Weg

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Der Lange Weg zurück zu mir

Artikel von Katyayanti P, aus dem Yoga Vidya Journal Nr 24, März 2011

… rote Karte, wir die Eltern des Fußballvereins Tus Sankt Hülfe, Heede hatten vom Schiedsrichter die rote Karte erhalten und mussten die Tribüne verlassen. Unglaublich! Wir waren bestimmt im Recht, der Schiedsrichter war nicht neutral. Er pfiff zum Vorteil der anderen Mannschaft. Unsere Kinder im Alter zwischen sechs und acht Jahren spielten zu dieser Zeit in der F-Jugend. Ein total wichtiges Alter, die berufliche Zukunft unserer Profi-Fußballer stand auf dem Spiel.

… links zwei drei, rechts zwei drei. Mir wurde das große Glück zuteil, mit unseren Söhnen die ersten Tanzschritte einzustudieren. Wie vielen Elternteilen ist das aufgrund von schweren Krankheiten,Tod oder Trennung nicht vergönnt. Als ich meiner Familie in einer gemütlichen Teerunde mitteilte, meinen Stammtisch Freitag zugunsten des Satsang, der auch an einem Freitagabend in der Yogaschule stattfand, aufzugeben, fragte unser ältester Sohn interessiert nach. Bevor ich überhaupt antworten konnte, ergriff unser jüngerer Sohn die Initiative und antwortete spontan. „Weißt du nicht mehr, das sind Mantras, die wir schon früher im Auto zusammen gesungen haben. Das chillt total!“ Mit seiner im Stimmbruch befindlichen Stimme stimmte er eins an. Alles lachte! Unglücklich, nein das war ich zu keiner Zeit. Meine Familie, meine Krankheit das war mein Weg, dessen war ich mir immer bewusst. Diesen Körper, dieses Leben hatte meine Seele vor Eintritt in die jetzige Inkarnation bewusst gewählt.

Atman oder die Seele kommt aus Brahman, dem Absoluten. Und das einzige Ziel, das sie anstrebt, ist die Vereinigung, dieVerschmelzung mit dem höchsten Selbst, mit dem Gottesbewusstsein wieder zurück zur Einheit, zu Brahman. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Seele (vordergründig) wachsen. Lassen wir den Aspekt von Lila, dem Göttlichen Spiel, in diesem Artikel einmal bewusst außer acht. Hand aufs Herz: wer begibt sich schon freiwillig in komplizierte, schmerzhafte Lebensumstände? Oh ja, viele heben die Hand und sagen, ich möchte zurück ins Nirvana. Aber bringen sie auch die Bereitschaft, Leid und Kummer bewusst zu übernehmen? Ohne daran zu zerbrechen, ohne im Jammertal des Selbstmitleids zu versinken?

Hätte ich die Wahl gehabt mich für krank oder gesund zu entscheiden, was denken Sie, für welche Alternative hätte ich mich entschieden?

Sie, die ja nun den ersten Teil meiner Geschichte kennen, welche Variante hätten Sie an meiner Stelle gewählt?

Seelisches Wachstum, oh ja, und das am besten im Liegestuhl an unserem schönen Gartenteich. So einfach ist das nicht, wir müssen uns schon bemühen, um unser Klassenziel zu erreichen. Genau das merke ich in jeder Yogastunde aufs Neue. Mir fallen die Fortschritte in den einzelnen Asanas nicht in den Schoß. Den Skorpion oder die seitliche Krähe schaue ich mir gern an, das sieht bei den anderen auch ganz toll aus. Aber brauche ich diese Asanas, um zurück zu Brahman zu gelangen?

Ich freue mich schon sehr über eine gelungene Krähe oder den Kopfstand. Bin glücklich über den Erfolg, meine Lunge entzündungsfrei zu halten. Ich möchte es an dieser Stelle einmal so deutlich sagen: Auch freizuhalten von zähflüssigem Schleim, an dem viele mit der Diagnose Mukoviszidose grausam ersticken. Dies ist nur eine von zwei Erkrankungen.

Gerade hatte ich einen Disput mit meinem Arzt, dem ich versprochen hatte geeignete Medikamente einzunehmen, wenn mein Lungenssystem zu kollabieren drohte. Ich habe mich über unsere Vereinbarung hinweggesetzt und um eine Woche Aufschub gebeten. „Unverantwortlich“, hat er geantwortet und wurde richtig sauer. Eine Woche bitte, geben Sie mir diese eine Woche. Wenn sich die Entzündung mit dem zähflüssigen Schleim auf den Bronchien dann nicht gelöst hat, nehme ich alles, was Sie mir verschreiben. Unverständliches Kopfschütteln von Seiten meines Arztes. Harte Arbeit für mich, Pranayama, Kapalabhati, den Gorilla. Schulterstand, Pflug und Fisch bis zum Abwinken. Immer und immer wieder die gleichen Übungen in jeder freien Minute. Diesmal habe ich es geschafft, die Lunge ist wieder frei, ohne Medikamente. Das hatte ich bisher noch nie geschafft. Ein Erfolg? [[ In dieser Woche bin ich in einer Yogastunde an meine Grenzen gekommen, wie konnte ich so emotional]] reagieren? War der Druck, den ich mir selbst gemacht hatte, zu groß?

Nein, mein Umfeld bemerkt meine Erkrankung kaum. Ich trage sie nicht nach außen, habe es nie getan. Diesen Weg gehe ich allein. Mein Vater war 48 Jahre alt als unsere Erkrankung bei ihm bösartig wurde (nicht die oben beschriebene). Er lief trotz Morphium und Schmerztherapie vor Schmerzen mit dem Kopf gegen die Wand. Mit 50 war sein Weg für dieses Leben beendet. Wir, die Familie, haben seinen Weg intensiv begleitet. Wie Sie wissen, habe ich zwei Söhne.

Vieles durfte ich in den Jahren der Krankheit lernen. Sie ist ein ausgezeichneter Lehrmeister, unerbittlich, aber sehr effektiv. Zugegebenermaßen gibt es einfachere Wege, um an das Wissen vom Selbst, vom Äußeren zum Inneren, vom Grobstofflichen zum Feinstofflichen und darüber hinaus zu Brahman zu gelangen. Aber es ist nun einmal der Weg, den meine Seele zum größtmöglichen Wachstum für dieses Leben gewählt hat.

Erinnern Sie sich an den ersten Teil meiner Geschichte? Eine Psoriasis (Schuppenflechte) hatten die Ärzte diagnostiziert. Als die ärztliche Therapie nicht anschlug, bekam ich den guten Rat eine Heilerin aufzusuchen.

Gesagt, getan. Das Resultat: Diese Frau wusste gleich, wen sie vor sich hatte, ich hatte natürlich wie immer nicht den leisesten Schimmer. Die Ausbildung bei ihr als Heilerin dauerte sieben wunderschöne Jahre! Meine Psoriasis wurde nicht geheilt, es trat auch keine Besserung ein, das Gegenteil war der Fall. Noch konnte ich der Identifikation mit meinem Körper, den Verhaftungen mit dem Leid nicht entsagen. Wie gut war es doch da, dass diese Heilerin mit einem wunderbaren Medium verheiratet war. Also bekam ich, wenn schon gerade mal vor Ort, auch all sein Wissen und seine Liebe mit auf den Weg.

Einen kleinen Ausschnitt seiner Durchsage aus der geistigen Welt möchte ich an dieser Stelle zitieren: „Wenn Ihr Karin begegnet, so verneigt Euch in Ehrfurcht vor ihr. Sie hat einen schweren, einen sehr erschwerenden Weg vor sich.“ Alle Personen in diesem Raum schauten sich nach dieser Durchsage erschüttert an. Ich zuckte mit den Schultern, mein Weg ebnete mir die göttliche Energie. Die Liebe, die ich für andere Seelen empfand, wuchs mit jedem Tag. Meine Bestimmung in diesem Leben ist es zu lieben. Und mit jedem meiner Tage wächst diese universelle Liebe. Ich kann mich zeitweise frei machen von meinem kleinen Ego-Ich. Darf als Heilerin Kanal für die göttliche Liebe sein. Ich darf dienen, was für ein Geschenk! Menschen, die zu der Heilerin kommen, sind begeistert. Sie sehen meine Tränen der Rührung nach den Behandlungen nicht. Nachdem sie gegangen sind, bedanke ich mich bei der göttlichen Energie. Was für ein Geschenk, was für eine Gnade wird mir hier zuteil.

Meine gesundheitlichen Beschwerden bestimmten meinen Weg. Intensiv habe ich mich mit Krankheit, Leben und Tod, mit dem Körper als Fahrzeug der Seele auseinandergesetzt. Habe in diesen Jahren viel gefragt und hatte das große Glück immer auf Seelen zu treffen, die mir ein gutes Stück des Weges voraus waren, an denen ich wachsen konnte. Die Quintessenz dieser Jahre war: „Ich bin nicht mein Körper“. Kein theoretisches Wissen aus Büchern, sondern praxisnah am eigenem Leib erlebt. Ich konnte meinen Körper verlassen, Erlebnisse, Wahrnehmungen außerhalb von Zeit und Raum bestimmten meinen Alltag. Das Bewusstsein von Einheit durchflutete mich. Mein wahres ICH war nicht krank, es konnte sich in Form meines Astralkörpers (was natürlich auch nicht mein wahres Selbst ist) als Sitz der Seele erheben und den physischen Körper dort unten im Bett hinter sich lassen. Mein wahres Selbst bestehend aus universeller Liebe. Sie ist nicht gebunden an die Kausalitäten von Zeit und Raum. Mein Selbst war frei, das Leben im Körper konnte nicht alles sein, da musste es noch mehr geben.

Mein Glaube veränderte sich in dieser Zeit, heute sage ich: „Ich glaube nicht mehr, ich weiß“. Diese Gewissheit um die Liebe Gottes, die alles und jedes durchwebt, trägt mich durch meinen Alltag. Diese Liebe, dieses Vertrauen oder einfacher ausgedrückt dieses Verstehen, dass mein Selbst im Absoluten ruht, im sogenannten SO HAM, trage ich in meine Welt. Als ein Wassertropfen in einer Welle, in dem kleinen Fluss, der irgendwann im Ozean mündet. In der Gewissheit ein Teil des Ganzen zu sein. Ohne diesen Tropfen wäre der Ozean nicht vollkommen.

Was macht es da noch aus, dass nicht all die offenen Fragen beantwortet sind? Wieso bin ich krank geworden? Waren es karmische Bindungen, denen ich mich bewusst vor dieser Inkarnation gestellt habe?

Wieso komme ich mit all meinem Wissen nicht an die Quelle des Wieso und Warum? Welche Gründe hat es, dass gerade in diesem Bereich meines Lebens der Vorhang der Illusionen sich nicht zur Seite schieben lässt?

Was machte mich gesund und bleibe ich gesund? Was geschieht, wenn ich erneut ernsthaft erkranke? Habe ich das Klassenziel dann nicht erreicht? Dürfen diese Fragen überhaupt von einer Heilerin und angehenden Yogalehrerin gestellt werden? Wieso, weshalb, warum? Wissen Sie die Antwort?

Hatte ich meine Lektionen gelernt, war die Zeit, die ja auch nur Illusion ist, reif für meine Genesung? Waren es die Klänge der Klangschalen in Verbindung mit dem Gong und dem Klangtherapeuten, die mich gesund machten? Oder waren es die vielen Asanas mit der anschließenden Tiefenentspannung und den Meditationen? War es das siebenwöchige Fasten? Aber hat je eine Behandlung irgend jemanden geheilt? Die Liebe heilt!!!

An dieser Stelle noch ein Zitat von Swami Yogaswarupananda aus der Bhagavad Gita: „Yoga ist der Geisteszustand, der völlig frei ist von Begrenzungen. Yoga ist die Trennung vom Einssein mit dem Leid. Und Leid entsteht durch falsche Ansichten.“

Vielleicht sind all diese Fragen auch ein Grund für meinen Entschluss mit der zweijährigen Yogalehrerausbildung zu beginnen. Ich möchte in diesem Punkt den Vorhang der Illusion zur Seite schieben können. Ich will wissen. Ich weiß, irgendetwas in mir braucht die subtile Ebene der Klangschalen. Das Gefühl des Getragenwerdens mit Hilfe des Gongs.

Ihnen diesen Lesern, die auch den ersten Teil meiner Geschichte kennen verrate ich noch ein weiteres kleines Geheimnis: Ich hatte nie vor einen zweiten Teil meiner Geschichte zu schreiben. Mit Entsetzen las ich den Serienbrief, der dem Journal, in dem der erste Teil gedruckt wurde, beilag.

„Eine berührende Krankheitsgeschichte (2. Teil im nächsten Heft)“. Unterzeichnet war dieser Brief von Sukadev. „Oh nein! Um Gottes willen, ich kann doch gar keine Geschichten schreiben?“ waren meine ersten Gedanken. Die weiteren Gedanken haben Sie soeben gelesen.

Licht- und liebevolle Grüße sendet

Kathyayanti

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

Multimedia

Die vier Yogawege zur Befreiung - Videovortrag





Weg: meditatives Gehen...; Shubhamarga...

"Weitergehen ist zutiefst ein Sinnbild für die Lebenseinstellung. Nichts widerspricht dem (..) Glauben mehr als das Stillstand (...-) Festsitzen. Jesus: ich bin der Weg, der zum Vater führt. Anfangs so klar, daß sie ihren Glauben einfach der Weg nannten. (..) die Seele vergißt, was hinter ihr liegt (...)" (Karl Wallner: Wer glaubt wird selig. Bergisch-Gladbach: Lübbe, 2009, S. 30.)


"Wandeln..., Übergang, (...) wir gehen, müssen suchen. Andererseits: wir laufen uns oft davon(...). Das eigentliche kommt uns entgegen; sucht uns. (...) wenn wir gefunden werden, (...) unser Entgegengehen war selbst schon getragen (...). (...) weil es nicht anders geht." (Vom Gehen, in: Karl Rahner/ Felger, Andreas: Von der Gnade des Alltags. Meditationen in Wort und Bild. Herder-Verlag, 2006, S. 23ff.)
"Also ich bin überzeugt, dass mehr oder weniger alle Religionsstifter viel unterwegs waren, bei Jesus ist es ganz klar, dass er in seiner Wirksamkeitszeit gegangen ist, genauso bei Mose, genauso bei Buddha, und ich glaube auch, dass das die Religion beeinflusst, also wenn ich mir vorstelle, Jesus wäre während der Zeit seiner Wirksamkeit zwischen Taufe und Kreuzigung fest in einem Haus in Jerusalem sesshaft gewesen, möglicherweise noch mit so Bediensteten und allem, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Freude und überwältigende Freiheit des Reiches Gottes so deutlich in seiner Botschaft vorkommen würde." (Religionen auf dem Weg, Die Wiederentdeckung des Gehens); vgl auch Sandwüste.

Gebärden, evtl. vgl. Willigis Jäger et. al. "sich gehen lassen", Leseprobe [1]