Maitrayana Upanishad

Aus Yogawiki

Die Maitrayana Upanishad des schwarzen Yajurveda gehört laut Deussen zu den späteren Upanishaden und stellt eine universelle Zusammenfassung der Upanishadgedanken dar. In ihr spiegelt sich die alte Upanishadlehre unter Einbezug des Gedankenguts der Samkhyalehre und des Buddhismus wider.

Die Maitrayana Upanishad des schwarzen Yajurveda - Erläuterungen nach Paul Deussen

Artikel aus „Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 395, 396 - XXX.

Einleitung

Die zum schwarzen Yajurveda gehörende Schule der Maitrayanas oder Maitrayaniyas besitzt eine Samhita in vier Kandas (Maitrayani Samhita), bestehend aus 11 + 13 + 16 + 14 = 54 Prapathakas.

An diese Maitrayani Samhita schließt sich, - zuweilen auch handschriftlich, sei es als zweites, sei es als fünftes Kandam, mit ihr verbunden (Ind. Stud. XIII, 121), - die Maitrayana Upanishad, wie sie denn in ihren Anfangsworten an einen Werkteil anzuknüpfen scheint, der nach dem Kommentator Ramatirtha aus vier Kandas besteht, also allem Anschein nach die Maitrayani Samhita ist. Auch die orthographischen und euphonischen Eigentümlichkeiten dieser Sakha kehren in der Upanishad wieder, welche dadurch einen altertümlichen Anstrich erhält. Aber dieser, nicht sowohl altertümliche (archaische) als vielmehr altertümelnde (archaisierende) Charakter hätte Max Müller (welchem L. v. Schroeder zustimmt) nicht verleiten sollen, diese Upanishad "to an early rather than to a late period" zuzuschreiben. Die zahlreichen wörtlich entlehnten Zitate, nicht nur aus Chandogya- und Brihadaranyaka , sondern auch aus Kathaka, Svetasvatara, Prasna (vgl. unten 6,5 Schluß) und wohl noch späteren, auf diesen beruhenden[1] Upanishaden sowie aus einer reichhaltigen anderen, bis jetzt noch nicht nachweisbaren Literatur, - solche späte Ausdrücke wie Sura "Gott" 1,4 p. 11 und 6,35 p. 187; kshetrajna 2,5 p. 25 und 5,2 p. 72; Nirmama 2,7 p. 37; Vigraha "Leib" 6,7 p. 96; Nastikyam 3,5 p. 50; Sushumna 6,21 p. 134; Sarvopanishad vidya 2,3 p. 18 (die Upanishaden also schon als ein Ganzes betrachtet!), - das völlige Schweigen des Shankara über diese Upanishad, - die ausgebildete Samkhyalehre, welche der Verfasser voraussetzt, - der ganze reflektierende Stil des Werkes, welcher so sehr gegen den der Maitrayani Samhita absticht, - endlich die deutliche Bezugnahme auf vedafeindliche, schon als Gegenstand des Studiums bestehende (vgl. die Einl. zu 7,8-10) Häresien, wie wohl namentlich den Buddhismus, - dies alles macht den späten Charakter dieses Werkes unzweifelhaft, wenn auch eine genauere Bestimmung einer Zeit erst nach Identifikation aller Zitate möglich sein wird.[2] Dieser späte Ursprung unserer Upanishad macht aber dieselbe nur um so interessanter. Sie erscheint als eine universelle Zusammenfassung der Upanishadgedanken gegenüber den hereinbrechenden Häresien, von denen der Verfasser, so sehr er sie bekämpft, doch selbst stark beeinflußt wird. Namentlich hat er den Pessimismus des Buddhismus und alle wesentlichen Elemente der Samkhyalehre sich angeeignet, wie denn sogar mitunter wörtliche Berührungen mit der Samkhya Karika vorkommen, welche auf eine gemeinsame Quelle beider zurückzuweisen scheinen. Wie Plotin den Platonismus erneuert unter Beimischung aristotelischer und stoischer Elemente, so erneuert die Maitrayana Upanishad die alte Upanishadlehre unter Beimischung von Elementen der Samkhyalehre und des Buddhismus. Und wie der Neuplatonismus vielfach Platons Lehre bis in ihre letzten, bei Platon noch nicht hervortretenden Konsequenzen entwickelt, so kommen bei unserem Autor höchst wichtige Fragen zur Sprache, die in den älteren Upanishaden nur keimartig vorhanden sind. So namentlich die Fragen: wie Brahman in die Welt eingeht (Prap. 2), wodurch er der Endlichkeit, der Sünde und dem Leiden verfällt (Prap. 3), und auf welchem Wege die Erlösung aus dem Samsara erreicht wird (Prap. 4). Daß die Upanishad mit Prap. 6,30 ursprünglich abschloß und alles Weitere später zugefügte Nachträge enthält, ist sehr wahrscheinlich; daß sie jemals nur aus dem von M. Müller (introd. p. XLV) mitgeteilten Fragmente bestanden habe, ist wohl nicht anzunehmen.

Inhaltsverzeichnis der Maitrayana Upanishad

I. Einleitende Erzählung; Brihadratha und Sakayanya.

II. Sakayanya erzählt dem Brihadratha, wie Maitri den Atman (auf Grund der Stelle Chand. 8,3,4!) definiert und weiter von einer Belehrung der Valakhilyas durch Kratu Prajapati berichtet habe, deren sodann folgende Mitteilung durch Sakayanya an Brihadratha den Kern der Upanishad bildet und sich bis 4,6 (nach anderen bis 6,30) erstreckt. Diese Belehrung betrifft drei Fragen: Erste Frage: Wie der Atman in den Leib eingehe? - Um die von ihm leblos geschaffenen Wesen zu beseelen, geht Prajapati in Gestalt der fünf Pranas in die Leiber ein.

III. Zweite Frage: Wodurch der höchste Atman zum individuellen (Bhutatman) werde? - Durch die Gunas überwältigt, gerät er, seine Göttlichkeit vergessend, in die Verwirrung des Ichbewußtseins und bindet sich dadurch selbst.

IV. Dritte Frage: Wie Erlösung aus diesem Zustand möglich sei? - Nur wer die im Veda gelehrten Gesetze der Kasten und Lebensordnungen einhält, kann durch Wissen, Askese und Meditation des Brahman (als dessen Erscheinungsformen die anderen Hauptgötter anerkannt werden) zur Erlösung gelangen.

V,1-VI,30. Anhang

V. 1. Hymnus des Kutsayana (die obersten Götter als Erscheinungsformen des Brahman).

2. Schöpfungsmythos: Entstehung von Tamas, Rajas, Sattvam (=Rudra, Brahma, Visnu) aus dem Urwesen.

VI. A) 1-8. Verehrung des Aditya und des mit ihm identischen Prana.

B) 9-17. a. (9): Das Pranagnihotram.
b. (10): Nahrung und Nahrungesser als Prakriti und Purusha der Samkhyas.
c. (11-17): Brahman als Nahrung (11-13), als Zeit (14), als das Zeitlose (15-16), als der Urgrund (17).
C) 18-30. Der Yoga als Weg zu Brahman. Schlußermahnungen des Sakayanya und Eingang des Brihadratha zur Vollendung.

VI,31-VII,11. Nachträge

a. VI, 31-32. Der Atman und die Organe.

b. VI, 33-38. Das Opfer und das Pranagnihotram.

33. Das Opfer erhebt zu Erde, Luftraum, Himmel.
34. Die drei Opferfeuer sind nur das offenbar gewordene Pranagnihotram.
35. Die Sonne und ihre Verhältnisse sind nur "ein Teil der den Weltraum durchdringenden Kraft"; diese selbst wird (nach Isa = Brih. 5,15) Satyadharma genannt.
36. Diese Kraft (Tejas) ist die ruhige (Santa), opferlose Form des Brahman, im Gegensatze zu der gedeihenden (Samriddha), welcher, als Aditya und Prana, das Opfer und das Pranagnihotram gelten.
37. Jene Kraft selbst ist durch Om zu verehren. Sie legt sich dreifach dar als Agni, Aditya, Prana, zwischen denen der Kreislauf des Opfers besteht.
38. Durch Opfer und sittliches Leben gelangt man schließlich zum Schauen jenes Höchsten.

c. VII. 1-7. Der Atman als die Weltsonne, und ihre verschiedenen Strahlen.

d. VII.8-10. Polemik gegen ketzerische, vedafeindliche Richtungen.

e. VII. 11. Jene Kraft (VI, 35-37) steigt mittels Om aus dem Herzen empor und erfüllt, sich verbreitend, das Weltall. - Wachen, Traum und Tiefschlaf sind nur ein Fuß des Brahman; der vierte Stand (Turyam) bildet die drei jenseitigen Füße desselben.

Erster Prapathaka

Nach einer kurzen Anknüpfung an das Opferritual mit dem üblichen Gedanken, daß dasselbe eine Vorbereitung auf die Erkenntnis des Atman sei, folgt die Erzählung von dem Könige Brihadratha aus dem Geschlecht des Ikshvaku (also wohl der Ramayana 1,71,7 erwähnte), der seinem Thron entsagt und in den Wald zieht, um Askese zu üben. Zu ihm tritt der verehrungswürdige Sakayanya und gewährt ihm einen Wunsch. Als solchen erbittet Brihadratha mit einer an Chand. 7,1,3 erinnernden Wendung die Kenntnis des Atman. Sakayanya sträubt sich, wie Yama in Kath. 1, und bietet dem König andere (irdische) Wünsche an. Diese lehnt der König ab, indem er die leidvolle Beschaffenheit und die Hinfälligkeit alles Irdischen bejammert. Der Pessimismus ist auch den alten Upanishaden nicht fremd (Bahuvyahito Va Ayam Bahuso Lokah, Talav. Up. Br. 3,28,5; Ato Nyad Artam, Brih. 3,4,2. 3,5,1. 3,7,23; Ananda Nama Te Lokah, Brih. 4,4,11. Kath. 1,3.26-28 usw.), aber Deklamationen über das Elend des Daseins wie diese hier wurden wohl erst nach Ausbildung der Samkhyalehre und nach dem Aufkommen des Buddhismus Brauch, aus dessen "heiliger Wahrheit vom Leiden" das Ishtaviyoga Anishtasamprayoga (1,3 p. 8) vielleicht geradezu herübergenommen ist.

1. Ein Opfer an Brahman in Wahrheit ist das Feuerschichten der Altvordern. Darum soll der Opferspender, nachdem er jene Feuer geschichtet hat, den Atman überdenken! Dadurch erst wird das Opfer zu einem vollkommenen, fürwahr, und zu einem vollständigen. - Aber wer ist der, den man überdenken soll? - Der, welcher der Prana heißt. Darüber ist diese Erzählung.

2. Es begab sich, daß ein König mit Namen Brihadratha, nachdem er seinen Sohn in die Herrschaft eingesetzt hatte, in der Erkenntnis, daß dieser Leib vergänglich ist, sich der Entsagung zuwandte und in den Wald hinauszog. Dort gab er sich der höchsten Kasteiung hin, indem er, in die Sonne schauend und mit emporgereckten [und dadurch absterbenden] Armen, dastand. Nach Ablauf von eintausend Tagen nahte sich ihm, [leidenschaftslos] gleichwie eine Flamme ohne Rauch[3] und durch seine Glut gleichsam versengend, der des Atman kundige verehrungswürdige Sakayanya. "Stehe auf, stehe auf und wähle dir einen Wunsch!" so sprach er zu dem König. Der bezeugte ihm seine Verehrung und sprach: "0 Ehrwürdiger! ich bin nicht des Atman kundig.[4] Du kennst seine Wesenheit, wie wir vernommen, diese wollest du uns erklären!" - "Ach, das ist vormals gewesen[5], es ist schwer tunlich, diese Frage [zu beantworten]; wähle dir, o Nachkomme des Ikshvaku, andere Wünsche[6] !" so sprach Sakayanya. - Da neigte sich der König mit seinem Haupt bis auf die Füße desselben und rezitierte folgende Litanei:

3. "0 Ehrwürdiger! In diesem aus Knochen, Haut, Sehnen, Mark, Fleisch, Same, Blut, Schleim, Tränen, Augenbutter, Kot, Harn, Galle und Phlegma zusammengeschütteten, übelriechenden, kernlosen Leibe, - wie mag man nur Freude genießen![7]

In diesem mit Leidenschaft, Zorn, Begierde, Wahn, Furcht, Verzagtheit, Neid, Trennung von Liebem, Bindung an Unliebes, Hunger, Durst, Alter, Tod, Krankheit, Kummer und dergleichen behafteten Leibe, - wie mag man nur Freude genießen!

4. Auch sehen wir, daß diese ganze Welt vergänglich ist so wie diese Bremsen, Stechfliegen und dergleichen, diese Kräuter und Bäume, welche entstehen und wieder verfallen.

Pieter Claesz: Vanitas, Öl auf Leinwand, 1630

Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch andere, größere, - mächtige Kriegshelden, einige von ihnen Welteroberer, Sudyumna, Bhuridyumna, Indradyumna, Kuvalayasva, Yauvanasva, Vadhryasva und Asvapati, Sasabindu und Hariscandra, Ambarisha, Nahusha und Saryati, Yayati, Anaranya, Ukshasena und andere, ja, auch Könige wie Maratta und Bharata, - sie alle mußten, vor den Augen ihrer Verwandtenschar, ihre große Herrlichkeit aufgeben und aus dieser Welt in jene Welt hinüberwandern.

Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch andere, größere, - Gandharven, Dämonen, Halbgötter, Kobolde, Geisterscharen, Unholde, Schlangen, böse Genien und dergleichen, deren Ausrottung wir sehen.

Aber, was rede ich von diesen! Gibt es doch noch andere Dinge, - Vertrocknung großer Meere, Einstürzen der Berge, Wanken des Polarsterns, Reißen der Windseile [welche die Sternbilder an den Polarstern binden], Versinken der Erde, Stürzung der Götter aus ihrer Stelle, - in einem Weltlauf, wo derartiges vorkommt, wie mag man da nur Freude genießen! Zumal auch, wer ihrer satt ist, doch immer wieder und wieder zurückkehren muß!

Darum errette mich! Denn ich fühle mich in diesem Weltlauf wie der Frosch in einem blinden [wasserlosen] Brunnenloch. Du, o Ehrwürdiger, bist unsere Zuflucht, - du bist unsere Zuflucht!"

Zweiter Prapathaka

Weiter folgt die Belehrung des Brihadratha durch Sakayanya über den Atman, welche bis 6,30 fortläuft, während 6,31-7,11 einen Nachtrag bilden. Diese Belehrung besteht darin, daß Sakayanya von 2,3 bis 4,6 (nach dem Komm. p. 155,8 und M. Müller bis 6,30; vgl. jedoch den Schluß von 4,6 und die Anmerkung dort) ein ihm von Maitri mitgeteiltes Gespräch wiedererzählt, in welchem die Valakhilya ("Kahlköpfe") genannten Rishis von Kratu Prajapati (einem der sieben weltschaffenden Rishis und Söhne des Brahman), der nach den Paranas (Mark. P. 52,24. Bhag. P. 4,1,39) ihr Vater ist (vgl. 6,29 p. 155,3), belehrt werden.

Der zweite Prapathaka behandelt die Frage; wie der Atman in den Körper eingeht. Im Anschluß an die Anschauungen der älteren Upanishaden (vgl. Taitt. 2,6. Brih. 1,4,7. Chand. 6,3,3. Mt. 1,3,12) und unter vielen teils wörtlichen Bezugnahmen auf dieselben (siehe die Anmerkungen) wird erzählt, wie Prajapati die seelenlosen Leiber schafft und als Prana (Leben) in dessen fünf Verzweigungen, Prana, Apana, Vyana, Samana, Udana, in sie hineinfährt. Diese letzteren werden, im Widerspruch mit den ältern Upanishaden und Shankara, aber (bis auf den Udana übereinstimmend mit dem Vedantasara (§94-98), erklärt: Prana ist der Odem (beides, Einhauch und Aushauch), Apana der Darmwind, Samana der Verdauungswind, Udana der Wind des Schluckens und Vomierens; Vyana ist das Band zwischen Prana und Apana (Atmung und Sekretion), kommt aber zuletzt, weil er auch den Udana voraussetzt. Der Purusha selbst aber (d. h. der Atman) wird in der Körperwärme (Chand. 3,13,8) und dem Verdauungsfeuer (Brih. 5,9) wiedergefunden, wozu als Beleg Brih. 5,9 wörtlich zitiert wird. Eben derselbe wird durch ein weiteres Zitat aus Chand. 3,14,2 als das Brahman geschildert, worauf eine an Kath. 3,3-4 angelehnte Schilderung des psychischen Apparates den Abschluß bildet.

1. Da nun aber sprach der ehrwürdige Sakayanya sehr erfreut'ref'Vgl. Kath. 1,15-16. 2,9.'/ref' zu dem König: "0 großer König Brihadratha, du Banner des Ikshvaku-Geschlechtes, gar schnell sollst du des Atman kundig und deines Zweckes teilhaftig werden, - bist du doch weitberühmt unter dem Namen Marut'ref'Auch 6,30 p. 162 heißt der König Marat. Brihadratha kommt im Rigveda nur als Beiwort der Ushas, nicht der Marats vor, welche nur Vidyudratha, Prishadasva u. dgl. heißen. Vielleicht liegt eine Verwechslung dieser Epitheta vor.'/ref' (der Wind), Fürwahr, er [der Atman] ist ja doch dein eigenes Selbst (Atman)." - "Welches Selbst meinst du, o Ehrwürdiger?" - Da sprach er zu ihm also:

2. "Derjenige, welcher, ohne daß der Atem stockte, emporgestiegen, entweichend und doch nicht entweichend, die Finsternis verscheucht, das ist der Atman (das Selbst). Also hat es der verehrungswürdige Maitri erklärt. Denn so sagt die Schrift'ref'Chand. 8,3,4, welche Stelle also hier, wie es scheint, von Maitri zitiert wird.'/ref': Was nun diese Vollberuhigung [die Seele im Tiefschlaf] ist, so erhebt sie sich aus diesem Leib, geht ein in das höchste Licht und tritt dadurch hervor in eigener Gestalt, - das ist der Atman, so sprach der Meister, das ist das Unsterbliche, das Furchtlose, das ist das Brahman.

3. Dieses, fürwahr, ist die Lehre vom Brahman, ist die Lehre aller Upanishaden, o König, wie sie uns von dem verehrungswürdigen Maitri erklärt worden ist. Die will ich dir", so fuhr er fort, "mitteilen. Nämlich da waren die sündefreien, kraftgestählten, zeugungserhabenen Valakhilyas, wie berichtet wird. Die sprachen zu Kratu Prajapati: )'0 Ehrwürdiger! Dieser Leib ist doch, wie ein Wagen, ohne Bewußtsein. Welches ist nun das übersinnliche Wesen, welches eine solche Macht besitzt, daß es den so beschaffenen Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufrichtet und sein Beweger ist? Was du darüber, o Ehrwürdiger, weißt, das wollest du uns sagen!' - Da sprach er zu ihnen:

4. 'Derjenige, der, wie es heißt, erhaben über [dem Welttreiben] steht wie die Asketen über den Sinneseindrücken [des Hörens, Fühlens, Sehens, Riechens, Schmeckens], das ist eben der, welcher rein, lauter, entleert, beruhigt, odemlos, selbstlos, endlos, unvergänglich, fest, ewig, ungeboren und frei, auf seine eigene Größe sich gründet' [wie es Chand. 7,24,2 heißt], und er ist es, der diesen Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufrichtet, und der auch sein Beweger ist.' - Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, wie kann von diesem, wenn er ein solcher, gar nicht [dem Welttreiben] angehöriger, ist, dieser so beschaffene [Leib] mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet werden, und wie kann er sein Beweger sein?' - Da sprach er zu ihnen:

5. 'Fürwahr, dieser Subtile, Ungreifbare, Unsichtbare, der da Purusha heißt, kehrt unwissentlich in diesem Leib ein mit einem Teil von sich, ähnlich wie bei einem Schlafenden das Erwachen unwissentlich erfolgt. Was aber dieser Teil von ihm ist, das ist eben jener rein Geistige, in den einzelnen Menschen Vorhandene, der Örtlichkeit Kundige (Kshetrajna), welcher sich bekundet durch das Vorstellen [des Manas], das Entschließen [der Buddhi] und das Ichbewußtsein [des Ahamkara] als Prajapati unter dem Namen Visva [der Individuelle, vgl. Mand. 3. Gaudap. 1,1-4. Vedantasara § 138]; und durch [ihn als] das Bewußtsein wird dieser Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet, und er ist auch sein Beweger.' - Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, wenn durch diesen, der ein solcher, gar nicht [dem Welttreiben] angehöriger, ist, dieser so beschaffene [Leib] mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet wird, und er sein Beweger ist, wie kann das geschehen?' - Da sprach er zu ihnen:

6. 'Prajapati, fürwahr, bestand allein zu Anfang. Er hatte keine Freude, da er allein war [vgl. Brih. 1,4,3]. Indem er seine Gedanken auf sich selbst richtete [sich zum Objekt der Erkenntnis machte], schuf er die vielen Geschöpfe. Die sah er bewußtlos und leblos wie einen Stein, regungslos wie einen Baumstamm dastehen. Da hatte er keine Freude. Und er beschloß: ich will, um sie zum Bewußtsein zu erwecken, in sie hineinfahren. Da machte er sich selbst, wie ein Wind ist, und wollte in sie hineinfahren. Aber als einer vermochte er es nicht, [sondern erst] als er sich fünffach geteilt hatte; als solcher wird er Prana, Apana, Samana, Udana, Vyana genannt. Nämlich derjenige, welcher nach oben hinausgeht, das ist der Prana; und der nach unten geht, das ist der Apana; und der, durch welche diese beiden zusammengehalten werden, das ist der Vyana; und [derjenige, welcher], was an der Nahrung der gröbste Bestandteil ist'ref'Yoyam Sthavishtho Dhatur Annasya, in Anlehnung an Chand. 6,5,1: (Annasya) Yah Sthavishtho Dhatus, Tat Purisham Bhavati.'/ref', zum Apana abführt, und, [was] der feinste'ref'Es ist vielmehr der mittlere, welcher nach Chand. a.a.O. zu Fleisch wird.'/ref', in jedes einzelne Glied überführt, das ist der Samana genannte. Doch ist unter diesen der Vyana seiner Natur nach der letzte, und auch der Udana kommt seiner Entstehung nach noch dazwischen.'ref'Dieser vielleicht interpolierte Satz soll erklären, warum der Vyana in der Aufzählung vorher zuletzt steht.'/ref' Derjenige endlich, welcher das Getrunkene oder Gegessene entweder wieder ausbricht oder herunterschluckt, ist der Udana.

Nun aber [so wie bei der Somapressung] das Upansu-Gefäß dem Antaryama-Gefäß, und das Antaryama-Gefäß dem Upansu-Gefäß gegenübersteht, [und zwischen beiden der den Soma auspressende Upansusavana-Stein liegt,] so hat zwischen jenen beiden [Prana und Apana, welche dem Upansu-Gefäße und Antaryama-Gefäße verglichen werden'ref'Der Kommentator zitiert hierzu die Stelle Maitr. Samh. 4,5,6 (p. 72 Schr.): "Der Prana und Apana, fürwahr, sind der Upansu und der Antaryama, und der Vyana ist der Upansusavana, weil jene beiden Schöpfgefäße diesem Preßstein bis zur dritten Kelterung hin nicht von der Seite kommen."'/ref'] der Gott die [dem Soma, der mittels des, dem Vyana entsprechenden'ref'Der Kommentator zitiert hierzu die Stelle Maitr. Samh. 4,5,6 (p. 72 Schr.): "Der Prana und Apana, fürwahr, sind der Upansu und der Antaryama, und der Vyana ist der Upansusavana, weil jene beiden Schöpfgefäße diesem Preßstein bis zur dritten Kelterung hin nicht von der Seite kommen."'/ref', Upansusavana-Steines gekeltert wird, vergleichbare] Hitze erzeugt [eigentlich: gekeltert], und diese Hitze ist der Purusha, der Purusha aber ist der Agni Vaisvanara. Darum heißt es an einer anderen Stelle: ,Dieses ist das Feuer Vaisvanara (das allen Menschen gemeinsame), welches hier inwendig im Menschen ist, durch welches diese Nahrung verdaut wird, die man so ißt. Von ihm rührt jenes Geräusch her, welches man hört, wenn man sich so die Ohren zuhält. - Wenn er [der Atman] im Begriff steht, auszuziehen, so hört man jenes Geräusch nicht [mehr]' (Brih. 5,9; vgl. Chand. 3,13,8).

Indem er [Prajapati] also sich fünffach teilte, barg er sich in der Höhle [des Herzens]. ,Geist ist sein Stoff, Leben sein Leib, Licht seine Gestalt, sein Ratschluß ist Wahrheit, sein Selbst der Äther' [wie es Chand. 3,14,2 heißt]. Er aber, aus diesem Herzensinnern heraus, da er seinen Zweck noch nicht erreicht hatte, verlangte: ,Ich will die Objekte genießen!' Darum brach er diese Löcher (Kath. 4,1), trat durch sie heraus und genießt mittels der fünf Zügel die Sinnendinge. Nämlich was diese Erkenntnissinne (Buddhi Indriyani) sind, das sind seine Zügel, und die Tatsinne (Karmendriya|Karma Indriyani) sind seine Rosse, sein Wagen ist der Leib, das Manas der Wagenlenker, aus Prakriti bestehend ist seine Peitsche'ref'Das ganze Bild ist, mit Modifikationen, entlehnt aus Kath. 3,3-4, wo Atman Wagenfahrer, der LeibWagen, die Buddhi Wagenlenker, das Manas Zügel, die Sinne Rosse, die Sinnendinge ihre Bahn sind.'/ref' ; denn von dieser angetrieben, tummelt er sich um als dieser Leib, wie ein Rad. [angetrieben] vom Töpfer (vgl. Svet. 1,6), und so wird dieser Leib mit Bewußtsein erfüllt und aufgerichtet, und ebenso ist er sein Beweger.

7. Dieser Atman, fürwahr, wird in dieser Welt, wie die Weisen lehren (Usanti, vgl. Ishtam), von den hellen und dunklen Früchten der Werke nicht überwältigt (vgl. Kaush. 3,8, oben S. 50. Chand. 4,14,3, S. 127. Taitt. 2,9, S. 233. Brih. 4,4,22 usw.) Nur gleichsam (Iva) durchwaltet er die einzelnen Leiber, weil er unoffenbar, subtil, unsichtbar, ungreifbar, selbstlos (Nirmama) ist. Standortlos, hat er in dem Nichtrealen als Täter, obgleich er Nichttäter ist, seinen Standort. Aber als rein, fest, unwankbar, unbefleckbar, unentwegt, unbegehrend, steht er da, wie ein Zuschauer, in sich selbst stehend'.'/ref'Prekshakavad Avasthitah, Svasthasca, vgl. Samkhya-karika, Vers 65: Prakritim Pasyati Purushah, Prekshakavad Avasthitah, Susthah. Die Erfüllung [d. h. die Vergeltung der Werke] genießend (Ritabhuk, vgl. Kath. 3,1 Ritam Pibantau), sich selbst verstrickend in das aus den Gunas [[[Sattvam]], Rajas, Tamas] geflochtene Gewebe, so steht er da, - so steht er da.'

Dritter Prapathaka

Die große Frage, wie es komme, daß die höchste Seele zur individuellen werde, wird hier nicht sowohl idealistisch nach der Vedantalehre, der zufolge die individuelle Seele ein bloßer Schein ist, als vielmehr realistisch nach der Samkhyalehre beantwortet: der höchste Atman wird zum natürlichen Atman (Bhutatman) dadurch, daß er in den aus den fünf Tanmatras und den fünf Mahabhutas bestehenden Leib eingeht; und obgleich er mit diesem sich so wenig verbindet wie der Wassertropfen mit dem Lotosblatte, so wird er doch durch die drei Gunas der Prakriti so überwältigt und verwirrt, daß er, seiner wahren Wesenheit uneingedenk und sich selbst durch sich selbst (freiwillig) wie der Vogel in ein Netz verstrickend, dem Ichbewußtsein, den Werken und ihrer Vergeltung und damit der Seelenwanderung verfällt. Zum Schluß folgen drei Zitate: das erste vergleicht die höchste Seele, die individuelle und die Gunas mit der Glut, dem Eisen und dem Schmied, der nur das Eisen, nicht die dasselbe erfüllende Glut hämmert; — das zweite schildert Entstehen und Bestand des Leibes; — das dritte führt die körperlichen und psychischen Übel auf den Einfluß des Tamas und des Rajas zurück. Alle diese Termini entstammen, wie wohl auch die Zitate, der Samkhyaphilosophie, welche, wenn auch nicht in der Form wie sie uns heute vorliegt, von unserem Autor vorausgesetzt wird.

1. Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, wenn du so die Majestät des Atman kennzeichnest, wer ist denn wohl jener andere, von ihm verschiedene, der auch Atman heißt, jener, der, von den hellen und dunklen Früchten der Werke überwältigt, in einen guten oder schlimmen Mutterschoß eingeht, also daß seine Wanderung abwärts und aufwärts geht, und er, von den Gegensätzen [Wärme und Kälte, Ehre und Schande, Lust und Schmerz, usw.] überwältigt, umläuft?'

2. 'Allerdings gibt es jenen anderen, von ihm verschiedenen, der Bhuta Atman heißt, jenen, der, von den hellen und dunklen Früchten der Werke überwältigt, in einen guten oder schlimmen Mutterschoß eingeht, also daß seine Wanderung abwärts und aufwärts geht, und er, von den Gegensätzen überwältigt, umläuft. Und dieses ist seine Erklärung.

Die fünf Tanmatras (Reinstoffe, feinen Urbestandteile der Körper) werden mit dem Namen Bhuta (Elemente) benannt; dann aber auch die fünf Mahabhutas (groben Elemente) werden mit dem Namen Bhuta benannt; und was das Aggregat aller dieser ist, das ist der sogenannte Leib, und der, welcher in dem sogenannten Leib wohnt, das ist der sogenannte natürliche Atman (Bhuta Atman, wörtlich: der Element-Atman). Zwar besteht sein [des Menschen] unsterblicher Atman [unvermischt] fort wie der Wassertropfen auf der Lotosblüte [das Bild ist wohl aus Chand. 4,14,3 entlehnt und umgestaltet], aber doch wird dieser Atman überwältigt von den Gunas der Prakriti. Nun durch diese Überwältigung gerät er in eine Verwirrung, und vermöge dieser Verwirrung erkennt er den in ihm selbst stehenden, hehren, heiligen Schöpfer nicht, sondern vom Strom der Gunas fortgerissen und besudelt, wird er haltlos, schwankend, gebrochen, begehrlich, ungesammelt, und in den Wahn [des Ichbewußtseins, Ahamkara, vgl. Samkhya Karika v. 24: Abhimano Hamkarah] verfallend wähnt er: ,ich bin dieser, mein ist dieses', und bindet sich selbst durch sich selbst'ref>Nibadhnati Atmana Atmanam; vgl. Samkhya K. v. 63: Badhnati Atmanam Atmana Prakritih.'/ref> wie ein Vogel durch das Netz; und, von den auf die Taten folgenden Früchten überwältigt, geht er in einen guten oder schlimmen Mutterschoß ein, also daß seine Wanderung abwärts und aufwärts geht, und er, von den Gegensätzen überwältigt, umläuft.' - 'Aber welcher ist dieser?' so fragten sie. - Da sprach er also:

3. 'Auch an einem anderen Ort heißt es: ,Der da handelt, das ist der natürliche Atman, und der ihn durch die Organe handeln macht, das ist der innere Purusha. Nämlich gleichwie ein Eisenklumpen, vom Feuer überwältigt, von den Werkleuten gehämmert in Mannigfaltigkeit übergeht [vgl. das Bild Brih. 4,4,4], also geht auch jener natürliche Atman, von dem inneren Purusha überwältigt und von den Gunas gehämmert, in Mannigfaltigkeit ein. Und die Erscheinungsform dieser Mannigfaltigkeit ist diese, daß sie aus der, vier Gruppen[8] bildenden, in vierzehn Arten[9] vorhandenen, vierundachtzigfache umgewandelten, Wesensschar besteht. (Bhuta Ganam, Adjektiv zu Rupam). Aber alle diese Vervielfältigungen (wohl Gunitani zu lesen) werden von dem Purusha in Bewegung gesetzt, gleichwie das Rad vom Töpfer. Sowie aber, wenn der Eisenklumpen gehämmert wird, das Feuer nicht mit überwältigt wird, so wird auch jener Purusha nicht mit überwältigt, sondern überwältigt wird nur der natürliche Atman, wegen seiner Verflochtenheit.'

4. Auch an einem anderen Ort heißt es: ,Dieser Leib, aus Begattung entstanden, erwachsen in der Hölle [des Mutterleibes] und herausgekommen durch die Pforte des Harns, ist eine Ansammlung von Knochen, mit Fleisch überschmiert, mit Haut umflochten, mit Kot, Harn, Galle, Phlegma, Mark, Fett und Speck und dazu mit vielen Krankheiten angefüllt wie eine Schatzkammer mit Schätzen.'

5. Auch an einem anderen Ort heißt es: 'Verwirrung, Furcht, Verzweiflung, Schlaf, Trägheit, Unbesonnenheit, Greisenalter, Kummer, Hunger, Durst, Geiz, Zorn, Nihilismus, Unwissenheit, Mißgunst, Grausamkeit, Dummheit, Schamlosigkeit, Haltungslosigkeit, Hoffärtigkeit, Launenhaftigkeit, diese stammen aus dem Tamas; innerer Durst, Liebe, Leidenschaft, Begierde, Schädigungssucht, Wollust, Haß, Verschlagenheit, Eifersucht, liebloses Wesen (Akamam), Unfestigkeit, Wankelmütigkeit, Zerstreutheit, Rechthaberei, Habgier, Freundwerbung, Weiberknechtschaft, Abneigung gegen unerwünschte Sinneseindrücke, Zuneigung zu erwünschten, sauertöpfischer Ton [der Rede] und Völlerei hingegen stammen aus dem Rajas. Von diesen erfüllt, von diesen überwältigt, so ist der natürliche Atman; darum geht er in die vielerlei Gestalten ein, - Gestalten ein.'

Vierter Prapathaka

Die weitere Frage, wie eine Erlösung aus dem geschilderten Elend möglich sei, wird weder im Sinne des Vedanta (Erkenntnis seiner selbst als des Atman), noch in dem der Samkhyalehre (Unterscheidung des Purusha von dem, was er nicht ist), sondern in reaktionärem Sinne beantwortet: Vedastudium, Beobachtung der Pflichten der eigenen Kaste (Svadharma) und Innehaltung der brahmanischen Lebensordnung durch die Asramas sind unerläßliche Bedingungen: ohne Erfüllung der im Veda gelehrten Pflicht der Kaste ist keine Lebensordnung durch die Asramas, ohne sie keine wahre Askese, ohne diese weder die Erkenntnis des Atman noch das Gelingen der Werke möglich. Vidya d. h. hier "Glaube an Brahman" (Asti Brahma, Iti), Tapas "Askese" und Cinta "verehrende Meditation des Brahman", - das sind die drei Bedingungen, welche über das (niedere) Brahman und die Götter hinaus zu ewiger, unendlicher, ungetrübter Lust, zur Erlösung von der Überwältigung und zur Vereinigung mit dem Atman führen. Die Verehrung der Naturgötter wird zugelassen, sofern sie die höchsten Erscheinungsformen (Agryas Tanavah) des Brahman sind; man erhebt sich dadurch zunächst zu ihrer Sphäre und geht mit ihnen beim Weltende zur Einheit des Purusha ein.

Diese Reaktion gegen die Ideale des Vedanta, nach welchem nur die Erkenntnis des Atman zur Erlösung erforderlich ist, erklärt sich, wenn wir bedenken, daß die praktische Verwirklichung jener Lehre zu Erscheinungen führen mußte, deren Hauptvertreter für uns heute der Buddhismus ist. Eine Polemik, wenn nicht geradezu gegen diesen, so doch gegen die Tendenzen, die in ihm zum Ausdruck kommen, ist unverkennbar. Ohne die alten Anforderungen des Brahmanismus, Brahman (Vedastudium) und Tapas (sich betätigend in Kasten und Asramas) ist der Weg zum Heil nicht zu finden.

1. Da geschah es, daß die Zeugungserhabenen in höchster Bewunderung alle im Verein sprachen: 'O Ehrwürdiger! Verehrung sei dir! belehre [uns weiter] ! du bist unsere Zuflucht, und eine andere gibt es nicht. Welches ist für diesen natürlichen Atman die Weise, auf die er, diese Welt dahintenlassend, nur allein in dem Atman [steht und mit ihm] zur Vereinigung gelangt?' - Da sprach er zu ihnen also:

2. 'Auch an einem anderen Ort heißt es: ,Wie die Wellen großer Ströme ist für ihn keine Abwendung des früher Begangenen, wie die Flutschwellung des Ozeans ist für ihn nicht abzuwehren das Herannahen des Todes; gleichwie ein Lahmer ist durch die Fesseln der Vergeltung guter und böser Werke sein Gebunden[sein]; gleichwie eines Gefangenen ist seine Unfreiheit, gleichwie eines im Bereiche des Yama [im Angesicht des Todes] Stehenden ist sein in vieler Furcht Befangen[sein]; gleichwie ein vom Rauschtrank Berauschter ist sein vom Rauschtrank der Verblendung Berauscht[sein]; gleichwie ein von einem Übel Besessener ist sein Umhergetrieben[werden]; gleichwie ein von einer großen Schlange Gebissener ist sein von den Sinnendingen Gebissen[sein]; gleichwie tiefe Finsternis ist sein von Leidenschaft Blind[sein]; gleichwie ein Zauberwerk ist sein In-Blendwerk-verstrickt[sein]; gleichwie ein Traum ist sein Trugbilder-sehen; gleichwie die Bananenfrucht ist sein Kraftlos[sein]; gleichwie ein Tänzer ist sein für den Augenblick Ausstaffiert[sein]; gleichwie eine bemalte Kulisse ist sein trügliches Herzerfreuend[sein].' Auch heißt es:

'Als wesenlos die Eindrücke,
Gehör, Gefühl im Menschen sind,
Und doch vergißt, in sie vergafft,
Der Bhutatman die höchste Welt.'

3. Dieses aber ist die Heilung des natürlichen Atman (Bhutatman): Studium der Wissenschaft des Veda, Einhaltung der eigenen [Kasten-]Pflicht, Leben in den zukommenden Lebensstadien, - denn darin besteht der Wandel in der eigenen [Kasten-]Pflicht; alles andere ist [so wertlos] wie die Ausläufer eines Grasbüschels; dadurch wird er des, was da droben ist, teilhaftig; wo nicht, so geht es abwärts. Und das ist die eigene [Kasten-]Pflicht, die in den Veden befohlen wird; wer diese seine eigene Pflicht übertritt, kann nicht die Lebensstadien einhalten; wenn aber einer nicht in den Lebensstadien sich hält und etwa ein Asket genannt wird, so ist das ungereimt; ohne ein Asket zu sein aber, kann man weder die Erkenntnis des Atman erreichen, noch auch die Werke vollbringen. Darum heißt es:

'Durch Tapas wird erlangt Sattvam,
Durch Sattvam Manas wird erlangt;
Durch Manas wird erlangt Atman,
Wer den hat, kehrt nicht wieder her.'

4. 'Das Brahman ist', so spricht, wer das Brahmanwissen hat; - 'dieses ist die Pforte des Brahman', so bezeichnet sein Tun, wer durch die Askese vom Bösen sich befreit; - 'Om! über die Größe des Brahman', mit diesen Worten bringt sein Tun zum Ausdruck, wer wohlvorbereitet ohne Unterlaß die Meditation übt; darum wird durch Wissen, durch Askese und durch Meditation das Brahman erkannt. Und wer es tut, der geht noch über das [niedere] Brahman hinaus und zur Übergöttlichkeit über die Götter; und so erlangt er unvergängliche, unermeßliche, leidenfreie Lust, wer, solches wissend, durch jene Dreiheit (Vidya, Tapas, Cinta) das Brahman verehrt. Aber womit er [vordem] angefüllt, wovon er überwältigt, wodurch er an jenen Wagen [oben 2,3. 6] gebannt war, von dem erlöst, geht er in dem Atman zur Gemeinschaft [mit ihm] ein.'

5. Da sprachen sie: 'O Ehrwürdiger, du bist ein Niedersprecher[10], du bist ein Niedersprecher! Das soll von uns, so wie du es gesprochen, im Geist wohl bewahrt werden. Aber nun beantworte uns noch eine weitere Frage. Agni, Vayu, Aditya, der die Zeit ist [Prajapati], Prana, Nahrung, Brahma (masc.), Rudra, Visnu, - von diesen verehren meditierend die einen diesen, die anderen jenen. Welcher von ihnen am besten [verehrt wird], wer der ist, das sage uns!' - Da sprach zu ihnen:

6. "Diese, fürwahr, sind die obersten Erscheinungsformen (Tanavas) des höchsten, unsterblichen, körperlosen Brahman. Und 'wer einem von diesen anhängt, der freut sich hienieden in dessen Welt', so heißt es.[11] Denn Brahman, fürwahr, ist diese ganze Welt (vgl. Chand. 3,14,1); was aber seine (lies Asya) obersten Erscheinungsformen sind, die soll man meditieren, verehren und verleugnen. Dadurch wird man zusammen mit ihnen höher und höher in den Welten streifen und beim Untergang des Alls [eingehen in] die Einheit des Purusha, - des Purusha.[12]"

Fünfter Prapathaka

Am Schluß des vorigen Abschnittes waren die drei Weltregenten der Brahmanazeit, Agni, Vayu und Surya, die drei zu Göttern hypostasierten Begriffe, Kala, Prana und Annam, und die drei Hauptgötter des Volksglaubens, Brahma (masc.), Rudra (d. i. Siva) und Visnu, für die obersten Erscheinungsformen des Brahman (neutr.) erklärt worden.

Denselben Gedanken führt der jetzt folgende Hymnus des (übrigens unbekannten) Kutsayana aus.

Dann folgt ein, im Stile der Brahmanamythen von der Weltschöpfung auftretender, Schöpfungsmythos, welcher die drei Gunas der Samkhyalehre, Tamas, Rajas und Sattvam, auf Rudra, Brahma und Visnu bezieht und auch im übrigen sehr merkwürdig ist als Mittelglied der Philosophie des Rigveda und der späteren Samkhyalehre. Die philosophischen Hymnen des Rigveda unterscheiden:

1) das Urprinzip,
2) die aus ihm hervorgehende Urmaterie,
3) das in ihr als Erstgeborner entstehende Urprinzip selbst.

Dem entsprechend stellt unser Mythos an die Spitze

1) das Höchste (Param), läßt aus ihm
2) Tamas, Rajas, Sattvam hervorgehen und
3) aus dem Sattvam den Reingeistigen (Cetamatra), d. h. den Purusha entstehen, der Samkalpa, Adhyavasaya und Abhimana (d. h. die Funktionen von Manas, Buddhi und Ahankara) als Lingam (feinen Leib) hat.

Alle diese Begriffe sind schon die des spätem Samkhyam, nur daß der Purusha hier noch nicht der Prakriti gegenübersteht, sondern in der Weise der Rigvedaphilosophie aus ihr hervorgeht.

1.

Darüber ist ein Preislied des Kutsayana wie folgt:

Du bist Brahma und du Visnu,
Du Rudra, du Prajapati,
Du Agni, Varuna, Vayu,
Du Indra, du das Licht der Nacht.
Du bist der Nahrungsgeist, der Tod,
Die Erde, das All, unwandelbar,
Zum Selbstzweck, zum Naturzweck[13]
Vielfältig ruht in dir was ist.
Dir sei, o Herr des Alls, Ehre,
Allseele du, Allwirkender,
Allgenießender, All-Leben,
Aller Freuden und Lüste Herr!
Dir sei als Ruheselbst[14] Ehre,
Dir als dem Tiefstverborgenen[15], -
Undenkbarem, Unmeßbarem[16],
Ohn' Anfang und ohn' Ende, dir.

2.

Diese Welt war zu Anfang Tamas nur allein. Dasselbe muß gewesen sein in dem Höchsten. Von diesem Höchsten angetrieben, geriet es in den Zustand der Ungleichheit; dies war das Rajas als Erscheinungsform. Dieses Rajas wiederum, angetrieben, geriet in den Zustand der Ungleichheit; dieses war die Erscheinungsform des Sattvam. Dieses Sattvam, angetrieben, floß aus als ein Saft; das ist jener Teil, der als rein Geistiger in den einzelnen Personen als Seele (Kshetrajna) besteht und das Vorstellen [des Manas], das Urteilen [der Buddhi] und den Individualwahn [des Ahamkara als Lingam [Charakter, psychischen Organismus] hat; Prajapati und Visva [die Allheit] sind seine vorher [wohl unter den Namen Kala und Annam] erwähnten Erscheinungsformen. Was nun, fürwahr, an ihm der Tamas-artige Teil ist, der, ihr Brahmanschüler, ist jener Rudra; und was, fürwahr, an ihm der Rajas-artige Teil ist, der, ihr Brahmanschüler, ist jener Brahma, und was, fürwahr, an ihm der Sattvam-artige Teil ist, der, ihr Brahmanschüler, ist jener Visnu. Und dieser Eine, nachdem er dreifach geworden, so ist er achtfach, elffach, zwölffach, unendlichfach[17] entstanden, und weil er entstanden ist, darum ist er das Wesen; er schaltet in den Wesen, in die er eingegangen, und ebenderselbe ist zum Oberherrn der Wesen geworden. So besteht dieser Atman inwendig und draußen, - inwendig, und draußen.

Sechster Prapathaka

Wie schon der fünfte, so und noch mehr trägt der sechste Prapathaka den Charakter eines Nachtrages. An Umfang übertrifft er die ganze übrige Upanishad zusammengenommen. Der Inhalt läßt sich zweckmäßig in fünf Abschnitte zerlegen:

6,1-8: Die Identität des Prana mit Aditya und die Verehrung beider durch die Silbe Om, die drei Vyahritis und die Savitri. 6,9-17: Das Pranagnihotram ist auf beide, Prana und Aditya, bezüglich. Metaphysische Bedeutung von Nahrung und Nahrungesser. 6,18-30: Der Yoga als Weg zur Erlösung. Schluß des Gespräches zwischen Brihadratha und Sakayanya. 6,31-32: Das Selbst und die Organe. 6,33-38: Umdeutung des Agnihotram zu einem Opfer an den Atman.

6,1-8: Prana und Aditya und ihre Verehrung

Im Anschluß an die letzten Worte des vorigen Abschnittes, wonach der Atman "inwendig und draußen" ist, wird hier als äußeres Symbol des Atman die Sonne, als inneres der Prana aufgestellt, wobei verschiedene Beziehungen zwischen beiden zur Sprache kommen und anbefohlen wird, dieselben mittels der Silbe Om, mittels der drei Vyahritis (Bhur, Bhuvah, Svah) und mittels der Savitri (Rigv. 3,62,10, vgl. zu Brih. 5,14) zu verehren. Die Verehrung durch diese drei Symbole wird sodann im einzelnen erörtert, wobei manche Zitate bekannter und unbekannter Stellen vorkommen, noch mehr aber vereinzelte abgerissene Reminiszenzen aus früheren Upanishaden dem Text in freier Weise eingewoben werden.

1.-2.

1. Zweifach, fürwahr, bringt jener [Atman] sich selbst [in Bewegung]: als dieser Prana hier und als jene Sonne dort; und zwei sind diese seine Pfade, inwendig und draußen; beide laufen durch Tag und Nacht in sich selbst zurück. Nämlich jene Sonne ist der Außen-Atman, der Prana der Innen-Atman. Darum wird durch den Gang des Außen-Atman [Tag und Nacht] der Gang des Innen-Atman abgemessen [[[Wachen]] und Schlafen], - denn so heißt es: 'Jeder Wissende, von Sünden Freie, die Sinne Beaufsichtigende, an Geist Geläuterte, in ihm Feststehende, das Auge nach innen Wendende (Avrittacakshuh Kath. 4,1), ist er [der Atman]', - und durch den Gang des Innen-Atman wird der Gang des Außen-Atman abgemessen. Denn so heißt es: 'Aber jener goldene Mann im Inneren der Sonne' [so weit Chand. 1,6,6], welcher herabschaut auf diese Erde aus seinem goldenen Sitz, der ist eben jener, welcher, in der Herzenslotosblüte wohnend, die Nahrung ißt;

2. und der, welcher, in der Herzenslotosblüte wohnend, die Nahrung ißt, der ist es, welcher, als jenes Sonnenfeuer am Himmel wohnend, unter dem Namen der Zeit unsichtbar alle Wesen als Nahrung ißt. Fragt ihr, welches diese Lotosblüte [im Universum] sei, und woraus sie bestehe? - Nun, dieses dort ist die Lotosblüte, was der Raum dort ist, und seine vier Pole und vier Zwischenpole sind ihrer Blätter Formen geworden, und zueinander hingewendet [in der oben angegebenen Beziehung aufeinander] vollbringen ihren Lauf beide, der Prana und die Sonne.

Diese beiden soll man verehren durch die Silbe Om, durch die Vyahritis [die Ausrufe Bhur, Bhuvah, Svah] und durch die Savitri- Strophe.

3.-5.

Verehrung durch Om

3. 'Fürwahr, zwei Formen sind des Brahman, die gestaltete und die ungestaltete' (Brih. 2,3,1); aber die gestaltete ist die Unwahrheit, die ungestaltete ist die Wahrheit, ist das Brahman, als Brahman das Licht, als das Licht die Sonne, diese aber ist diesen Laut Om zum Selbst habend. 'Sie aber machte sich selbst dreifach' (Brih. 1,2,3), denn in dem Laut Om sind die drei Morae (a u m), durch die ist diese ganze Welt 'eingewoben und verwoben' (Brih. 3,6) in jener [Sonne]. Denn so heißt es: 'Fürwahr, die Sonne ist dieses Om!( also meditierend, soll man demgemäß sich selbst bereit machen (Ity Evam Dhyayans Tathatmanam yunjiteti, Telugutext).

4. Und auch an einem anderen Ort heißt es: 'Nun aber ist der Udgitha der Pranava (der heilige Laut Om), und der Pranava ist der Udgitha. Darum ist der Udgitha jene Sonne, und sie ist der Pranava.' (Chand. 1,5,1). Denn so heißt es: 'Den Udgitha, der da heißt der heilige Laut, den Führer, den lichtgestaltigen, schlummerlosen, alterlosen, vom Tode freien, dreifüßigen [nach dem Schol. Wachen, Schlaf, Tiefschlaf und Bhur, Bhuvah, Svah], dreilautigen [a, u, m] und wiederum zu erkennenden als fünffach [[[Prana]], Apana, Vyana, Samana, Udana] in der Höhle des Herzens verborgenen'. Denn so heißt es: 'Das die Wurzel oben habende (Kath. 6,1) dreifüßige Brahman (Rigv. 10,90,4) und als die Zweige Äther, Wind, Feuer, Wasser, Erde usw. [und ihre Produkte], dieser eine sogenannte Feigenbaum (Kath. 6,1), der ist das Brahman, und sein ist der Glanz, welcher jene Sonne ist, und auch der Glanz jener Silbe Om, darum soll man es durch den Laut Om verehren ohne Unterlaß!' Denn dieser ist des Menschen einiger Erleuchter. Denn so heißt es (Kath. 2,16):

'Ja, diese Silbe ist heilig,
Diese Silbe das Höchste ist,
Wer dieser Silbe ist kundig,
Was er wünschen mag, fällt ihm zu.'

5. Und an einem anderen Ort heißt es: 'Der Laut Om ist seine tonartige Gestalt; Weiblich, Männlich, Sächlich, dieses seine geschlechtartige; Feuer, Wind, Sonne, dieses seine lichtartige; Brahma, Rudra, Visnu, dieses seine oberherr-artige; Garhapatya, Daksinagni, Ahavaniya, dieses seine [opfer-]mundartige; Ric, Yajus, Saman, dieses seine wissenartige; Bhur, Bhuvah, Svar, dieses seine weltraumartige; Vergangenes, Gegenwärtiges, Künftiges, dieses seine zeitartige; Prana, Agni, Surya, dieses seine wärmeartige; Nahrung, Wasser, Mond, dieses seine schwellungsartige; Buddhi, Manas, Ahamkara, dieses seine erkenntnis-artige; Prana, Apana, Vyana, dieses seine prana-artige, - daher, wenn man sagt Om, so sind damit alle die vorerwähnten geehrt und einbegriffen worden. Denn so heißt es: 'Fürwahr, o Satyakama, diese Silbe Om, das ist das höhere und das niedere Brahman' (Prasna 5,2, unwörtlich).

6.

Verehrung durch Bhur, Bhuvah, Svah

Unausgesprochen (Avyahritam), fürwahr, war diese Welt. Er aber, die Realität, Prajapati, nachdem er Tapas geübt, sprach er sie aus: die Erde, den Luftraum, den Himmel (Bhur, Bhuvah, Svar). Denn dieses ist des Prajapati greifbarste Gestalt [unter den im vorigen Abschnitt aufgezählten Gestalten], was die weltraum-artige ist; Svar ist ihr Haupt, Bhuvar der Nabel, Bhur die Füße (vgl. Rigv. 10,90,14); die Sonne das Auge. Denn an dem Auge hängt für den Purusha (das Subjekt) die große Masse (das Objektive), denn mit dem Auge überstreicht er die Massen; ja, das Auge ist die Realität, denn in dem Auge seinen Standort habend, schweift der Purusha unter allen Dingen umher. Darum soll man die Ausrufe Bhur, Bhuvah, Svar verehren; denn damit ist der allbeseelende, allschauende Prajapati gleichsam verehrt worden. Denn so heißt es: 'Dieses, fürwahr, ist die alltragende Gestalt des Prajapati; in ihr ist diese ganze Welt beschlossen, und in dieser ganzen Welt ist sie beschlossen.' Darum ist sie [die, welche] man verehren soll.

7.-8.

Verehrung durch die Savitri

7. Tat Savitur Varenyam (den lieblichen des Savitar), - jene Sonne ist Savitar, und er ist also lieb zu haben von dem, der den Atman liebt, so sagen die Brahman-Lehrer;

Bhargo Devasya Dhimahi (des Gottes Glanz laßt ehren uns), - der Gott ist Savitar; und was an ihm hier der Glanz heißt, das überdenke ich, so sagen die Brahman-Lehrer;

Dhiyo Yo Nah Pracodayat (er möge fördern unseren Geist), - der Geist sind die Gedanken, und er ist der, welcher uns diese fördern möge, so sagen die Brahmanlehrer.

[Nachträgliche Etymologien.] Bhargas, der Glanz, bedeutet denjenigen, welcher in jener Sonne enthalten ist, oder auch es ist der Stern im Auge; er heißt Bhargas, weil durch die Lichtstrahlen (Bhabhis) sein Gang (Gati) ist; oder er heißt Bhargas, weil er, der Glanz, nämlich Rudra, [die Welt] ausdörrt, [so sagen] die Brahman-Lehrer; oder Bha bedeutet, daß er alle Welten erleuchtet (Bhasayati), Ra, daß er alle Wesen froh macht (Ranjayati), Ga, daß alle Geschöpfe in ihn eingehen (Gacchanti) und aus ihm hervorgehen, darum, als Bhara-Ga, ist er Bhargas. - Surya heißt so, weil fort und fort [[[Soma]]] gekeltert wird (Su); Savitar ist nach dem Erregen (Su), Aditya nach dem Nehmen [[[Ada]], der Flüssigkeiten der Erde, oder des Lebens der Geschöpfe, Schol.], Pavana (das Feuer) nach dem Läutern (Pavanam), die Apas (Wasser) sind nach dem Schwellendmachen (Pyayanam) benannt. Denn so heißt es: 'Fürwahr, der Atman ist der Führer (lies: Khalu Atma Neta), der da unsterblich heißt, ist der Wahrnehmer, Denker, Geher, Entleerer, Zeuger, Täter, Sprecher, Schmecker, Riecher, Seher, Hörer und der tastet, ist alldurchdringend in den Körper eingegangen( (vgl. Prasna 4,9). Denn so heißt es: 'Denn wo eine zweiheitartige Erkenntnis ist (vgl. Brih. 2,4,14), da hört, sieht, riecht und schmeckt, berührt alles der Atman und erkennt es; wo aber eine unzweiheitliche Erkenntnis ist, frei von Wirkung, Ursache und Werk, wortlos, vergleichlos, beschreibungslos, was ist das? - Es ist unaussprechlich.'

8. Fürwahr, dieser Atman ist Îsana, Sambhu, Bhava, Rudra, Prajapati, Visvasrij, Hiranyagarbha, Wahrheit, Leben, Wander¬vogel, Regierer, Visnu, Narayana, Arka, Savitar, Schöpfer, Ord¬ner, Allherrscher, Indra, Indu. Er ist der, welcher dort [in der Sonne] glüht, umgeben, wie Feuer von anderem Feuer, von dem tausendaugigen, goldenen Ei. Ihn wahrlich soll man su¬chen zu erkennen, soll man erforschen (vgl. Chand. 8,1)! - Alle Geschöpfe in Frieden lassend, in den Wald ziehend und 335 der Sinnendinge sich entäußernd, so möge man ihn aus dem eigenen Leib heraus (Kath. 6,17) vernehmen, (Prasna 1,8) 'Den allgestaltigen, goldenen Wesenskenner, Der dort als höchster Hort, als einzig Licht glüht! Mit tausend Strahlen, hundertfach sich wandelnd, Als Lebenshauch der Wesen geht dort auf die Sonne.'

Fußnoten

  1. So stammt z. B. das Zitat 6,4 p. 86,3 (wenn es anders ein solches ist) aus einer Schrift, die selbst erst Kath. 6,1 zitiert; ebenso setzt eine in 6,1 p. 80,1 als Zitat auftretende Stelle Kath. 4,1 voraus.
  2. Viele derselben werden sich wohl nie nachweisen lassen, indem sie nur in freien Fortbildungen älterer vedischer Stellen oder Gedanken bestehen, an welche unser Autor anknüpft, um seine eigenen Gedanken zu entwickeln.
  3. Kath. 4,13.
  4. Vgl. Chand. 7,1,3.
  5. Also: Die Atmanlehre ist zur Zeit des Verfassers aus der Mode gekommen. Wodurch wohl anders, als durch die Ausbreitung des Buddhismus? Vgl. auch Gesch. d. Phil. 1,42 f.
  6. Vgl. Kath. 1,21.
  7. Vgl. zu der ganzen Rede Kath. 1,26-29.
  8. Nach dem Schol. die vier Arten der lebenden Wesen (Lebendgeborene, Eigeborene, Schweißgeborene, Keimgeborene) und die vierzehn Welten Vedantasara § 129). - Es könnten auch der Caturjala Brahmakosa (Annamaya, Pranamaya, Manomaya, Vijnanamaya) wie 6,28. 38, und die vierzehn Wesensklassen wie Samkhya K. v. 53 verstanden werden.
  9. Ausdruck der unbestimmten Vielheit (entweder 21 mal 4, oder 6 mal 14) der Unterarten.
  10. Sehr wahrscheinlich ist hier (wie auch M. Müller gesehen) Ativadi (Chand. 7,15,4, vgl. Brih. 3,9,19) zu lesen.
  11. Vgl. das Zitat bei Shank. ad Taitt. p. 134,10 und ad Brahmas. p. 112,8 (1047,12. 1135,6): Tam Yatha Yatha Upasate, Tad Eva Bhavati (in der Upanishadliteratur habe ich diese Worte bis jetzt nur Mudgala Up. 3 gefunden); und Brih. 4,1,2-7 Devo Bhutra Devan Apyeti.
  12. Die Rede des Sakayanya geht bis 6,30 weiter, aber das von ihm nacherzählte Gespräch zwischen Kratu Prajapati und den Valakhilyas ist wohl hier zu Ende, wenn auch 6,29 noch einmal auf dasselbe zurückgewiesen wird. Nicht nur daß die bisher herrschende Form von Rede und Gegenrede im folgenden verlassen wird (statt dessen findet sich in Prap. 5 dreimal die Anrede Brahmacarinah), sondern auch das eigentliche Thema der Upanishad ist mit obigem erschöpft und alles Weitere hat den Charakter von Nachträgen.
  13. Svarthe Svabhavikarthe Ca. Der Zweck ist die Erlösung. Nach der Samkhyalehre wird dieselbe bewirkt von der Prakriti um des Purusha willen: Svarthe Iva Pararthe Arambhah, "ihr Bemühen ist für einen anderen, als wäre es für sie selbst", Samkhya K. 56. An unserer Stelle, wo Brahman noch Purusha und Prakriti zugleich ist, wohnen die Wesen in ihm um Svartha (Erlösung des Purusha) und Svabhavikartha (Erlösung des Prakriti, Svabhava = prakriti) zu erlangen. — Anders der Kommentar, der Svartha auf die allgemeinen, Svabhavikartha auf die besondern Zwecke der Individuen bezieht.
  14. Der Santa Atman könnte auch hier (wie Kath. 3,13) auf die Prakriti der Guhyatama auf das Urprinzip (das Param des folgenden Mythos) bezogen werden.
  15. Der Santa Atman könnte auch hier (wie Kath. 3,13) auf die Prakriti der Guhyatama auf das Urprinzip (das Param des folgenden Mythos) bezogen werden.
  16. Vgl. Manu 1,3.
  17. Nachgebildet nach Chand. 7,26,2 (oben S. 186)