Hinduismus

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Der Hinduismus (Sanskrit: हिन्दू धर्म hindū dharma m.; सनातन धर्म sanātana dharma m.) bildet die drittgrößte Religionsgemeinschaft der Erde und zählt mehr als 1,1 Milliarden Anhänger, die Hindu genannt werden. Die ältesten Schriften sind die Veden (skt. "Wissen") und das wohl verbreiteste Buch ist die Bhagavadgita.

Om ist ein wichtigses Symbol im Hinduismus

Der Hinduismus ist äußerst uneinheitlich und geht von polytheistischer Idolverehrung bis zur monotheistischen Philosophie. Deshalb kennt er auch kein allgemeingültiges Glaubensbekenntnis wie das Christentum oder der Islam. Eine wichtige Aussage des Hinduismus ist, dass jeder Mensch seine eigene Religion habe, weshalb es so viele Religionen gebe wie Menschen. Die verschiedenen Schulen leben meist friedlich nebeneinander und feiern auch gemeinsam, trotz zum teil recht unterschiedlicher Weltanschauungen.

Aus dem Hinduismus haben sich der Buddhismus, der Jinismus und der Sikhismus entwickelt und heute ist der Hinduismus im Westen zur "Fundgrube" für allerlei esoterischen Strömungen geworden.

Yoga Vidya zählt sich selbst als dem Hinduismus angehörig, mit Swami Sivananda als Guru.

Richtungen im Hinduismus

Die traditionellen Hauptrichtungen des Hinduismus werden Smarta, Vaishnava, Shaiva, Shakta und Saura genannt. Dabei ist zu beachten, dass jede Richtung mehrere Strömungen bilden, die wiederum in diverse Sekten aufgeteilt sind. Wie sonst im Hinduismus sind die Grenzen fliessend und Strömungen können sich mischen.

  • Smarta ("Traditionalisten") berufen sich auf die Veden und verehren die "fünf Hausgötter" (pañcayatana): Vishnu, Shiva, Devi, Ganesha und Surya. Diese Richtung wurde entscheidend vom indischen Philosophen Shankara (788-820) geformt.
  • Vaishnava ("Vishnuvereehrer") betrachten meist Vishnu als all-einigen Gott, dem andere Gottheiten untergeordnet sind. Eine wichtige Ausrichtung des Vishnuismus bilden die Krishna-Verehrer, die mit der Sekte der "Hare-Krishna" auch im Westen viele Anhänger gefunden haben, so George Harrison von den Beatles. Die Vishnuiten tendieren stark zum Monotheismus, wobei die Seele versucht ins Gott aufzugehen.
  • Shaiva ("Shivaverehrer") betrachten Shiva und dessen Familie als höchste Gottheit. Der Shivaismus übt zum Teil grosse Kritik an den Veden aus. Es gibt zwei Hauptrichtungen, der Volksshivaismus, der beim einfachen Volk verbreitet ist und als zweite Richtung der asketische Shivaismus, bestehend aus mehreren asketischen Gruppierungen, darunter auch die Nathyogins, von denen der Hatha Yoga stark geprägt worden ist.
  • Shakta ("Shaktiverehrer") verehren die Shakti als höchste göttliche Energie. Der Shaktismus ist eng mit dem Shivaismus und dem Tantrismus verknpüpft. Da die Shakti Symbol der "Grossen Göttin" ist, sind Frauen dieser Ausrichtung weniger einem rein männlichen Weltbild unterworfen.
  • Saura ("Suryaverehrer") verehren den Sonnengott Surya. Diese Richtung war im Mittelalter in Nordindien weit verbreitet, spielt heut aber kaum noch eine Rolle.

Gottheiten im Hinduismus

Der Sonnengott Surya. Relief an einer Tempelmauer in Bhuvaneshvar in Orissa

Im philosophisch-theologischen System des Hinduismus steht zuoberst und am Anfang das absolute göttliche Prinzip, manchmal brahman benannt. Es ist eigenschaftslos, wird aber dennoch mit sat-cid-ananda (»Sein-Bewusstsein-Wonne«) umschrieben. Es ist zeitlos und durchdringt alles. Es kann auch mit »Weltseele« oder »Höheres Selbst Gottes« umschrieben werden. Intelektuell kann es nicht verstanden werden, sondern wird nur durch mystische Schau erfahren. Da dies nur wenigen gegeben ist, personalisiert sich das Göttliche Prinzip im Ishvara ("Herr") oder Bhagavan ("Erhabener"). Dieser kann nicht materiell gedacht oder gar in einem Bild erfasst werden. Er kann Vater, Mutter, Geliebter oder Freundin sein und steht in einem persönlichen Verhältnis zum Verehrer.

In der nächstunteren Stufe manifestiert sich das Göttliche im der Trimurti ("Dreigestalt"), mit den drei Göttern Brahma, Vishnu und Shiva. Je nach Richtung wird einer der Götter als den anderen übergeordnet betrachtet, wobei Brahma in ganz Indien nur gerade zwei Tempel für sich hat, deren einer in Pushkar steht. Alle drei haben Familie mit Frau und Kindern. Neben den drei Hauptgöttern und deren Anhang werden noch weitere Gottheiten verehrt, wie der Donnergott und Götterkönig Indra oder der Sonnengott Surya.

Wird ein Gott auf der Erde inkarniert, spricht man von einem Avatar. Am bekanntesten sind die zehn Avatare von Vishnu, darunter der indische Nationalheld Rama und Krishna, "Gott in Person", auch der Buddha zählt zu den Avataren Vishnus.

Das weibliche Prinzip wird vertreten durch Devi ("Göttin"), die sich in verschiedenen Formen manifestiert, wie der gutmütigen Parvati oder der schrecklichen schwarzen Kali.

Der Kosmos wird zudem noch von Geistern und Dämonen aller Art, Tieren, Menschen und ihren Ahnen, sowie Gewächsen bevölkert.

Erlösungslehre des Hinduismus

Samsara

Im Gegensatz zu den mosaischen Religionen glaubt der Hindu an die Wiedergeburt. Durch Handeln verursacht jedes Wesen neue Handlungen oder Karma, das am Ende wieder auf den Verursacher zurück fällt; gute Taten führen zu gutem Karma, schlechte zu schlechtem, daneben gibt es auch neutrale Handlungen. Diese Handlungen können körperlich oder geistig sein: wer schlecht über andere denkt, über den wird auch schlecht gedacht. Dieses Karma bleibt an der Seele haften und wirkt so über den Tod hinaus und verursacht neue Geburten. Der Kreislauf von Leben und Tod wird Samsara genannt. Beginnt ein Mensch durch spirituelle Entwicklung wenig Karma zu entwickeln, kann er altes aufbrauchen oder durch Askese verbrennen und erlangt am Ende Befreiung (moksha) von Samsara und vereinigt sich mit "brahman" oder "paratman", der Weltseele. Die Pflichten die ein Mensch aufgrund seines Karmas bei der Geburt erhält, muss er wie ein Gesetz (dharma) befolgen. In der Bhagavadgita wird das Wechseln der Körper verglichen mit dem Wechseln der Kleidung. Der Zustand der Erlösung wird mit den Wörtern neti neti »Nicht so, nicht so« umschrieben und meint, dass der Zustand schlichtweg nicht beschrieben werden kann.

Diese Lehre, dass schlechte Taten auch nach dem Tode auf den Verursacher zurück fallen, hat dazu geführt, dass in Indien die Gewaltlosigkeit enorm wichtig ist und auch praktiziert wird, indem z.B. kein Fleisch gegessen wird. In Indien ist deshalb der Anteil an Vegetariern mit 20-30% grösser als in jedem anderen Land.

Yoga

Yoga (zu skt. yuj- "anbinden, anjochen") bedeutet entweder anbinden des Körpers an die Seele oder der Seele an Gott und vergleicht sich somit mit dem Wort Religion (zu lat. re-ligere "sich wieder verbinden"). Je nach Veranlagung des einzelnen Menschen gibt es verschiedene Wege, sich dem Göttlichen zu nähern und um Erlösung zu erlangen. Selbstverständlich können die verschiedenen Wege kombiniert werden und jede Schule gibt auch verschiedene Anleitungen für einen bestimmten Weg.

  • der Bhakti Yoga ist der Weg der Hingabe und gilt oft als der leichteste Weg. Er ist besonders für gefühlsvolle Menschen geeignet.
  • der Jnana Yoga ist der Weg des Studiums heiliger Schriften sowohl der Selbstbetrachtung. Er ist geeignet für intellektuelle Naturen.
  • der Karma Yoga ist der Weg selbstlosen Handelns und geeignet für tatkräftige Menschen.
  • der Kriya Yoga ist der Weg der Kultausübung und verlangt, dass die Rituale exakt ausgeübt werden. Kriya Yoga und Karma Yoga werden oft verwechselt.
  • der Hatha Yoga dient der Reinigung des Körpers und gilt als Vorbereitung für den Raja Yoga.
  • der Raja Yoga oder der Königsyoga ist der Weg der Geistbeherrschung und kann nur von fortgeschrittenen Yogins beschritten werden.
  • der Kundalini Yoga ist ein tantrischer Weg der innere Lebens- und Schlangenkraft.

Charakteristische Eigenschaften des Hinduismus - eine offenbarte Religion

Hinduismus ist die Religion der Hindus und ein Name für die in Indien vorherrschende universelle Religion. Es ist die älteste aller lebendigen Religionen. Sie wurde von keinem Propheten gegründet. Buddhismus, Christentum und Islam stammen von den Propheten. Sie haben feste Ursprungsdaten. Für den Hinduismus kann kein solches Ursprungsdatum festgelegt werden. Der Hinduismus entspringt nicht den Lehren bestimmter Propheten. Er basiert nicht auf bestimmten Dogmen, die von bestimmten Lehrern gepredigt werden. Es ist frei von religiösem Fanatismus. Hinduismus ist auch unter den Namen Sanatana-Dharma und Vaidika-Dharma bekannt. Sanatana-Dharma bedeutet "ewige Religion". Der Hinduismus ist so alt wie die Welt. Der Hinduismus ist die Mutter aller Religionen. Hindu-Schriften sind die ältesten der Welt, Sanatana-Dharma wird nicht nur so genannt, weil es ewig ist, sondern auch, weil es von Gott beschützt ist und weil es uns ewig werden lässt. Vaidika-Dharma bedeutet "die Religion der Veden". Die Veden sind die grundlegenden Schriften des Hinduismus. Die alten Rishis und Weisen von Indien haben ihre intuitiven spirituellen Erfahrungen (Aparoksha-Anubhuti) in den Upanishaden ausgedrückt. Diese Erfahrungen sind direkt und unfehlbar. Der Hinduismus betrachtet die spirituellen Erfahrungen der Rishis von einst als seine Autorität. Die unbezahlbaren Wahrheiten, von den Hindu Rishis und Weisen über Jahrtausende entdeckt, begründen die Herrlichkeit des Hinduismus. Daher ist der Hinduismus eine offenbarte Religion.

Eine Religion der Freiheit

Anders als andere Religionen behauptet der Hinduismus nicht dogmatisch, dass die finale Befreiung nur mit seinen und keinen anderen Mitteln möglich sei. Er ist nur ein Weg zum Ende, und alle Wege, die zu diesem Ende führen, werden ebenso befürwortet. Der Hinduismus erlaubt dem rationalen Verstand des Menschen absolute Freiheit. Der Hinduismus verlangt niemals irgendwelche unangemessenen Einschränkungen der Freiheit des menschlichen Verstandes, seiner Gedanken, Gefühle und dem Willen der Menschen. Er erlaubt die umfassendste Freiheit, was Glauben und Verehrung angeht. Der Hinduismus ist eine Religion der Freiheit. Er erlaubt dem menschlichen Herz und Verstand absolute Freiheit was die Natur Gottes, die Seele, die Schöpfung, die Art der Verehrung und das Lebensziel betrifft. Hinduismus besteht weder in der Akzeptanz einer bestimmten Doktrin, noch in der Einhaltung bestimmter Rituale oder Formen der Verehrung. Niemand wird zu irgendetwas dergleichen oder der Akzeptanz bestimmter Dogmen gezwungen. Er erlaubt jedem zu reflektieren, zu forschen, zu hinterfragen und nachzudenken. Daher haben alle möglichen religiösen Glaubensarten, unterschiedlichen Arten der Verehrung oder Sadhana, und diverse Rituale und Bräuche im Hinduismus Seite an Seite ihren ehrbaren Platz gefunden, und werden in harmonischer Beziehung zu einander kultiviert und entwickelt.

Im Hinduismus werden die, die Gott als Schöpfer und Herrscher der Welt negieren, die die Existenz einer ewigen Seele und den Zustand von Moksha oder von Befreiung nicht akzeptieren, nicht verdammt. Der Hinduismus betrachtet die Vertreter solcher Ansichten nicht als ungeeignet, fromme und ehrbare Mitglieder der religiösen Hindu Gesellschaft zu sein. Die religiöse Gastfreundschaft des Hinduismus ist sprichwörtlich. Der Hinduismus ist extrem tolerant und liberal. Dies ist die grundlegende Eigenschaft dieser Religion. Er respektiert alle Religionen. Er verschmäht keine andere Religion. Er akzeptiert und ehrt die Wahrheit, wo immer sie herkommt und in welchem Gewand sie sich auch zeigen mag.

Es gibt eine Menge Anhänger anderer Religionen in Indien. Und doch leben die Hindus in perfekter Harmonie, Frieden und Freundschaft mit allen von ihnen. Ihre Toleranz und das freundschaftliche Gefühl für die Anhänger anderer Religionen ist bemerkenswert.

Trotz all der Unterschiede in den metaphysischen Glaubenssätzen, Arten religiöser Disziplin und Formen ritueller Praktiken sowie sozialer Bräuche, die in der Hindu Gesellschaft vorherrschen, gibt es eine essentielle Einheit in der Auffassung von Religion und in der Sicht auf das Leben und die Welt unter allen Hindus.

Geschichte des Hinduismus

Ein Sadhu vor einer Shivastatue am Ganges

Industalkultur 3000 bis 1400 v.Chr.

Bevor indoeuropäische Stämme über den Hindukusch in das Industal einwanderten, bildete sich am unteren Indus und seinen Nebenflüssen eine hochentwickelte Stadtkultur, die Industalkultur. Diese zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Stabilität und Kontinuität aus. Sie kannte eine Schrift, die aber bis heute nicht entziffert ist, weshalb die Forschung auf das Bildmaterial angewiesen ist. Daraus kann erkannt werden, dass in dieser Kultur religiöse Vorstellungen vorhanden waren, die später in den Hinduismus aufgenommen wurden. In Yogakreisen wird allgemein angenommen, dass verschiedene Siegel und Statuetten bereits Yoga-Asanas abbilden.

Vedismus 1500 bis 500 v.Chr.

Die Wurzeln des Hinduismus liegen in jener Zeit, als indoeuropäische Stämme in Indien eingewandert sind und die alte einheimische Bevölkerung unterwarfen. Die neuen Eroberer brachten ihre alten ureigenen religiösen Ansichten mit und tradierten diese mündlich. Später wurden diese Lehren in den vier Veden aufgeschrieben. Der älteste Veda ist der Rigveda, der noch so altertümlich ist, dass er kaum fremde Einflüsse aufzeigt. Er ist eine Hymnensammlung an die vedischen Götter. Der Samaveda und Yajurveda sind Anleitungen zum rechten Opfern, während der Atharvaveda mehr ins Magische hinein geht. Das Alter der Veden ist umstritten. Die westliche Forschung nimmt an, dass die ältesten Teile des Rigveda um 1200 v.Chr zu datieren sind, während gläubige Hindus sagen, dass die Veden vor rund 5000 Jahren zu Beginn des heutigen Kaliyuga verkündet worden seien.

Die vedische Religion ist noch archaisch und kannte weder Götterbilder noch Tempel. Das Feuer war außerordentlich wichtig und dem Feuergott Agni sind unzählige Hymnen gewidmet, die meisten aber sind an den Donnergott Indra gerichtet. Andere wichtige Götter sind Mitra, Varuna und Soma. Das älteste schriftliche Zeugnis des Hinduismus stammt übrigens aus Mesopotamien. In einem Vertrag aus 1330 v.Chr. eines Königs von Mitanni stehen unter andern vier Götternamen, nämlich "mi-it-ra-aš-ši-il, ú-ru-ua-na-aš-ši-il, in-da-ra, na-ša-at-ti-ia-an-na"; dies sind Mitra, Varuna, Indra und die beiden Nasatya, die alle in den Veden eine wichtige Rolle spielen.

Um 800 v.Chr. beginnen sich philosophische Tendenzen bemerkbar zu machen und in den Upanishaden wurden mystische Spekulationen niedergeschrieben. Sie behandeln wichtige Themen wie Wiedergeburt, Karma und Erlösung. In diesen Upanishaden kann eine deutliche Entwicklung und Ausformung der philosophischen Gedanken beobachtet werden. Als religiös-philosophische Literaturgattung sind die Upanishaden bis ins 16. Jh. verfasst worden. Zu den Upanishaden jüngeren Datums zählen auch die Yogopanischaden, die den Yoga zum Thema haben.

Asketischer Reformismus 500-200 v.Chr.

Ab dem 6.Jh. v.Chr. machte sich ein Unmut gegen die starke Dominanz der Priesterkaste, den Brahmanen, bemerkbar, die sich auch gegen den "blinden" Ritualismus wandte, die zum Teil zu rein technischen Abläufen geworden sind. Viele neue Richtungen bildeten sich heraus, von denen der Buddhismus und der Jainismus sich etablieren konnten, zwei Religionen, die den Götterkult verneinten und die auch das Kastenwesen entschärften. Als heilige Sprache wurde das Sanskrit vom Pali bzw. Ardhamagadhi abgelöst. Ab dieser Zeit kann auch vom eigentliche Hinduismus gesprochen werden.

Klassischer Hinduismus 200 v. - 1100 n.Chr.

Das Mahabharata ("Großindien"; ca. 600 v.Chr.), der indische Nationalepos, zeigt schon die typische Ausprägung des modernen Hindusmus und gilt noch vielen Indern als Vorbild. Der wichtigste Bestandteil des Epos bildet die Bhagavadgita, in der Krishna seine Lehre Arjuna verkündet. Sie ist die am häufigsten gelesene hinduistische Schrift. Fast alle bedeutenden Philosophen wie Sri Aurobindo oder Politiker wie Mahatma Gandhi haben den Text ausführlich behandelt und kommentiert.

Im Gegensatz zum Vedismus zeichnet sich der Hinduismus durch prächtige Sakralbauten und lebhafte Götterbilder aus, die lokal verschieden ausfallen können. Im Verlauf der Geschichte spaltete sich der Hinduismus in mehrere Richtungen auf. Dabei sind hochwertige Philosophien und Schulen entstanden, die sich mit dem Menschsein und dem Göttlichen auseinandersetzen.

Sekten-Hinduismus 1100 - 1850

Mit der Unterwerfung großer Teile Indiens durch muslimische Herrscher begann sich der Hinduismus in viele Richtungen aufzuspalten. Die meisten muslimischen Herrscher haben die Hindus in ihrer Kultausübung gelassen, aber es gab auch Herrscher, die gewaltsam gegen den Hindusimus vorgingen. Dagegen sind die muslimischen Herrscher besonders hart gegen die buddhistischen Mönche als Gottleugner vorgegangen, so dass diese Religion ab dem 14.Jh. in seinem Ursprungsland Indien verschwunden ist.

Muslimische Gelehrte, wie Al-Biruni, waren die ersten, die den Hinduismus ausführlicher beschrieben haben, so dass eine gewisse gegenseitige Befruchtung stattfinden konnte. Aus der Vermischung von Islam und Hinduismus formte Guru Nanak (1469-1539) den Sikhismus, eine monotheistische Religion, die im indischen Staat Punjab am stärksten verbreitet ist. Auch der indische Mystiker Kabir (1440-1518) verband in seinen religiösen Gedichten muslimisches und hinduistisches Gedankengut.

Neohinduismus ab 1850

Mit dem Aufkommen des indischen Nationalgefühls im 19.Jh. wurde neu über den Hinduismus reflektiert. Die Witwenverbrennung und andere von den europäischen Kolonialherren als barbarisch betrachtete Sitten wurden nun auch von gebildeten und einflussreichen gläubigen Hindus in Frage gestellt. Zudem wurden die bis dahin von den Brahmanen und Gelehrten geheim gehaltenen Schriften europäischen Interessierten zugänglich gemacht und in europäische Sprachen übersetzt, allen voran die Bhagavadgita. Dadurch wurden diese Schriften paradoxerweiser einer viel breiteren Bevölkerungsschicht Indiens zugänglich gemacht, wodurch die scharfen Gegensätze zwischen hochgebildeter Philosophie und abergläubischem Volksglaube entschärft wurde.

Der erste Reformer war Ram Mohan Roy (1772-1833), ein hochgebildeter Bengale. Er wandte sich gegen die Witwenverbrennung, das Kastenwesen und den Bilderkult und gründete 1828 den Brahmo Samaj ("Gsellschaft der Gottsucher"). Er strebte eine Reformation des Hinduismus an, wobei er sich auch am Christentum orientierte. Zu dieser religiösen Vereinigung gehörten namhafte benaglische Gelehrte, darunter der Philosoph Rabindranath Tagore (1861–1941).

Dagegen schlug Mulshankar oder Dayananda Sarasvati (1824-1883), der 1875 den Arya Samaj ("Vereinigung der Edlen") gründete, eine konservative Linie ein. Auch er bekämpfte Witwenverbrennung, Bilderkult, soziale Misstände und den leeren Ritualismus und setzte sich zudem für Bildung des Volkes ein und ließ nach einem Reinigungsritual auch Personen aus niederen Kasten zu. Doch seine negative Haltung gegenüber dem Christentum und Islam führte immer wieder zu unerwünschten Spannungen.

Eine tolerante Haltung lebte der Heilige Ramakrishna (1836-1886) vor. Sein Schüler Vivekananda (1863-1902) gründete die Ramakrishna-Mission. Er plädierte in Amerika und Europa für eine weltweite Toleranz aller Religionen und fand auch im Westen viele Anhänger. Die 1875 in New York ins Leben gerufene theosophische Gesellschaft verband christliche, buddhistische und hinduistische Vorstellungen miteinander und fand auch in Indien Anhänger.

Wichtige Beiträge zur Modernisierung des Hinduismus leisteten auch der Politiker Mohandas Karamcand Gandhi (1869-1948), der Philosophe Rabindranath Tagore (1861-1947), der Mystikerphilosophe Sri Aurobindo (1872-1950), die Heiligen Yogananda (1893-1952) und Ramana Maharshi (1879-1950) sowie der Yogi Sivananda (1907-1963).

Guruismus

Mit der Öffnung des Westens gegenüber dem Hinduismus und Annahme desselben als Alternativreligion begann sich eine weitere Form auszubilden, der Guruismus. Charismatische Personen kreierten mit dem Ziel, den Hinduismus in den Westen zu tragen, westlichem Denken angepasste moderne Weltbilder und scharten unzählige Menschen um sich, die sie als Autorität oder Guru verehrten.

Prabhupada (1896-1977), ein Bengale, gründete in den Staaten die ISKCON (International Society for Krishna Consciousness / Internationale Gsellschafft für Krishnabewusstsein), ein eher konservativer Hinduismus, der vor allem im Westen, aber auch in Indien viele Anhänger gefunden hatte. Diese Gruppierung ist besser unter der Bezeichnung "Hare Krishna" bekannt. Auch der in westlichen Medien oft umstrittene Sri Chinmoy (1931-2007) lebte in den USA und fand dort viele Anhänger. Für die größten Schlagzeilen sorgte aber Bhagwan Shree Rajneesh (Osho) (1931-1990). Sein Zentrum im indischen Puna entwickelte sich in den 1970er Jahren zu einem regelrechten Hippie-Zentrum. Osho plädierte ganz im Sinne der 1968er für befreite Emotionen. Heute findet vor allem Sathya Sai Baba (*1928) viele Anhänger im Westen.

Ein anderer geschichtlicher Ansatz des Hinduismus

Die Geschichte des Hinduismus zeigt klar abzugrenzende Änderungen im Zeitalter der Draviden, im Zeitalter der Arier, im Zeitraum des Brahmanismus-Aufschwungs, in der Epoche von Bhakti, den Einfluß des Islam und das moderne Zeitalter. Hinduismus als Religion ist eher skeptisch, da er viele Versuche durchgeführt hat, und das meiste in Frage stellte. Es ist die am meisten geglaubte Religion, da sie die tiefste Erfahrung hat und das verschiedenartigste und positive spirituelle Wissen. Hinduismus ist ein Gesetz des Lebens, das den Geist von vergangener und künftiger sozialer Entwicklung spiegelt, das darauf besteht, alles auszuprobieren und zu erfahren.

Einfluss der Draviden

Die Draviden haben den Hinduismus beeinflusst. Es ist offensichtlich, dass die Massen und die Elite, speziell im Süden, auch von ihnen beeinflusst worden waren. Man glaubt, dass die Draviden Polytheisten waren, sie verehrten eine Vielzahl von Göttern. Sie verehrten auch verschiedene Arten von Tieren mit Hörnern, so dass die Verehrung der Kuh auf sie zurückgeführt werden kann. Die Draviden verehrten ebenso Shiva und Parvati. Viele Elemente des Tantra können der dravidischen Kultur zugeschrieben werden.

Viele der indischen Zeremonien gehen zurück auf die früheste Kultur der Draviden. Die Draviden haben die philosophische Basis von Bhakti gelegt, wie sie von Ramanuja, Madhava und Nimbarka verkündet wurde, ebenso wie yogische Vorstellungen hinter Shiva, mystische und symbolische Ideen hinter Hari-Hara, Dattatreya und Ardha-Narishvara. Die Anbetung von Götterstatuen in Tempeln im Süden des Landes ist auch ein Ergebnis der dravidischen Kultur. Die religiöse Architektur ist in hohem Maße den Draviden zu verdanken.

Einfluss der Arier

Die andere wichtige Kraft, die sich auf den Hinduismus auswirkte, war die vedische Religion der Arier. Die Basis der hinduistischen Kultur und – Philosophie wurde von den Ariern gelegt. Das "Varnashrama Dharma", das Kastensystem, die religiöse Literatur und die religiösen und sozialen Zeremonien wurden der indischen Kultur von den Ariern überliefert. Die Vorstellung der Spiritualität ist ein Geschenk der Arier. Die meisten Götter und Göttinnen leiten sich von den Gottheiten ab, die von den Ariern angebetet wurden. Das Konzept des einen Gottes und positive Ideen über die Entstehung der Welt und der Menschheit wurden von ihnen geliefert.

Einfluss verschiedener historischer Texte

Die Upanishaden deuteten die Veden neu und lieferten eine intellektuelle Erklärung für Gott, das Universum und die Seele, und kamen dann zu den Erläuterung von Meditation und Yoga. Die philosophische Basis des Hinduismus ist das Ergebnis dieses Zeitalters. Die Gita versuchte eine Synthese der Philosophien und Ideen zu Bhakti und verschiedenen Yogawegen wie Jnana Yoga, Bhakti Yoga und Karma Yoga. Die Bhagavad Gita führte das Konzept der Inkarnation ein. Im Zeitalter des Hinduismus der Puranas begann die Verehrung von Vishnu, Rama, Krishna und Shiva. In dieser Zeit ging die religiöse Führung auf die Brahmanen über, und die Ideen von Unberührbarkeit, Starrheit im Kastensystem und Verbot von Mischehen wurden umgesetzt.

Einfluss des Jainismus und Buddhismus

Jainismus und Buddhismus lehrten Gewaltlosigkeit, beharrten auf Moral und eine gewisse Neigung des Geistes zur Einfachheit. Buddhismus und Jainismus mussten vor dem weitverbreiteten Hinduismus zurückweichen, der die Ideen von Bhakti und Inkarnationen von Gott neu auffrischte.

Einfluss von Bhakti und dem Islam

Als nächstes hatten das Zeitalter von Bhakti und das Einführen des islamischen Bildersturms einen tiefen Einfluss auf die Religion. Bhakti hat zwei Zweige, den Shaivismus und den Vaishnavismus. Der Shaivismus verehrt Shiva, während der Vaishnavismus Vishnu oder seine Inkarnatinen wie Rama und Krishna anbetet. Monotheistische Ideen im Hinduismus sind der Beitrag des Islam. Die Andacht für Kabir, Guru Nanak und Chaitanya ist eine Anlehnung an diese Idee. Das Kastensystem wurde wasserdicht, Frauen wurden an Purdah gegeben und Kinderehen gebilligt.

Spirituelle Führer wie Ramakrishna Paramhansa, Swami Vivekananda und Dayananda haben den Hinduismus erneuert. Das Kastensystem wurde verurteilt. Frauen waren frei und gebildet. Auch die Unberührbarkeit war nicht mehr willkommen. Kinderehen passten nicht zu den nationalen Interessen. Die Religion des Hinduismus musste sich erneut einer Umwandlung unterziehen.

Die Essenz des Hinduismus ist Spiritualität. Das bedeutet ein Bewusstwerden für die innere Realität des Geistes. Ein Gott ist allgegenwärtig und die Entwicklung fand mit Bewusstheit statt. Yoga, in der Bedeutung von Einheit mit Gott, ist das Wissen um das Ziel der Spiritualität. Verschiedene Yoga-Praktiken kamen von den Weisen der Hindus, z.B. Karma-, Bhakti-, Jnana-Yoga, die Pfade, Hatha Yoga, Yoga im Tantra und andere Formen. Der ganzheitliche Yoga von Sri Aurobindo Ghose verbindet die besten Elemente der genannten Praktiken und enthält gleichzeitig neue Elemente von Sri Aurobindo.

Schließlich kann zusammengefasst werden, dass der Hinduismus eine Wiederholung der Vergangenheit und eine Wiederbelebung der besten Anteile ist. In jedem Leben gibt es drei Elemente: den Geist, die beständige Seele und den veränderlichen Körper. Der Körper des Hinduismus benötigt keine Änderung. Die sozialen Bräuche und viele religiösen Zeremonien oder Aberglauben sollten jedoch getilgt werden, bevor die Religion des Hinduismus als wohltätige und anregende Kraft wirken kann.

Hinduismus - Monotheismus und Polytheismus vereint

Artikel von Swami Chidananda

Swami Chidananda

Hinduismus ist die älteste Religion aller großen heute lebendigen Religionen der Welt. Der Ursprung des Hinduismus liegt in lange vergangener Vorzeit verborgen, weit vor der Zeit in der die Geschichtsschreibung begann. Hinduismus hat als Grundlage und Quelle die zeitlose spirituelle Vision und das offenbarte Wissen der heiligen Veden und die erhabenen Lehren und tiefe Weisheit der Saiva Siddhanta aus der uralten Draviden Tradition.

So wie die heiligen Flüsse Ganga (Ganges) und Yamuna sich in der heiligen Mündung bei Prayaga (Allahabad, Utthar Pradesh, Indien) verbinden und gemeinsam einen der mächtigsten und längsten Flüsse in ganz Indien bilden, so haben unsere alten verwandten Kulturen der früheren aryanischen und dravidianischen Völker mit ihrer edlen Philosophie und wunderschönen Tradition sich vereinigt und gemeinsam den Stoff dieses großen lebendigen Glaubens gewebt, dem Millionen von Hindus mit unterschiedlichem Bekenntnis folgen. Sie sind vereint in ihrem gemeinsamen Glauben an ein höchstes allmächtiges Sein, den höchsten universellen Geist und ihrem gemeinsamen Ideal, dass Dharma das irdische Leben regiert.

Die großartige Philosophie der Hindus erklärt, dass Gott Eins ist. Gott ist die ultimative göttliche Wirklichkeit. Die alten Weisen des Hinduismus haben klar ausgesagt, "Die Wirklichkeit ist Eins, der Weise bezieht sich auf unterschiedliche Arten darauf (durch verschiedene Begriffe)." Es gibt die bedeutungsvolle Aussage, "Ekam sat, vipraha bahudha vadanti." Diese Wahrheit deklarierten sie, als sie sie spirituell durch direkte persönliche Erfahrung, beschert durch göttliche Gnade, entdeckten. Daher weiß ein wahrer Anhänger des Hinduismus und glaubt daher fest daran, dass die göttliche Wirklichkeit oder Gott Eins ist und nicht dual. Obwohl Hinduismus von vielen fälschlicherweise als Religion mit vielen Göttern betrachtet wird, nämlich als Polytheismus, ist Hinduismus in Wahrheit eine monotheistische Religion. Es ist eine Religion, die lange bevor jede andere Religion auf dieser Welt erschienen ist, entdeckt hat, dass es nur EINEN GOTT gibt. Später haben unsere spirituellen Vorfahren, die Weisen der Gotteserfahrung und erleuchteter Sichtweise auch das Wissen gewonnen, dass die verschiedenen Religionen des Menschen auf ganz vielen Wegen und Pfaden zu dem einem Gott führen, der hinter und jenseits von allen Religionen steht, inklusive dem Hinduismus. Das höchste allmächtige Sein (Gott) gehört keiner Religion. Denn Gott existierte selbst vor diesem Universum, und die Menschheit wurde erschaffen bevor jegliche Religion existierte. Alle Religionen gehören Gott. Denn Er ist sowohl die Quelle als auch das Ziel aller existierenden Religionen.

Weise Hindus, die ihre Religion richtig verstehen, werden fest an dieser grundsätzlichen Wahrheit des Hinduismus festhalten, Gott ist Eins und nicht dual. Du kannst dieses höchste sein Paramatman, Parama Sivam, Param Pita oder Para Brahman nennen. Egal wie es dir schon in deiner Kindheit beigebracht wurde, Ihn zu nenne, der im Hinduismus verehrte Gott ist ein und der Selbe. Es ist der selbe universelle Geist, den die Shaiviten, Vaishnaviten, Shaktas, Muruga Bhaktas, die Vedantiner, die Arya Samajisten, die Vinayaka Verehrer etc. alle anbeten. Dieses eine höchste Sein allein ist der eine Gott der gesamten Hindu-Gesellschaft auf der ganzen Welt. Noch wundervoller ist, dass die weisen Hindus und die spirituellen Meister, die Gott realisiert haben, erkannt haben, dass selbst die verschiedenen anderen Religionen neben dem Hinduismus alle Verehrer ein und des selben Gottes sind, der der Schöpfer unzähliger Universen und der Vater der gesamten Menschheit ist. Dies ist die Herrlichkeit des Hinduismus, der die Einheit Gottes oder des ultimativen universellen Geistes entdeckt und erklärt hat.

Man kann Ihm verschiedene Namen geben. Aber das angesprochene Sein ist ein und das Selbe. Die verschiedenen Religionen können als unterschiedliche Pfade für unterschiedliche Menschen betrachtet werden, die sie letztendlich alle zu dem einen universellen göttlichen Geist oder Gott führen. Hier könnten unsere jungen Leser fragen, "Wer sind dann all diese verschiedenen Gottheiten, denen unsere Vorfahren gehuldigt haben? Zum Beispiel Vinayaka, Muruga, Hanuman, Mariyamma, Kali, Vishnu, Shiva, Parvati, Sarasvati, Lakshmi, Ayyappa, Dattatreya, Rama, Krishna etc. Warum gibt es außerdem so viele verschiedene Tempel mit diesen unterschiedlichen Gottheiten? Wir sind verwirrt, welche Verbindung es zu diesen Gottheiten gibt. Wir verstehen nicht wer sie sind und warum so viele, wo Swamiji doch schreibt, es gebe nur einen Gott."

Dies sind angemessene Fragen und dass junge Leute bei diesem Punkt verwirrt sind, ist ebenfalls verständlich. Ich werde euch erklären, was diese Situation bedeutet und auch, warum sie entstanden ist und warum erlaubt wurde, dass sie in dieser Gesellschaft als Teil unseres Hinduglaubens und unserer Verehrung bestehen bleibt. Nun ist es an euch als Leser sich meine Worte genau zu merken und mit sorgfältiger Aufmerksamkeit die Angelegenheit, die ich erkläre, zu lesen und zu versuchen, diese auf richtige und intelligente Weise zu verstehen.

Als allererstes musst du die zentrale Wahrheit verstehen, dass all diese scheinbar unterschiedlichen Gottheiten eigentlich nur Manifestationen der einen höchsten Gottheit sind. Die Herrlichkeit, die Größe und die Macht des einen höchsten Seins sind grenzenlos und unbeschreiblich. Die verschiedenen göttlichen Gestalten, deren Namen oben erwähnt wurden, sind alles verschiedenartige Ausdrücke dieser Herrlichkeit, Macht, Größe und einer geheimnisvollen göttliche Natur des höchsten Seins. Ihre unterschiedlichen Gestalten wurden offenbart, um den besonderen Aspekt der göttlichen Wirklichkeit am besten herauszubringen und auszudrücken, den sie transportieren sollen. Obwohl scheinbar so zahlreich und unterschiedlich, sind sie somit eigentlich nur personifizierte Ausdrücke von ein und derselben höchsten Realität. Sie offenbaren Aspekte Seiner Macht und Herrlichkeit. Wenn du diesen Punkt erfasst hast, wirst du nun sehen, dass, obwohl sie unterschiedlich erscheinen sie dies jedoch nicht sind. In diesem fantastischen Universum und seinen geheimnisvollen Kräften, erblicken wir darin die Macht des höchsten Seins, die auf vielfältige Weise funktioniert, so wie es für Seinen göttlichen Plan und Seine Absichten notwendig ist, und die von diesen kosmischen Prozessen im Universum ausgeführt werden. Während Es eine solche kosmische Funktion ausführte, bekam das höchste Sein einen spezifischen Namen.

Da es unserem beschränkten menschlichen Geist schwerfällt, eine rein immaterielle und abstrakte Idee oder ein solches Prinzip zu visualisieren oder zu erdenken, haben unsere Vorfahren diesen spezifischen Aspekt der göttlichen Natur personifiziert und ihm bestimmte Gestalten und Eigenschaften zugesprochen, die diesen besonderen Aspekt der kosmischen Funktionen am besten kennzeichnen und symbolisieren konnten. Sie waren in der Lage, die unterschiedlichen Personifizierungen einer Wirklichkeit darzulegen und zu beschreiben, weil diese ihnen in ihren Zuständen höchster Meditation und tiefster mystischer Kontemplation, in denen sie sich ständig befanden, klar vor ihrem inneren spirituellen Auge offenbart wurden. Und nachdem sie diesen inneren Darshan der bedeutungsvollen Manifestation der einen göttlichen Wirklichkeit erhalten hatten, erklärten sie diesen zum Vorteil der Menschheit im Allgemeinen. Jede Gottheit ist daher ein personifizierter Ausdruck des einen höchsten göttlichen Seins. Mit ihnen ist der ernsthafte Hindu Anhänger ganz einfach in der Lage seinen Geist zu fixieren und die Hingabe seines Herzens auf Gott zu fokussieren. Diese manifestierten Gestalten sind somit eine großartige Hilfe, auf fassbare Weise bei Gott zu verweilen. Sie dienen effektiv dem Zweck dir ein wohldefiniertes Fokussierungszentrum zu präsentieren, über das du nachdenken kannst, auf das du dich konzentrieren kannst, und für die Meditation.

Meine lieben jungen Freunde, ihr wisst, dass es eine Substanz namens Baumwolle gibt. Sie hat keine besondere Form oder Ausprägung. Und doch erkennt ihr, dass es nur diese Substanz ist, die ihr einmal als bunten Vorhang, woanders als Laken, dann als Tischtuch, Handtuch, Kurta, Shirt, Pyjama, Turban, Sari etc. seht. Sie haben alle unterschiedliche Formen und Funktionen, und doch wisst ihr, dass dies alles nur unterschiedliche Formen von Baumwolle sind. Das Element Wasser zeigt sich manchmal als Brunnen im Garten oder als See oder als Fluss oder Meer oder Ozean. Auch sieht man es manchmal als Dunst und Nebel. Woanders erscheint es als schnell fließender Strom oder als hartes, solides Eis. Das selbe Wasser wird auch zu kaltem Schnee und Graupel. Es kann sich als kühler Tau oder eisiger Frost manifestieren. Woanders erscheint es formlos, aber sehr mächtig als heißer Dampf im Kocher. Ihr habt in eurem Haus bestimmt schon einen Dampfkocher gesehen. Welch intensive Hitze und sofortige Garkraft dieser Aspekt des Wassers hat! Vor Einführung von Elektrizität und Dieselmotoren war es die Kraft des Wasserdampfes, die Eisenbahnen in allen Ländern der Welt fahren ließ. Ihr versteht, dass hinter all diesen verschiedenen oben erwähnten Manifestationen nur eine Sache steckt, nämlich Wasser. Ein Juwelier stellt zahlreichen Zierrat wie Ohrringe, Halsketten, Uhrketten, Armbänder, Ringe etc. unterschiedlichster Namen und Formen her. Aber man sieht, dass nur das eine wertvolle Metall Gold diese verschiedenen Formen angenommen hat, um verschiedenen Funktionen, bzw. dem Träger unterschiedliche Zwecke zu erfüllen.

Nehmen wir ein anderes Beispiel, einen Familienvater, er könnte Professor an einer Universität sein, wo er auch der stellvertretende Direktor ist. Wenn er zur Uni geht, trägt er einen eindeutig formellen Anzug, wie es für seinen Status und seine Position als Uniprofessor und für sein offizielles Amt notwendig ist, während er zu Hause lockere und legere Kleidung trägt. Außerdem wird er dort nicht länger als Professor angesehen oder wie ein stellvertretender Direktor behandelt. Er ist jetzt Papa seiner Kinder. Er ist der Ehemann für die Mutter der Kinder. Wenn seine eigenen Eltern mit im Haus leben, ist er für sie ein Sohn. Er ist auch ein Bruder, wenn seine Eltern außer ihm noch weitere Kinder haben. Er ist Mr. George Moodly, der Nachbar für die nebenan lebenden Bewohner. Er könnte ein Mitglied des lokalen Rotary Club sein. Er könnte auch ein Ratsmitglied im Gemeinderat der Stadt sein. Er könnte auch ein Geschworener bei Gericht sein. Habt ihr hier nun eine Person oder habt ihr hier zehn verschiedene, separate Personen? Denkt darüber nach. Wenn er zu Hause ist, könnte seine kleine Tochter gerne auf seinem Schoß sitzen wollen. Das jüngste Kind könnte verlangen, auf seine Schultern genommen und herumgetragen zu werden. Aber wenn er an einer Gemeinderatssitzung teilnimmt, kommen solche Dinge nicht in Frage. Wenn die selbe Person gerade vor Gericht mit zehn weiteren Kollegen als Geschworener sitzt, hat kein Student Zugang zu ihm, um ihm eine akademische Frage zum Unterrichtsstoff zu stellen. Denn vor Gericht ist er eine ganz andere Person. Trotz allem ist es letztendlich ein und die selbe Person, deren Persönlichkeit in allen möglichen Funktionen und Rollen agiert und fungiert. Dies nennt man einen Fall von Einheit in der Vielfalt, ein Fall von Vielseitigkeit auf der Basis von Einheit.

Daher, meine jungen Freunde, lernt zu erkennen, dass in und durch diese unterschiedlichen göttlichen Gestalten ihr in Wirklichkeit nur dem EINEN höchsten Gott, bzw. der einen allmächtigen universellen Seele (Param Atman) huldigt. Ihr verehrt gar keine vielen verschiedenen Götter. Egal mit welchen Namen ihr das höchste Sein ansprecht, diese Namen haben keinen Einfluss auf seine ewige, nicht-duale Natur. Verehrung einer der Gestalten der Hindu-Götter (Devatas) ist eigentlich an die eine ewige Wirklichkeit gerichtet. Selbst wenn ein unwissender Huldiger das gar nicht realisiert und anders denkt, verehrt er nichtsdestotrotz den Einen nicht-dualen höchsten göttlichen Geist, den Para Brahman aus den Veden oder Parama Shivam aus der Saiva Siddhanta oder Bhagavan oder den Kadavul der Bhaktas.

Genau wie wenn du am Strand ein Bad im Meer nimmst, ist es egal, ob du beim Tongaat Beach oder beim Durban Beach oder am Strand in East London oder in Port Elizabeth bist. Was du tust, ist, ein Bad im Indischen Ozean zu nehmen. Wer das nicht versteht muss instruiert und gelehrt werden.

Hindus, die sagen Shiva sei anders als Vishnu oder das höchste Parama Shivam ist anders als das höchste Para Brahman des Vedanta haben kein umfassendes Wissen über ihre eigene Religion. Sie demonstrieren eine engstirnige und bornierte Sichtweise, die dem wahren Geist des Hinduismus widerspricht, der weitherzig und tolerant ist. Sie schaden der religiösen Einheit der Hindus, indem sie die oberflächlichen Unterschiede im Erscheinungsbild betonen, anstatt den Schwerpunkt auf die essentielle Einheit der Wirklichkeit zu legen. Lasst mich euch versichern, dass die Götter Sarasvati, Parvati, Lakshmi, Durga, Kali, Bhavani und Lord Shiva, Narayana, Brahman, Rama, Krishna, Dattatreya, Hanuman, Garuda, Kartikeya alle göttliche Gestalten sind, die in Wirklichkeit ein und der selbe universelle Geist sind. Sie sind alle Eins. Es gibt weder Unterschiede noch Gegensätze zwischen ihnen. Es ist nicht nur kindisch, sondern auch dumm, diese Wahrheit zu leugnen. Sei weise und erkenne die Wahrheit, dass du als Hindu weißt, dass es nur einen Gott gibt.

Wenn du ein Moslem bist, nenne Ihn Allah. Wenn du ein Christ bist, nenne Ihn allmächtiger Vater im Himmel, Juden in der Synagoge nennen Ihn wieder bei einem anderen Namen. Aber wisse ohne jeden Zweifel, dass die höchste Realität ein und das Selbe ist. Wenn wir weise sind und unseren gesunden Menschenverstand nutzen, werden wir nicht diskutieren und debattieren und streiten und hadern. Wir wissen und verstehen ganz klar, dass alle göttlichen Gestalten symbolisch sind und für einen Gott stehen, der sich auf vielfältige Weise manifestiert hat, um den unterschiedlichen Menschen in ihren unterschiedlichen Stadien ihrer spirituellen Entwicklung und ihren unterschiedlichen Geschmäckern und Charakteren und Fähigkeiten entspricht, einen für sie passenden Ausdruck des Göttlichen zu finden, der ihrem Temperament entspricht und ihre Hingabe auslöst und sie somit befähigt, ihren Geist zu fokussieren.

Siehe auch

Literatur

  • Swami Sivananda: How to Cultivate Virtues and erdicate Vices
  • Swami Sivananda: Erfolg in Leben und Selbstverwirklichung
  • Axel Michaels: Der Hinduismus. München 1998. ISBN 3-406-44103-3
  • Jan Gonda: Die Religionen Indiens. Stuttgart 1960 (3 Bände).
  • Stephan Schlensog: Der Hinduismus München (Piper-Verlag), 2006, gebunden, 540 S.

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