2,21-23
Im Eingange der Mundaka Upanishad werden (in anderm Sinne als oben, S. 105 fg.) zwei Wissenschaften unterschieden, eine niedere, welche, wie Shankara bemerkt, Aufschwung (Abhyudaya, vgl. S. 87), und eine höhere, welche Seligkeit als Frucht hat (S. 203,5). Nachdem unter der niedern die vier Vedas nebst den sechs Vedangas (Lautlehre, Grammatik, Etymologie, Metrik, Ritual und Astronomie) aufgezählt worden sind, heißt es weiter, Mund. 1,1,5:
"Aber die höhere ist die, durch welche jenes Unvergängliche erkannt wird: das unsichtbare, ungreifbare, stammlose, farblose, was ohne Augen und Ohren, ohne Hände und Füße ist, das ewige, durchdringende, allgegenwärtige, sehr feine. Dieses ist das Unwandelbare, welches die Weisen erkennen als den Mutterschoß der Wesen. Wie eine Spinne [den Faden] auslässt und zurücknimmt, wie auf der Erde die Kräuter entstehen, wie aus dem lebenden Menschen Haupthaare und Körperhaare, so entsteht aus dem Unvergänglichen dieses Weltall."
Hier ist, wie Shankara entwickelt, der höchste Gott, nicht etwa die Urmaterie oder die individuelle Seele zu verstehen. Denn wenn auch die angeführten Beispiele, der Spinnenleib und der Menschenleib, nur von einem Geistigen regiert, selbst aber ungeistig sind (S. 200,12), so sind dies eben nur Gleichnisse, die man nicht zu weit verfolgen darf (S. 204,14); dass ein geistiges Urwesen zu verstehen ist, beweisen die unmittelbar folgenden und daher hierher zu ziehenden Worte, "er, der alles kennt, alles weiß" (Mund. 1,1,9), welche auf eine ungeistige Urmaterie nicht passen (S. 201,3). — Man könnte auch an die individuelle Seele denken, weil dieselbe allerdings das als Wesen Entstandene seiner moralischen Beschaffenheit nach bedingt (S. 201,9), aber was im Verlaufe folgt, zeigt deutlich, dass nur von dem höchsten Brahman die Rede sein kann. Denn so heißt es weiter, Mund. 2,1,1:
"Dieses ist die Wahrheit: Wie aus dem wohlentflammten Feuer die Funken, ihm gleichen Wesens, tausendfach entspringen, so gehen, o Teurer, aus dem Unvergänglichen die mannigfachen Wesen hervor und wieder in dasselbe ein. Denn himmlisch ist der Geist (Purusha), der ungestaltete, der draußen ist und drinnen, ungeboren, der odemlose, wünschelose, reine, noch höher als das höchste Unvergängliche. Aus ihm entsteht der Odem, der Verstand mit allen Sinnen, aus ihm entstehen Äther, Wind und Feuer, das Wasser und, alltragende, die Erde. Sein Haupt ist Feuer, seine Augen Mond und Sonne, die Himmelsgegenden die Ohren, seine Stimme ist des Veda Offenbarung. Wind ist sein Hauch, sein Herz die Welt, aus seinen Füßen Erde; — er ist das innere Selbst in allen Wesen.
Aus dieser Stelle, sagt Shankara, wird deutlich, dass weder an die individuelle Seele zu denken ist, der diese Majestät des Leibes nicht zukommt, noch an die Urmaterie, weil sie nicht das innere Selbst in allen Wesen (Sarva Bhuta Antar Atman) ist (S. 207,12). Wenn dabei dem unsichtbaren Mutterschoß der Wesen eine individualisierte Gestalt beigelegt wird, so geschieht es nicht, um ihm eine wirkliche Individualität zuzuschreiben, sondern nur um anschaulich zu machen, dass er das Selbst des Weltalls (Sarva Atman) ist (S. 208,1). — Schwierigkeit macht es, dass der Atman, welcher oben (S. 141) "das Unvergängliche" hieß, hier "höher als das höchste Unvergängliche" genannt wird. Die Art wie Shankara dieselbe zu lösen sucht, indem er unter dem Unvergänglichen hier den nichtentfalteten, für Namen und Gestalten die Samenkraft bildenden feinen Leib [Kap. XXXI, 3], welcher dem "Herrn als Grundlage dient und nur eine Bestimmung (Upadhi) "von ihm selbst ist" (S. 206,1), verstehen will, sowie auch die von Shankara (S. 208) besprochene Meinung einiger, dass in den Schlussworten des Textes Prajapati (eine kosmogonische Personifikation des Brahman) zu verstehen sei, können wir hier auf sich beruhen lassen.
b) Nach 1,3,10-12
In der Brihadaranyaka Upanishad (3,8) fragt Gargi, die Tochter des Vacaknu (nicht die Gattin des Yajnavalkya, wie Colebr. M. E. S. 343 irrtümlich annimmt) den Yajnavalkya, worin das, was über dem Himmel und unter der Erde und zwischen Himmel und Erde sich befinde, worin das Vergangene, Gegenwärtige und Zukünftige eingewoben und angewoben sei, und erhält als Antwort: in dem Äther (Raum) sei dieses alles eingewoben und angewoben. — "Aber worin", so fragt sie weiter, "ist denn der Äther (Raum) eingewoben und angewoben?" — Hierauf antwortet Yajnavalkya:
"Es ist das, o Gargi, was die Brahmanen das Unvergängliche (Aksharam) nennen; es ist nicht grob und nicht fein, nicht kurz und nicht lang, nicht rot [wie Feuer] und nicht anhaftend [wie Wasser], nicht schattig und nicht finster, nicht Wind und nicht Äther, nicht anklebend [wie Lack], ohne Geschmack, ohne Geruch, ohne Auge und ohne Ohr, ohne Rede, ohne Verstand, ohne Lebenskraft und ohne Odem, ohne Mündung und ohne Maß, ohne Inneres und ohne Äußeres; nicht verzehret es irgend was, nicht wird es verzehrt von irgendwem. Auf dieses Unvergänglichen Geheiß, o Gargi, stehen auseinandergehalten Sonne und Mond; auf dieses Unvergänglichen Geheiß, o Gargi, stehen auseinandergehalten Himmel und Erde; auf dieses Unvergänglichen Geheiß, o Gargi, stehen auseinandergehalten die Minuten und die Stunden, die Tag' und Nächte, die Halbmonate, Monate, Jahreszeiten und Jahre; auf dieses Unvergänglichen Geheiß, o Gargi, rinnen von den Schneebergen die Ströme, die einen nach Osten, die andern nach Westen, und wohin ein jeder gehet; auf dieses Unvergänglichen Geheiß, o Gargi, preisen die Menschen den Freigebigen, streben die Götter nach dem Opfergeber, die Väter nach der Totenspende. Wahrlich, o Gargi, wer dieses Unvergängliche nicht kennt und in dieser Welt opfert und opfern Mist und Buße büßt viel tausend Jahre lang, dem bringet es nur endlichen [Lohn]; wahrlich, o Gargi, wer dieses Unvergängliche nicht kennt und aus dieser Welt abscheidet, der ist der Notweilige, wer aber, o Gargi, dieses Unvergängliche kennt und aus dieser Welt abscheidet, der ist der Gottheilige. Wahrlich, o Gargi, dieses Unvergängliche ist sehend, nicht gesehen, hörend, nicht gehört, verstehend, nicht verstanden, erkennend, nicht erkannt. Nicht gibt es außer ihm ein Sehendes, nicht gibt es außer ihm ein Hörendes, nicht gibt es außer ihm ein Verstehendes, nicht gibt es außer ihm ein Erkennendes. Fürwahr, in diesem Unvergänglichen ist der Äther eingewoben und angewoben, o Gargi!"
In dieser Stelle, so erläutert Shankara, bedeutet das Unvergängliche (Aksharam) nicht, wie gewöhnlich, „die Silbe", etwa die heilige Silbe „Om", von der es (Chand. 2,23,4) heißt, "der Laut om ist dieses alles", sondern die höchste Gottheit (S. 242,10); denn auf sie nur passt es, dass in ihr der Äther und durch denselben das Weltall eingewoben sei (S. 242,14), wie denn auch in der erwähnten Stelle (Chand. 2,23,4) der Laut „Om" das Brahman bedeutet (S. 243,3), dessen Eigenschaften der Ewigkeit und Alldurchdringung etymologisch in Aksharam (Na Ksharati, Ashnute Ca, S. 243,4) angedeutet sind. Auch die Urmaterie kann unter dem Unvergänglichen nicht verstanden werden, weil es heißt: "auf dieses Unvergänglichen Geheiß" und "sehend, nicht gesehen" usw., was sich auf ein Geistiges beziehen muss (S. 243,12. 244,8); auf die individuelle Seele aber kann es sich nicht beziehen, weil ihm in den Worten: „ohne Auge und ohne Ohr" usw. alle Bestimmungen (Upadhi) abgesprochen werden, ohne welche die individuelle Seele nicht sein kann (S. 244,13).
Alle Eigenschaften des Brahman, die wir bisher betrachtet haben, waren (soweit sie nicht bildlich zu nehmen sind) rein negativ; nunmehr wenden wir uns zu den beiden positiven Bestimmungen des Wesens der Gottheit, welche uns dieselbe 1) als reines Erkennen, 2) als Wonne kennen lehren.
Brahman als reines Erkennen, nach 1,1,5-11
Vorbemerkung. Wenn man die Schwäche und Hinfälligkeit des menschlichen Erkenntnisvermögens erwägt, so muss man sich wundern über die Einstimmigkeit, mit welcher dem An-sich-Seienden in der indischen, griechischen und neuen Philosophie als wesentliche Bestimmung Intelligenz zugeschrieben wird. Es ist wohl der Mühe wert, überall den Motiven nachzugehen, welche die Denker alter und neuer Zeit dazu verleitet haben, eine so gebrechliche, nur mit Unterbrechung wirkende, an das organische Leben gebundene und mit diesem dahinfallende Funktion für das Wesen des Wesens der Wesen zu erklären. Diese Motive treten in dem tiefangelegten Gedankenbau der Vedantaphilosophie besonders deutlich zutage. Die Metaphysik nämlich muss sich, um ihre Sache anzugreifen, vor allem nach einem festen und unverrückbaren Punkte der Gewissheit umsehen, und diesen kann sie nirgendwo anders finden, als in dem Bewusstsein des philosophierenden Subjektes; daher das Cartesianische: cogito, ergo sum, und die entsprechende Auseinandersetzung unseres Werkes, welche wir S. 137 fg. mitgeteilt haben. Hier, innerhalb des eigenen Selbstes, gewinnen wir eine untrügliche Anweisung auf das absolute Sein, welches wir suchen: das Unabgängliche muss auch das Unvergängliche, das Unwandelbare muss das allem Wandelbaren zugrunde Liegende sein, eine Überzeugung, welche sich aufs deutlichste darin ausspricht, dass das Prinzip alles Seins der Atman an, d. h. das Selbst, genannt wird. Zu ihm gelangen wir, indem wir, nach und nach von unserm Ich alles das, was Nicht-Ich ist, absondern, also nicht nur die Außenwelt, den Leib und seine Organe, sondern auch den ganzen Apparat der Buddhi oder Erkenntnis (die Indriyas und das Manas). Was übrig bleibt, das sollte nun konsequenterweise als ein Unbewusstes angesprochen werden; aber so weit durfte man nicht gehen, wollte man nicht das ganze Phänomen der Auffassbarkeit entrücken; so blieb man beim Bewusstsein, in dem dieser ganze Eliminationsprozess vor sich geht, als einem Letzten stehen, indem man sich nicht nur der Forderung, mit den Erkenntnisorganen auch die Funktion derselben, das Erkennen, fallen zu lassen, entzog, sondern auch den sehr beachtenswerten Einwendungen der Gegner Trotz bot, die wir sogleich vorführen werden.
Mehrfach, so äußert sich Shankara an der Stelle, die uns beschäftigt, wird im Veda dem Prinzip der Weltschöpfung Erkenntnis zugeschrieben. So wenn es heißt: "Er beabsichtigte (Aikshata): ich will vieles sein, will mich fortpflanzen." (Chand. 6,2,3); — "Er beabsichtigte: Ich will Welten schaffen" (Ait. 1,1,1); — "Er fasste die Absicht, da schuf er den Odem" (Prashna 6,3.4); — "Der alles kennt, alles weiß" usw. (Mund. 1,1,9). — Hieraus folgt, dass wir dem Brahman Allwissenheit, absolutes, unbeschränktes Wissen zuschreiben müssen, dass es, wie eine spätere Stelle (3,2,16) erörtert, reine Geistigkeit (Chaitanyam) und nur diese ist. — Gegen diese Bestimmung erheben nun die Sankhyas folgende Einwendungen:
Erster Einwand: Ein ewiges Erkennen des Brahman würde seine Freiheit in bezug auf die Tätigkeit des Erkennens aufheben (S. 93,1). — Hierauf erwidert SHankara: zunächst ist festzuhalten, dass nur ein ewig aktuelles, nicht ein potentielles Erkennen (wie die Sankhyas es dem Sattva Guna ihrer Urmaterie zuschreiben) der Forderung der Allwissenheit Genüge leistet." Ein solches Erkennen hebt die Freiheit des Brahman nicht auf; denn auch bei der Sonne, obgleich sie fortwährend Wärme und Licht spendet, sagen wir „sie wärmt", „sie leuchtet" und bezeichnen dadurch, dass sie es aus sich selbst, aus freien Stücken tut [S. 95,16; d. h. wohl: das Befolgen der Gesetze seiner eigenen Natur hebt die Freiheit eines Wesens nicht auf].
Zweiter Einwand: Ein Erkennen ist nur möglich, wenn ein Objekt (Karman, wörtlich: „ein Produkt", im Gegensatze zu Karanam, Organ) der Erkenntnis da ist, welches vor der Schöpfung nicht der Fall war (S. 96,1). — Antwort: Wie die Sonne auch scheint, ohne dass etwas da ist, was sie bescheint, so würde das Brahman auch erkennen ohne Objekt der Erkenntnis (vgl. S. 649,10). Ein solches nun ist aber vorhanden, und zwar auch vor der Schöpfung. Welches ist dieses vorweltliche Objekt? — Es sind (S. 96,6) „die weder als Wesenheiten noch als das Gegenteil definierbaren, nicht entfalteten, zur Entfaltung drängenden (Avyakrite, Vyashikirshite) Namen „und Gestalten" der Welt [welche, wie wir S. 75 sahen, als die Vedaworte vor der Schöpfung dem Geiste des Schöpfers vorschweben].
Dritter Einwand: Eine Erkenntnis kann nicht stattfinden ohne Organe des Erkennens, Leib, Sinne usw. (S. 93,4. 96,11). — Antwort: Weil dem Brahman das Erkennen, wie der Sonne das Leuchten, als ewige Naturbestimmtheit einwohnt, deshalb bedarf es zu demselben keiner Organe, wie die individuelle Seele (S. 97,1), welche, wie S. 98 vorläufig ausgeführt wird, nur das durch die Bestimmungen (Upadhi) wie Leib usw. eingeschränkte Brahman selbst und daher nur für den Standpunkt des Nichtwissens von ihm verschieden ist (vgl. S. 60 fg.). Die individuelle Seele ist (S. 100-101) das Selbst des Brahman, und Brahman ist das Selbst der individuellen Seele; denn von Brahman heißt es: (Chand. 6,3,2) „diese Gottheit beabsichtigte: wohlan! Ich will in diese drei „Gottheiten [Feuer, Wasser, Erde] mit diesem lebendigen „Selbste eingehen!" und wiederum heilst es: (Chând. 6,8,7) „dessen Wesens ist dieses Weltall, das ist das Reale, das ist die Seele (das Selbst), das bist du, o Shvetaketu!"
Das Selbst bedeutet die eigene Natur; ein Geistiges, wie die individuelle Seele, kann nicht als eigene Natur ein Ungeistiges haben (S. 100,18. 104,9). — Auf diesen Satz, welcher unsern Autoren als unzweifelhaft feststeht, stützen sie sich, wenn sie weiter, zum Beweise der Geistigkeit des Seienden oder der Gottheit, auf zwei Phänomene verweisen, auf das der Erlösung und das des Tiefschlafes. Erlösung ist ein Stehen in Brahman (S. 102,8); da sie anderseits nur ein Zum-Bewusstsein-Kommen des eigenen Selbstes ist (S. 103,7), so folgt, dass Brahman eben dieses Selbst und somit ein Geistiges ist. Wie die Erlösung eine ewige, so ist der tiefe, traumlose Schlaf nach der Schrift (Chand. 6,8,1) eine vorübergehende Vereinigung mit dem Seienden, d. h. mit Brahman, der Ursache der Welt (S. 109,2); das Wort „er schläft" (Svapiti)) bedeutet aber „er ist eingegangen in sich" (Svam Apita); ein Geistiges, wie die individuelle Seele, kann nicht in ein Ungeistiges als in ihr eigenes Selbst eingehen (S. 108,10).
Brahman als Wonne, nach 1,1,12-19; vgl. 3,3,11-13
Das Brahman ist der innerste Kern des Menschen. — Dieser Gedanke wird im zweiten Teile der Taittiriya-Upanishad veranschaulicht durch die (noch nicht bei Badarayana und Shankara, wohl aber in dem spätem Vedantasara eine große Rolle spielende) Theorie von den verschiedenen Schalen (Kosha), mit denen unser Selbst umgeben ist, und durch welche wir durchzudringen haben, um zum Innersten unserer Natur und damit zu Brahman zu gelangen.
Nachdem Taitt. 2,1 kurz erwähnt worden, wie aus dem Atman der Äther, aus diesem der Wind, aus diesem das Feuer, aus diesem das Wasser, aus diesem die Erde, aus dieser die Pflanzen, aus diesen die Nahrung, aus dieser das Sperma, aus diesem der Mensch hervorgegangen seien, heißt es weiter: Dieser Mensch sei nahrungssaftartig (Annarasa Maya), in diesem nahrungssaftartigen Selbste stecke, es erfüllend, ein anderes, das odemartige (Pranamaya) Selbst, in diesem wieder ebenso das verstandartige (Mananamaya) Selbst, in diesem das erkenntnisartige (Vijnananamaya) Selbst, in diesem endlich als innerstes das wonneartige (Anandamaya) Selbst. An jedem dieser fünf hülsenartig ineinander steckenden Selbste werden unterschieden und spezifiziert (vielleicht, indem das Bild eines Vogels vorschwebt) der Kopf, die rechte und linke Seite (Flügel), der Rumpf und „das Unterteil (wörtlich: der Schwanz), das Fundament". Als diese Teile figurieren beim nahrungssaftartigen Selbste die Körperteile, beim odemartigen die Lebensodem nebst dem Äther (im Herzen) und der Erde, beim verstandartigen die vier Veden und die Upanishaden (Adesha), beim erkenntnisartigen Glaube, Wahrheit, Recht, Frömmigkeit (Yoga) und Herrlichkeit; beim wonneartigen Selbste endlich heißt es entsprechend: „Liebe [wörtli: Liebes] ist sein Haupt, Freude seine rechte Seite, Freudigkeit seine linke Seite, Wonne sein Rumpf, Brahman sein Unterleib, sein Fundament" (Taitt. 2,5).
An dieser Stelle ist, nach den Sutras des Badarayana und der sie begleitenden Auslegung, unter dem „wonneartigen Selbste" das Brahman zu verstehen, wie S. 116 aus dem Zusammenhang der Stelle und aus der häufigen Bezeichnung des Brahman als Wonne in der Taitt. Up. wie auch anderweitig (Brih. 3,9,28), endlich auch daraus, dass es von allem das Innerste sei, erwiesen wird. Das Wort „wonneartig" bedeute hier nicht „aus Wonne gemacht", sondern bezeichne nur die Fülle der Wonne des Brahman (1,1,13 p. 117), welches die Quelle alter Wonne sei (1,1,14 S. 118). Weder die individuelle Seele (1,1,16-17 p. 119-120) noch die Urmaterie der Sankhyas (1,1,18 S. 121) seien hier, nach dem ganzen Zusammenhange, zu verstehen; dazu komme, dass die Vereinigung der individuellen Seele mit dem „Wonneartigen" gefordert werde (1,1,19 S. 121-122) in den Worten der Taitt. Up. 2,7: „Denn wenn einer in diesem Unsichtbaren, Unkörperlichen, Unaussprechlichen, Unergründlichen [wörtlich: Bodenlosen] den Frieden, den Standort findet, dann ist er zum Frieden eingegangen; wenn er hingegen in ihm [wie in den vier ersten, noch] eine Höhlung, ein Anderes annimmt [Kommentar: wenn er zwischen sich und ihm einen Unterschied macht], dann hat er Unfrieden; es ist der Unfriede des, der „sich weise dünket."
In schroffem Widerspruche gegen diese (auch bei der Wiederaufnahme des Gegenstandes 3.3,11-13 maßgebende) Auffassung tritt nun aber am Schlusse unseres Abschnittes mit den Worten: „Hier aber ist folgendes zu bemerken" (S. 122,9), eine andere Deutung der Upanishadstelle auf, erklärt die Auffassung des Maya als „bestehend aus" und dann als „die Fülle habend" für ebenso inkonsequent, als wenn man sein Futter nur halb verdaute, und weist dann eingehend nach, wie nicht unter dem „wonneartigen Selbste", sondern erst unter dem, was als „sein Unterteil, sein Fundament" bezeichnet werde, das Brahman verstanden werden dürfe; das wonneartige Selbst sei noch nicht der Kern, sondern erst die innerste Schale, deren wir demnach nicht vier, sondern fünf zu zählen hätten (S. 123,10: Annamaya Adaya Anandamaya Paryantah Panca Koshah Kalpyante). Am Schlusse gibt der Vertreter dieser Meinung eine — allerdings äußerst gezwungene — Erklärung der Sutras in seinem Sinne.
Da beide Auffassungen darin übereinstimmen, als Wesen des Brahman die Wonne (Ananda) zu erkennen, so ist die beregte Differenz für unsern Zweck von keinem besondern Belang. Interessant aber ist es für den literarischen Charakter unseres Werkes, wie für die Geschichte des Vedanta, dass hier in Shankaras Kommentar zwei Meinungen einander gegenüberstehen, von denen, wie uns scheint, die erstere allein dem Texte der Upanishad und dem der Sutras des Badarayana entspricht, die letztere hingegen sowohl den unter Shankaras Namen bekannten Kommentar zur Taittiriya-Upanishad als auch den Vedantasara für sich hat, welcher gleichfalls das Wonneartige als bloße Schale auffasst (Vedantasara, § 56, ed. Boehtl.) und somit fünf Schalen zählt, an denen er, mit Hereinziehung der drei Gunas der Sankhya-Philosophie, seine ganze Psychologie aufbaut.
Entweder nun rührt die letztere Auffassung von einem spätem Interpolator, nicht von Shankara her, dem dann aber auch der Kommentar zur Taittiriya-Upanishad abzusprechen wäre - oder sie ist die des Shankara; im letztem Falle ließe sich annehmen, dass er die erste, zu den einzelnen Sutras gegebene Auffassung von einem frühen Kommentator abgeschrieben habe (eine Möglichkeit, die für den Charakter seines ganzen Werkes von großer Bedeutung wäre, vgl. Anm. 17. 45), oder auch man könnte denken, dass Shankara hier mit Badarayana nicht übereinstimmt, demnach die Sutras zuerst im Sinne Badarayanas erklärt, dann aber diese Erklärung verwirft, um eine andere an ihre Stelle zu setzen, in deren Sinne er nun auch zum Schlusse die Sutras als die einmal rezipierte Autorität der Schule gegen die ursprüngliche Meinung derselben mit Bewusstsein umdeutete.
Brahman als das von allem Übel Freie, nach 1,1,20-21
Die Hymnen des Samaveda ruhen bekanntlich, mit wenigen Ausnahmen (S. 7), auf denen des Rigveda. An diesen Umstand knüpft der Verfasser der (zum Samaveda gehörigen) Chandogya Upanishad an, um zu zeigen, wie auf kosmologischem und auf psychologischem Gebiete gewisse Phänomene auf andern beruhen, während hingegen das Brahman, welches symbolisch als der Mann in der Sonne und der Mann im Auge bezeichnet wird, über alles andere erhaben und von allem Übel frei ist.
Wie auf der Ric das Saman beruht (so wird Chand. 1,6 ausgeführt), ebenso beruhen auf der Erde das Feuer, auf dem Luftraume der Wind, auf den Sternen der Mond, auf dem hellen Lichte der Sonne das Schwarze, ganz Dunkle an derselben (welches man, nach dem Scholiasten, bei sehr angespannter Betrachtung der Sonne erblickt; oder vielleicht: die Sonnenflecken?). „Aber der goldene Mann (Purusha), welcher im Innern der Sonne gesehen wird mit goldnem Bart und goldnem Haar, bis in die Nagelspitzen ganz von Golde, — seine Augen sind wie die Blüten des Kapyasa-Lotos, sein Name ist 'hoch' (Ud), denn hoch über allem Übel ist er; hoch hebt sich über alles Ubel, wer solches weiß; — seine Gesänge (Geshnau) sind Ric und Saman, darum [heißt es] der Hoch-Gesang (Ud Githa), darum auch der Hoch-Sänger (Ud Gatar), denn er ist sein Sänger; die Welten, welche von der [Sonne] aufwärts liegen, über die herrscht er und über die Wünsche der Götter."
Was hier auf kosmologischem (Adhidaivatam), dasselbe wird sodann auch auf psychologischem (Adhyatmam) Gebiete entwickelt. Wie auf der Ric das Saman, so beruhen auf der Rede der Atem, auf dem Auge das Spiegelbild (Atman), auf dem Ohre der Verstand, auf dem hellen Scheine im Auge das Schwarze, ganz Dunkle desselben. „Aber der Mann, welcher im Innern des Auges gesehen wird, der ist diese Ric, dieses Saman, diese Preisrede, dieser Opferspruch, dieses Gebet (Brahman). Die Gestalt, welche jener hat, die hat auch dieser, jenes Gesänge sind auch seine Gesänge, jenes Name sein Name; die Welten, welche von ihm abwärts liegen, über die herrscht er und über die Wünsche der Menschen. Darum die, welche hier zur Laute singen, die besingen ihn; deswegen wird ihnen Gut zuteil."
Hier, erklärt Shankara, müsse man nicht etwa unter dem Mann in der Sonne und im Auge eine durch Wissenschaft und Werke erhobene Einzelseele verstehen (S. 130,3), sondern das Brahman; denn wenn ihm Gestalt und Standort beigelegt werde (S. 130,6. 9), und von Grenzen seiner Macht die Rede sei (S. 130,13), so geschehe dies alles nur zum Zwecke der Verehrung (S. 133,10. 13. 15), indem es sich hier um das attributhafte, nicht um das attributlose Brahman handele (S. 133,7). Auf Brahman allein passe, dass er "hoch über allem Übel" sei (S. 131,10) und dass er, der allbeseelende, als der Gegenstand der geistlichen sowohl wie der weltlichen Gesänge bezeichnet werde (S. 132,1. 8). Denn von ihm heiße es in der Bhagavadgita (10,41):
- Alles, was mächtig ist und schön und üppig,
- Das, wisse, ist ein Teil von meiner Kraft.
Wohl aber müsse man diesen Sonnenpurusha unterscheiden von der in der Sonne verkörperten individuellen Seele (S. 134,2 ; vgl. S. 69), denn so sage die Schrift: (Brih. 3,7,9) „Der, in der Sonne wohnend, von der Sonne verschieden ist, den die Sonne nicht kennt, dessen Leib die Sonne ist, der die Sonne innerlich regiert, — der ist deine Seele, dein innerer Lenker, dein Unsterbliches."
Brahman als kausalitätlos und leidlos, nach 3,3,355-36
Ebenso wie Kant die theoretische Spekulation für unzulänglich erklärte und das menschliche Gemüt mit seinen Anforderungen von ihr ab auf den praktischen Weg verwies, ebenso schon Yajnavalkya in einer höchst merkwürdigen Stelle der Brihadaranyaka Upanishad 3,4-5, deren Besprechung wir aus 3,3,35-36 in den gegenwärtigen Zusammenhang herübernehmen.
(Brih. 3,4:) „Da befragte ihn Ushasta, der Abkömmling des Cakra. «Yajnavalkya», so sprach er, «das immanente, nicht transzendente Brahman, welches als Seele allem innerlich ist, das sollst du mir erklären.» — «Es ist deine Seele, welche allem innerlich ist.» — «Welche, o Yajnavalkya, ist allem innerlich?» — *Die durch den Einhauch einhaucht, „das ist deine Seele, die allem innerlich, die durch den Aus-„hauch aushaucht, das ist deine Seele, die allem innerlich, die „durch den Zwischenhauch zwischenhaucht, das ist deine Seele, „die allem innerlich, die durch den Aufhauch aufhaucht, das „ist deine Seele, die allem innerlich, — dieses ist deine Seele, „die allem innerlich ist.« — Da sprach Ushasta, der Ab-„kömmling des Cakra: « Damit ist nur darauf hingewiesen, „wie wenn einer sagte: das ist eine Kuh, das ist ein Pferd; „aber eben das immanente, nicht transicendente Brahman, die „Seele, welche allem innerlich ist, die sollst du mir er-„klären!» — «Es ist deine Seele, welche allem innerlich ist.» —„aV1'elche, o Yâjnavalkya, ist allem innerlich?» — «Nicht „sehen kannst du den Seher des Sehens, nicht hören kannst „du den Hörer des Hörens, nicht verstehen kannst du den „Versteher des Verstehens, nicht erkennen kannst du den „Erkenner des Erkennens. Er ist deine Seele, die allem „innerlich ist. — Was von ihm verschieden, das ist leidvoll.» —„Da schwieg Ushasta, der Abkömmling des Cakra."
(Brih. 3,5:) „Da befragte ihn Kahola, der Abkömmling des „Kushîtaka. «Yùjüavalkya», so sprach er, «eben das imma-„nente, nicht transfcendente Brahman, welches als Seele allem „innerlich ist, das sollst du mir erklären.» — «Es ist deine „Seele, welche allem innerlich ist.» — «Welche, o Y ùjüavalkya, „ist allem innerlich?» — «Diejenige, welche den Hunger und den Durst, das Wehe und den Wahn, das Alter und den Tod überschreitet. — Wahrlich, nachdem sie diese Seele gefunden [Shank.: erkannt] haben, stehen die Brahmanen ab vom Verlangen nach Kindern und Verlangen nach Besitz und Verlangen nach der Welt und wandern umher als Bettler; denn das Verlangen nach Kindern ist Verlangen nach Besitz, und das Verlangen nach Besitz ist Verlangen nach Welt; denn alle beide sind eitel Verlangen. — Darum, nachdem der Brahmane von sich abgetan die Gelehrtheit, so verharre er in Kindlichkeit; nachdem er abgetan die Kindlichkeit und die Gelehrtheit, so wird er ein Schweiger (Muni); nachdem er abgetan das Nichtschweigen und das Schweigen, so wird er ein Brahmana. — Worin lebt dieser Brahmana? — Darin, worin er lebet, wie es eben kommt. — Was von ihm verschieden, das ist leidvoll.» — Da schwieg Kahola, der Abkömmling des Kushitaka."
Die Bemerkungen des Shankara zu dieser Stelle beschränken sich auf den Nachweis, dass beide Abschnitte zur Einheit einer Vidya gehörig seien (vgl. S. 106), was sich aus dem gleichlautenden Anfange und Schlusse (S. 923,14), aus der Anknüpfung des zweiten Stückes durch die Partikel "eva", "eben" (S. 923,16), sowie auch daraus ergebe, dass beide Male von der innern Seele gehandelt werde (S. 922,7), deren es nur eine gebe, nicht zwei (S. 922,9). Die Wiederholung geschehe wegen der Verschiedenheit der Unterweisung (S. 923,7): das eine Mal werde der Atman als hinausliegend über Ursache und Wirkung (Karya Karana Vyatirikta), das andere Mal als hinausgeschritten über den Hunger und die übrigen Qualitäten des Samsara (Ashanaya Adi Samsara Dharma Alita) geschildert (S. 924,2. 3).
Dass beide Abschnitte ein zusammengehöriges Ganzes ausmachen, ist aus ihrem parallelen Bau evident; im Übrigen mag ein Vergleich derselben lehren, ob wir oben, mit unserer Erinnerung an Kant, den Grundgedanken richtig getroffen haben. Das Brahman ist, so lehrt der erste Abschnitt, theoretisch unerkennbar: Denn weil es bei allem Erkennen erkennendes Subjekt ist, kann es nie für uns Objekt der Erkenntnis werden. Das hiermit sich nicht zufrieden gebende und dieselbe Frage aufs neue aufwerfende Gemüt wird im zweiten Abschnitte darauf verwiesen, das Brahman praktisch zu ergreifen. Dies geschieht, indem man sich stufenweise von der Gelehrtheit (Pandityam) zur kindlichen Einfalt (Balyam, vgl. Ev. Matth. 18,3), von dieser zum Stande des Muni, von diesem zu dem des Brahmana [prägnant, wie Brih. 3,8,10. Chand. 4,1,7] erhebt, welcher auf Familie, Besitz und Weltlust verzichtet, weil dieselben von Brahman verschieden und mithin dem Leiden verfallen sind. —
Über das Wesen der genannten Stufen und speziell über den Begriff des Bulyam kann man noch die Untersuchungen in 3,4,47-50 (S. 1034-1041) vergleichen, aus denen wir nur folgende schöne Smriti-Stelle anführen (S. 1041,8):
- Wen niemand kennt als hoch- noch tiefgeboren.
- Niemand als hochgelehrt noch ungelehrt,
- Niemand als bösen Wandels, guten Wandels,
- Der ist ein Brahmana von rechter Art!
- Verhorg'ner Pflichterfüllung ganz ergeben,
- In Unbekanntheit bring' er zu sein Leben;
- Als wär' er blind und taub und ohne Sinn,
- So ziehe durch die Welt der Weise hin.
Lichtfunke
Wir sind ein Teil des Großen Lebens, doch es in seiner Gesamtheit verstehen zu wollen, wäre so, als ob man sich ohne Spiegel in die eigenen Augen schauen wollte (wie Rabbiner Lawrence Kushner sagte). In den Augen eines Gegenüber können wir einen Schimmer davon erfassen, vorausgesetzt dass seine Augen beseelt sind. Deshalb zeige deine ganze Seele, um für andere ein Licht des Lebens zu sein. Sei ein lebendiger Funke des Ganzen, d.h. sei dir bewusst, dass du genau das bist und immer warst. Wir wissen mittlerweile wieviel Kraft in einem einzigen Atom gebunden ist.
Die lichtvolle Macht in uns aber ist unbegrenzt. Genau davor fürchten wir uns ... wie seltsam. An wie vielen Stellen sagt Jesus: Fürchte dich nicht ... und: Sei ein Licht auf dem Berg! Sei was du bist! Nichts kann uns begrenzen außer der Angst vor unserer eigenen Größe. Die Wahrheit ist, wir haben dem Leben den Rücken zugekehrt. Hinter uns scheint das helle Licht des Lebens und vor uns erzeugt es den Schatten von uns selbst, vor nichts weiter erschrecken wir.
Drehen wir uns um, ist da nur Licht. Genau das ist mit Umkehr gemeint: aus dem eigenen Schattendasein sich ins Licht wenden. Manche betreiben Schattenforschung, sie messen die Größe, Dunkelheit und sonstige Beschaffenheit ihres Schattens und gleiten dabei immer tiefer ins Elend. Du brauchst dich bloß umzudrehen. Solange du dich selbst wichtig nimmst, hat dein Schatten eine große Bedeutung. Doch sobald du die Augen vom Boden erhebst ... ein großes Lachen wird dich überkommen.
© 2018 Bhajan Noam
Seiten des Lebens: www.bhajan-noam.com
Siehe auch
Literatur
- Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda
- Vedanta - Der Ozean der Weisheit von Swami Vivekananda
- Paul Deussen: Das System des Vedanta, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
- Soami Divyanand: Vedamrit - Die Botschaft der Veden. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
- Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur.(edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-22-8
- Moritz Winternitz: Geschichte der Indischen Literatur, Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: History of Indian Literatur, Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985, Vol I - III
- Sri Aurobindo: Das Geheimnis des Veda, 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
- Lokamanya Bâl Gangâdhar Tilak: Orion ou Recherches sur l'Antiquité des Védas, Milan, Éditions Archè, 1989
Weblinks
- Meditation Anleitungen, darunter einige abstrakte Techniken aus dem Vedanta
- Artikel von Swami Sivananda: Vedanta
- Divine Life Society - Sivananda Ashram
Seminare
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