Shat Darshana

Aus Yogawiki
Sichtweise die Welt zu sehen: Das Staunen eines Kindes

Shat Darshana - Die sechs Darshanas, die sechs klassischen Indischen Philosophiesysteme, sechs Arten die Welt zu sehen. Shat Darshana, Sanskrit: षड्दर्शन ṣaḍdarśana n., bedeutet sechs (Shat Weltsichten (Darshana.

Die sechs klassischen Philosophiesysteme

Virupaksha Tempel in Hampi

Heute möchte ich sprechen über die klassischen indischen Philosophiesysteme. Dazu gehört auch Vedanta. Vedanta ist nämlich eines der sechs Philosophiesysteme. Die sechs Philosophiesysteme sind:

Darshanas sind Weltanschauungen, das Wort Darshana hat eine vielfältige Bedeutung es kommt von Dri und heißt sehen. Darshana ist eine Art wie man etwas sieht. Darshana bedeutet auch dass man jemanden sieht oder die Gegenwart Gottes wahrnimmt. In diesem Kontext bedeutet Darshana Vision Gottes, Erfahrung Gottes.

Die Inder sprechen auch von Darshana wenn sie in einen Tempel gehen. Inder sprechen von einem Tempelbesuch in der Form sie hätten eine Darshana von Lord Vishvanath, also die Murti in einem Tempel und man geht auch um den Guru zu sehen, Darshan des Gurus zu haben.

Darshana bedeutet darüber auch Weltanschauung, eine Art und Weise wie man die Welt sieht. Und man könnte sagen die sechs Darshanas entsprechen sechs Weisen wie wir die Welt sehen und man könnte die westlichen Philosophien in diese sechs Grundkategorien einsortieren.

Purva Mimamsa

Tue Gutes!

Das erste Philosophiesystem Purva Mimamsa ist die Weltanschauung die durch die alten Veden vermittelt wird. Purva heißt ursprünglich.

Purva Mimamsa sieht die Welt in einem Zusammenspiel aus Punya und Papa.

Eine Grundlage der Purva Mimamsa Philosophie ist die Karma-Lehre. Karma bedeutet in diesem Zusammenhang Belohnung für gute Taten zu erhalten und Bestrafung für Schlechte. In den Purva Mimamsa Schriften wird aufgezählt welche Dinge Gute und Schlecht sind und die entsprechenden Belohnungen und Strafen.

Purva Mimamsa ist eine Art Ethik die bestimmte Versprechen und Drohungen macht.

Purva Mimamsa ist auch eine bestimmte Sichtweise der Welt, alles was dir geschieht kommt weil Du dich in der Vergangenheit gut oder schlecht verhalten hast und wie Du dich jetzt verhältst wird für die Zukunft gutes oder schlechtes Karma schaffen.

Purva Mimamsa geht davon aus das es nicht nur ein Leben gibt, sondern mehrere Leben. Wenn Du in diesem Leben gute Dinge erlebst dann kann es sein, das Du in einem früheren Leben gute Handlungen gemacht hast, wenn Du in diesem Leben Leid erfährst dann hast Du in einem früheren Leben schlimme Sachen gemacht. Jetzt geht es darum gute Sachen zu machen um die Zukunft gut zu gestalten.

Im Purva Mimamsa System gibt es verschiedene Beschreibungen wenn Du etwas Konkretes erreichen willst, zum Beispiel reich werden willst oder Macht haben willst oder viel schöne Sinnesbefriedigungen haben willst oder nach dem Tod eine Weile ein Engelswesen sein willst, dann wird beschrieben was Du tun musst um das zu erreichen. Es werden auch Sühnepraktiken beschrieben.

Angenommen Du hast etwas Schlimmes getan, Du hast also ein Papa begangen dann wird beschrieben was musst Du tun, um das Papa zu sühnen. Man könnte also sagen das Purva Mimamsa ist eine Belohnungs/Bestrafungs, eine Himmel/Hölle Philosophie nur mit dem Unterschied zur christlichen Himmel/Hölle Theologie, dass es nicht auf ein Leben beschränkt ist und das es keine ewige Verdammnis gibt.

Purva Mimamsa ist in Indien bis heute populär und viele Menschen die ein Verständnis vom Karma haben, haben es oft vom Purva Mimamsa im Sinne von gute/schlechte Erfahrungen kommen von gutem/schlechtem Handeln, gutes/schlechtes Handeln schafft gutes/schlechtes Karma.

Die Yogis haben sich seit Urzeiten gegen das enge Verständnis des Karmas gewendet und gerade Krishna in der Bhagavad Gita sagt das diese Art der Weltanschauung einen nicht zur Befreiung führt, wer Gutes tut um belohnt zu werden und Schlechtes vermeidet aus Angst vor Bestrafung der ist gefangen in Kreislauf von Geburt und Tod, er ist auch gefangen in Wunsch und Angst und das steht der Befreiung im Wege. Und so lehnen die Yoga Meister von Krishna über Patanjali und Shankara dieses Purva Mimamsa System ab. Aber man könnte sagen es ist immerhin etwas was Menschen die in Wünschen verhaftet sind vielleicht eine Motivation geben kann für ethisches Handeln.

Vaisheshika

Sei glücklich mit dir und anderen

Das zweite Philosophiesystem Vaisheshika ist ein materialistisches Philosophiesystem, das beschreiben will wie die Welt funktioniert und zwar ohne einen Eingriff Gottes oder feinstofflichen Wirkungen.

Vaisheshika sieht die Welt wie sie ist. Es gibt Vaisheshika Philosophen die von der Existenz Gottes ausgehen und auch das die Welt von diesem erschaffen wurde. Vaisheshika geht aber davon aus, das Gott für die aktuelle Welt keine Rolle spielt. Manche Vaisheshikas verneinen die Existenz Gottes und versuchen die Welt allein naturalistisch, wissenschaftlich zu erklären. Ein großer Teil auch der modernen Wissenschaft hat ein Weltbild das dem von Vaisheshika ähnelt.

Nach Vaisheshika ist das Ziel des Lebens, ein Leben zu führen das glücklich macht, deswegen enthält die Vaisheshika auch ethische Lehren da ohne diese ein glückliches Miteinander schwer möglich ist, nur gibt es keine transzendentale Begründung dieser Ethik, auch keinen übergeordneten Sinn des Lebens. In einer Interpretation von Vaisheshika ist auch alles zu Ende mit dem Tod. Es gilt ein gutes Leben zu führen in dem man Freude hat und Anderen Freude schenkt, wo man glücklich mit sich selbst und Anderen ist.

Nyaya

Das dritte Philosophiesystem Nyaya hat große Ähnlichkeit mit Vaisheshika.

Zusammenkunft um die Welt logisch zu ergründen

Nyaya ist ein Logik System und versucht alles logisch zu ergründen und versucht auch zu überlegen wie kommt man zu korrekten Aussagen, zu korrekten Schlüssen. Wie kann man logisch korrekt die Welt und sich sehen.

Vaisheshika war die Grundlage für eine sehr fortschrittliche Zivilisation in Indien, mit einem hohen Lebensstandard, bis zur Besetzung durch die Briten, bis die Engländer im 18.-19. Jahrhundert Indien zu Grunde gewirtschaftet haben und letztlich auf dem Rücken von Indien und unter der bewussten Herbeirufung von Armut in Indien, die Industrielle Revolution möglich war. Es gibt ja das Argument, wenn das Yoga so gut ist, warum leben dann so viele Inder in Armut, die Antwort ist, die Europäer haben Indien zum Niedergang gebracht, die industrielle Revolution ist auf dem Rücken des größten Teil der Welt entstanden. Im 15. bis zum 17. Jahrhundert war Indien das Land mit dem höchsten Lebensstandard auf der ganzen Welt, mit einer sehr fortgeschrittenen Technik, nur in zwei Regionen waren die Inder nicht so fortschrittlich, in der Waffenkunde und in der Schifffahrtskunde.

Vaisheshika ist die praktische Grundlage von Wissenschaft und Nyaya die abstrakte Grundlage von Wissenschaft und Logik. Nyaya versucht Gott logisch zu beweisen. Die Nyayakas, anders als die Vaisheshikas, sind normalerweise von der Tradition her keine Atheisten, Sie haben sogar versucht die Existenz Gottes zu beweisen. Es gibt lange Diskussionen von buddhistischen Schriftgelehrten und Nyayakas. Die Buddhisten einer bestimmten Tradition wollten beweisen das es keinen Schöpfergott gibt und die Nyayakas wollten dessen vorhanden sein beweisen. Es ist eine Diskussion der Gelehrten die fast tausend Jahre gedauert hat.

Also intellektuelle Streitgespräche werden gesucht, um mit logischen Abhandlungen Dinge zu verstehen. Weil im Nyaya auch versucht wird Gott zu beweisen, gibt es einen Zweig von Nyaya, die Bhakti-Schule, die die Hingabe an Gott lehren.

Sankhya

Die Welt in ständiger Veränderung

Sankhya ist das vierte Philosophiesystem, das die Welt ansieht als eine Dualität zwischen Purusha und Prakriti. Sankhya postuliert zwei absolute Prinzipien:

  • Purusha als Bewusstsein, Nichtstofflich gedacht und
  • Prakriti, wörtlich die Natur, auch das was hin zum Handeln führt, das was sich ständig manifestiert und wieder vergeht.

Prakriti, die Natur, auch Materie, hat verschiedene Dichtigkeitsstufen, eine Kausalwelt, eine Astralwelt, eine physische Welt. Alles was sich verändert ist Prakriti. Die physische Welt ist in ständiger Veränderung, es gibt die Feinstoffwelt mit Gedanken, Emotionen, Prana und so weiter. Die ganze Feinstoffwelt und Alles ist ein Zusammenspiel der drei Gunas:

  • Sattwa - Leichtigkeit, Licht, Harmonie,
  • Rajas - Aktivität und Bewegung und
  • Tamas - Trägheit und Dunkelheit

und befindet sich in ständigem Parinama (Wandel, beständige Veränderung). Sankhya sagt diese Welt ist entstanden weil sie schon immer existiert hat. Prakriti ist ewig, Purusha ist ewig.

Ursprünglich gab es ein Gleichgewicht von Sattwa, Rajas und Tamas. Deshalb gab es keine manifeste Welt, es gab nur die Welt in potentieller Existenz, es gab nur die Möglichkeit einer Welt und dann hat Purusha die Strahlen des Bewusstseins in diese Welt hinein gebracht und daraufhin hat in der Prakriti die Parinama begonnen, Sattwa, Rajas und Tamas haben begonnen sich auf unterschiedliche Weise zusammenzusetzen und die Welt ist entstanden.

Dann hat Purusha, das Selbst, das Bewusstsein, angefangen sich zu identifizieren mit Teilen der Prakriti und so entstanden die scheinbaren Einzelseelen. Der Mensch ist Teil der Prakriti, Körper und Psyche und Purusha, das Selbst identifiziert sich mit dieser Psyche und diesem Körper, fühlt sich gebunden, beschränkt, unglücklich. Und weil Purusha intuitiv weiß, „ Ich bin nicht beschränkt, Ich bin nicht in der Veränderung begriffen, Ich bin ewig und unendlich.“ ist es unzufrieden mit dieser Erfahrung von Endlichkeit. Und dann will Purusha zurückkehren zu seinem Ursprung und fragt sich, „ wer bin ich, woher komm ich, wohin gehe ich?“ und will sich lösen aus der Identifikation.

Und so ist in Sankhya das Ziel des Lebens aus der Prakriti wieder heraus zu kommen, aufzuhören sich zu identifizieren mit einem Körper und einer Psyche und zu erkennen,

„ Ich bin das reine Selbst, Purusha.“. 

Im Sankhya wird dabei auch angenommen, das das wichtigste Mittel dafür Viveka ist. Viveka heißt die Unterscheidung. Und ich hatte schon im vorangegangenen Teil von den Unterscheidungen gesprochen, die vier Hauptunterscheidungen gibt es schon im Sankhya und es geht auch darum sich zu lösen aus der Identifikation. Tyaga also der Verzicht von Allem gilt als Methode. Es wird empfohlen das man sich nicht zu sehr in diese Welt involviert, das man lernt zu unterscheiden, das man aufhört dort zu aktiv zu sein, sich löst und schließlich wird Purusha frei von Prakriti.

Sankhya gilt als spirituelles Philosophiesystem und gleichzeitig atheistisches Philosophiesystem, im Sinne dass es keinen Schöpfergott gibt. In Sankhya hat die Existenz der Welt nichts mit Gott zu tun, Purusha und Prakriti können als göttliche Prinzipien angesehen werden, aber es gibt keinen Gott der etwas tut.

Yoga

Patanjali - Autor des Yoga Sutra

Yoga, ist das fünfte Philosophiesystem, im Sinne von dem Yogasystem von Patanjali. Im Kontext der sechs Darshanas, wird mit Yoga das System von Patanjali, das Yoga Sutra, gemeint. Im Yogasutra wird die Welt zunächst wie im Sankhyasystem beschrieben, es tauchen Purusha und Prakriti wieder auf, es wird über die Gunas gesprochen, der Hauptaugenmerk liegt auf Parinama, dem ständigen Veränderungsprozess. Auch der Aspekt sich von allem zu lösen, Vairagya und auch Viveka, die Unterscheidung, taucht auf.

Zwei Unterschiede zwischen Yoga und Sankya

Es gibt zwei Unterschiede zwischen Yoga und Sankya.

Erstens erkennt Patanjali, Ishvara, den Schöpfergott, an. Patanjali beschreibt Ishvara nicht näher. Patanjali war ein Praktiker und ihm ging es darum, wie die Menschen die Gottverwirklichung, Kaivalya, erreichen können.

Im Sankhya wird es auch als Kaivalya bezeichnet, wenn Purusha sich nicht mehr mit Prakriti identifiziert, wenn Purusha sich selbst erkennt, als ewiges, unendliches Sein.

Im Yoga ist das Ziel des Lebens Kaivalya, absolute Freiheit, die Verwirklichung des wahren Selbst, als unendlich und ewig. Patanjali erkennt die selben Mittel zur Entwicklung wie im Sankhya an, erweitert diese aber. Er sagt Ishvara Pranidhana, Hingabe an Gott, ist auch ein Mittel zur Befreiung. Wenn Du Kaivalya erreichen willst, kannst Du zu Gott beten, Du kannst dich in Hingabe zu Gott üben. Patanjali erklärt auch, wie die Art und Weise dieser Hingabe zu Gott auszusehen hat, denn es gibt ja auch Fanatiker die Probleme schaffen und Patanjali zeigt auf wie das zu vermeiden ist. Patanjali erwähnt auch wie wir Ishvara erfahren können, durch Hingabe, durch Wiederholung eines Mantras und durch Studium der Schriften. Dann wird Ishvara zur Befreiung führen.

Der zweite Unterschied zwischen Sankhya und Yoga ist das Patanjali einen großen Wert auf Abhyasa legt. Abhyasa heißt Übung, ins besondere Spirituelle Praxis. Patanjali sagt um Kaivalya zu erreichen kannst Du auch spirituelle Praktiken üben, zum Beispiel den Ashtanga Yoga, also:

Wenn Du das praktizierst, dann wirst Du in Asamprajnata Samadhi, Kaivalya erreichen. Es gibt also verschiedene Wege, um zu Kaivalya zu kommen,

  • erstens über Viveka und Vairagya, Unterscheidungskraft und Loslassen, wie im Sankhya,
  • zweitens Ishvara Pranidhana, Hingabe zu Gott und
  • drittens systematische Praxis (Abhyasa) um den Geist zur Ruhe zu bringen .Patanjali legt kein sehr detailliertes Philosophiesystem dar, aber es ist erkennbar dass es auf Sankhya beruht und so kann man Lücken im Yoga Sutra mit Konzepten aus dem Sankhya füllen.

Uttara Mimamsa

Es gibt eine höhere Wirklichkeit

Das sechste Philosophiesystem Uttara Mimamsa wird auch Vedanta genannt. Uttara heißt das Letzte oder auch das Höchste, Uttara Mimamsa bedeutet dem nach: das Höchste der Philosophiesysteme. Natürlich weil die Vedantins selbst denken dass Sie das Letzte, das Höchste Philosophiesystem haben. Da ich (Sukadev Volker Bretz) aus der Vedanta Richtung stamme, übernehme ich diese Terminologie. Andere würden statt Uttara Mimamsa nur Vedanta sagen.

Vedanta gibt es in vielen Ausprägungen, hier beziehen wir uns auf die populärste Form, die Lehren des Shankaracharya, die Kevala Advaita Vedanta, es bedeutet die bedingungslose (Kevala) nicht-dualistische (Advaita) Philosophie (Vedanta).

Uttara Mimamsa sagt aus, das die Welt wie wir sie erleben so nicht existiert, wir leben in einer Illusion (Mithya). Es gibt eine dahinter liegende Wirklichkeit, Brahman, das Absolute. Die ganze Welt wie wir sie erleben, alles was existiert, ist eine Manifestation von Brahman, es gibt nur Brahman.

Auch das Individuum ist Brahman, der Körper und die Psyche sind Teil der Illusion (Maya) und auch die Täuschung ist Teil von Brahman. So lange es so erscheint als ob es eine Welt gibt, erfahren wir auch Ishvara (Schöpfergott) und es ist uns möglich eine Beziehung zu Gott aufzubauen. Wir können Gott um Hilfe bitten, Gott kann uns helfen aus dieser Welt heraus zu kommen, aber Ishvara als Schöpfergott ist auch Teil dieser Maya. Letztlich sagt Vedanta, es gibt nur eine Höchste Wirklichkeit, Brahman, es gibt nichts anderes als diese. Und das Ziel des Lebens ist diese Höchste Wirklichkeit zu erfahren.

Yoga in Verbindung mit den Shat Darshanas

Spirituelle Praxis - Pranayama - um Gott zu erfahren

Im Lauf des Vedanta Meditationskurses werden wir uns mit der Uttara Mimamsa Philosophie mehr beschäftigen. Yoga, als Übungssystem, kann auch auf den anderen Strömungen basieren, darum werden wir auf diese nun eingehen.

Man kann Yoga üben auf der Basis des Purva Mimamsa, in der reinen Form wird das im Westen sicher kaum gemacht, im Purva Mimamsa gibt es aber Aussagen welche Art von Tapas, welche Art von Spiritueller Praxis, muss man machen um reich zu werden, um einen schönen Partner für sich zu gewinnen, um in den Himmel zu kommen, um Macht zu bekommen, usw. Und es gibt Schriften die beschreiben was jemand gemacht hat, der zu Manu, zum Herrscher eines Zeitalters geworden ist, um diesem Weg folgen zu können. Es gibt Menschen im alten Indien die Yoga geübt haben um konkrete physische Wirkungen dafür zu bekommen, oder auch um Vergehen die sie gemacht haben zu sühnen.

In der heutigen Zeit im Westen werden Aspiranten normalerweise nicht Yoga in der Tradition des Purva Mimamsa üben, Ausnahmen sind vielleicht wenn jemand zu viel gegessen hat das er meint, dass er jetzt besonders viel Yoga machen muss, das könnte als Überbleibsel des Purva Mimamsa angesehen werden. Oder auch wenn sich Menschen fragen weswegen ihnen Unglück widerfährt, wo sie doch so gut waren, dass ist auch ein unreflektierter Rest der Purva Mimamsa Philosophie. Oder wenn Menschen krank werden und sich dann fragen was sie falsch gemacht haben, diese Denkweise entspricht der Purva Mimamsa Philosophie. Raja Yoga würde hier sagen Krankheit kann verschiedene Ursachen haben, falsches Handeln also Karma, oder aber es handelt sich um eine Lernlektion also eine Erfahrung die gemacht werden soll (Seelenwunsch), eine Herausforderung um dir zu helfen dich zu entfalten.

Man kann Yoga auf der Vaisheshika Ebene üben, mit Hauptaugenmerk auf die Gesundheitswirkung des Yoga. Man kann das auch in wissenschaftlichen Studien nachweisen und es gibt schon tausende Studien die beweisen das Yoga bei, Kopfweh, Bluthochdruck, chronischem Müdigkeitssyndrom und so weiter, wirkt. Es gibt auch einige Vaisheshika orientierte Erläuterungen, die erklären warum und wie Yoga wirkt. Es gibt die Theorie der Entspannungsreaktion, die sportliche Trainingslehre, verschiedene Formen der Achtsamkeitserklärungen, warum wirkt im Hier und Jetzt zu Sein heilend. Auch kann man Yoga rein naturwissenschaftlich üben, dazu gibt es auch Bücher im Deutschen wie: „Yoga für Skeptiker“, „Meditation für Skeptiker“, diese versuchen Yoga und Meditation auf der Vaisheshika Ebene zu erläutern.

Nyaya ist ein Logiksystem, man kann versuchen mit Nyaya zu analysieren warum werden die Yogaübungen so gemacht. Man kann rein logisch, ohne Empirie, die Wirkung der einzelnen Yoga-stellungen (Asanas) ergründen. Zum Beispiel beim Schulterstand muss das Herz gegen die Schwerkraft das Blut in den Körper pumpen, zu gleich kann das venöse Blut aus dem Rumpf frei dem Herzen zufließen, darum wirkt diese Umkehrhaltung so gut auf das Herzkreislaufsystem.

Man kann Yoga vom Sankhya aus machen, im Sinne von beobachten. Dort würde man sich, egal was man macht, fragen „wer bin ich?“ und man würde versuche es zu lösen. Die Sakshi Bhav Technik des Beobachtens, ist eine Technik aus dem Sankhya. Auch die buddhistische Vipassana Meditation hat sich aus dem Sankhya entwickelt.

Yoga kann man auch mit der Yoga Philosophie machen. Wir üben Praktiken um zur Gottverwirklichung zu kommen und alle Praktiken die dazu helfen das Bewusstsein zu erweitern, mehr zu sich selbst zu kommen, Brahman oder Purusha zu erfahren sind hier einzuordnen.

Ziel des Lebens ist Purusha, sein wahres Selbst, letztlich die Einheit zu erfahren. Und so sind wir bei Uttara Mimamsa (Vedanta). Es gibt Unterschiede zwischen Sankhya und Uttara Mimamsa, im Sankhya wird gesagt es gibt die Welt, aber sie ist relativ und sie entsteht aus Prakriti (Natur, Materie), weil Purusha (Selbst, Bewusstsein) sich in Prakriti hinein gibt. Aber auch wenn sich einer als Purusha (Bewusstsein) verwirklicht geht die Prakriti weiter. - Vedanta würde sagen es gibt überhaupt keine Welt und wenn Du aufwachst wirst Du erkennen das es nie eine gegeben hat. Und vor diesem Hintergrund kann man auch ganz entspannt sein. Du warst, bist und wirst immer das Höchste Selbst sein.

Nun ist es dir möglich zu erkennen aus welcher philosophischen Richtung übst Du Yoga, nach welcher Philosophie gestaltest Du deinen Alltag. Viele der modernen spirituellen Menschen die das ganzheitliche Yoga üben, haben eine gewisse Mischung. Manchmal versucht man die Welt wissenschaftlich zu verstehen, sich selbst zu verstehen, Yoga zu üben, dann überlegt man vom Gesundheitsstandpunkt aus, wie möchte ich die Yoga-Praxis machen, das sie mir bei bestimmten Beschwerden hilft. Man kann überlegen, wie könnte ich mein Leben so gestallten um mir Wünsche zu erfüllen und Erfolg zu haben. Viele haben auch die Vorstellung, das Sie gut zu anderen sein müssen um positive Erlebnisse zu haben und das Sie nichts Unethisches tun dürfen sonst werden Sie negative Konsequenzen haben (Purva Mimamsa). Viele Menschen die Yoga üben versuchen auch ihr logisches Denken zu kultivieren (Nyaya). Viele Menschen denken über das Konzept von Ishvara (persönlicher Gott) nach und sie haben manchmal Phasen wo sie denken ein persönlicher Gott ist unlogisch (Sankhya) und diese Welt existiert schon irgendwie, auch wenn ich etwas anderes bin als eine Manifestation von Hirnfunktion. Menschen üben Yoga um bestimmte Wirkungen zu haben. Aber im Hinterkopf können wir uns immer behalten, es gibt immer nur Brahman und was auch immer geschieht ist in diesem Unendlichem und Ewigen (Brahman).

Weiter Infos findest Du über den Yogawiki (wiki.Yoga-Vidya.de) Eintrag: indische Philosophiesysteme oder sechs klassische Philosophiesysteme.

Video - Shat Darshana

Welches sind die 6 klassischen indischen Philosophiesysteme im Vedanta (Shat Darshana) und wie praktiziert man die Samprajnata Assamprajnata Meditation zur Stärkung von Verbundenheit und Einheit?

Siehe auch

Literatur

Seminare

Jnana Yoga, Philosophie

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