Guna: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 19. Juni 2014, 14:01 Uhr

1. Guna (Sanskrit: गुण guṇa m.) bedeutet Schnur, Strick; Bogen-Sehne, Saite. Guna ist ein Attribut, eine Eigenschaft und Beschaffenheit, aber auch ein unwesentlicher Bestandteil, eine Nebensache, Nebenspeise bzw. Nebengericht. Guna heißt auch Art, Spezies, Vorzug, Tugend und Verdienst (Gegenbegriff: Dosha). Im Yoga und Ayurveda versteht man unter den drei Gunas die drei Grundbestandteile der Urnatur (Prakriti): Sattva, Rajas und Tamas.

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2. Guna (Sanskrit: गुणा guṇā f.) bezeichnet den Indischen Bogenhanf (Murva).

Guna in der indischen Philosophie

Guna im philosophischen Sinn bezeichnet die drei qualitativen Prinzipien der Ur-Substanz, der Eigenschaften bzw. Grundbestandteile der Natur Prakriti. Die drei Gunas sind: Sattva (Reinheit und Licht), Rajas (Aktivität und Bewegung), Tamas (Trägheit und Dunkelheit).

Alles in Maya, also der Welt der Manifestation in unserem Universum, besitzt diese drei Eigenschaften; Maya existiert nicht unabhängig von ihnen. Allein Brahman steht über den drei Gunas und ist von Maya unberührt.

Erst wenn Maya in einen Zustand der Nicht-Manifestation zurückgezogen wird, sind die drei Gunas in einem Zustand des vollkommenen Gleichgewichts. Dann existiert Maya nur als Ursache, ohne irgendeine Manifestation in Brahman. Dies wird "die Nacht Brahmans" genannt. Sobald durch karmische Gegebenheiten das Gleichgewicht der drei Gunas gestört wird, zeigen sich deren Eigenschaften und manifestieren sich als grob- oder feinstoffliche Erscheinungen. Das greifbare Universum beginnt wieder zu erscheinen; diese Projektion wird "der Tag Brahmans" genannt.

Die Gunas treten in verschiedenen Graden in allen groben oder feinen Gegenständen auf; sie wirken auf der physischen, geistigen und emotionalen Ebene, und binden den Menschen durch die Verhaftung an das Erleben in Maya. Solange der Mensch an einen der Gunas verhaftet ist, bleibt er gefangen. Sogar die Götter und Engel stehen unter ihrem Einfluss. In den Göttern und in ihrem Wirkungsfeld ist ein Übergewicht von Sattva, die Menschen dagegen haben durch ihr Dasein mehr Rajas, und bei anderen Wesen in der Natur überwiegt das Tamas. Sattva bindet den Menschen mit der Verhaftung an Glück, Rajas mit der Verhaftung an Aktivität und Tamas mit der Verhaftung an Täuschung.

Die drei Gunas werden in der hinduistischen Glaubenslehre in Personifikation als Trimurti dargestellt. Diese Trinität beschreibt die Dreifaltigkeit des Kosmos in Form der drei großen Götter: Brahma als den Schöpfer für Sattva, Vishnu als den Erhalter für Rajas, Shiva als den Zerstörer für Tamas.

Die Yoga Sutras von Patanjali

Cover des Buches "Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von Heute" von Sukadev Volker Bretz

Patanjali unterteilt in Anlehnung an die Philosophie des Sankhya die Bestandteile der Urnatur (Prakriti) wie folgt:

विशेषाविशेषलिङ्गमात्रालिङ्गानि गुणपर्वाणि || 2.19 ||

viśeṣāviśeṣa-liṅga-mātrā-liṅgāni guṇa-parvāṇi || 2.19 ||

Die Besonderen (Vishesha nämlich die Elemente Luftraum, Wind, Feuer, Wasser und Erde), die Nichtbesonderen (Avishesha, nämlich die Reinstoffe Laut, Berührung, Gestalt, Geschmack und Geruch), das nur mit Merkmalen (Lingamatra, das Seelenmerkmal), das ohne Merkmale (Alinga, die Urnatur) bilden die Unterteilungen der Bestandteile (Guna).

Worte von Swami Sivananda zu den Gunas

PRAKRITI WIRKT DURCH DIE DREI GUNAS

Satva, rajas und tamas sind die drei gunas oder Eigenschaften des Geistes. Satva ist Reinheit oder Licht des Wissens. Rajas ist Leidenschaft oder Aktivität. Tamas ist Trägheit oder Dunkelheit. Durch das in Schach halten von rajas und tamas könnt ihr satva steigern. Wenn das satva gesteigert ist, wird der Geist ruhig wie die Flamme einer Lampe an einem windstillen Platz. Wer satvisch ist, kann wahre Konzentration und Meditation ausüben und leicht in Samadhi (überbewußter Zustand) eintreten. Ein rajasischer Mensch liebt die Macht und Sinnes-Objekte. Ein tamasischer Mensch führt auf Grund seiner Unwissenheit brutale Handlungen aus. Satva kann nicht für sich selbst stehen. Es ist vermischt mit dem störenden rajas und tamas. Wenn es ein Übergewicht von satva gibt, können rajas und tamas kontrolliert werden. Dennoch lauern sie ständig im Geist.

Der Geist wandert (Kshipta) und ist schwankend durch die störende Energie von rajas, welche den Geist hinter zahlreichen Sinnesobjekten hinterher rennen lässt. Der Geist wird vergesslich (Mudha), wenn er mit tamas gefüllt ist. Aufgrund eines Übermaßes an tamas kommt tiefer Schlaf hinzu.

Wo es eine Steigerung von satva gibt, ist Glanz, Helligkeit, Freude, Reinheit, Stärke, Frieden und Erleuchtung. Eure wichtige Pflicht ist es, satva zu steigern und die Sinne und den Geist zu kontrollieren. Andere Pflichten sind nur zweitrangig. Nur ein vernünftiger Mensch kann diesen Punkt verstehen.

Vermeide unnötige Gesellschaft; lebe allein und beachte Mauna, d.h. Schweigen. Der Geist wird dadurch zur Ruhe kommen und Frieden finden. Große Anstrengungen sind erforderlich, um die Leidenschaften und Wünsche unter Kontrolle zu bringen. Entwickle Satva-Guna durch Japa (Rezitation des namens Gottes), Vichara (Selbsterforschung), Satsanga (Gesellschaft mit Weisen und Heiligen), Meditation, leicht verdauliche, reine Kost und Svadhyaya (Studium der Schriften). Derjenige, der selbstlosen Dienst ausübt und einen reinen Geist hat, entwickelt Göttliche Gedanken und Meditation.

Die drei Gunas und Karma Yoga

Swami Sivananda

Artikel von Swami Sivananda aus dem Buch „Practice of Karma Yoga“

Für einen Karma Yogi ist ein klares Verständnis der drei Gunas äußerst wichtig. Wer über die drei Gunas Bescheid weiß, erledigt seine Arbeit besser und effizienter.

Prakriti setzt sich zusammen aus den drei Gunas, nämlich Sattva , Rajas, Tamas. Sattva bedeutet Harmonie oder Licht oder Weisheit oder Gleichgewicht oder Güte. Rajas meint Leidenschaft oder Bewegung oder Aktivität. Tamas ist Trägheit oder Tatenlosigkeit oder Dunkelheit. Während der kosmischen Pralaya (Auflösung) liegen diese drei Gunas in einem Zustand des Gleichgewichts vor. Während Srishti (Projektion) entsteht eine Schwingung und die drei Eigenschaften werden im physischen Universum manifestiert. Die drei Eigenschaften schaffen Verhaftung an Jiva. Obwohl Sattva eine erstrebenswerte Eigenschaft ist, bindet auch Sattva den Menschen. Es entspricht einer goldenen Fessel. Rajas ist die Ursache der Verhaftung und Lebensdurst. Es verursacht Verhaftung an Handlungen. Tamas bindet den Menschen an Achtlosigkeit, Faulheit und Schlaf.

Jeder hat alle drei Gunas

Diese drei Eigenschaften sind untrennbar. Niemand ist ausschließlich rajasig oder sattvig der tamasig. Manchmal herrscht im Menschen Sattva vor. Er ist dann ruhig und gelassen. Er sitzt still und unterhält überragende, die Seele erhebende Gedanken. Er studiert religiöse Schriften und spricht über göttliche Themen. Wenn Sattva vorherrscht, werden die beiden anderen Eigenschaften momentan unterdrückt. Zu anderen Zeiten herrscht Rajas vor. Es bewirkt Aktion und Bewegung. Der Mensch plant, arrangiert und spekuliert. Er sehnt sich nach Macht, Reichtum und Aktion. Wenn Rajas vorherrscht, werden Sattva und Tamas zeitweise unterdrückt. Manchmal herrscht Tamas vor und der Mensch wird träge. Er fühlt sich faul, träge und lethargisch. Er ist stumpf und schläfrig. In diesem Moment werden Sattva und Rajas unterdrückt.

Bei manchen Menschen dominiert Sattva, bei anderen Rajas und bei einer dritten Gruppe Tamas. Wenn das Licht der Weisheit aus allen Toren des Körpers strömt, dann weiß man, dass Sattva anwächst. Begierde, nach außen drängende Energie, Handlungsbereitschaft, Ruhelosigkeit und Wünsche entstehen durch verstärktes Rajas. Dunkelheit, Täuschung, Stagnation, Achtlosigkeit entstehen aus verstärkter Trägheit. Wenn Sattva zum Zeitpunkt des Todes vorherrscht, dann geht der Sterbende zur unbefleckten Welt der Weisen. Dominiert Rajas in diesem Moment, dann wird er zweifellos unter jene geboren werden, die an die Handlung verhaftet sind. Stirbt er wenn Tamas die Oberhand hat, so wird er ohne Sinne wiedergeboren.

Die Früchte der Handlungen aus den drei Gunas

Die Früchte einer sattvigen Handlung sind harmonisch und rein; die Früchte einer rajasigen Handlung sind Schmerzen und die einer tamasigen Unwissenheit. Wer in Sattva gefestigt ist, entwickelt sich aufwärts. Rajasigen Menschen gebührt der mittlere Platz und tamasige Menschen entwickeln sich rückläufig und zeigen die abscheulichsten Eigenschaften. Intensives Rajas wendet sich zu Sattva . Ein Mensch, der sich tief im Rajas befindet, wendet sich zu Nivritti Marga. Er wird wie eine Gesetzmäßigkeit von den Handlungen genug haben.

In der Gita steht:

Arurukshormuneryogam karama karanam uchyate,
yogarudhasya tasyaiva shamah karanamuchyate.

„Für den Weisen, der Yoga zu erreichen wünscht, gilt Handeln als der Weg, für denselben Weisen, der Yoga erreicht hat, gilt Nichthandeln (Untätigkeit) als der Weg“. Kap. VI-3.

Gelange von Tamas Guna über Rajas Guna zu Sattva Guna

Es ist unmöglich, sich von Tamas aus mit einem Satz zu Sattva emporzuschwingen. Zunächst muss man Tamas in ein richtiges Rajas umwandeln. Ebenso wie man glaubt, dass das Rad einer Maschine bewegungslos scheint, wenn es sich sehr schnell dreht, so erscheint auch ein sattviger Mensch ruhig durch seine Selbstbeherrschung oder Kontrolle. Ein sattviger Mensch ist höchst aktiv. Er vollbringt in kürzester Zeit eine unwahrscheinliche Arbeitsleistung. Er kann sich voll konzentrieren.

Prakriti und die drei Gunas

Prakriti steht hinter jeder Handlung. Sie ist die handelnde der Gunas. Weiß man es nicht besser, so verwechselt man den Körper mit dem Selbst. Der Egoismus des Menschen behauptet sich mit jedem Schritt, nein zu jeder Sekunde. So wie man das Ziehen der Wolken fälschlicherweise der Sonne zuschreibt, so schreibt man die Körperbewegungen und die Indriyas fälschlich dem Selbst zu. Das Selbst ist immer ruhig und Zeuge aller Handlungen. Es ist Nishkriya oder Akarta.

Die Bhagavad Gita und die 3 Gunas

Cover des Buches "Die Yoga-Weisheit der Bhagavad Gita für Menschen von heute"

In der Bhagavad Gita steht:

„Alle Handlungen sind in allen Fällen nur aus den Eigenschaften der Natur geschmiedet. Der Mensch, dessen Geist von Ichbewusstsein getrübt ist, denkt: "Ich bin der Handelnde". Wer jedoch die Wahrheit über die Bereiche der Eigenschaften und (ihre) Funktionen kennt, Oh mächtig Bewaffneter (Arjuna), und weiß, dass sich die Gunas als Sinne zwischen den Gunas als Sinnesobjekten bewegen, ist nicht verhaftet“. Kap. III-27,28.
„Ich tue gar nichts.“ So denkt ein Mensch, der in Harmonie ist und die Wahrheit kennt, wenn er sieht, hört, fühlt, riecht, isst, geht, schläft, atmet, spricht, geschehen lässt, seufzt, die Augen öffnet und schließt – und ist davon überzeugt, dass sich die Sinne zwischen den Sinnesobjekten bewegen“. Kap. V-8,9.
Gott lässt weder Urheberschaft noch Handlungen für die Welt entstehen und auch nicht die Verbindung mit den Früchten der Handlungen. Vielmehr ist es die Natur, die handelt“. Kap. V-14.
„Derjenige sieht, der sieht, dass alle Handlungen allein von der Natur ausgeführt werden, und dass das Selbst handlungslos ist“. Kap. XIII-29.
„Wenn der Sehende keinen anderen Handelnden sieht als die Gunas und Das erkennt, was höher ist als sie, kommt er zu Meinem Wesen“. Kap. XIV-19.

Der Geist und die fünf Organe des Wissens, nämlich Ohr, Haut, Auge, Zunge und Nase werden von den sattvigen Elementen der Tanmatras (den Ur-Elementen, Grundlagen der Stoffe) gebildet. Die Pranas und die fünf Handlungsorgane, nämlich Zunge, Hände, Füße, Genitalien und Anus werden vom rajasigen Element der Tanmatras gebildet. Der physische Körper wird vom tamasigen Element der Tanmatras gebildet.

Überwinde die drei Gunas

Meditation in der Natur

Durch Meditation über die Bedeutung der oben zitierten Shlokas der Gita lassen sich die drei Gunas überwinden. Atman oder Brahman steht jenseits der drei Gunas (Trigunatita). Man sollte sein Sattva Guna durch die Entwicklung tugendhafter Eigenschaften stärken, indem man sattvige Nahrung zu sich nimmt, wohltätig ist, Askese übt, Japa und Meditation betreibt, die Indriyas kontrolliert und spirituelle Bücher studiert. Dann sollte man über Sattva Guna hinaus wachsen, indem man sich mit Atman oder Sakshi identifiziert und Brahma Abhyasa oder Atma Chintana oder Nididhyasana praktiziert.

Wenn der Bewohner des Körpers all diese drei Eigenschaften, woraus alle Körper bestehen, durchlaufen hat, frei von Geburt, Tod, Alter, Krankheit und Sorge ist, dann trinkt er den Nektar der Unsterblichkeit (vgl. Soma). Wer die drei Eigenschaften überwunden hat, zeichnet sich wie folgt in der Gita aus: „Wenn Licht, Aktivität oder Täuschung vorliegen, hasst er sie nicht, und er sehnt sich nicht danach, wenn sie nicht vorhanden sind. Wer wie unbeteiligt sitzt und von den Eigenschaften nicht bewegt wird, wer in sich selbst gesammelt ist und sich nicht bewegt, weil er weiß, dass die Eigenschaften aktiv sind, wer derselbe bleibt in Freude und Schmerz, wer im Selbst ruht, für wen ein Klumpen Erde und ein Stück Gold dasselbe bedeuten, wer sich den Freundlichen und den Unfreundlichen gegenüber gleich verhält, wer fest ist, und für wen Tadel und Lob gleichbedeutend sind, wer unberührt ist von Ehre und Schmach, sich gleich verhält gegenüber Freund und Feind und alle Vorhaben aufgibt – von ihm heißt es, er habe die Eigenschaften transzendiert. Wer Mir mit unerschütterlicher Hingabe dient, geht über die Eigenschaften hinaus und ist geeignet, selbst zu Brahman zu werden. Kap. XIV-22,26.

Worte aus der Bhagavad Gita zu den Gunas

Krishna und Arjuna in der Bhagavad Gita

Im siebzehnten und achtzehnten Kapitel spricht Krishna über die Gunas. Er beschreibt ausführlich ihre elementare Bedeutung für das Denken und Handeln des Menschen, und lehrt den Menschen zum Verständnis der Gunas drei Arten des Glaubens (Shraddha), drei Arten von Nahrung (Ahara), drei Arten von Opfer (Arghya), drei Arten der Buße oder Askese (Tapas), sowie drei Arten der Barmherzigkeit beim Spenden von Gaben (Dana).

Kapitel 18, Vers 19 bis 22:

"In der Wissenschaft von den Gunas (der Sankhyaphilosophie) wird erklärt, dass Wissen, Handlung und Handelnder nur von dreifacher Art sind, gemäß der Unterscheidung durch die Gunas. Höre nun auch gebührend davon. Das, was den Menschen die unzerstörbare Wirklichkeit in allen Wesen erkennen lässt, die in all den getrennten Wesen nicht getrennt ist - wisse, dies ist sattvige Erkenntnis. Erkenntnis jedoch, die in allen Wesen unterschiedliche Wesenheiten oder bestimmte von einander verschiedene Arten sieht - diese Erkenntnis erkenne als rajasig. Das jedoch, was ohne Verstehen, ohne Grundlage in der Wahrheit und oberflächlich an einer einzigen Wirkung hängt, so als wäre sie das Ganze - wird tamasig genannt."

Guna im Ayurveda

Im Ayurveda werden alle Nahrungsmittel (Ahara) unter dem Gesichtspunkt von zwanzig Qualitäten oder Eigenschaften (Guna) betrachtet, die folgende zehn Gegensatzpaare (Dvandva) bilden (Charaka Samhita, Sutra Sthana 25, 36):

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare

Seminare zur Bhagavad Gita findest du hier Yoga Vidya Seminare

Multimedia

Vortrag mit Dr. Rhyner, Sankhya und Vedanta in der Ayurveda Praxis