Nektar

Aus Yogawiki

Der Nektar - das Elixier des Lebens - kann auf physischer Ebene etwa der Saft einer Pflanze sein, das reine Quellwasser oder das Blut in unserem Körper. Der Nektar des Lebens kann auch die kosmische Energie, die kosmische Kraft, das Prana, sein, die in jedem von uns fließt und uns lebendig macht. Auf der Suche nach Unsterblichkeit und dem heiligen Trank, der den Göttern dargebracht wird, wurden im alten Indien verschiedene Pflanzen als Somapflanze bestimmt. Als geistigen Nektar kann man auch die Hinweise der Meister und Weisen betrachten.

Nektar - Elixier des Lebens

Tropfen von Nektar

Swami Sivananda

Auszug aus dem Buch "Jnana Yoga" von Swami Sivananda (Hrsg.: Divine Life Society, 2007), S. 146-150

I

Freunde! Wer ist die Ursache für Freude und Leid des anderen? Das eigene Karma, angesammelt in vergangenen Leben, ist die Ursache für Freude und Leid. Es gibt weder einen Geber von Freude noch einen Geber für Leid. Man übergibt Leid dem anderen – das ist die Vorstellung eines Dummen. ‚Ich bin der Handelnde‘ – das ist die fruchtlose, irreführende Vorstellung. Das Leben in der Welt ist gebunden mit der Schnur des eigenen Karmas.

Freude oder Leid kommen als Ergebnis deines eigenen Karmas. Deshalb nimm alles wie es kommt. Trage alles mit Fassung und bleibe gelassen. Was immer du tust, Gutes oder Schlechtes, egal zu welcher Zeit und an welchem Ort, du musst die Früchte deiner Taten genießen.

Dein Körper ist das Produkt guter und schlechter Taten, er ist der Grund für Freude und Leid. Du bist an Freude und Leid gebunden aufgrund der Identifikation mit deinem Körper. Leid folgt auf Freude und Freude folg auf Leid. Beide sind in den verkörperten Wesen unvermeidbar wie Tag und Nacht. In der Freude erscheint Leid und im Leid erscheint Freude. Beide verhalten sich zueinander wie Schlamm und Wasser.

Die Weisen zeigen deshalb keine Freude in guten Situationen und kein Leid in schlechten Situationen. Sie stehen Freude und Leid neutral gegenüber. Sie sind nicht der Täuschung anheimgefallen, wissen sie doch, dass alles Maya ist.

II

Weine den vergangenen Seelen nicht nach. Der Atman ist ewig, unveränderlich, ohne Geburt, ohne Tod, makellos. Der Körper ist nicht Intelligenz, unterliegt dem Tod, ist voll Makel und vergänglich. So denkend, kann es kein Leid geben. Wenn Vater oder Sohn zu Tode gekommen sind, gibt es keinen Grund zur Trauer. Die Welt ist frei von Substanz, getrennt zu werden von einem erwünschten Objekt ist für den Weisen die Quelle für Nichtanhaftung und der Überbringer von Frieden und Freude. Da jeder, der in diese Welt geboren wird, dem Tod unterliegt, ist der Tod unvermeidbar für alle Wesen. Der Körper löst sich auf, die Seele ist unsterblich. In der Essenz ist der Mensch der unvergängliche Atman. Wo gäbe es Raum für Klagelieder?

Erscheinen und verscheiden der verkörperten Kreaturen beziehen sich auf das vergangene Karma. Dies wissend, warum sollte selbst jener, der nicht weise ist, über den Verlust verschiedener Verwandter trauern?

Millionen von Brahmandas sind vergangen, viele Schöpfungszyklen sind verflossen, die Ozeane ausgetrocknet. Welche Wertigkeit kannst du einer momentanen Erscheinung beimessen? Das Leben des Menschen ist ein Tropfen Wasser auf einem Blatt im Wind. Der Körper ist eine Blase. Welche Wertigkeit kannst du ihm zumessen?

Dieser Körper wurde dir aufgrund deiner Handlungen in vergangenen Leben gegeben. Du wirst einen weiteren Körper erhalten, aufgrund deiner Handlungen in diesem leben. So wie jemand das alte Haus verlässt und in ein neues einzieht, so verlässt du den alten Körper und lebst in einem neuen. Der Atman stirbt nie, wird nie geboren, Er unterliegt weder Wachstum, Verfall und Veränderung.

Der Höchste Atman ist stets homogen, frei von den sechs Modifikationen. Er ist grenzenlos. Er ist die Verkörperung von Glückseligkeit und Erkenntnis. Er ist der stille Zeuge des Intellekts. Er ist ohne ein Zweites, aus sich selbst heraus strahlend, ewig und alldurchdringend. Dies wissend und von reinem Vertrauen seiend, vergiss die Sorgen und wandle fröhlich einher.

III

Wasser - Nektar des Lebens II

Leid ist für den, der sich mit dem Körper identifiziert, nicht für den Weisen, der sich mit dem glückseligen Atman identifiziert. Im Tiefschlaf ist nur Glückseligkeit, denn dort gibt es kein Zweites. Das reine Selbst kennt kein Leid, aufgrund der Abwesenheit des Intellekts. Leid entsteht durch den Intellekt, nicht durch das Selbst. Daran besteht kein Zweifel.

Der Atman, der verschieden ist von Körper, Geist, Intellekt und Prana, ist ohne Veränderung. Er ist frei von Emotionen. Er ist Fülle. Die drei Körper und die fünf Hüllen sind das Produkt von Unwissenheit. Maya, die illusorische Kraft Brahmans, erschafft diese Welt. Wie wunderbar ist diese unergründliche, unbeschreibliche Maya! Diese Maya gedeiht nur durch Unwissenheit. Sie ist das Gegenteil von Wissen. Sie vergeht, so du das Wissen über das Selbst erlangt hast.

Die Intelligenz, die sich im Geist widerspiegelt, wird Jiva genannt, die verkörperte Seele. Solange in Körper, Geist, Prana und Intellekt noch ein Gedanke an das ‚Ich‘ besteht, so lange besteht die Vorstellung vom Genießen der Früchte und die Teilnahme an Freude und Leid.

Das Höchste Selbst ist nicht geboren. Durch anfanglose Avidya erscheint der Jiva verbunden mit dem handelnden Intellekt und so setzt sich der Weltprozess fort. Wer die Verschiedenheit von Intellekt und Atman erkennt, für den geht der Prozess zu Ende. Der Intellekt ist Jada, dumpf. Er borgt sich seine Intelligenz und Kraft vom Höchsten Selbst. So erscheint, das Höchste Selbst, das Intelligenz an Sich ist, als nicht intelligent durch den Kontakt mit dem nicht intelligenten Intellekt.

Der Aspirant suche die Gesellschaft von Weisen. Er verehre Gott in Hingabe und sei mit tugendhaften Menschen zusammen. Nur so wird Maya überwunden. Dann suche er einen weisen Lehrer und erlange das Wissen um die ‚Große Aussage‘ ‚Tat Tvam Asi‘ (Du bist Das). Durch die Gnade Gottes wird er befreit. Wendet er sich von den Lotus-Füßen Gottes ab, dann erlischt die Hoffnung auf Befreiung, Erkenntnis und Freude für Millionen von Kalpas.

Setze dich an einen ruhigen Ort und nimm eine Bequeme Haltung ein. Verwirf mental alle Anhaftungen, alle Sinnesobjekte. Kehre deine nach Außen gerichteten Sinne nach innen. Kontempliere über deine Verschiedenheit von Prakriti. Diese Welt, beweglich und unbeweglich, der Körper, der Intellekt, alles was gesehen und gehört wird, wird Prakriti oder Maya genannt. Sie ist die Ursache für Schöpfung, Erhaltung und Zerstörung des Weltenbaumes. Sie erschafft rote (Rajas), weiße (Sattva) und schwarze (Tamas) Geschöpfe. Wunsch und Ärger sind ihre Söhne. Verletzen und Trishna sind ihre Töchter.

Die Überlagerung der Vorstellung eines Handelnden und eines Genießenden auf das Selbst, das weder ein Handelnder noch ein Genießer ist, sondern ewig makellos, ist die Ursache für das Leid der Menschen. Das ist das Spiel von Avidya. Richte den Blick nach innen. Erkenne das eine Selbst in allen Wesen und werde froh. Du wirst von den Fängen der Prakriti befreit werden. Diese Welt kann innerhalb eines Momentes verwüstet werden. Der Körper kann innerhalb eines Augenblickes vernichtet werden. Er besteht aus den fünf Elementen und den Tattvas, die sich aus Unreinheiten, Fleisch, Knochen und faulem Geruch zusammensetzen. Er ist der Sitz des Egos und nicht intelligent. Welches Vertrauen kannst du in diesen Körper haben? Du bist verschieden von diesem Körper. Der Körper, den du so liebst, wird auf die Erde fallen. Lob und Tadel, die Ursache für Freude und Leid, gehören zu der individuellen Seele. Sie schließen sich ihr an, sobald sie den Körper betritt und verursachen Freude und Leid. Nicht verursachen sie Freude und Leid für den Atman.

Solange die Vorstellung ‚Ich bin der Körper‘ und ‚Ich bin der Handelnde‘ besteht und solange man daran anhaftet und damit die Vorstellung das Selbst überlagert, so lange verbleibt man im Kreislauf von Geburt und Tod.

Deshalb überwinde alle Vorstellungen von einem ‚Ich‘. Der Atman ist makellos und unvergänglich, Er Selbst ist Intelligenz. Gib alle Arten von Anhaftung auf. Gib die Identifikation mit dem Körper auf. Identifiziere dich mit dem reinen Atman und erreiche Unsterblichkeit und ewige Glückseligkeit.

Siehe auch

Literatur

  • Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
  • Swami Sivananda, Götter und Göttinnen im Hinduismus (2008)
  • Swami Sivananda, Jnana Yoga, Hrsg.: Divine Life Society, 2007
  • Swami Sivananda, Inspirierende Geschichten (2005)
  • Swami Sivananda, Japa Yoga (2003)
  • Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis (2001)
  • Swami Sivananda, Autobiographie von Swami Sivananda (1999)
  • Swami Sivananda, Shrimad Bhagavad Gita. Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda (1998)
  • Swami Sivananda, Gedanken zur Kontemplation (1996)
  • Swami Sivananda, Hatha-Yoga. Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte (1964)
  • Swami Sivananda, Sadhana – Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
  • Swami Sivananda: Feste und Fastentage im Hinduismus, Yoga Vidya Verlag
  • Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von Heute

Weblinks

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