Brahmacharya

Aus Yogawiki

Brahmacharya (Sanskrit: ब्रह्मचर्य brahmacarya n.) Lebensweise, die auf Brahman, auf das Absolute, ausgerichtet ist. Heiliges Studium, Lebensweise (Charya) und Stand (Ashrama) eines Brahmanenschülers (Brahman); Enthaltsamkeit. Als ethisches Prinzip (Yama) bedeutet Brahmacharya Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens. Was als sexuelles Fehlverhalten gedeutet wird, ist in jeder Kultur unterschiedlich. Es gilt "Ahimsa Paramo Dharma": Nichtverletzen ist die höchste Pflicht. Brahmacharya in diesem Sinn heißt also Verzicht auf jede Form der Sexualität, die anderen Leid zufügt. Im Rahmen der 4 Ashrams, Lebensalter, ist Brahmacharya das erste, das Lebensalter des Schülers, der Schülerin, bis ca. 25 Jahre.

Ayusteyo balam viryam prajan srischa tatha yasah
Punyam cha satpriyatvamcha vardhate brahmacharyaya.

Swami Sivananda

Wenn man Brahmacharya praktiziert wird man lange leben, eine strahlende Persönlichkeit
Lebenskraft, Weisheit, unsterblichen Ruhm, Tugenden und Hingabe an die Wahrheit entwickeln.

Brahmacharya im Yoga Sutra

Liebevolle Beziehung - Erfüllung von Bedürfnissen auf sattwige Art

- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -

Kommentar zum 38. Vers des 2. Kapitel des Yoga Sutra von Patanjali

Ist Brahmacharya fest begründet erlangt man große Lebenskraft.

Oder wie es Patanjali schreibt: „Brahmacharya Pratishthayam Viirya Labhah“ Also fest begründet, Pratishtha. Und zwar was Brahmacharya, dann folgt Virya, Lebenskraft, und Labhah, sie wird erlangt.

Brahmacharya erzeugt Vitalität und Stärke

In diesem Sinne wie bekommst du große Virya, Vitalität, Lebenskraft und Stärke durch Brahmacharya. Was heißt jetzt Brahmacharya? Brahmacharya kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. Oft wird es bezeichnet als sexuelle Mäßigung und Enthaltsamkeit. Und hier gibt es auch einige Aussagen das durch Enthaltsamkeit, also Verzicht auf Sexualität in Verbindung mit spirituellen Praktiken, letztlich Ojas erzeugt werden kann, also spirituelle Energie. Durch bewussten Verzicht auf Sexualität und dabei spirituelle Praktiken wird die sexuelle Energie, eine besondere Form von Apana Vayu umgewandelt in spirituelle Energie, Ojas. Wenn man so anschaut, so viel was Menschen tun ist auch irgendwo von Sexualität motiviert und führt dann natürlich zu allen möglichen Schwierigkeiten.

Man kann jetzt Brahmacharya definieren als sexuelle Mäßigung, was man machen könnte, wenn man erstmal eine Weile zusammen ist, dann geschieht es ja fast von selbst. Und dann kann man das nochmal bewusst annehmen und kann bewusst dann die Energie nach oben ziehen. Wenn eine Beziehung in die Brüche gegangen ist, anstatt sich in die nächste zu stürzen, könnte man ja sagen, jetzt lebe ich mal mindestens ein Jahr sexuell enthaltsam. Das hilft auch der nächsten Beziehung. Menschen die von einer Beziehung zur nächsten hineinstürzen erleben dann auch oft in der nächsten Beziehung wieder Schiffbruch. Besser man gönnt sich eine Zeit sexueller Enthaltsamkeit. Gut, oder du könntest Swami werden, Mönch über den Umweg von Brahmacharya, im Sinne von einem Novize, einer Novizin. Ich will das jetzt nicht zu weit ausbauen. Es gibt ja auch mehrere längere Vorträge von mir über das Thema Sexualität und Yoga, wo ich die verschiedenen Aspekte der Sexualität auch beschrieben habe.

Brahmacharya als Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens

In jedem Falle, das Minimum, und als solches gelten ja die Yamas als für alle gültig ist Brahmacharya Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens. Was sexuelles Fehlverhalten ist wird in unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedlich gedeutet. Es gab zum Beispiel in Europa eine Phase, da galt Geschlechtsverkehr vor der Ehe als unethisch.

Es gab eine Phase, zum Beispiel im Judentum, da war es erlaubt, dass ein Mann mehrere Frauen hat. Zum Beispiel, ich glaube Jakob hatte mehrere Frauen, Isaak in jedem Fall, Abraham. Es gab eine Zeit im alten Indien, zum Beispiel zur Zeit von Krishna, Bhagavad Gita, da war es durchaus in Ordnung, wenn Männer mehrere Frauen haben oder eine Frau mehrere Männer. Da gab es sogar solche Dinge wie Männer haben mehrere Frauen und die eine Frau hat mehrere Männer und das war wie so ein ganzer Sozialverband, die miteinander ehelich verbunden waren. Würden wir heute etwas schräg finden. Obgleich es so etwas heutzutage auch gibt, aber ohne ehelichen Bund. Ich möchte jetzt nicht so weiter ausbauen.

Formen sexuellen Fehlverhaltens

Heutzutage gibt es natürlich sexuelles Fehlverhalten und sexuelles Fehlverhalten ist sicherlich jede Form von Sexualität die mit Gewalt verbunden ist, Sexualität mit Minderjährigen. In jedem Land ist das etwas unterschiedlich geregelt. In Deutschland ist es in jedem Fall verboten, das Erwachsene sexuelle Beziehungen zu Minderjährigen unter 16 haben. Aus sehr guten Gründen verboten.

Natürlich ist es auch verboten, oder ist es letztlich auch Verstoß gegen Brahmacharya, wenn man anzügliche Bemerkungen macht, wenn man letztlich als Mann Frauen unsittlich berührt, wie das leider sehr viel der Fall ist. Es ist gerade das Jahr 2017. Ein Jahr wo viel Fehlverhalten an die Öffentlichkeit tritt, was bekannte Schauspieler, bekannte Politiker, bekannte Regisseure und Produzenten und so weiter an den Tag gelegt haben. Allgemein deine Stellung auszunutzen für sexuelle Kontakte, all das ist sexuelles Fehlverhalten.

Man könnte natürlich sagen, am einfachsten könnte man sexuelles Fehlverhalten unter Ahimsa summieren. Was also heißen würde, alles was andere verletzt ist auch Verletzung von dem Prinzip von Brahmacharya. Und natürlich auch, wenn du in einer Beziehung bist, wo ihr euch gegenseitig die Treue versprochen habt, dann ist sexuelle Untreue auch ein Verstoß gegen Brahmacharya.

Der Wunschgetriebene verliert Lebenskraft

Und hier würde auch wieder heißen, wenn man einfach Sklave seiner sexuellen Wünsche und seiner sinnlichen Wünsche ist, dann führt das natürlich dazu, dass man Lebenskraft verliert. Die indischen Schriften sind auch voll von Beispielen wo Männer oder Frauen durch große Treue, große Lebenskraft bekommen haben. Das heiß ja nicht immer Enthaltsamkeit. Es gibt zum Beispiel die Mutter von Dattatreya. Von ihr heißt es, das sie eine extreme Treue zu ihrem Mann hatte, ihr Mann war öfters weg und es kamen dann immer wieder andere Männer die mit ihr irgendetwas haben wollten, sie verführen wollten oder zum Teil sogar fast gewaltsam nehmen wollten. Und sie hatte eine solche Stärke, das keiner ihr etwas anhaben konnte. Und durch ihre große Hingabe an ihren Mann, der übrigens die gleiche Hingabe an sie hatte, hatte sie eine Stärke, eine Lebensenergie, eine Kraft und Siddhis bekommen. Und so ist auch die Treue etwas, was große Lebenskraft erzeugt.

Brahmacharya Weihe

Verschiedene Bedeutungen von Brahmacharya

In diesem Sinne also Brahmacharya verschieden zu verstehen.

  • Brahmacharya kann das Noviziat sein, um zum Swami, zum Mönch, Nonne zu werden.
  • Brahmacharya kann heißen sexuelle Enthaltsamkeit.
  • Brahmacharya aber als universelles Verhalten heißt Vermeidung sexuellen Fehlverhaltens.

Und mindestens daran solltest du dich halten. Wenn du mehr wissen willst über Yoga und Sexualität dann geh einfach auf unsere Internetseite und gib dort in das Suchfeld ein Yoga und Sexualität und so kannst du nachlesen oder auch mal einen anderen längeren Vortrag anhören über Sexualität vom Standpunkt des Yoga und für die spirituelle Entwicklung. Da gibt es tatsächlich im Yoga verschiedene Konzepte.

Hinweise

Dies war ein Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe zum Yoga Sutra, Teil der ganzheitlichen Yoga Vidya Schulungs Vorträge auch Begleitmaterial zur zweijährigen Yoga Vidya Yogalehrer Ausbildung. Mehr Informationen zu diesem Vers findest du auch in meinem Buch "Die Yoga Weisheit des Patanjali für Menschen von Heute", 2. Kapitel, 38. Vers. Und wir haben bei Yoga Vidya auch regelmäßig Raja Yoga Seminare, wo wir Patanjali Yoga Sutra behandeln. Und wenn du bei Yoga Vidya die 2jährige Yogalehrer Ausbildung mitmachst, dort gehen wir auch durch das Yoga Sutra durch. In der vierwöchigen Yogalehrer Ausbildung ist Yoga Sutra nur in Auszügen behandelt, dafür gibt es dann auch die neuntägige Raja Yoga Weiterbildung. Es gibt sogar zweimal 9 Tage Weiterbildung um das ganze Yoga Sutra hindurchzugehen.

Video - Brahmacharya im Yoga Sutra

Was ist Brahmacharya?

Brahmacharya Weihe von Haridas 2011 in Hamburg

- Auszug aus dem Buch "Die ersten Stufen des Yoga" von Swami Sivananda -

1. Erst in den letzten etwa vierzig Jahren hat sich die Wissenschaft eingehender mit Wesen und Entwicklung des Geschlechtstriebes im Menschen beschäftigt. Psychologen und Kliniker haben die Erscheinungsformen des normalen und anormalen Geschlechtstriebes der Kulturvölker unserer Zeit sorgfältig erforscht.
2. Der innige Zusammenhang zwischen Geschlecht und Religion in der Entwicklung der Gesellschaft und der Individualpsychologie macht das Studium der Keuschheit zu einem außergewöhnlich wichtigen Abschnitt der menschlichen Gesellschaftslehre der Vergangenheit und Zukunft.
3. Jedes irdische Begehren zu befriedigen ist Sünde, denn der Mensch wurde zu einem Leben geistiger Gemeinschaft mit Gott geschaffen. Der Verzicht auf alle sinnlichen Genüsse, Lösung von der Welt, einsames Leben im Ringen um das Geistige, Nachbildung der Vollkommenheit und Reinheit Gottes ist das sittlich Gute. Sinnlichkeit ist unvereinbar mit Weisheit und Heiligkeit. Die wichtigste Aufgabe im Leben ist, Unreinheit zu meiden.
4. Der Mensch hat sich selbst in großem Ausmaße entwürdigt, indem er ein Spielball der Leidenschaft wurde. Er wurde eine Imitationsmaschine. Er verlor seine Fähigkeit der Unterscheidung. Er versank in die verächtlichste Form von Sklaverei. Was für ein trauriger Zustand, was für eine beklagenswerte Lage ist das doch! Wenn er seine verlorene Göttlichkeit und Brahma-Herrlichkeit wiedergewinnen will, muss er sein ganzes Wesen grundlegend verwandeln, indem er erhabene göttliche Gedanken pflegt und regelmäßig meditiert. Sublimierung des Geschlechtstriebes ist ein sehr aussichtsreicher, wirkungsvoller und befriedigender Weg, um ewige Seligkeit zu verwirklichen.
5. Brahmacharya bedeutet das Gelübde der Keuschheit in Gedanken, Worten und Handlungen. Man erlangt dadurch Selbstverwirklichung oder Brahman. Brahmacharya bedeutet nicht nur Beherrschung der Zeugungsorgane, sondern auch aller anderen Sinne in Gedanken, Worten und Werken. Der Weg zu Nirvana oder Vollkommenheit führt durch vollkommene Keuschheit (Brahmacharya). Unbedingte Keuschheit ist der Hauptschlüssel, der uns das Reich elysischer Seligkeit öffnet. Die Straße zur Welt des höchsten Friedens beginnt bei Brahmacharya oder Reinheit.
6. „Rasad raktam tato mamsam mamsad medahprajayate, Medad asthis tato majjam majjat shuklasya sambhavah: aus der Nahrung wird der flüssige Inhalt der Lymphgefässe des Darms, daraus Blut, aus Blut Fleisch, aus Fleisch Fett, aus Fett Knochen und Knochenmark und zuletzt aus dem Mark der Same." Samen ist der feinste Extrakt aus Nahrung oder Blut. Ein Tropfen Samen wird nach den Feststellungen der medizinischen Wissenschaft aus vierzig Tropfen Bluts hergestellt. Nach dem Ayurveda sogar aus achtzig Blutstropfen! Wie der Zucker das Zuckerrohr völlig durchdringt, und die Butter in der Milch enthalten ist, so durchdringt auch der Samen den ganzen Körper. Wie die Buttermilch dünner wird, nachdem die Butter entnommen ist, so wird auch der Samen durch Verschwendung verdünnt. Je mehr Samen verschwendet wird, um so schwächer wird der Mensch. In den heiligen Schriften (Yoga Shastras) heißt es: ,,Maranam bindu patanat Jivanam bindu raksha-nat. Samenverlust bringt den Tod, Samenerhaltung schenkt Leben." Der Samen ist die eigentliche Vitalität des Mannes. Er ist sein verborgener Schatz. Er schenkt dem Antlitz Glanz (Brahma Tejas) und Stärke dem Intellekt.
Da im Körper des Mannes dauernd Samen erzeugt wird, muss er entweder ausgeschieden oder wieder absorbiert werden. Nach den Ergebnissen der geduldigsten und sorgfältigsten wissenschaftlichen Untersuchungen bereichert der Same, wenn er erhalten und dadurch wieder in den Organismus absorbiert wird, das Blut und kräftigt das Hirn. Dr. Dio Louis lehrte, Bewahrung des Samens sei wesentlich für Körperkraft, Gedankenstärke und Schärfe des Intellekts. Ein anderer Schriftsteller Dr. E. P. Miller schreibt: „Alle Verschwendung von Samensekret, ob gewollt oder ungewollt, ist unmittelbar Verschwendung von Lebenskraft. Es besteht fast allgemein Übereinstimmung darin, dass die feinsten und wertvollsten Bestandteile des Blutes beim Aufbau des Samens verwendet werden. Wenn diese Anschauung richtig ist, folgt daraus, dass ein keusches Leben für das Wohlbefinden des Menschen wesentlich ist."

Sukadev über Brahmacharya

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Brahmacharya

Brahmacharya-Weihe 2013 mit Sukadev Bretz.

Brahmacharya – das Verhalten, das zur Verwirklichung von Brahman führt. Brahman ist das Absolute. Acharya – das Verhalten. Brahmacharya – das Verhalten, das zu Brahman führt. In einem weiten Sinn heißt Brahmacharya, dass du Brahmacharya lebst in dem Sinne, dass du dein Verhalten so ausrichtest, dass du Brahman verwirklichst, dass du dein Leben so lebst, dass du die Einheit mit Brahman spürst. Brahmacharya ist eine der fünf Yamas, die Patanjali erwähnt. Yamas sind Ratschläge, Tipps im Umgang mit anderen Menschen. Die fünf Yamas, unter denen Brahmacharya eine ist, sind: Ahimsa – Nicht-Verletzen, Satya – Wahrhaftigkeit, Asteya – Nicht-Stehlen, dann folgt Aparigraha – Unbestechlichkeit und Brahmacharya.

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Unter den Yamas von Patanjali heißt Brahmacharya das Vermeiden von sexuellem Fehlverhalten. Das ist mindestens die einfachste Übersetzung. Manche sagen, es sei Keuschheit, aber in Brahmacharya steht erstmal das Wort "Keuschheit" gar nicht drin. Aber es richtet sich auf etwas Sexuelles, da sind die Kommentare sich einig. Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten heißt, dass du im Umgang mit anderen Menschen mit Mitgefühl umgehst. Es gibt in verschiedenen Gesellschaften unterschiedliche Definitionen, was sexuelles Fehlverhalten heißt. In jedem Fall heißt sexuelles Fehlverhalten, anderen Menschen den Willen aufzuzwingen, Sex mit Minderjährigen, Vergewaltigung usw. Es heißt in jedem Fall, auch im Sexuellen ethisch zu sein. Und das kannst du jetzt definieren, wie du es magst, es gibt verschiedene Schriften, die dort verschiedene Hinweise geben.

In Schriften steht natürlich auch Unterschiedliches. In früheren Zeiten gab es eine unterschiedliche Sexualmoral, wie heute. Und auch heute, in unterschiedlichen Ländern gibt es eine unterschiedliche Sexualmoral. Es gibt aber heute, gerade in Mitteleuropa, bestimmte Standards, an die man sich auch halten sollte. Und typischerweise, als Yogi sollte man die Standards etwas höher halten. Brahmacharya hat aber noch weitere Bedeutungen. Brahmacharya ist eine der vier Ashramas. Ashramas heißt hier Lebensstadien. Die erste der Ashramas ist die Lehrperiode beim Lehrer. Brahmacharya in diesem Sinne heißt, dass ein Kind im Alter von acht bis zwölf Jahren zum Lehrer hinzieht, in ein Gurukula, also in eine Art Internat, wo Schüler zusammen mit ihren Lehrern leben und dort bis zum Alter von achtzehn, zwanzig, fünfundzwanzig bleiben. Dort lernen die Kinder und später Jugendliche ihren Beruf, sie lernen Sanskrit, sie lernen spirituelle Praktiken, die lernen die Schriften, sie praktizieren.

Diese Zeitperiode beim Lehrer wird als Brahmacharya bezeichnet.

Brahmacharya als Noviziat, als Vorbereitung auf das monastische Leben

In einem speziellen Sinn ist Brahmacharya das Noviziat. In der Yoga Vidya Tradition, die die Sivananda-Tradition und damit die Shankaracharya-Tradition ist, gibt es eine Mönchstradition oder monastische Tradition. Die Mönche und Nonnen werden Swami genannt. So gibt es Swami Sivananda, Swami Vishnudevananda. Wenn jemand diesen monastischen Weg einschlagen will, zum Mönch, zur Nonne werden will, macht er vorher eine Periode des Noviziats, also des Brahmacharya. Brahmacharya in diesem Sinne heißt, mindestens sechs Jahre so zu leben, dabei das Gelübde der Keuschheit abzugeben, und es heißt, in dieser Zeit keine persönlichen, sexuellen Beziehungen einzugehen. Brahmacharya heißt, sein Leben ganz auf Brahman auszurichten, alles andere zweit- und dritt- und viertrangig werden zu lassen.

Man kann Brahmacharya als formelles Gelübde für drei Jahre mindestens ablegen und nach drei Jahren kann man überlegen, will man weiter so leben, sexuell enthaltsam und ohne Partner-Beziehung, oder will man wieder ablegen und auf eine andere Weise leben. Wer mindestens sechs Jahre in Brahmacharya gelebt hat und weiter so leben will, kann auf Wunsch auch die Swami-Weihe bekommen, Sannyas nehmen. Das ist also eine weitere Bedeutung von Brahmacharya. Brahmacharya ist dann auch verbunden mit dem Tragen von gelben Gewändern. Schließlich gibt es Brahmacharya tatsächlich auch in dem einfachsten Kontext, Keuschheit, Enthaltsamkeit, konkret, sexuelle Enthaltsamkeit. Und Brahmacharya kann man für eine gewisse Periode leben. Es gibt bestimmte Phasen intensiver spiritueller Praxis, wo Brahmacharya angemessen ist. Es kann hilfreich sein, auch mal für eine Weile sexuell enthaltsam zu leben. Wenn du in einer Partnerschaft bist, sollte das immer in Absprache mit deinem Partner geschehen. Wenn du nicht in einer Partnerschaft lebst, kannst du auch sagen: "Ich werde jetzt einfach bewusst eine Periode von Brahmacharya leben." Und dieses bewusste Leben einer Periode von Brahmacharya, im Sinne von Keuschheit, gibt dir viel Bewusstheit, gibt dir viel Energie und viel Klarheit. Und vielleicht kommt dann die nächste Beziehung umso leichter und umso spiritueller. Du siehst, Brahmacharya hat viele Bedeutungen. Die wörtliche Bedeutung ist: Verhalten, das auf Brahman ausgerichtet ist. Verhalten, ausgerichtet, um Brahman zu erfahren.

Mehr dazu, wie man bei Yoga Vidya das Brahmacharya Gelübde ablegen und irgendwann zum Swami werden kann, siehe unter dem Hauptstichwort Swami.

Swami Sivanananda über Brahmacharya

Artikel von Swami Sivananda aus seinem Buch „Practice of Nature Cure“ der Divine Life Society, S. 97-108.

Zu denen, die im Zölibat leben

Das vierte Prinzip der Yamas: Brahmacharya - Selbstbeherrschung.

Man muss verstehen, wie der sexuelle Trieb auf der psychologischen Ebene arbeitet. Wenn es juckt, dann ist Kratzen eine Wohltat. Der sexuelle Trieb ist wie ein nervöser Juckreiz. Die Befriedigung dieses Triebes führt zu trügerischem Vergnügen, hat jedoch eine zerstörerische Wirkung auf das spirituelle Wohlbefinden des Menschen. Leidenschaft ist ein instinktives Verlangen nach Selbsterhaltung und Selbstvermehrung. Diese Kraft ist das Gegenteil der Kraft, die zur Integrität des [Sein]s führt.

In der Kontrolle über die Leidenschaft liegt die Essenz der Wahrheit. Entsagung, oder das Vermeiden von gierigem Genuss, ist die Wahrheit. Die Wahrheit ist ewiges Leben und reines Sein. Unwahrheit ist Veränderung, Zerfall und Tod. Selbstkontrolle ist die Kontrolle der instinktiven Wünsche, die uns von der Wahrheit wegführen. Selbstkontrolle gilt für alle, Männer und Frauen, immer und überall. Sie ist der Schlüssel zu Glückseligkeit.

Da der Mensch Wahrheit von Unwahrheit nicht unterscheiden kann, entwickelt er eine Schwäche für bestimmte Objekte. Der Wunsch nach Kontakt und Genuss äußerlicher Dinge entsteht, weil er die Wahrheit, also Gott, nicht kennt. Durch Selbstkontrolle wird die durch die Sinne nach außen gerichtete Tendenz des Geistes verwandelt. Der Geist wird auf die Wahrheit, die universell ist, gerichtet. Adharma führt zu Selbstbezogenheit und Egoismus, mit denen wir unser eigenes Gefängnis bauen, was zu Leiden und Misserfolgen führt.

Absolute Rechtschaffenheit bedeutet, das individuelle Selbst dem universellen Wohlergehen zu opfern, nicht nur dem Wohlergehen auf der Erde sondern der höchsten spirituellen Realität. Sie ist das Gegenteil von Ich-Bezogenheit und Besitzdenken, welche der Welt der Verhaftung angehören.

Die Samskaras der weltlichen Reize verhindern eine gesunde Entwicklung von Körper und Geist. Am besten zieht man sich für eine Weile an einen spirituellen Ort zurück, lebt gesund, in Frieden und mit Freude. Man sollte mit spirituell entwickelten Menschen leben und nur spirituelle Bücher lesen, die für das Wohlergehen sorgen. Man sollte sich keine aufregenden Filme und Tragödien anschauen und keine Zeitschriften lesen, die die niederen Instinkte stimulieren. Man sollte Menschen meiden, die irritierende Nachrichten verbreiten und den geistigen Frieden und die Gelassenheit stören.

Mangel an spirituellem Sadhana ist die Hauptursache jeglicher sexueller Anziehung. Es reicht nicht, der Sinnlichkeit theoretisch zu entsagen. Man muss gnadenlos alle Formalitäten des sozialen Lebens abtrennen und ein frommes Leben führen, frei von der Geschäftigkeit menschlicher Existenz. Ausreden werden nicht helfen. Man muss im Streben nach einem spirituellen Leben aufrichtig sein. Halbherzigkeit wird den alten Zustand des Leidens nicht beseitigen.

Meisterschaft über den sexuellen Trieb kann nicht in einigen Tagen oder Wochen erreicht werden. Diese Aufgabe ist mühselig und schwierig. Die komplette Beseitigung des sexuellen Triebs ist schwierigstes Sadhana und kann dauern. Ohne Gottes Hilfe kann der sexuelle Trieb nicht beseitigt werden. Keine menschliche Bemühung kann ihn beseitigen. Der sexuelle Trieb kann nicht durch körperliche Enthaltsamkeit allein beseitigt werden. Japa, Kirtan, Meditation, sattwiges und gesundes Essen, Selbsthinterfragung, göttliche Gedanken, ständige Identifikation mit dem geschlechtslosen, ewig reinen Atman, Unterscheidungskraft und Verhaftungslosigkeit können den sexuellen Trieb zerstören.

Hilfe für Brahmacharya

I.

Viele junge Männer sind besorgt wegen ihrer feuchten Träume (nächtlicher Samenerguss) und Spermatorrhö. Das kann verschiedene Ursachen haben wie Verstopfung, überladener Magen, irritierendes oder windtreibendes Essen, das Lesen aphrodisischer Romane, aufregende Filme und obszöne Bilder; enger Kontakt mit jungen Frauen und Selbstbefriedigung. Der Verlust von vitaler Energie verursacht starke Angst. Das ist kein Grund zur Verzweiflung. Durch Disziplin im Essen (minimum, mild, nahrhaft, bekömmlich), moralisches Leben, die Prinzipien von Hygiene und dem reinen Denken beachtend, kann diese Belästigung verschwinden. Man sollte sich nicht beunruhigen, wenn der Samenerguss gelegentlich passiert.

Im Fall von Verstopfung ist ein Einlauf nützlich. Der Gebrauch von Abführmitteln ist nicht so gut und erhitzt den Körper. Gehe dem Ruf der Natur nach, bevor du zu Bett gehst. Beachte die Regeln des rechten Lebens. Denke immer an Gott. Faste einen Tag lang, und trinke nur verdünnten Zitronen- oder Orangensaft. Eine Woche lang ernährst du dich nur von Obst. In der nächsten Woche nimmst du nur Milch und Obst zu dir. Dann iss wieder zu Mittag wie gewohnt, am Abend nimmst du Milch und Obst zu dir. Nimm Einläufe bis du zu deiner gewohnten Ernährung zurückkehrst.

Schlafe weniger. Schlafe auf der linken Seite. Schlafe nicht auf dem Rücken oder auf dem Bauch. Steh um vier Uhr auf und praktiziere spirituelles Sadhana. Vermeide alles was sexuelle Leidenschaft erregen könnte. Eine komplette Heilung bedarf mindestens sechs Monate, je nach Intensität der Krankheit. Wenn die Krankheit schon lange andauert, dauert der Heilungsprozess länger. Die natürlichen Heilungsmethoden sind langsam, aber sicher. Wenn du von sexuellen Gedanken verfolgt wirst, solltest du heilige Gedanken über deine Lieblingsgottheit pflegen.

II.

Die folgenden Ratschläge sind für die jungen Menschen, die Opfer ihrer Gewohnheiten sind, und Brahmacharya nicht einhalten können. Der Körper wird schwach, das Erinnerungsvermögen schwindet, das Gesicht wird hässlich, sie wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Sie können sich keinem Menschen offenbaren. Angst vermehrt den Schaden und führt Körper und Geist in den Ruin.

Auch wenn sie nur einen Teil von dem, was folgt, anwenden, werden sie gerettet werden. Sie werden nicht nur eine korrekte Haltung dem Leben gegenüber entwickeln, sondern ein Leben nach dem Dharma führen, und letztendlich die höchste Glückseligkeit erreichen. Die folgenden Regeln gelten für Menschen, die unter feuchten Träumen leiden und Spermatorrhö.

I. Allgemein

  • 1. Gib schlechte Gesellschaft auf, Gerede, Drama, Kino und Romane. Vermische dich nicht mit dem anderen Geschlecht. Wenn das durch die täglichen Pflichten des Lebens unumgänglich ist, dann denke im Geist über eine Frau wie an eine Mutter, schau zu ihren Füßen und sprich nur die nötigsten Worte in reinem Bhava (Haltung).
  • 2. Reduziere deine Bedürfnisse. Schau nicht zu häufig in den Spiegel.
  • 3. Schau bei der Paarung von Tieren, Vögeln usw. nicht zu.
  • 4. Fahre nicht Fahrrad.
  • 5. Vermeide zu viel Freizeit. Überwinde Faulheit, und verbringe deine Zeit mit nützlicher Arbeit. Beschäftige deinen Geist ständig mit dem Studium der spirituellen Schriften oder Arbeit. Verschwende keine Zeit mit nutzlosem Vergnügen.
  • 6. Lass die Arbeit eine Quelle von Freude sein, arbeite nicht unter Druck. Der Geist lehnt sich auf, wenn ihn etwas stört, und wendet sich anderen Dingen zu, um Vergnügen zu suchen. Sei spontan und freudevoll bei deiner Arbeit, so dass der Geist keine Gelegenheit hat, in ungesunde Praktiken auszuweichen. Arbeite für Gott, dann wird jede Arbeit interessant. Wenn deine Arbeit zu deinem Hobby wird, dann kannst du ohne Furcht und Sorgen arbeiten.
  • 7. Praktiziere Asanas, speziell den Kopfstand. Atme tief, gehe lange spazieren, mache Sport.
  • 8. Nimm immer ein kaltes Bad.
  • 9. Gib Rauchen, Alkohol und nicht vegetarisches Essen auf.
  • 10. Gib Tee, Kaffee, Peperoni, übermäßig Süßes und Zucker auf. Faste gelegentlich (einmal in der Woche ist gut). Trinke nicht einmal Wasser an diesem Tag. Trinke keine Milch ohne Ingwer hinzuzutun.

II. Wichtig:

Die Schwäche wird vorübergehen. Fürchte dich nicht, sei nicht besorgt oder deprimiert deswegen. Sorgen machen dich nur schwach. Lerne aus den Lektionen der Vergangenheit, und fühle dich durch sie bereichert. Brüte nicht über der Vergangenheit. Verändere deinen Standpunkt. Praktiziere Vichara (Hinterfragung). Meditiere über die Vorteile von Brahmacharya. Denke an die Leben von Akhanda Brahmacharyas wie Hanuman, Bhishma, Lakshmana und andere.

Denke an die negativen Wirkungen des sinnlichen Lebens: Verlust von körperlicher und geistiger Gesundheit, Krankheiten und Tod. Entwickle Unterscheidungskraft. Du bist ein Kind Gottes. All die Glückseligkeit, die du suchst, ist in dir. Es gibt kein Vergnügen in Sinnesobjekten. Identifiziere dich nicht mit deinem Körper, sondern mit Gott in dir. Wenn dein Geist gesund ist und rein, wird auch dein Körper gesund und rein sein. Deshalb vergiss die Vergangenheit, und lebe ein neues, besseres, tugendhaftes und spirituelles Leben. Entwickle Liebe zu Gott und Sehnsucht nach einem höheren göttlichen Leben. Steigere dein Verlangen nach Selbstverwirklichung. Lerne, an dem spirituellen Leben Geschmack zu finden. Praktiziere Sadhana mit größerer Intensität: Japa, Kirtan, Studium, Gebet, Satsang usw. Du wirst dich vollständig verändern und vom Höchsten gesegnet sein.

Folge diesen Anweisungen, vor allem wenn du fühlst, dass du gerade die niederen Impulse, die Kraft vergangener Gewohnheiten usw., überwinden musst. Sei nicht allein sondern in Gesellschaft anderer. Praktiziere kraktvolles Japa und Kirtansingen. Chante "Om" oft und laut. Renne schnell über eine lange Strecke, wenn du aufgeregt bist. Übe den Kopfstand. Frage: Wem erscheint dieser Wunsch? Identifiziere dich nicht mit deinem Körper und deinem Geist. Folge deiner wahren Natur. Du bist die Seele, Atman. Der Geist ist dein Diener. Du bist Zeuge der Aktivitäten des Geistes. Ersticke die Wünsche im Keim. Weigere dich, ihnen nachzugeben. Bete zu Gott. Singe Stotras und Hymnen.

Fühle die Gegenwart Gottes in dir. Das wird dir Kraft geben und dich vor dem Fall bewahren. Möge Gott euch alle segnen. Möge er euch Gesundheit, Freude, Frieden und Glückseligkeit schenken. Möge er euch auf jedem Schritt führen und beschützen.

Yogische Rezepte für Brahmacharya

1.

Sirshasana 5 Minuten
Sarvangasana 10 Minuten
Fasten an Ekadasi oder an jedem zweiten Sonntag
Japa 1 Stunde
Studium der Gita 1 Stunde
Saguna Meditation oder 30 Mintuten, steigernd bis zu
Nirguna Meditation einer Stunde

2.

Siddhasana 30 Minuten
Pranayama 30 Minuten
Milch und Obst abends
Uddhyana Bandha 10 Minuten

(Halte den Geist beschäftigt durch Lesen, Gartenarbeit, Kirtan usw.)

3.

Kirtan 30 Minuten
Gebet 30 Minuten
Satsang 1 Stunde
Wasser mit Trifala am Morgen
Meditation 30 Minuten bis drei Stunden

4.

Trataka auf Om oder auf Krishna 10 Minuten
Hare Ram Bhajan und Japa 30 Minuten

(Man kann im Sommer Badam oder Misri Sharbat zu sich nehmen)

Mantras für Japa

"Om Namo Bhagavate Vasudevaya" für Verehrer Krishnas
"Om Namo Narayanaya" für Bhaktas von Vishnu
"Om Namah Sivaya" für Anhänger Shivas
"Sree Ram" oder "Sree Sita Ram" für Verehrer Ramas
Gayatri für Brahmanen, Kshatriyas und Vaishyas
"Om" oder "Soham" für Nirguna Upasakas

Der Leser kann Vorschläge aus jeder der vier Gruppen praktizieren und/oder 1 und 3 oder 4 oder 1,2,3 und 4 beliebig kombinieren.

Verstoß gegen Brahmacharya

  • Notwendige Übel: Essen, Kleidung, Unterkunft
  • Schädliche Wünsche: Sex, Erfolg, Ruhm, Macht, Wohlstand.
  • Vermeide Blumen, Parfum, Öle, Musik, Tanzen, weiche Betten, verziertes Geschirr, aufregende Romane, Dramas, Kino, teure Kleidung, berauschende Getränke, Gerede, zielloses Umherwandern und zu viel Schlaf.
  • Brich die Knoten der vergangenen Eindrücke vergangener falscher Handlungen durch kritische Selbstanalyse, Einsicht und Hinterfragung.
  • Finde die Ursache aller Dinge und die Wurzel aller Eindrücke heraus.
  • Beachte: Alle Fehler entstehen durch Verletzung von einem der Yamas oder manchmal aller fünf Yamas. Der Verstoß gegen Brahmacharya ist die Ursache der Verletzung der anderen vier Yamas.

Selbstbeherrschung und geplante Elternschaft

Yogische Regeln für den Umgang mit der Welt.

Selbstbeherrschung und das Meistern der Sinneseindrücke waren die Schlüsselnote der indischen Kultur seit den frühesten Anfängen ihrer Geschichte. Die Zuverlässigkeit der moralischen Grundlage Indiens ist das Geheimnis ihrer Erhaltung, auch während stürmischer Zeiten von Invasionen fremder Kulturen. Beherrschung des sexuellen Triebs führt zu Beherrschung aller anderen Triebe.

Schnelles Wachstum der Bevölkerung und Nahrungsmittelknappheit, die unser Land dazu bringt Nahrungsmittel aus dem Ausland zu importieren, haben die politischen Führer dazu bewegt, Maßnahmen für Geburtenkontrolle und geplante Elternschaft zu ergreifen. Die Presse, Dokumentarfilme und einige Kliniken zur Geburtenkontrolle, machen auf die Notwendigkeit, das Bevölkerungswachstum einzuschränken, aufmerksam. Viele der hochrangigen Führer und Schriftsteller betonen diese Notwendigkeit, damit die Nation überleben kann.

Die Einwohner Indiens waren am Anfang des 18. Jahrhunderts unter 100 Millionen, dann stieg in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Bevölkerungszahl auf 130 Millionen, in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf 150 Millionen und nun, in weniger als 100 Jahren, hat sich die Bevölkerung auf 360 Millionen verdoppelt (die kommenden Statistiken werden noch höhere Zahlen aufweisen). Dieses vermehrte Wachstum der Bevölkerung ist nicht nur in Indien zu finden sondern fast überall auf der ganzen Welt, einige europäische Länder wie z.B. Italien, eingeschlossen.

Wie kann die Welt all diese Millionen Menschen ernähren? Trotz moderner landwirtschaftlicher Methoden und Rückgewinnung von brachliegendem Land, ist es unmöglich geworden, die Nahrungsmittelproduktion der Bevölkerungsexplosion anzupassen. Wenn der Lebensstandard nicht sinkt, wird es zu Hungersnöten kommen und als Konsequenz davon, zu einem Verfall der moralischen Werte. Man versucht, vor allem in den vereinten Nationen, eine dauerhafte Lösung zu finden. Die UN Bevölkerungskommission - zweifelhaft ob es dort ein Mitglied mit spiritueller Einsicht gibt - ist nun am Werk, assistiert vom Wirtschaftskonzil für Asien und den fernen Osten.

Es besteht kein Zweifel, dass die Bevölkerung wieder geringer werden muss. Aber wie? Natürlich durch die fortschrittlichen Methoden geplanter Elternschaft. Was bedeutet das genau? Srimati Amrit Kaur, Gesundheitsminister von Indien (in den frühen fünfziger Jahren) antwortet: "Wenn wir von einer gebildeten Klasse sprechen, beziehen wir uns hauptsächlich auf die Menschen in den Städten. Die Sozialarbeiter in den Städten erreichen mit ihren Programmen auch einige Frauen der ärmeren Schichten. Es geht hauptsächlich um künstliche Geburtenkontrolle durch Verhütungsmittel, wie sie von Menschen im Westen benutzt werden. Es ist mir persönlich unmöglich mich mit dieser Sichtweise anzufreunden..."

Um Elternschaft zu planen hat man üblicherweise nur die Anwendung von Verhütungsmitteln als Antwort. Es ist schade, dass die gelehrten Führer mit wenigen Ausnahmen wie Srimati Amrit Kaur sich, den Westen nachahmend, erniedrigen, und in furchtbarer Unwissenheit ihr Erbe völlig missachten. Die vedischen Lehrer raten ihren Studenten zum Zölibat. Am Ende des Studiums wird den Schülern geraten zu heiraten, nicht wegen des Sinnesvergnügens, sondern wegen der Nachkommenschaft. Selbstkontrolle schenkt moralische Stärke und spirituelle Visionen. Durch Selbstkontrolle erreicht man ethische Perfektion und verbessert die intellektuellen Fähigkeiten.

Es gibt keine bessere Lösung für die Einschränkung der Bevölkerungszahl als Selbstkontrolle. Geburtskontroll-Kliniken und Werbung für Verhütungsmittel werden bei den indischen Massen, deren traditioneller Hintergrund von Spiritualität durchtränkt ist, keine Wurzeln schlagen. Nur die Methode der Selbstkontrolle kann in Indien und in allen Teilen der Welt, moralisch und spirituell erfolgreich sein.

Mahatma Gandhi hat als Erster in Indien eine Opposition gegen die Verwendung von Verhütungsmitteln für die Familienplanung gegründet, da Verhütungsmittel dem Verheirateten viel Spielraum geben und die Unverheirateten ermutigen, den Weg der Hemmungslosigkeit straffrei zu gehen. Gandhi sagte: "Wenn die Menschen in den Dörfern moralische Selbstkontrolle üben würden, dann würden sie die Größe ihrer Familien besser eingrenzen können als durch die Hilfe von Verhütungsmitteln. Durch die Anwendung von Verhütungsmitteln wird das Laster belohnt. Das richtet mehr Schaden an als eine Krankheit."

Als Mahatma Gandhi dies sagte, haben sich viele führende Politiker, Ärzte, Rechtsanwälte und Lehrer, gegen ihn gewendet, sogar einige seiner engsten Schüler. Sie sagten dass die Kontrolle der natürlichen Triebe des Menschen in Männern und Frauen zu ernsthaften Konsequenzen führen würde. Sie sagten, dass es zu einer Massenneurose kommen würde, dass die Begeisterung für das Leben abebben, sich die geistigen Fähigkeiten verringern würden, dass das Leben grau und dumpf werden würde, und so weiter. All diese Behauptungen waren grundlos. Sie gestanden lediglich den Gegnern der Selbstkontrolle ihre Lüsternheit zu. Das wurde von vielen bekannten Wissenschaftlern und Ärzten bewiesen, und man findet es in den Schriften aller Glaubensrichtungen. Um einige dieser bemerkenswerten Äußerungen zu zitieren, wählen wir einige der westlichen Wortführer.

Sir Lionel Beale, Professor am Königlichen College von London sagt: „Sexuelle Enthaltsamkeit hat noch niemandem geschadet. Die Jungfräulichkeit kann leicht beibehalten werden, vorausgesetzt, sie ist der physische Ausdruck einer bestimmten Geisteshaltung.“ Professor Osterbu sagt: „Der sexuelle Instinkt ist nicht so blind und so mächtig, dass er nicht durch moralische Stärke und Verstand kontrolliert und sogar bezwungen werden kann. Robuste Gesundheit und sich immer erneuernde Kraft sind die Belohnung für diesen freiwilligen Dienst.“

Sir Andrew Clark stimmt dem zu: “Enthaltsamkeit schadet nicht, sie hemmt die Entwicklung nicht. Sie erhöht die Energie und die Wahrnehmung.“ Dass Enthaltsamkeit ein geeignetes Mittel für die Geburtenkontrolle sei, wurde von einem bekannten amerikanischen Wirtschaftsexperten betont. Joseph J. Spengler sagt: “Moralische Zurückhaltung bietet eine gesunde Lösung für das Bevölkerungsproblem“.

Gandhi hat seinen Gegnern durch das Beispiel seines eigenen Lebens geantwortet. In seiner Autobiographie, in den 1920er Jahren geschrieben, sagt er: “Ich habe 1906 Brahmacharya angenommen. Ich bin nach vorne geschossen, im Vertrauen auf die stützende Kraft Gottes. Seit dieser Zeit übe ich mich in Selbstkontrolle.“ Gandhi war ein Mann der Erfahrung. Was immer er sagte, kam nur aus seiner eigenen Erfahrung. Für ihn war Enthaltsamkeit die wichtigste Qualifikation in allen Bereichen des Lebens. “Ich behaupte, dass ein in Gedanken, Worten und Taten enthaltsames Leben notwendig ist, um spirituelle Perfektion zu erreichen. Brahmacharya bedeutet perfekte Kontrolle über alle Sinnesorgane. Für den perfekten Brahmachari ist nichts unmöglich.“

Es ist ziemlich offensichtlich, dass strikte Enthaltsamkeit wie von Bhisma, Hanuman oder Lakshmana praktiziert, für die meisten Menschen nicht möglich ist. Für ihr körperliches, moralisches und spirituelles Wachstum, ist es trotzdem notwendig eine zurückhaltende und heilige eheliche Beziehung zu führen. Bernard Shaw war eine hochintelligente und tief spirituelle Persönlichkeit. Er war Atheist und glaubte nicht an organisierte Religionen. Er hat die universell anerkannte Wahrheit ausgesprochen: “Solange wir unsere Wünsche nicht bändigen, zerstören wir uns selbst.“

Nicht zufrieden mit der Perspektive durch Selbstkontrolle das Bevölkerungswachstum effektiv zu reduzieren, haben die Anhänger des Epikureismus protestierend gesagt, dass Selbstkontrolle als Ideal sehr löblich, aber mit Sicherheit keine Lösung für die Geburtenkontrolle sei. Ein einmaliges Brechen der Enthaltsamkeit innerhalb eines Jahres könne zu Empfängnis führen. Jeder Familienvater könne sich davon überzeugen. Es gibt jedoch guten Grund anzunehmen, dass ein reines und diszipliniertes Haushaltsleben das Problem der Überbevölkerung lösen könnte. Daran gibt es keinen Zweifel.

„Meiner Ansicht nach, können wir die Geburten in unserem Land durch Mittel und Wege, die in unserer Tradition zu finden sind, kontrollieren. In keinem Land der Welt wurde die Enthaltsamkeit so gepriesen wie in Indien mit all ihren Heiligen und Weisen. Selbstkontrolle für beide Geschlechter, Männer wie Frauen, muss die wichtigste Waffe in unserem Waffenarsenal gegen die Überbevölkerung sein… Verhütungsmittel sind dem durchschnittlichen Menschen leicht zugänglich und werden von ihm gerechtfertigt. Darin sehe ich eine Gefahr. Es ist immer der gerade und schmale Weg, der zur Erlösung führt. Dass ein Mann ein Mann sein will, bedeutet meiner Ansicht nach nicht, ihm zu helfen, den tierischen Trieben in ihm zu folgen.“Srimati Amrit Kaur, der frühere Gesundheitsminister Indiens, hat somit das wahre Gefühl der Mehrheit der Menschen im Land ausgedrückt.

Die indischen Frauen können den Ansturm des Materialismus vereiteln. Bisher haben immer die Frauen den spirituellen Charakter unserer Gesellschaft erhalten, da sie von Natur aus religiös sind. Es ist unehrenhaft, dass sie der Philosophie der modernen Glaubensabtrünnigen beipflichten sollen. Mahatma Gandhi hat gesagt: "Meiner Ansicht nach ist es eine Beleidigung, die Frauen dazu zu bringen, Geburtenkontrolle durch künstliche Mittel zu unterstützen. Ich habe wenig Zweifel, dass eine große Mehrheit der Frauen sie ablehnen wird, da sie unvereinbar sind mit ihrer Würde." Es ist höchste Zeit, dass die Führer dieses Landes die gefährlichen und entwürdigenden Konsequenzen der Geburtenkontrolle durch künstliche Mittel erkennen. Sie sollten eine landesweite Aktion starten, vor allem in den Dörfern, wo das wahre Indien zu finden ist, die das Evangelium der Selbstkontrolle, Abschaffung der zu frühen Heiraten und reines, gesundes Leben verkündet."

Srimati Amrit Kanur hat betont: “Künstliche Methoden sind völlig unpraktisch in unserem Land, wegen der Unwissenheit der Menschen, dem Fehlen wissenschaftlicher medizinischer Hilfe und auch wegen ihrer hohen Kosten. Ich zweifle an der Behauptung, dass Geburtenkontrolle durch Verhütungsmittel, wie sie von Menschen im Westen seit Jahren angewendet wird, auf körperlicher, geistiger und moralischer Ebene ein Erfolg sei. Sie hat dazu beigetragen, dass der moralische Standard sehr gesunken ist. Sowohl Männer als auch Frauen beachten die grundlegende Verantwortung, die dem Menschen durch die Fortpflanzung gegeben wird, nicht mehr. Die Geburtenkontrolle in Indien ist wichtig, um das Bevölkerungswachstum zu reduzieren. Je länger ich lebe, desto mehr stehe ich im Dienste der Gesundheit. Je enger ich mit den Kranken und Leidenden in den Städten und Dörfern in Kontakt komme, desto tiefer bin ich überzeugt, dass es ein fataler Schritt unseres Landes wäre, auf diese künstlichen Mittel zurückzugreifen.“

Man muss beachten, dass Selbstkontrolle nur erfolgreich sein kann, wenn das Individuum eine spirituelle Sichtweise des Lebens besitzt. Grundsätzlich ist Selbstkontrolle die einzige Lösung, nicht nur um die Überbevölkerung zu stoppen, sondern auch um den Lebensstandard zu erhöhen und das moralische und spirituelle Wachstum der Nation zu fördern. Es ist die Pflicht Indiens, der Welt zu beweisen, dass der Sieg in der Selbstkontrolle liegt, mit sich selbst als Beispiel vorangehend.

Auszüge aus dem Buch "Lord Krishna, His Lilas and Teachings" von Swami Sivananda, The Divine Life Society Publication. Nacherzählung der Geschichte "Die Richtlinien für Brahmacharya"

Durch das Upanayana-Ritual wird man zum „Zweitgeborenen“ und lebt in der Hausgemeinschaft des Lehrer. Dort studiert man auf seine Anweisung hin die Veden. Der Brahmachari trägt eine Rudraksha-Mala und die heilige Schnur, ein Wassergefäss und einen Stab. Er sollte sich nicht um die Verschönerung seines äußeren Erscheinungsbildes kümmern. Beim Waschen, Essen und Ausführen von Ritualen hält er Schweigen und wiederholt sein Mantra. Er sollte sich streng an Brahmacharya, sexuelle Enthaltsamkeit, halten. Wenn es unbewusst geschieht, dass er Samen verliert, sollte er ein Bad nehmen, den Gayatri Mantra rezitieren und Pranayama üben. Nach dem Bad sollte er morgens und abends geistig mit seinem Mantra meditieren und mit vorgeschriebenen Mantras und Handlungen das Feuer, die Sonne, den Lehrer, Kühe, Brahmanen, Ältere und Götter ehren. Seinen Lehrer soll er als göttlich ansehen und nicht als Menschen. Er möge den Guru nicht mit menschlichen Massstäben beurteilen, ihm dienen und seinen Anweisungen folgen, bis die Zeit seiner Schülerschaft abgeschlossen ist. So lebt der Brahmachari einfach und vollkommen enthaltsam während dieser Lehrzeit.

Es gibt zwei Arten von Brahmacharis – die Upakurvana und die Naishthika. Der erstere überreicht seinem Lehrer nach abgeschlossener Lehrzeit Geschenke und kehrt nach Hause zurück, um in das nächste Lebensstadium, Grihasthashrama, einzutreten. Das heißt, er gründet eine Familie und übt einen Beruf aus. Der Naishthika bleibt sein Leben lang Brahmachari und widmet sich ganz dem spirituellen Weg. 

Wer Brahman erreichen möchte und ein Gelübde für lebenslanges Brahmacharya ablegt (Naishthika), hält sich weiterhin an strikte Enthaltsamkeit und stellt sich ganz in den Dienst Gottes, des Lehrers und der Menschheit. Durch seine Enthaltsamkeit und intensive spirituelle Praxis sublimiert er alle Energien und erstrahlt im Glanz des Brahman. Wenn er dabei selbstlos ist, verbrennen all seine Wünsche und Sehnsüchte im Feuer seiner Askese und er erlangt vollkommene Hingabe an Gott. Reinheit, die symbolische Reinigung vor Ritualen (Achamana) , rituelles Baden, Gebete bei Sonnenaufgang, am Mittag und bei Sonnenuntergang, Pilgern zu heiligen Stätten, Mantra Rezitation, das Vermeiden von allem, was man nicht berühren oder essen soll, nicht mit Menschen sprechen, mit denen man nicht sprechen soll, Beherrschung von Rede, Geist und Sinnen, Hingabe an Mich, das Göttliche in allen Geschöpfen - das, o Uddhava, sind Regeln (Niyamas), die für alle Lebensstadien gleichermaßen gelten.

Wer sich für das Berufs- und Familienleben entscheidet, nachdem er eine Zeitlang beim Lehrer gelebt und gedient und die Veden studiert hat (Upakurvana), bringt er dem Lehrer sein Dakshina (Gabe, Geschenk) dar und mit Erlaubnis des Lehrers führt er das abschließende Ritual und rituelle Bad aus, mit dem seine Studienzeit (Brahmacharya Ashrama) endet. Er kann dann als nächstes eine Familie gründen oder sich für ein zurückgezogenes Leben entscheiden (Vanaprashta) oder für ein Leben als Sannyasi. Der übliche Weg ist, dass man alle vier Ashramas (Lebensstadien) nacheinander erlebt. Man sollte in jedem Fall einen dieser drei Wege wählen und nichts anderes und in jeder Phase den Geist auf mich ausgerichtet halten.

Nun die Aufgaben und Lebensweise eines Brahmanen: Opferzeremonien, das Studium der heiligen Schriften und Spenden sind Pflichten aller Zweimalgeborenen. Spenden anzunehmen, die Schriften zu lehren und die Zeremonien durchzuführen ist die Pflicht des Brahmanen. Wenn ein Brahmane keine Spenden und Geschenke annehmen möchte, weil er das Gefühl hat, das würde seinen spirituellen Fortschritt behindern, kann er versuchen, seinen Lebensunterhalt durch Unterrichten/Lehrtätigkeit und seine Funktion als Priester zu verdienen. Denn die Bestimmung des Brahmanen ist nicht die Befriedigung banaler Bedürfnisse, sondern intensive spirituelle Praxis. Ein Brahmane, der zufrieden ist mit dem, was er bekommt, den höchsten und reinsten Dharma befolgt, seinen Geist auf mich konzentriert ohne Anhaftung an irgendetwas anderes, wird ganz sicher Frieden und Moksha erreichen, auch wenn er weiter als Familienvater lebt. In widrigen Lebensumständen darf ein Brahmane auch Waren verkaufen wie ein Vaishya oder die Aufgaben eines Kshatriya übernehmen, um über die schwierige Situation hinwegzukommen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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