Maitrayana Upanishad: Unterschied zwischen den Versionen

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:Mit tausend Strahlen, hundertfach sich wandelnd,  
:Mit tausend Strahlen, hundertfach sich wandelnd,  
:Als Lebenshauch der Wesen geht dort auf die Sonne.'
:Als Lebenshauch der Wesen geht dort auf die Sonne.'
====6,9-17: Das Pranagnihotram und die metaphysische Bedeutung der Nahrung====
Dieser Abschnitt zerlegt sich deutlich in drei Teile. - Im ersten Teile (6,9) wird, in Anschluß an Chand. 5,19-24, das Prana-Agnihotram gelehrt. An die Stelle des [[Agnihotram]] an die [[Götter]] tritt ein solches an den [[Prana]], bestehend in einer rituellen [[Ernährung]] des eigenen Leibes (vgl. zu Chand. 5,19-24, oben S. 146).
- Der zweite Teil (6,10) unterscheidet im [[Universum]] [[Nahrung]] und Nahrungesser und führt dieselben auf die [[Prakriti]] und den [[Purusha]] der [[Samkhya]]s zurück.
- Durchaus in Widerspruch hiermit stehen die Betrachtungen des dritten Teiles (6,11-17) über [[Annam]], [[Kala]], [[Brahman]]. Denn während vorher die Nahrung (Annam) nur die objektive, prakriti-artige Seite der [[Welt]] bedeutete, so wird jetzt zunächst die Nahrung als Brahman in der Weise von Taitt. 3 und ähnlichen Stellen verherrlicht. Dann aber wird, mit der Wendung, daß die Ursache von allem die Nahrung, die Ursache der Nahrung aber die [[Zeit]] sei, dazu übergegangen, die Zeit als Brahman zu feiern; und endlich wird von dieser symbolischen Fassung des Brahman als Zeit auf das zeitlose und nach allen Seiten unendliche Brahman als den letzten Grund aller Gründe zurückgegangen.
- Fehlt es unserem Autor bei allen diesen Betrachtungen auch nicht an Tiefblick, so besitzt er doch nicht die Fähigkeit, seine Intuitionen in klarer und zusammenstimmender Weise zu gestalten.
9.
Das [[Pranagnihotram]]. Über dieses Stück als Mittelglied zwischen Chand. 5,19-24 und der [[Pranagnihotra Upanishad]] vgl. unsere Einleitung der letzteren.
Darum, fürwahr, hat einer diese beiden [Prana und Sonne] sein Selbst. Wer solches weiß, der übt die [[Meditation]] an dem
[[Selbst]]; der bringt das [[Opfer]] nur in dem Selbst. Solche Meditation und der zur Ausführung [dieses Opfers] schreitende [[Wille]] ist von den [[Weise]]n (Chand. 5,24) gepriesen worden.
Dann möge er des [[Herz]]ens Unlauterkeit durch den Spruch 'ob angerührt von Speiserestbehafteten' läutern. [Dies geschieht, indem] er den Spruch rezitiert:
:Ob Speiserest, ob angerührt von Speiserestbehafteten,
:Ob eines Bösen Gabe, ob von Todgeburt her [unrein],
:Mir mögen [[Vasu]]s Filter<ref>Vermutlich die Seihe des [[Soma]], welcher unter den acht Vasus aufgezählt zu werden pflegt. - Der Scholiast (Vasor, Vasu-namno Devasya, Pavitram Pavayitri) erklärt, wie so oft, alles, mit Ausnahme dessen, was für uns und auch für ihn einer Erklärung bedürftig gewesen wäre.</ref>, [[Agni]] und der [[Sonne]] Strahlen
:Die Nahrung läutern und mich selbst von aller Übeltat.
Dann umkleidet er vorher [durch Ausspülen des Mundes den [[Atman]]] mit [[Wasser]]; und indem er spricht: 'dem [[Prana]] [[Svaha]]! Dem [[Apana]] Svaha! Dem [[Vyana]] Svaha! Dem [[Samana]] Svaha! Dem [[Udana]] Svaha!( so opfert er unter diesen fünf Rufen [die Nahrung in sich] hinein. Was noch übrig bleibt, das ißt er ohne zu sprechen. Dann umkleidet er noch einmal hinterher [den Atman] mit Wasser, und nachdem er [in dieser Weise] den Mund ausgespült und dem Atman geopfert hat, soll er mit den beiden Versen 'als [[Leben]], Feuer' und 'Visva bist du' den Atman überdenken:
:Als Leben, [[Feuer]] ruht in mir
:Als fünf Hauche das höchste [[Selbst]].
:Gesättigt sättige das All der Allgenießer!
:Visva bist du, Vaisvanara bist du,
:Du trägst das Weltall, das durch dich geboren;
:Dir sollen gelten alle Opfergüsse,
:Wo du bist, da ist Leben, Allbeleber!
:Fürwahr, wer also und auf diese Weise die Nahrung ißt, der wird nicht hinwiederum zur Nahrung für andere.
10.
Nahrung und Nahrungesser im Lichte der Samkhyalehre
Hierbei muß man noch etwas anderes merken. Die weite¬re Entwicklung jenes Atman-Opfers ist die als Nahrung und Nahrungesser. Davon ist dieses die Auslegung. Der geistige
337 Purusha befindet sich in der Urmaterie (pradhanam). Er ist also der Genießer, weil er die von der Urnatur (prakriti) stam¬mende Nahrung genießt. Ihm nun dient jener natürliche At-man (bhûtatman) als Nahrung, denn seine Schöpferin ist die Urmaterie.' Darum ist alles, was aus den drei Gunas (Sattvam, Rajas, Tamas) besteht, das zu-Genießende, und der Genießer ist der darin befindliche Purusha. Und hierfür ist ja auch die Wahrnehmung beweisend. Denn da die Tiere aus dem Samen entstehen, so folgt, daß der Same zu-Genießendes ist [zur ob-jektiven Welt gehört]. Und hierin liegt, daß auch die Urmaterie [als der Same der Welt] zu-Genießendes ist. Somit ist der Pu
1 Der Sinn ist weder »very doubtfull« noch »unintelligible«, sondern klar.
Nur der Purusha ist Subjekt (annada); alles andere, und also auch der Bhûtatman, stammt aus der Prakriti und gehört somit zum Objektiven (annam).
MAITRAYANA-UPANISHAD 425
rusha der Genießer, und die Urnatur das zu-Genießende; denn in ihr befindlich genießt jener. Die aus der Urnatur stammende Nahrung also wird, durch die Umwandlung in die Verschieden-heiten der drei Gunas, zu dem vom Mahad bis zu den Vaseshas [den die Unterschiede in sich enthaltenden groben Elementen] reichenden Lirigam.1 Damit ist auch schon die Erklärung des vierzehnfachen Weges [von Prakriti durch Mahad, Ahamkara, Manas und die zehn Indriyas] gegeben.
Lust, Schmerz, Verblendung mit Namen,
Nahrungsartig ist diese Welt,
denn des Samens Süßes ist nicht zu schmecken, sagt man, solange keine Erzeugung aus ihm statt hat [nicht die unentwik-kelte Prakriti, nur die aus ihr entwickelte Welt ist Nahrung, ist Objekt]. - Und auch so, nämlich in den drei Zuständen, wird sie zur Nahrung, als Kindheit, Jugend und Alter. Daraus, daß diese Umwandlungen sind, folgt, daß sie Nahrung sind.' Indem 338 die Urmaterie in dieser Weise zum Offenbarwerden gelangt, ist ihre Wahrnehmung möglich. Hierbei betätigen sich Buddhi usw. [Buddhi, Manas, Ahamkara] in dem Schmecken [der Ob¬jekte] als Entschließen, Vorstellen, Ichbewußtsein. Ferner [in bezug auf] die Sinnesobjekte betätigen sich die fünf [Sinne] in dem Schmecken; so entstehen alle Tätigkeiten der Sinne und alle Tätigkeiten der Pranas [denn auch sie sind ein Schmecken der objektiven Welt]. In dieser Weise ist das Offenbare [Mahad usw.] Nahrung, und ist [durch dasselbe] das Unoffenbare Nah¬rung; aber ihr Genießer ist der gunalose [Purusha]; und daran,
1 Das Lirigam, der feine Leib, der im wesentlichen dasselbe ist, was bis-her Bhûtdtman genannt wurde, reicht, genau betrachtet, allerdings nur bis zu den Aviseshas, den keine Unterschiede in sich enthaltenden, auch Tanmdtra genannten, feinen Elementen (Samkhya-Karika v. 38-40) Es ist daher vielleicht, mit Tilgung des Anusvara, mahad-ddi-avisesha-an-tam lirigam zu lesen.
2 Nur in ihren Umwandlungen wird Prakriti zur Nahrung (zum Objekt der Erkenntnis). Solche Umwandlungen derselben sind einerseits Mahad, Ahamkara, Manas usw., andererseits die drei Lebensalter.
426 YAJURVEDA
daß er ihr Genießer ist, erweist sich seine Geistigkeit. Fürwahr, wie das Feuer der Nahrungesser der Götter, und der Soma ihre Nahrung ist (vgl. Brih. 1,4,6), so ißt (lies attz) durch das Feuer [durch den Purusha in ihm] die Nahrung, wer solches weiß. Denn >Soma mit Namen ist der natürliche Atman, Feuer mit Namen ist der, welcher das Unoffenbare als Mund hat., so wird gesagt. Nämlich der Purusha ist es, welcher durch das Unof-fenbare als Mund [der ihm die offenbare Welt vermittelt] das Drei-Guna-hafte genießt.
Wer solches weiß, der ist ein Entsager, Hingebender, Selbstopferer. Und gleichwie einer in einem leeren Haus [wo keine Zeugen sind] die Buhlerinnen, welche zu ihm eingehen, doch nicht anrührt, - wer ebenso die Sinnesobjekte, welche zu ihm eingehen, nicht berührt, der ist ein Entsager, Hingebender, Selbstopferer.
11.-13.
Das Brahman als Nahrung
11. Das, fürwahr, ist die höchste [Erscheinungs-]Form des Brahman, was die Nahrung ist.' Denn aus Nahrung bestehend
339 ist der Prana (das Leben), und wenn einer nicht ißt, >so wird
er zu einem nicht denkenden, nicht hörenden, nicht fühlen¬den, nicht sehenden, nicht redenden, nicht riechenden, nicht schmeckenden und schüttet seine Lebenskräfte aus., so heißt es (Chand. 7,9,1, sehr frei modifiziert, ebenso das Folgen¬de), >aber wenn er dann ißt, so wächst er an Lebenskräften und wird zu einem denkenden, hörenden, fühlenden, reden¬den, schmeckenden, riechenden, sehenden.. Denn so heißt es (Taitt. 2,2):
1 Dieser Satz, und die ganze folgende Ausführung, nach welcher die
Nahrung die Erscheinungsform des ganzen Atman ist, steht in Ein-klang mit manchen Stellen der älteren Upanishaden, aber in hartem Widerspruch zu der vorhergehenden Betrachtung, welche in der Weise der Samkhyas nur die eine, objektive Seite der Natur auf die Nahrung zurückführte und ihr den Purusha als Nahrungesser gegenüberstellte.
MAITRAYANA-UPANISHAD 427
Aus Nahrung geboren sind die Geschöpfe,
Alle, wie sie auf Erden sind,
Durch Nahrung haben sie ihr Leben,
In diese gehn sie ein zuletzt.
12. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, alle diese Geschöpfe fliegen [wie die Vögel] Tag für Tag aus, um die Nah¬rung zu erhaschen; die Sonne nimmt mit ihren Strahlen Nah¬rung auf, dadurch erglüht sie; mit Nahrung beträufelt, verdau¬en hier diese Lebenskräfte; das Feuer selbst flammt auf durch Nahrung, und aus Verlangen nach Nahrung hat das Brahman diese Welt gebildet.( Darum soll man die Nahrung als den At-man verehren. Denn so heißt es (Taitt. 2,2):
Aus Nahrung entstehn die Wesen,
Durch Nahrung wachsen sie weiter,
Wesen durch sich, sich durch Wesen,
Nährt sie, darum heißt Nahrung sie.
13. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, diese Nahrung, die ist die allerhaltende Gestalt des erhabenen Visnu.< Nämlich die Essenz der Nahrung ist [nach Taitt. 2] der Prana, die des Prana das Manas, die des Manas die Erkenntnis, die der Erkenntnis die Wonne; der wird nahrungreich, pranasreich, manasreich, erkenntnisreich und wonnereich, wer solches weiß. Ja, so viele Wesen hienieden die Nahrung essen, in denen allen innerlich weilend, isset die Nahrung, wer solches weiß.
Nahrung ist dem Verfall wehrend,
Nahrung gilt für beschwichtigend,
Nahrung ist für das Tier Leben;
Gilt als ältestes, gilt als Arzt.
428 YAJURVEDA
340 14.
Das Brahman als Zeit
Aber an einem anderen Ort heißt es: >Die Nahrung, fürwahr, ist der Ursprung dieser ganzen Welt, und der Ursprung der Nahrung ist die Zeit, und der der Zeit die Sonne.< Dieser Zeit Sichtbarkeit ist dieses, was, aus der Dauer der Augenblicke usw. erwachsend, das zwölfteilige Jahr ausmacht. Von diesem Jahr ist die eine Hälfte [Juni bis Dezember, wo der Sonnenaufgang sich nach Südosten, der Region des Agni, verschiebt] dem Agni, die andere Hälfte [Dezember bis Juni mit Verschiebung des Sonnenaufgangs nach Nordosten, der Region des Soma] dem Varuna [man erwartet Soma, wie auch nachher steht] geweiht. Auf dem [Süd-] Gang von Magha an bis halb Sravishthah ist es dem Agni, und auf dem Nordgang von Sarpah bis halb Sra-vishthah. [richtiger: von halb Sravishthalt bis Sarpah] ist es dem Soma geweiht. Hierbei besteht jeder einzelne [Monat] von ihm [dem Jahr] aus neun Vierteln [der 27 Nakshatra s], entspre¬chend dem begleitenden1 [Nakshatram]. Wegen der Subtilität
1 Wie der Mond in jeder Nacht des Monats in einem anderen Nakshatram
(Sternbild) steht, so durchläuft, nach der Vorstellung des Verfassers, auch die Sonne im Laufe des Jahres die 27 Nakshatras; nämlich bei ihrem Krama (Weg nach Süden) von Juni bis Dezember (die Namen-formen nach dem abdakalpadruma): 10) magha, 11) pûrvaphalgunî, 12) uttaraphalgunî, 13) hasta, 14) citrd, 15) svatih, 16) visakha, 17) anuradha, 18) jyeshtha, 19) mz2M, 20) purvashadha, 21) uttarashgha, 22) sravana, 23) halb sravishthah (dhanishtha); und bei ihrem Utkrama (Weg nach Norden) von Dezember bis Juni: 23) die andere Hälfte von Sravishthah, 24) satabhisha, 25) pûrvaphadrapadd, 26) uttarabhad-rapada, 27) revatî, 1) aivinî, 2) bharanî, 3) krittika, 4) rohinî, 5) mriga-siras, 6) ardra, 7) punarvarsuh, 8) pushyah, 9) sarpdh (afleshd). Hierbei kommen auf jeden der 12 Monate 27/12 Nakshatras, d. h. neun [Vier-] teile (navaiJakam) derselben. (Auf den Tierkreis und die benach¬barten Sternbilder verteilen sich, nach Whitney und Weber, obige 27 Nakshatras wie folgt: 10.-12. Leo: 13. Corvus; 14. Virgo; 15. Bootes; 16. Libra; 17.-19. Scorpio; 20.-21. Sagittarius; 22. Aquila; 23. Delphi-nus; 24. Aquarius; 25. Pegasus; 26. Pegasus, Andromeda; 27. Pisces; 1.-2. Aries; 3.-4. Taurus; 5.-6. Orion; 7. Gemini; 8. Cancer; 9. Hydra.)
MAITRAYANA-UPANISHAD 429
[der Zeit] ist dieses der Beweis [ihrer Realität]; denn hierdurch
wird die Zeit bewiesen. Denn ohne Beweis ist die Annahme des
zu Beweisenden nicht statthaft. Wohl aber kann das zu Bewei- 341
sende selbst [die Zeit], indem man es in seinen Teilen [Augen
blicken usw.] auffaßt, zum Beweisgrunde werden, wodurch es
sich selbst [auf induktivem Weg] zum Bewußtsein bringt. Denn
so heißt es:
So viele Momente der Zeit sind,
In so vielen verstreicht sie selbst.
Wer die Zeit als das Brahman verehrt, von dem weicht die Zeit [die Vergänglichkeit] sehr weit hinweg. Denn so heißt es:
Die Wesen aus der Zeit fließen,
Aus der Zeit gehn zum Wachstum sie,
Gehn unter in der Zeit; - Zeit ist
Unreale Realität.
15.-16.
Die Zeit und das Zeitlose
15. >Fürwahr, es gibt zwei Formen des Brahman<, (soweit Brih. 2,3,1), die Zeit und die Nichtzeit. Nämlich was vor der Sonne da war, das ist die Nichtzeit, das Nichtteilbare, und was mit der Sonne anfing, das ist die Zeit, ist das Teilbare. Die Er-scheinungsform des Teilbaren aber ist das Jahr, und aus dem Jahr weiter entspringen diese Wesen, durch das Jahr auch, nachdem sie hier entsprungen, wachsen sie auf, und in dem Jahr gehen sie wieder zugrunde (nachgebildet nach Taitt. 3,1); darum, fürwahr, ist das Jahr der Prajapati, die Zeit, die Nah-rung, das Nest (die Wohnstätte) des Brahman und der Atman. Denn so heißt es:
Die Zeit macht reifen die Wesen
Im großen Atman allesamt;
Worin aber die Zeit selbst reift,
Wer den weiß, der ist vedafest.
430 YAJURVEDA
16. Die körperlich gewordene Zeit und der Ozean der Ge-schöpfe [aus dem sie entspringen] ist jener in ihr weilende, der da heißet Savitar (Zeuger), weil aus ihm diese Wesenhei¬ten, Mond, Sternbilder, Planeten, Jahr usw., gezeugt werden
342 (sûyante); aus diesen aber wiederum diese ganze Welt, und alles was hier Schönes und Unschönes in der Welt zu schauen ist, das stammt aus ihnen. Darum ist die Sonne das Selbst (der Leib, atman) des Brahman, und die Sonne, die da auch Zeit heißt, soll man verehren; ja, einige sagen: )Die Sonne ist das Brahman( (Chand. 3,19). Darum heißt es auch:
Opfrer, Gottheit, Opfertrank, Spruch,
Opfer, Visnu, Prajapati,
All dies ist der Herr, der schauend Dort in der Sonnenscheibe glänzt.
17.
Brahman als das Absolutum
Das Brahman, fürwahr, war diese Welt zu Anfang, der Eine, Unendliche; unendlich nach Osten, unendlich nach Süden, unendlich im Westen, unendlich im Norden, und nach oben und unten, unendlich nach allen Seiten. Für ihn gibt es keine östliche oder sonst eine Himmelsgegend, kein in die Quere, kein unten oder oben. Er ist der unbegreifliche höchste At-man, unausmeßbar, ungeboren, unerforschlich, undenkbar ist er, dessen Selbst die Unendlichkeit ist( (Chand. 3,14,2). Er ist es, der, wenn das Weltall untergeht, allein wach bleibt; und er ist es, der dann [wieder] aus diesem Weltraum das Reingeistige aufweckt; durch ihn allein hat es sein Denken, und in ihm geht es wiederum unter. Das ist seine glanzvolle Erscheinungsform, was dort in der Sonne glüht, und das Licht, welches in dem rauchlosen Feuer (Kath. 4,13) in bunten Farben spielt, und er ist in dem Leib befindlich als das Feuer, welches die Nahrung verdaut. Denn so heißt es (vgl. Chand. 3,13,7): )Der da im Feuer weilt, und der im Herzen weilt, und der in der Sonne weilt, die
MAITRAYANA-UPANISHAD 431
sind nur er, der Eine allein.: - Der gelangt zur Einheit mit dem Einen, wer solches weiß.
6,18-30: Der Yoga und seine Frucht. Eingang des Brihadratha zur Vollendung
Den Schluß der Belehrungen, welche gakayanya dem Brihadratha erteilt, bildet naturgemäß die praktische Philosophie, worunter, dem Geist der Upanishadlehre entsprechend, nicht irgendwelche Ethik, sondern nur der Weg verstanden werden kann, welcher zum 343 höchsten Ziel führt. Dieses Ziel ist Erkenntnis des Atman und, auf Grund derselben, Einswerdung mit dem Atman. Bei der Erkenntnis steht der Atman dem erkennenden Subjekt immer noch als ein Ande-res, Objektives gegenüber. Erst indem diese Zweiheit schwindet, wird der vijndnamaya dtman zum dnandamaya (Taitt. 2), und es tritt ein Zustand ein, welcher im Gegensatz zu dem des Wachens, Träumens, Tiefschlafes von unserer Upanishad (in Übereinstimmung mit Man-dûkya-Up. 7) der vierte (surya, turîya) genannt wird. Die Möglichkeit dieses Zustandes, ja die Berechtigung desselben ist nach Analogien des Christentums und des Neuplatonismus nicht zu bezweifeln. - Be¬denklicher (weil künstlich, und weil alles Künstliche als solches schon gewissermaßen unecht ist) ist die in Indien aus den Upanishadge-danken von der überintellektuellen Einswerdung mit dem Atman hervorgegangene, Yoga (»Arschirrung, Ins-Werk-setzung«) genannte Praxis, diesen überintellektuellen Zustand durch Zurückziehung der Organe von der Außenwelt, Anhalten des Atmens usw. künstlich her¬beizuführen. Da eine ganze Reihe späterer Upanishaden die Verherr¬lichung des Yoga bezweckt, auch ein eigenes philosophisches System ihm gewidmet ist, so fehlt es nicht an Mitteln, diese absonderliche Erscheinung der indischen Kultur zu studieren, und man wird wohl¬tun, sie in ihrem ganzen Zusammenhang kennenzulernen, ehe man zu ihrer Beurteilung schreitet. Was unsere Upanishad darüber bietet, ist nächst Kath. 6,6-13 und gvet. 2,8-15 vielleicht das älteste Vor¬handene und noch ziemlich unentwickelt und unabgeklärt. Statt der acht »Glieder« des Yoga, welche das System kennt (Yogasûtra 2,29), werden, mit Auslassung der drei vorbereitenden und unter Hinzu
432 YAJURV EDA
fügung von tarka, folgende sechs aufgezählt: pranayama, Regelung des Atmens, pratyahara, Zurückziehung der Organe von den Sinnen-dingen, dhyanam, Meditation, dharana, Fixierung des Denkens, tarka, Kontrollierung dieses Fixierens, samadhi, Versenkung. Auf diesem Wege gelangt man zur Freiheit nicht nur von der Außenwelt, sondern auch von dem eigenen (individuellen) Selbst, was mit einem neuen kühnen Ausdrucke niratmakatvam genannt wird, — gelangt man von dem sabdabrahman, (der Silbe om, im weiteren Sinne dem ganzen Veda) zum asabdabrahman, welches nicht mehr erkennbar, aber, nach einigen, im Ohrensausen oder in der Körperwärme unmittelbar wahr-nehmbar ist. Diese afabdabrahman ist Brahman, ist Visnu und ist Ru-dra, und der Weg zu ihm durch die hier zuerst genannte sushumnd, durch Durchdringung des Herzensäthers, durch Ablösung der Taitt. 2 aufgezählten Schichten, wird in phantastischer, wenig zusammenstim-mender Weise beschrieben.
Am Ende des Gespräches folgen die üblichen Ermahnungen, die¬se Lehre keinem Unwürdigen mitzuteilen und eine Schilderung des Erlösten und seiner Freiheit gegenüber der Unfreiheit der anderen. Nach einer dunklen Polemik, betreffend, wie es scheint, die vom Sam-khyastandpunkt aus unentschieden bleibende Frage, ob eigentlich die Prakriti oder der Pururha erlöst werde, endet mit 6,30 die Erzählung von Brihadratha mit der Beschreibung seines Einganges zur Vollen-dung.
344 18. Folgendes ist die Ordnung zur Bewerkstelligung der
selben [der Einheit] : Anhalten des Atems, Zurückziehung der Sinnesorgane, Meditation, Fixierung des Denkens, Kontrollie- rung derselben und Versenkung; dieses wird der sechsglied¬rige Yoga genannt. Hierdurch geschieht es, daß (bis auf den Schluß Mund. 3,1,3):
Wenn ihn der Seher schaut, wie Goldschmuck strahlend,
Den Schöpfer, Herrn und Geist, die Brahmanwiege,
Dann gibt der Weise Gutes auf und Böses,
Einsmachend alles in dem Ew'gen, Höchsten.
MAITRAYANA-UPANISHAD 433
Denn so heißt es:
Wie, wenn in Flammen ein Berg steht,
Wild und Vögel weg von ihm fliehn,
So fliehen allezeit Sünden
Weg von dem, welcher Brahman kennt.
19. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, wenn der Wissende, nach außen zu das Manas zurückhaltend und die Sinnendinge als Prana in sich zur Ruhe bringend, ohne Vor-stellen infolgedessen besteht, dann soll er, weil doch die Prana genannte individuelle Seele hier entstanden ist aus dem, was nicht Prana ist, darum als Prana den Prana in dem, was turyam (das Vierte) genannt wird (Mandûkya-Up 7f.), niederhalten.« Denn so heißt es:
Was unbewußt im Bewußtsein
Weilt, undenkbar, geheimnisvoll,
Darin Bewußtsein eintauche
Und das Liingam, des Grunds beraubt.'
20. Und an einem anderen Orte heißt es: >Noch eine hö-here Fixierung (dhdrana) besteht darin, daß man, indem man die Zungenspitze gegen den Gaumen preßt und Rede, Manas und Atem unterdrückt, das Brahman mittels der Kontrollie-rung (tarka, dieser Übung) schaut.« Wer so durch sein Selbst 345 das Selbst, feiner als das Feine erglänzend, unter Schwinden des Manas, sieht, der, indem er durch sein Selbst das Selbst gesehen, wird selbstlos (niratman), und vermöge der Selbst¬losigkeit ist er als unmeßbar und grundlos zu denken. - Die
1 Das lirigam nirairayam ist »der von der Außenwelt abgewandte psy-chische Organismus«; diese Erklärung ergibt sich aus Samkhyakarika 41: »wie ein Gemälde nicht ohne Hintergrund, wie ein Schatten nicht ohne Baumstämme oder andere Körper, so besteht auch nicht ohne die feinen Elemente (avidesha, oder die groben Elemente, vilesha) der des Grundes beraubte feine Leib (niradayam lirgam). — Schon öfter begegneten wir, wie hier wieder, wörtlichen Übereinstimmungen mit der Samkhyakarika.
434 YAJURVEDA
ses ist das, Erlösung bedeutende, höchste Geheimnis. Denn so heißt es:
Durch Lautermachung des Denkens
Tilgt gutes er und böses Werk.
Mit lauterm Selbst im Selbst weilend,
Wird er teilhaftig ewiger Lust.
21. Und an einem anderen Ort heißt es: >Eine Ader steigt empor, die heißt Sushumna, die Geleiterin des Prana; zwischen den Gaumenseiten abgesondert [in der uvula? vgl. Taitt. 1,6, oben S. 219]; auf dieser, die vereinigt ist mit dem Prana, dem Laut Om und dem Manas, steige er empor, und indem er zum Gaumen hin die [Zungen-] Spitze kehrt und die Sinnesorga¬ne zur Einheit zusammenfaßt (samyojya), schaut er als Größe die Größe (vgl. Chand. 7,24,1)<; dadurch gelangt er zur Ent-selbstigung (niratmakatvam), und wegen der Entselbstigung ist er dann nicht teilhaft der Lust oder des Schmerzes, sondern er erlangt die Absolutheit (kevalatvam). Denn so heißt es:
Dann aber, vorher stillstehend
Des eingehaltnen Odems Wind,
Durchbricht die Schranke, wird eins er
Am Haupt mit dem, was schrankenlos.
22. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, zwei Brahmans sind zu überdenken, das Wort und das Nichtwort; und eben durch das Wort wird das Wortlose offenbar gemacht.< Hier bedeutet das Wort den Laut Om; durch diesen empor-gestiegen [vgl. Prasna 5], gelangt man in dem Nichtwort zur Vernichtung. Denn weiter heißt es: >Dieses ist der Weg, ist das Unsterbliche, ist die Vereinigung und so Seligkeit.< Nämlich gleichwie eine Spinne am Faden emporklimmend [aus dem Verließ, in welches sie hinabgestiegen, wieder] ins Freie ge¬langt, so, fürwahr, gelangt der Meditierende, durch den Laut Om emporsteigend, zur Freiheit,
346 In anderer Weise glauben vorzügliche Lehrer des Wortbrah
MAITRAYANA-UPANISHAD 435
man, wenn sie das Ohr mit dem Daumen schließen (Chand. 3,13,8, vgl. Brih. 5,9), das Geräusch des Äthers, der im Herzen ist (Chand. 8,1,1), zu vernehmen. Siebenfach ist dessen Ähn¬lichkeit, nämlich mit Strömen, mit einem Glöcklein, mit einem Blechtopf, einem Rad, mit Froschgequake [bheka-vihikrindhi-ka, wohl korrumpiert], mit Regen, mit dem Reden in einem geschlossenen Raum. Dieses, individuelle Bestimmungen (zu prithag vgl. Chand. 5,18,1) an sich tragende, [Wort-Brahman] überschreitend, gehen sie in dem höchsten, wortlosen, unoffen-baren Brahman unter; daselbst sind sie ohne individuelle Ei¬genschaften, ohne individuelle Unterschiede gleichwie die zum Honigseim eingegangenen mannigfachen Blumensäfte (Chand. 6,9,1). Denn so heißt es (Mahabh. 12, 8540; cf. Brahmavindu 17. Sarvadarsanasamgraha p. 147,2):
Zwei Brahmans muß der Mensch kennen,
Das Wortbrahman und das zuhöchst;
Wer bewandert im Wortbrahman,
Erreicht das höchste Brahman auch.
23. Und an einem anderen Ort heißt es: >Das Wort (-brah-man) ist die Silbe Om; aber die Spitze desselben ist dasjenige, welches beruhigt, wortlos, furchtlos, kummerlos, Wonne, ge-sättigt, fest, unbeweglich, unsterblich, unerschütterlich, stetig, den Namen Vzsnu trägt und zur Erhabenheit über alles führt; darum soll man diese beiden verehren!( Denn so heißt es:
Der höh're Gott und der nied're,
Der da Om-Laut mit Namen heißt,
Der wortlose, wesensleere,
Den meditiert am höchsten Ort.
24. Und an einem anderen Ort heißt es (vgl. Mund. 2,2, 3-4): >Der Leib ist der Bogen, die Silbe Om der Pfeil, das Ma¬nas seine Spitze, die Finsternis [des Nichtwissens] das Ziel; in¬dem man die Finsternis durchbohrt, gelangt man zu dem nicht mit Finsternis Behafteten (vgl. Chand. 8,4,1 sakridvibhatam
436 YAJURVEDA
und Kath. 5,15); und wer so das mit ihr Behaftete durchbohrt
347 hat, der hat geschaut, einem schimmernden Funkenkreis' ver
gleichbar, das sonnenfarbige; krafterfüllte, finsternisjenseitige (Vaj. Sarah. 31,18; tamasah paryam scheint Acc. zu sein von ta-masah pari, ß.igv. 1,50,10) Brahman, welches (nach Kath. 5,15) in jener Sonne, sowie im Mond, im Feuer, im Blitz erglänzt; und indem er Ihn (masc.) geschaut hat, geht er (Vaj. Samh.1. c.) zur Unsterblichkeit ein.( Denn so heißt es:
1 Das einheitliche, aber als eine Vielheit von Wesen erscheinende Brahman wird trefflich verglichen mit dem im Kreis geschwungenen Funken (alatacakram), welcher nur scheinbar eine Vielheit von Tei¬len nebeneinander besitzt, in Wahrheit aber nur einer bleibt. Weiter ausgeführt findet sich dieses Bild in Gaudapadas Mandûkya-karika 4,47-52:
47. Wie Funkenschwingung den Schein gibt
Grader und krummer Linien,
So den Schein Bewußtseinsschwingung Von Auffassen und Auffasser.
48. Wie ungeschwungen der Funke
Nicht erscheint, nicht entsteht (als Kreis),
So Bewußtsein, ungeschwungen,
Erscheint nicht und entsteht auch nicht.
49. Schwingt der Funke, so kommt der Schein
Nicht von außen her irgendwie,
Nicht von anderem als dem Schwingen, Nicht ist Zuwachs dem Funken er;
50. Auch nicht entflieht er dem Funken, Weil er nicht hat ein Wirklichsein. - Ebenso ist's beim Erkennen,
Denn auch dieses ist bloßer Schein:
51. Schwingt Erkenntnis, so kommt der Schein
Nicht von außen her irgendwie,
Nicht von anderem als dem Schwingen,
Nicht ist Bewußtseinszuwachs er.
52. Nicht entflieht er dem Bewußtsein,
Weil er nicht hat ein Wirklichsein;
Weil Verursachtsein unwirklich,
Ist als wirklich undenkbar er.
MAITRAYANA-UPANISHAD 437
Vertiefung, innerm Sein geltend,
Greift doch nach Außenzielen auch;
So wird objektlos Bewußtsein
Objekthaft wiederum gemacht.
Doch die Lust, die beim Hinschmilzen
Des Geist's sich selbst zum Zeugen nur
Besitzt; ist Brahman, rein, ewig,
Der wahre Weg, die wahre Welt.
25. Und an einem anderen Ort heißt es: )Wenn einer, die 348 Sinne wie im Schlaf niedergehalten, durch reinheitlichstes Denken, gleichwie in einem Traum, in der Höhle der Sinnesor¬gane und doch nicht unter ihrer Botmäßigkeit, jenen, Pranava (Om) genannten, lichtgestaltigen, schlummerlosen, alterlosen, todlosen, kummerlosen Lenker erschaut, dann wird er selbst zu jenem, Pranava genannten, lichtgestaltigen, schlummerlo¬sen, alterlosen, todlosen, kummerlosen Lenker< [dem Gedan¬ken nach = Mund. 3,2,9]; denn so heißt es [als Begründung des Vorhergehenden wenig passend]:
Weil er so Leben und Om-Laut
Und alle Mannigfaltigkeit
Bindet, oder sie sich binden,
Wird Yoga (Bindung) es genannt.
Denn des Lebens und Geistes Einheit
Und aller Sinnwerkzeuge auch,
Und alles Seins Verabschiedung,
Die ist es, die man Yoga nennt.
26. Und an einem anderen Ort heißt es: )Gleichwie der Vo-gelsteller [der zugleich Fischer ist] die Wasserbewohner mit seinem Netzwerke herauszieht und sie in dem Feuer seines Bauches opfert, ebenso, fürwahr, zieht man diese Pranas [Le-benshauche] mit dem Laute Om heraus und opfert sie in dem leidlosen Feuer [des Brahman, Atman]<; dieses [Feuer] nun weiter ist wie ein heißes [mit geschmolzener Butter gefülltes]
438 YAJURVEDA
Tongefäß, und gleichwie die Butter in dem heißen Tongefäß durch die Berührung mit [brennendem] Gras oder Holz auf-flammt, also auch flammt jener Nicht-Prana Genannte durch die Berührung mit den Pranas auf, und was dabei aufflammt, das ist die Erscheinungsform des Brahman, das ist >der höchste Schritt des Visnu< (vgl. Kath. 3,9), das ist das Rudrasein des Rudra; und dieses, indem es sodann unzähligfach sein Selbst zerteilt (vgl. Chand. 7,26,2), erfüllt diese Welten. Denn so heißt es (vgl. Brih. 2,1,20. Mund. 2,1,1):
Und gleichwie aus dem Feuer sprühn die Funken,
Wie Strahlen aus der Sonne, so bei ihm hier
Gehn wiederum die Lebenshauche alle
Hervor aus jenem nach der Reihenfolge.
349 27. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, das ist die
Glut des höchsten, unsterblichen, körperlosen Brahman, was in dem Körper die Hitze ist (dem Sinne nach Chand. 3,13,8); ihr dient dieser [Körper] als Schmelzbutter [die jene Hitze zum Aufflammen bringt und dadurch sichtbar macht]; und wenn sie dann offenbar wird, so bleibt sie dennoch in dem Äther [des Herzens] eingehüllt; darum stoßen sie durch die völlige Konzentration den Herzensäther so beiseite, und indem dann gleichsam das Licht jener [Hitze, die Brahman ist] hervortritt, so geht einer infolgedessen alsbald in ihre Wesenheit ein, ähn¬lich wie ein in die Erde vergrabenes Stück Eisen alsbald zu dem Erdesein eingeht; und wie jenes in Erde umgewandelte Stück Eisen vom Feuer, Eisenschmied und ähnlichen Einwir¬kungen nicht mehr leidet, so wird ähnlich auch das [individu¬elle] Bewußtsein mitsamt seinem Substrat alsdann zu nichts.< Denn so heißt es:
Die Ätherhülle im Herzen
Ist Wonne, ist der höchste Sitz,
Ist unser Selbst, unser Yoga,
Ist Feuers und der Sonne Glut.
MAITRAYANA-UPANISHAD 439
28. Und an einem anderen Ort heißt es: 'Wer die Elemente [aus denen sein Leib besteht], die Sinnesorgane und die Sin-nendinge dahintenlassend, den Bogen ergreift, dessen Sehne Pilgerschaft, und dessen Bügel Charakterstärke heißt, und, in-dem er mit dem Pfeile Eigendünkellosigkeit jenen ursprüngli-chen Versperrer der Pforte zu Brahman [den Ahamkara] nie-derschlägt, - auf dem Haupt trägt er [der Ahamkara] die Krone der Verblendung, in den Ohren die Ringe der Begierde und des Neides, in der Hand den Stab der Schlaffheit, Trunken¬heit und Arglistigkeit, er ist des Eigendünkels Oberherr, und indem er den Bogen ergreift, dessen Sehne Zorn, und dessen Bügel Habgier heißt, pflegt er mit dem Pfeil Verlangen seine Mitgeschöpfe zu morden, - wer diesen niederschlägt und so-dann auf dem Schiffe Om überfährt über den Äther im Herzen, der wird in dem ihm offenbar gewordenen inneren Äther nach und nach, wie der Minerale suchende Bergmann in der Grube vordringt, also bis zu der Halle des Brahman vordringen, die uns den vier Netzen [dem nahrungartigen, odemartigen, ma
nasartigen, erkenntnisartigen, Taitt. 2] bestehende Hülle des 350
Brahman durchbrechen, mittels Belehrung durch einen Lehrer, und sodann, rein, geläutert, ledig, beruhigt, pranalos, atman-los, unendlich, unvergänglich, fest, ewig, ungeboren und frei auf seine eigene Größe gegründet stehen (Chand. 7,24,1), und indem er sich auf seine eigene Größe gegründet sieht, blickt er gleichwie auf ein dahinrollendes Rad (vgl. Kaush. 1,4, oben S. 26) auf das Rad des Samsara hin.< Denn so heißt es:
Wer sieh sechs Mond lang anstrengt,
Von Weltlichkeit stets frei, dem wird
Unendlich, allerhöchst, geheim,
Vollkommne Yogakraft zuteil.
Doch wer, von Rajas und Tamas
Erfüllt, selbst wohl erleuchtet sonst,
An Kinder, Weiber und Sippschaft
Sich hängt, dem wird sie nie zuteil.«
440 YAJURVEDA
29. Nachdem Sakayanya also gesprochen und, in sich versun-ken, jenem [Brahman] Verehrung dargebracht hatte, sprach er: »Durch dieses Brahmanwissen, o König, haben den Weg zum Brahman die Söhne des Prajapati [die Valakhilyas, nach dem Scholiasten] erstiegen; denn volles Genügen, Abhärtung gegen die Gegensätze [wie Kälte und Wärme, Vedantasara 21] und Beruhigung des Gemütes erlangt man durch Übung des Yoga«, sprach er.
»Dieses Allergeheimnisvollste«, fuhr er fort, »soll man kei-nem kund machen, der nicht Sohn oder Schüler, und der noch nicht beruhigt ist. Wer aber keinem anderen [als dem Lehrer] anhängt und mit allen Tugenden geschmückt ist, dem mag man es mitteilen.
30. Om! In einer reinen Gegend (Chand. 8,15) soll man als ein Reiner in der Realität feststehen, das Reale studieren, das Reale reden, das Reale meditieren, dem Realen opfern [in der oben 6,9 geschilderten Weise]. Dadurch wird einer in dem realen Brahman, welches nach dem realen Mann Verlangen trägt, vollendet und ein anderer: sein Lohn ist die Lösung
351 von den Stricken, und ohne zu hoffen, ohne zu fürchten, so
wenig von anderen wie von sich selbst, ohne mehr etwas zu wünschen, erlangt er unvergängliche, unermeßliche Seligkeit und verharrt in ihr. Denn die Freiheit von Wünschen ist wie die vortrefflichste Hebung des trefflichsten Schatzes. Denn [von Natur] ist der Purusha aller Wünsche teilhaftig [anders Schol., Cowell, M. Müller]; und nur sofern er Entschließung, Vorstellung, Selbstwahn [die Eigenschaften von Buddhi, Ma¬nas, Ahamkara] als Liingam [psychischen Leib] annimmt, wird er gebunden, und sofern das Gegenteil eintritt, ist er erlöst: - Zwar lehren einige: es sei der Guna [Sattvam, Rajas, Tamas]; welcher, zufolge der Differenzierung der Prakriti, in die Ge¬bundenheit der Entschließung [usw.] verfalle, denn indem die Schuld der Entschließung [usw.] aufgehoben werde, er¬folge die Erlösung. - [Aber dem ist nicht so!] Denn nur mit dem Verstand (manas) sieht man und mit dem Verstand hört man; Verlangen, Entscheidung, Zweifel, Glaube, Unglaube, Fe
MAITRAYANA-UPANISHAD 441
stigkeit, Unfestigkeit, Scham, Erkenntnis, Furcht, alles dies ist nur Manas< [wie die Schrift Brih. 1,5,3 sagt, woraus folgt, daß das Manas nur karanam, Werkzeug der Bindung, nicht kartri, der Gebundene selbst ist; hingegen wer gebunden wird, das ist als Bhûtatman der Purusha; denn, wie es schon oben, 3,2 S. 323, von ihm hieß:] vom Strom der Gunas fortgerissen und besudelt, wird er haltlos, schwankend, gebrochen, begehrlich, ungesammelt, und in den Wahn [des Ichbewußtseins] verfal-lend wähnt er: ,ich bin dieser, mein ist dieses', und bindet sich selbst durch sich wie ein Vogel durch das Netz.< - Es ist somit der Purusha, welcher, sofern er Entschließung, Vorstellung, Selbst als Lingam annimmt, gebunden wird, und sofern das Gegenteil eintritt, erlöst ist. Darum soll man verharren ohne Entschließung, ohne Vorstellung, ohne Selbstwahn; das ist - Kennzeichen der Erlösung, das ist hienieden der Weg der zu Brahman (vgl. Brih. 4,4,23), die Öffnung der Pforte, und durch sie wird man ans jenseitige Ufer dieser Finsternis gelangen,-denn in ihm sind alle Wünsche beschlossen< (Chand. 8,1,5), und mit Bezug darauf zitieren sie (z.B. Kath. 6,10) Vers:
Erst wenn gelangt zum Stillstande
Mit den fünf Sinnen Manas ist,
Und unbeweglich steht Buddhi,
Das nennen sie den höchsten Gang.«
Also sprach Sakayanya, und in sich selbst versunken [schwieg er]. Ihm zollte Marut [d. h. der König Brihadratha] in gebüh-render Weise die Verehrung, und seines Zweckes teilhaftig geworden, zog er den Nordweg der Sonne, denn dorthin ist kein Zugang auf einem Seitenweg', sondern dorthin führt nur der Brahmanweg [der Devaydna], und nachdem er durch die Sonnenpforte eingedrungen, stieg er weiter [durch die Chand. 5,10,2 genannten Stationen] empor. In bezug darauf zitieren sie die Verse [welche nur eine Ausmalung des Verses Chand.
1 Vgl. das Bekannte: »Nicht gibt es einen anderen Weg zum Geben«, Vaj.
Samh. 31,18 und öfter.
442 YAJURVEDA
8,6,6 = Kath. 6,16 sind]:
Unendlich sind dessen Strahlen,
Der als Fackel im Herzen steht,
Weiß, nicht weiß, schwärzlichgelb, dunkel,
Rotbraun auch und von zartem Rot.
Von ihnen führt empor ein Strahl,
Der durch die Sonnenscheibe dringt,
Höher noch als die Welt Brahmans;
Auf ihm geht man den höchsten Gang.
Noch anderer Strahlen sind hundert,
Die nach oben verbreiten sich,
Auf denen zu den Wohnsitzen
Der Götterscharen man gelangt.
Noch andere Strahlen gehn abwärts,
Mannigfaltig, von mattem Glanz,
Durch die zum Werkgenuß hierher
Wider Willen die Seele eilt.
Darum ist die Ursache für Neugeburt, Himmel und Erlösung der [als jene Fackel im Herzen strahlende] verehrungswürdige Aditya.
353 Nachdem mit dem Schluß der Reden des Sakayanya und der Schil
derung von dem Eingang des Königs Brihadratha zur Vollendung das Thema der Upanishad absolviert ist, so folgen weiterhin von 6,31 bis zu Ende der Upanishad 7,11 Nachträge, die sich durch den neuen Anfang und durch die Art, wie sie das früher Abgehandelte wieder auf¬nehmen, um es fortzuentwickeln und näher auszuführen, deutlich als solche kennzeichnen. Die Themata dieser Nachträge sind folgende:
6,31-32. Der Atman und die Organe.
6,33-38. Das Opfer und das Pranagnihotram.
7,1-7. Aditya als der Atman.
7,8-10. Polemik gegen Häresien.
7,11. Epilog.
MAITRAYANA-UPANISHAD 443
6,81-88: Der Atman und die Organe
Ähnlich wie in der (vielleicht dem Verfasser vorschwebenden) Stel¬le Kena 1, wird der Atman als der geschildert, welcher in Gestalt der Sinne auszieht und ebendieselben zügelt. Aber nicht nur die Sinne, sondern ebenso sehr alle durch dieselben aufgefaßten Objekte sind ihrem Wesen nach Atman, wie durch mehrere Zitate bekräftigt wird.
31. Woraus bestehend wandern diese Sinnesorgane in die Ferne? Wer ist es, der in ihnen auszieht [udganta, nicht udga-mayita] und der sie zügelt? Das ist die Frage. Und die Antwort lautet: aus dem Atman bestehen sie; denn der Atman ist es, der in ihnen auszieht und der sie zügelt. Nämlich da sind die Apsa¬ras [die verführerischen Objekte], und da sind die von der [At-man-] Sonne ausgehenden Lichtwellen; und mit fünf Strahlen derselben [mit den Sinnesorganen] zehrt sie an den Ob jekten. Fragt ihr, welches dieser Atman sei? Nun, es ist der, von welchem es bereits hieß (2,4, oben S: 319), daß er nach seinen Merkma¬len »rein, lauter, entleert, beruhigt« u.s.w. sei, und welcher nur durch die ihm eigentümlichen Kennzeichen, aufgefaßt werden kann. Und als sein, des Kennzeichenlosen, Kennzeichen geben die einen an, daß er sei, was dem Feuer die durch [die Körper] ziehende Hitze (vgl. oben 6,27, S. 349), und was an dem Wasser der lieblichste [d. h. reinste] Geschmack ist, und andere geben als sein Kennzeichen Rede, Ohr, Auge, Manas und Prana an [der Scholiast verweist auf die Stelle: »des Hörens Hören« usw. Kena 22 Brih. 4,4,18], und wieder andere: Vernunft, Beharrlichkeit, Erinnerung, Bewußtsein (vgl. Ait. 3,2, oben S. 20). Aber diese 354 alle verhalten sich zu ihm wie hier zu dem Samen die Pflanze, oder wie zu dem Feuer der Rauch, die Flamme und die Funken. Hierzu zitieren sie die Stelle (6,26, oben S. 348):
Und gleichwie aus dem Feuer sprühn die Funken,
Wie Strahlen aus der Sonne, so bei ihm hier
Gehn wiederum die Lebenshauche alle
Hervor aus jenem nach der Reihenfolge.
444 YAJURVEDA
32. Fürwahr, aus eben diesem gehen in ihm selbst [wenn nicht &manas zu lesen ist] hervor »alle Lebenshauche, alle Welten, alle Veden, alle Götter und alle Wesen; seine Upanishad (Ge-heimname) ist: die Realität der Realität« (Brih, 2,1,20). Und »gleichwie, wenn man ein Feuer mit feuchtem Holz anlegt, die Rauchwolken sich rings verbreiten, ebenso, fürwahr, ist aus diesem großen Wesen ausgehaucht worden der Rigveda, der Yajurveda, der Samaveda, die [Lieder] der Atharvans und der Angiras, die Erzählungen, die Geschichten, die Wissenschaf¬ten, die Geheimlehren, die Verse, die Sinnsprüche, die Aus-einandersetzungen und Erklärungen, - alle diese sind aus ihm ausgehaucht [visva bhûtani wohl nur alter Lesefehler für visva-sitani] worden« (Brih. 2,4,10).
6,33-38: Das Opfer und das Pranagnihotram
Dieser vielfach dunkle und schwierige Abschnitt bildet den Ab¬schluß des sechsten Prapathaka, indem er die Hauptgedanken dessel¬ben zusammenfaßt und in eigentümlicher Weise miteinander verwebt. Dieser Hauptgedanken waren drei: 1) die Identität von Aditya und Prana als zweier Symbole des Brahman (6,1-8); 2) das Pranagniho-tram (6,9 f.); 3) der Yoga als Aufgebung des individuellen Selbstes im Absolutum. Diese Elemente verschmelzt der Autor unseres Abschnit¬tes, indem er das Opfer (agnicayanam, agnihotram und verschiedene Somaopfer) umdeutet zu einem Opfer an Aditya, von welchem der Opfernde weiter zu Brahman emporgehoben wird. Vermöge der Iden¬tität von Aditya und Prana tritt dabei dem rituellen Opfer an Aditya das Opfer an Prana, bestehend in einer sakramentalen Ernährung des eigenen Leibes, als parallele Erscheinung zur Seite. Beide Opfer aber sind im tiefsten Sinn eine Hingabe und Auflösung des eigenen Selb-stes in dem Atman im Sinne des Yoga. Wir wollen versuchen, diese mitunter etwas wirr durcheinanderlaufenden Gedankenströmungen so weit wie möglich durch spezielle Inhaltsangabe der einzelnen Ab¬schnitte zu sondern.
MA IT RAYA NA-UPANISHAD 445
33. 355
Die drei Opferfeuer (Gdrhapatya, Daksincî, Ahavanîya) werden von dem, »welcher den Purusha kennt«, angeschaut als die drei Weltgebie¬te und die in ihnen herrschenden Kräfte: Erde (Jahr), Luftraum (Vayu, Prana), Himmel (Indra, Aditya). Wer mit dieser Anschauung das Opfer veranstaltet, der wird (ähnlich wie Prasna 5 der, welcher den Laut Om meditiert) empor zu Luftraum, Himmel, Prajapati und schließlich zu Brahman geführt.
Dieses [erste] mit fünf Backsteinen geschichtete Feuer ist das Jahr, und seine Backsteine sind diese: der Frühling, der Som¬mer, die Regenzeit, der Herbst und der Winter; so hat dassel¬be einen Kopf, zwei Flügel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist diese [Erde] hier, und als die erste Schichtung zu Prajapati hin hebt sie den Op¬ferherrn mit ihren Händen empor in den Luftraum und bietet ihn dem Wind dar.
Der Wind aber ist der Prana; und dieses [zweite] Feuer ist der Prana, und seine Backsteine sind diese: Prana, Vyana, Apa-na, Samana und Udana; so hat dasselbe einen Kopf, zwei Flü-gel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist dieser Luftraum hier, und als die zweite Schichtung zu Prajapati hin hebt er den Opferherrn mit seinen Händen empor in den Himmel und bietet ihn dem Indra dar.
Der Indra aber ist jener Aditya; und er ist dieses [dritte] Feuer, und seine Backsteine sind diese: die Rics, die Yajus, die Samans, die Atharvangiras, das Itihasa-Puranam [die epischen und mythologischen Gedichte]; so hat dasselbe einen Kopf, zwei Flügel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist dieser Himmel hier, als die drit¬te Schichtung zu Prajapati hin vollbringt er die Überweisung des Opferherrn an den Atmanwisser (Prajapati), und der At-manwisser hebt ihn empor und bietet ihn Brahman dar; da¬selbst wird er wonnevoll und freudevoll.
446 YAJURVEDA
34.
Die als Erde, Luftraum und Himmel aufgefaßten drei Opferfeu¬er sind nur das offenbar gemachte Verdauungsfeuer (in dem das
356 Prd z4 nihotram dargebracht wird), und dem entsprechend ist Savi
tar, dem die äußern Opfer gelten, identisch mit dem meditierenden Subjekte in uns, in welchem Manas und alle Organe sich auflösen, wodurch unaussprechliche Seligkeit erlangt wird. Darum ist der äuße¬re Opferkultus beizubehalten.
Der Garhapatya ist die Erde, der DaksiOgni der Luftraum, der Ahavanîya der Himmel; und darum auch heißen sie' Pa-vamana (läuternd), Pavaka (Läuterer) und Suci (rein), weil da¬durch [daß man in ihnen opfert] des [Opfernden] Opfer [das er als Pranagnihotram innerlich, in seinem Leib darbringt, oben 6,9] zur Offenbarung kommt; denn das Verdauungsfeuer [in welchem das Pranagnihotram geopfert wird] ist ein Komplex von Pavamana, Pavaka und Sucz2 - Darum ist das Opferfeuer zu verehren, zu schichten, zu preisen, zu überdenken3. Der Opfer¬herr ergreift die Opferspeise und sucht [mit folgendem Verse] die Gottheit zu überdenken:
1 Die Feuer der Erde, des Luftraums und des Himmels; vgl. Kûrmapura
na 12 (im Sabdakalpadruma):
Pavamana und Pavaka
Und Suci sind der Feuer drei:
Pavamana ist, was man quirk,
Pavaka, was dem Blitz entspringt,
Was aber dort strahlt als Sonne,
Das Feuer Suci wird genannt.
2 Warum? wird nicht gesagt. Vielleicht argumentierte der Autor so: die drei bekanntlich (Ind. Stud. X, 328) dem Agni als pavamzîna, pavaka und Suci im Verfolge des Agnyadhanam dargebrachten Spenden hei-ßen die drei »Leibspenden« (tanûhavis). Als solche bedeuten sie ur-sprünglich die im Verdauungsfeuer des eigenen Leibes dargebrach¬ten Spenden, und die drei Spenden in den äußeren Feuern sind nur das offenbar gemachte (avislzkritam) Pranagnihotram.
3 Alles Folgende, bis zur Wiederholung dieser Worte am Schluß des Ab-schnittes, ist eine, vielleicht von späterer Hand eingeschobene Episo
de.
MAITRAYANA-UPANISHAD 447
Der Vogel, welcher goldfarbig
Im Herzen, in der Sonne wohnt,
Taucher und Wandrer, glutregnend,
Ihn hier im Feuer ehren wir.
Und in dieser Weise legt er sich auch den Sinn des Spruches
[der Savitrî, Rigv. 3,62,10] aus: »des Savitar liebwerter Glanz«
ist zu überdenken, nämlich desjenigen (Savitar), welcher, im
Inneren des Bewußtseins als der Denkende hier weilend, das 357
Manas in dem zur Stätte der Ruhe eilenden Atman versenkt.
- Darüber sind diese Verse:
Gleichwie das Feuer brennholzlos,
Zur Ruhe kommt an seinem Ort,
So kommt, betätigungslos, auch
Der Geist an seinem Ort zur Ruh,
Sobald an seinem Ort Manas
Zur Ruhe kommt, weil wahr sein Wunsch;
Doch wenn die Dinge es blenden,
Ist unwahr er, werkuntertan.
Gesinnung ist der Samsara,
Sie soll man reinigen mit Fleiß;
Wie du gesinnt bist, so bist du, —
Ein Rätsel und doch ewig wahr!
Der Gesinnung zur-Ruh-Kommen
Hebt gutes Werk und böses auf,
Wer, ruhig selbst, im Selbst feststeht,
Erlangt Glück, unvergängliches.
Wenn der Geist nur so anhänglich,
Wie er an Sinnendinge ist,
Ebenso wäre an Brahman,
Wer würde nicht von Bindung, frei!
Das Manas, sagt man, ist zweifach,
Entweder unrein oder rein,
Wenn wunschbesudelt, ist's unrein,
Rein, wenn es frei von Wünschen ist.
448 YAJURVEDA
Wer von Zerstreuung, Anhaftung
Sein Manas frei macht, regungslos,
Und so zur Manaslosigkeit
Gelangt, der geht zum Höchsten ein.
So lange hemme dein Manas,
Bis im Herzen es wird zunicht;
Das ist Wissen, ist Erlösung,
Das andere ist gelehrter Kram.'
358 Wer, durch Nachsinnen reingewaschnen Geistes, sich
Versenkt im Altman, was für Seligkeit der fühlt,
Das auszudrücken sind imstande Worte nicht,
Das muß im innern Herzen man erfahren selbst.
Wasser im Wasser, Glut in Glut,
Raum im Raum nicht mehr sichtbar ist;
So auch tritt, mit dem Eingange
Des Manas die Erlösung ein. Das Manas also ist Ursach
Der Bindung und Erlösung uns:
Der Bindung, am Objekt hängend;
Von ihm Freiheit Erlösung heißt.2
Darum, wer nicht das Agnihotram darbringt, nicht die Feu¬er schichtet, nicht wissend, nicht meditierend ist, dem ist die Erinnerung an den Äther der Stätte des Brahman verschlossen. - Darum ist das Opferfeuer zu verehren, zu schichten, zu prei¬sen, zu überdenken.
35.
Zunächst werden die Yajamana-Sprüche aus Taitt. Sarah. 7,5,24 an Agni, Vayu, Aditya auf den neuen Yajamana, wie er oben (33) ge¬schildert wurde, bezogen und dem entsprechend durch einen vierten Spruch an Brahman vermehrt. Sodann wird weiter, im Anschluß an
1 Die letzten zwölf Zeilen kehren ähnlich wieder Brahmabindu-Up. Vers 1.4.5.
2 Brahmabindu-Up. Vers 2.
MAITRAYANA-UPANISHAD 449
die etwas modifizierte Stelle Îsa 15-16 (= Brih. 5,15), der Gedanke durchgeführt, daß nicht die Sonne als solche, nicht der in ihr befind¬liche Sonnennektar, auch nicht der in ihr glühende Opferspruch (vgl. zu diesen Vorstellungen Chand. 3,1 f.) das eigentliche Objekt der Ver¬ehrung sei; sie sind »nur ein Teil der den Weltraum durchdringenden Kraft« (nabhaso 'ntargatasya tejaso niamatram), während diese selbst als Satyadharma »wahrhafter Satzung« und Vîsnu »alldurchdringend« gepriesen wird. In dieser Kraft löst sich der Opferbringer, nach einem aus Brih. 2,4,12 (vgl. Chand. 6,13) entlehnten Bild, wie der Salzklum¬pen im Wasser auf. Die zum Schluß angehängten Zeilen in rhythmi¬scher Prosa stellen, wie es scheint, den zur Einheit Gelangten und die noch in der Zweiheit Befangenen einander gegenüber.
Verehrung dem Agni, dem Erdbeherrscher, dem Weltgewäh
rer (lokasprite mit Vaj. Sarah. 7,5,24); verleihe diesem Opfer
herrn deine Welt!
Verehrung dem Vayu, dem Luftraumbeherrscher, dem Welt- 389
gewährer; verleihe diesem Opferherrn deine Welt!
Verehrung dem Aditya, dem Himmelsbeherrscher, dem
Weltgewährer; verleihe diesem Opferherrn deine Welt!
Verehrung dem Brahman, dem Allbeherrscher, dem Allge
währer; verleihe diesem Opferherrn das All!
»Mit einer Schale von Golde
Ist zugedeckt der Wahrheit Mund,
Die öffne, Pûshan, mir, laß mich
Zu Satyadharma, Visnu ein.
Ja, der Purusha, der dort in der Sonne weilt, der bin ich!« (Îsa 15-16 = Brih. 5,15). Fürwahr, das ist Satyadharma, was an der Sonne das Sonnensein (das eigentliche Wesen) ist; das ist das Reine, ist das Purushawesen, das geschlechtlose [daher purusham statt purushah].
Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was dort gleichsam mitten in der Sonne und im Auge und im Feuer glüht; sie aber [jene Kraft] ist Brahman, ist das Unsterbli-che, ist der Glanz [des Savitar, Rigv. 3,62,10], ist Satyadharma.
450 YAJURVEDA
Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was mitten in der Sonne der Nektar ist [welcher aus den Veden in ihr zusammenfließt, Chand. 3,1-11]; sie aber [die Kraft], von der auch der Soma und selbst die Lebenshauche bloße Spröß-linge sind, ist Brahman, ist das Unsterbliche, ist der Glanz, ist Satyadharma.
Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist, was mitten in der Sonne als das Yajus [der höchste Veda, da zu ihm unsere Upanishad sich rechnet] erglänzt; [sie aber, die Kraft, ist] Om! Wasser, Licht, Essenz, Unsterbliches', Brahman, Bhûr, Bhuvah, Svar, Om!
Achtgegendhaft, Zugvogel, rein,
Dreisträhnig, ewig, unsichtbar,
Nicht gut noch böse, glutflammend, —
Ihn schaut nur, wer das Weltall schaut.'
360 Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das,
was mitten in der Sonne emporsteigend zu zwei Strahlen [Sub-jekt und Objekt, als Prototyp der Zweiheit?] wird; sie aber [jene Kraft] ist Einwissend [savit im Gegensatz zu dvai-tavit], Satya-dharma, ist Yajus, ist Tapas, ist Vayu, ist Prana, ist Wasser, ist Mond, ist das Reine, ist das Unsterbliche, ist der Brahmanbe-reich, ist der wogende Glanz (Rigv. 3,22,2); in ihm zerschmel-zen, wie der Salzklumpen (Brih. 2,4,12), die Opfernden, er ist die Brahman-Einheit, in ihm sind alle Wünsche beschlossen (Chand. 8,1,5):
Hier zitieren sie den Spruch:
Wie die Dochtträgerin, von sanftem Winde bewegt, nur leise zuckt, so auch er, der einging zu den Göttern;
Wer solches weiß, der ist einwissend und auch zweiheitwissend, der ist gelangt zur einigen Stätte und ihres Wesens.
1 apo jyotî raso 'mritam, dieser Spruch ist das sogenannte tiras.
2 Der Vers ist stark verderbt und die Erklärung desselben daher höchst problematisch. Mit besseren Lesarten findet er sich Cûlika-Up. 1.
MAITRAYANA-UPANISHAD 451
Sie aber, die, gleichwie Wassertropfen, rastlos sprühen, Gleichwie im höchsten Raume Blitzes Wolkenflammen, Auch sie, da sie sich gründen in des Lichtes Herrlichkeit, Sind an ihm nur was Flämmchenhaarlocken am Lohenden.


===Fußnoten===
===Fußnoten===
<references/>
<references/>

Version vom 12. Juni 2014, 11:14 Uhr

Die Maitrayana Upanishad des schwarzen Yajurveda gehört laut Deussen zu den späteren Upanishaden und stellt eine universelle Zusammenfassung der Upanishadgedanken dar. In ihr spiegelt sich die alte Upanishadlehre unter Einbezug des Gedankenguts der Samkhyalehre und des Buddhismus wider.

Die Maitrayana Upanishad des schwarzen Yajurveda - Erläuterungen nach Paul Deussen

Artikel aus „Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 395, 396 - XXX.

Einleitung

Die zum schwarzen Yajurveda gehörende Schule der Maitrayanas oder Maitrayaniyas besitzt eine Samhita in vier Kandas (Maitrayani Samhita), bestehend aus 11 + 13 + 16 + 14 = 54 Prapathakas.

An diese Maitrayani Samhita schließt sich, - zuweilen auch handschriftlich, sei es als zweites, sei es als fünftes Kandam, mit ihr verbunden (Ind. Stud. XIII, 121), - die Maitrayana Upanishad, wie sie denn in ihren Anfangsworten an einen Werkteil anzuknüpfen scheint, der nach dem Kommentator Ramatirtha aus vier Kandas besteht, also allem Anschein nach die Maitrayani Samhita ist. Auch die orthographischen und euphonischen Eigentümlichkeiten dieser Sakha kehren in der Upanishad wieder, welche dadurch einen altertümlichen Anstrich erhält. Aber dieser, nicht sowohl altertümliche (archaische) als vielmehr altertümelnde (archaisierende) Charakter hätte Max Müller (welchem L. v. Schroeder zustimmt) nicht verleiten sollen, diese Upanishad "to an early rather than to a late period" zuzuschreiben. Die zahlreichen wörtlich entlehnten Zitate, nicht nur aus Chandogya- und Brihadaranyaka , sondern auch aus Kathaka, Svetasvatara, Prasna (vgl. unten 6,5 Schluß) und wohl noch späteren, auf diesen beruhenden[1] Upanishaden sowie aus einer reichhaltigen anderen, bis jetzt noch nicht nachweisbaren Literatur, - solche späte Ausdrücke wie Sura "Gott" 1,4 p. 11 und 6,35 p. 187; kshetrajna 2,5 p. 25 und 5,2 p. 72; Nirmama 2,7 p. 37; Vigraha "Leib" 6,7 p. 96; Nastikyam 3,5 p. 50; Sushumna 6,21 p. 134; Sarvopanishad vidya 2,3 p. 18 (die Upanishaden also schon als ein Ganzes betrachtet!), - das völlige Schweigen des Shankara über diese Upanishad, - die ausgebildete Samkhyalehre, welche der Verfasser voraussetzt, - der ganze reflektierende Stil des Werkes, welcher so sehr gegen den der Maitrayani Samhita absticht, - endlich die deutliche Bezugnahme auf vedafeindliche, schon als Gegenstand des Studiums bestehende (vgl. die Einl. zu 7,8-10) Häresien, wie wohl namentlich den Buddhismus, - dies alles macht den späten Charakter dieses Werkes unzweifelhaft, wenn auch eine genauere Bestimmung einer Zeit erst nach Identifikation aller Zitate möglich sein wird.[2] Dieser späte Ursprung unserer Upanishad macht aber dieselbe nur um so interessanter. Sie erscheint als eine universelle Zusammenfassung der Upanishadgedanken gegenüber den hereinbrechenden Häresien, von denen der Verfasser, so sehr er sie bekämpft, doch selbst stark beeinflußt wird. Namentlich hat er den Pessimismus des Buddhismus und alle wesentlichen Elemente der Samkhyalehre sich angeeignet, wie denn sogar mitunter wörtliche Berührungen mit der Samkhya Karika vorkommen, welche auf eine gemeinsame Quelle beider zurückzuweisen scheinen. Wie Plotin den Platonismus erneuert unter Beimischung aristotelischer und stoischer Elemente, so erneuert die Maitrayana Upanishad die alte Upanishadlehre unter Beimischung von Elementen der Samkhyalehre und des Buddhismus. Und wie der Neuplatonismus vielfach Platons Lehre bis in ihre letzten, bei Platon noch nicht hervortretenden Konsequenzen entwickelt, so kommen bei unserem Autor höchst wichtige Fragen zur Sprache, die in den älteren Upanishaden nur keimartig vorhanden sind. So namentlich die Fragen: wie Brahman in die Welt eingeht (Prap. 2), wodurch er der Endlichkeit, der Sünde und dem Leiden verfällt (Prap. 3), und auf welchem Wege die Erlösung aus dem Samsara erreicht wird (Prap. 4). Daß die Upanishad mit Prap. 6,30 ursprünglich abschloß und alles Weitere später zugefügte Nachträge enthält, ist sehr wahrscheinlich; daß sie jemals nur aus dem von M. Müller (introd. p. XLV) mitgeteilten Fragmente bestanden habe, ist wohl nicht anzunehmen.

Inhaltsverzeichnis der Maitrayana Upanishad

I. Einleitende Erzählung; Brihadratha und Sakayanya.

II. Sakayanya erzählt dem Brihadratha, wie Maitri den Atman (auf Grund der Stelle Chand. 8,3,4!) definiert und weiter von einer Belehrung der Valakhilyas durch Kratu Prajapati berichtet habe, deren sodann folgende Mitteilung durch Sakayanya an Brihadratha den Kern der Upanishad bildet und sich bis 4,6 (nach anderen bis 6,30) erstreckt. Diese Belehrung betrifft drei Fragen: Erste Frage: Wie der Atman in den Leib eingehe? - Um die von ihm leblos geschaffenen Wesen zu beseelen, geht Prajapati in Gestalt der fünf Pranas in die Leiber ein.

III. Zweite Frage: Wodurch der höchste Atman zum individuellen (Bhutatman) werde? - Durch die Gunas überwältigt, gerät er, seine Göttlichkeit vergessend, in die Verwirrung des Ichbewußtseins und bindet sich dadurch selbst.

IV. Dritte Frage: Wie Erlösung aus diesem Zustand möglich sei? - Nur wer die im Veda gelehrten Gesetze der Kasten und Lebensordnungen einhält, kann durch Wissen, Askese und Meditation des Brahman (als dessen Erscheinungsformen die anderen Hauptgötter anerkannt werden) zur Erlösung gelangen.

V,1-VI,30. Anhang

V. 1. Hymnus des Kutsayana (die obersten Götter als Erscheinungsformen des Brahman).

2. Schöpfungsmythos: Entstehung von Tamas, Rajas, Sattvam (=Rudra, Brahma, Visnu) aus dem Urwesen.

VI. A) 1-8. Verehrung des Aditya und des mit ihm identischen Prana.

B) 9-17. a. (9): Das Pranagnihotram.
b. (10): Nahrung und Nahrungesser als Prakriti und Purusha der Samkhyas.
c. (11-17): Brahman als Nahrung (11-13), als Zeit (14), als das Zeitlose (15-16), als der Urgrund (17).
C) 18-30. Der Yoga als Weg zu Brahman. Schlußermahnungen des Sakayanya und Eingang des Brihadratha zur Vollendung.

VI,31-VII,11. Nachträge

a. VI, 31-32. Der Atman und die Organe.

b. VI, 33-38. Das Opfer und das Pranagnihotram.

33. Das Opfer erhebt zu Erde, Luftraum, Himmel.
34. Die drei Opferfeuer sind nur das offenbar gewordene Pranagnihotram.
35. Die Sonne und ihre Verhältnisse sind nur "ein Teil der den Weltraum durchdringenden Kraft"; diese selbst wird (nach Isa = Brih. 5,15) Satyadharma genannt.
36. Diese Kraft (Tejas) ist die ruhige (Santa), opferlose Form des Brahman, im Gegensatze zu der gedeihenden (Samriddha), welcher, als Aditya und Prana, das Opfer und das Pranagnihotram gelten.
37. Jene Kraft selbst ist durch Om zu verehren. Sie legt sich dreifach dar als Agni, Aditya, Prana, zwischen denen der Kreislauf des Opfers besteht.
38. Durch Opfer und sittliches Leben gelangt man schließlich zum Schauen jenes Höchsten.

c. VII. 1-7. Der Atman als die Weltsonne, und ihre verschiedenen Strahlen.

d. VII.8-10. Polemik gegen ketzerische, vedafeindliche Richtungen.

e. VII. 11. Jene Kraft (VI, 35-37) steigt mittels Om aus dem Herzen empor und erfüllt, sich verbreitend, das Weltall. - Wachen, Traum und Tiefschlaf sind nur ein Fuß des Brahman; der vierte Stand (Turyam) bildet die drei jenseitigen Füße desselben.

Erster Prapathaka

Nach einer kurzen Anknüpfung an das Opferritual mit dem üblichen Gedanken, daß dasselbe eine Vorbereitung auf die Erkenntnis des Atman sei, folgt die Erzählung von dem Könige Brihadratha aus dem Geschlecht des Ikshvaku (also wohl der Ramayana 1,71,7 erwähnte), der seinem Thron entsagt und in den Wald zieht, um Askese zu üben. Zu ihm tritt der verehrungswürdige Sakayanya und gewährt ihm einen Wunsch. Als solchen erbittet Brihadratha mit einer an Chand. 7,1,3 erinnernden Wendung die Kenntnis des Atman. Sakayanya sträubt sich, wie Yama in Kath. 1, und bietet dem König andere (irdische) Wünsche an. Diese lehnt der König ab, indem er die leidvolle Beschaffenheit und die Hinfälligkeit alles Irdischen bejammert. Der Pessimismus ist auch den alten Upanishaden nicht fremd (Bahuvyahito Va Ayam Bahuso Lokah, Talav. Up. Br. 3,28,5; Ato Nyad Artam, Brih. 3,4,2. 3,5,1. 3,7,23; Ananda Nama Te Lokah, Brih. 4,4,11. Kath. 1,3.26-28 usw.), aber Deklamationen über das Elend des Daseins wie diese hier wurden wohl erst nach Ausbildung der Samkhyalehre und nach dem Aufkommen des Buddhismus Brauch, aus dessen "heiliger Wahrheit vom Leiden" das Ishtaviyoga Anishtasamprayoga (1,3 p. 8) vielleicht geradezu herübergenommen ist.

1. Ein Opfer an Brahman in Wahrheit ist das Feuerschichten der Altvordern. Darum soll der Opferspender, nachdem er jene Feuer geschichtet hat, den Atman überdenken! Dadurch erst wird das Opfer zu einem vollkommenen, fürwahr, und zu einem vollständigen. - Aber wer ist der, den man überdenken soll? - Der, welcher der Prana heißt. Darüber ist diese Erzählung.

2. Es begab sich, daß ein König mit Namen Brihadratha, nachdem er seinen Sohn in die Herrschaft eingesetzt hatte, in der Erkenntnis, daß dieser Leib vergänglich ist, sich der Entsagung zuwandte und in den Wald hinauszog. Dort gab er sich der höchsten Kasteiung hin, indem er, in die Sonne schauend und mit emporgereckten [und dadurch absterbenden] Armen, dastand. Nach Ablauf von eintausend Tagen nahte sich ihm, [leidenschaftslos] gleichwie eine Flamme ohne Rauch[3] und durch seine Glut gleichsam versengend, der des Atman kundige verehrungswürdige Sakayanya. "Stehe auf, stehe auf und wähle dir einen Wunsch!" so sprach er zu dem König. Der bezeugte ihm seine Verehrung und sprach: "0 Ehrwürdiger! ich bin nicht des Atman kundig.[4] Du kennst seine Wesenheit, wie wir vernommen, diese wollest du uns erklären!" - "Ach, das ist vormals gewesen[5], es ist schwer tunlich, diese Frage [zu beantworten]; wähle dir, o Nachkomme des Ikshvaku, andere Wünsche[6] !" so sprach Sakayanya. - Da neigte sich der König mit seinem Haupt bis auf die Füße desselben und rezitierte folgende Litanei:

3. "0 Ehrwürdiger! In diesem aus Knochen, Haut, Sehnen, Mark, Fleisch, Same, Blut, Schleim, Tränen, Augenbutter, Kot, Harn, Galle und Phlegma zusammengeschütteten, übelriechenden, kernlosen Leibe, - wie mag man nur Freude genießen![7]

In diesem mit Leidenschaft, Zorn, Begierde, Wahn, Furcht, Verzagtheit, Neid, Trennung von Liebem, Bindung an Unliebes, Hunger, Durst, Alter, Tod, Krankheit, Kummer und dergleichen behafteten Leibe, - wie mag man nur Freude genießen!

4. Auch sehen wir, daß diese ganze Welt vergänglich ist so wie diese Bremsen, Stechfliegen und dergleichen, diese Kräuter und Bäume, welche entstehen und wieder verfallen.

Pieter Claesz: Vanitas, Öl auf Leinwand, 1630

Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch andere, größere, - mächtige Kriegshelden, einige von ihnen Welteroberer, Sudyumna, Bhuridyumna, Indradyumna, Kuvalayasva, Yauvanasva, Vadhryasva und Asvapati, Sasabindu und Hariscandra, Ambarisha, Nahusha und Saryati, Yayati, Anaranya, Ukshasena und andere, ja, auch Könige wie Maratta und Bharata, - sie alle mußten, vor den Augen ihrer Verwandtenschar, ihre große Herrlichkeit aufgeben und aus dieser Welt in jene Welt hinüberwandern.

Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch andere, größere, - Gandharven, Dämonen, Halbgötter, Kobolde, Geisterscharen, Unholde, Schlangen, böse Genien und dergleichen, deren Ausrottung wir sehen.

Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch noch andere Dinge, - Vertrocknung großer Meere, Einstürzen der Berge, Wanken des Polarsterns, Reißen der Windseile [welche die Sternbilder an den Polarstern binden], Versinken der Erde, Stürzung der Götter aus ihrer Stelle, - in einem Weltlauf, wo derartiges vorkommt, wie mag man da nur Freude genießen! Zumal auch, wer ihrer satt ist, doch immer wieder und wieder zurückkehren muß!

Darum errette mich! Denn ich fühle mich in diesem Weltlauf wie der Frosch in einem blinden [wasserlosen] Brunnenloch. Du, o Ehrwürdiger, bist unsere Zuflucht, - du bist unsere Zuflucht!"

Zweiter Prapathaka

Weiter folgt die Belehrung des Brihadratha durch Sakayanya über den Atman, welche bis 6,30 fortläuft, während 6,31-7,11 einen Nachtrag bilden. Diese Belehrung besteht darin, daß Sakayanya von 2,3 bis 4,6 (nach dem Komm. p. 155,8 und M. Müller bis 6,30; vgl. jedoch den Schluß von 4,6 und die Anmerkung dort) ein ihm von Maitri mitgeteiltes Gespräch wiedererzählt, in welchem die Valakhilya ("Kahlköpfe") genannten Rishis von Kratu Prajapati (einem der sieben weltschaffenden Rishis und Söhne des Brahman), der nach den Paranas (Mark. P. 52,24. Bhag. P. 4,1,39) ihr Vater ist (vgl. 6,29 p. 155,3), belehrt werden.

Der zweite Prapathaka behandelt die Frage; wie der Atman in den Körper eingeht. Im Anschluß an die Anschauungen der älteren Upanishaden (vgl. Taitt. 2,6. Brih. 1,4,7. Chand. 6,3,3. Mt. 1,3,12) und unter vielen teils wörtlichen Bezugnahmen auf dieselben (siehe die Anmerkungen) wird erzählt, wie Prajapati die seelenlosen Leiber schafft und als Prana (Leben) in dessen fünf Verzweigungen, Prana, Apana, Vyana, Samana, Udana, in sie hineinfährt. Diese letzteren werden, im Widerspruch mit den ältern Upanishaden und Shankara, aber (bis auf den Udana übereinstimmend mit dem Vedantasara (§94-98), erklärt: Prana ist der Odem (beides, Einhauch und Aushauch), Apana der Darmwind, Samana der Verdauungswind, Udana der Wind des Schluckens und Vomierens; Vyana ist das Band zwischen Prana und Apana (Atmung und Sekretion), kommt aber zuletzt, weil er auch den Udana voraussetzt. Der Purusha selbst aber (d. h. der Atman) wird in der Körperwärme (Chand. 3,13,8) und dem Verdauungsfeuer (Brih. 5,9) wiedergefunden, wozu als Beleg Brih. 5,9 wörtlich zitiert wird. Eben derselbe wird durch ein weiteres Zitat aus Chand. 3,14,2 als das Brahman geschildert, worauf eine an Kath. 3,3-4 angelehnte Schilderung des psychischen Apparates den Abschluß bildet.

1. Da nun aber sprach der ehrwürdige Sakayanya sehr erfreut'ref'Vgl. Kath. 1,15-16. 2,9.'/ref' zu dem König: "0 großer König Brihadratha, du Banner des Ikshvaku-Geschlechtes, gar schnell sollst du des Atman kundig und deines Zweckes teilhaftig werden, - bist du doch weitberühmt unter dem Namen Marut'ref'Auch 6,30 p. 162 heißt der König Marat. Brihadratha kommt im Rigveda nur als Beiwort der Ushas, nicht der Marats vor, welche nur Vidyudratha, Prishadasva u. dgl. heißen. Vielleicht liegt eine Verwechslung dieser Epitheta vor.'/ref' (der Wind), Fürwahr, er [der Atman] ist ja doch dein eigenes Selbst (Atman)." - "Welches Selbst meinst du, o Ehrwürdiger?" - Da sprach er zu ihm also:

2. "Derjenige, welcher, ohne daß der Atem stockte, emporgestiegen, entweichend und doch nicht entweichend, die Finsternis verscheucht, das ist der Atman (das Selbst). Also hat es der verehrungswürdige Maitri erklärt. Denn so sagt die Schrift'ref'Chand. 8,3,4, welche Stelle also hier, wie es scheint, von Maitri zitiert wird.'/ref': Was nun diese Vollberuhigung [die Seele im Tiefschlaf] ist, so erhebt sie sich aus diesem Leib, geht ein in das höchste Licht und tritt dadurch hervor in eigener Gestalt, - das ist der Atman, so sprach der Meister, das ist das Unsterbliche, das Furchtlose, das ist das Brahman.

3. Dieses, fürwahr, ist die Lehre vom Brahman, ist die Lehre aller Upanishaden, o König, wie sie uns von dem verehrungswürdigen Maitri erklärt worden ist. Die will ich dir", so fuhr er fort, "mitteilen. Nämlich da waren die sündefreien, kraftgestählten, zeugungserhabenen Valakhilyas, wie berichtet wird. Die sprachen zu Kratu Prajapati: )'0 Ehrwürdiger! Dieser Leib ist doch, wie ein Wagen, ohne Bewußtsein. Welches ist nun das übersinnliche Wesen, welches eine solche Macht besitzt, daß es den so beschaffenen Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufrichtet und sein Beweger ist? Was du darüber, o Ehrwürdiger, weißt, das wollest du uns sagen!' - Da sprach er zu ihnen:

4. 'Derjenige, der, wie es heißt, erhaben über [dem Welttreiben] steht wie die Asketen über den Sinneseindrücken [des Hörens, Fühlens, Sehens, Riechens, Schmeckens], das ist eben der, welcher rein, lauter, entleert, beruhigt, odemlos, selbstlos, endlos, unvergänglich, fest, ewig, ungeboren und frei, auf seine eigene Größe sich gründet' [wie es Chand. 7,24,2 heißt], und er ist es, der diesen Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufrichtet, und der auch sein Beweger ist.' - Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, wie kann von diesem, wenn er ein solcher, gar nicht [dem Welttreiben] angehöriger, ist, dieser so beschaffene [Leib] mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet werden, und wie kann er sein Beweger sein?' - Da sprach er zu ihnen:

5. 'Fürwahr, dieser Subtile, Ungreifbare, Unsichtbare, der da Purusha heißt, kehrt unwissentlich in diesem Leib ein mit einem Teil von sich, ähnlich wie bei einem Schlafenden das Erwachen unwissentlich erfolgt. Was aber dieser Teil von ihm ist, das ist eben jener rein Geistige, in den einzelnen Menschen Vorhandene, der Örtlichkeit Kundige (Kshetrajna), welcher sich bekundet durch das Vorstellen [des Manas], das Entschließen [der Buddhi] und das Ichbewußtsein [des Ahamkara] als Prajapati unter dem Namen Visva [der Individuelle, vgl. Mand. 3. Gaudap. 1,1-4. Vedantasara § 138]; und durch [ihn als] das Bewußtsein wird dieser Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet, und er ist auch sein Beweger.' - Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, wenn durch diesen, der ein solcher, gar nicht [dem Welttreiben] angehöriger, ist, dieser so beschaffene [Leib] mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet wird, und er sein Beweger ist, wie kann das geschehen?' - Da sprach er zu ihnen:

6. 'Prajapati, fürwahr, bestand allein zu Anfang. Er hatte keine Freude, da er allein war [vgl. Brih. 1,4,3]. Indem er seine Gedanken auf sich selbst richtete [sich zum Objekt der Erkenntnis machte], schuf er die vielen Geschöpfe. Die sah er bewußtlos und leblos wie einen Stein, regungslos wie einen Baumstamm dastehen. Da hatte er keine Freude. Und er beschloß: ich will, um sie zum Bewußtsein zu erwecken, in sie hineinfahren. Da machte er sich selbst, wie ein Wind ist, und wollte in sie hineinfahren. Aber als einer vermochte er es nicht, [sondern erst] als er sich fünffach geteilt hatte; als solcher wird er Prana, Apana, Samana, Udana, Vyana genannt. Nämlich derjenige, welcher nach oben hinausgeht, das ist der Prana; und der nach unten geht, das ist der Apana; und der, durch welche diese beiden zusammengehalten werden, das ist der Vyana; und [derjenige, welcher], was an der Nahrung der gröbste Bestandteil ist'ref'Yoyam Sthavishtho Dhatur Annasya, in Anlehnung an Chand. 6,5,1: (Annasya) Yah Sthavishtho Dhatus, Tat Purisham Bhavati.'/ref', zum Apana abführt, und, [was] der feinste'ref'Es ist vielmehr der mittlere, welcher nach Chand. a.a.O. zu Fleisch wird.'/ref', in jedes einzelne Glied überführt, das ist der Samana genannte. Doch ist unter diesen der Vyana seiner Natur nach der letzte, und auch der Udana kommt seiner Entstehung nach noch dazwischen.'ref'Dieser vielleicht interpolierte Satz soll erklären, warum der Vyana in der Aufzählung vorher zuletzt steht.'/ref' Derjenige endlich, welcher das Getrunkene oder Gegessene entweder wieder ausbricht oder herunterschluckt, ist der Udana.

Nun aber [so wie bei der Somapressung] das Upansu-Gefäß dem Antaryama-Gefäß, und das Antaryama-Gefäß dem Upansu-Gefäß gegenübersteht, [und zwischen beiden der den Soma auspressende Upansusavana-Stein liegt,] so hat zwischen jenen beiden [Prana und Apana, welche dem Upansu-Gefäße und Antaryama-Gefäße verglichen werden'ref'Der Kommentator zitiert hierzu die Stelle Maitr. Samh. 4,5,6 (p. 72 Schr.): "Der Prana und Apana, fürwahr, sind der Upansu und der Antaryama, und der Vyana ist der Upansusavana, weil jene beiden Schöpfgefäße diesem Preßstein bis zur dritten Kelterung hin nicht von der Seite kommen."'/ref'] der Gott die [dem Soma, der mittels des, dem Vyana entsprechenden'ref'Der Kommentator zitiert hierzu die Stelle Maitr. Samh. 4,5,6 (p. 72 Schr.): "Der Prana und Apana, fürwahr, sind der Upansu und der Antaryama, und der Vyana ist der Upansusavana, weil jene beiden Schöpfgefäße diesem Preßstein bis zur dritten Kelterung hin nicht von der Seite kommen."'/ref', Upansusavana-Steines gekeltert wird, vergleichbare] Hitze erzeugt [eigentlich: gekeltert], und diese Hitze ist der Purusha, der Purusha aber ist der Agni Vaisvanara. Darum heißt es an einer anderen Stelle: ,Dieses ist das Feuer Vaisvanara (das allen Menschen gemeinsame), welches hier inwendig im Menschen ist, durch welches diese Nahrung verdaut wird, die man so ißt. Von ihm rührt jenes Geräusch her, welches man hört, wenn man sich so die Ohren zuhält. - Wenn er [der Atman] im Begriff steht, auszuziehen, so hört man jenes Geräusch nicht [mehr]' (Brih. 5,9; vgl. Chand. 3,13,8).

Indem er [Prajapati] also sich fünffach teilte, barg er sich in der Höhle [des Herzens]. ,Geist ist sein Stoff, Leben sein Leib, Licht seine Gestalt, sein Ratschluß ist Wahrheit, sein Selbst der Äther' [wie es Chand. 3,14,2 heißt]. Er aber, aus diesem Herzensinnern heraus, da er seinen Zweck noch nicht erreicht hatte, verlangte: ,Ich will die Objekte genießen!' Darum brach er diese Löcher (Kath. 4,1), trat durch sie heraus und genießt mittels der fünf Zügel die Sinnendinge. Nämlich was diese Erkenntnissinne (Buddhi Indriyani) sind, das sind seine Zügel, und die Tatsinne (Karmendriya|Karma Indriyani) sind seine Rosse, sein Wagen ist der Leib, das Manas der Wagenlenker, aus Prakriti bestehend ist seine Peitsche'ref'Das ganze Bild ist, mit Modifikationen, entlehnt aus Kath. 3,3-4, wo Atman Wagenfahrer, der LeibWagen, die Buddhi Wagenlenker, das Manas Zügel, die Sinne Rosse, die Sinnendinge ihre Bahn sind.'/ref' ; denn von dieser angetrieben, tummelt er sich um als dieser Leib, wie ein Rad. [angetrieben] vom Töpfer (vgl. Svet. 1,6), und so wird dieser Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet, und ebenso ist er sein Beweger.

7. Dieser Atman, fürwahr, wird in dieser Welt, wie die Weisen lehren (Usanti, vgl. Ishtam), von den hellen und dunklen Früchten der Werke nicht überwältigt (vgl. Kaush. 3,8, oben S. 50. Chand. 4,14,3, S. 127. Taitt. 2,9, S. 233. Brih. 4,4,22 usw.) Nur gleichsam (Iva) durchwaltet er die einzelnen Leiber, weil er unoffenbar, subtil, unsichtbar, ungreifbar, selbstlos (Nirmama) ist. Standortlos, hat er in dem Nichtrealen als Täter, obgleich er Nichttäter ist, seinen Standort. Aber als rein, fest, unwankbar, unbefleckbar, unentwegt, unbegehrend, steht er da, wie ein Zuschauer, in sich selbst stehend'.'/ref'Prekshakavad Avasthitah, Svasthasca, vgl. Samkhya-karika, Vers 65: Prakritim Pasyati Purushah, Prekshakavad Avasthitah, Susthah. Die Erfüllung [d. h. die Vergeltung der Werke] genießend (Ritabhuk, vgl. Kath. 3,1 Ritam Pibantau), sich selbst verstrickend in das aus den Gunas [[[Sattvam]], Rajas, Tamas] geflochtene Gewebe, so steht er da, - so steht er da.'

Dritter Prapathaka

Die große Frage, wie es komme, daß die höchste Seele zur individuellen werde, wird hier nicht sowohl idealistisch nach der Vedantalehre, der zufolge die individuelle Seele ein bloßer Schein ist, als vielmehr realistisch nach der Samkhyalehre beantwortet: der höchste Atman wird zum natürlichen Atman (Bhutatman) dadurch, daß er in den aus den fünf Tanmatras und den fünf Mahabhutas bestehenden Leib eingeht; und obgleich er mit diesem sich so wenig verbindet wie der Wassertropfen mit dem Lotosblatte, so wird er doch durch die drei Gunas der Prakriti so überwältigt und verwirrt, daß er, seiner wahren Wesenheit uneingedenk und sich selbst durch sich selbst (freiwillig) wie der Vogel in ein Netz verstrickend, dem Ichbewußtsein, den Werken und ihrer Vergeltung und damit der Seelenwanderung verfällt. Zum Schluß folgen drei Zitate: das erste vergleicht die höchste Seele, die individuelle und die Gunas mit der Glut, dem Eisen und dem Schmied, der nur das Eisen, nicht die dasselbe erfüllende Glut hämmert; — das zweite schildert Entstehen und Bestand des Leibes; — das dritte führt die körperlichen und psychischen Übel auf den Einfluß des Tamas und des Rajas zurück. Alle diese Termini entstammen, wie wohl auch die Zitate, der Samkhyaphilosophie, welche, wenn auch nicht in der Form wie sie uns heute vorliegt, von unserem Autor vorausgesetzt wird.

1. Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, wenn du so die Majestät des Atman kennzeichnest, wer ist denn wohl jener andere, von ihm verschiedene, der auch Atman heißt, jener, der, von den hellen und dunklen Früchten der Werke überwältigt, in einen guten oder schlimmen Mutterschoß eingeht, also daß seine Wanderung abwärts und aufwärts geht, und er, von den Gegensätzen [Wärme und Kälte, Ehre und Schande, Lust und Schmerz, usw.] überwältigt, umläuft?'

2. 'Allerdings gibt es jenen anderen, von ihm verschiedenen, der Bhuta Atman heißt, jenen, der, von den hellen und dunklen Früchten der Werke überwältigt, in einen guten oder schlimmen Mutterschoß eingeht, also daß seine Wanderung abwärts und aufwärts geht, und er, von den Gegensätzen überwältigt, umläuft. Und dieses ist seine Erklärung.

Die fünf Tanmatras (Reinstoffe, feinen Urbestandteile der Körper) werden mit dem Namen Bhuta (Elemente) benannt; dann aber auch die fünf Mahabhutas (groben Elemente) werden mit dem Namen Bhuta benannt; und was das Aggregat aller dieser ist, das ist der sogenannte Leib, und der, welcher in dem sogenannten Leib wohnt, das ist der sogenannte natürliche Atman (Bhuta Atman, wörtlich: der Element-Atman). Zwar besteht sein [des Menschen] unsterblicher Atman [unvermischt] fort wie der Wassertropfen auf der Lotosblüte [das Bild ist wohl aus Chand. 4,14,3 entlehnt und umgestaltet], aber doch wird dieser Atman überwältigt von den Gunas der Prakriti. Nun durch diese Überwältigung gerät er in eine Verwirrung, und vermöge dieser Verwirrung erkennt er den in ihm selbst stehenden, hehren, heiligen Schöpfer nicht, sondern vom Strom der Gunas fortgerissen und besudelt, wird er haltlos, schwankend, gebrochen, begehrlich, ungesammelt, und in den Wahn [des Ichbewußtseins, Ahamkara, vgl. Samkhya Karika v. 24: Abhimano Hamkarah] verfallend wähnt er: ,ich bin dieser, mein ist dieses', und bindet sich selbst durch sich selbst'ref>Nibadhnati Atmana Atmanam; vgl. Samkhya K. v. 63: Badhnati Atmanam Atmana Prakritih.'/ref> wie ein Vogel durch das Netz; und, von den auf die Taten folgenden Früchten überwältigt, geht er in einen guten oder schlimmen Mutterschoß ein, also daß seine Wanderung abwärts und aufwärts geht, und er, von den Gegensätzen überwältigt, umläuft.' - 'Aber welcher ist dieser?' so fragten sie. - Da sprach er also:

3. 'Auch an einem anderen Ort heißt es: ,Der da handelt, das ist der natürliche Atman, und der ihn durch die Organe handeln macht, das ist der innere Purusha. Nämlich gleichwie ein Eisenklumpen, vom Feuer überwältigt, von den Werkleuten gehämmert in Mannigfaltigkeit übergeht [vgl. das Bild Brih. 4,4,4], also geht auch jener natürliche Atman, von dem inneren Purusha überwältigt und von den Gunas gehämmert, in Mannigfaltigkeit ein. Und die Erscheinungsform dieser Mannigfaltigkeit ist diese, daß sie aus der, vier Gruppen[8] bildenden, in vierzehn Arten[9] vorhandenen, vierundachtzigfache umgewandelten, Wesensschar besteht. (Bhuta Ganam, Adjektiv zu Rupam). Aber alle diese Vervielfältigungen (wohl Gunitani zu lesen) werden von dem Purusha in Bewegung gesetzt, gleichwie das Rad vom Töpfer. Sowie aber, wenn der Eisenklumpen gehämmert wird, das Feuer nicht mit überwältigt wird, so wird auch jener Purusha nicht mit überwältigt, sondern überwältigt wird nur der natürliche Atman, wegen seiner Verflochtenheit.'

4. Auch an einem anderen Ort heißt es: ,Dieser Leib, aus Begattung entstanden, erwachsen in der Hölle [des Mutterleibes] und herausgekommen durch die Pforte des Harns, ist eine Ansammlung von Knochen, mit Fleisch überschmiert, mit Haut umflochten, mit Kot, Harn, Galle, Phlegma, Mark, Fett und Speck und dazu mit vielen Krankheiten angefüllt wie eine Schatzkammer mit Schätzen.'

5. Auch an einem anderen Ort heißt es: 'Verwirrung, Furcht, Verzweiflung, Schlaf, Trägheit, Unbesonnenheit, Greisenalter, Kummer, Hunger, Durst, Geiz, Zorn, Nihilismus, Unwissenheit, Mißgunst, Grausamkeit, Dummheit, Schamlosigkeit, Haltungslosigkeit, Hoffärtigkeit, Launenhaftigkeit, diese stammen aus dem Tamas; innerer Durst, Liebe, Leidenschaft, Begierde, Schädigungssucht, Wollust, Haß, Verschlagenheit, Eifersucht, liebloses Wesen (Akamam), Unfestigkeit, Wankelmütigkeit, Zerstreutheit, Rechthaberei, Habgier, Freundwerbung, Weiberknechtschaft, Abneigung gegen unerwünschte Sinneseindrücke, Zuneigung zu erwünschten, sauertöpfischer Ton [der Rede] und Völlerei hingegen stammen aus dem Rajas. Von diesen erfüllt, von diesen überwältigt, so ist der natürliche Atman; darum geht er in die vielerlei Gestalten ein, - Gestalten ein.'

Vierter Prapathaka

Die weitere Frage, wie eine Erlösung aus dem geschilderten Elend möglich sei, wird weder im Sinne des Vedanta (Erkenntnis seiner selbst als des Atman), noch in dem der Samkhyalehre (Unterscheidung des Purusha von dem, was er nicht ist), sondern in reaktionärem Sinne beantwortet: Vedastudium, Beobachtung der Pflichten der eigenen Kaste (Svadharma) und Innehaltung der brahmanischen Lebensordnung durch die Asramas sind unerläßliche Bedingungen: ohne Erfüllung der im Veda gelehrten Pflicht der Kaste ist keine Lebensordnung durch die Asramas, ohne sie keine wahre Askese, ohne diese weder die Erkenntnis des Atman noch das Gelingen der Werke möglich. Vidya d. h. hier "Glaube an Brahman" (Asti Brahma, Iti), Tapas "Askese" und Cinta "verehrende Meditation des Brahman", - das sind die drei Bedingungen, welche über das (niedere) Brahman und die Götter hinaus zu ewiger, unendlicher, ungetrübter Lust, zur Erlösung von der Überwältigung und zur Vereinigung mit dem Atman führen. Die Verehrung der Naturgötter wird zugelassen, sofern sie die höchsten Erscheinungsformen (Agryas Tanavah) des Brahman sind; man erhebt sich dadurch zunächst zu ihrer Sphäre und geht mit ihnen beim Weltende zur Einheit des Purusha ein.

Diese Reaktion gegen die Ideale des Vedanta, nach welchem nur die Erkenntnis des Atman zur Erlösung erforderlich ist, erklärt sich, wenn wir bedenken, daß die praktische Verwirklichung jener Lehre zu Erscheinungen führen mußte, deren Hauptvertreter für uns heute der Buddhismus ist. Eine Polemik, wenn nicht geradezu gegen diesen, so doch gegen die Tendenzen, die in ihm zum Ausdruck kommen, ist unverkennbar. Ohne die alten Anforderungen des Brahmanismus, Brahman (Vedastudium) und Tapas (sich betätigend in Kasten und Asramas) ist der Weg zum Heil nicht zu finden.

1. Da geschah es, daß die Zeugungserhabenen in höchster Bewunderung alle im Verein sprachen: 'O Ehrwürdiger! Verehrung sei dir! belehre [uns weiter] ! du bist unsere Zuflucht, und eine andere gibt es nicht. Welches ist für diesen natürlichen Atman die Weise, auf die er, diese Welt dahintenlassend, nur allein in dem Atman [steht und mit ihm] zur Vereinigung gelangt?' - Da sprach er zu ihnen also:

2. 'Auch an einem anderen Ort heißt es: ,Wie die Wellen großer Ströme ist für ihn keine Abwendung des früher Begangenen, wie die Flutschwellung des Ozeans ist für ihn nicht abzuwehren das Herannahen des Todes; gleichwie ein Lahmer ist durch die Fesseln der Vergeltung guter und böser Werke sein Gebunden[sein]; gleichwie eines Gefangenen ist seine Unfreiheit, gleichwie eines im Bereiche des Yama [im Angesicht des Todes] Stehenden ist sein in vieler Furcht Befangen[sein]; gleichwie ein vom Rauschtrank Berauschter ist sein vom Rauschtrank der Verblendung Berauscht[sein]; gleichwie ein von einem Übel Besessener ist sein Umhergetrieben[werden]; gleichwie ein von einer großen Schlange Gebissener ist sein von den Sinnendingen Gebissen[sein]; gleichwie tiefe Finsternis ist sein von Leidenschaft Blind[sein]; gleichwie ein Zauberwerk ist sein In-Blendwerk-verstrickt[sein]; gleichwie ein Traum ist sein Trugbilder-sehen; gleichwie die Bananenfrucht ist sein Kraftlos[sein]; gleichwie ein Tänzer ist sein für den Augenblick Ausstaffiert[sein]; gleichwie eine bemalte Kulisse ist sein trügliches Herzerfreuend[sein].' Auch heißt es:

'Als wesenlos die Eindrücke,
Gehör, Gefühl im Menschen sind,
Und doch vergißt, in sie vergafft,
Der Bhutatman die höchste Welt.'

3. Dieses aber ist die Heilung des natürlichen Atman (Bhutatman): Studium der Wissenschaft des Veda, Einhaltung der eigenen [Kasten-]Pflicht, Leben in den zukommenden Lebensstadien, - denn darin besteht der Wandel in der eigenen [Kasten-]Pflicht; alles andere ist [so wertlos] wie die Ausläufer eines Grasbüschels; dadurch wird er des, was da droben ist, teilhaftig; wo nicht, so geht es abwärts. Und das ist die eigene [Kasten-]Pflicht, die in den Veden befohlen wird; wer diese seine eigene Pflicht übertritt, kann nicht die Lebensstadien einhalten; wenn aber einer nicht in den Lebensstadien sich hält und etwa ein Asket genannt wird, so ist das ungereimt; ohne ein Asket zu sein aber, kann man weder die Erkenntnis des Atman erreichen, noch auch die Werke vollbringen. Darum heißt es:

'Durch Tapas wird erlangt Sattvam,
Durch Sattvam Manas wird erlangt;
Durch Manas wird erlangt Atman,
Wer den hat, kehrt nicht wieder her.'

4. 'Das Brahman ist', so spricht, wer das Brahmanwissen hat; - 'dieses ist die Pforte des Brahman', so bezeichnet sein Tun, wer durch die Askese vom Bösen sich befreit; - 'Om! über die Größe des Brahman', mit diesen Worten bringt sein Tun zum Ausdruck, wer wohlvorbereitet ohne Unterlaß die Meditation übt; darum wird durch Wissen, durch Askese und durch Meditation das Brahman erkannt. Und wer es tut, der geht noch über das [niedere] Brahman hinaus und zur Übergöttlichkeit über die Götter; und so erlangt er unvergängliche, unermeßliche, leidenfreie Lust, wer, solches wissend, durch jene Dreiheit (Vidya, Tapas, Cinta) das Brahman verehrt. Aber womit er [vordem] angefüllt, wovon er überwältigt, wodurch er an jenen Wagen [oben 2,3. 6] gebannt war, von dem erlöst, geht er in dem Atman zur Gemeinschaft [mit ihm] ein.'

5. Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, du bist ein Niedersprecher[10], du bist ein Niedersprecher! Das soll von uns, so wie du es gesprochen, im Geist wohl bewahrt werden. Aber nun beantworte uns noch eine weitere Frage. Agni, Vayu, Aditya, der die Zeit ist [Prajapati], Prana, Nahrung, Brahma (masc.), Rudra, Visnu, - von diesen verehren meditierend die einen diesen, die anderen jenen. Welcher von ihnen am besten [verehrt wird], wer der ist, das sage uns!' - Da sprach zu ihnen:

6. "Diese, fürwahr, sind die obersten Erscheinungsformen (Tanavas) des höchsten, unsterblichen, körperlosen Brahman. Und 'wer einem von diesen anhängt, der freut sich hienieden in dessen Welt', so heißt es.[11] Denn Brahman, fürwahr, ist diese ganze Welt (vgl. Chand. 3,14,1); was aber seine (lies Asya) obersten Erscheinungsformen sind, die soll man meditieren, verehren und verleugnen. Dadurch wird man zusammen mit ihnen höher und höher in den Welten streifen und beim Untergang des Alls [eingehen in] die Einheit des Purusha, - des Purusha.[12]"

Fünfter Prapathaka

Am Schluß des vorigen Abschnittes waren die drei Weltregenten der Brahmanazeit, Agni, Vayu und Surya, die drei zu Göttern hypostasierten Begriffe, Kala, Prana und Annam, und die drei Hauptgötter des Volksglaubens, Brahma (masc.), Rudra (d. i. Siva) und Visnu, für die obersten Erscheinungsformen des Brahman (neutr.) erklärt worden.

Denselben Gedanken führt der jetzt folgende Hymnus des (übrigens unbekannten) Kutsayana aus.

Dann folgt ein, im Stile der Brahmanamythen von der Weltschöpfung auftretender, Schöpfungsmythos, welcher die drei Gunas der Samkhyalehre, Tamas, Rajas und Sattvam, auf Rudra, Brahma und Visnu bezieht und auch im übrigen sehr merkwürdig ist als Mittelglied der Philosophie des Rigveda und der späteren Samkhyalehre. Die philosophischen Hymnen des Rigveda unterscheiden:

1) das Urprinzip,
2) die aus ihm hervorgehende Urmaterie,
3) das in ihr als Erstgeborner entstehende Urprinzip selbst.

Dem entsprechend stellt unser Mythos an die Spitze

1) das Höchste (Param), läßt aus ihm
2) Tamas, Rajas, Sattvam hervorgehen und
3) aus dem Sattvam den Reingeistigen (Cetamatra), d. h. den Purusha entstehen, der Samkalpa, Adhyavasaya und Abhimana (d. h. die Funktionen von Manas, Buddhi und Ahankara) als Lingam (feinen Leib) hat.

Alle diese Begriffe sind schon die des spätem Samkhyam, nur daß der Purusha hier noch nicht der Prakriti gegenübersteht, sondern in der Weise der Rigvedaphilosophie aus ihr hervorgeht.

1.

Darüber ist ein Preislied des Kutsayana wie folgt:

Du bist Brahma und du Visnu,
Du Rudra, du Prajapati,
Du Agni, Varuna, Vayu,
Du Indra, du das Licht der Nacht.
Du bist der Nahrungsgeist, der Tod,
Die Erde, das All, unwandelbar,
Zum Selbstzweck, zum Naturzweck[13]
Vielfältig ruht in dir was ist.
Dir sei, o Herr des Alls, Ehre,
Allseele du, Allwirkender,
Allgenießender, All-Leben,
Aller Freuden und Lüste Herr!
Dir sei als Ruheselbst[14] Ehre,
Dir als dem Tiefstverborgenen[15], -
Undenkbarem, Unmeßbarem[16],
Ohn' Anfang und ohn' Ende, dir.

2.

Diese Welt war zu Anfang Tamas nur allein. Dasselbe muß gewesen sein in dem Höchsten. Von diesem Höchsten angetrieben, geriet es in den Zustand der Ungleichheit; dies war das Rajas als Erscheinungsform. Dieses Rajas wiederum, angetrieben, geriet in den Zustand der Ungleichheit; dieses war die Erscheinungsform des Sattvam. Dieses Sattvam, angetrieben, floß aus als ein Saft; das ist jener Teil, der als rein Geistiger in den einzelnen Personen als Seele (Kshetrajna) besteht und das Vorstellen [des Manas], das Urteilen [der Buddhi] und den Individualwahn [des Ahamkara als Lingam [Charakter, psychischen Organismus] hat; Prajapati und Visva [die Allheit] sind seine vorher [wohl unter den Namen Kala und Annam] erwähnten Erscheinungsformen. Was nun, fürwahr, an ihm der Tamas-artige Teil ist, der, ihr Brahmanschüler, ist jener Rudra; und was, fürwahr, an ihm der Rajas-artige Teil ist, der, ihr Brahmanschüler, ist jener Brahma, und was, fürwahr, an ihm der Sattvam-artige Teil ist, der, ihr Brahmanschüler, ist jener Visnu. Und dieser Eine, nachdem er dreifach geworden, so ist er achtfach, elffach, zwölffach, unendlichfach[17] entstanden, und weil er entstanden ist, darum ist er das Wesen; er schaltet in den Wesen, in die er eingegangen, und ebenderselbe ist zum Oberherrn der Wesen geworden. So besteht dieser Atman inwendig und draußen, - inwendig, und draußen.

Sechster Prapathaka

Wie schon der fünfte, so und noch mehr trägt der sechste Prapathaka den Charakter eines Nachtrages. An Umfang übertrifft er die ganze übrige Upanishad zusammengenommen. Der Inhalt läßt sich zweckmäßig in fünf Abschnitte zerlegen:

6,1-8: Die Identität des Prana mit Aditya und die Verehrung beider durch die Silbe Om, die drei Vyahritis und die Savitri. 6,9-17: Das Pranagnihotram ist auf beide, Prana und Aditya, bezüglich. Metaphysische Bedeutung von Nahrung und Nahrungesser. 6,18-30: Der Yoga als Weg zur Erlösung. Schluß des Gespräches zwischen Brihadratha und Sakayanya. 6,31-32: Das Selbst und die Organe. 6,33-38: Umdeutung des Agnihotram zu einem Opfer an den Atman.

6,1-8: Prana und Aditya und ihre Verehrung

Im Anschluß an die letzten Worte des vorigen Abschnittes, wonach der Atman "inwendig und draußen" ist, wird hier als äußeres Symbol des Atman die Sonne, als inneres der Prana aufgestellt, wobei verschiedene Beziehungen zwischen beiden zur Sprache kommen und anbefohlen wird, dieselben mittels der Silbe Om, mittels der drei Vyahritis (Bhur, Bhuvah, Svah) und mittels der Savitri (Rigv. 3,62,10, vgl. zu Brih. 5,14) zu verehren. Die Verehrung durch diese drei Symbole wird sodann im einzelnen erörtert, wobei manche Zitate bekannter und unbekannter Stellen vorkommen, noch mehr aber vereinzelte abgerissene Reminiszenzen aus früheren Upanishaden dem Text in freier Weise eingewoben werden.

1.-2.

1. Zweifach, fürwahr, bringt jener [Atman] sich selbst [in Bewegung]: als dieser Prana hier und als jene Sonne dort; und zwei sind diese seine Pfade, inwendig und draußen; beide laufen durch Tag und Nacht in sich selbst zurück. Nämlich jene Sonne ist der Außen-Atman, der Prana der Innen-Atman. Darum wird durch den Gang des Außen-Atman [Tag und Nacht] der Gang des Innen-Atman abgemessen [[[Wachen]] und Schlafen], - denn so heißt es: 'Jeder Wissende, von Sünden Freie, die Sinne Beaufsichtigende, an Geist Geläuterte, in ihm Feststehende, das Auge nach innen Wendende (Avrittacakshuh Kath. 4,1), ist er [der Atman]', - und durch den Gang des Innen-Atman wird der Gang des Außen-Atman abgemessen. Denn so heißt es: 'Aber jener goldene Mann im Inneren der Sonne' [so weit Chand. 1,6,6], welcher herabschaut auf diese Erde aus seinem goldenen Sitz, der ist eben jener, welcher, in der Herzenslotosblüte wohnend, die Nahrung ißt;

2. und der, welcher, in der Herzenslotosblüte wohnend, die Nahrung ißt, der ist es, welcher, als jenes Sonnenfeuer am Himmel wohnend, unter dem Namen der Zeit unsichtbar alle Wesen als Nahrung ißt. Fragt ihr, welches diese Lotosblüte [im Universum] sei, und woraus sie bestehe? - Nun, dieses dort ist die Lotosblüte, was der Raum dort ist, und seine vier Pole und vier Zwischenpole sind ihrer Blätter Formen geworden, und zueinander hingewendet [in der oben angegebenen Beziehung aufeinander] vollbringen ihren Lauf beide, der Prana und die Sonne.

Diese beiden soll man verehren durch die Silbe Om, durch die Vyahritis [die Ausrufe Bhur, Bhuvah, Svah] und durch die Savitri- Strophe.

3.-5.

Verehrung durch Om

3. 'Fürwahr, zwei Formen sind des Brahman, die gestaltete und die ungestaltete' (Brih. 2,3,1); aber die gestaltete ist die Unwahrheit, die ungestaltete ist die Wahrheit, ist das Brahman, als Brahman das Licht, als das Licht die Sonne, diese aber ist diesen Laut Om zum Selbst habend. 'Sie aber machte sich selbst dreifach' (Brih. 1,2,3), denn in dem Laut Om sind die drei Morae (a u m), durch die ist diese ganze Welt 'eingewoben und verwoben' (Brih. 3,6) in jener [Sonne]. Denn so heißt es: 'Fürwahr, die Sonne ist dieses Om!( also meditierend, soll man demgemäß sich selbst bereit machen (Ity Evam Dhyayans Tathatmanam yunjiteti, Telugutext).

4. Und auch an einem anderen Ort heißt es: 'Nun aber ist der Udgitha der Pranava (der heilige Laut Om), und der Pranava ist der Udgitha. Darum ist der Udgitha jene Sonne, und sie ist der Pranava.' (Chand. 1,5,1). Denn so heißt es: 'Den Udgitha, der da heißt der heilige Laut, den Führer, den lichtgestaltigen, schlummerlosen, alterlosen, vom Tode freien, dreifüßigen [nach dem Schol. Wachen, Schlaf, Tiefschlaf und Bhur, Bhuvah, Svah], dreilautigen [a, u, m] und wiederum zu erkennenden als fünffach [[[Prana]], Apana, Vyana, Samana, Udana] in der Höhle des Herzens verborgenen'. Denn so heißt es: 'Das die Wurzel oben habende (Kath. 6,1) dreifüßige Brahman (Rigv. 10,90,4) und als die Zweige Äther, Wind, Feuer, Wasser, Erde usw. [und ihre Produkte], dieser eine sogenannte Feigenbaum (Kath. 6,1), der ist das Brahman, und sein ist der Glanz, welcher jene Sonne ist, und auch der Glanz jener Silbe Om, darum soll man es durch den Laut Om verehren ohne Unterlaß!' Denn dieser ist des Menschen einiger Erleuchter. Denn so heißt es (Kath. 2,16):

'Ja, diese Silbe ist heilig,
Diese Silbe das Höchste ist,
Wer dieser Silbe ist kundig,
Was er wünschen mag, fällt ihm zu.'

5. Und an einem anderen Ort heißt es: 'Der Laut Om ist seine tonartige Gestalt; Weiblich, Männlich, Sächlich, dieses seine geschlechtartige; Feuer, Wind, Sonne, dieses seine lichtartige; Brahma, Rudra, Visnu, dieses seine oberherr-artige; Garhapatya, Daksinagni, Ahavaniya, dieses seine [opfer-]mundartige; Ric, Yajus, Saman, dieses seine wissenartige; Bhur, Bhuvah, Svar, dieses seine weltraumartige; Vergangenes, Gegenwärtiges, Künftiges, dieses seine zeitartige; Prana, Agni, Surya, dieses seine wärmeartige; Nahrung, Wasser, Mond, dieses seine schwellungsartige; Buddhi, Manas, Ahamkara, dieses seine erkenntnis-artige; Prana, Apana, Vyana, dieses seine prana-artige, - daher, wenn man sagt Om, so sind damit alle die vorerwähnten geehrt und einbegriffen worden. Denn so heißt es: 'Fürwahr, o Satyakama, diese Silbe Om, das ist das höhere und das niedere Brahman' (Prasna 5,2, unwörtlich).

6.

Verehrung durch Bhur, Bhuvah, Svah

Unausgesprochen (Avyahritam), fürwahr, war diese Welt. Er aber, die Realität, Prajapati, nachdem er Tapas geübt, sprach er sie aus: die Erde, den Luftraum, den Himmel (Bhur, Bhuvah, Svar). Denn dieses ist des Prajapati greifbarste Gestalt [unter den im vorigen Abschnitt aufgezählten Gestalten], was die weltraum-artige ist; Svar ist ihr Haupt, Bhuvar der Nabel, Bhur die Füße (vgl. Rigv. 10,90,14); die Sonne das Auge. Denn an dem Auge hängt für den Purusha (das Subjekt) die große Masse (das Objektive), denn mit dem Auge überstreicht er die Massen; ja, das Auge ist die Realität, denn in dem Auge seinen Standort habend, schweift der Purusha unter allen Dingen umher. Darum soll man die Ausrufe Bhur, Bhuvah, Svar verehren; denn damit ist der allbeseelende, allschauende Prajapati gleichsam verehrt worden. Denn so heißt es: 'Dieses, fürwahr, ist die alltragende Gestalt des Prajapati; in ihr ist diese ganze Welt beschlossen, und in dieser ganzen Welt ist sie beschlossen.' Darum ist sie [die, welche] man verehren soll.

7.-8.

Verehrung durch die Savitri

7. Tat Savitur Varenyam (den lieblichen des Savitar), - jene Sonne ist Savitar, und er ist also lieb zu haben von dem, der den Atman liebt, so sagen die Brahman-Lehrer;

Bhargo Devasya Dhimahi (des Gottes Glanz laßt ehren uns), - der Gott ist Savitar; und was an ihm hier der Glanz heißt, das überdenke ich, so sagen die Brahman-Lehrer;

Dhiyo Yo Nah Pracodayat (er möge fördern unseren Geist), - der Geist sind die Gedanken, und er ist der, welcher uns diese fördern möge, so sagen die Brahmanlehrer.

[Nachträgliche Etymologien.] Bhargas, der Glanz, bedeutet denjenigen, welcher in jener Sonne enthalten ist, oder auch es ist der Stern im Auge; er heißt Bhargas, weil durch die Lichtstrahlen (Bhabhis) sein Gang (Gati) ist; oder er heißt Bhargas, weil er, der Glanz, nämlich Rudra, [die Welt] ausdörrt, [so sagen] die Brahman-Lehrer; oder Bha bedeutet, daß er alle Welten erleuchtet (Bhasayati), Ra, daß er alle Wesen froh macht (Ranjayati), Ga, daß alle Geschöpfe in ihn eingehen (Gacchanti) und aus ihm hervorgehen, darum, als Bhara-Ga, ist er Bhargas. - Surya heißt so, weil fort und fort [[[Soma]]] gekeltert wird (Su); Savitar ist nach dem Erregen (Su), Aditya nach dem Nehmen [[[Ada]], der Flüssigkeiten der Erde, oder des Lebens der Geschöpfe, Schol.], Pavana (das Feuer) nach dem Läutern (Pavanam), die Apas (Wasser) sind nach dem Schwellendmachen (Pyayanam) benannt. Denn so heißt es: 'Fürwahr, der Atman ist der Führer (lies: Khalu Atma Neta), der da unsterblich heißt, ist der Wahrnehmer, Denker, Geher, Entleerer, Zeuger, Täter, Sprecher, Schmecker, Riecher, Seher, Hörer und der tastet, ist alldurchdringend in den Körper eingegangen( (vgl. Prasna 4,9). Denn so heißt es: 'Denn wo eine zweiheitartige Erkenntnis ist (vgl. Brih. 2,4,14), da hört, sieht, riecht und schmeckt, berührt alles der Atman und erkennt es; wo aber eine unzweiheitliche Erkenntnis ist, frei von Wirkung, Ursache und Werk, wortlos, vergleichlos, beschreibungslos, was ist das? - Es ist unaussprechlich.'

8. Fürwahr, dieser Atman ist Isana, Sambhu, Bhava, Rudra, Prajapati, Visvasrij, Hiranyagarbha, Wahrheit, Leben, Wandervogel, Regierer, Visnu, Narayana, Arka, Savitar, Schöpfer, Ordner, Allherrscher, Indra, Indu. Er ist der, welcher dort [in der Sonne] glüht, umgeben, wie Feuer von anderem Feuer, von dem tausendaugigen, goldenen Ei. Ihn wahrlich soll man suchen zu erkennen, soll man erforschen (vgl. Chand. 8,1)! - Alle Geschöpfe in Frieden lassend, in den Wald ziehend und der Sinnendinge sich entäußernd, so möge man ihn aus dem eigenen Leib heraus (Kath. 6,17) vernehmen, (Prasna 1,8)

'Den allgestaltigen, goldenen Wesenskenner,
Der dort als höchster Hort, als einzig Licht glüht!
Mit tausend Strahlen, hundertfach sich wandelnd,
Als Lebenshauch der Wesen geht dort auf die Sonne.'

6,9-17: Das Pranagnihotram und die metaphysische Bedeutung der Nahrung

Dieser Abschnitt zerlegt sich deutlich in drei Teile. - Im ersten Teile (6,9) wird, in Anschluß an Chand. 5,19-24, das Prana-Agnihotram gelehrt. An die Stelle des Agnihotram an die Götter tritt ein solches an den Prana, bestehend in einer rituellen Ernährung des eigenen Leibes (vgl. zu Chand. 5,19-24, oben S. 146).

- Der zweite Teil (6,10) unterscheidet im Universum Nahrung und Nahrungesser und führt dieselben auf die Prakriti und den Purusha der Samkhyas zurück.

- Durchaus in Widerspruch hiermit stehen die Betrachtungen des dritten Teiles (6,11-17) über Annam, Kala, Brahman. Denn während vorher die Nahrung (Annam) nur die objektive, prakriti-artige Seite der Welt bedeutete, so wird jetzt zunächst die Nahrung als Brahman in der Weise von Taitt. 3 und ähnlichen Stellen verherrlicht. Dann aber wird, mit der Wendung, daß die Ursache von allem die Nahrung, die Ursache der Nahrung aber die Zeit sei, dazu übergegangen, die Zeit als Brahman zu feiern; und endlich wird von dieser symbolischen Fassung des Brahman als Zeit auf das zeitlose und nach allen Seiten unendliche Brahman als den letzten Grund aller Gründe zurückgegangen.

- Fehlt es unserem Autor bei allen diesen Betrachtungen auch nicht an Tiefblick, so besitzt er doch nicht die Fähigkeit, seine Intuitionen in klarer und zusammenstimmender Weise zu gestalten.

9.

Das Pranagnihotram. Über dieses Stück als Mittelglied zwischen Chand. 5,19-24 und der Pranagnihotra Upanishad vgl. unsere Einleitung der letzteren.

Darum, fürwahr, hat einer diese beiden [Prana und Sonne] sein Selbst. Wer solches weiß, der übt die Meditation an dem Selbst; der bringt das Opfer nur in dem Selbst. Solche Meditation und der zur Ausführung [dieses Opfers] schreitende Wille ist von den Weisen (Chand. 5,24) gepriesen worden.

Dann möge er des Herzens Unlauterkeit durch den Spruch 'ob angerührt von Speiserestbehafteten' läutern. [Dies geschieht, indem] er den Spruch rezitiert:

Ob Speiserest, ob angerührt von Speiserestbehafteten,
Ob eines Bösen Gabe, ob von Todgeburt her [unrein],
Mir mögen Vasus Filter[18], Agni und der Sonne Strahlen
Die Nahrung läutern und mich selbst von aller Übeltat.

Dann umkleidet er vorher [durch Ausspülen des Mundes den Atman] mit Wasser; und indem er spricht: 'dem Prana Svaha! Dem Apana Svaha! Dem Vyana Svaha! Dem Samana Svaha! Dem Udana Svaha!( so opfert er unter diesen fünf Rufen [die Nahrung in sich] hinein. Was noch übrig bleibt, das ißt er ohne zu sprechen. Dann umkleidet er noch einmal hinterher [den Atman] mit Wasser, und nachdem er [in dieser Weise] den Mund ausgespült und dem Atman geopfert hat, soll er mit den beiden Versen 'als Leben, Feuer' und 'Visva bist du' den Atman überdenken:

Als Leben, Feuer ruht in mir
Als fünf Hauche das höchste Selbst.
Gesättigt sättige das All der Allgenießer!
Visva bist du, Vaisvanara bist du,
Du trägst das Weltall, das durch dich geboren;
Dir sollen gelten alle Opfergüsse,
Wo du bist, da ist Leben, Allbeleber!
Fürwahr, wer also und auf diese Weise die Nahrung ißt, der wird nicht hinwiederum zur Nahrung für andere.

10. Nahrung und Nahrungesser im Lichte der Samkhyalehre Hierbei muß man noch etwas anderes merken. Die weite¬re Entwicklung jenes Atman-Opfers ist die als Nahrung und Nahrungesser. Davon ist dieses die Auslegung. Der geistige 337 Purusha befindet sich in der Urmaterie (pradhanam). Er ist also der Genießer, weil er die von der Urnatur (prakriti) stam¬mende Nahrung genießt. Ihm nun dient jener natürliche At-man (bhûtatman) als Nahrung, denn seine Schöpferin ist die Urmaterie.' Darum ist alles, was aus den drei Gunas (Sattvam, Rajas, Tamas) besteht, das zu-Genießende, und der Genießer ist der darin befindliche Purusha. Und hierfür ist ja auch die Wahrnehmung beweisend. Denn da die Tiere aus dem Samen entstehen, so folgt, daß der Same zu-Genießendes ist [zur ob-jektiven Welt gehört]. Und hierin liegt, daß auch die Urmaterie [als der Same der Welt] zu-Genießendes ist. Somit ist der Pu 1 Der Sinn ist weder »very doubtfull« noch »unintelligible«, sondern klar. Nur der Purusha ist Subjekt (annada); alles andere, und also auch der Bhûtatman, stammt aus der Prakriti und gehört somit zum Objektiven (annam).

MAITRAYANA-UPANISHAD 425 rusha der Genießer, und die Urnatur das zu-Genießende; denn in ihr befindlich genießt jener. Die aus der Urnatur stammende Nahrung also wird, durch die Umwandlung in die Verschieden-heiten der drei Gunas, zu dem vom Mahad bis zu den Vaseshas [den die Unterschiede in sich enthaltenden groben Elementen] reichenden Lirigam.1 Damit ist auch schon die Erklärung des vierzehnfachen Weges [von Prakriti durch Mahad, Ahamkara, Manas und die zehn Indriyas] gegeben. Lust, Schmerz, Verblendung mit Namen, Nahrungsartig ist diese Welt, denn des Samens Süßes ist nicht zu schmecken, sagt man, solange keine Erzeugung aus ihm statt hat [nicht die unentwik-kelte Prakriti, nur die aus ihr entwickelte Welt ist Nahrung, ist Objekt]. - Und auch so, nämlich in den drei Zuständen, wird sie zur Nahrung, als Kindheit, Jugend und Alter. Daraus, daß diese Umwandlungen sind, folgt, daß sie Nahrung sind.' Indem 338 die Urmaterie in dieser Weise zum Offenbarwerden gelangt, ist ihre Wahrnehmung möglich. Hierbei betätigen sich Buddhi usw. [Buddhi, Manas, Ahamkara] in dem Schmecken [der Ob¬jekte] als Entschließen, Vorstellen, Ichbewußtsein. Ferner [in bezug auf] die Sinnesobjekte betätigen sich die fünf [Sinne] in dem Schmecken; so entstehen alle Tätigkeiten der Sinne und alle Tätigkeiten der Pranas [denn auch sie sind ein Schmecken der objektiven Welt]. In dieser Weise ist das Offenbare [Mahad usw.] Nahrung, und ist [durch dasselbe] das Unoffenbare Nah¬rung; aber ihr Genießer ist der gunalose [Purusha]; und daran, 1 Das Lirigam, der feine Leib, der im wesentlichen dasselbe ist, was bis-her Bhûtdtman genannt wurde, reicht, genau betrachtet, allerdings nur bis zu den Aviseshas, den keine Unterschiede in sich enthaltenden, auch Tanmdtra genannten, feinen Elementen (Samkhya-Karika v. 38-40) Es ist daher vielleicht, mit Tilgung des Anusvara, mahad-ddi-avisesha-an-tam lirigam zu lesen. 2 Nur in ihren Umwandlungen wird Prakriti zur Nahrung (zum Objekt der Erkenntnis). Solche Umwandlungen derselben sind einerseits Mahad, Ahamkara, Manas usw., andererseits die drei Lebensalter.

426 YAJURVEDA

daß er ihr Genießer ist, erweist sich seine Geistigkeit. Fürwahr, wie das Feuer der Nahrungesser der Götter, und der Soma ihre Nahrung ist (vgl. Brih. 1,4,6), so ißt (lies attz) durch das Feuer [durch den Purusha in ihm] die Nahrung, wer solches weiß. Denn >Soma mit Namen ist der natürliche Atman, Feuer mit Namen ist der, welcher das Unoffenbare als Mund hat., so wird gesagt. Nämlich der Purusha ist es, welcher durch das Unof-fenbare als Mund [der ihm die offenbare Welt vermittelt] das Drei-Guna-hafte genießt. Wer solches weiß, der ist ein Entsager, Hingebender, Selbstopferer. Und gleichwie einer in einem leeren Haus [wo keine Zeugen sind] die Buhlerinnen, welche zu ihm eingehen, doch nicht anrührt, - wer ebenso die Sinnesobjekte, welche zu ihm eingehen, nicht berührt, der ist ein Entsager, Hingebender, Selbstopferer. 11.-13. Das Brahman als Nahrung 11. Das, fürwahr, ist die höchste [Erscheinungs-]Form des Brahman, was die Nahrung ist.' Denn aus Nahrung bestehend 339 ist der Prana (das Leben), und wenn einer nicht ißt, >so wird er zu einem nicht denkenden, nicht hörenden, nicht fühlen¬den, nicht sehenden, nicht redenden, nicht riechenden, nicht schmeckenden und schüttet seine Lebenskräfte aus., so heißt es (Chand. 7,9,1, sehr frei modifiziert, ebenso das Folgen¬de), >aber wenn er dann ißt, so wächst er an Lebenskräften und wird zu einem denkenden, hörenden, fühlenden, reden¬den, schmeckenden, riechenden, sehenden.. Denn so heißt es (Taitt. 2,2): 1 Dieser Satz, und die ganze folgende Ausführung, nach welcher die Nahrung die Erscheinungsform des ganzen Atman ist, steht in Ein-klang mit manchen Stellen der älteren Upanishaden, aber in hartem Widerspruch zu der vorhergehenden Betrachtung, welche in der Weise der Samkhyas nur die eine, objektive Seite der Natur auf die Nahrung zurückführte und ihr den Purusha als Nahrungesser gegenüberstellte.

MAITRAYANA-UPANISHAD 427 Aus Nahrung geboren sind die Geschöpfe, Alle, wie sie auf Erden sind, Durch Nahrung haben sie ihr Leben, In diese gehn sie ein zuletzt. 12. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, alle diese Geschöpfe fliegen [wie die Vögel] Tag für Tag aus, um die Nah¬rung zu erhaschen; die Sonne nimmt mit ihren Strahlen Nah¬rung auf, dadurch erglüht sie; mit Nahrung beträufelt, verdau¬en hier diese Lebenskräfte; das Feuer selbst flammt auf durch Nahrung, und aus Verlangen nach Nahrung hat das Brahman diese Welt gebildet.( Darum soll man die Nahrung als den At-man verehren. Denn so heißt es (Taitt. 2,2): Aus Nahrung entstehn die Wesen, Durch Nahrung wachsen sie weiter, Wesen durch sich, sich durch Wesen, Nährt sie, darum heißt Nahrung sie. 13. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, diese Nahrung, die ist die allerhaltende Gestalt des erhabenen Visnu.< Nämlich die Essenz der Nahrung ist [nach Taitt. 2] der Prana, die des Prana das Manas, die des Manas die Erkenntnis, die der Erkenntnis die Wonne; der wird nahrungreich, pranasreich, manasreich, erkenntnisreich und wonnereich, wer solches weiß. Ja, so viele Wesen hienieden die Nahrung essen, in denen allen innerlich weilend, isset die Nahrung, wer solches weiß. Nahrung ist dem Verfall wehrend, Nahrung gilt für beschwichtigend, Nahrung ist für das Tier Leben; Gilt als ältestes, gilt als Arzt.

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340 14. Das Brahman als Zeit Aber an einem anderen Ort heißt es: >Die Nahrung, fürwahr, ist der Ursprung dieser ganzen Welt, und der Ursprung der Nahrung ist die Zeit, und der der Zeit die Sonne.< Dieser Zeit Sichtbarkeit ist dieses, was, aus der Dauer der Augenblicke usw. erwachsend, das zwölfteilige Jahr ausmacht. Von diesem Jahr ist die eine Hälfte [Juni bis Dezember, wo der Sonnenaufgang sich nach Südosten, der Region des Agni, verschiebt] dem Agni, die andere Hälfte [Dezember bis Juni mit Verschiebung des Sonnenaufgangs nach Nordosten, der Region des Soma] dem Varuna [man erwartet Soma, wie auch nachher steht] geweiht. Auf dem [Süd-] Gang von Magha an bis halb Sravishthah ist es dem Agni, und auf dem Nordgang von Sarpah bis halb Sra-vishthah. [richtiger: von halb Sravishthalt bis Sarpah] ist es dem Soma geweiht. Hierbei besteht jeder einzelne [Monat] von ihm [dem Jahr] aus neun Vierteln [der 27 Nakshatra s], entspre¬chend dem begleitenden1 [Nakshatram]. Wegen der Subtilität 1 Wie der Mond in jeder Nacht des Monats in einem anderen Nakshatram (Sternbild) steht, so durchläuft, nach der Vorstellung des Verfassers, auch die Sonne im Laufe des Jahres die 27 Nakshatras; nämlich bei ihrem Krama (Weg nach Süden) von Juni bis Dezember (die Namen-formen nach dem abdakalpadruma): 10) magha, 11) pûrvaphalgunî, 12) uttaraphalgunî, 13) hasta, 14) citrd, 15) svatih, 16) visakha, 17) anuradha, 18) jyeshtha, 19) mz2M, 20) purvashadha, 21) uttarashgha, 22) sravana, 23) halb sravishthah (dhanishtha); und bei ihrem Utkrama (Weg nach Norden) von Dezember bis Juni: 23) die andere Hälfte von Sravishthah, 24) satabhisha, 25) pûrvaphadrapadd, 26) uttarabhad-rapada, 27) revatî, 1) aivinî, 2) bharanî, 3) krittika, 4) rohinî, 5) mriga-siras, 6) ardra, 7) punarvarsuh, 8) pushyah, 9) sarpdh (afleshd). Hierbei kommen auf jeden der 12 Monate 27/12 Nakshatras, d. h. neun [Vier-] teile (navaiJakam) derselben. (Auf den Tierkreis und die benach¬barten Sternbilder verteilen sich, nach Whitney und Weber, obige 27 Nakshatras wie folgt: 10.-12. Leo: 13. Corvus; 14. Virgo; 15. Bootes; 16. Libra; 17.-19. Scorpio; 20.-21. Sagittarius; 22. Aquila; 23. Delphi-nus; 24. Aquarius; 25. Pegasus; 26. Pegasus, Andromeda; 27. Pisces; 1.-2. Aries; 3.-4. Taurus; 5.-6. Orion; 7. Gemini; 8. Cancer; 9. Hydra.)

MAITRAYANA-UPANISHAD 429 [der Zeit] ist dieses der Beweis [ihrer Realität]; denn hierdurch wird die Zeit bewiesen. Denn ohne Beweis ist die Annahme des zu Beweisenden nicht statthaft. Wohl aber kann das zu Bewei- 341 sende selbst [die Zeit], indem man es in seinen Teilen [Augen blicken usw.] auffaßt, zum Beweisgrunde werden, wodurch es sich selbst [auf induktivem Weg] zum Bewußtsein bringt. Denn so heißt es: So viele Momente der Zeit sind, In so vielen verstreicht sie selbst. Wer die Zeit als das Brahman verehrt, von dem weicht die Zeit [die Vergänglichkeit] sehr weit hinweg. Denn so heißt es: Die Wesen aus der Zeit fließen, Aus der Zeit gehn zum Wachstum sie, Gehn unter in der Zeit; - Zeit ist Unreale Realität. 15.-16. Die Zeit und das Zeitlose 15. >Fürwahr, es gibt zwei Formen des Brahman<, (soweit Brih. 2,3,1), die Zeit und die Nichtzeit. Nämlich was vor der Sonne da war, das ist die Nichtzeit, das Nichtteilbare, und was mit der Sonne anfing, das ist die Zeit, ist das Teilbare. Die Er-scheinungsform des Teilbaren aber ist das Jahr, und aus dem Jahr weiter entspringen diese Wesen, durch das Jahr auch, nachdem sie hier entsprungen, wachsen sie auf, und in dem Jahr gehen sie wieder zugrunde (nachgebildet nach Taitt. 3,1); darum, fürwahr, ist das Jahr der Prajapati, die Zeit, die Nah-rung, das Nest (die Wohnstätte) des Brahman und der Atman. Denn so heißt es: Die Zeit macht reifen die Wesen Im großen Atman allesamt; Worin aber die Zeit selbst reift, Wer den weiß, der ist vedafest.

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16. Die körperlich gewordene Zeit und der Ozean der Ge-schöpfe [aus dem sie entspringen] ist jener in ihr weilende, der da heißet Savitar (Zeuger), weil aus ihm diese Wesenhei¬ten, Mond, Sternbilder, Planeten, Jahr usw., gezeugt werden 342 (sûyante); aus diesen aber wiederum diese ganze Welt, und alles was hier Schönes und Unschönes in der Welt zu schauen ist, das stammt aus ihnen. Darum ist die Sonne das Selbst (der Leib, atman) des Brahman, und die Sonne, die da auch Zeit heißt, soll man verehren; ja, einige sagen: )Die Sonne ist das Brahman( (Chand. 3,19). Darum heißt es auch: Opfrer, Gottheit, Opfertrank, Spruch, Opfer, Visnu, Prajapati, All dies ist der Herr, der schauend Dort in der Sonnenscheibe glänzt. 17. Brahman als das Absolutum Das Brahman, fürwahr, war diese Welt zu Anfang, der Eine, Unendliche; unendlich nach Osten, unendlich nach Süden, unendlich im Westen, unendlich im Norden, und nach oben und unten, unendlich nach allen Seiten. Für ihn gibt es keine östliche oder sonst eine Himmelsgegend, kein in die Quere, kein unten oder oben. Er ist der unbegreifliche höchste At-man, unausmeßbar, ungeboren, unerforschlich, undenkbar ist er, dessen Selbst die Unendlichkeit ist( (Chand. 3,14,2). Er ist es, der, wenn das Weltall untergeht, allein wach bleibt; und er ist es, der dann [wieder] aus diesem Weltraum das Reingeistige aufweckt; durch ihn allein hat es sein Denken, und in ihm geht es wiederum unter. Das ist seine glanzvolle Erscheinungsform, was dort in der Sonne glüht, und das Licht, welches in dem rauchlosen Feuer (Kath. 4,13) in bunten Farben spielt, und er ist in dem Leib befindlich als das Feuer, welches die Nahrung verdaut. Denn so heißt es (vgl. Chand. 3,13,7): )Der da im Feuer weilt, und der im Herzen weilt, und der in der Sonne weilt, die

MAITRAYANA-UPANISHAD 431 sind nur er, der Eine allein.: - Der gelangt zur Einheit mit dem Einen, wer solches weiß. 6,18-30: Der Yoga und seine Frucht. Eingang des Brihadratha zur Vollendung Den Schluß der Belehrungen, welche gakayanya dem Brihadratha erteilt, bildet naturgemäß die praktische Philosophie, worunter, dem Geist der Upanishadlehre entsprechend, nicht irgendwelche Ethik, sondern nur der Weg verstanden werden kann, welcher zum 343 höchsten Ziel führt. Dieses Ziel ist Erkenntnis des Atman und, auf Grund derselben, Einswerdung mit dem Atman. Bei der Erkenntnis steht der Atman dem erkennenden Subjekt immer noch als ein Ande-res, Objektives gegenüber. Erst indem diese Zweiheit schwindet, wird der vijndnamaya dtman zum dnandamaya (Taitt. 2), und es tritt ein Zustand ein, welcher im Gegensatz zu dem des Wachens, Träumens, Tiefschlafes von unserer Upanishad (in Übereinstimmung mit Man-dûkya-Up. 7) der vierte (surya, turîya) genannt wird. Die Möglichkeit dieses Zustandes, ja die Berechtigung desselben ist nach Analogien des Christentums und des Neuplatonismus nicht zu bezweifeln. - Be¬denklicher (weil künstlich, und weil alles Künstliche als solches schon gewissermaßen unecht ist) ist die in Indien aus den Upanishadge-danken von der überintellektuellen Einswerdung mit dem Atman hervorgegangene, Yoga (»Arschirrung, Ins-Werk-setzung«) genannte Praxis, diesen überintellektuellen Zustand durch Zurückziehung der Organe von der Außenwelt, Anhalten des Atmens usw. künstlich her¬beizuführen. Da eine ganze Reihe späterer Upanishaden die Verherr¬lichung des Yoga bezweckt, auch ein eigenes philosophisches System ihm gewidmet ist, so fehlt es nicht an Mitteln, diese absonderliche Erscheinung der indischen Kultur zu studieren, und man wird wohl¬tun, sie in ihrem ganzen Zusammenhang kennenzulernen, ehe man zu ihrer Beurteilung schreitet. Was unsere Upanishad darüber bietet, ist nächst Kath. 6,6-13 und gvet. 2,8-15 vielleicht das älteste Vor¬handene und noch ziemlich unentwickelt und unabgeklärt. Statt der acht »Glieder« des Yoga, welche das System kennt (Yogasûtra 2,29), werden, mit Auslassung der drei vorbereitenden und unter Hinzu

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fügung von tarka, folgende sechs aufgezählt: pranayama, Regelung des Atmens, pratyahara, Zurückziehung der Organe von den Sinnen-dingen, dhyanam, Meditation, dharana, Fixierung des Denkens, tarka, Kontrollierung dieses Fixierens, samadhi, Versenkung. Auf diesem Wege gelangt man zur Freiheit nicht nur von der Außenwelt, sondern auch von dem eigenen (individuellen) Selbst, was mit einem neuen kühnen Ausdrucke niratmakatvam genannt wird, — gelangt man von dem sabdabrahman, (der Silbe om, im weiteren Sinne dem ganzen Veda) zum asabdabrahman, welches nicht mehr erkennbar, aber, nach einigen, im Ohrensausen oder in der Körperwärme unmittelbar wahr-nehmbar ist. Diese afabdabrahman ist Brahman, ist Visnu und ist Ru-dra, und der Weg zu ihm durch die hier zuerst genannte sushumnd, durch Durchdringung des Herzensäthers, durch Ablösung der Taitt. 2 aufgezählten Schichten, wird in phantastischer, wenig zusammenstim-mender Weise beschrieben. Am Ende des Gespräches folgen die üblichen Ermahnungen, die¬se Lehre keinem Unwürdigen mitzuteilen und eine Schilderung des Erlösten und seiner Freiheit gegenüber der Unfreiheit der anderen. Nach einer dunklen Polemik, betreffend, wie es scheint, die vom Sam-khyastandpunkt aus unentschieden bleibende Frage, ob eigentlich die Prakriti oder der Pururha erlöst werde, endet mit 6,30 die Erzählung von Brihadratha mit der Beschreibung seines Einganges zur Vollen-dung. 344 18. Folgendes ist die Ordnung zur Bewerkstelligung der selben [der Einheit] : Anhalten des Atems, Zurückziehung der Sinnesorgane, Meditation, Fixierung des Denkens, Kontrollie- rung derselben und Versenkung; dieses wird der sechsglied¬rige Yoga genannt. Hierdurch geschieht es, daß (bis auf den Schluß Mund. 3,1,3): Wenn ihn der Seher schaut, wie Goldschmuck strahlend, Den Schöpfer, Herrn und Geist, die Brahmanwiege, Dann gibt der Weise Gutes auf und Böses, Einsmachend alles in dem Ew'gen, Höchsten.

MAITRAYANA-UPANISHAD 433 Denn so heißt es: Wie, wenn in Flammen ein Berg steht, Wild und Vögel weg von ihm fliehn, So fliehen allezeit Sünden Weg von dem, welcher Brahman kennt. 19. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, wenn der Wissende, nach außen zu das Manas zurückhaltend und die Sinnendinge als Prana in sich zur Ruhe bringend, ohne Vor-stellen infolgedessen besteht, dann soll er, weil doch die Prana genannte individuelle Seele hier entstanden ist aus dem, was nicht Prana ist, darum als Prana den Prana in dem, was turyam (das Vierte) genannt wird (Mandûkya-Up 7f.), niederhalten.« Denn so heißt es: Was unbewußt im Bewußtsein Weilt, undenkbar, geheimnisvoll, Darin Bewußtsein eintauche Und das Liingam, des Grunds beraubt.' 20. Und an einem anderen Orte heißt es: >Noch eine hö-here Fixierung (dhdrana) besteht darin, daß man, indem man die Zungenspitze gegen den Gaumen preßt und Rede, Manas und Atem unterdrückt, das Brahman mittels der Kontrollie-rung (tarka, dieser Übung) schaut.« Wer so durch sein Selbst 345 das Selbst, feiner als das Feine erglänzend, unter Schwinden des Manas, sieht, der, indem er durch sein Selbst das Selbst gesehen, wird selbstlos (niratman), und vermöge der Selbst¬losigkeit ist er als unmeßbar und grundlos zu denken. - Die 1 Das lirigam nirairayam ist »der von der Außenwelt abgewandte psy-chische Organismus«; diese Erklärung ergibt sich aus Samkhyakarika 41: »wie ein Gemälde nicht ohne Hintergrund, wie ein Schatten nicht ohne Baumstämme oder andere Körper, so besteht auch nicht ohne die feinen Elemente (avidesha, oder die groben Elemente, vilesha) der des Grundes beraubte feine Leib (niradayam lirgam). — Schon öfter begegneten wir, wie hier wieder, wörtlichen Übereinstimmungen mit der Samkhyakarika.

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ses ist das, Erlösung bedeutende, höchste Geheimnis. Denn so heißt es: Durch Lautermachung des Denkens Tilgt gutes er und böses Werk. Mit lauterm Selbst im Selbst weilend, Wird er teilhaftig ewiger Lust. 21. Und an einem anderen Ort heißt es: >Eine Ader steigt empor, die heißt Sushumna, die Geleiterin des Prana; zwischen den Gaumenseiten abgesondert [in der uvula? vgl. Taitt. 1,6, oben S. 219]; auf dieser, die vereinigt ist mit dem Prana, dem Laut Om und dem Manas, steige er empor, und indem er zum Gaumen hin die [Zungen-] Spitze kehrt und die Sinnesorga¬ne zur Einheit zusammenfaßt (samyojya), schaut er als Größe die Größe (vgl. Chand. 7,24,1)<; dadurch gelangt er zur Ent-selbstigung (niratmakatvam), und wegen der Entselbstigung ist er dann nicht teilhaft der Lust oder des Schmerzes, sondern er erlangt die Absolutheit (kevalatvam). Denn so heißt es: Dann aber, vorher stillstehend Des eingehaltnen Odems Wind, Durchbricht die Schranke, wird eins er Am Haupt mit dem, was schrankenlos. 22. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, zwei Brahmans sind zu überdenken, das Wort und das Nichtwort; und eben durch das Wort wird das Wortlose offenbar gemacht.< Hier bedeutet das Wort den Laut Om; durch diesen empor-gestiegen [vgl. Prasna 5], gelangt man in dem Nichtwort zur Vernichtung. Denn weiter heißt es: >Dieses ist der Weg, ist das Unsterbliche, ist die Vereinigung und so Seligkeit.< Nämlich gleichwie eine Spinne am Faden emporklimmend [aus dem Verließ, in welches sie hinabgestiegen, wieder] ins Freie ge¬langt, so, fürwahr, gelangt der Meditierende, durch den Laut Om emporsteigend, zur Freiheit, 346 In anderer Weise glauben vorzügliche Lehrer des Wortbrah

MAITRAYANA-UPANISHAD 435 man, wenn sie das Ohr mit dem Daumen schließen (Chand. 3,13,8, vgl. Brih. 5,9), das Geräusch des Äthers, der im Herzen ist (Chand. 8,1,1), zu vernehmen. Siebenfach ist dessen Ähn¬lichkeit, nämlich mit Strömen, mit einem Glöcklein, mit einem Blechtopf, einem Rad, mit Froschgequake [bheka-vihikrindhi-ka, wohl korrumpiert], mit Regen, mit dem Reden in einem geschlossenen Raum. Dieses, individuelle Bestimmungen (zu prithag vgl. Chand. 5,18,1) an sich tragende, [Wort-Brahman] überschreitend, gehen sie in dem höchsten, wortlosen, unoffen-baren Brahman unter; daselbst sind sie ohne individuelle Ei¬genschaften, ohne individuelle Unterschiede gleichwie die zum Honigseim eingegangenen mannigfachen Blumensäfte (Chand. 6,9,1). Denn so heißt es (Mahabh. 12, 8540; cf. Brahmavindu 17. Sarvadarsanasamgraha p. 147,2): Zwei Brahmans muß der Mensch kennen, Das Wortbrahman und das zuhöchst; Wer bewandert im Wortbrahman, Erreicht das höchste Brahman auch. 23. Und an einem anderen Ort heißt es: >Das Wort (-brah-man) ist die Silbe Om; aber die Spitze desselben ist dasjenige, welches beruhigt, wortlos, furchtlos, kummerlos, Wonne, ge-sättigt, fest, unbeweglich, unsterblich, unerschütterlich, stetig, den Namen Vzsnu trägt und zur Erhabenheit über alles führt; darum soll man diese beiden verehren!( Denn so heißt es: Der höh're Gott und der nied're, Der da Om-Laut mit Namen heißt, Der wortlose, wesensleere, Den meditiert am höchsten Ort. 24. Und an einem anderen Ort heißt es (vgl. Mund. 2,2, 3-4): >Der Leib ist der Bogen, die Silbe Om der Pfeil, das Ma¬nas seine Spitze, die Finsternis [des Nichtwissens] das Ziel; in¬dem man die Finsternis durchbohrt, gelangt man zu dem nicht mit Finsternis Behafteten (vgl. Chand. 8,4,1 sakridvibhatam

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und Kath. 5,15); und wer so das mit ihr Behaftete durchbohrt 347 hat, der hat geschaut, einem schimmernden Funkenkreis' ver gleichbar, das sonnenfarbige; krafterfüllte, finsternisjenseitige (Vaj. Sarah. 31,18; tamasah paryam scheint Acc. zu sein von ta-masah pari, ß.igv. 1,50,10) Brahman, welches (nach Kath. 5,15) in jener Sonne, sowie im Mond, im Feuer, im Blitz erglänzt; und indem er Ihn (masc.) geschaut hat, geht er (Vaj. Samh.1. c.) zur Unsterblichkeit ein.( Denn so heißt es: 1 Das einheitliche, aber als eine Vielheit von Wesen erscheinende Brahman wird trefflich verglichen mit dem im Kreis geschwungenen Funken (alatacakram), welcher nur scheinbar eine Vielheit von Tei¬len nebeneinander besitzt, in Wahrheit aber nur einer bleibt. Weiter ausgeführt findet sich dieses Bild in Gaudapadas Mandûkya-karika 4,47-52: 47. Wie Funkenschwingung den Schein gibt Grader und krummer Linien, So den Schein Bewußtseinsschwingung Von Auffassen und Auffasser. 48. Wie ungeschwungen der Funke Nicht erscheint, nicht entsteht (als Kreis), So Bewußtsein, ungeschwungen, Erscheint nicht und entsteht auch nicht. 49. Schwingt der Funke, so kommt der Schein Nicht von außen her irgendwie, Nicht von anderem als dem Schwingen, Nicht ist Zuwachs dem Funken er; 50. Auch nicht entflieht er dem Funken, Weil er nicht hat ein Wirklichsein. - Ebenso ist's beim Erkennen, Denn auch dieses ist bloßer Schein: 51. Schwingt Erkenntnis, so kommt der Schein Nicht von außen her irgendwie, Nicht von anderem als dem Schwingen, Nicht ist Bewußtseinszuwachs er. 52. Nicht entflieht er dem Bewußtsein, Weil er nicht hat ein Wirklichsein; Weil Verursachtsein unwirklich, Ist als wirklich undenkbar er.

MAITRAYANA-UPANISHAD 437 Vertiefung, innerm Sein geltend, Greift doch nach Außenzielen auch; So wird objektlos Bewußtsein Objekthaft wiederum gemacht. Doch die Lust, die beim Hinschmilzen Des Geist's sich selbst zum Zeugen nur Besitzt; ist Brahman, rein, ewig, Der wahre Weg, die wahre Welt. 25. Und an einem anderen Ort heißt es: )Wenn einer, die 348 Sinne wie im Schlaf niedergehalten, durch reinheitlichstes Denken, gleichwie in einem Traum, in der Höhle der Sinnesor¬gane und doch nicht unter ihrer Botmäßigkeit, jenen, Pranava (Om) genannten, lichtgestaltigen, schlummerlosen, alterlosen, todlosen, kummerlosen Lenker erschaut, dann wird er selbst zu jenem, Pranava genannten, lichtgestaltigen, schlummerlo¬sen, alterlosen, todlosen, kummerlosen Lenker< [dem Gedan¬ken nach = Mund. 3,2,9]; denn so heißt es [als Begründung des Vorhergehenden wenig passend]: Weil er so Leben und Om-Laut Und alle Mannigfaltigkeit Bindet, oder sie sich binden, Wird Yoga (Bindung) es genannt. Denn des Lebens und Geistes Einheit Und aller Sinnwerkzeuge auch, Und alles Seins Verabschiedung, Die ist es, die man Yoga nennt. 26. Und an einem anderen Ort heißt es: )Gleichwie der Vo-gelsteller [der zugleich Fischer ist] die Wasserbewohner mit seinem Netzwerke herauszieht und sie in dem Feuer seines Bauches opfert, ebenso, fürwahr, zieht man diese Pranas [Le-benshauche] mit dem Laute Om heraus und opfert sie in dem leidlosen Feuer [des Brahman, Atman]<; dieses [Feuer] nun weiter ist wie ein heißes [mit geschmolzener Butter gefülltes]

438 YAJURVEDA Tongefäß, und gleichwie die Butter in dem heißen Tongefäß durch die Berührung mit [brennendem] Gras oder Holz auf-flammt, also auch flammt jener Nicht-Prana Genannte durch die Berührung mit den Pranas auf, und was dabei aufflammt, das ist die Erscheinungsform des Brahman, das ist >der höchste Schritt des Visnu< (vgl. Kath. 3,9), das ist das Rudrasein des Rudra; und dieses, indem es sodann unzähligfach sein Selbst zerteilt (vgl. Chand. 7,26,2), erfüllt diese Welten. Denn so heißt es (vgl. Brih. 2,1,20. Mund. 2,1,1): Und gleichwie aus dem Feuer sprühn die Funken, Wie Strahlen aus der Sonne, so bei ihm hier Gehn wiederum die Lebenshauche alle Hervor aus jenem nach der Reihenfolge. 349 27. Und an einem anderen Ort heißt es: >Fürwahr, das ist die Glut des höchsten, unsterblichen, körperlosen Brahman, was in dem Körper die Hitze ist (dem Sinne nach Chand. 3,13,8); ihr dient dieser [Körper] als Schmelzbutter [die jene Hitze zum Aufflammen bringt und dadurch sichtbar macht]; und wenn sie dann offenbar wird, so bleibt sie dennoch in dem Äther [des Herzens] eingehüllt; darum stoßen sie durch die völlige Konzentration den Herzensäther so beiseite, und indem dann gleichsam das Licht jener [Hitze, die Brahman ist] hervortritt, so geht einer infolgedessen alsbald in ihre Wesenheit ein, ähn¬lich wie ein in die Erde vergrabenes Stück Eisen alsbald zu dem Erdesein eingeht; und wie jenes in Erde umgewandelte Stück Eisen vom Feuer, Eisenschmied und ähnlichen Einwir¬kungen nicht mehr leidet, so wird ähnlich auch das [individu¬elle] Bewußtsein mitsamt seinem Substrat alsdann zu nichts.< Denn so heißt es: Die Ätherhülle im Herzen Ist Wonne, ist der höchste Sitz, Ist unser Selbst, unser Yoga, Ist Feuers und der Sonne Glut.

MAITRAYANA-UPANISHAD 439 28. Und an einem anderen Ort heißt es: 'Wer die Elemente [aus denen sein Leib besteht], die Sinnesorgane und die Sin-nendinge dahintenlassend, den Bogen ergreift, dessen Sehne Pilgerschaft, und dessen Bügel Charakterstärke heißt, und, in-dem er mit dem Pfeile Eigendünkellosigkeit jenen ursprüngli-chen Versperrer der Pforte zu Brahman [den Ahamkara] nie-derschlägt, - auf dem Haupt trägt er [der Ahamkara] die Krone der Verblendung, in den Ohren die Ringe der Begierde und des Neides, in der Hand den Stab der Schlaffheit, Trunken¬heit und Arglistigkeit, er ist des Eigendünkels Oberherr, und indem er den Bogen ergreift, dessen Sehne Zorn, und dessen Bügel Habgier heißt, pflegt er mit dem Pfeil Verlangen seine Mitgeschöpfe zu morden, - wer diesen niederschlägt und so-dann auf dem Schiffe Om überfährt über den Äther im Herzen, der wird in dem ihm offenbar gewordenen inneren Äther nach und nach, wie der Minerale suchende Bergmann in der Grube vordringt, also bis zu der Halle des Brahman vordringen, die uns den vier Netzen [dem nahrungartigen, odemartigen, ma nasartigen, erkenntnisartigen, Taitt. 2] bestehende Hülle des 350 Brahman durchbrechen, mittels Belehrung durch einen Lehrer, und sodann, rein, geläutert, ledig, beruhigt, pranalos, atman-los, unendlich, unvergänglich, fest, ewig, ungeboren und frei auf seine eigene Größe gegründet stehen (Chand. 7,24,1), und indem er sich auf seine eigene Größe gegründet sieht, blickt er gleichwie auf ein dahinrollendes Rad (vgl. Kaush. 1,4, oben S. 26) auf das Rad des Samsara hin.< Denn so heißt es: Wer sieh sechs Mond lang anstrengt, Von Weltlichkeit stets frei, dem wird Unendlich, allerhöchst, geheim, Vollkommne Yogakraft zuteil. Doch wer, von Rajas und Tamas Erfüllt, selbst wohl erleuchtet sonst, An Kinder, Weiber und Sippschaft Sich hängt, dem wird sie nie zuteil.«

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29. Nachdem Sakayanya also gesprochen und, in sich versun-ken, jenem [Brahman] Verehrung dargebracht hatte, sprach er: »Durch dieses Brahmanwissen, o König, haben den Weg zum Brahman die Söhne des Prajapati [die Valakhilyas, nach dem Scholiasten] erstiegen; denn volles Genügen, Abhärtung gegen die Gegensätze [wie Kälte und Wärme, Vedantasara 21] und Beruhigung des Gemütes erlangt man durch Übung des Yoga«, sprach er. »Dieses Allergeheimnisvollste«, fuhr er fort, »soll man kei-nem kund machen, der nicht Sohn oder Schüler, und der noch nicht beruhigt ist. Wer aber keinem anderen [als dem Lehrer] anhängt und mit allen Tugenden geschmückt ist, dem mag man es mitteilen. 30. Om! In einer reinen Gegend (Chand. 8,15) soll man als ein Reiner in der Realität feststehen, das Reale studieren, das Reale reden, das Reale meditieren, dem Realen opfern [in der oben 6,9 geschilderten Weise]. Dadurch wird einer in dem realen Brahman, welches nach dem realen Mann Verlangen trägt, vollendet und ein anderer: sein Lohn ist die Lösung 351 von den Stricken, und ohne zu hoffen, ohne zu fürchten, so wenig von anderen wie von sich selbst, ohne mehr etwas zu wünschen, erlangt er unvergängliche, unermeßliche Seligkeit und verharrt in ihr. Denn die Freiheit von Wünschen ist wie die vortrefflichste Hebung des trefflichsten Schatzes. Denn [von Natur] ist der Purusha aller Wünsche teilhaftig [anders Schol., Cowell, M. Müller]; und nur sofern er Entschließung, Vorstellung, Selbstwahn [die Eigenschaften von Buddhi, Ma¬nas, Ahamkara] als Liingam [psychischen Leib] annimmt, wird er gebunden, und sofern das Gegenteil eintritt, ist er erlöst: - Zwar lehren einige: es sei der Guna [Sattvam, Rajas, Tamas]; welcher, zufolge der Differenzierung der Prakriti, in die Ge¬bundenheit der Entschließung [usw.] verfalle, denn indem die Schuld der Entschließung [usw.] aufgehoben werde, er¬folge die Erlösung. - [Aber dem ist nicht so!] Denn nur mit dem Verstand (manas) sieht man und mit dem Verstand hört man; Verlangen, Entscheidung, Zweifel, Glaube, Unglaube, Fe

MAITRAYANA-UPANISHAD 441 stigkeit, Unfestigkeit, Scham, Erkenntnis, Furcht, alles dies ist nur Manas< [wie die Schrift Brih. 1,5,3 sagt, woraus folgt, daß das Manas nur karanam, Werkzeug der Bindung, nicht kartri, der Gebundene selbst ist; hingegen wer gebunden wird, das ist als Bhûtatman der Purusha; denn, wie es schon oben, 3,2 S. 323, von ihm hieß:] vom Strom der Gunas fortgerissen und besudelt, wird er haltlos, schwankend, gebrochen, begehrlich, ungesammelt, und in den Wahn [des Ichbewußtseins] verfal-lend wähnt er: ,ich bin dieser, mein ist dieses', und bindet sich selbst durch sich wie ein Vogel durch das Netz.< - Es ist somit der Purusha, welcher, sofern er Entschließung, Vorstellung, Selbst als Lingam annimmt, gebunden wird, und sofern das Gegenteil eintritt, erlöst ist. Darum soll man verharren ohne Entschließung, ohne Vorstellung, ohne Selbstwahn; das ist - Kennzeichen der Erlösung, das ist hienieden der Weg der zu Brahman (vgl. Brih. 4,4,23), die Öffnung der Pforte, und durch sie wird man ans jenseitige Ufer dieser Finsternis gelangen,-denn in ihm sind alle Wünsche beschlossen< (Chand. 8,1,5), und mit Bezug darauf zitieren sie (z.B. Kath. 6,10) Vers: Erst wenn gelangt zum Stillstande Mit den fünf Sinnen Manas ist, Und unbeweglich steht Buddhi, Das nennen sie den höchsten Gang.« Also sprach Sakayanya, und in sich selbst versunken [schwieg er]. Ihm zollte Marut [d. h. der König Brihadratha] in gebüh-render Weise die Verehrung, und seines Zweckes teilhaftig geworden, zog er den Nordweg der Sonne, denn dorthin ist kein Zugang auf einem Seitenweg', sondern dorthin führt nur der Brahmanweg [der Devaydna], und nachdem er durch die Sonnenpforte eingedrungen, stieg er weiter [durch die Chand. 5,10,2 genannten Stationen] empor. In bezug darauf zitieren sie die Verse [welche nur eine Ausmalung des Verses Chand. 1 Vgl. das Bekannte: »Nicht gibt es einen anderen Weg zum Geben«, Vaj. Samh. 31,18 und öfter.

442 YAJURVEDA 8,6,6 = Kath. 6,16 sind]: Unendlich sind dessen Strahlen, Der als Fackel im Herzen steht, Weiß, nicht weiß, schwärzlichgelb, dunkel, Rotbraun auch und von zartem Rot. Von ihnen führt empor ein Strahl, Der durch die Sonnenscheibe dringt, Höher noch als die Welt Brahmans; Auf ihm geht man den höchsten Gang. Noch anderer Strahlen sind hundert, Die nach oben verbreiten sich, Auf denen zu den Wohnsitzen Der Götterscharen man gelangt. Noch andere Strahlen gehn abwärts, Mannigfaltig, von mattem Glanz, Durch die zum Werkgenuß hierher Wider Willen die Seele eilt. Darum ist die Ursache für Neugeburt, Himmel und Erlösung der [als jene Fackel im Herzen strahlende] verehrungswürdige Aditya. 353 Nachdem mit dem Schluß der Reden des Sakayanya und der Schil derung von dem Eingang des Königs Brihadratha zur Vollendung das Thema der Upanishad absolviert ist, so folgen weiterhin von 6,31 bis zu Ende der Upanishad 7,11 Nachträge, die sich durch den neuen Anfang und durch die Art, wie sie das früher Abgehandelte wieder auf¬nehmen, um es fortzuentwickeln und näher auszuführen, deutlich als solche kennzeichnen. Die Themata dieser Nachträge sind folgende: 6,31-32. Der Atman und die Organe. 6,33-38. Das Opfer und das Pranagnihotram. 7,1-7. Aditya als der Atman. 7,8-10. Polemik gegen Häresien. 7,11. Epilog.

MAITRAYANA-UPANISHAD 443 6,81-88: Der Atman und die Organe Ähnlich wie in der (vielleicht dem Verfasser vorschwebenden) Stel¬le Kena 1, wird der Atman als der geschildert, welcher in Gestalt der Sinne auszieht und ebendieselben zügelt. Aber nicht nur die Sinne, sondern ebenso sehr alle durch dieselben aufgefaßten Objekte sind ihrem Wesen nach Atman, wie durch mehrere Zitate bekräftigt wird. 31. Woraus bestehend wandern diese Sinnesorgane in die Ferne? Wer ist es, der in ihnen auszieht [udganta, nicht udga-mayita] und der sie zügelt? Das ist die Frage. Und die Antwort lautet: aus dem Atman bestehen sie; denn der Atman ist es, der in ihnen auszieht und der sie zügelt. Nämlich da sind die Apsa¬ras [die verführerischen Objekte], und da sind die von der [At-man-] Sonne ausgehenden Lichtwellen; und mit fünf Strahlen derselben [mit den Sinnesorganen] zehrt sie an den Ob jekten. Fragt ihr, welches dieser Atman sei? Nun, es ist der, von welchem es bereits hieß (2,4, oben S: 319), daß er nach seinen Merkma¬len »rein, lauter, entleert, beruhigt« u.s.w. sei, und welcher nur durch die ihm eigentümlichen Kennzeichen, aufgefaßt werden kann. Und als sein, des Kennzeichenlosen, Kennzeichen geben die einen an, daß er sei, was dem Feuer die durch [die Körper] ziehende Hitze (vgl. oben 6,27, S. 349), und was an dem Wasser der lieblichste [d. h. reinste] Geschmack ist, und andere geben als sein Kennzeichen Rede, Ohr, Auge, Manas und Prana an [der Scholiast verweist auf die Stelle: »des Hörens Hören« usw. Kena 22 Brih. 4,4,18], und wieder andere: Vernunft, Beharrlichkeit, Erinnerung, Bewußtsein (vgl. Ait. 3,2, oben S. 20). Aber diese 354 alle verhalten sich zu ihm wie hier zu dem Samen die Pflanze, oder wie zu dem Feuer der Rauch, die Flamme und die Funken. Hierzu zitieren sie die Stelle (6,26, oben S. 348): Und gleichwie aus dem Feuer sprühn die Funken, Wie Strahlen aus der Sonne, so bei ihm hier Gehn wiederum die Lebenshauche alle Hervor aus jenem nach der Reihenfolge.

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32. Fürwahr, aus eben diesem gehen in ihm selbst [wenn nicht &manas zu lesen ist] hervor »alle Lebenshauche, alle Welten, alle Veden, alle Götter und alle Wesen; seine Upanishad (Ge-heimname) ist: die Realität der Realität« (Brih, 2,1,20). Und »gleichwie, wenn man ein Feuer mit feuchtem Holz anlegt, die Rauchwolken sich rings verbreiten, ebenso, fürwahr, ist aus diesem großen Wesen ausgehaucht worden der Rigveda, der Yajurveda, der Samaveda, die [Lieder] der Atharvans und der Angiras, die Erzählungen, die Geschichten, die Wissenschaf¬ten, die Geheimlehren, die Verse, die Sinnsprüche, die Aus-einandersetzungen und Erklärungen, - alle diese sind aus ihm ausgehaucht [visva bhûtani wohl nur alter Lesefehler für visva-sitani] worden« (Brih. 2,4,10). 6,33-38: Das Opfer und das Pranagnihotram Dieser vielfach dunkle und schwierige Abschnitt bildet den Ab¬schluß des sechsten Prapathaka, indem er die Hauptgedanken dessel¬ben zusammenfaßt und in eigentümlicher Weise miteinander verwebt. Dieser Hauptgedanken waren drei: 1) die Identität von Aditya und Prana als zweier Symbole des Brahman (6,1-8); 2) das Pranagniho-tram (6,9 f.); 3) der Yoga als Aufgebung des individuellen Selbstes im Absolutum. Diese Elemente verschmelzt der Autor unseres Abschnit¬tes, indem er das Opfer (agnicayanam, agnihotram und verschiedene Somaopfer) umdeutet zu einem Opfer an Aditya, von welchem der Opfernde weiter zu Brahman emporgehoben wird. Vermöge der Iden¬tität von Aditya und Prana tritt dabei dem rituellen Opfer an Aditya das Opfer an Prana, bestehend in einer sakramentalen Ernährung des eigenen Leibes, als parallele Erscheinung zur Seite. Beide Opfer aber sind im tiefsten Sinn eine Hingabe und Auflösung des eigenen Selb-stes in dem Atman im Sinne des Yoga. Wir wollen versuchen, diese mitunter etwas wirr durcheinanderlaufenden Gedankenströmungen so weit wie möglich durch spezielle Inhaltsangabe der einzelnen Ab¬schnitte zu sondern.

MA IT RAYA NA-UPANISHAD 445 33. 355 Die drei Opferfeuer (Gdrhapatya, Daksincî, Ahavanîya) werden von dem, »welcher den Purusha kennt«, angeschaut als die drei Weltgebie¬te und die in ihnen herrschenden Kräfte: Erde (Jahr), Luftraum (Vayu, Prana), Himmel (Indra, Aditya). Wer mit dieser Anschauung das Opfer veranstaltet, der wird (ähnlich wie Prasna 5 der, welcher den Laut Om meditiert) empor zu Luftraum, Himmel, Prajapati und schließlich zu Brahman geführt. Dieses [erste] mit fünf Backsteinen geschichtete Feuer ist das Jahr, und seine Backsteine sind diese: der Frühling, der Som¬mer, die Regenzeit, der Herbst und der Winter; so hat dassel¬be einen Kopf, zwei Flügel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist diese [Erde] hier, und als die erste Schichtung zu Prajapati hin hebt sie den Op¬ferherrn mit ihren Händen empor in den Luftraum und bietet ihn dem Wind dar. Der Wind aber ist der Prana; und dieses [zweite] Feuer ist der Prana, und seine Backsteine sind diese: Prana, Vyana, Apa-na, Samana und Udana; so hat dasselbe einen Kopf, zwei Flü-gel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist dieser Luftraum hier, und als die zweite Schichtung zu Prajapati hin hebt er den Opferherrn mit seinen Händen empor in den Himmel und bietet ihn dem Indra dar. Der Indra aber ist jener Aditya; und er ist dieses [dritte] Feuer, und seine Backsteine sind diese: die Rics, die Yajus, die Samans, die Atharvangiras, das Itihasa-Puranam [die epischen und mythologischen Gedichte]; so hat dasselbe einen Kopf, zwei Flügel, einen Rücken und einen Schwanz. Dieses Feuer des, der den Purusha kennt, ist dieser Himmel hier, als die drit¬te Schichtung zu Prajapati hin vollbringt er die Überweisung des Opferherrn an den Atmanwisser (Prajapati), und der At-manwisser hebt ihn empor und bietet ihn Brahman dar; da¬selbst wird er wonnevoll und freudevoll.

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34. Die als Erde, Luftraum und Himmel aufgefaßten drei Opferfeu¬er sind nur das offenbar gemachte Verdauungsfeuer (in dem das 356 Prd z4 nihotram dargebracht wird), und dem entsprechend ist Savi tar, dem die äußern Opfer gelten, identisch mit dem meditierenden Subjekte in uns, in welchem Manas und alle Organe sich auflösen, wodurch unaussprechliche Seligkeit erlangt wird. Darum ist der äuße¬re Opferkultus beizubehalten. Der Garhapatya ist die Erde, der DaksiOgni der Luftraum, der Ahavanîya der Himmel; und darum auch heißen sie' Pa-vamana (läuternd), Pavaka (Läuterer) und Suci (rein), weil da¬durch [daß man in ihnen opfert] des [Opfernden] Opfer [das er als Pranagnihotram innerlich, in seinem Leib darbringt, oben 6,9] zur Offenbarung kommt; denn das Verdauungsfeuer [in welchem das Pranagnihotram geopfert wird] ist ein Komplex von Pavamana, Pavaka und Sucz2 - Darum ist das Opferfeuer zu verehren, zu schichten, zu preisen, zu überdenken3. Der Opfer¬herr ergreift die Opferspeise und sucht [mit folgendem Verse] die Gottheit zu überdenken: 1 Die Feuer der Erde, des Luftraums und des Himmels; vgl. Kûrmapura na 12 (im Sabdakalpadruma): Pavamana und Pavaka Und Suci sind der Feuer drei: Pavamana ist, was man quirk, Pavaka, was dem Blitz entspringt, Was aber dort strahlt als Sonne, Das Feuer Suci wird genannt. 2 Warum? wird nicht gesagt. Vielleicht argumentierte der Autor so: die drei bekanntlich (Ind. Stud. X, 328) dem Agni als pavamzîna, pavaka und Suci im Verfolge des Agnyadhanam dargebrachten Spenden hei-ßen die drei »Leibspenden« (tanûhavis). Als solche bedeuten sie ur-sprünglich die im Verdauungsfeuer des eigenen Leibes dargebrach¬ten Spenden, und die drei Spenden in den äußeren Feuern sind nur das offenbar gemachte (avislzkritam) Pranagnihotram. 3 Alles Folgende, bis zur Wiederholung dieser Worte am Schluß des Ab-schnittes, ist eine, vielleicht von späterer Hand eingeschobene Episo de.

MAITRAYANA-UPANISHAD 447 Der Vogel, welcher goldfarbig Im Herzen, in der Sonne wohnt, Taucher und Wandrer, glutregnend, Ihn hier im Feuer ehren wir. Und in dieser Weise legt er sich auch den Sinn des Spruches [der Savitrî, Rigv. 3,62,10] aus: »des Savitar liebwerter Glanz« ist zu überdenken, nämlich desjenigen (Savitar), welcher, im Inneren des Bewußtseins als der Denkende hier weilend, das 357 Manas in dem zur Stätte der Ruhe eilenden Atman versenkt. - Darüber sind diese Verse: Gleichwie das Feuer brennholzlos, Zur Ruhe kommt an seinem Ort, So kommt, betätigungslos, auch Der Geist an seinem Ort zur Ruh, Sobald an seinem Ort Manas Zur Ruhe kommt, weil wahr sein Wunsch; Doch wenn die Dinge es blenden, Ist unwahr er, werkuntertan. Gesinnung ist der Samsara, Sie soll man reinigen mit Fleiß; Wie du gesinnt bist, so bist du, — Ein Rätsel und doch ewig wahr! Der Gesinnung zur-Ruh-Kommen Hebt gutes Werk und böses auf, Wer, ruhig selbst, im Selbst feststeht, Erlangt Glück, unvergängliches. Wenn der Geist nur so anhänglich, Wie er an Sinnendinge ist, Ebenso wäre an Brahman, Wer würde nicht von Bindung, frei! Das Manas, sagt man, ist zweifach, Entweder unrein oder rein, Wenn wunschbesudelt, ist's unrein, Rein, wenn es frei von Wünschen ist.

448 YAJURVEDA Wer von Zerstreuung, Anhaftung Sein Manas frei macht, regungslos, Und so zur Manaslosigkeit Gelangt, der geht zum Höchsten ein. So lange hemme dein Manas, Bis im Herzen es wird zunicht; Das ist Wissen, ist Erlösung, Das andere ist gelehrter Kram.' 358 Wer, durch Nachsinnen reingewaschnen Geistes, sich Versenkt im Altman, was für Seligkeit der fühlt, Das auszudrücken sind imstande Worte nicht, Das muß im innern Herzen man erfahren selbst. Wasser im Wasser, Glut in Glut, Raum im Raum nicht mehr sichtbar ist; So auch tritt, mit dem Eingange Des Manas die Erlösung ein. Das Manas also ist Ursach Der Bindung und Erlösung uns: Der Bindung, am Objekt hängend; Von ihm Freiheit Erlösung heißt.2 Darum, wer nicht das Agnihotram darbringt, nicht die Feu¬er schichtet, nicht wissend, nicht meditierend ist, dem ist die Erinnerung an den Äther der Stätte des Brahman verschlossen. - Darum ist das Opferfeuer zu verehren, zu schichten, zu prei¬sen, zu überdenken. 35. Zunächst werden die Yajamana-Sprüche aus Taitt. Sarah. 7,5,24 an Agni, Vayu, Aditya auf den neuen Yajamana, wie er oben (33) ge¬schildert wurde, bezogen und dem entsprechend durch einen vierten Spruch an Brahman vermehrt. Sodann wird weiter, im Anschluß an 1 Die letzten zwölf Zeilen kehren ähnlich wieder Brahmabindu-Up. Vers 1.4.5. 2 Brahmabindu-Up. Vers 2.

MAITRAYANA-UPANISHAD 449 die etwas modifizierte Stelle Îsa 15-16 (= Brih. 5,15), der Gedanke durchgeführt, daß nicht die Sonne als solche, nicht der in ihr befind¬liche Sonnennektar, auch nicht der in ihr glühende Opferspruch (vgl. zu diesen Vorstellungen Chand. 3,1 f.) das eigentliche Objekt der Ver¬ehrung sei; sie sind »nur ein Teil der den Weltraum durchdringenden Kraft« (nabhaso 'ntargatasya tejaso niamatram), während diese selbst als Satyadharma »wahrhafter Satzung« und Vîsnu »alldurchdringend« gepriesen wird. In dieser Kraft löst sich der Opferbringer, nach einem aus Brih. 2,4,12 (vgl. Chand. 6,13) entlehnten Bild, wie der Salzklum¬pen im Wasser auf. Die zum Schluß angehängten Zeilen in rhythmi¬scher Prosa stellen, wie es scheint, den zur Einheit Gelangten und die noch in der Zweiheit Befangenen einander gegenüber. Verehrung dem Agni, dem Erdbeherrscher, dem Weltgewäh rer (lokasprite mit Vaj. Sarah. 7,5,24); verleihe diesem Opfer herrn deine Welt! Verehrung dem Vayu, dem Luftraumbeherrscher, dem Welt- 389 gewährer; verleihe diesem Opferherrn deine Welt! Verehrung dem Aditya, dem Himmelsbeherrscher, dem Weltgewährer; verleihe diesem Opferherrn deine Welt! Verehrung dem Brahman, dem Allbeherrscher, dem Allge währer; verleihe diesem Opferherrn das All! »Mit einer Schale von Golde Ist zugedeckt der Wahrheit Mund, Die öffne, Pûshan, mir, laß mich Zu Satyadharma, Visnu ein. Ja, der Purusha, der dort in der Sonne weilt, der bin ich!« (Îsa 15-16 = Brih. 5,15). Fürwahr, das ist Satyadharma, was an der Sonne das Sonnensein (das eigentliche Wesen) ist; das ist das Reine, ist das Purushawesen, das geschlechtlose [daher purusham statt purushah]. Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was dort gleichsam mitten in der Sonne und im Auge und im Feuer glüht; sie aber [jene Kraft] ist Brahman, ist das Unsterbli-che, ist der Glanz [des Savitar, Rigv. 3,62,10], ist Satyadharma.

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Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was mitten in der Sonne der Nektar ist [welcher aus den Veden in ihr zusammenfließt, Chand. 3,1-11]; sie aber [die Kraft], von der auch der Soma und selbst die Lebenshauche bloße Spröß-linge sind, ist Brahman, ist das Unsterbliche, ist der Glanz, ist Satyadharma. Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist, was mitten in der Sonne als das Yajus [der höchste Veda, da zu ihm unsere Upanishad sich rechnet] erglänzt; [sie aber, die Kraft, ist] Om! Wasser, Licht, Essenz, Unsterbliches', Brahman, Bhûr, Bhuvah, Svar, Om! Achtgegendhaft, Zugvogel, rein, Dreisträhnig, ewig, unsichtbar, Nicht gut noch böse, glutflammend, — Ihn schaut nur, wer das Weltall schaut.' 360 Nur ein Teil der das Weltall durchdringenden Kraft ist das, was mitten in der Sonne emporsteigend zu zwei Strahlen [Sub-jekt und Objekt, als Prototyp der Zweiheit?] wird; sie aber [jene Kraft] ist Einwissend [savit im Gegensatz zu dvai-tavit], Satya-dharma, ist Yajus, ist Tapas, ist Vayu, ist Prana, ist Wasser, ist Mond, ist das Reine, ist das Unsterbliche, ist der Brahmanbe-reich, ist der wogende Glanz (Rigv. 3,22,2); in ihm zerschmel-zen, wie der Salzklumpen (Brih. 2,4,12), die Opfernden, er ist die Brahman-Einheit, in ihm sind alle Wünsche beschlossen (Chand. 8,1,5): Hier zitieren sie den Spruch: Wie die Dochtträgerin, von sanftem Winde bewegt, nur leise zuckt, so auch er, der einging zu den Göttern; Wer solches weiß, der ist einwissend und auch zweiheitwissend, der ist gelangt zur einigen Stätte und ihres Wesens. 1 apo jyotî raso 'mritam, dieser Spruch ist das sogenannte tiras. 2 Der Vers ist stark verderbt und die Erklärung desselben daher höchst problematisch. Mit besseren Lesarten findet er sich Cûlika-Up. 1.

MAITRAYANA-UPANISHAD 451 Sie aber, die, gleichwie Wassertropfen, rastlos sprühen, Gleichwie im höchsten Raume Blitzes Wolkenflammen, Auch sie, da sie sich gründen in des Lichtes Herrlichkeit, Sind an ihm nur was Flämmchenhaarlocken am Lohenden.

Fußnoten

  1. So stammt z. B. das Zitat 6,4 p. 86,3 (wenn es anders ein solches ist) aus einer Schrift, die selbst erst Kath. 6,1 zitiert; ebenso setzt eine in 6,1 p. 80,1 als Zitat auftretende Stelle Kath. 4,1 voraus.
  2. Viele derselben werden sich wohl nie nachweisen lassen, indem sie nur in freien Fortbildungen älterer vedischer Stellen oder Gedanken bestehen, an welche unser Autor anknüpft, um seine eigenen Gedanken zu entwickeln.
  3. Kath. 4,13.
  4. Vgl. Chand. 7,1,3.
  5. Also: Die Atmanlehre ist zur Zeit des Verfassers aus der Mode gekommen. Wodurch wohl anders, als durch die Ausbreitung des Buddhismus? Vgl. auch Gesch. d. Phil. 1,42 f.
  6. Vgl. Kath. 1,21.
  7. Vgl. zu der ganzen Rede Kath. 1,26-29.
  8. Nach dem Schol. die vier Arten der lebenden Wesen (Lebendgeborene, Eigeborene, Schweißgeborene, Keimgeborene) und die vierzehn Welten Vedantasara § 129). - Es könnten auch der Caturjala Brahmakosa (Annamaya, Pranamaya, Manomaya, Vijnanamaya) wie 6,28. 38, und die vierzehn Wesensklassen wie Samkhya K. v. 53 verstanden werden.
  9. Ausdruck der unbestimmten Vielheit (entweder 21 mal 4, oder 6 mal 14) der Unterarten.
  10. Sehr wahrscheinlich ist hier (wie auch M. Müller gesehen) Ativadi (Chand. 7,15,4, vgl. Brih. 3,9,19) zu lesen.
  11. Vgl. das Zitat bei Shank. ad Taitt. p. 134,10 und ad Brahmas. p. 112,8 (1047,12. 1135,6): Tam Yatha Yatha Upasate, Tad Eva Bhavati (in der Upanishadliteratur habe ich diese Worte bis jetzt nur Mudgala Up. 3 gefunden); und Brih. 4,1,2-7 Devo Bhutra Devan Apyeti.
  12. Die Rede des Sakayanya geht bis 6,30 weiter, aber das von ihm nacherzählte Gespräch zwischen Kratu Prajapati und den Valakhilyas ist wohl hier zu Ende, wenn auch 6,29 noch einmal auf dasselbe zurückgewiesen wird. Nicht nur daß die bisher herrschende Form von Rede und Gegenrede im folgenden verlassen wird (statt dessen findet sich in Prap. 5 dreimal die Anrede Brahmacarinah), sondern auch das eigentliche Thema der Upanishad ist mit obigem erschöpft und alles Weitere hat den Charakter von Nachträgen.
  13. Svarthe Svabhavikarthe Ca. Der Zweck ist die Erlösung. Nach der Samkhyalehre wird dieselbe bewirkt von der Prakriti um des Purusha willen: Svarthe Iva Pararthe Arambhah, "ihr Bemühen ist für einen anderen, als wäre es für sie selbst", Samkhya K. 56. An unserer Stelle, wo Brahman noch Purusha und Prakriti zugleich ist, wohnen die Wesen in ihm um Svartha (Erlösung des Purusha) und Svabhavikartha (Erlösung des Prakriti, Svabhava = prakriti) zu erlangen. — Anders der Kommentar, der Svartha auf die allgemeinen, Svabhavikartha auf die besondern Zwecke der Individuen bezieht.
  14. Der Santa Atman könnte auch hier (wie Kath. 3,13) auf die Prakriti der Guhyatama auf das Urprinzip (das Param des folgenden Mythos) bezogen werden.
  15. Der Santa Atman könnte auch hier (wie Kath. 3,13) auf die Prakriti der Guhyatama auf das Urprinzip (das Param des folgenden Mythos) bezogen werden.
  16. Vgl. Manu 1,3.
  17. Nachgebildet nach Chand. 7,26,2 (oben S. 186)
  18. Vermutlich die Seihe des Soma, welcher unter den acht Vasus aufgezählt zu werden pflegt. - Der Scholiast (Vasor, Vasu-namno Devasya, Pavitram Pavayitri) erklärt, wie so oft, alles, mit Ausnahme dessen, was für uns und auch für ihn einer Erklärung bedürftig gewesen wäre.