Shiva-Shakti-Philosophie: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Die Rückkehr von Shakti zu Shiva ===
=== Die Rückkehr von Shakti zu Shiva ===


Nachdem Shakti das physische Universum geschaffen hat, strebt sie wieder zu Shiva zurück. Der Prozess der Rückkehr als Ganzes dauert, wie oben beschrieben, sehr, sehr lange. Aber Shakti ist auch in jedem Teil der Schöpfung. So strebt auch jedes Teil der Schöpfung für sich zurück zu seinem Ursprung, zu Shiva – und so entsteht die Evolution des Lebens. Auf der physischen Ebene manifestieren sich Einzelstücke wie Felsen, Kristalle und Sandkörner. In ihnen ist der physische Körper manifest und sie haben eine Energieausstrahlung, Prana. Die Shakti treibt das Leben zur Entfaltung. So entstehen Pflanzen. Pflanzen haben einen voll entwickelten Pranakörper: Sie haben eine Eigenenergie, die in Kontakt mit anderen Lebewesen treten kann. Pflanzen haben beschränkte Sinneswahrnehmungen, beschränkte Fähigkeiten, mit anderen Pflanzen in Kontakt zu treten beziehungsweise Signale auszusenden und zu empfangen. Sie wachsen, sie pflanzen sich fort, sie sterben. Eine Pflanzenart als ganzes kann sich verändern und sich an wechselnde Umwelteinflüsse anpassen. Shakti bringt das Leben auf eine höhere Stufe: Tierisches Leben entsteht. Tiere haben einen entwickelten physischen Körper und einen entwickelten Pranakörper. Sie entwickeln aber auch den mittleren Astralkörper: Tiere haben Emotionen, Gefühle, komplexere Wahrnehmungen, einfache Sprache und sie bewegen sich. Im Tier selbst beginnt dann die eigentliche individuelle Evolution: Im Tier ist der Astralkörper so weit ausgeprägt, dass er nach dem physischen Tod weiter existiert und sich dann zur weiteren Entwicklung in einem neuen Tierkörper wieder inkarniert. Es heißt, dass die Seele sich in 8 400 000 verschiedenen Tierarten inkarniert, um sich zu entwickeln, bevor sie sich zum ersten Mal in einem Menschenkörper inkarniert. Diese Zahlenangabe ist umso bemerkenswerter, als die westliche Wissenschaft erst in den letzten Jahrzehnten begonnen hat, die Anzahl der Tierarten in Millionen zu schätzen. Sobald die Seelen sich durch Tierkörper nicht mehr weiter entwickeln konnten, manifestierte die Shakti den Menschen. Der Mensch hat einen physischen Körper wie das Mineral, einen Pranakörper wie Pflanze und Tier, den mittleren Astralkörper wie das Tier. Zusätzlich hat der Mensch den höheren Astralkörper mit Buddhi (Intellekt) und Ahamkara (Ego, Selbstbewusstsein). Manche Tiere (Delphine, Schimpansen, vielleicht auch Papageien, Elefanten und andere) zeigen auch Ansätze für kombinierendes, planendes Denken und für ein Selbstbewusstsein. Die Unterschiede zwischen Mensch und Tier sind daher fließend und nicht so gewaltig. Im Tantra ist es selbstverständlich, dass Tiere mit Respekt, Liebe und Achtung behandelt werden sollten. Sie sollten nicht gedankenlos als Versuchskaninchen gehalten oder gar in Massentierhaltung als Menschennahrung „produziert“ werden. Dennoch hat der Mensch Buddhi und Ahamkara sehr viel stärker entwickelt als die Tiere. Und der Mensch hat die Fähigkeit der bewussten Weiterentwicklung.
Nachdem Shakti das physische [[Universum]] geschaffen hat, strebt sie wieder zu Shiva zurück. Der Prozess der Rückkehr als Ganzes dauert, wie oben beschrieben, sehr, sehr lange. Aber Shakti ist auch in jedem Teil der Schöpfung. So strebt auch jedes Teil der [[Schöpfung]] für sich zurück zu seinem Ursprung, zu Shiva – und so entsteht die Evolution des Lebens. Auf der physischen Ebene manifestieren sich Einzelstücke wie Felsen, Kristalle und Sandkörner. In ihnen ist der physische Körper manifest und sie haben eine Energieausstrahlung, Prana. Die Shakti treibt das Leben zur Entfaltung. So entstehen Pflanzen. Pflanzen haben einen voll entwickelten Pranakörper: Sie haben eine Eigenenergie, die in Kontakt mit anderen [[Lebewesen]] treten kann. Pflanzen haben beschränkte Sinneswahrnehmungen, beschränkte Fähigkeiten, mit anderen Pflanzen in Kontakt zu treten beziehungsweise Signale auszusenden und zu empfangen. Sie [[wachsen]], sie pflanzen sich fort, sie sterben. Eine Pflanzenart als ganzes kann sich verändern und sich an wechselnde Umwelteinflüsse anpassen. Shakti bringt das Leben auf eine höhere Stufe: Tierisches Leben entsteht. Tiere haben einen entwickelten physischen Körper und einen entwickelten Pranakörper. Sie entwickeln aber auch den mittleren Astralkörper: Tiere haben Emotionen, Gefühle, komplexere Wahrnehmungen, einfache Sprache und sie bewegen sich. Im Tier selbst beginnt dann die eigentliche individuelle Evolution: Im Tier ist der Astralkörper so weit ausgeprägt, dass er nach dem physischen Tod weiter existiert und sich dann zur weiteren Entwicklung in einem neuen Tierkörper wieder inkarniert. Es heißt, dass die Seele sich in 8 400 000 verschiedenen Tierarten inkarniert, um sich zu entwickeln, bevor sie sich zum ersten Mal in einem Menschenkörper inkarniert. Diese Zahlenangabe ist umso bemerkenswerter, als die westliche Wissenschaft erst in den letzten Jahrzehnten begonnen hat, die Anzahl der Tierarten in Millionen zu schätzen. Sobald die Seelen sich durch Tierkörper nicht mehr weiter entwickeln konnten, manifestierte die Shakti den Menschen. Der Mensch hat einen physischen Körper wie das Mineral, einen Pranakörper wie Pflanze und Tier, den mittleren Astralkörper wie das Tier. Zusätzlich hat der Mensch den höheren Astralkörper mit [[Buddhi]] (Intellekt) und [[Ahamkara]] (Ego, Selbstbewusstsein). Manche Tiere (Delphine, Schimpansen, vielleicht auch Papageien, Elefanten und andere) zeigen auch Ansätze für kombinierendes, planendes [[Denken]] und für ein [[Selbstbewusstsein]]. Die Unterschiede zwischen Mensch und Tier sind daher fließend und nicht so gewaltig. Im [[Tantra]] ist es selbstverständlich, dass Tiere mit Respekt, [[Liebe]] und Achtung behandelt werden sollten. Sie sollten nicht gedankenlos als Versuchskaninchen gehalten oder gar in Massentierhaltung als Menschennahrung „produziert“ werden. Dennoch hat der Mensch Buddhi und Ahamkara sehr viel stärker entwickelt als die Tiere. Und der Mensch hat die Fähigkeit der bewussten Weiterentwicklung.


Der Mensch ist laut Tantra nicht die Krone der Schöpfung im Sinne eines Abschlusses oder Höhepunkts der Schöpfung. Der Mensch hat vielmehr die Aufgabe, die bisher automatisch ablaufende Evolution bewusst weiterzuführen und zu ihrem Abschluss zu bringen. Und dazu treibt ihn die im Muladhara-Chakra ruhende aufgerollte Kundalini. So wird der Mensch niemals ganz zufrieden sein: Was auch immer er im Relativen erreicht hat, wird ihm auf die Dauer nicht genügen. Die Kundalini regt sich immer wieder von neuem und führt den Menschen dazu, nach mehr zu streben.
Der Mensch ist laut Tantra nicht die Krone der Schöpfung im Sinne eines Abschlusses oder Höhepunkts der Schöpfung. Der Mensch hat vielmehr die Aufgabe, die bisher automatisch ablaufende Evolution bewusst weiterzuführen und zu ihrem Abschluss zu bringen. Und dazu treibt ihn die im Muladhara-Chakra ruhende aufgerollte Kundalini. So wird der Mensch niemals ganz zufrieden sein: Was auch immer er im Relativen erreicht hat, wird ihm auf die Dauer nicht genügen. Die Kundalini regt sich immer wieder von neuem und führt den Menschen dazu, nach mehr zu streben.

Version vom 13. März 2022, 15:27 Uhr

Shiva und Shakti sind Eins

Die Shiva-Shakti-Philosophie ist die Grundlage von [Kundalini Yoga] und Tantra. Die Shiva-Shakti-Philosophie beschreibt das Universum als Zusammenspiel von 2 Polen: Shiva ist der statische Pol, das Bewusstsein, das Unveränderliche. Shakti ist die Energie, der dynamische Pol, das was sich ständig ändert.

Shiva-Shakti-Philosophie und Tantra

Tantra als die ganze Schöpfung annehmendes Prinzip

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

Kundalini Yoga ist der Yoga der Energie. Er beruht auf einer bestimmten Philosophie, die man als Shiva-Shakti-Philosophie bezeichnen kann und die zum großen Gebiet des Tantra gehört.

Tantra ist eine religionsübergreifende spirituelle Bewegung, die in ganz Süd- bis Südostasien existiert. Tantra legt besonderen Wert auf die Verehrung der göttlichen Mutter, auf Umgang mit Energien und auf die Verehrung des Göttlichen überall. Tantrismus gibt es im Hinduismus, im Buddhismus, im Sikhismus, sogar im Taoismus und im Jainismus. Tantra ist Jahrtausende alt. Nach einer Deutung in der Indologie wird gesagt, dass Tantra als Gegenbewegung im indischen Mittelalter entstanden sei: eine Gegenbewegung zum Brahmanismus, der großen Wert auf Rituale gelegt hat; eine Gegenbewegung zum Buddhismus und Jainismus, die großen Wert auf asketische Praktiken gelegt haben; eine Gegenbewegung zu Vedanta und die Philosophie der Weltabkehrung. Und so sei Tantrismus stark geworden als lebensbejahendes und die ganze Schöpfung annehmendes Prinzip.

Aber so ganz stimmt es nicht. Wir finden nämlich schon Symbole des Tantra in der uralten Indus-Kultur vor über fünftausend Jahren. Dort gibt es Siegel, auf denen Menschen oder Götter im vollen Lotus, bestimmte Tantra-Yantras oder andere Symbole dargestellt werden. Viel wahrscheinlicher ist, dass Tantra eine Jahrtausende alte Bewegung ist, die immer wieder von Neuem spirituelle und religiöse Systeme befruchtet hat. Religionsübergreifend scheint die Verehrung der göttlichen Mutter.

Ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. Denn es gibt tantrische Bewegungen, die Shiva oder Vishnu als höchsten Gott verehren. Jedoch spielt dort immer auch die Shakti eine Rolle. Wir könnten trotzdem sagen, dass Tantra eine religionsübergreifende spirituelle Bewegung ist, in der Energien und Energiepraktiken eine besondere Rolle spielen und in denen es darum geht, die Göttin zu verehren.

Shiva, Shakti und die Entstehung des Universums

Entstehung des Universums

Tantra beruht auf einer Philosophie, die man Tantra-Philosophie oder Shiva-Shakti-Philosophie nennen kann. Tantra postuliert zwei Grundprinzipien/Urprinzipien: Shiva und Shakti. Shiva ist im Vedanta der zerstörerische Aspekt von Ishwara, im Tantra aber ist es das Bewusstsein an sich, das Unveränderliche – was wir im Vedanta als Brahman bezeichnen würden. Shakti ist die kosmische Energie, die die ganze Welt schafft, erhält und wieder auflöst – was wir im Vedanta als Maya Jagad bezeichnen würden.

Im Tantra heißt es, dass Shiva und Shakti auf ewig Eins sind. Aber obgleich Shiva und Shakti auf ewig eins sind, gibt es einen Moment, in dem sich Shakti von Shiva trennt:

  • Als erstes entsteht Spandana, ein Pulsieren und Vibrieren. Dieses ursprüngliche Pulsieren und Vibrieren ist der erste Schritt der Schöpfung. Man könnte sagen: Die höhere Kausalwelt wird geschaffen, wenn Shakti anfängt zu pulsieren – noch nicht konkret, sondern in einem universellen Pulsieren.
  • Danach gibt es den zweiten Schritt der Schöpfung, die niedere Kausalwelt. Die Shakti beginnt sich etwas zu differenzieren und schafft die Urprinzipien, die noch nicht in Zeit und Raum fassbar jedoch separat sind.
  • Dann beginnt Shakti die Astralwelt zu schaffen in drei Dichtigkeitsstufen: Im Vedanta würden wir diese bezeichnen als Vijnanamaya Kosha, die Ebene des reinen Geistes, Manomaya Kosha, die Ebene der Emotionen und Astralwesen, sowie Pranamaya Kosha, die Energieebene, das energetische Universum.
  • Und schließlich folgt der sechste Schritt der Schöpfung: Muladhara Chakra, die Ebene der physischen Welt.

Die Shakti hat sich also von Shiva ausgebreitet, zunächst die Kausalwelten geschaffen, die weiter existieren, hat sich zusammengezogen und differenziert in den drei Astralwelten, hat sich weiter zusammengezogen und differenziert in der physischen Welt. Und auch auf der physischen Welt ist weiter alles nur Shakti. Es gibt keine feste Materie, es ist alles pulsierende Kraft. Nur eines bleibt unbewegt: Shiva.

Übrigens geht auch die christliche Schöpfung davon aus, dass Gott die Welt in sechs Tagen geschaffen und am siebten Tag geruht hat. Shiva und Shakti waren ursprünglich eins, sie durchlaufen sechs Schaffungsebenen, und wenn die physische Welt geschaffen ist, gibt es auf gewisse Weise eine Ruhe, denn es wird keine neue Ebene geschaffen. Doch ist das kein echtes Ruhen, da sich Shakti die ganze Zeit bewegt.

Veränderung und Auflösung des Universums

Der kosmische Tanz

Und damit ist auch klar, dass nichts gleich bleibt in dieser Welt. Hier eine Empfehlung: Sieh die göttliche Energie in den ganzen Veränderungen dieser Welt. Shakti bewegt sich immer. Denke nicht, dass etwas gleich bleiben muss. Alles verändert sich, alles ist im Fluss. Es ist wie ein kosmischer Tanz. Tanze ihn mit und wachse dadurch.

Die Shiva-Shakti-Philosophie sagt also: irgendwann ist das Universum entstanden, weil Shiva sich von Shakti getrennt hat. Der Schöpfungszyklus geht in sechs Stufen in die Welt hinein, aber dann auch wieder aus der Welt heraus. Momentan befinden wir uns noch in einer Phase der Expansion des physischen Universums. Irgendwann hört diese auf und das physische Universum zieht sich wieder zusammen:

Es wird absorbiert in das untere Astraluniversum. Dieses wird absorbiert ins mittlere Astraluniversum. Dieses wird absorbiert in das höhere Astraluniversum. Dieses wird wiederum absorbiert in das niedere Kausaluniversum, das höhere Kausaluniversum und Shakti wird wieder eins mit Shiva. Ein Schöpfungszyklus ist damit zu Ende.

Doch damit hört es nicht auf, sondern der nächste Schöpfungszyklus beginnt. Kundalini Yoga sagt: ein ewiger Kreislauf, kosmische Schöpfung und kosmische Auflösung. Es gibt sogar Schriften, die sagen, wie lange ein Schöpfungszyklus dauert. In einer Lesart der Surya Siddhanta sind es beispielsweise 311 Trillionen Jahre, also eine sehr lange Zeit.

Shiva-Shakti im Mikrokosmos

Manifestation von Shakti als Körper

Die Shiva-Shakti-Philosophie hat aber nicht nur diese makrokosmische Betrachtungsweise, sondern auch eine mikrokosmische Betrachtungsweise. In den meisten religiösen und esoterischen spirituellen Systemen finden wir die Aussage, dass der Makrokosmos dem Mikrokosmos entspricht. Alles, was es im gesamten Universum gibt, gibt es auch im einzelnen Menschen. Alles, was es im kosmischen Universum gibt, gibt es auch in dir!

Du bist ein Mikrokosmos. Auch in dir ist Shiva als reines Bewusstsein: Sat-Chit-Ananda, Sein Wissen Glückseligkeit. Shakti manifestiert sich in dir als physischer Körper, als Astralkörper und als Kausalkörper. Im Astralkörper als Pranamaya Kosha, entsprechend dem zweiten Chakra, als Manomaya Kosha, entsprechend dem dritten Chakra, sowie als Vijnanamaya Kosha, entsprechend dem vierten Chakra. Im Kausalkörper in zwei Dichtigkeitsstufen als Vishuddha Chakra und Ajna Chakra. Die höchste Einheit von Shiva und Shakti entspricht dem höchsten Chakra, dem Sahasrara Chakra.

Du selbst hast schon einiges hinter dir. Nachdem die physische Welt geschaffen ist, ist es das Mineral, das Pranamaya Kosha aktivieren will, woraus eine Pflanze entsteht. Die Pflanze entwickelt sich weiter, es soll Manomaya Kosha aktiviert werden mit allen Gefühlen, Wahrnehmungen, Wünschen und Handlungsneigungen, woraus Tiere entstehen. Shakti erwacht weiter und entwickelt sich weiter. Schließlich öffnet sich Anahata Chakra, Vijnanamaya Kosha, Intellekt, Vernunft, Selbstwertgefühl. Shakti will aber nicht nur das entwickeln, sondern auch die tieferen Aspekte von Vijnanamaya Kosha: reine Liebe, reine Freude. Sie sucht weiter und öffnet Vishuddha Chakra und Ajna Chakra, verschmilzt schließlich mit Sahasrara Chakra.

Wer bin ich? Rückkehr zum Ursprung

Wer bin ich?

Diese Energie in der ganzen Schöpfung, die wieder zurückkehren will zum Ursprung, wird als Kundalini bezeichnet. Kundalini, also die kosmische Shakti im Menschen, will dich zurückführen zum Ursprung. Im Menschen ist die Kundalini schon aktiv in dem Sinne, dass sie Prana entwickelt hat wie in der Pflanze, hat Emotionen und einfaches Denken, Wünschen, Handeln, entwickelt, Manomaya Kosha wie in den Tieren, hat schon eine gewisse Vernunft, Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl entwickelt, Vijnanamaya Kosha.

Kundalini ist aber damit nicht zufrieden, sie will weiterziehen und kann sich dabei schrittweise oder schneller entwickeln. Sie will schließlich den Menschen dazu bringen, Fragen zu stellen wie:

Im Grunde genommen ist das ein weiteres Erwachen.

  • Vom Jnana Yoga wäre das Shubhecha.
  • Und wenn diese Fragen tiefer werden und den Menschen zu intensiver Praxis anregen, ist das Vicharana.
  • Kundalini erwacht weiter, transformiert und du wirst durchlässig für die Tiefe deines Wesens, Tanumanasa.
  • Kundalini erwacht weiter, reine Energie, reine Shakti entsteht, Sattvapatti.
  • Und irgendwann wird die Kundalini so stark, dass du Überbewusstsein erreichst, Asamshakti.

In diesem Sinne erklärt die Shiva-Shakti-Philosophie das gesamte Universum, erklärt auch wer du bist und worum es in deinem weiteren Leben geht: das Zurückkehren zum Ursprung. Kundalini Yoga selbst ist dann auch die Praxis, die deiner tiefen Sehnsucht folgt. Kundalini Yoga ist also keine unnatürliche Praxis – du solltest sie nicht erzwingen – sondern es heißt, dem Ruf der Seele zu folgen, sodass die Kundalini einen harmonischen Aufstieg hat und du spirituell wachsen kannst.

Das ist also die Shiva-Shakti-Philosophie, die Tantra-Philosophie, die dann noch schreibt über Prana, Nadis und Chakras, über Evolutionsaufgaben und welche Praktiken du hast, um weiterzukommen.

Verschiedene Arten von Tantra

Weißer Tantra: Hatha Yoga Übungen um Prana zu erwecken, Nadis zu öffnen, Chakras zu aktivieren

Tantra ist aber nicht nur eine Philosophie, sondern auch eine gewisse Praxis. Man kann zum einen unterscheiden zwischen schwarzem, rotem und weißem Tantra (eine eher moderne Einteilung). Tantra sind Energiepraktiken, die auf der Shiva-Shakti-Philosophie, auf der Theorie des Prana, auf Nadis und Chakras basieren.

Schwarzer, Roter und Weißer Tantra

  • Es gibt dabei schwarzen Tantra, den egoistischen Tantra, bei dem du Energiepraktiken nutzt, um Energie zu bekommen, um für dich selbst etwas zu gewinnen. Diesen Aspekt des Tantra lehren wir bei Yoga Vidya nicht. Wer schwarzen Tantra ausführt, wird letztlich zum Asura, zu einem Dämonen, der Energien missbraucht.
  • Dann gibt es roten Tantra. Roter Tantra ist der Tantra, der mit sexuellen Praktiken arbeitet und dem es auch darum geht, Sinnesgenüsse, sexuelle Genüsse und Vergnügen zu haben. Man kann auch roten Tantra, sexualmagische Praktiken, nutzen, um Einfluss auf die Energie zu haben. Bei Yoga Vidya machen wir auch keinen roten Tantra.
  • Und schließlich gibt es weißen Tantra. Weißer Tantra sind Energiepraktiken, um Prana zu erwecken, Nadis zu öffnen, Chakras zu aktivieren, Zugang zu höheren Bewusstseinsebenen zu erhalten und mehr Energie zu haben, um Gutes zu bewirken. Bei Yoga Vidya üben wir weißen Tantra.

Linkshändiger und rechtshändiger Tantra

Man kann aber auch unterscheiden zwischen linkshändigem und rechtshändigem Tantra. Linkshändiger Tantra, auch Vamacara Tantra genannt, ist Tantra der gegen gesellschaftliche Gepflogenheiten verstößt. Rechtshändiger Tantra, Dakshinacara Tantra, ist der Tantra, der sich im Rahmen gesellschaftlicher Gepflogenheiten bewegt. Bei Yoga Vidya üben wir rechtshändigen Tantra. Linkshändiger Tantra wären Praktiken wie Meditation auf dem Friedhof, Leichen ausbuddeln, sich daraufsetzen, einen Schädel in der Hand halten, mit Energien an Begräbnisorten arbeiten. Das gibt es zumindest als Theorie und Mythologie in Indien, bei Yoga Vidya machen wir nichts davon. Man könnte rote Tantratechniken rechtshändig machen, zum Beispiel in seiner festen Beziehung in der Ehe. Man könnte es aber auch linkshändig machen, zum Beispiel mit wechselnden Sexualpartnern und im Verstoß gegen das eheliche Treueversprechen. Wie gesagt, bei Yoga Vidya üben wir rechtshändigen Tantra.

Ritual Tantra und Sadhana Tantra

Dann kann man auch unterscheiden zwischen Ritual Tantra, auch Karma Tantra genannt, und Sadhana Tantra. Ritual-Tantra hat viele verschiedene Aspekte, bei denen man nicht nur mit dem eigenen Körper arbeitet. Dort gibt es zum Beispiel Empfehlungen, wie man Tempel oder Häuser baut – auf gewisse Weise ist Vastu auch eine Tantra-Lehre – wie man Gebäude errichtet und Wohnungen gestaltet, sodass Energie fließen kann. In Südindien gibt es sogenannte tantrische Pujas, wo sehr viel Wert auf Dinge gelegt wird, die für Prana wichtig sind. Da geht es nicht nur um Bhakti, sondern darum, dass alles, was man bei einer Puja macht, eine machtvolle Energieerfahrung zufolge hat. Wir haben bei Yoga Vidya manchmal einen südindischen Priester, der tantrische Pujas macht, dabei Yantras legt, Pranayama integriert und vieles von einem Energiepraxis-Standpunkt aus macht. Etwas davon machen wir auch bei Yoga Vidya. Unsere Pujas haben auch tantrische Anteile. Wenn wir Gebäude gestalten, spielt auch Vastu eine Rolle. Und wenn wir einen Tempelraum gestalten, werden dort auch tantrische Prinzipien mitberücksichtigt.

Bei Yoga Vidya üben wir jedoch hauptsächlich Sadhana Tantra Praktiken mit Mantras, Nadas, Yantras, Laya Yoga, das ganze kombiniert, Kriya Yoga Techniken, das Ganze in Körperübungen integriert, sowie Hatha Yoga einschließlich der Meditationstechniken.

Zusammenfassung

Tantra als grundlegendes spirituelles System hinter Kundalini Yoga beruht auf der Shiva-Shakti-Philosophie. Shiva ist unendliches Bewusstsein, Shakti ist die Energie. Tantra gibt eine Erklärung, wie das Universum entstanden ist, was das Universum ist und wie du zu deinem Ursprung zurückkehren kannst. Es gibt dabei die makrokosmische und die mikrokosmische Betrachtungsweise. Tantra sagt, die Kundalini will in dir erwachen und dich zur Erleuchtung führen. Spirituelle Praktiken ausführen heißt, diesem Ruf der Seele zu folgen. Du als scheinbares Einzelwesen hast einen physischen Körper, du hast die anderen subtileren Körper, du hast Chakras und Nadis. Tief im Inneren ist die Sehnsucht, zur Erleuchtung zu kommen.

Tantra hat verschiedene Ziele und es gibt verschiedene Untergruppierungen von Tantra. Schwarzes, rotes und weißes Tantra; bei Yoga Vidya praktizieren wir weißes Tantra, um zur Erleuchtung zu kommen und gutes zu bewirken. Es gibt dabei den linkshändigen und den rechtshändigen Weg; bei Yoga Vidya gehen wir den rechtshändigen Weg, um so weit wie möglich in Harmonie mit unserer Umwelt zu sein. Es gibt dem rituellen Tantra, den wir bei Yoga Vidya ein klein wenig nutzen, und es gibt den Sadhana Tantra, den Tantra der spirituellen Praktiken. Man könnte sagen, der weiße, rechtshändige Sadhana Tantra, das ist Kundalini Yoga. Und darum geht es, wenn du bei Yoga Vidya Kundalini Yoga Seminare mitmachst.

Vielleicht kannst du das zum Anlass nehmen, in den nächsten Tagen deine Asanas intensiver zu machen, konzentrierter zu sein, etwas mehr Pranayama zu üben und dich vielleicht auch in der Meditation besonders auf die Chakras zu konzentrieren, die Shakti bewusst zu empfinden und hochzuziehen zu Shiva im Sahasrara Chakra. Für Sat-Chid-Ananda – Sein-Wissen-Glückseligkeit.

Video - Shiva-Shakti-Philosophie und Tantra

Hier ein Vortrag zum Thema Shiva-Shakti-Philosophie und Tantra von und mit Sukadev Bretz aus der Reihe Yoga Vidya Schulung, Vorträge zum ganzheitlichen Yoga.

Kundalini - die Kosmische Kraft

Kundalini ist die Manifestation von Shakti im Individuum. Was hat es mit dieser geheimnisvollen Urkraft auf sich?

Erfahrungen beim Erwecken der Kundalini

Die Kundalini strebt nach der Vereinigung mit Shiva, dem reinen Bewusstsein. Dabei kann es die verschiedensten Erweckungserfahrungen geben. Hier ein Videovortrag dazu:

Shiva-Shakti-Philosophie

Shiva und Shakti nur scheinbar getrennt

- Abschnitt aus "Die Kundalini Energie erwecken" von Sukadev Bretz -

Shiva Shakti Philosophie als Grundlage von Kundalini Yoga

Die Shiva-Shakti-Philosophie, auch Tantra-Philosophie genannt, ist die Grundlage des Kundalini Yoga und jeglicher tantrischer Praxis. Kundalini-Yoga ist im Wesentlichen Übungssystem und Erfahrungswissenschaft, es ist kein Glaubenssystem und keine Weltanschauung. Wenn ein Aspirant praktiziert, macht er diverse Erfahrungen. Die Beschäftigung mit der Shiva-Shakti-Philosophie ist hilfreich und wichtig, weil er darüber seine Erlebnisse verstehen kann, er erfährt, wie er sich bei bestimmten Erfahrungen verhalten kann. Zudem verringert sich die Gefahr, dass er stecken bleibt, da ihm das Studium die nächste Stufe des Weges zeigt. Zwar ist die Shiva-Shakti-Philosophie wie jede Philosophie ein Modell, ein Begriffssystem für etwas, was jenseits aller Begriffe ist, ein intellektuelles Lehrgebäude für etwas, das rein intellektueller Analyse nicht zugänglich ist. Die Shiva-Shakti Philosophie kommt aber nicht aus dem logischen Denken allein. Vielmehr stammen die Grundprinzipien dieser Philosophie aus Erfahrungen der Bewusstseinserweiterung und aus der Schau selbstverwirklichter Meisterinnen und Meister. Diese aus der intellektuellen Beschreibung von Erfahrungen und Erkenntnissen aus Regionen jenseits aller Worte entstandene Philosophie hat sich in Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden als hilfreich für die Unterweisung von Schülern erwiesen.

Tantra sieht das ganze Universum als Zusammenspiel von Shiva und Shakti:

Shiva ist der Name für „Bewusstsein“, welches als unbeweglich, ewig, unvergänglich gilt, als Substrat hinter allem, wie die Leinwand, auf der sich das Weltgeschehen abspielt. Die Leinwand ist unberührt von den Geschehnissen des Kinofilms, aber absolut nötig, damit man das Filmdrama erleben kann.

Shakti ist der Name für die Kosmische Energie. Alles Manifeste sowohl in der sichtbaren als auch in der unsichtbaren Welt ist Manifestation der gleichen Energie. Es gibt nichts Festes, nichts Unteilbares. Alles ist in Bewegung. Und alles besteht aus dem gleichen Prinzip. Für uns wissenschaftlich Gebildete klingt das auf den ersten Blick einleuchtend: Alle physische Materie besteht aus Elektronen, Neutronen und Protonen, also Energie. Es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen Eisen und Gold. Beides besteht aus den gleichen Energiebestandteilen und kann, zumindest theoretisch, in das jeweils andere umgewandelt werden. Tantra geht hierin noch weiter und sagt, dass Licht, Klang, Materie, Gedanken und Emotionen alles nichts anderes sind als Manifestationen der einen Kosmischen Grundenergie. Die moderne Physik spricht bisher noch von vier Grundkräften, die das Universum bestimmen (Gravitation, elektromagnetische Kraft, schwache Kernkraft und starke Kernkraft). Es gibt allerdings Versuche (beispielsweise die Superstring-Theorie), diese vier Grundkräfte als Manifestationen einer einzigen Grundkraft anzusehen.

Wie gesagt, klingt die Theorie, dass das ganze Universum Manifestation der gleichen Urkraft ist und das Göttliche sich als das Universum manifestiert, heute sehr modern. Zur Zeit ihrer Entstehung vor einigen Jahrtausenden war sie recht revolutionär. Und im 19. Jahrhundert lachten die Engländer über die abergläubigen Inder. Denn schließlich hatte die moderne Wissenschaft des 19. Jahrhunderts angeblich festgestellt, dass das Universum aus Atomen besteht, die unteilbar und grundlegend unterschiedlich sind und keinesfalls ineinander überführt werden können. Es bedurfte der modernen Atomphysik, um die Tantra-Philosophie wieder hoch aktuell zu machen.

Bedeutung von Shiva

Kali tanzt auf dem hingegebenen Shiva
Shiva in Meditation - Shakti strömt aus seinem Kopf
Shiva als Nataraj - tanzt den Tanz des Werdens und Vergehens

Ein paar Worte zu „Shiva“. Shiva bedeutet in verschiedenen Kontexten Unterschiedliches: Im Tantra bedeutet Shiva das stets gleich bleibende Bewusstsein, auf dem sich das Drama der Welt als Manifestation von Shakti abspielt. Dies wird in der indischen Kunst wie folgt verdeutlicht: In manchen Darstellungen liegt Shiva lächelnd auf dem Rücken und Kali (Shakti) tanzt auf Shiva ihren Weltentanz. Auf anderen Bildern sitzt Shiva bewegungslos in der Meditation. Aus seinem Haarschopf strömt Ganga (die Göttin des Flusses Ganga) heraus und symbolisiert damit Shakti – sie strömt aus Shiva heraus und schafft die Welt, erhält sie und löst sie wieder auf.

Im Vedanta ist Shiva der zerstörerische Aspekt des persönlichen Gottes (Ishvara), der sich als Brahma (Schöpfer), Shiva (Zerstörer) und Vishnu (Erhalter) manifestiert. Im Vedanta wird das Bewusstsein als „Brahman“ bezeichnet, die Kosmische Energie als Maya (Illusion), die die Welt (Jagad) scheinbar schafft und in der Ishwara eben als Brahma, Vishnu und Shiva tätig wird. In der Symbolik zeigt sich dieser zerstörerische Aspekt von Shiva im Dreizack, mit dem er Dämonen die Köpfe abschlägt.

Shiva gilt aber auch als der Ur-Yogi, der der Welt die Yoga-Praktiken gebracht hat. Daher hat Shiva eine Japamala (eine Art Rosenkranz als Symbol für die Mantra-Wiederholung), er sitzt im Lotussitz, der Meditationshaltung, und hat eine lebende Schlange um den Hals als Symbol für die erwachte Kundalini.

Im Shaivismus (wo Shiva als der Höchste Gott verehrt wird) ist Shiva alles: Er ist das unendliche Bewusstsein der Einheit, symbolisiert in der Gestalt des Lingam oder auch als Bewusstseinsraum (Chidambaram). Er ist auch der Tanz der Schöpfung in der Gestalt des Shiva-Nataraj, des Kosmischen Tänzers oder Kosmischen Trommlers, der durch den Klang der Trommel (Damaru) das ganze Universum schafft, erhält und zerstört. Trommel und Tanz symbolisieren auch die Vergänglichkeit: Nichts bleibt, alles ist im Fluss.

Übrigens: Für die Inder sind diese höchst unterschiedlichen Bedeutungen in der Symbolik von Shiva keine Widersprüche. Da alles in allem enthalten ist, kann also dasselbe je nach Kontext Unterschiedliches bedeuten. Wenn ich hier von Shiva spreche, ist seine tantrische Bedeutung als unveränderliches Bewusstsein gemeint, und nicht die im Westen bekanntere als „der Zerstörer“.

Schöpfung und Auflösung des Universums

Im Tantrismus gibt es eine vollständige Kosmologie mit einer Theorie über die Schöpfung des Universums wie auch seiner Auflösung in jeweils sechs Stufen:

Ursprünglich waren Shiva und Shakti eins, Kosmisches Bewusstsein und Kosmische Energie waren eins. Energie ist ja nichts anderes als Schwingung. Wenn Energie in unendlich hoher Geschwindigkeit schwingt, ist es so, als würde sie überhaupt nicht schwingen. Damit sind Substrat (Shiva) und Energie (Shakti) eins.

Schöpfung der Kausalwelt

Diese Einheit wird symbolisiert durch das höchste der sieben Chakras, das Sahasrara Chakra (Scheitelchakra). Aus dieser Ureinheit projizierte Shakti die erste konkrete Manifestation der Urschwingung, Spandana genannt. Auf der einen Seite blieb und bleibt Shakti ewig eins mit Shiva. Auf der anderen Seite projizierte sie eine mit sehr hoher Geschwindigkeit vibrierende Urschwingung, die von Shiva getrennt ist, aber noch keine Unterteilungen in sich hat. Dieser Zustand der unmanifestierten Urenergie wird auch als höhere Kausalwelt bezeichnet und wird symbolisiert durch das Ajna Chakra (Stirnchakra).

Schöpfung von Zeit und Raum

Aus dieser Urenergie projizierte Shakti etwas weniger schnell schwingende Kräfte. Diese Ebene kann man als niedere Kausalebene bezeichnen. Sie umfasst die Urkräfte, die Grundgesetze des Universums, die Archetypen, die „Ideen“ im Sinne Platos als „Dinge an sich“. Dies sind die Organisationsprinzipien des Universums, die noch nicht in Zeit und Raum geschieden sind, aber letztlich bestimmen, welche Möglichkeiten die darunter liegenden Ebenen der Schöpfung haben. Diese Ebene wird symbolisiert durch das Vishuddha Chakra (Kehlchakra).

Ebene der Engel und höheren Geistwesen

Aus dieser niederen Kausalwelt projiziert Shakti eine etwas langsamere Schwingung, die die höhere Astralwelt schafft, symbolisiert durch das Anahata Chakra (Herzchakra). Dabei werden Zeit und Raum geschaffen. Dies ist die Ebene der Engel und der höheren Geistwesen.

Ebene der mittleren Astralwesen

Dann projiziert Shakti eine wiederum langsamere Schwingung und schafft die mittlere Astralwelt, symbolisiert durch das Manipura Chakra (Nabelchakra). Dies ist die Ebene der mittleren Astralwesen.

Schöpfung der Prana Ebene

Darauf folgt die niedere Astralwelt, symbolisiert durch das Swadhisthana Chakra (Sexualchakra). Das ist die Ebene des Prana und damit die Vorstufe der physischen Welt.

Schöpfung der physischen Welt

Als letztes manifestiert Shakti eine noch langsamere Schwingung und schafft so die physische Welt, symbolisiert durch das Muladhara Chakra. Interessanterweise wird die Schöpfung der physischen Welt aus der Prana-Welt auch wieder in verschiedenen Stufen beschrieben: Aus der Prana-Welt entsteht zunächst der Kosmische Äther (das elektromagnetische Spektrum). Daraus entsteht die Kosmische Luft, der Urnebel. Dieser beginnt sich zu drehen und sammelt sich an einigen Stellen, wo er sich erhitzt und Sterne als Kosmische Feuer schafft. Manche Sterne explodieren oder kühlen ab, wodurch flüssige Materie (Kosmisches Wasser) entsteht. Wenn diese weiter abkühlt, entsteht feste Materie, also Planeten, Monde und Asteroiden. Manche dieser Planeten zeigen die Materie in verschiedenen Aggregatzuständen: Auf der Erde beispielsweise überwiegt das Gasförmige in der Atmosphäre, das Flüssige in den Meeren und im Erdinneren und das Feste in der Erdkruste.

In dieser Anschauung bleibt bei jeder Schöpfung einer tieferen Ebene die vorige Ebene weiter bestehen. Shakti bleibt auf einer Ebene weiterhin eins mit Shiva. Es gibt die höhere Kausalwelt der allumfassenden, aber schon von Shiva getrennten Kausalwelt. Es gibt die niedere Kausalwelt mit den Urprinzipien und Gesetzen. Es gibt die höhere, mittlere und niedere Astralwelt, alles gleichzeitig zur physischen Welt.

Shaktis Rolle im Schöpfungszyklus

Shakti hat also die Welt in sechs Stufen geschaffen. Die oberste Ebene existierte ja schon vor der Schöpfung. Dies kann analog zum ersten Schöpfungsmythos der jüdischen und christlichen Bibel gesehen werden: Dort hat Gott Himmel und Erde in sechs Tagen geschaffen. Sechs Tage heißt natürlich nicht 144 Stunden. Vielmehr heißt es sechs verschiedene Stufen der Schöpfung. Und auch wenn die Ereignisse der sechs biblischen Schöpfungstage etwas anders beschrieben werden als die sechs Schöpfungsebenen des Tantra, ist doch die Übereinstimmung in der Zahl sechs bemerkenswert. In der Bibel heißt es dann, dass Gott sich am siebten Tag ausruht. Wenn die unterste Ebene geschaffen ist, schafft Shakti für eine Weile keine neue Welt und löst auch nichts auf. Man könnte also sagen: Shakti ruht. Aber in Wahrheit ruht Shakti natürlich nie: Da die Welt aus Shakti besteht und Shakti Energie ist, befindet sich die Welt in ständiger Veränderung, ständiger Bewegung. Und selbst das scheinbar Feste bewegt sich ständig: Selbst ein so fest aussehender Eisenstab vibriert die ganze Zeit in einer Eigenschwingung und auf der atomaren Ebene kreisen die Elektronen in riesiger Geschwindigkeit um die Atomkerne, und die subatomaren Teilchen führen einen wahrhaften Tanz auf. Noch eine ganze Weile dehnt sich die physische Welt immer weiter aus, das Weltall wird größer, so wie es ja auch die moderne Kosmologie postuliert. Irgendwann kehrt sich die Schöpfungsenergie wieder um: Wenn die Shakti das Universum nicht mehr ausdehnt, zieht es sich wieder zusammen. Dann kollabiert das physische Universum irgendwann in einen Punkt und wird in das niedere Astraluniversum absorbiert. Dann wird dieses in das mittlere absorbiert. Und dieses in das höhere Astraluniversum. Dieses wird absorbiert in das niedere Kausaluniversum, welches in das höhere Kausaluniversum aufgelöst wird, welches schließlich seine Schwingung weiter beschleunigt, bis sie wieder unendlich hoch und damit wieder vollständig eins mit Shiva wird. Damit ist ein Schöpfungszyklus abgeschlossen. Shakti hat zurückgefunden zu ihrem Ursprung, von dem sie eigentlich auch nie getrennt war. Es ist wieder Kosmische Nacht (Pralaya). Ist das Universum dann für immer verschwunden? Im Tantra heißt es: Nein. Nach der Kosmischen Nacht beginnt wieder der Kosmische Tag, also ein neuer Schöpfungszyklus. Dem folgt wieder die Kosmische Nacht. Und so geht das immer weiter, in alle Ewigkeit und seit aller Ewigkeit.

Es wird gesagt, dass die Seele sich viele Millionen Male inkarniert. Es heißt, dass Gott sich in jedem Zeitalter eines Planeten neu inkarniert, um den Menschen die Wahrheit zu offenbaren. Und selbst wenn die Menschen diesen Planeten Erde unbewohnbar machen, wird Leben sich von neuem entfalten und die Seelen werden sich wieder weiterentwickeln können, entweder auf diesem Planeten in ferner Zukunft oder auf einem anderen. Und, wer weiß, vielleicht kann man sich sogar in der Vergangenheit inkarnieren? Vor dem Hintergrund eines vieldimensionalen Kosmos erscheint vieles denkbar.

Warum trennt sich Shakti scheinbar von Shiva?

Es bleibt die Frage: Warum trennt sich Shakti von Shiva? Wenn Shiva Satchitananda ist und alles in sich enthält und Shakti eins damit ist, warum erschafft Shakti das Universum, um sich dann in vielen Einzelwesen im Universum zu verlieren und später wieder zurückzukehren? Letztlich hat Tantra darauf ebenso wenig eine befriedigende Antwort wie jede andere Weltanschauung. Im Tantra heißt es einfach: Das „Warum“ können wir mit dem Intellekt nicht ergründen. Das ist eine transzendente Frage, die in der Welt der Dualität nicht beantwortet werden kann und sich in der Welt der Einheit nicht mehr stellt. Vom Relativen her erscheint es so, dass Shakti sich beständig von Shiva trennt und wieder zurückkehrt. Vom Absoluten her erscheint es so, dass gar nichts passiert, da letztlich die Trennung und damit Schöpfung und Auflösung nur erscheinen, aber nicht wirklich geschehen. Hier verschmilzt Tantra mit Vedanta (einem der anderen großen indischen Philosophiesysteme). In einer Bhakti-Interpretation des Tantra wird die Schöpfung als Lila, als Spiel der Göttin beschrieben. Shakti, die Göttin, schafft aus sich heraus die ganze Schöpfung allein zum Spiel. So sollten auch wir als Teil dieses göttlichen Spiels das Leben nicht zu ernst angehen, sondern spielerisch, als Spielgefährten der Göttin oder auch als Schauspieler im Kosmischen Drama, in dem die Göttin Regie führt. Patanjali gibt im Yoga Sutra auch noch eine andere Erklärung für die Schöpfung, die er als Zusammenspiel von Prakriti (Natur, entspricht der Shakti) und Purusha (Bewusstsein, entspricht Shiva) sieht: Er sagt, dass im Schöpfungsprozess Purusha lernt, welche Kräfte und Erfahrungen möglich sind und was seine wahre Natur ist (Yoga Sutra, II 23).

Tantra im Mikrokosmos und Makrokosmos

Aber zurück zur eigentlichen Tantra-Philosophie. Tantra beschreibt die sieben Ebenen der Schöpfung als Manifestation der Shakti. Je höher die Ebene, umso schneller schwingt Shakti, umso machtvoller ist sie. Je niedriger die Ebene, umso langsamer schwingt Shakti, umso träger wird sie. Noch viel interessanter als die makrokosmische ist die mikrokosmische Betrachtungsweise: Tantra geht davon aus, dass jeder Teil des Ganzen ein Mikrokosmos ist, der alle Prinzipien des Ganzen, des Makrokosmos, in sich trägt. Der für den Menschen interessanteste Teil des Makrokosmos ist der Mensch selbst. Daher wird der Mensch als Mikrokosmos bezeichnet. Der Mensch als Mikrokosmos hat dabei alle Teile des Makrokosmos in sich: Er hat ein reines Bewusstsein, Shiva, das seinen Sitz im Sahasrara-Chakra (Scheitelzentrum) hat und als Sein, Wissen/Bewusstheit und Glückseligkeit (Satchitananda) erfahren wird beziehungsweise erfährt. Shakti hat dabei die sechs weiteren Ebenen des Menschen geschaffen und ruht schließlich als Kundalini im untersten Chakra (Muladhara). Ajna-Chakra entspricht dem höheren Kausalkörper, Vishuddha-Chakra dem niederen Kausalkörper mit den Urprinzipien und der höheren Intuition. Anahata-Chakra entspricht dem höheren Astralkörper mit Selbstbewusstsein/Ego und Intellekt. Manipura-Chakra entspricht dem mittleren Astralkörper mit Emotionen, einfachem Denken, Unterbewusstsein und der Sinnesverarbeitung. Swadhisthana-Chakra entspricht dem niederen Astralkörper mit dem Prana, den Nadis und den Chakras. Muladhara-Chakra entspricht dem physischen Körper.

Tantra spricht dabei von Evolution des Bewusstseins. Zwar ist Shiva, das eigentliche Bewusstsein, stets unendlich, ewig und gleich. Aber die Manifestation des Bewusstseins hängt vom Zustand der Shakti ab.

Die Rückkehr von Shakti zu Shiva

Nachdem Shakti das physische Universum geschaffen hat, strebt sie wieder zu Shiva zurück. Der Prozess der Rückkehr als Ganzes dauert, wie oben beschrieben, sehr, sehr lange. Aber Shakti ist auch in jedem Teil der Schöpfung. So strebt auch jedes Teil der Schöpfung für sich zurück zu seinem Ursprung, zu Shiva – und so entsteht die Evolution des Lebens. Auf der physischen Ebene manifestieren sich Einzelstücke wie Felsen, Kristalle und Sandkörner. In ihnen ist der physische Körper manifest und sie haben eine Energieausstrahlung, Prana. Die Shakti treibt das Leben zur Entfaltung. So entstehen Pflanzen. Pflanzen haben einen voll entwickelten Pranakörper: Sie haben eine Eigenenergie, die in Kontakt mit anderen Lebewesen treten kann. Pflanzen haben beschränkte Sinneswahrnehmungen, beschränkte Fähigkeiten, mit anderen Pflanzen in Kontakt zu treten beziehungsweise Signale auszusenden und zu empfangen. Sie wachsen, sie pflanzen sich fort, sie sterben. Eine Pflanzenart als ganzes kann sich verändern und sich an wechselnde Umwelteinflüsse anpassen. Shakti bringt das Leben auf eine höhere Stufe: Tierisches Leben entsteht. Tiere haben einen entwickelten physischen Körper und einen entwickelten Pranakörper. Sie entwickeln aber auch den mittleren Astralkörper: Tiere haben Emotionen, Gefühle, komplexere Wahrnehmungen, einfache Sprache und sie bewegen sich. Im Tier selbst beginnt dann die eigentliche individuelle Evolution: Im Tier ist der Astralkörper so weit ausgeprägt, dass er nach dem physischen Tod weiter existiert und sich dann zur weiteren Entwicklung in einem neuen Tierkörper wieder inkarniert. Es heißt, dass die Seele sich in 8 400 000 verschiedenen Tierarten inkarniert, um sich zu entwickeln, bevor sie sich zum ersten Mal in einem Menschenkörper inkarniert. Diese Zahlenangabe ist umso bemerkenswerter, als die westliche Wissenschaft erst in den letzten Jahrzehnten begonnen hat, die Anzahl der Tierarten in Millionen zu schätzen. Sobald die Seelen sich durch Tierkörper nicht mehr weiter entwickeln konnten, manifestierte die Shakti den Menschen. Der Mensch hat einen physischen Körper wie das Mineral, einen Pranakörper wie Pflanze und Tier, den mittleren Astralkörper wie das Tier. Zusätzlich hat der Mensch den höheren Astralkörper mit Buddhi (Intellekt) und Ahamkara (Ego, Selbstbewusstsein). Manche Tiere (Delphine, Schimpansen, vielleicht auch Papageien, Elefanten und andere) zeigen auch Ansätze für kombinierendes, planendes Denken und für ein Selbstbewusstsein. Die Unterschiede zwischen Mensch und Tier sind daher fließend und nicht so gewaltig. Im Tantra ist es selbstverständlich, dass Tiere mit Respekt, Liebe und Achtung behandelt werden sollten. Sie sollten nicht gedankenlos als Versuchskaninchen gehalten oder gar in Massentierhaltung als Menschennahrung „produziert“ werden. Dennoch hat der Mensch Buddhi und Ahamkara sehr viel stärker entwickelt als die Tiere. Und der Mensch hat die Fähigkeit der bewussten Weiterentwicklung.

Der Mensch ist laut Tantra nicht die Krone der Schöpfung im Sinne eines Abschlusses oder Höhepunkts der Schöpfung. Der Mensch hat vielmehr die Aufgabe, die bisher automatisch ablaufende Evolution bewusst weiterzuführen und zu ihrem Abschluss zu bringen. Und dazu treibt ihn die im Muladhara-Chakra ruhende aufgerollte Kundalini. So wird der Mensch niemals ganz zufrieden sein: Was auch immer er im Relativen erreicht hat, wird ihm auf die Dauer nicht genügen. Die Kundalini regt sich immer wieder von neuem und führt den Menschen dazu, nach mehr zu streben.

In den ersten Inkarnationen spielt für den Menschen zunächst die Befriedigung der animalischen Instinkte (Kama) die größte Rolle. Diese sind:

  • Nahrung (Ahara).
  • Nestgestaltung (also Schlafplatz (Nidra), Haus, Wohnung) und Kleidung.
  • Fortpflanzung einschließlich Familie (Maithuna).
  • Sicherheit/Überleben (Bhaya).

Zur Befriedigung dieser animalischen Instinkte nutzt der Mensch seinen Intellekt, manchmal sinnvoll, manchmal abstrus. Mit diesem Intellekt macht er Nahrung schmackhafter („Kochkunst“), haltbarer und produziert sie in ausreichender Menge. Mit diesem Intellekt schafft er die moderne Haustechnik. Er entwickelt die abenteuerlichsten (und großartigsten) Erziehungstheorien und Sex-Spielzeuge. Und für die Sicherheit baut er Zäune, Safes, schließt Lebensversicherungen ab, entwickelt ein Sozialsystem und die Atombombe. All das mag einen großen Teil der menschlichen Zivilisation ausmachen, ist aber letztlich nur eine ausgefeiltere Weise, die tierischen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Nach einigen Inkarnationen reicht Shakti die ausgefeiltere Befriedigung animalischer Bedürfnisse nicht mehr. Artha als Wunsch nach Reichtum und Anerkennung wird wichtiger. Wenn aber Ruhm und Reichtum tatsächlich erfahren werden, lässt Shakti den Menschen erkennen, dass dies nicht dauerhaft glücklich macht. In den nächsten Inkarnationen spielt Dharma, der Wunsch, anderen zu helfen und die ureigensten Talente zu entfalten und in den Dienst anderer zu stellen, eine immer größere Rolle. Und wenn man anderen hilft, versucht Leiden zu mildern, erkennt man, wie groß das Leiden auf der Welt ist, und wie wenig man eigentlich daran ändern kann. So kommt die Frage auf: Was ist der Sinn von allem? Wenn alles vergänglich ist und immer wieder zum Leiden führt, gibt es vielleicht eine Höhere Wirklichkeit hinter allem? Wenn man versucht, seine eigenen Talente zu entfalten und zu leben, und dabei sich selbst sucht, kommen die nächsten Fragen auf: Wer bin ich wirklich? Bin ich Körper? Bin ich Denken? Bin ich die Persönlichkeit? Wenn diese Fragen stark werden, ist dies ein Zeichen, dass die Kundalini sich zwar noch im Muladhara-Chakra befindet, aber schon beginnt sich zu regen. Der Mensch beginnt, nach Moksha, Befreiung zu streben. Wenn dieser Drang stärker wird, ist es so, als ob die Kundalini-Schlange ihr Haupt hebt und nach oben in die Sushumna, die feinstoffliche Wirbelsäule, schaut. Wenn sie ihren Mund öffnet und Feuer nach oben speit, wird der Mensch dazu gebracht, spirituelle Praktiken zu üben. Bis zu diesem Zeitpunkt läuft die Evolution mehr oder weniger von selbst ab. Ab diesem Moment kann der Mensch sich frei entscheiden: Will er diesem Impuls zur Selbstentfaltung, zur spirituellen Entwicklung folgen und mehr und intensiver praktizieren, oder will er sich ablenken und scheinbar das Leben genießen? Kundalini-Yoga zeigt einen sicheren und machtvollen Weg, wie die Evolution beschleunigt werden kann und die nächsten Schritte zügig gegangen werden können. Aber warum sollte man mehr praktizieren und die Evolution beschleunigen? Sind nicht das ganze Weltall und das ganze Leben, so wie es jetzt ist, göttlich? Warum die Rückkehr zum Ursprung beschleunigen? Kundalini-Yoga gibt hier keinen normativen, ethisch-moralischen Grund, wie beispielsweise „weil Gott es so geboten hat“ oder „sonst kommst du in die Hölle“. Vielmehr ist es so: Wenn einmal die Kundalini ihr Auge geöffnet hat und der Mensch ernsthaft nach Höherem strebt, werden ihn die kleinen Vergnügen dieser Welt nicht mehr dauerhaft glücklich machen. Der Mensch ahnt: In mir schlummern unendliche Wonne, unendliche Fähigkeiten, unendliches Sein. Er wird nicht mehr glücklich sein, bis er diese Unendlichkeit voll erfahren hat. Es ist wie bei jemandem, der bisher nur Flachland kennt, aber die Besteigung von Hügeln ganz großartig findet und die Aussicht von 75 Meter Höhe genießt. Wenn er hört, wie toll der Blick von den Alpen ist, wird ihn die Besteigung der 50 oder 100 Meter hohen Berge nicht mehr dauerhaft befriedigen. Oder ein leidenschaftlicher Bootsfahrer, der bisher nur auf einem kleinen See kleine Boote gesteuert hat, wird ans Meer oder auf größere Seen fahren wollen, wenn er davon hört. Der Mensch wird nach dem Höchsten streben, wenn er davon hört. Selbst wenn es ihm gelingt, diese tiefe Sehnsucht zu verdrängen, wird die innere Kraft, die Kundalini, ihn immer wieder drängen. Wenn man gar nicht auf sie hört, wird sie so machtvoll aktiv werden, dass ein normales Leben für eine Weile unmöglich wird, sei es durch Krankheit, durch Krisen, durch spontane Bewusstseinserweiterungs- oder Energieerfahrungen. Die Kundalini-Yoga-Meister raten uns, zügig den Weg zu gehen. So finden wir Befriedigung und Sinn im Leben. Der Weg ist nicht immer einfach. Wenn die Kundalini erst mal ihr Auge geöffnet hat, können wir letztlich nicht anders. Wir brauchen dabei gleichzeitig Ungeduld und Geduld: Zum einen heißt es, wenn der Wunsch nach Befreiung größer wird als alle anderen Wünsche zusammen, können wir die Befreiung noch in diesem Leben erreichen. Zum anderen heißt es, dass es einige Inkarnationen vom ersten Moment der ernsthaften spirituellen Praxis bis zur höchsten Verwirklichung dauert. Da wir aber nicht wissen, wie viele Leben wir schon praktiziert haben, heißt es letztlich: Ohne Anhaftung voranschreiten, die göttliche Mutter um Hilfe bitten und sie in allem sehen, den Anweisungen unseres Lehrers folgen, die Mitgeschöpfe als Manifestationen der Kosmischen Shakti lieben und ehren und alles als göttliches Spiel ansehen. Uns stehen dann noch einige weitere Meilensteine auf dem spirituellen Weg bevor: Nachdem der Wunsch nach Befreiung erwacht ist, gilt es, den Intellekt zu nutzen, um Fragen zu stellen: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was ist wahres Glück? Was ist Schöpfung? Wie komme ich zum Höchsten? Wir müssen den Verstand nutzen, um einen authentischen Lehrer zu suchen, eine sinnvolle spirituelle Praxis zu finden und den Weg wirklich zu gehen. Überdies ist es aber auch die Aufgabe des Menschen, einen Zugang zur Kausalwelt zu finden. Auf dieser Ebene findet er höhere Intuition, universelle Liebe und große Seligkeit. Wenn er Zugang zur Kausalebene erhält, wird er zum Heiligen, zum Meister, der sein Glück von einer Höheren Ebene findet, jeden Menschen, auch die scheinbaren Feinde, lieben kann, durch die Kraft der Intuition geführt wird und in der Meditation in die ersten Stufen des Samadhi, des Überbewusstseins, eingehen kann. Schließlich muss er auch jenseits dieser Ebene gehen: Denn Shakti will letztlich alle Begrenzungen transzendieren und in die vollkommene Einheit mit Shiva eingehen. Dann verschmilzt das Individuum mit dem Kosmischen. Für andere mag das Weltenspiel weitergehen. Für die Selbstverwirklichten ist alles eins geworden.

Siehe auch

Literatur

Seminare

Kundalini Yoga

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