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* In einem Ashram gab es eine sehr ernsthafte Aspirantin, die war [[Sevaka]], also Mitarbeiterin, Teil der spirituellen Gemeinschaft. Nach einer der zwei Jahre in der Gemeinschaft hat sie immer ihren freien Tag damit verbracht, zu ihrer [[Schwester]] zu gehen, die ein [[Kind]] bekommen hatte und meinte ihrer Schwester helfen zu müssen, sich um das Kind zu kümmern. Nachdem sie das so ein halbes oder dreiviertel Jahr gemacht hat, hat sie gesagt, sie müsse jetzt den Ashram verlassen, weil sie ihrer Schwester mit dem Kind [[helfen]] müsse. Ich hatte noch nachgefragt: „Was ist denn los mit deiner Schwester, kann sie das nicht selbst?“ – „Ja, schon“, antwortete die Aspirantin, „aber sie braucht [[Unterstützung]]“. – „Hat sie dich darum gebeten?“, fragte ich – „Nein, aber ich merke sie schafft das allein nicht, als alleinerziehende [[Mutter]]“. Ich fragte weiter: „Wie geht es denn dem Kind? Ist da alles in Ordnung?“ – „Ja, schon, aber nur deshalb, weil ich einmal die Woche hingehe, ich muss öfters hingehen“. Sie war nicht davon abzuhalten, doch ein paar Monate später kam sie wieder zurück und sagte mit [[Tränen]] in den Augen, dass sie Hausverbot bei ihrer Schwester bekommen hätte und dass sie ihre [[Nichte]] nicht mehr [[sehen]] dürfe. Damit war klar, dass ihre Schwester sich sehr wohl allein um das Kind kümmern wollte und die Aspirantin sich eine Verpflichtung eingebildet hat und damit jemand anderem auf die [[Nerven]] gegangen ist. | * In einem Ashram gab es eine sehr ernsthafte Aspirantin, die war [[Sevaka]], also Mitarbeiterin, Teil der spirituellen Gemeinschaft. Nach einer der zwei Jahre in der Gemeinschaft hat sie immer ihren freien Tag damit verbracht, zu ihrer [[Schwester]] zu gehen, die ein [[Kind]] bekommen hatte und meinte ihrer Schwester helfen zu müssen, sich um das Kind zu kümmern. Nachdem sie das so ein halbes oder dreiviertel Jahr gemacht hat, hat sie gesagt, sie müsse jetzt den Ashram verlassen, weil sie ihrer Schwester mit dem Kind [[helfen]] müsse. Ich hatte noch nachgefragt: „Was ist denn los mit deiner Schwester, kann sie das nicht selbst?“ – „Ja, schon“, antwortete die Aspirantin, „aber sie braucht [[Unterstützung]]“. – „Hat sie dich darum gebeten?“, fragte ich – „Nein, aber ich merke sie schafft das allein nicht, als alleinerziehende [[Mutter]]“. Ich fragte weiter: „Wie geht es denn dem Kind? Ist da alles in Ordnung?“ – „Ja, schon, aber nur deshalb, weil ich einmal die Woche hingehe, ich muss öfters hingehen“. Sie war nicht davon abzuhalten, doch ein paar Monate später kam sie wieder zurück und sagte mit [[Tränen]] in den Augen, dass sie Hausverbot bei ihrer Schwester bekommen hätte und dass sie ihre [[Nichte]] nicht mehr [[sehen]] dürfe. Damit war klar, dass ihre Schwester sich sehr wohl allein um das Kind kümmern wollte und die Aspirantin sich eine Verpflichtung eingebildet hat und damit jemand anderem auf die [[Nerven]] gegangen ist. | ||
[[Datei:Oma und ihre Enkel Großmutter.jpg|thumb|Keine eingebildeten Pflichten schaffen]] | |||
Also sei dir bewusst, du hast Pflichten, aber manche Pflichten schaffst du dir selbst. Du kannst manchmal [[überlegen]]: Angenommen, ich wäre kein spiritueller Aspirant, würde ich mir dann vorstellen, dies [[tun]] zu müssen? Wenn die Antwort ‚Vermutlich nicht‘ ist, dann hast du sie höchstwahrscheinlich als spiritueller Aspirant auch nicht. Ich erlebe es auch immer wieder, dass Aspirantinnen – es scheint häufiger bei weiblichen Aspiranten aufzutreten – plötzlich ihre [[Großmutter]]-Pflichten sehr hoch schätzen. Zuvor hatten sie gesagt „Jetzt bin ich bald pensioniert und kann dann mehr spirituell praktizieren, komme häufiger in den Ashram, auch als [[Karma Yogi]]“ und plötzlich werden sie immer engagierter in der Kindererziehung und gar nicht mal selten erzählen sie, dass sie in [[Konflikt]]e kommen mit ihren Schwiegertöchtern. Die wollen gar nicht, dass sie sich so viel engagieren. Großmütter und Großväter sind oft [[hilfreich]], aber übertreibe es nicht. Die Eltern sind die Haupterziehungsberechtigten, deine Zeit als Erziehungsberechtigte ist vorbei. [[Helfen]] vielleicht, aber lass dich nicht abhalten von deinen spirituellen Praktiken durch selbst eingebildete Verpflichtungen, mit denen du anderen nur [[Probleme]] bringst. | Also sei dir bewusst, du hast Pflichten, aber manche Pflichten schaffst du dir selbst. Du kannst manchmal [[überlegen]]: Angenommen, ich wäre kein spiritueller Aspirant, würde ich mir dann vorstellen, dies [[tun]] zu müssen? Wenn die Antwort ‚Vermutlich nicht‘ ist, dann hast du sie höchstwahrscheinlich als spiritueller Aspirant auch nicht. Ich erlebe es auch immer wieder, dass Aspirantinnen – es scheint häufiger bei weiblichen Aspiranten aufzutreten – plötzlich ihre [[Großmutter]]-Pflichten sehr hoch schätzen. Zuvor hatten sie gesagt „Jetzt bin ich bald pensioniert und kann dann mehr spirituell praktizieren, komme häufiger in den Ashram, auch als [[Karma Yogi]]“ und plötzlich werden sie immer engagierter in der Kindererziehung und gar nicht mal selten erzählen sie, dass sie in [[Konflikt]]e kommen mit ihren Schwiegertöchtern. Die wollen gar nicht, dass sie sich so viel engagieren. Großmütter und Großväter sind oft [[hilfreich]], aber übertreibe es nicht. Die Eltern sind die Haupterziehungsberechtigten, deine Zeit als Erziehungsberechtigte ist vorbei. [[Helfen]] vielleicht, aber lass dich nicht abhalten von deinen spirituellen Praktiken durch selbst eingebildete Verpflichtungen, mit denen du anderen nur [[Probleme]] bringst. | ||
Version vom 22. September 2018, 12:33 Uhr
Der spirituelle Weg: Hier bekommst du einige Informationen und Anregungen über den spirituellen Weg. Das Wort spirituell bedeutet Ausrichtung auf eine höhere Wirklichkeit. Weg bedeutet, dass es ein Ziel gibt, und dass man sich auf den Weg zu diesem Ziel macht. Hier erfährst du auch einiges über die Aufgaben auf dem spirituellen Weg.
Video: Der spirituelle Weg
Hier findest du einen Videovortrag über "Der spirituelle Weg":
Vortragsvideo vom Gründer von Yoga Vidya, Sukadev Volker Bretz rund um das Thema Spiritualität, rund um das Thema Yoga Psychologie.
Durchhaltevermögen auf dem Spirituellen Weg
Es braucht Ausdauer und Durchhaltevermögen, um auf dem spirituellen Weg voranzuschreiten:
Drei wichtige Hindernisse auf dem spirituellen Weg und ihre Überwindung
In diesem Teil der Reihe über den spirituellen Weg aus der großen Reihe Yoga Vidya Schulung geht es um 3 wichtige Hindernisse auf dem spirituellen Weg. Dies ist ein Thema, das Swami Sivananda besonders in seinem Buch „Sadhana“ beschreibt, da gibt es ein Kapitel über den Geist des Aspiranten, des Suchenden. Dieses Kapitel ist auch im Yoga Vidya Yogalehrer Handbuch abgedruckt.
Es gibt drei Haupthindernisse:
- 1. Vorgefasste Ideen und Vorurteile
- 2. Eingebildete Pflichten
- 3. Umgang mit Schwierigkeiten und Anstrengungen
1. Hindernis: Vorgefasste Ideen und Vorurteile
Zitat aus „Sadhana“ von Swami Sivananda:
„Der/die Sadhaka beginnt das spirituelle Leben mit bestimmten eigenen Vorstellungen über Sadhana, die spirituelle Praxis, über Selbstverwirklichung, über Guru, spirituellen Lehrer und ähnlichem. Diese Vorstellungen können sich in tiefe Vorurteile verfestigen. Tatsächlich jedoch ist das spirituelle Leben ganz anders als die individuelle Einbildung es glaubt."
Es ist wichtig sich bewusst zu sein, auf dem spirituellen Weg Vorstellungen darüber zu haben, wie er sein soll. Du hast Vorstellungen, wie ein Yogalehrer, ein spiritueller Lehrer sich verhalten soll, du hast Vorstellungen, wie ein Aspirant sich zu verhalten hat, du hast Vorstellungen, wie spirituelle Praxis sein sollte, wie spiritueller Fortschritt sein sollte, vielleicht auch davon, wo du selbst stehst. Diese Vorstellungen werden auf dem spirituellen Weg enttäuscht werden und das ist gut, denn enttäuscht heißt aus der Täuschung heraus zu kommen. Wenn der spirituelle Weg so wäre, wie du es dir vorstellst, dann würdest du einfach nur deine Fantasien ausleben, das kannst du ja im Traum machen, du könntest dir vorstellen, wie du den spirituellen Weg gehst, kannst dir auch ein eigenes Theaterstück daraus machen oder visualisieren, in deiner Fantasie kannst du es ausleben.
Aber so ist der spirituelle Weg nicht. So ist ein wichtiger Aspekt des spirituellen Weges: Habe einen offenen Geist, frei von Vorurteilen. Es ist gut ethische Wertvorstellungen zu haben, die sollte man schon haben und die sollte man sich auch nicht ausreden lassen, im Yoga sind das Satya, Ahimsa, Asteya, Brahmacharya, Aparigraha und daran sollte man schon Lehrer messen.
- Da gehört Nicht-verletzen dazu, also wenn du einen Lehrer hast, der zu Gewalt aufruft ist er wahrscheinlich nicht der Richtige.
- Wenn du jemanden hast, der ständig andere anlügt, ist er auch nicht der Richtige.
- Wenn du jemanden hast, der betrügt, solltest du ihn nicht als Lehrer akzeptieren.
- Wenn ein Lehrer bezüglich Sexual-Ethik das eine predigt und das andere lebt, ist er auch nicht der richtige Lehrer.
- Wenn du jemanden hast, der andere besticht oder bestochen werden kann, ist er auch nicht der Richtige.
Manche Vorstellungen solltest du nicht zur Seite geben. Der Ratschlag, den ich gebe, der ist durchaus mit Vorsicht zu genießen. Also sei vorurteilsfrei, aber nicht wertfrei.
Beispiele:
- Es gibt Menschen, die denken spirituelle Lehrer sollten ruhig und bedächtig schreiten und ich kannte auch einen solchen Meister, Swami Chidananda, wenn er gegangen ist, war er leicht und erhaben, hat kaum den Boden berührt, sah fast so aus als ob er schwebt.
- Aber ich kannte auch einen anderen Meister, Swami Vishnu Devananda, der ist nicht leichtfüßig geschritten, sondern war sichtbar und hörbar wenn er ging.
- Oder du könntest dir denken ein spiritueller Lehrer sollte alle umarmen und immer fröhlich sein. Auch hier kannte ich einen, das war Swami Vishnu-devananda, aber ich kannte auch einen Lehrer, Swami Krishnananda, der hat niemanden umarmt, er hat eine gewisse Distanz gehalten. Es war eine spirituelle Nähe, aber eine physische Distanz.
- Oder vielleicht denkst du, wenn du einen spirituellen Lehrer siehst, er schaut dir in die Augen und er durchschaut dich in der Tiefe deiner Seele. Diesen Eindruck hatte ich nach einer Weile sicherlich bei Swami Vishnu-devananda, aber als ich ihn die ersten Male gesehen hatte, war ich irgendwo etwas enttäuscht. Es war nicht dieses ‚erstmalige Wiedersehen aus einem früheren Leben‘, ein Aufleuchten und Willkommen-heißen im Sinne von ‚in dieser Inkarnation bist du jetzt da, ich kümmere mich um dich‘. Also sei dir bewusst welche Vorurteile du vielleicht hast.
- Oder Menschen gehen in einen Ashram und denken, dort müsste alles vollkommen sein. Jeder, der im Ashram ist, geht liebevoll mit anderen um und dann stellst du fest, dass Leute sich an Essensschlangen vordrängeln, dass Leute an der Rezeption an einem langen Anreisetag auch mal genervt reagieren, du stellst fest, dass ein Vortragender deine Frage nicht richtig versteht. Da siehst du, du hast die heile Welt zu sehr in einen Ashram projiziert.
Und es gibt gute Gründe, dass diese heile Welt nicht da ist in dieser physischen Welt. Wir lernen durch Herausforderungen, wir lernen auch dadurch, dass Dinge eben nicht so sind, wie wir sie gerne hätten.
So sagt Swami Sivananda zum Ende dieses Abschnittes über das erste Hindernis:
„Gehe das Leben eines Aspiranten, einer Aspirantin, mit geistiger Offenheit. Löse dich von deinen Vorstellungen und deinen Vorurteilen, die vom Ego erzeugt wurden. Nähere dich den spirituellen Dingen mit einer ernsthaften, offenen empfangsbereiten Einstellung gepaart mit dem Wunsch zu lernen. Sei bereit deine geistige Einstellung und deine spirituelle Praxis dem anzupassen, was du lernst, anstatt zu wünschen, dass alles sich deiner geistigen Vorstellung anpasst. Den Lieblingsvorstellungen zu entsagen ist sehr notwendig, wenn du auf dem spirituellen Weg beständig und harmonisch voranschreiten willst.“
Vielleicht magst du jetzt einen Moment innehalten und überlegen welche Vorurteile, Vorstellungen, vielleicht auch romantischen Vorstellungen vom spirituellen Weg du hast, welche wurden vielleicht schon bisher auf deinem Weg enttäuscht und bist du bereit, deinen Vorstellungen zu entsagen um anderes zuzulassen? Und was sind vielleicht wichtige ethische Prinzipien, die du nicht aufgeben solltest, die du selbst dann nicht aufgeben solltest, wenn das in einer Gemeinschaft oder von einem Lehrer verlangt werden würde? Auch das ist wichtig, weil es so viele Menschheitsverführer gibt.
2. Hindernis: Vorstellungen von Pflichten
Dazu zählen zusätzliche Pflichten, die man sich aufhalst um den spirituellen Weg nicht zu gehen.
Ein paar Sätze von Swami Sivananda: „Das zweite Problem, mit dem fast jeder Anfänger zu tun bekommt, hängt mit den Vorstellungen von Verpflichtungen zusammen. Oft ist es so, dass vor dem Anfang des spirituellen Sadhanas diese Pflichten eben nicht da sind, aber wenn du mit Sadhana ernsthaft beginnen willst, siehst du dich plötzlich allen möglichen neuen Verpflichtungen gegenüber Familie, Freunden und anderen, die deinem Sadhana im Wege stehen“.
Natürlich hast du Verpflichtungen und Seva – dienen ist etwas Wichtiges; Dharma, seine Aufgaben zu erledigen ist etwas wichtiges auf dem spirituellen Weg. Aber es passiert manchmal, dass Menschen, die den spirituellen Weg zu gehen beginnen, sich plötzlich neuer Aufgaben annehmen um eben keine Zeit für spirituelle Praktiken zu haben.
Zwei Geschichten dazu:
- Bei der ersten 4-wöchgigen Yogalehrer-Ausbildung bei Yoga Vidya gab es eine Frau, die die ersten drei Wochen gut dabei war, sehr tief gegangen war, tiefe Fragen gestellt hatte, immer unter den ersten vor dem Satsang war und sehr tiefes Interesse hatte. Nach drei Wochen kam sie zu mir und sagte, sie müsse jetzt abreisen, weil sie sich um ihre Kinder kümmern müsse. Ich hakte nach, wo denn die Kinder seien und sie entgegnete, dass sie gerade mit ihrem Mann auf einer Nordseeinsel sind und Urlaub machen. „Das klingt doch gut, warum brauchen die dich?“ fragte ich. Sie antwortete „Mein Herz spürt, dass ich dahin muss, da stimmt etwas nicht. Ich muss mich um die Kinder kümmern.“ Ich fragte: „Was sagt denn dein Mann dazu?“ – „Der sagt, alles ist in Ordnung, aber mein Mutterherz sagt mir, dass ich dahin muss“. Ich machte sie auf den Geist des Aspiranten, auf das zweite Hindernis, aufmerksam: „Vielleicht schaffst du dir deine eigene Pflicht“. „Nein, ich muss dorthin“ entgegnete sie. So ist sie abgereist und kam ein Jahr später wieder, um die letzte Woche nachzuholen und hat mir dann beim Empfang gesagt: „Du hattest Recht, als ich an der Nordsee angekommen bin habe ich sofort gemerkt, dass es ein Fehler war. Mein Mann hatte so viel Spaß gehabt mit unseren Kindern und die Kinder hatten so viel Spaß mit ihm, ich habe erkannt, dass ich die ganze Zeit die Glucke war und verhindert habe, dass mein Mann engen Kontakt mit den Kindern hat. Ich war ein richtiger Spielverderber für die und sie waren die ganze nächste Woche sauer auf mich und haben versucht, mich auszuschließen“. Das ist ein Beispiel, wie man sich zusätzliche Pflichten schaffen kann.
- In einem Ashram gab es eine sehr ernsthafte Aspirantin, die war Sevaka, also Mitarbeiterin, Teil der spirituellen Gemeinschaft. Nach einer der zwei Jahre in der Gemeinschaft hat sie immer ihren freien Tag damit verbracht, zu ihrer Schwester zu gehen, die ein Kind bekommen hatte und meinte ihrer Schwester helfen zu müssen, sich um das Kind zu kümmern. Nachdem sie das so ein halbes oder dreiviertel Jahr gemacht hat, hat sie gesagt, sie müsse jetzt den Ashram verlassen, weil sie ihrer Schwester mit dem Kind helfen müsse. Ich hatte noch nachgefragt: „Was ist denn los mit deiner Schwester, kann sie das nicht selbst?“ – „Ja, schon“, antwortete die Aspirantin, „aber sie braucht Unterstützung“. – „Hat sie dich darum gebeten?“, fragte ich – „Nein, aber ich merke sie schafft das allein nicht, als alleinerziehende Mutter“. Ich fragte weiter: „Wie geht es denn dem Kind? Ist da alles in Ordnung?“ – „Ja, schon, aber nur deshalb, weil ich einmal die Woche hingehe, ich muss öfters hingehen“. Sie war nicht davon abzuhalten, doch ein paar Monate später kam sie wieder zurück und sagte mit Tränen in den Augen, dass sie Hausverbot bei ihrer Schwester bekommen hätte und dass sie ihre Nichte nicht mehr sehen dürfe. Damit war klar, dass ihre Schwester sich sehr wohl allein um das Kind kümmern wollte und die Aspirantin sich eine Verpflichtung eingebildet hat und damit jemand anderem auf die Nerven gegangen ist.
Also sei dir bewusst, du hast Pflichten, aber manche Pflichten schaffst du dir selbst. Du kannst manchmal überlegen: Angenommen, ich wäre kein spiritueller Aspirant, würde ich mir dann vorstellen, dies tun zu müssen? Wenn die Antwort ‚Vermutlich nicht‘ ist, dann hast du sie höchstwahrscheinlich als spiritueller Aspirant auch nicht. Ich erlebe es auch immer wieder, dass Aspirantinnen – es scheint häufiger bei weiblichen Aspiranten aufzutreten – plötzlich ihre Großmutter-Pflichten sehr hoch schätzen. Zuvor hatten sie gesagt „Jetzt bin ich bald pensioniert und kann dann mehr spirituell praktizieren, komme häufiger in den Ashram, auch als Karma Yogi“ und plötzlich werden sie immer engagierter in der Kindererziehung und gar nicht mal selten erzählen sie, dass sie in Konflikte kommen mit ihren Schwiegertöchtern. Die wollen gar nicht, dass sie sich so viel engagieren. Großmütter und Großväter sind oft hilfreich, aber übertreibe es nicht. Die Eltern sind die Haupterziehungsberechtigten, deine Zeit als Erziehungsberechtigte ist vorbei. Helfen vielleicht, aber lass dich nicht abhalten von deinen spirituellen Praktiken durch selbst eingebildete Verpflichtungen, mit denen du anderen nur Probleme bringst.
Jetzt kannst du einen Moment nachdenken, ob du dir in letzter Zeit vielleicht neue Verpflichtungen aufgehalst hast, die du nicht wirklich hast.
Noch eine weitere Anregung:
Es gibt manche Menschen, die, so wie sie auf den spirituellen Weg kommen, plötzlich auf die Idee kommen, ihre ganze Wohnung renovieren zu wollen oder ihren Garten neu konstruieren wollen. Mein Tipp wäre vielleicht etwas spiritueller gestalten, aber übertreibe es nicht. Sorge dafür, dass du ausreichend Zeit hast für dein Sadhana, ausreichend Zeit für die spirituellen Praktiken. Wenn du noch weitere Zeit hast, kannst du noch immer etwas für deine Wohnung, deinen Garten usw. tun
Und dazu sagt Swami Sivananda:
„Du hast zu verschiedenen Zeiten verschiedene Pflichten und Aufgaben, aber Sadhana, für die Selbstverwirklichung, die Gottverwirklichung, ist deine wichtigste und dringendste Pflicht bis zur letzten Minute deines Lebens. Du kannst es dir nicht erlauben dein Sadhana zu verschieben. Lass diesen Gedanken tief und stark in dir werden, werde nicht schwach, mache regelmäßiges, systematisches Sadhana und vergegenwärtige dir immer wieder das Ziel des Lebens. Gehe unerschrocken voran, halte das Ideal vor Augen, du wirst das Ziel noch in diesem Leben erreichen“.
So kannst du nochmals überlegen, wo du vielleicht es mit den äußeren Tätigkeiten übertreibst und welche äußeren Tätigkeiten du vielleicht reduzieren kannst um die Zeit für dein Sadhana zu haben.
3. Hindernis: Umgang mit Schwierigkeiten und Anstrengungen
Sadhana ist nicht immer einfach.
Swami Sivananda sagt dazu:
„Wenn du regelmäßig Sadhana praktizierst, kann es sein, dass du überall Hindernissen entgegen trittst. Du magst sogar denken, dass es dir vorher besser ging. Sei nicht traurig, es gibt Gründe dafür“, und es gibt verschiedene Gründe, warum man am Anfang diese Widerstände hat, der erste den er beschreibt ist:
„Spirituell zu praktizieren heißt regelmäßig stromauf gegen die uralten Gewohnheiten zu schwimmen“, also dein Leben umzustellen, was gar nicht so einfach ist. Wenn du dir vornimmst, jeden Tag Yoga zu praktizieren, deine Ernährung sattwig zu gestalten, wenn du dir vornimmst freundlich und liebevoll mit deinen Mitmenschen umzugehen, wenn du dir vornimmst auch sonst dein Leben sattwig zu gestalten, wirst du merken, dass der Gemütlichkeitsaspekt hinein kommt, du willst morgens länger schlafen; oder plötzlich kommt die Gier nach einer unsattvigen Nahrung hin, oder es kommt Ärger und eine Angst auf. Das heißt alte Gewohnheiten kommen wieder und so könnte man sagen, es gibt verschiedene Hindernisse:
Bergauf zu gehen, das ist anstrengend. Wenn du bergauf Fahrrad fährst, ist das anstrengend, bergab ist einfach, aber wo entwickelst du deine Muskeln? Beim Bergauffahren! Und so kann es am Anfang sein, dass es anstrengend ist und es kann auch sein, dass du etwas langsamer gehen musst und es kann sein, dass du dir zwischendurch eine Pause gönnst, zwar praktizierst, aber du musst nicht an einem Tag den 3000er hochfahren mit dem Fahrrad. Aber gehe den Weg, sei dir bewusst es ist anstrengend, aber mit jeder Anstrengung wirst du stärker.
Was auch anstrengend sein kann, ist überhaupt, dass du die andere Richtung gehen willst und du bemerkst, wie viele Dinge du tust, die spirituell nicht ok sind. Wenn du vorher einfach gegessen hast, was du gemocht hast und dir jetzt beim Essen Disziplin auferlegst, nicht zu früh, nicht zu spät, das was ökologisch verträglich ist, nicht zu viel Zucker, keine tierischen Produkte… da merkst du plötzlich wie viele Wünsche in dir schlummern, wie viele Widerstände dort sind. Wenn du dir vornimmst, liebevoll mit anderen Menschen zu sprechen, wirst du dir bewusst, wie häufig du aus Ärger und Gekränktheit sprichst. Wenn du dir vornimmst, morgens früh aufzustehen, wirst du feststellen, wie gemütlich du doch ansonsten bist und wie schwer es dir fällt. Also das Bemerken, dass noch einiges zu tun ist, an sich ist schmerzhaft, es zu ändern ist anstrengend.
Wenn du Gutes tun willst, kommt manches an die Oberfläche, was vorher tief in dir drin war.
- Es kann sein, dass du meditierst und während du meditierst, vielleicht über liebevolle Güte – Maitri Bhavana – plötzlich in dir Aggression hochkommt.
- Es kann sein, dass du über ‚Anandoham‘ meditierst – ich bin Freude – und plötzlich kommt abgrundtiefe Traurigkeit und Verlassenheit.
- Du meditierst über das Göttliche an sich und plötzlich kommt dir hoch, was für tiefe Kränkungen dir vielleicht als Kind zugefügt wurden. So kommt also manches aus deinem Unterbewusstsein zur Oberfläche und das ist gut so. Mein Tipp wäre hier nicht zu viel drüber nachzudenken, woher und warum das kommt, sondern du kannst lieber froh darüber sein, dass es an die Oberfläche kommt, eine Spannung, die tief in dir ist, kommt an die Oberfläche. Schaue sie an, identifiziere dich nicht, projiziere nicht, lasse los, mache weiter mit deiner Praxis und du kommst zu dem, was tiefer ist.
Zum Ende dieser Lektion der letzte Absatz aus dem Kapitel „Der Geist des Suchenden“ von Swami Sivananda:
„Gehe den Sadhana Marga, den spirituellen Weg, mit einem offenen Geist ohne Vorurteile. Sei dir des höchsten Ziel des Lebens, Sadhana zu praktizieren für die Gottverwirklichung, bewusst. Trage ruhig und heiter alle anfänglichen Prüfungen, Versuchungen, Widerstände. Du wirst das ewige Leben, unvergessliches Strahlen, Frieden und Wonne ernten.“
Video - Hindernisse auf dem spirituellen Weg
Welche Hindernisse gibt es auf dem spirituellen Weg? Wie kannst du sie erkennen und überwinden?
Weitere Fragen und Antworten zum Thema Spiritualität
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- Der spirituelle Weg
- Spiritualität - Was ist das
- Wann ist man spirituell
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- Welche spirituellen Fähigkeiten gibt es
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- Wie bekomme ich einen spirituellen Namen
- Verhaftungslosigkeit trotz emotionaler Bindung in Familie und Beziehung
- Was ist das spirituelle Herz
- Die spirituellen Gesetze
Der spirituelle Weg - Weitere Infos zum Thema Spiritualität und Yoga Psychologie
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