Dharma: Unterschied zwischen den Versionen

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==Literatur==
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Version vom 23. Oktober 2014, 11:34 Uhr

Dharma (Sanskrit: धर्म dharma m. ) Ordnung, Gesetz, Brauch, Sitte, Vorschrift, Regel; Pflicht, Tugend, gute Werke, religiöser Verdienst; Natur, wesentliche Eigenschaft, Charakteristikum. Dharma ist neben Artha, Kama und Moksha eines der vier klassischen Lebensziele (Purushartha) im alten Indien.

Der Dharma ist die Ethik, nach der Menschen sich verhalten sollten; die Tugendhaftigkeit - dem eigenen Gewissen zu folgen. Dharma ist das Gesetz Gottes. Vgl. auch: Antahkarana

Das Rad des Dharma aus dem Museum Guimet in Paris

Der Begriff Dharma sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus (Sanskrit, m., धर्म, dharma; Pali: Dhamma) schließt Gesetz, Recht und Sitte, ethische und religiöse Verpflichtungen ein. Englisch oft einengend mit Religion übersetzt, steht es auch für Ethik und Moral.

Im Hinduismus abgeleitet von der Wurzel dhṛ (halten): Dharma bestimmt die hinduistische Ethik, das Leben eines Hindu auf unterschiedliche Art und Weise. Persönliche Gewohnheiten, soziale und familiäre Bindungen, Fasten und Feste, religiöse Rituale, Gerechtigkeit und Moral, oft sogar die Regeln der persönlichen Hygiene und Essenszubereitung werden durch den Dharma bestimmt. Hindus sehen die Beachtung des Dharmas nicht nur als Voraussetzung für soziales Wohlergehen, sondern auch für eine gute persönliche Entwicklung.

Von der Erfüllung des Dharmas hängt für sie das Karma ab, das die aus den Taten des Individuums entstandenen Resultate beinhaltet (Ursache und Wirkung). Dennoch haben Hindus keinen bestimmten, allgemeingültigen Kodex, keine bestimmte Sammlung von Gesetzen, die für alle gleichermaßen verbindlich wären, wie etwa die Zehn Gebote der Juden und Christen. Das Nichtbefolgen des Karma wird Adharma genannt.

Im Buddhismus ist Dharma das vom Buddha erkannte und verkündete Daseinsgesetz - die Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten und bildet in der Zufluchtsformel „Ich nehme Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha“ eines der Drei Juwelen. Darüber ist es unter Buddhisten als Sammelbezeichnung für die Gesamtheit aller Phänomene gebräuchlich.

Dharma oder Dharmaraja bedeutet in der hinduistischen Mythologie "Gerechtigkeit". Das ist der Name, der Yama, dem Richter über die Toten, gegeben wird. Dharma ist aber auch ein antiker Weiser, der manchmal als ein Prajapati klassifiziert wird. Er heiratete die dreizehn (oder zehn) Töchter von Daksha und bekam zahlreiche Nachkommen. Wilson sagt: "Alle seine Söhne manifestierten sich gleichnisshaft als Verkörperungen von Intelligenz, Tugend und als religiöse Riten. Sie sind dementsprechend mit den mutmaßlichen Autoren des Hindu Kodex der Religion und der Moral verheiratet oder gleichermaßen eine sinnbildliche Darstellung des Dharma Gesetzes der Moral und der religiösen Pflichterfüllung."

Sukadev über Dharma

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Dharma hat viele verschiedene Bedeutungen. Dharma heißt auch Gewebe, Dharma wird vor allen Dingen als Verantwortung, als Aufgabe, als Pflicht bezeichnet. Dharma hat so viele verschiedene Bedeutungen. Man findet Dharma zum Beispiel im Kontext der vier Purusharthas, die vier Ziele des Menschen. Da gibt es als vier erstrebenswerte Dinge: Erstmal Kama, Sinnesbefriedigung, man kann sagen, es geht um das Emotionale, Sinnliche, Sexuelle, um Vergnügen zu haben. Dann gibt es Artha und Artha heißt finanzielle Absicherung, Geld, Einfluss und durchaus eine gewisse Ehrerbietung oder eine gewisse Anerkennung, die Menschen suchen.

Dritte ist Dharma. Dharma steht hier für Ethik, Dharma steht dafür, das, was man tut, mit Ethik zu tun. Dharma heißt aber auch, das, was man anderen zurückgibt, was man der Gesellschaft zurückgibt. Dharma heißt auch, seine eigenen Talente und Fähigkeiten zu entfalten. Also, in diesem Kontext der vier Purusharthas ist Dharma, etwas Gutes tun, der Gesellschaft etwas zurückgeben, seine Talente zu entfalten zum Wohl anderer. Dharma heißt auch, seine Kreativität zu entfalten, also alles, was man tun kann, um sich selbst gerecht zu werden in seinen Fähigkeiten und Talenten und um etwas zu tun für die Gesellschaft. Und das vierte Ziel der vier Purusharthas ist Moksha, die Selbstverwirklichung, Befreiung, Gottverwirklichung. Hier also Dharma in dem einen Kontext der vier Purusharthas, eben der Kontext der Pflichterfüllung, Kontext der Ethik, auch Kontext, etwas Gutes zu tun für die Gesellschaft.

Dharma heißt auch, herauszufinden: "Was ist meine Aufgabe?" Es gibt eine berühmte Schrift, die sehr viel über Dharma schreibt, das ist nämlich die Bhagavad Gita. Dort fragt ein Schüler namens Arjuna den Lehrer, Krishna: "Was ist mein Dharma? Was soll ich tun?" In diesem Kontext ist die Frage: "Was ist meine Aufgabe?" Und Krishna erläutert ihm, was es heißt, sein Dharma zu finden, seine Aufgabe zu finden. Er sagt aber auch: "Was auch immer du als dein Dharma ansiehst, tue es so gut, wie du kannst, bringe es Gott dar. Wenn du alles, was du tust, Gott darbringst, dann machst du nichts Falsches."

Also, der nächste Kontext von Dharma ist seine Pflicht und Aufgabe. Und das Ziel eines spirituellen Aspiranten ist weniger, seinen Wünschen und Neigungen nachzugehen, sondern mehr zu schauen: "Was ist meine Pflicht? Was ist meine Aufgabe?" Wobei oft tief im Inneren sich Dharma auch manifestiert als der Wunsch, etwas Gutes zu tun. Deshalb, manchmal sind die Wünsche so, dass sie in Übereinstimmung mit Dharma sind und manchmal eben auch nicht. Es ist alles nicht so einfach.

Der nächste Kontext von Dharma ist auch die gesellschaftliche Ordnung. Also, auch Dharma ist das gesamte Regelwerk, das eine Gesellschaft als Ganzes zusammenhält. In diesem Kontext spricht man auch von Varnashrama Dharma, als eine bestimmte Form, wie eine Gesellschaft zusammenhalten kann. Also, Dharma in diesem Kontext, ein gesellschaftlicher Zusammenhang. Dharma gibt es auch als Gesamtverantwortung einer gesamten spirituellen Richtung. So spricht man auch von Sanatana Dharma. Sanatana Dharma wörtlich "das ewige Dharma". Ewiges Dharma bezieht sich dann hier auf eine bestimmte spirituelle Richtung, die heutzutage oft als Hinduismus übersetzt wird. Viele Inder weigern sich, den Begriff "Hinduismus" zu verwenden, sondern nennen es lieber Sanatana Dharma, denn der Ausdruck "Hinduismus" ist ja ein relativ neuer.

Hinduismus stammt ursprünglich vom Fluss Sindhu – Sindhu ist der Indus-Fluss – und die Griechen nannten alle, die um den Fluss Indus und dahinter lebten eben die Inder. In Persien wurde daraus der Hindu-Fluss und die, die um den Hindu-Fluss oder dahinter lebten, waren dann die Hindus. Daraus haben dann die Europäer "die Inder" gemacht oder auch "die Hindus". Also, im 19. Jahrhundert, wenn du Bücher liest von Autoren, Reiseautoren oder Philosophen, wenn die von den Hindus sprechen, da sind nicht Angehörige einer Religion gemeint, sondern eben die Inder, denn "Hindus" ist der persische Ausdruck für Inder. Und Hindustan ist dann ein anderer Ausdruck für Indien, so haben es nämlich die Perser genannt. Erst später wurde dann der Ausdruck "Hinduismus" für die Religionen Indiens verwendet, die weder Buddhismus, noch Jainismus, noch Parsismus, noch Sikhismus, noch Christentum, noch Islam sind. Alle anderen sind dann eben übrig geblieben als Hindus.

Jetzt, die Inder selbst, die keiner dieser anderen Religionen angehören, nennen gerne ihre Religion und ihr großes spirituelles System als Sanatana Dharma, ewiger Bedeutungskontext, ewiges spirituelles Gewebe. Du siehst, Dharma hat viele verschiedene Ausdrücke. Und dann gibt es eben das allgemeine große Dharma, Sanatana Dharma. Dann gibt es das Dharma einer konkreten Schicht. Dann gibt es ein Dharma, Pflichten für Kinder, Dharma, Pflichten der Eltern, Dharma, Pflichten von verschiedenen Menschen in verschiedenen Berufen. Es gibt das Dharma eines Arztes, was man im Deutschen nennen würde, die Berufsethik eines Arztes. Es gibt das Dharma eines Rechtsanwaltes, die Berufsethik eines Rechtsanwaltes usw. Und für den spirituellen Aspiranten bleibt am wichtigsten die Frage: "Was ist meine Aufgabe?" Und zu überlegen: "Was ist mein Dharma?" Und dann sein Dharma so gut zu erfüllen, wie möglich, seine Aufgaben so gut zu erfüllen, wie möglich und zwar so gut zu erfüllen, wie man es selbst kann. Und es heißt, wenn man sich um sein Dharma kümmert, dann kommt Sukha und Ananda von selbst, Freude und Wonne. Dharma im Kontext heißt also Ordnung, heißt Pflicht und Aufgabe.

Swami Sivananda über Dharma

Stille Anbetung dem Göttlichen, der Verkörperung von Dharma, dem Lenker und Schützer des Dharma und dem Quell des Dharma.

Was ist Dharma? Dharma wird so genannt, weil es "hält", Dharma allein hält die Menschen. Das Wort Dharma leitet sich von der Wurzel "dhr" - "halten" - ab und seine etymologische Bedeutung ist "das, was hält", das, was diese Welt hält, oder die Menschen auf der Welt, oder die gesamte Schöpfung vom Mikrokosmos bis zum Makrokosmos. Es ist das ewige und heilige Gesetz Gottes. Die ganze Schöpfung wird durch das allmächtige Gesetz Gottes zusammengehalten und erhalten. Dharma zu praktizieren bedeutet daher, dieses Gesetz anzuerkennen und zu befolgen.

Das, was den Menschen Wohlergehen bringt, ist Dharma. Dharma erhält diese Welt. Die Menschen werden getragen von Dharma. Das, was die Erhaltung aller Wesen sichert, ist Dharma. Dharma führt zu ewigem Glück und zur Unsterblichkeit. Das, was Dharma ist, ist wirklich die Wahrheit. Jeder, der die Wahrheit spricht, spricht daher auch das Dharma, und wer das Dharma spricht, spricht die Wahrheit. Ein und dieselbe Sache wird zu beidem. Dharma enthält alle externen Taten, wie auch alle Gedanken und anderen geistigen Übungen, die das Wesen des Menschen erheben. Dharma kommt vom Göttlichen und führt zum Göttlichen.

Die Definition von Dharma

Keine Sprache ist vollkommen. Es gibt kein Wort im Englischen, um das Sanskritwort "Dharma" zu übersetzen. Es ist sehr schwer, den Begriff Dharma zu definieren.

Allgemein wird Dharma als "Rechtschaffenheit" oder "Pflicht" definiert. Dharma ist das Prinzip der Rechtschaffenheit. Es ist das Prinzip der Heiligkeit. Es ist auch das Prinzip der Einheit. Bhishma sagt in seinen Unterweisungen an Yudhishthira, dass alles, was Konflikte erzeugt, Adharma ist, und alles, was Konflikte beendet und Einheit und Harmonie mit sich bringt, Dharma. Alles, was hilft, die Menschen zu vereinen und reine göttliche Liebe und universelle Bruderschaft zu entwickeln, ist Dharma. Alles, was Uneinigkeit, Spaltung und Zwietracht erzeugt und Hass schürt, ist Adharma. Dharma ist das Fundament und der Träger sozialen Lebens. Die Grundsätze des Dharma wurden niedergelegt, um die weltlichen Angelegenheiten der Menschen zu regeln. Die Einhaltung von Dharma bringt Glück, sowohl in dieser Welt als auch in der nächsten. Dharma ist das Mittel, um das eigene Selbst zu erhalten. Übertrittst du das Dharma, so wird es dich töten. Schützt du es, so wird es dich schützen. Es ist dein einziger Gefährte nach dem Tod. Es ist die einzige Zuflucht der Menschheit.

Das, was uns erhebt, ist Dharma, und hier haben wir eine andere Definition. Dharma ist das, was dich auf den Pfad der Vollkommenheit und des Ruhmes führt. Dharma ist das, was dir eine direkte Verbundenheit mit Gott ermöglicht. Dharma ist das, was dich göttlich macht. Dharma ist die Treppe, die zu Gott hinaufführt. Selbstverwirklichung ist das höchste Dharma. Dharma ist das Herz hinduistischer Ethik. Gott ist das Zentrum des Dharma.

Dharma bedeutet Achara oder Regeln des täglichen Lebens. Achara ist das oberste Dharma. Es ist die Grundlage von Tapas oder selbstauferlegter Strenge. Es führt zu Wohlstand, Schönheit, Langlebigkeit und einer fortgesetzten Nachkommenschaft. Bösartiges Verhalten und Unmoral führen zu einem schlechten Ruf, Sorgen, Krankheit und vorzeitigem Tod. Dharma wurzelt in moralischem Verhalten und der Herrscher über das Dharma ist Gott selbst.

Maharshi Jaimini definiert Dharma als das, was von den Veden vorgeschrieben ist und letztlich keine Leiden erzeugt. Der Rishi (Seher) Kanada, Begründer der Vaisheshika Philosophie, hat Dharma in seinen Vaisheshika Sutras am besten definiert: "Yato-bhyudayanihsreyasa-siddhih sa dharmah.": "Das, was zum Erlangen von Abhyudaya (Wohlergehen in dieser Welt) und Nihsreyasa (Ende allen Leids und Erlangen ewiger Seligkeit) führt, ist Dharma."

Die alleinige Autorität der Veden

Die vier Veden, die Smriti Texte, das Verhalten derer, die den Geist dieser Texte durchdrungen haben und sich an ihre Vorschriften halten, das Verhalten der Heiligen und die Befriedigung der Ansprüche des eigenen Selbst - diese sind nach Manu die Grundlagen des Dharma.

In allen Dingen des Dharma sind die Veden die höchste Instanz. Man kann die Wahrheit über Dharma nicht über eine andere Wissensquelle als die Veden erfahren. Logik und Vernunft können im Bezug auf das Dharma nicht entscheiden. Unter den Schriften der Welt sind die Veden die ältesten. Diese Meinung teilen alle führenden Gelehrten und Altertumsforscher der gesamten zivilisierten Welt. Sie sind sich einig, dass von allen Büchern, die bislang in irgendeiner menschlichen Sprache geschrieben wurden, die Rigveda Samhita unzweifelhaft die älteste ist. Kein Altertumsforscher war in der Lage, ein Datum zu bestimmen, wann die Rigveda Samhita verfasst wurde oder entstand.

Das wechselnde Dharma

So wie ein Arzt unterschiedliche Medikamente für unterschiedliche Menschen entsprechend ihrer Konstitution und der Art ihrer Krankheit verschreibt, so gibt auch der Hinduismus verschiedenen Menschen unterschiedliche Pflichten. Die Regeln für Frauen unterscheiden sich von denen für Männer. Es gibt unterschiedliche Regeln für die verschiedenen Varnas und Ashramas. Aber Gewaltlosigkeit, Wahrheit, Nicht-Stehlen, Reinheit und Kontrolle der Sinne gehören zu den Pflichten aller Menschen.

Das Dharma ist abhängig von der Zeit, den Umständen, dem Alter, dem Grad der Entwicklung und der Gemeinschaft, zu der man gehört. Das Dharma dieses Jahrhunderts unterscheidet sich von dem des zehnten Jahrhunderts. Unter bestimmten Bedingungen kann es vorkommen, dass das Dharma seinen normalen Lauf verändert. Apad-Dharma ist eine solche Abweichung von der üblichen Praxis. Allerdings ist dies nur in Zeiten großer Not und großen Unglücks gestattet.

Was unter gegebenen Umständen Dharma ist, wird unter anderen Umständen zu Adharma. Darum wird gesagt, dass das Geheimnis des Dharma sehr tiefgründig und subtil ist. Krishna sagt in der Gita (Kap. XVI, 24): "Lass die Schriften die Instanz sein, die bestimmt, was getan werden sollte und was nicht getan werden sollte." Die Wahrheit des Dharma liegt verborgen. Es gibt viele Srutis und Smritis. Der Weg des Dharma, der offen für alle ist, ist der, den eine große, verwirklichte Seele beschritten hat.

Dharma in anderen Religionen

Alle anderen Religionen messen dem Dharma ebenfalls Gewicht bei. Buddhismus, Jainismus, Christentum, Sikhismus, Zoroastrismus und der Islam sind sich seines Wertes durchaus bewusst. Plato, Sokrates, Aristoteles, Kant, Swedenborg und Spinoza sind, in der interessanten Geschichte westlicher Philosophie, bemerkenswerte Beispiele für das hohe Podest, auf das Moral, Pflichtbewusstsein und Rechtschaffenheit gehoben wurden, wo sie sämtlich als einzige Mittel, das Ziel des Lebens zu erreichen, angebetet wurden. Jede Religion misst dabei bestimmten Aspekten des Dharma größeres Gewicht bei.

Nutzen des Praktizierens von Dharma

Unter den vier großen Zielen menschlichen Strebens – den Purusharthas -, also Dharma, Artha, Kama und Moksha, wird Dharma von den Schriften der höchste Rang zugewiesen. Dharma allein ist das Tor zu Moksha, Unsterblichkeit, unendlicher Seligkeit, höchstem Frieden und höchstem Wissen. Dharma allein ist der grundlegende Purushartha, Dharma ist der erste und wichtigste Purushartha. Nur durch die Praxis von Dharma kann man überhaupt hoffen, die Krönung aller menschlichen Anstrengungen zu erreichen: Moksha, das kostbarste und höchste aller erstrebenswerten Dinge.

Das Praktizieren von Dharma führt zu einer vollkommenen Verwirklichung der höchsten Einheit oder des finalen Ziels, des höchsten Gutes: Moksha. Der Praktizierende erlebt Frieden, Freude, Kraft und innere Ruhe. Sein Leben wird durch und durch diszipliniert. Seine Kraft und seine Fähigkeiten werden enorm verstärkt. Ihm wird klar, dass es nur eine allem zugrundeliegende homogene Essenz, eine lebende Wahrheit hinter allen Namen und Formen gibt. Er wird in Göttlichkeit verwandelt. Seine ganze Natur wird verändert. Er wird eins mit dem Ewigen. Er erkennt Brahman über ihm, Brahman unter ihm, Brahman rechts, Brahman links, Brahman vor ihm, Brahman hinter ihm, Brahman in ihm, Brahman außerhalb von ihm und Brahman, wie er die ganze Welt erfüllt.

Arten von Dharma

Dharma lässt sich in zwei Haupttypen einteilen: (i) Samanya oder generelles, universelles Dharma und (ii) Visesha oder spezifisches, persönliches Dharma. Zufriedenheit, Vergebung, Selbstbeschränkung, Nichtstehlen, Reinheit, Kontrolle der Sinne, Unterscheidung zwischen Richtig und Falsch, zwischen Wirklichem und Unwirklichem, spirituelles Wissen, Wahrhaftigkeit und die Abwesenheit von Ärger oder Zorn fallen unter das generelle, universelle Dharma. Die Regeln der Kasten und die Ordnung des Lebens gehören zum spezifischen Dharma. Dies sind nach Manu die zehnfachen Charakteristika von Dharma.

Es existieren verschiedene Unterarten von Dharma: Sanatana Dharma (das ewige Gesetz), Samanya Dharma (allgemeine Pflichten), Visesha Dharma (besondere Pflichten), Varnasrama Dharma (Pflichten der Kaste und des Standes), Svadharma (die persönlichen, eigenen Pflichten), Yuga Dharma (Pflichten des jeweiligen Zeitalters), Kula Dharma (Pflichten der Familie), Manava Dharma (Pflichten des Menschen), Purusha Dharma (Pflichten der Männer), Stri Dharma (Pflichten der Frauen), Raja Dharma (Pflichten der Könige), Praja Dharma (Pflichten der Untertanen), Pravritti Dharma (Pflichten des weltlichen Lebens) und Nivritti Dharma (Pflichten des spirituellen Lebens).

Dharma im Hinduismus

Arten des Dharma

Grundsätzlich enthält der Dharmabegriff einige verschiedene Aspekte. Zwei Definitionen unterscheiden einerseits die kosmische, andererseits die menschliche Ordnung. Beide gehen ineinander über:

Sanatana-Dharma

Der ewige, unveränderliche Dharma (Sanatana-Dharma) bezeichnet die kosmische Ordnung, die das gesamte Universum erhält. Dazu gehören sowohl die Naturgesetze als auch die Weisheiten der Veden, der wichtigsten „Heiligen Schriften“ der Hindus. Nicht nur Menschen unterliegen dem Sanatana-Dharma, auch Tiere und sogar Pflanzen, sowie das gesamte Universum. Nach Auffassung der Gläubigen geht Dharma aus dem Brahman hervor, dem Absoluten.
Sanatana-Dharma, „ewige Ordnung“, ist auch die Eigenbezeichnung der Hindus für ihre Religion.

Dharma als Ordnung der Gesellschaft

Auf menschlicher Ebene ist Dharma die Ordnung der Gesellschaft, mit verschiedenen Aspekten. Prinzipiell kennt die hinduistische Tradition dreierlei Verpflichtungen:

  • gegenüber Göttern, von denen die Menschen alles bekommen - z.B. durch Gebete und Verehrung
  • gegenüber den Rishis (den Weisen und den Gurus) - z.B. durch Studium der Schriften
  • gegenüber den Vorfahren, von denen die Menschen ihre Körper haben - wird erfüllt z.B. durch das Aufziehen von Nachkommen

Die sozialen Pflichten und Verantwortungen des Varnashrama-Dharma hängen vom Alter, Lebensstadium, Geschlecht, von der Kaste und dem sozialen Status ab. Es gibt unterschiedliche Ordnungen und Gesetze für Personen in einer bestimmten Lebensstufe (Ashrama), sowie verschiedene Vorschriften für die einzelnen Mitglieder der vier Stände der Gesellschaft, die Varnas.
Das in den Schriften beschriebene Ideal der vier Lebensstadien (Ashrama) ist mit bestimmten sozialen Pflichten verbunden. Es teilt das Leben eines jeden Menschen in vier Phasen ein:

  • Brahmacarin (Schüler)
  • Grihastha (Haushalter)
  • Vanaprastha (in die Waldeinsamkeit Gehender)
  • Samnyasin (die Welt Aufgebender)

Die Pflicht des Schülers ist, zu lernen und soziale Dienste zu leisten. Als „Haushalter“ soll man heiraten, Kinder haben, die Familie versorgen, den Bedürftigen geben, den sozialen und politischen Bedürfnissen der Gemeinschaft dienen. In die „Waldeinsamkeit“ soll man erst gehen, wenn die familiären Pflichten erfüllt sind. Dann kann man sich von materiellen Dingen lösen und seine eigene Philosophie finden. Die allerletzte Lebensphase ist der Zeitpunkt, die Welt aufzugeben und sein Ziel in der Erlösung zu finden.
Die ersten beiden Stufen, Brahmacarin und Grihastha sind in den Hindu-Alltag integriert, selten jedoch geht jemand wirklich in die „Waldeinsamkeit“ oder zieht sich von der Welt völlig zurück. Weit verbreitet ist aber auch in der modernen Welt die Sitte, dass die Älteren alle Aufgaben abgeben und sich innerhalb des Hauses zurückziehen, um sich religiösen Aktivitäten zu widmen.

Der Kastendharma beinhaltet unterschiedliche Gesetze für jede Gruppe der Gesellschaft: Hier weisen die hinduistische Tradition sowie die alten Gesetzgeber jedem innerhalb der Gesellschaft eine bestimmte Aufgabe sowie spezifische moralische Anforderungen zu. Früher musste beispielsweise jeder den Beruf und die Pflichten seiner Familie, seiner Kaste übernehmen. Diese Tradition ist noch immer lebendig, jedoch längst nicht mehr unumstößlich. Wenn die Voraussetzungen gegeben sind, kann heute jeder jeden Beruf ergreifen.

Allgemeine Dharmas

Viele Regeln sind auf jeweils eine bestimmte Gruppe von Menschen zugeschnitten, dagegen gelten folgende Sadharana Dharmas als allgemeine Verhaltensregeln für jeden. Sie kommen in den verschiedenen Schriften an vielen Stellen als besonders wichtige Tugenden regelmäßig vor. Besonders häufig scheinen auf:
Wahrhaftigkeit (satyam), Enthaltung von Gewalt (ahimsa), Zornlosigkeit (akrodha), Freigebigkeit (danam), Enthaltung von Diebstahl (asteyam), rituelle, geistige u. körperliche Reinheit (saucam), Zügelung der Sinne (indriya-nigraha), Nachsichtigkeit und Verzeihung (ksama), Selbstkontrolle (dama), Urteilskraft (dhi), Mildtätigkeit (dana), Mitleid (daya), Gastfreundschaft (atithi). Die Auswahl enthält keine Rangordnung. Ähnliche Regeln sind im Yoga in den Yamas und Niyamas formuliert.

Die Bhagavadgita geht an mehreren Stellen auf wichtige Tugenden ein:
Gewaltlosigkeit (Ahimsa), Wahrhaftigkeit, Zornlosigkeit, Entsagung, Frieden, Nicht-Verleumdung, Mitleid mit den Lebewesen, Begierdelosigkeit, Milde, Bescheidenheit, Lichtvolle Stärke, Vergebung, Beständigkeit, Reinheit, Fehlen von Feindseligkeit, Nicht-Hochmut – dies sind die Gaben des Menschen von göttlicher Natur. (Kap. 16.2–3).

Auch die Sorge um den Mitmenschen ist ein besonders wichtiges Kriterium des Hindu-Dharma: So postuliert etwa das Mahabharata: Mitgefühl und Güte ist der höchste Dharma der Guten (Kap. 13.5–23).

Jeder Hindu kann die „sechs Feinde“ aufzählen: "kama" (weltliche Begierden) krodha (Zorn), lobha (Gier,Geiz), moha (Verblendung, geistige Dunkelheit), mada (Hochmut) sowie matsarya (Eifersucht und Neid). Deutlich erinnern diese Übel an die „sieben Todsünden“ der Katholiken und an die Drei Geistesgifte der Buddhisten.

Vier legitime Ziele

Dharma ist eines von vier legitimen Zielen im menschlichen Leben, wobei die beiden letzten Ziele als die höchsten gelten:

  • Kama: weltlicher Genuss, Lust, Sexualität
  • Artha: Wohlstand und Erfolg
  • Dharma: Kosmisches und soziales Gesetz, Tugend, Moral
  • Moksha: Erlösung

Hindus lehnen weltliches Streben, Lust und Streben nach Wohlstand nicht als unmoralisch ab, jedoch haben die beiden letzteren Ziele einen höheren Stellenwert. Für das tägliche Leben ist die Erfüllung des Dharma das wichtigste Leitziel.

Quellen des Hindu-Dharma

Wichtige Quellen zum Erlernen des Dharmas sind die eigene Tradition, die Vorfahren sowie die Anleitungen eines Gurus, immer jedoch im Einklang mit den Veden. Unverzichtbare Anleitungen findet man auch in den Puranas, den alten Büchern über die Götter, in den Epen Ramayana sowie Mahabharata, die in hinduistischen Ländern einen hohen Stellenwert haben. Sie geben jedem in der Gesellschaft einen Leitfaden - ohne jedoch für alle verbindliche Gesetze vorzuschreiben. Durch diese freie Entscheidung kann auch der Widerspruch zwischen dem Anspruch der überlieferten Tradition und den Erfordernissen des modernen Lebens gelöst werden.

Alte Rechtsbücher sind die Dharmashastras von verschiedenen Gesetzgebern, wovon Manu (zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr.) der bekannteste ist. Dort sind genaue Regeln für alle Lebensabschnitte, alle Kasten sowie für Männer und Frauen festgehalten. Obwohl Manu noch heute große Verehrung zukommt, erheben Hindus keinen Anspruch auf Erfüllung seiner alten Gesetze. Zwar suchen viele Hindus heute noch Richtlinien darin und zitieren ihn, keiner jedoch würde heutzutage diese Schriften noch als allgemein gültige Anweisung verstehen. Frauenrechtlerinnen und Kastengegnern sind seine Vorschriften oft ein Dorn im Auge.

Dharmashastras, die Epen, Puranas und Gesetzbücher, gehören nicht zu den Shrutis und sind darum nicht von unumstößlicher Autorität. Ausdrücklich gehen Hindus davon aus, dass der Dharma zwar ewig sei, inhaltlich jedoch veränderbar und nicht zu allen Zeiten gleich. War etwa bei den Helden des Mahabharata noch die Vielehe üblich, würde das heute gegen die sozialen Sitten der Hindus verstoßen; wurde früher Dieben noch die Hand abgehackt, ist eine solch radikale Strafmaßnahme heute undenkbar.

Dharma im Buddhismus

Dharma (Sanskrit) bzw. Dhamma (Pali) hat im Buddhismus eine ganze Reihe von verschiedenen, kontextabhängigen Bedeutungen. In einer der möglichen Lesarten bezeichnet er die Lehre Buddhas. Der Dharma als das vom Buddha erkannte und verkündete Daseinsgesetz schliesst die Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten ein und bildet in der Zufluchtsformel „Ich nehme Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha“ eines der Drei Juwelen, die auch als die Drei Zufluchtsobjekte bezeichnet werden. So gilt der Dharma als ein Meditationsobjekt der Zehn Betrachtungen (anussati). Im Mahayana und Vajrayana verweist der Begriff neben der Lehre Buddhas zudem auf die Lehren der großen Bodhisattvas und aller Meister, die in der Nachfolge Buddhas Erleuchtung erlangt haben. Darüber hinaus ist das Wort als Sammelbezeichnung für die Gesamtheit aller Phänomene gebräuchlich.

Philosophische Bedeutung

In seiner philosophischen Bedeutung, die insbesondere im Zuge der Abhidharma-Scholastik herausgearbeitet wurde, bezieht sich der Begriff dharma - hier klein geschrieben und meist im Plural verwendet - auf die grundlegenden, nicht weiter reduzierbaren Elemente, aus denen sich die menschliche Erfahrungswelt mit ihren mentalen und materiell-physischen Gegebenheiten zusammensetzt. Diese Bausteine der Realität, für die sich in der buddhistischen Terminologie im deutschsprachigen Raum der von Helmuth von Glasenapp vorgeschlagene Fachausdruck Daseinsfaktoren weitgehend durchgesetzt hat, sind aufgrund ihrer unmittelbaren Einbindung in die buddhistische Heilslehre jedoch nicht mit Atomen im Sinne Demokrits vergleichbar, da sie grundsätzlich keine Substanz aufweisen. Ihre Darlegung soll weniger eine ontologische Welterklärung liefern, als vielmehr den Praktizierenden vor dem Hintergrund der Anatta-Lehre aufklären, wie die Annahme eines beständigen Erfahrungsträgers - eines Selbst - zustande kommt und ihm einen praktisch nachvollziehbaren Leitfaden zur Seite stellen, um die Annahme als eine auf Anhaftung beruhende Interpretation des bedingten Zusammenspiels der Daseinsfaktoren zu durchschauen, und sie auf dem Wege der meditativen Analyse schließlich leichter aufgeben zu können.

Bedingte/Unbedingte Daseinsfaktoren

Es wird bei der Klassifizierung eine grundlegende Unterscheidung zwischen bedingten und unbedingten Daseinsfaktoren vorgenommen. Die bedingten tragen die drei Daseinsmerkmale - sie treten in ständig wechselnden Kombinationen zusammen und werden als fluktuierende Potentialitäten verstanden, als punktuelle Kraft- oder Energiekonzentrationen, welche im Bedingungszusammenhang des Entstehens in Abhängigkeit (pratityasamutpada) sowie dem Gesetz des Karma folgend aufeinander einwirken und dadurch beim Menschen den Eindruck einer der Welt gegenüberstehenden, beständigen Person (pudgal) erwecken, dabei ebenso veränderlich sind wie das vielschichtige Spektrum an beobachtbaren Phänomenen, Zuständen und Ereignissen, das ihr Zusammenspiel in gegenseitiger Abhängigkeit hervorbringt. Auf die unbedingten dharmas, zu denen je nach Auslegung der einzelnen Schule das Nirvana und/oder der Sunyata gezählt wird, treffen die Aspekte der Leidhaftigkeit und Vergänglichkeit hingegen nicht zu. Sie nehmen hier insofern eine Sonderrolle ein, als sie dem dynamischen Prozess von Entstehen und Vergehen nicht unterworfen sind. Auch die Buddhanatur gilt als unvergänglich bzw. ewig. Die Buddhanatur wird in manchen buddhistischen Lehrsystemen als die Natur des Geistes oder als klares Licht ursprünglichen Gewahrseins bezeichnet. Im Nirvana-Sutra wird die Buddha-Natur (Buddha-dhatu) vom Buddha selber als „das wahre Selbst“ Buddhas erklärt und als "beständig, fest und ewig" (nitya, dhruva, sasvata) beschrieben. Sie wird auch mit dem Dharmakaya gleichgesetzt.

Entwicklung der Dharma-Lehre

Die Dharma-Lehre in ihrer Form als komplex gegliedertes System konkretisierte sich erstmals im Korb der Abhandlungen des Pali-Kanon, der an den von Buddha Shakyamuni überlieferten Lehrreden anknüpft und diese durch eine nach bestimmten Themengebieten geordnete Zusammenfassung näher erläutert. Diese von Buddhas Schülern vorgenommene ausführliche Klassifizierung der dharmas sollte dazu dienen, eine analytische Grundlage für die Meditationspraxis zu schaffen und war somit als didaktisches Hilfsmittel gedacht. Auf diese Weise wird die Dharma-Lehre auch heute nach wie vor im Theravada gelehrt und praktiziert. Sie ist damit eine konsequente Fortführung der bereits über die zahlreichen Lehrreden Buddhas hinweg angesprochenen Kategorien nama (Bewusstsein und Geistesfaktoren) und rupa (Körperlichkeit), die in fünf Aneignungsgruppen (Skandhas) untergliedert und schließlich in viele weitere Kategorien aufgefächert werden. Dazu gehören:

  • die sechs Elemente (dhatus) – Erde, Feuer, Wasser, Luft, Raum und Bewusstsein
  • die zwölf Sinnesfelder (ayatanas) – die sechs Sinnesorgane: Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper, Geist, und die sechs Sinnesobjekte: Sehobjekt, Klang, Geruch, Geschmack, Berührung, Denken, sowie
  • die achtzehn Elemente (dhatus), welche die zwölf Sinnesfelder zuzüglich der ihnen entsprechenden Bewusstseinsarten umfassen

Es gibt im Buddhismus keine einheitliche Gesamtzahl aller dharmas, sie variiert jeweils von Schule zu Schule und reicht dabei verschiedenen Auflistungen von 75 (im Sarvastivada) über 82 (Theravada) und 84 (Sautrantika), bis hin zu 100 (im Yogacara). Die einzelnen Faktoren wurden zusätzlich mit den ihnen entsprechenden Kennzeichen heilsam, unheilsam und neutral versehen.

Die Dharmatheorie wurde später von den scholastisch ausgerichteten Hinayana-Schulen weiter ausgearbeitet und auch von den nachfolgenden Strömungen des Mahayana übernommen, wobei hinsichtlich Natur und Status der dharmas stark voneinander abweichende Auffassungen vertreten wurden. Während die zum Hinayana zählenden Schulen des Sautrantika und des Sarvastivada einen Disput darüber führten, ob die dharmas nur in der Gegenwart oder in allen drei Zeitabschnitten wirksam seien, bzw. ob sie letztendliche Wirklichkeiten (paramattha) oder bloße Momente (kshanika) darstellten, wurden in den Schulen des Mahayana ausnahmslos alle dharmas für leer (sunya) von einer Eigennatur (svabhava) erklärt und die strikte dichotome Trennung zwischen Bedingtem und Unbedingtem auf diese Weise relativiert. Die radikale Ausweitung der Leerheit (sunyata) auf alle Daseinsfaktoren (dharmasunyata), welche sich ansatzweise bereits im Mahasanghika abzeichnete, geht neben dem zunehmenden Einfluss der Prajnaparamita-Literatur auf die Auseinandersetzungen zurück, die Nagarjuna, dessen Wirken die Grundlage für die dem Mahayana zugehörige Schule des Mittleren Weges (Madhyamaka) bildete, insbesondere mit Vertretern des Sautrantika und des Sarvastivada führte.

Zwei Wahrheiten

Im Zuge der Klassifizierung der Daseinsfaktoren nach Buddhas Tod wurde außerdem die für den Buddhismus charakteristische Lehre von den Zwei Wahrheiten entwickelt, in der zwischen der Ebene der relativen, verhüllten Wirklichkeit (samutti sacca) und der Ebene der höchsten Wirklichkeit (paramattha sacca) unterschieden wird. Den Daseinsfaktoren kommt in dieser erstmaligen Formulierung der Zwei Wahrheiten höchste Wirklichkeit zu, sie werden daher auch paramattha dhammas genannt. Die alltägliche Vorstellung von ich, mein sowie von konkreten, substanzhaften, voneinander unabhängigen Dingen und Personen wird hingegen der Ebene der verhüllten Wirklichkeit zugeordnet. Nagarjuna griff diese Methodik auf, veränderte dabei jedoch, nun unter Verwendung der Sanskrit-Begriffe samvritti satya und paramartha satya, die Einteilung der Wahrheitsgrade grundlegend. Die zuvor noch im abhidharmischen Sinne als höchste Wirklichkeit beschriebenen Daseinsfaktoren verlegte er – wie alles sprachlich Ausdrückbare – auf die Ebene der samvritti satya.

Mit der Abwandlung der Verfahrensweise in bezug auf die Zwei Wahrheiten verfolgte Nagarjuna vor dem Hintergrund der zu seiner Zeit geführten Diskussionen über den Realitätsstatus der dharmas das Ziel, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sich letztendliche Wahrheit nur in der Leerheit zeigt, jedoch nicht verbal beschrieben werden kann, da jede Aussageweise eine bedingte Wahrheit zum Ausdruck bringt, die als solche keine absolute Gültigkeit besitzt. Der Praktizierende könne daher durch eine Aussageweise, wenn sie das Kriterium eines geschickten Mittels (upaya) erfüllt, lediglich auf den Mittleren Weg hingeführt werden, um dann schließlich selbst, als Folge einer durch Praxis zur Reife gelangten tiefgehenden Einsicht, jedwedes Anhaften an Konzepten im Bereich der gedanklichen Entfaltung (prapanca) aufzugeben und inneren Frieden zu erfahren. In der Schule des Yogacara wurde diese Tendenz beibehalten, von der ausschließlich verneinenden Aussageweise, wie sie Nagarjuna einsetzte, wurde hingegen abgewichen, um die Anwendung des vom Madhyamaka in seiner Deutung weiter ausgebauten Leerheitsbegriffes mittels positiver Formulierung auf die im Yogacara behandelte Bewusstseinsanalyse zu ermöglichen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

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Multimedia

Rama als Inkarnation von Dharma

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