Psychologie
Psychologie als eine empirische Wissenschaft beschreibt und erklärt das Verhalten und Empfinden des Menschen, seine Entwicklung - und alle damit direkt oder indirekt zusammenhängenden inneren und äußeren Ursachen. Empirisch heißt, dass alle Hypothesen oder Modelle anhand wissenschaftlicher Experimente überprüft werden. Als Wissenschaft ist sie zwischen einer Geisteswissenschaft und einer Naturwissenschaft einzuordnen. [1]
Teilbereiche der Psychologie
Es gibt viele Fachbereiche der Psychologie. In folgendem eine grobe Kategorisierung [2]:
- Allgemeine Psychologie: Untersucht das Erleben, Verhalten, die Wahrnehmung, das Denken, die Motivation und das Lernen, das Tun und Handeln eines Menschen, seine seelischen Eigenschaften, Prozesse und Funktionen.
- Biologische Psychologie: Untersucht die Zusammenhänge zwischen körperlichen Vorgängen und psychischen Prozessen, Zum Beispiel: Angst äußert sich in Schlaflosigkeit, Unruhe und Schwitzen.
- Sozialpsychologie: Der Versuch, menschliches Denken, Fühlen, Handeln verursacht durch tatsächliche, vorgestellte oder implizite Anwesenheit anderer zu verstehen und erklären (Schnittstelle zur Soziologie).
- Entwicklungspsychologie: Erforschung der Veränderungsprozesse eines Menschen, z.B. in der Kindheit.
- Persönlichkeitspsychologie: Untersucht die Unterschiede von Menschen.
- Diagnostische Psychologie: Die Ermittlung und Bestimmung einer vorliegenden Krankheit, z.B. Tests, um zu entscheiden, ob ein Kind eine besondere Behandlung benötigt.
- Pädagogische Psychologie: Erziehungs- und Lernprozesse werden untersucht.
- Klinische Psychologie: In Krankenhäusern und Beratungsstellen angewendet, untersucht psychische Störungen und die Auswirkungen auf das Verhalten und Erleben.
- Forensische Psychologie: Im Gericht und beim Strafvollzug
- Arbeits- und Organisationspsychologie: Deckt Bereiche ab wie innerbetriebliche Weiterbildung, Personalentwicklung und – beratung.
Psychologie: Aktuelle Ansätze
Persönlichkeitspsychologie: Die Big Five- die fünf Hauptdimensionen einer Persönlichkeit
Es gibt ein Persönlichkeitsmodell, welches entwickelt wurde, um zu beschreiben, was unsere Persönlichkeit ausmacht. Es beruht auf einem lexikalischen Ansatz; die Theorie: Die wesentlichen Persönlichkeitsmerkmale werden sich in der Sprache wiederfinden, da Menschen ja übereinander sprechen und dazu Adjektive benutzen. Es wurden 10.000 Adjektive gesammelt, aus denen 5 stabile und kulturübergreifende Faktoren extrahiert wurden.[3]
Dieses Modell hilft nun Arbeitspsychologen etc., die Eigenschaften eines Menschen recht einfach zu erfassen. Die fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit sind[3]:
- Bedürfnis nach Stabilität (das Maß, inwieweit wir auf Rückschläge reagieren)
- Extraversion (das Maß, inwieweit wir auf Reize von außen reagieren)
- Offenheit(das Maß, inwieweit wir aktiv nach neuen Ideen und Erfahrungen suchen)
- Umgänglichkeit (das Maß, inwieweit wir eigene Interessen über die anderer stellen)
- Gewissenhaftigkeit(das Maß, inwieweit wir organisiert und ergebnisorientiert arbeiten)
Positive Psychologie
Die sogenannte Positive Psychologie ist eine Forschungsrichtung innerhalb der Psychologie, die sich mit der Frage beschäftigt, was das Leben lebenswert macht. [4] Die Positive Psychologie erforscht also nicht die Defekte der Seele, sondern die Stärken eines Menschen und untersucht die Gegebenheiten, unter denen er aufblüht.
Die Theorie: Glück basiert auf einer optimistischen Selbstbeschreibung, die erlernbar ist. Nicht unsere Umstände sind für unser Glück verantwortlich! So ist es auch wissenschaftlich erwiesen, dass ab einer relativ niedrigen Einkommensschwelle das Vermögen keinen Einfluss mehr auf das gefühlte Glück hat. Doch obwohl 70 Prozent aller Menschen niemals an einer psychischen Störung leiden, sind viele dieser "Gesunden" nicht zufrieden. [5]
Martin Seligman, der Begründer der Positiven Psychologie, stellte in den Vordergrund der Forschung, wie wir zu einem erfüllten und glücklichen Dasein gelangen können. Er dazu: "Es geht nicht mehr nur darum, Schäden zu begrenzen - und von minus acht auf minus zwei der Befindlichkeitsskala zu kommen -, sondern wie wir uns von plus zwei auf plus fünf verbessern können" [4]
Im Vordergrund stehen die positiven Charaktereigenschaften eines Menschen. Einer der Forscher der Psychologie, Peterson, definiert Charakter wie folgt: "Charakter bezieht sich auf jene Aspekte der Persönlichkeit, die moralisch geschätzt werden. Der Positiven Psychologie geht es mithin um solche Charaktereigenschaften, die im Zusammenhang mit Lebenszufriedenheit stehen." So fand man heraus, dass die drei Schlüsselkriterien für menschliches Glück Engagement, Lebenssinn und Hedonismus sind. Außerdem werden in allen Kulturen sechs stark ethisch geprägte Grundtugenden hoch geschätzt: Weisheit, Mut, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung, Transzendenz. Nun konnte man diesen Grundpfeilern 24 Charakterstärken zuordnen, die im Zusammenhang mit Lebenszufriedenheit stehen[5]:
- Wissen: Kreativität, Neugier, Urteilsvermögen, Liebe zum Lernen und Weisheit.
- Mut : Authentizität, Tapferkeit, Ausdauer und Enthusiasmus
- Mäßigung: Vergebungsbereitschaft, Bescheidenheit, Vorsicht und Selbstregulation
- Transzendenz: Dankbarkeit, Hoffnung, Humor, Spiritualität und der Sinn für das Schöne.
Das Fazit der Positiven Psychologie: Glück ist erlernbar. Man kann sich auf seine positiven Charakterstärken konzentrieren, statt sich mit seinen Schwächen zu identifizieren. Diese Erkenntnisse kann man auch nutzen, um die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern zu erhöhen.
Flow
Mihaly Csikszentmihalyi, ein psychologe und Glücksforscher, untersuchte Künstler und Sportler, um herauszufinden, was das ist: der Flow- dieses Gefühl des völligen Aufgehens in einer Tätigkeit. [6]
Er erweiterte dies zunehmend zu einer sehr umfassenden Glückstheorie. Glücklich sind wir, wenn wir im Flow sind. Wenn wir im Flow sind, sind unser Fühlen, unser Wollen und unser Denken in diesen Augenblicken in Übereinstimmung. Während wir der Tätigkeit nachgehen, spielen für uns weder die Zeit noch wir selbst eine Rolle und das Handeln geht mühelos vonstatten.
Viele Tätigkeiten können Flow erzeugen, Sport genauso wie eine Liebesbeziehung, die Beschäftigung mit Musik oder der Wissenschaft etc. Folgende Eigenschaften haben die flowerzeugenden Aktivitäten jedoch gemeinsam[6]:
- Wir sind fähig, uns auf unser Tun zu konzentrieren: Wir sind konzentriert, nicht abgelenkt, hinterfragen die Aktivität nicht, haben Abstand zu Alltagssorgen
- Die Aktivität hat deutliche Ziele: die Tätigkeit ist deutlich und definiert.
- Wir haben das Gefühl von Kontrolle über unsere Aktivität
- Unsere Sorgen um uns selbst verschwinden: Ausweitung des Selbst, keine Selbstreflexion, sondern Erleben des Momentes
- Unser Gefühl für Zeitabläufe ist verändert
Dies gilt für sämtliche Lebensbereiche. Für dauerhafte Zufriedenheit spielen Wachstum bzw. Weiterentwicklung eine wesentliche Rolle, um den Flow zu finden bzw. beizubehalten und nicht in Überforderung oder Unterforderung zu geraten.
Yoga und Entwicklung der westlichen Psychologie
- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -
Aus der Reihe Geschichte des Yoga und Entwicklung des Yoga im Westen
- Wie ist die westliche Psychologie entstanden?
- Wie ist sie beeinflusst worden durch Yoga und
- Wie hat die westliche Psychologie Yoga vielleicht mit beeinflusst?
Geschichte der Psychologie im Westen
Wenn wir über die Geschichte der Psychologie im Westen sprechen, dann kann man sehr früh ansetzen. Schon Aristoteles hatte eine Theorie des menschlichen Geistes. Die alten Griechen und Plato hatten darüber gesprochen. Man könnte auch noch weiter zurückgehen und über das Menschenbild der Scholastiker, über die Philosophen der Aufklärung sprechen. Aber im engeren Sinne geht man davon aus, dass die westliche Psychologie entstanden ist um 1900. Aus dieser Zeit gibt es einige wichtige Namen. William James und Sigmund Freud gehören dazu. Interessant ist, dass beide Yoga kannten. Sie waren bekannt mit indischem Gedankengut und beide haben über die Auseinandersetzung mit indischem Gedankengut und Yoga Wissen, ihre eigenen philosophischen bzw. psychologischen Theorien entwickelt.
Akademische Psychologie – William James
Als einer der Begründer der akademischen Psychologie gilt zum Beispiel William James. Er ist auch einer der sogenannten Philosophen des amerikanischen Pragmatismus. James war eigentlich Philosoph, hat jedoch auch die Psychologie mitbegründet. Auch die experimentelle und empirische Psychologie. Aber zunächst war William James ein Vertreter des amerikanischen Pragmatismus. Zudem war er auch Religionswissenschaftler, hat Werke über die religiöse Erfahrung geschrieben. William James hat erkannt, dass in verschiedensten Religionen Menschen ähnliche religiöse Erfahrungen haben. Ihm ging es dann insbesondere darum, dass man Religionen nicht auf ihren Wahrheitsgehalt beurteilt, sondern auf ihre Wirkung.
Auswirkungen von religiösen Praktiken
Letztlich sagte William James „wir können nicht sagen, ob die Aussagen, die die Religionen treffen wahr sind. Sondern wir können nur schauen wenn jemand den Aussagen einer Religion folgt, welche Auswirkungen das hat.“ Wenn das Leben der Menschen durch religiöse Praktiken gesünder wird, wenn sie generell glücklicher sind, sie besser mit anderen umgehen können und wenn es den sozialen Zusammenhalt fördert, dann ist diese Art von religiöser Praxis gut.
Ist das Praktizieren einer bestimmten religiösen Praxis jedoch ungesund ist, es die Menschen ins Unglück stürzt, es sie dazu bringt nicht mit anderen Menschen zusammen wirken zu können und wenn diese religiöse Praxis Menschen sogar gewalttätig macht, dann ist diese Praxis definitiv nicht gut. Wenn du dich etwas mit Yoga beschäftigt hast, dann mag dir das recht vertraut klingen.
Im Yoga, zu mindestens im ganzheitlichen Yoga, im Integral Yoga wie Swami Sivananda gelehrt hat und letztlich auch Ramakrishna und Vivekananda, ist dieser Punkt durchaus entscheidend. Wir integrieren im Yoga das, was gut ist.
Wenn wir allerdings etwas erkennen was nicht so gut ist, also wenn in den Schriften irgendetwas steht, von dem wir heute feststellen, das hat keinen positiven Einfluss, dann lassen wir es weg und ersetzen es durch etwas anderes. Finden wir etwas Neues mit einer positiven Auswirkung, dann wiederum können wir das integrieren. Auch wenn wir im ganzheitlichen Yoga auf andere Techniken und Traditionen stoßen und bei der Praxis die guten Wirkungen sehen, kann man das gut miteinander verbinden. Wenn man jedoch im Gegenteil feststellt, beide Elemente miteinander zu kombinieren hat negative Wirkungen, dann lassen wir es weg.
Entwicklung des Pragmatismus durch Einflüsse aus dem Yoga
Inwieweit jetzt dieser Pragmatismus die indischen Yogis mit geprägt hat oder umgekehrt, die indischen Yogis den Pragmatismus mitgeprägt haben, sei dahin gestellt. Bekannt ist jedenfalls, dass William James indische Yoga Meister und Pandits, Gelehrte, eingeladen hat, an der Universität Vorträge zu geben. Bekannt ist auch, dass er selbst meditiert hat und dass er das Yoga Sutra studiert hat. Ob jetzt diese Personen, die William James in den USA besucht haben, diese Erkenntnisse in Indien weiter gegeben haben, oder andersherum, das weiß man nicht. Menschen aus Indien, die die wochenlange Schiffsreise in die USA in Kauf genommen haben, müssen allerdings wirklich neugierig auf die amerikanische Zivilisation gewesen sein. Und ein Wissenschaftler, ein Philosoph oder Religionswissenschaftler, der Monate lang Gastgeber war für indische Gelehrte, sich um sie kümmert, muss umgekehrt auch neugierig auf sie gewesen sein. Also kann man davon ausgehen, dass ein fruchtbarer Gedankenaustausch stattfand.
Zu Beginn der westlichen Psychologie gibt es mit William James damit schon eine Person, die sich mit indischem Gedankengut auseinander gesetzt hat, und auch selbst meditiert hat.
Sigmund Freud
Eine zweite Person, die ich jetzt herausgreifen möchte ist Sigmund Freud. Er war kein Yoga Übender. Aber er hat sich auch mit dem Thema auseinander gesetzt. Es gibt Briefe, in denen er beschrieben hat, dass er von vielem nichts hält was in Indien ist, und dass er auch manche Aussagen von Indien Begeisterten ablehnen würde. Schon allein dadurch weiß man, dass er das Thema kannte. Letztlich hat Sigmund Freud ja auch gelernt aus der Hypnose. Hypnose als Teil der Medizin war auch wiederum mit beeinflusst von Yoga Techniken. Darüber war auch Sigmund Freud in seinen Thesen beeinflusst. Sigmund Freud war insofern kein Yoga Freund, hat sich aber dennoch damit beschäftigt.
C.G. Jung und seine Verbindung zur indischen Psychologie
Einer der bekanntesten Schüler von Freud ist C.G. Jung. Von ihm weiß man wiederum, dass er meditiert hat, dass er auch nach Indien gereist ist. Dass er sich mit Hermann Hesse beschäftigt hat. Hermann Hesse gilt als absoluter Indienfreund. Hesse hat auch einen Reisebericht über Indien geschrieben. Seine Romane über Siddhartha und andere, haben das Indienbild von ganzen Generationen bis in die 1960iger Jahre mit geprägt. Also finden wir auch hier diese Auseinandersetzung mit indischer Psychologie.
Austausch zwischen Indien und dem Westen
Es gab auch eine Weile regelmäßigen Austausch von Psychologen mit Yoga Übenden und Yoga Lehrenden. Es gab diese Bewegung in Ascona. Tagungen, an einem Ort im nördlichen Italien, wo viele Anhänger der Neugeistbewegung, der Reformbewegung sich niedergelassen haben. Dort gab es auch spirituelle Gemeinschaften, Kommunen, ökologisches Leben usw. Alle eins bis drei Jahre gab es dort auch Tagungen, zu denen führende Psychologen, Philosophen sich getroffen und auch Yoga geübt haben. Einschließlich Hatha Yoga und Meditation. Dazu waren auch indische Yogis eingeladen. Und vieles mehr. Es gab also sehr viel mehr Verbindungen und Austausch des Westens mit Indien als wir uns heute bewusst machen.
Wege des Yogas in den Westen und sein Einfluss auf die westliche Psychologie
Die meisten die heute Yoga üben denken ja, Yoga ist in den 60iger, 70iger Jahren des 20. Jahrhunderts in den Westen gekommen. Und erst nach 2000 ging es richtig los. Aber das Yoga im Westen ist schon sehr viel älter und hat die Psychologie Bewegung stark mit geprägt und hatte später natürlich auch auf die humanistische Psychologie einen großen Einfluss. Viele der führenden Wissenschaftler waren selbst auch in Indien, haben Meditation geübt. Viele von ihnen haben Hatha Yoga geübt.
Auch die kognitive Verhaltenstherapie ist ebenfalls stark geprägt von Yoga Gedankengut bis zur heutigen Welle der Achtsamkeit. Man spricht auch von der Achtsamkeitswende der kognitiven Verhaltenspsychologie. Konzepte der Achtsamkeit stammen aus Buddhismus, Raja Yoga und Vedanta.
Fazit und Sukadevs These
Das waren jetzt einige Anregungen über Entwicklung der westlichen Psychologie und Yoga. Meine These ist, dass sich die westliche Psychologie entwickelt hat auch und gerade mit der Auseinandersetzung mit Raja Yoga, mit Bhagavad Gita und dem Vedanta. Viele der führenden Experten der westlichen Psychologie haben entweder selbst Yoga praktiziert oder sich bewusst damit auseinander gesetzt. Eine weitere Person aus Deutschland, sollte hier auch erwähnt werden. Schultz, der Begründer des Autogenen Trainings, der selbst mal gesagt hat, dass autogenes Training eine Weiterentwicklung des Yoga für den Westen sei.
Video - Yoga und Entwicklung der westlichen Psychologie
Psychologie Lebensgemeinschaft
Auszug aus dem Buch "Entstehung von Yoga Vidya, Lebensgemeinschaft und Lehrsystem
Bei Yoga Vidya sind westliche Psychologie sowie Psychotherapie bedeutsam, insbesondere zum Beispiel bei zwischenmenschlicher Kommunikation spielt die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg eine wichtige Rolle. Wir haben bei Teamleitern und Bereichsleitern Coachings, wir nutzen die Formen abendländischer Führungsprinzipien und vieles andere. Auch das war am Anfang gar nicht so selbstverständlich und die psychologische Yogatherapie und Psychotherapie spielen auch in Einzelberatungen eine Rolle. Wir bieten auch eine ganze Menge von Yoga-Seminaren, die eine Mischung aus traditioneller Yoga-Psychologie, Yoga-Körperübungen und westlicher Psychologie und Psychotherapie sind.
Warum bieten wir so viel Psychologie?
Swami Vishnudevananda und Swami Sivananda haben bereits abendländische Konzepte integriert. Der Guru hat insbesondere in seinem Buch „Gedankenkraft“ und „Erfolg in Leben und Selbstverwirklichung“ verschiedene westliche Arbeitsweisen mit aufgegriffen und der klassische Yoga auch in westlich-psychologischer Terminologie ausgedrückt, wohlgemerkt die Begrifflichkeit der 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts. Und bei Yoga Vidya gab es einen besonderen Gastlehrer namens Shanmug Eckhardt, der zusammen mit mir in den Sivananda Yoga Vedanta Zentren, mit mir zusammen sogar im Vorstand gewesen war. Shanmug hatte sich viel mit westlicher Psychologie beschäftigt. Nachdem er etwa kurz nach mir die Sivananda Yogazentren verlassen hatte, hat er ein Fernstudium begonnen an der Open University in London, er hat dort den Bachelor und Master erworben, also universitäre Abschlüsse. Wenn er zu Yoga Vidya gekommen ist, hat er Seminare und Workshops gegeben mit westlicher Psychologie.
Westliche Psychologie hat so Eingang gefunden und auch ich selbst habe mich mehr damit beschäftigt. Im Dezember 1992 bin ich mit Shivakami zusammengekommen, die achtzehn Jahre lang meine Lebensgefährtin wurde. Sie hat viel Erfahrung mit westlicher Psychologie und Psychotherapie, hat sich dafür interessiert, war dafür offen und aufmerksam. So wurden auch die Psychotherapie und Psychologie ein wichtiger Bestandteil des Konzeptes von Yoga Vidya, sowohl beim Unterrichten bei der Yogalehrerausbildung, bei Seminaren, bei Workshops, wie auch im Umgang miteinander, im Sinne von spirituellem Wachstum.
Psychologie und Gemeinschaft
So ist bei Yoga Vidya auch heute eine Mischung zu verzeichnen aus westlicher Psychologie, Psychotherapie, auf der Basis der Raja Yoga Psychologie und des spirituellen Wachstums. Manche der Yoga Vidya Gemeinschaftsmitglieder sind daran mehr interessiert und es gibt einige, die Familienstellen integrieren, die Erfahrung haben mit Gestalttherapie, manche gründen Arbeitskreise über gewaltfreie Kommunikation, manche haben andere Arbeitsgemeinschaften. Wir haben einen Männerarbeitskreis. Männergruppe nennt sich das, wir hatten auch schon Frauengruppen und viele andere. Nicht jeder will das, nicht jeder braucht das, aber es existiert eine starke Offenheit auch für abendländische Techniken der Psychotherapie und der Weiterentwicklung. Und wie gesagt, unter den Führungskräften, wenn man es so nennen will, gibt es Coaching, sodass mit westlichen Konzepten geschult Menschen ihre Aufgaben besser wahrnehmen können.
Gesundheit und Psychologie
Auszug aus dem Buch "Practice of Nature Cure" (1951) von Swami Sivananda, S.53. Divine Life Society
Um ein glückliches und gesundes Leben zu führen und um auf dem spirituellen Weg voranzuschreiten, muss man ein guter Psychologe sein. Die meisten der körperlichen Beschwerden kommen von einem kranken Geist. Emotionales Ungleichgewicht führt zu allen möglich Problemen wie Nervenstörungen und körperlichen Krankheiten. Ein wirklicher Sannyasin ist glücklich und voller Kraft, auch wenn er hungrig, heimatlos und ohne Freunde ist. Er ist voller innerer Kraft.
Man sollte ein geregeltes Leben führen, Zeit zum Arbeiten haben und Zeit zum Ausruhen. Nur dann kann man glücklich und in Frieden sein und genug Zeit für Sadhana haben. Nur dann kann man in seinen Vorhaben erfolgreich sein. Man sollte um 22 Uhr zu Bett gehen und um 4 Uhr aufstehen. Das macht die Nerven stark.
Ein Grund, warum Menschen Nervenzusammenbrüche bekommen, ist, dass sie nicht wissen, wie sie ihre Freizeit nutzen können. Sie sind in der Freizeit geschäftiger als an Arbeitstagen. Sie verschwenden viel Energie und nennen das Erholung. Tatsächlich erholen sie sich nicht, sondern verdoppeln die Erschöpfung. In der Freizeit sollte man schweigen und die Zeit für Sadhana nutzen. Wenn man sich sechs Monate lang daran hält, wird man die Wahrheit in diesen Worten erkennen.
Das Geheimnis, mit seiner Energie zu haushalten
Auszug aus dem Buch "Practice of Nature Cure" (1951) von Swami Sivananda, S.34-35. Divine Life Society
Energie muss aufbewahrt werden. Man sollte immer genügend Energie in Reserve haben. Nur dann kann man sich guter Gesundheit erfreuen. Die Natur selbst speichert viel Energie. Aber die Menschen verschwenden ihre Energie und leiden dann an Schwäche, Anämie usw. Übermäßige sexuelle Betätigung verbraucht enorm viel Energie. Sei mäßig. Halte Brahmacharya, und bewahre die sexuelle Energie auf. Verwandle sie in Ojas Shakti, eine Form spiritueller Energie.
Überlade den Magen nicht. Esse mäßig. Faste. Gib den Verdauungsorganen genügend Erholung. Gib Geschwätz und Klatsch auf. Mäßige deine Worte. Schweige eine bis zwei Stunden täglich. So kannst du viel Energie sparen. Höre auf, dir Sorgen zu machen. Verlass dich auf Gott. Gib dich Gott hin. Er wird für dich sorgen. Sich sorgen kostet viel Energie und zerstört den Geist. Gib Phobien und Ängste auf. Kontrolliere Wut, sei geduldig, liebevoll und vergebend. Verschwende keine Energie durch Ärger und unkontrollierte Bewegungen.
Wer in einem Kraftwerk die elektrische Energie kontrolliert, reguliert sie und verteilt sie an die verschiedenen Stellen. Er weiß, wie er mit der Ladung umgehen muss. So ungefähr musst du die Energie in deinem Körper regulieren. Wenn du die Löcher schließt, aus denen Energie verlorengeht, wirst du über genügend Energiereserven verfügen.
Leg dich ins Bett, schließe die Augen. Halte den Atem einige Sekunden an. Wiederhole Om im Geiste. Wiederhole diesen Prozess 10 Minuten lang. Du wirst spüren, wie sich dein Körper mit Energie füllt. Sitze bequem. Schließe die Augen. Ziehe die Sinne zurück, and konzentriere dich auf das Trikuti für eine halbe Stunde. Erschließe deine eigene Quelle, und hole dir reichlich Energie von deinem eigenen Atman.[...]
Wenn man gesund und gelassen sein möchte, sollte man aufhören, sich mit nutzlosen Aktivitäten zu beschäftigen. Man sollte Unterscheidungskraft besitzen und sich fragen, ob das, was man tut, notwendig ist, um das eigene Lebensziel zu erreichen. Wenn man versucht, den Geist zu beherrschen, lehnt er sich auf. So muss man Methoden finden, die den Geist von seinem Wunschdenken abhalten. Man kann viel Energie sparen, wenn man Tratsch und zielloses Herumwandern vermeidet. Die Entwicklung guter Gewohnheiten für Körper und Geist führen zu guter Gesundheit und innerem Frieden, und man hat mehr Zeit für Sadhana.
Die Gewohnheit, sich Sorgen zu machen, ist eine große Belastung für die Nerven. Ein Bhakta oder ein wahrer Sadhaka macht sich nie Sorgen. Er hat Vertrauen zu Gott und in seine eigene Göttlichkeit. Er hat Selbstvertrauen, ist heiter, mutig und voller Freude. Er nimmt die Dinge, wie sie kommen, wie Gott sie ihm gibt. Er erreicht eine Menge, während jemand der sich Sorgen macht, goldene Gelegenheiten verpasst, die ihm von Gott gegeben werden.
Gefahren für die Gesundheit
Auszug aus dem Buch "Practice of Nature Cure" (1951) von Swami Sivananda, S.54-55. Divine Life Society
Wenige Menschen bemerken, dass schlechte Qualitäten wie Hass, Eifersucht, Wut, Empfindlichkeit und Ungeduld schlecht für sie selbst sind. Ein Wutanfall von 10 Minuten kostet mehr Energie als wenn man zwei Tage auf dem Acker arbeiten würde, ohne zu essen. Nagende Eifersucht frisst die Nervenkraft schneller als weiße Ameisen sich durch trockenes Holz fressen. Überempfindlichkeit, Ungeduld und Sorgen bringen graue Haare, viele Jahre bevor man sie zu erwarten hätte. Man sollte heiter sein, nach innen schauen, sich bemühen. Wenn man alle Gedanken an die Auslöschung der eigenen schlechten Qualitäten richtet, wird man nie wütend. Indem man sich gute Qualitäten anderer anschaut, wird man niemanden hassen. Wenn man andere in dem, was sie erreichen, bewundert, dann wird man nicht von Eifersucht geplagt sein und jene zurückhalten, die nach vorne streben. Eifersucht schafft einen Minderwertigkeitskomplex, lähmt den Geist und ruiniert die Gesundheit. Eifersucht ist die Ursache von Nervenzusammenbrüchen von Millionen Menschen in der ganzen Welt.
Eine weitere wichtige Regel für eine gute Gesundheit ist in der ewigen Gegenwart zu leben, sich auf das zu konzentrieren, was man gerade tut. Gestern ist vorbei, Morgen ist noch nicht gekommen. Das Leben ist in der Gegenwart, im Hier und Jetzt. Die Zukunft wird sich um sich selbst kümmern. Wenn man so lebt, ist man nie angespannt, sondern gelassen, heiter, konzentriert und leistungsfähig. Man erreicht mehr als andere, die an Vergangenheit oder Zukunft denken und nicht im Hier und Jetzt sind. Durch Unachtsamkeit haben sie weniger Zeit für die Arbeit, die sie gerade tun, haben es immer eilig und leben an der Schwelle ihrer Nerven. Ihr Geist beherrscht sie, ihre Launen und die Moden sind ihre Meister. Wie können sie je etwas erreichen?
Auch wenn die Arbeit schwierig ist, sollte sie getan werden. Wenn man sich wirklich einsetzt, um die Aufgabe zu erfüllen, kann das Unmögliche möglich werden. Man sollte nicht zögern, die Dinge leicht nehmen und sich vor keiner Aufgabe fürchten. Entschlossenheit verhilft schnelle Entscheidungen zu treffen. Das geht nur, wenn der Geist ruhig ist. Unentschlossene Menschen können nichts erreichen.
Löse deine Probleme selbst!
Auszug aus dem Buch "Practice of Nature Cure" (1951) von Swami Sivananda, S.55. Divine Life Society
Wenn man lernt, den eigenen Geist zu beherrschen, kann man seine eigenen Probleme lösen und Hindernisse auf dem Weg überwinden. Man sollte aufhören, sich zu beklagen und zu beschweren. Wer sich ein Leben lang beschwert, hat keine Willenskraft, seine Ziele zu erreichen. Der Geist sucht nach einem Grund, sich zu beschweren, das Leben wird zu einer Kette von Fehlern und jedes Mal gibt er jemandem oder etwas die Schuld. Er ist anfällig für einen Nervenzusammenbruch. Weisheit liegt in der Akzeptanz der Dinge, die man nicht kontrollieren kann. Man sollte nicht murren, sondern freudig und willig akzeptieren. Man sollte aber auch den Mut haben, Dinge zu ändern, die man ändern kann. Der Geist sollte unter Kontrolle sein, man sollte seine Sichtweise und Denkweise ändern, aufhören, geistige Energie zu verschwenden, den Geist nach innen lenken und das wahre Selbst erkennen.
Gottvertrauen
Auszug aus dem Buch "Practice of Nature Cure" (1951) von Swami Sivananda, S.55-56. Divine Life Society
Vertrauen in Gott muss wiederhergestellt werden. Mangelndes Vertrauen in Gott und bedingungslose Hingabe an die Wissenschaft ist die Ursache vieler menschlicher Erkrankungen. Ohne Vertrauen in die höhere Kraft oder Gott wird der Mensch zum Tier. Egoismus, Gier, Lust, Gewalt führen zu Nervenzusammenbruch, Bluthochdruck, Herzkrankheiten und vielen anderen Krankheiten.
Zu viel Vertrauen in den Intellekt resultiert in Wahnsinn und gebrochenem Willen. Das Beispiel des Philosophen Nietzsche ist bekannt. Der Intellekt ist endlich und zerbrechlich. Er ist machtlos, wenn der Mensch von Verführungen angezogen wird, und außer Kraft, wenn er vergiftet ist. Deshalb führe ein rechtschaffenes, gesundes Leben, und halte dich an die grundlegenden Hygiene- und Ernährungsregeln. Man sollte sich auf seine Intuition verlassen, die durch Vertrauen, Hingabe und Reinheit des Herzens entwickelt werden kann.
Reinheit des Herzens wird durch Meditation erreicht, durch Gebet, Wiederholung des Namens Gottes, Studium der heiligen Schriften und als Wichtigstes von allem durch selbstlosen Dienst an der Menschheit. Wenn man den Kranken, Armen und Bedürftigen hilft und ihnen Wohlstand und Freude bringt, verhilft man sich selbst zum eigenen Glück. Wenn man Bequemlichkeit und Ego opfert, entwickelt man Zufriedenheit und unendliche Freude. Man ist immun gegen Krankheiten, der Geist ist rein, friedlich und stark. Wenn man glücklich, gesund und rechtschaffen lebt, dann wird die Gesellschaft glücklich und frei von Übel werden. Indien folgt diesem Ideal. Die Botschaft der alten Seher wird von den Eltern an ihre Kinder und jetzt auch an die ganze Welt weitergegeben.
Siehe auch
- Raja Yoga
- Vedanta
- Bhagavad Gita
- Achtsamkeit
- Autosuggestion
- Psychische Therapie
- Angst
- Depression
- Sucht
- Wirkungsforschung
- Ayurveda
- Ayurvedische Ernährung
- Nahrung als Medikament
- Kräuter
- Yoga Psychologie
- Psychotherapie
- Tiefenentspannung
- Autogenes Training
Fußnoten
Literatur
- Swami Sivananda: "Practice of Nature Cure“, Divine Life Society, ISBN 81-7052-229-3.
- Vasant Lad und David Frawely, Die Ayurveda Pflanzenheilkunde
- Hans Heinrich Rhyner, Das neue Ayurveda Praxis Handbuch
- Chuck Spezzano: Wenn es verletzt, ist es keine Liebe
- Sukadev Bretz/ Ulrike Schöber: Der Königsweg zur Gelassenheit
- Sukadev Bretz: Meditieren lernen in 10 Wochen - Übungsbuch mit MP3-CD
- Sukadev Bretz: Die Yoga Weisheit des Patanjali für Menschen von heute
- Sukadev Bretz: Die Bhagavad Gita für Menschen von heute
Seminare
Selbsterfahrung, Psychotherapie, Psychologie
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