Gelassenheit

Aus Yogawiki

Gelassenheit ist die Fähigkeit, inmitten der Höhen und Tiefen des Lebens und der Ereignisse, Ruhe zu bewahren. Das deutsche Wort "Gelassenheit" stammt vom mittelhochdeutschen Wort "Gelazenheit" ab, und dieses von "gelazen". Es hat etwas zu tun mit lassen, loslassen. Es bedeutet ursprünglich auch gottergeben, maßvoll, ruhig. Ein Symbol dafür ist das Auge des Zyklons: Inmitten eines Wirbelsturms ist es ruhig. So kann ein gelassener Mensch inmitten aller Hektik innerlich ruhig bleiben.

Yoga fördert Gelassenheit.

Grade der Gelassenheit

Es gibt zwei Grade der Gelassenheit:

Gelassenheit ersten Grades wäre z.B. ein Vater, der seine Kinder dazu bringt, sich jederzeit zu benehmen. Gelassenheit zweiten Grades wäre ein Vater, der inmitten von chaotisch spielenden Kindern seine Ruhe bewahren kann – und wenn nötig, seine Kinder auch zur Ruhe bringen kann - und keine Probleme hat, wenn die Kinder mal laut werden. Die Kinder sind dabei die Emotionen.

Gelassenheit ersten Grades wäre ein Fußballtrainer, der seine Fußballspieler dazu bringt, jederzeit vortreffliches Benehmen zu haben. Gelassenheit zweiten Grades wäre ein Fußballtrainer, der seine Fußballspieler in ihrer Individualität anerkennt, weiß dass der ein oder andere auch mal cholerisch ist, und der andere ein Kämpfer ist, und der nächste Höhen und Tiefen hat. Und er dennoch alle zu einer Mannschaft, einem Team zusammenfasst.

Gelassenheit ersten Grades ist ein König, der seine Minister danach aussucht, dass sie stets harmonisch miteinander umgehen. Gelassenheit zweiten Grades ist ein König, der seine Minister danach aussucht, dass sie engagiert ihre Aufgabe erfüllen, dabei ihr eigenes Temperament haben, auch mal miteinander streiten. Der dabei alle Minister gut miteinander koordiniert, und so das Wohl des Staates voranbringt.

Buchempfehlung: Der Königsweg zur Gelassenheit

Der Königsweg zur Gelassenheit, Buch von Sukadev Volker Bretz und Ulrike Schöber

Auf dem Weg zur Gelassenheit, so Sukadev spielen alle sechs Wege des Yoga, also Jnana, Karma, Bhakti, Raja, Kundalini und Hatha Yoga, eine wichtige Rolle. Dabei ist Raja Yoga, der Yoga der Psyche und der Meditation, ganz zentral und ihm widmet sich Sukadev besonders. Aus dem Sanskrit übersetzt heißt ‚Raja‘ wörtlich ‚königlich‘. So erschließt sich nicht nur der Titel des Buches, sondern Sukadevs anschauliches Modell des inneren Königs und seiner Minister lässt uns auch das Königreich der eignen Psyche besser verstehen.

Im Buch geht Sukadev auch auf die drei Doshas, die drei Temperamente im Ayurveda, ein und regt uns an, das eigene Temperament besser anzunehmen und wirkungsvoll einzusetzen. Abgerundet wird das Buch mit vielen praktischen Tipps, die sich ganz leicht in den Alltag integrieren lassen. Besonders schön sind die SOS-Tools in Form von Atemübungen und Mini-Meditationen, die in den Wirren des Alltags für eine schnelle Rückkehr zur Gelassenheit sorgen.

Wer Sukadev beim Satsang oder bei Seminaren erlebt hat, kann beim Lesen des Buches ganz deutlich seine Stimme hören. In seiner typischen, sehr klaren, liebevollen und oft auch humorvollen Art vermag er es, auch die komplexeren Themen des Yoga verständlich und alltagstauglich zu vermitteln. Für Anfänger und erfahrene Yogis ist das Buch ein wertvoller Wegbegleiter. Als Hardcover mit Lesebändchen und zweifarbigem Text ist es sehr schön gestaltet und eignet sich auch wunderbar als Geschenk. Für all jene sehr zu empfehlen, die mehr Gelassenheit und innere Ruhe in ihren Alltag integrieren möchten. Einfühlsam und klar stellt Sukadev Volker Bretz die verschiedenen Wege des Yoga zur inneren Ruhe vor. Er zeigt, wie du wie ein König deinen Geist und deine Emotionen führen kannst und die Höhen und Tiefen des Lebens gelassen meisterst.

Hardcover / 222 Seiten

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Sukadev über Gelassenheit

Niederschrift eines Vortragsvideos (2015) von Sukadev über Gelassenheit

Gelassenheit ist eine Tugend, eine Fähigkeit, die heute Menschen erstreben. Sehr viele Menschen kommen zum Yoga und zur Meditation, um mehr Gelassenheit zu lernen. Und das Schöne ist, wer regelmäßig Yoga übt, Meditation übt, wird tatsächlich auch ein gelassenerer Mensch. Der Ausdruck „Gelassenheit“ wurde von Meister Eckhart populär gemacht, der christliche Mystiker des Mittelalters. Er verstand unter Gelassenheit die Fähigkeit, loszulassen, nicht an etwas zu hängen, nicht von Wünschen getrieben zu sein. Indem der Mensch nicht hängt an etwas, indem er seine Wünsche und Verhaftungen aufgibt, kommt er zur geistigen Ruhe, eben aus diesem Loslassen. Jemand, der immer wieder alles lassen kann und loslassen kann, der kommt zum Zustand der Gelassenheit.

In diesem Sinne heißt Gelassenheit, die Fähigkeit, loszulassen, das, was wir im Yoga als Vairagya bezeichnen. Und da kannst du überlegen, hast du diese Art von Gelassenheit? An was hängst du? Womit identifizierst du dich? Könntest du das ein oder andere loslassen? Deine Vorstellungen, deine Besessenheit, dass irgendetwas so sein muss, deine Vorstellungen über andere Menschen, wie sie zu sein haben. Wenn du das loslassen kannst, kommst du zu mehr Gelassenheit. Gelassenheit heute hat mehr die Bedeutung von Gemütsruhe. Gelassenheit würde heißen, die Fähigkeit, sein Gemüt immer wieder zu beruhigen, was auch immer kommt. Es gibt viele Gründe, sich aufzuregen, es gibt viele Gründe, in die Erstarrung zu kommen, es gibt viele Gründe, Angst zu haben vor der Zukunft, so viel kann schiefgehen. Gelassenheit heißt, Ruhe zu bewahren, was auch immer kommt. Gelassenheit heißt, die Fähigkeit, mal von allen Sorgen und Nöten Abstand zu nehmen und in dir selbst Frieden zu finden. Das ist eine der besonders tiefen Quellen der Gelassenheit, zu dir selbst zu kommen, in dir selbst zu ruhen.

Wenn du diese Fähigkeit hast, z.B. in der Meditation dich zu lösen von Gedanken, Emotionen, Vorstellungen und Körper, dann hast du eine gute Basis von Gelassenheit. Ich sage bewusst, dich zu lösen davon, ich sage nicht, alle Gedanken zum Stillstand zu bringen, das vermögen nur wenige Menschen. Es bedarf Jahrzehnte der Übung, wirklich in der Meditation den Geist vollkommen ruhig zu bekommen. Und selbst, wenn man viel übt, heißt das noch nicht, dass es einem gelingt. Gelassenheit würde dort heißen, man beobachtet: „Da sind Gedanken, da sind Emotionen, Gedanken kommen, Emotionen kommen, Gedanken gehen, Emotionen gehen. Sie haben ihren Sinn und sie sind auch sinnvoll und wollen mir ja helfen. Aber ich kann mich davon lösen.“ Das heißt Gelassenheit.

Gelassenheitsgebet

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Dieses Gebet wird manchmal christlichen Mystikern aus dem Mittelalter, insbesondere dem Heiligen Franziskus zugeschrieben. Das Gebet ergibt sich auch aus den Lehren der Stoiker. Es wurde so ausformuliert von dem Theologen Reinhold Niebuhr. Populär wurde es durch die Anonymen Alkoholiker, welche das Gelassenheitsgebet zu einem wichtigen Baustein machten, um vom Alkohol loszukommen.

Buddhismus: Upeksha bzw. Upekka: Gelassenheit durch liebevolles Verständnis

Buddha lehrte Gelassenheit.

"Upeksha" kann übersetzt werden als Gleichmut und auch als Gelassenheit. Upeksha gehört zu Brahmvihara, zu den vier himmlischen Verweilzuständen bzw. die vier Unermesslichen. Die vier sind Maitri (Liebe, Verbundenheit), Karuna (Mitgefühl, Empathie, Einfühlungsvermögen), Mudita (Mitfreude mit anderen) und Upeksha.

Upeksha bedeutet Gelassenheit und insbesondere alle Menschen als gleich zu betrachten. Upeksha bedeutet, nichts als seinen Besitz anzusehen. Upeksha bedeutet gleichmäßige Liebe zu allen und allem zu haben. Gelassenheit kommt hier also aus Liebe und Mitgefühl heraus: Jeder Mensch liebenswert. Jeder Mensch ist wertvoll. Aus diesem Geist der Liebe und der Akzeptanz kannst du Gelassenheit üben.

Die meisten Gründe, sich aufzuregen, kommen ja aus dem Umgang mit anderen Menschen. Andere verhalten sich nicht so, wie man es gerne hätte. Menschen tun nicht das, was man meint, was sie tun sollten.

Um Gelassenheit im Umgang mit anderen zu entwickeln, ist Upeksha der vierte Schritt:

  1. Entwickle Maitri, Liebe, Verbundenheit, das Gefühl Freund des anderen zu sein
  2. Entwickle Karuna, Mitgefühl, Mitleid: Der andere empfindet vielleicht Leiden, ihm geht es nicht so gut
  3. Entwickle Mudita, Mitfreude: Freue dich, dass der andere das bekommt, was er braucht
  4. Dann folgt Upeksha: Entwickle gleichmäßige Liebe zu allen und allem

Gelassenheit im Yoga: Sama, Samadhana, Samattva

Yoga“ heißt wörtlich „Einheit“. Die zweite Bedeutung ist „Harmonie“ und eine dritte Bedeutung ist „Verbindung“.

Es gibt eine wichtige Yogaschrift namens Bhagavad Gita. Diese wurde vor ein paar Jahrtausenden geschrieben. Im zweiten Kapitel gibt Krishna zwei Definitionen von Yoga:

  • "Yoga Samattwam Uchyate." (Bh G II 48): "Gelassenheit wird Yoga genannt."
  • "Yoga Karmasu Kaushalam." (Bh G II 50): "Yoga heißt Geschick im Handeln."

Yoga heißt also zum einen Gelassenheit, und zum anderen Geschick im Handeln. Yoga wird ja populärerweise mit Entspannung gleichgesetzt. Und Menschen praktizieren Yoga, um mehr Energie zu haben – um mehr bewirken zu können.

Yoga drückt letztlich auch verschiedene Grade der Gelassenheit aus. Yoga heißt zum einen Verbindung. Angenommen, man will zwei Dinge miteinander verbinden, dann ist das Yoga. Yoga will uns auch helfen, verschiedene Aspekte in uns harmonisch zu verbinden. Es will helfen, verschiedene Aspekte des Lebens miteinander zu verbinden. Es will uns helfen, uns verbunden zu fühlen mit anderen Menschen, mit der Natur. Und damit ist Yoga auch eben Harmonie. Und schließlich, in der höchsten Bedeutung, heißt Yoga Einheit und beinhaltet die tiefe Erfahrung der Einheit hinter allem.

Yoga kann man auch noch unterteilen in verschiedene Yogawege. Hier will ich auf die verschiedenen Aspekte des Yoga eingehen, und was die einzelnen Aspekte und Wege des Yoga an Ratschlägen geben können, wie wir zu dieser Gelassenheit kommen können.

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Wenn wir von „Gelassenheit“ sprechen, da meinen wir natürlich keine träge Gelassenheit. Ich glaube, dessen bist du dir sehr bewusst. Im Yoga spricht man auch von einer sogenanntem sattvigen und tamasigen Ruhe. Was heißt sattvige und tamasige Ruhe? Träge, tamasige Ruhe, das hieße Wurstigkeit: „Ist mir eh alles egal.“ Das wäre eigentlich keine Gelassenheit, das ist eher eine Trägheit, Gleichgültigkeit. Diese Gleichgültigkeit kommt vielleicht aus Frustration. Sie kommt, weil man aufgegeben hat, vielleicht sogar sich selbst und sein Leben. Diese Gleichgültigkeit kommt vielleicht aus Trägheit, Antriebslosigkeit. Gelassenheit ist etwas anderes, sie ist sattwige Ruhe, also helle, freudevolle Ruhe. Das heißt, die Fähigkeit, einen Standpunkt einzunehmen, der hilft, eine Ruhe zu bekommen, um sich dann wieder ins Getümmel zu stürzen oder das Getümmel anzunehmen, das sowohl in einem selbst wie auch im Äußeren herrscht.

Es gibt mehrere Sanskrit Ausdrücke für Gelassenheit. Sanskrit ist die Sprache für die Worte, die im Yoga gebraucht werden. Drei Sanskritausdrücke für Gelassenheit sind:

Sama, innere Ruhe, führt letztlich zu Samadhi, das Überbewusstsein, die Erleuchtung. Patanjali, ein großer Yoga Meister vor über 2000 Jahren, hat Yoga definiert: „Yoga Chitta Vritti Nirodhah“ – Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen des Geistes (YS II,2). „Tadah Drashtuh Swarupe Vasthanam“ – dann ruht der Sehende in seiner wahren Natur. Im Yoga geht es also ganz entscheidend darum, Ruhe des Geistes und Gelassenheit zu entwickeln. Man kann sogar sagen: Yoga ist dazu da, Gelassenheit zu entwickeln. Gelassenheit ist wichtig für Harmonie. Gelassenheit ist wichtig für das Gefühl der Verbundenheit. Gelassenheit befähigt einen zur Erfahrung der Erleuchtung, der Selbstverwirklichung zur Gotteserfahrung. Yoga ist ein praktisches Übungssystem: So hat Yoga eine Menge von Techniken entwickelt, um zu dieser Gelassenheit zu kommen.

Shatsampat - die sechs Tugenden der Gleichmut

Wenn im Yoga von Gelassenheit gesprochen wird, bezihet mann sich oft auf die Shatsampat, die sechs edlen Tugenden, auch "Samashatakam", die sechs Schritte zur Gelassenheit, genannt:

Sadhana Chatushtaya

Die Shatsampat gehören zum Sadhana Chatushtaya, den vier Voraussetzungen für einen spirituellen Aspiranten:

Der Yoga der Gelassenheit

Artikel von Swami Sivananda aus: "Practice of Karma Yoga"

Erfolg führt bei weltlich orientierten Menschen allgemein zu einem Hochgefühl und Misserfolg zu Niedergeschlagenheit. Hochgefühl und Niedergeschlagenheit sind die Eigenschaften des Geistes. Wenn du ein wirklicher Karma Yogi im wahrsten Sinne des Wortes werden willst, dann musst du unter allen Umständen immer einen ausgeglichenen Geist wahren, Gelassenheit entwickeln. Zweifellos ist das sehr schwer, aber du musst es sowieso tun. Erst dann erfährst du Seelenfrieden und wirklich dauerhaftes Glück. Wer einen ausgeglichenen Geist besitzt, ist ein Jnani. Karma Yoga bereitet den Geist auf das Erreichen von Jnana (Wissen) vor. Darin liegt die Schönheit des Karma Yoga, sein Geheimnis und seine Essenz.

Verhaftungslosigkeit als Grundlage für Gelassenheit

Es darf auch nicht die kleinste Verhaftung an irgendeine Tätigkeit bestehen. Du musst stets bereit sein, eine Tätigkeit aufzugeben. Vielleicht gibt des einen göttlichen Auftrag für dich in Bezug auf eine bestimmte Aufgabe. Du musst sie sofort, ohne zu murren angehen, egal, um welche Sache es sich handelt, ob du willst oder nicht. Du musst sie auch aufgeben, wenn die Bedingungen und Begleiterscheinungen es so von dir verlangen. Das ist Yoga. Hier gibt es keine Verhaftung an die Arbeit. So bewahrst du Gelassenheit des Geistes.

Viele Menschen sind mit der Arbeit verwachsen. Sie mögen eine bestimmte Arbeit und interessieren sich dafür. Andere Arbeiten verabscheuen sie. Auch wenn die Umstände es erfordern, sind sie nicht bereit, ihre Aufgabe zu verlassen. Sie laden übermäßige Verantwortung auf ihre Schultern, grämen sich und arbeiten mit Sorgen und Ängsten. Dies ist überhaupt nicht Yoga, weil man sich an der Arbeit festhält, was der Eigenschaft des Rajas entspricht. Weltlich orientierte Menschen arbeiten immer mit Verhaftung, deshalb leiden sie. Vernimmst du eine göttliche Berufung, dann kannst du eine weltweite Bewegung starten. Du musst aber damit rechnen, sie zu jeder Zeit auf Gottes Willen hin zu beenden, auch wenn es dir keinen Erfolg einbringt. Erfolg oder Misserfolg sind nicht dein Ziel. Gehorche nur dem göttlichen Ruf und handle wie ein Soldat auf dem Schlachtfeld. Eine solche Arbeit, die aus dem Geist der Gelassenheit entspringt, ist eine große Freude, weil es ihr am persönlichen Interesse fehlt.

Hingabe an Gott als Grundlage für Gelassenheit

Lass die Ursache im Selbst verwurzelt sein. Bleibe ausgeglichen innerhalb aller Änderungen in der Welt. Arbeite auf die Erfüllung des göttlichen Zwecks hin. Erwarte keinen Lohn. Tue alles wie ein "Isvararpana". Arbeite für die Wohlfahrt der Welt in Einheit mit dem göttlichen Willen. Erlaube der göttlichen Energie, uneingeschränkt durch deine Möglichkeiten zu wirken. Sobald dein Egoismus durchbricht, wird der freie Fluss der göttlichen Energie sofort blockiert. Benutze deine "Indriyas" wie vollkommene Werkzeuge für Seine "Lila". Leere die Flöte deines Körpers von all deinem Egoismus. Dann wird der Flötenbläser von Brindavan frei durch diese Körperflöte spielen können. Er benutzt dich als sein Werkzeug. Dann spürst du die Leichtigkeit der Arbeit. Du fühlst, dass Gott durch dich wirkt. Alle Verantwortlichkeit fällt von dir ab. Du bist frei wie ein Vogel. Du spürst den Wandel in deinem Wesen. Dein Egoismus versucht, sich wieder Zutritt zu verschaffen. Sei auf der Hut. Durch allmähliches Üben und Reinigen des Geistes wirst du ein Experte im Karma Yoga. All deine Handlungen werden vollkommen und selbstlos sein und gipfeln schließlich im Jnana. Dies ist der Yoga der Gelassenheit.

Bhagavad Gita und Gelassenheit

Krishna

Der Yoga der Gelassenheit wird von Krishna in seinen Lehren immer wieder betont:

Yogasthah Kuru Karmani Sangam Tyaktva Dhananjaya
Sidhyasidhyoh Samo Bhutva, Samatvam Yoga Uchyate.
„So handle, Oh Arjuna, und sei fest im Yoga, gib Bindungen auf und bewahre Gelassenheit in Erfolg wie Misserfolg. Ausgeglichenheit des Geistes heißt Yoga.“ (Gita: Kapitel II-48)

Du musst auch so kleine Verhaftungen aufgeben wie: „Möge es Gott gefallen“. Arbeite nur für Gott. Dann wird sogar Essen, Laufen, Sprechen, Schlafen, Atmen und dem Verlangen, der Natur nachzugeben, eine yogische Aktivität. Arbeit wandelt sich in Verehrung. Das ist das große Geheimnis. Du musst es durch allmähliche Praxis auf dem Gebiet des Karma Yoga lernen. Du musst all deine Handlungen spiritualisieren. Durch Praxis veränderst du all deine Handlungen in Yoga. Bloße Theorie ist nicht ausreichend. Verstehe die Geheimnisse des Karma Yoga. Arbeite selbstlos. Werde ein wahrer Karma Yogi und genieße die unendliche Wonne von Atman.

Die Gelassenheit des Karma Yogi

Verdienst und Scheitern, "Punya" (heilig) und "Papa" (Sünde), beeinträchtigen den Karma Yogi nicht, der den Gleichmut des Geistes besitzt, einerseits weder über gute Ergebnisse zu jubeln, noch andererseits sich über schlechte Resultate zu ärgern. Er besitzt bei Erfolg sowie Misserfolg eine gelassene Haltung. Sein Geist ruht immer in Gott. Tätigkeiten, denen eine anhaftende Wirkung innewohnt, verlieren diesen Charakter, wenn sie nur mit Gleichmut ausgeführt werden. Sinnliche Gegenstände üben auf den Karma Yogi keine anhaftende Wirkung aus. Er hat seinen Geist durch ständigen selbstlosen Dienst gereinigt. Er hat alle Vorstellungen von Betriebsamkeit aufgegeben. Er behandelt seinen Körper als ein Werkzeug Gottes, das ihm zur Erfüllung des göttlichen Zwecks gegeben wurde. Er schreibt sämtliche Aktivitäten dem göttlichen Handelnden in ihm zu. Wer im Yoga der Gelassenheit fest verwurzelt ist, wird ein Experte in der Wissenschaft des Karma Yoga. Deshalb sagt Krishna:

Buddhiyukto jaha teeha ubhe sukritadushkrite,
Tasmat yogaya yujyasva yogah karmasu kausalam.
„Der Mensch, der Weisheit (Gemütsruhe) besitzt, weist in diesem Leben gute wie auch schlechte Taten von sich; deshalb widme dich dem Yoga; Yoga ist Geschick im Handeln.“ (Gita: Kapitel II-50)

Der Karma Yogi, der die Gelassenheit des Geistes besitzt, entledigt sich aller Früchte seiner Taten. Er entkommt guten und schlechten Geburten. Das Festhalten an den Früchten bewirkt die Wiedergeburt. Wenn alle Taten, ohne Lohn zu erwarten, in Gottes Namen zur Erfüllung Seines Ziels ausgeführt werden, erlangt der Karma Yogi Erleuchtung. Er befreit sich von der Fessel der Geburt. Er erlangt Wissen über Brahman und durch Brahma Jnana Befreiung (Moksha). In der Gita steht:

Karmajam buddhiyukta hi phalam tyaktva manishinah,
Janmabandhavinirmuktah padam gachchantyanamayam.
„Die Weisen, die mit Wissen erfüllt sind, die die Früchte ihrer Handlungen aufgeben haben, und die frei sind von den Fesseln der Geburt, gehen an einen Ort, der jenseits allen Übels liegt.“ (Gita: Kapitel II-51)

Gelassener Verstand

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Handlungen, die Verhaftung erschaffen, verlieren diese Eigenschaft, wenn sie mit reinem Verstand, mit Gelassenheit oder Gleichmut im Geist ausgeführt werden und allein im Selbst ruhen. Du musst diesen reinen Verstand und die Gelassenheit pflegen und entwickeln. Gott hat dem Menschen dieses wunderbare Werkzeug verliehen, um der Menschheit zu dienen und dadurch Unsterblichkeit zu erlangen. Benutzt er seinen Körper, um lächerliche Wünsche egoistischer Natur zu befriedigen, wird er Gegenstand von Bemitleidung und Verdammung. Er ist im Rad von Geburt und Tod gefangen. Lass den Geist im Selbst oder Isvara ruhen, wenn du handelst. Wer einen reinen gelassenen Verstand entwickelt hat, der im Selbst ruht, ist sich ganz bewusst, dass alle Handlungen durch den Antaryamin ausgeführt werden. Er ist sich vollkommen bewusst, dass Gott in seinem Körper agiert und ihn antreibt. Dieser Yogi mit Gelassenheit oder Gleichmut im Geist begreift nun die Grundprinzipien, die alle körperlichen Handlungen regeln. Er übt alle Handlungen Gott zu Liebe in Erfüllung Seines Plans ohne Absicht auf Lohn aus und erlangt schließlich ewigen Frieden.

Pranayama und Gelassenheit

Mit Pranayama den Geist zur Ruhe bringen, gelassen werden

- Ein Beitrag aus dem Yoga Vidya Journal Nr. 41, II/2020 von Thomas Trimurti Stadler -

Wenn man mit Laien über yogische Atemübungen redet, dann kommt man vielleicht darauf, dass diese Übungen Vitalität geben. Sie wären gut für Schwimmer und Taucher und alle, die mal die Luft anhalten wollen.

Wann war ich das erste Mal so richtig beeindruckt von den Wirkungen des Pranayama (Atemübungen)? Wann habe ich gemerkt, dass sie nicht nur den Energielevel erhöhen, sondern auch Gelassenheit bewirken? Es muss vor einigen Jahren gewesen sein, als Sukadev begonnen hat, für Yogalehrer fortgeschrittene Pranayama Übungen per Podcast zu veröffentlichen. Damit konnte ich Wirkungen feststellen, die ich nicht von Pranayama Übungen erwartet hätte: eine Furchtlosigkeit, die an Kaltblütigkeit grenzt. Fast bekam ich vor mir selber Angst. Eine Dickfelligkeit, die an Gleichgültigkeit grenzt. Eine Klarheit des Geistes, die auch luzide Träume erleichtert. „Jetzt bin ich für alles bereit!“, dachte ich mir, nach einem fast dreistündigen Podcast mit fortgeschrittenen Atemübungen.

In der Pranayama Weiterbildung Mittelstufe beispielsweise, bekommt man einen Werkzeugkasten an die Hand, der einem hilft, Atemübungen je nach Situation anzuwenden. So hilft bei einer Tendenz zu Reizbarkeit, Entzündungen und Allergien eine Übung wie Bhramari, die Bienenatmung. Tatsächlich ist diese eine der wirksamsten Übungen, die in vielerlei Weise hilft, z.B. auch bei Ängsten und Trägheit. Nebenbei verhindert Bhramari als eine der Herzenspranayamas, dass die Übungen zu egoistischen Gründen zweckentfremdet werden und erweckt in manchen Fällen auch gehobene Bewusstseinszustände voller Freude. Wer kann mit einem weiten Herzen noch Böses tun?

Ins Gleichgewicht kommen

Ungleichgewichte in deinem System führen dazu, dass dir weniger Energie zur Verfügung steht, um geschickt zu handeln. Pranayama arbeitet an deinem Ungleichgewicht und gibt dir dadurch mehr Energie. Bhastrika (Blasebalg Atmung) ist auch so ein Alleskönner unter den Übungen. Es erweckt eine Menge Energie und gleicht dein emotionales Ungleichgewicht aus.

Momentan übe ich gerade live online mit Sukadev und Shaktipriya: Es ist besser als eine bis drei Stunden alleine zu üben und auch besser als einen Podcast zu hören. Einen Podcast kann man immer ausstellen, wenn man sich nicht mehr danach fühlt. Nach 180 Minuten Pranayama und Dhyana (Versenkung) fühlt sich die Asana Praxis leicht und gut an. Leider fehlt es mir dann doch an Zeit mehr als eine Stunde Sadhana Praxis (spirituelle Praxis) zu üben, weil ja anders als im „Ashram-Urlaub“ doch noch familiäre und berufliche Verpflichtungen auf mich warten. Dass ich Zeit für ein kleines Sadhana Intensiv im August hatte, ist ein sehr wertvolles Geschenk. Momentan habe ich das Gefühl für alles bereit und mehr ich selbst zu sein und meist die verträglichere Version von mir selbst. Und manchmal leider auch eine müdere Version von mir, die sich auf die nächsten fünf bis 20 Minuten Entspannung freut und sie auch brauchen kann.

Was passiert Neues in den Stunden, in denen ich Pranayama übe und danach? Während ich Pranayama übe, wundere ich mich, wie schnell die Anhalte-Pausen bei Surya Bheda (zur Stärkung der Sonnenenergie) und Ujjayi (Verschließen der Stimmritze) vorbei sind. Wie schwer fiel es mir vor sechzehn Jahren den Atem überhaupt eine Minute anzuhalten, um Agni Sara oder Nauli (Reinigungsübungen) zu üben. Jetzt dürften die angesagten Anhalte-Phasen durchaus länger sein, um noch mehr Energie zu erwecken. Dafür gibt es die Hausaufgaben, die man sich selbst vornimmt. Ein Nebeneffekt davon ist: auch bei grundlegenden Atemübungen kann man mühelos einen Rhythmus von 8:32:16 bei Anuloma Viloma (Wechselatmung) schaffen. Nach dem Blutspenden von einem halben Liter fühle ich mich sogar mit 6:24:12 wieder gefordert und 8:32:16 ist plötzlich erneut anstrengend. Noch bin ich an den Körper mit seinen Blutkörperchen und physischen Grenzen gebunden. Meine Yoga Schüler sind immer „enttäuscht“, wenn ich nicht an zwei Orten zugleich sein kann.

Gedanken und Gefühle - eine Illusion

Das Niyama (Regel) Santosha (Zufriedenheit) ist immer noch ein großes Thema. Es ist für mich schwieriger zu erreichen als Samadhi (Versenkung) durch Pranayama und Dhyana (Betrachtung). Und gleichzeitig hilft mir die mühelose Konzentration, die durch Pranayama entsteht, auch solche guten Eigenschaften zu kultivieren, zu großem Glück zu kommen und mich mit der Zufriedenheit in mir immer wieder zu verbinden. Für mich ist es ein guter Weg über Asana, Pranayama, Dharana (Konzentration) und Dhyana zu Yama und Niyama (yogische Regeln) zurückzukehren.

Es fällt mir zusehends leichter, mich von dem zu lösen, was ich aus Unwissenheit für mich selbst halte und was doch nur vergänglich ist. Wie schnell lassen sich durch die Atmung meine Gefühle und mein Bewusstsein verändern. Man braucht dafür keine chemischen Mittel oder magnetischen Felder, die man benutzen kann, um das Bewusstsein zu verändern. Meine Atmung reicht aus, um zu erkennen wie illusionär alles ist, was ich meine Gedanken und meine Gefühle nenne.

Um nicht vom spirituellen Weg abzukommen und größere Wirkungen im Pranayama zu erleben, kann ich nur empfehlen immer wieder einen Ashram zu besuchen. Die Wirkungen sind einfach stärker, wenn man keinerlei andere Verpflichtungen hat. Man ist entspannter und unter Gleichgesinnten. Was will man mehr?

Viveka Chudamani - Verbinde Gelassenheit mit der Sehnsucht nach Befreiung

Bleibe gelassen, egal was geschieht

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 29 von Sukadev Bretz -

„Nur wenn die Verhaftungslosigkeit (vairagya) und der Wunsch nach Befreiung (mumukshutva) stark sind, können sich die sechs Tugenden („Samādiśhaṭkam“) entfalten und Früchte tragen.“

Im ersten Teil des Viveka Chudamani spricht Shankaracharya über die Eigenschaften eines Schülers, welche als Voraussetzungen für erfolgreiche Fortschritte auf dem Weg des Jnana Yoga zu betrachten sind und die Zeichen für spirituellen Fortschritt.

Voraussetzungen für spirituelles Wachstum

Ein Zeichen für spirituellen Fortschritt ist das persönliche Wachstum in den vier Eigenschaften: „

Wie hängen die vier Eigenschaften zusammen?

„Mumukśhutva“ entwickelt sich, wenn du „Samādiśhaṭkam“ und „Vairagya“ entwickelst und die Gnade des Gurus erfährst. Die sechs edlen Tugenden werden letztlich nur dann ihre Früchte tragen und entfalten können, wenn sie mit Vairagya und Mumukśhutva verbunden sind.

Die sechs Tugenden sind:

Gelassenheit kommt mit Vairagya und Mumukshutva

Shankaracharya betrachtet von diesen sechs Tugenden insbesonders „Sama“. Samadhi heißt übersetzt „Gemütsruhe und die anderen“. „Adi“ bedeutet „und so weiter“, „sama“ ist „Gemütsruhe“. Die Gelassenheit und Gemütsruhe kann ihre Früchte nur tragen, wenn sie mit „Vairaga“ und „Mumukśhutva“ einhergehen.

Statt einer echten Gemütsruhe, gibt es auch die Gleichgültigkeit im Sinne von „alles ist egal“. Das meint Shankara natürlich nicht. Krishna sagt in der Bhagavad Gita: „Yoga heißt nicht, ohne Feuer zu sein.“ Sondern im Gegenteil - Wir haben inneres Feuer, um Gutes zu bewirken, das Rechte zu tun und letztendlich das innere Feuer der Sehnsucht nach Befreiung (Mumukśhutva).

Gleichzeitig ist „Vairagya“ ein inneres losgelöst sein von allem Äußeren. Sama ist nicht eine Ruhe des Geistes, die kommt, weil wir nicht genügend engagiert sind oder weil wir irgendwo kapituliert haben. Sama ist keine Resignation, sondern „Sama“ kommt aus einer Erkenntnis der Defekte eines äußeren gelebten Lebens („Vairagya“) und aus der tiefen Sehnsucht nach Befreiung („Mumukśhutva“).

Richte dich auf die höchste Wirklichkeit aus

Sama kommt, wenn wir uns auf das Höchste ausrichten und uns vom innerlichen Standpunkt der höchsten Wirklichkeit bewusst machen, was als Richtiges zu tun ist und indem wir uns von Begrenztem lösen. Du erreichst demnach die Ruhe des Geistes, indem du dich nach der höchsten Befreiung sehnst und dich vom Begrenzten löst.

Übe das Loslösen vom Beschränkten und das Ausrichten auf das Ewige am heutigen und am morgigen Tag.

Viveka Chudamani - Weg zur Gelassenheit aus Vedanta Sicht

Ganz entspannt die Dinge beobachten

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 296 von Sukadev Bretz -

  • Passiert es dir öfters, dass du dich über Sachen aufregst?
  • Bist du jemand, der sich oft Sorgen macht?
  • Bist du jemand, der manchmal sehr deprimiert wird?

Shankara gibt dir einige Ratschläge, wie du damit anders umgehen kannst. Im 296. Vers des Viveka Chudamani gibt er dir folgende Tipps:

„Daher gib die Identifikation mit dem grobstofflichen Körper, mit dem Ego und mit dem feinstofflichen Körper auf, die alle nur Vorstellungen des Geistes sind. Wenn du verstehst, dass dein wahres Selbst absolutes Bewusstsein ist, das von den drei Zeiten unberührt ist, erreichst du den höchsten Frieden.“

Gib alle Identifikationen auf

Das sind wichtige Worte, tiefe Worte und wenn du diesen Viveka Chudamani Podcast, diese Viveka Chudamani Vorträge schon ein paar Mal gehört hast, dann mag es scheinen, dass er diese Worte immer wieder wiederholt. Aber es ist wichtig, es zu wiederholen, denn die Worte sind wichtig.

Identifikation mit dem grobstofflichen Körper ist nur eine Illusion. Du bist nicht der grobstoffliche Körper. Du bist das unsterbliche Selbst. Mache dir nicht so viele Gedanken und Sorgen um den grobstofflichen Körper. Du bist ewig. Du bist unendlich.

Dann sagt Shankara, dass du dich auch nicht mit dem feinstofflichen Körper identifizieren sollst. Der feinstoffliche Körper hat Prana, die Lebensenergie. Er hat Emotionen und Gefühle, deine Persönlichkeit, deine Talente. Im feinstofflichen Körper ist dein Vata, Pitta, Kapha. Du bist vielleicht eher ein luftiger, feuriger oder gemütlicher Typ. Du bist eher introvertiert oder extrovertiert. Du bist himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Du hast ein zyklothymes Temperament. Oder du bist sehr künstlerisch, praktisch veranlagt, Handwerker, intelligent. Du bist eine liebevolle Mutter, ein liebevoller Vater. Das mag alles auf einer Ebene stimmen. Aber auf einer höchsten Ebene bist du nichts davon. Auf der höchsten Ebene bist du das unsterbliche Selbst und alle Sorgen, die du dir machst, alle Aufregungen sind Funktionen des Geistes.

Umgang mit Gefühlen und Emotionen

Wenn du dich zum Beispiel ärgerst, dann kannst du einfach sagen:

  • „Ah, mein Pitta ist zu hoch geworden. Pitta ist überschäumend. Nicht ich bin ärgerlich, sondern Pitta ist ärgerlich.“
  • Oder du kannst sagen, wenn du ängstlich bist: „Mein Vata ist stark geworden.“ Denn Ängste hängen mit dem Vata-Prinzip zusammen.
  • Oder wenn du antriebslos und depressiv bist, dann kannst du sagen: „Ah, mein Chitta hat gerade ein starkes Kapha.“
  • Wenn du dich gerade sehr träge fühlst, könntest du sagen, dass Tamas gerade sehr stark wird.
  • Wenn du dich gerade sehr unruhig fühlst, könntest du sagen, dass Rajas gerade sehr stark wird.
  • Wenn du dich gerade sehr gut fühlst, könntest du sagen, dass Sattva gerade sehr stark wird.

Aber sage nicht: „Ich bin ärgerlich“ und so weiter. Es gibt verschiedene Weisen, wie du das sehen kannst.

Fünf Ebenen in denen das Bewusstsein schwankt

In der westlichen Psychologie gibt es das Konzept der Big Five – Fünf Ebenen, in denen das Bewusstsein hin und her schwankt, der Geist und was die Persönlichkeit ausmacht.

1. Introversion und Extraversion.
2. Oder auch Offenheit für Neues versus eher konservativ.
3. Oder auch Verträglichkeit mit anderen, besser auskommen oder weniger gut auskommen.
4. Oder auch Ordentlichkeit. Bist du eher chaotisch oder ordentlich systematisch?
5. Und auch Neurotizismus – wie viel ist dein Geist im Gleichgewicht?

Aber das sind alles Eigenschaften der Persönlichkeit. Du bist das nicht. Es mag manchmal erscheinen, als ob die Persönlichkeit relativ beständig bleibt, aber es stimmt nicht ganz. Unterschiedliche Umstände können Unterschiedliches aus deinem Geist hervorlocken. Du selbst bleibst gleich. Deine Persönlichkeitseigenschaften ändern sich.

Nicht-Identifikation ein Weg zur Gelassenheit

In diesem Sinne ist ein Weg zur Gelassenheit die Nichtidentifikation. Du bist das unsterbliche Selbst. Du hast eine Psyche, einen Körper, eine Persönlichkeit, egal wie du sie beschreiben willst, aber nicht du bist diese Persönlichkeit, sondern du bist das unsterbliche Selbst.

Viveka Chudamani - Gelassenheit gegenüber Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Kennzeichen eines Jivanmukta

Ein Jivanmukta ist gelassen in allen Situationen

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 433 von Sukadev Bretz -

Om Namah Shivaya und herzlich willkommen zum 433. Vers des Viveka Chudamani. Shankara spricht über die Kennzeichen eines Jivanmukta, eines zu Lebzeiten Befreiten. Weil der Text so schön ist, werde ich ihn nur einfach lesen. Ich lese ihn mit einer ruhigen, meditativen Stimme, lass ihn auf dich wirken und gehe danach in die Meditation, indem du dir selbst bewusst machst, tief im Inneren bist du auch so.

atītānanusandhānaṃ bhaviṣyad-avicāraṇam |
audāsīnyam api prāpte jīvan-muktasya lakṣaṇam || 433 ||

„Keine Gedanken an die Freuden der Vergangenheit, keine Gedanken an die Zukunft und sogar Gleichmut gegenüber der Gegenwart – dies sind die Anzeichen für einen jivan-mukta (zu Lebzeiten Befreiten).“

Gelassenheit in Religion und Philosophie

Stoische Gelassenheit

Begründet von Zenon von Kition um 300 v.Chr. Bekannteste Vertreter: Cicero, Seneca und Marc Aurel. Grundlage: Mein Glück sollte nicht abhängig sein von etwas, was nicht in meiner Macht ist. Praktischer Satz: Es spielt keine Rolle, es ist unerheblich. Aber in Verbindung mit Pflichterfüllung und Engagement: Tue das, was zu tun ist, aber mache dein eigenes Glück nicht abhängig von anderen.

Gelassenheit im mittelalterlichen Christentum, speziell bei Meister Eckhart

Im mittelalterlichen Christentum kam der Gelassenheit eine besondere Bedeutung zu. Insbesondere der große Mystiker und spirituelle Lehrer Meister Eckhart sprach in seinen Predigten und Traktaten immer wieder von Gelassenheit. Vielleicht hatte Meister Eckhart sogar das Wort "Gelassenheit" in die deutsche Sprache einge führt. Er verhalf dem Wort zumindest zu einer gewissen Popularität. Meister Eckhart war Dominikanermönch, lebte von 1260-1328. Gelassenheit war für Meister Eckhart ganz entscheidend, um Gottes Gegenwart zu erfahren, Loslassen der Ichbezogenheit. Indem der Mensch sich von den vergänglichen Dingen des Lebens löst, kann er sich mehr Gott zuwenden.

Zur Gelassenheit der mittelalterlichen Mystiker gehört also eine Neuformulierung der Werte: 1. Gott ist wichtig, es gilt sich ihm zuzuwenden. 2. Die materiellen vergänglichen Dinge sind nicht so wichtig. Ähnlich formulierte es die mittelalterliche Alchemie: "Solve et coagula", "löse und binde": Löse dich vom Vergänglichen, binde dich an das Ewige.

Diese Grundsätze kannst du für die Entwicklung von Gelassenheit umsetzen, insbesondere wenn du spirituell oder religiös bist:

  • Mache dir bewusst, was wirklich wichtig ist.
  • Und mache dir bewusst, was nicht wirklich wichtig ist.

Das ist sogar nicht religiös interpretierbar:

  • Mache dir bewusst, was dir wirklich wichtig ist.
  • Mache dir bewusst, was dir nicht wirklich wichtig ist.

Indem du hohe Werte hast, kannst du bei vielem anderen gelassen bleiben. Indem du deine hohen Werte so formulierst, dass sie nicht so leicht in Frage gestellt werden, kannst du gegenüber anderem gelassen bleiben.

Gedanken zur Gelassenheit

Artikel von Parvati Ruth Burbach, Yoga Vidya Journal Nr. 17

Gelassenheit oder Gleichmut ist die Fähigkeit, vor allem in schwierigen Situationen die Fassung oder eine unvoreingenommene Haltung zu bewahren. Gelassenheit bedeutet aber auch Gewohntes loszulassen, neue Impulse wahrzunehmen, ohne ihnen gleich nachzugehen.

Gelassenheit hat viele Gesichter...

in der Stille zu sein... und den Atem spüren,

in Bewegung zu sein... mit Lebensfreude,

Herausforderungen anzunehmen... mit Mut und Entschlossenheit,

im Hier und Jetzt leben... voller Liebe und voller Vertrauen,

im Loslassen... dessen, was nicht mehr zu uns gehört,

in dem Bewusstsein... das all das, was ist, GUT ist!

Wenn wir es uns zur Aufgabe machen, ein Leben in Gelassenheit und innerem Frieden zu führen,

werden wir offen und achtsam für all das, was das Leben bringt, nicht nur uns selbst gegenüber,

sondern gegenüber der ganzen Welt.

Vortragsvideo mit Sukadev über den "Königsweg zu Gelassenheit"

Gelassenheit Einfühlungsmeditation - Video

Die 10 Gebote der Gelassenheit

Papst Johannes XXIII.

- Ein Beitrag von Johannes XXIII.: Für das Glück geschaffen: Die zehn Regeln der Gelassenheit. St. Benno, Leipzig 2006 erschienen im Yoga Vidya Journal Nr. 41, II/2020 -

Die 10 Gebote der Gelassenheit, auch bekannt als Dekalog der Gelassenheit, werden dem römisch-katholischen Papst Johannes XXIII. (1881–1963) zugeschrieben und gelten als ein Angebot einer einfachen und unkomplizierten Lebensphilosophie.

Einzelne dieser Leitsätze hatte er schon in seinem Geistlichen Tagebuch formuliert, andere kamen später dazu. Auffällig ist, dass erst die letzte dieser Maximen Bezug auf Gott nimmt. Keine dieser Lebensregeln ist spezifisch christlich, was zur weiten Verbreitung beigetragen hat.

1. Leben - Nur für heute werde ich mich bemühen, einfach den Tag zu erleben – ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.
2. Sorgfalt - Nur für heute werde ich größten Wert auf mein Auftreten legen und vornehm sein in meinem Verhalten: Ich werde niemanden kritisieren; ja ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern ... nur mich selbst.
3. Glück - Nur für heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein, dass ich für das Glück geschaffen bin ... nicht nur für die anderen, sondern auch für diese Welt.
4. Realismus - Nur für heute werde ich mich an die Umstände anpassen, ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine Wünsche anpassen.
5. Lesen - Nur für heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer guten Lektüre widmen. Wie die Nahrung für das Leben des Leibes notwendig ist, ist die gute Lektüre notwendig für das Leben der Seele.
6. Handeln - Nur für heute werde ich eine gute Tat vollbringen – und ich werde es niemandem erzählen.
7. Überwinden - Nur für heute werde ich etwas tun, wozu ich keine Lust habe. Sollte ich mich in meinen Gedanken beleidigt fühlen, werde ich dafür sorgen, dass niemand es merkt.
8. Planen - Nur für heute werde ich ein genaues Programm aufstellen. Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln hüten: vor der Hetze und vor der Unentschlossenheit.
9. Mut - Nur für heute werde ich keine Angst haben. Ganz besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem zu freuen, was schön ist. Und ich werde an die Güte glauben.
10. Vertrauen - Nur für heute werde ich fest daran glauben – selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten –, dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt.

Nimm dir nicht zu viel vor. Es genügt die friedliche, ruhige Suche nach dem Guten an jedem Tag zu jeder Stunde, und ohne Übertreibung und mit Geduld.

Gelassenheit und andere Tugenden

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Gelassenheit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Gelassenheit

Ähnliche Eigenschaften wie Gelassenheit, also Synonyme zu Gelassenheit sind z.B. Gemütsruhe, Ausgeglichenheit, Gefasstheit.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Gelassenheit übertrieben kann ausarten z.B. in Gleichgültigkeit, Antriebslosigkeit, Müßiggang. Daher braucht Gelassenheit als Gegenpol die Kultivierung von Herzlichkeit, Spontanität, Begeisterung.

Gegenteil von Gelassenheit

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Gelassenheit, Antonym zu Gelassenheit :

Gelassenheit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

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Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

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Jochen Kowalski

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