Kriya Yoga

Aus Yogawiki

Kriyayoga (Sanskrit: kriyāyoga m.) wörtlich: Yoga der Tat;

  • 1. im Raja Yoga: Tapas (Askese), Swadhyaya (Selbststudium), und Ishwara Pranidhana (Hingabe an Gott);
  • 2. im Kundalini Yoga: bestimmte Energietechniken, welche Körperstellungen, Atemtechnik und Visualisierungstechniken verbinden.
  • 3. in der Tradition von Lahiri Mahasaya: Eine Form des Raja-Yoga in der die Kriya-Techniken, wie sie Babaji Lahiri Mahasaya 1861 offenbarte, eine Rolle spielen. Kriya Yoga in dieser, von Paramahamsa Yogananda populär gemachten Tradition, hat große Ähnlichkeiten mit Kundalini Yoga
  • 4. im Hatha Yoga: Reinigungstechniken
  • 5. im Bhakti Yoga: Eine Gruppe von täglich auszuführenden Rituale wie Arati, Homa, Japa, Kirtan, Vandanam etc.

Allgemeines zur Bedeutung des Wortes Kriya Yoga

Kriya kommt vom Wortstamm "Kri", tun, handeln. Kriya heißt also Handlung, Tat, Aktion. In den verschiedenen Yoga Wegen wird all das als "Kriya" bezeichnet, was einfach getan wird, wozu man nicht fortgeschritten sein muss. Kriya Yoga ist insofern ein Yoga, der sicher seine Wirkung hat, unabhängig davon ob man in Bhava (Einstellung), Konzentration und Achtsamkeit fortgeschritten ist oder nicht.

Die Yoga Sutras des Patanjali

तपःस्वाध्यायेश्वरप्रणिधानानि क्रियायोगः ||2.1|| समाधिभावनार्थः क्लेशतनूकरणार्थश्च ||2.2||

tapaḥ-svādhyāyeśvara-praṇidhānāni kriyā-yogaḥ ||2.1|| samādhi-bhāvanārthaḥ kleśa-tanūkaraṇārthaś ca ||2.2||

Kriyāyoga besteht aus Tapas, Svadhyaya und Ishvarapranidhana. Kriyāyoga verhilft zu einer Gemütsverfassung, welche dem Samadhi förderlich ist und die kleshas (leidschaffende Verhaftungen) mindert.

Patanjali

Der Kriya Yoga nach Patanjali besteht also aus 3 Praktiken:

  • Tapas: Askese Übungen sowie Disziplin. Allgemeiner gefasst, Tapas alles, was man an spirituellen Praktiken macht. In diesem Sinne sind Asanas, Pranayama, etc. auch Tapas. Aber auch Fasten, Ausführen seiner Pflichten auch wenn sie mal keinen Spaß machen, ist Tapas. Bewusst auf etwas verzichten, was man mag, ist auch Tapas. Kalt Duschen, Kritik aushalten, etc. ist auch Tapas
  • Svadhyaya: Selbststudium. Svadhyaya hat zwei Bedeutungen: (1) Eigenständiges Studium der Heiligen Schriften (2) Selbstbeobachtung. Durch eigenes Lesen und Studieren der Schriften erschließen sich dem Aspiranten die höheren Wahrheiten, und er ist inspiriert nach Höherem zu streben. Durch eigenes Selbststudium lernt der Aspirant, sich selbst kritisch zu hinterfragen, sich weniger zu identifizieren und tiefere Schichten in sich wahrzunehmen
  • Ishvara Pranidhana: Hingabe an Gott bzw. Verehrung Gottes. Ishwara Pranidhana als Teil des Kriya Yoga sind insbesondere tätiges Verehren Gottes durch Rituale, Verneigen, Darbringungen, Gebete, Arati, Gottesdienstbesuch - oder was auch immer in der eigenen religiösen Tradition existiert.

Wirkung des Kriya Yoga nach Patanjali

Patanjali schreibt im 2. Vers 2. Kapitel, dass Kriya Yoga zu einer Gemütsverfassung verhilft, welche für Samadhi förderlich ist und Leiden aus Verhaftungen (Kleshas) mindert. Die Kleshas bestehen aus

Die drei Kriya Yogas helfen, die 5 Kleshas zu überwinden:

  • Ishwara Pranidhana, Gottesverehrung, führt zu Gottvertrauen und damit Überwindung von Furcht
  • Tapas, Disziplin und bewusste Askese, hilft, sich nicht von Raga (Verhaftungen, Gier) und Dwesha (Abneigungen) abhängig zu machen. Tapas hilft sich zu befreien von den Zwängen der Polaritäten. Auch ein Raja Yogi mag auch Vorlieben haben - er wird sich aber nicht davon beherrschen lassen
  • Durch Swadhyaya, Selbststudium kommt der Aspirant über die obersten 2 Kleshas hinaus: Durch Selbstbeobachtung verschwindet Asmita (Identifikation) mit dem Nichtselbst. Nachdenken über die Schriften (z.B. Upanishaden), verhilft zur Überwindung der Unwissenheit (Avidya) und zur Erkenntnis des wahren Wesens (Vidya).

Patanjalis Kriya Yoga als Krisenmanagement

Artikel von Madhura M. F., erschienen im Yoga Vidya Journal Nr. 17

Herausforderungen und schwierige Situationen gehören einfach zum Leben dazu. Aber wir akzeptieren diese selten als das, was sie sind: der natürliche Fluss des Lebens. Grundsätzlich lehnen wir diese Seiten des Lebens ab und fühlen uns als ein Opfer in einer Krise. Ein ehrlicher Rückblick zeigt jedoch, dass gerade diese Situationen und Erfahrungen uns reifen und wachsen ließen. Es waren oft wertvolle Lektionen, die uns der Wahrheit ein Stück näher brachten.

Ärgern, verdrängen, resignieren

Unser Ego hat seine typischen Strategien, um mit solchen Situationen umzugehen. Ganz gleich worum es sich handelt, automatisch bewerten wir die schwierigen Situationen als grundsätzlich negativ. Mit dieser Überzeugung leisten wir gleich Widerstand. Der Widerstand äußert sich in drei Mustern, nämlich: Ärger, Verdrängung und Resignation. All die vielen unterschiedlichen Reaktionen sind Kombinationen aus diesen drei, d. h. diese drei Grundmuster sind immer vorhanden, aber variieren in den Ausprägungen. Einer der typischen Reaktionen ist also sich ärgern. Schwierigkeiten regen uns auf! Es läuft nicht so, wie wir es uns vorgestellt oder gewünscht haben, und das können wir nicht akzeptieren. Mit unseren kleinen oder großen Wutausbrüchen demonstrieren wir Widerstand und hoffen so, das Hindernis zu beseitigen. Wir fallen aus einem klaren Geisteszustand in Unbewusstheit. Ein innerer Mechanismus, den wir als ganz normal empfinden, der uns aber keine Verbesserung ermöglicht. Wie kann uns eine Idee oder Lösung einfallen, wenn wir uns ständig über die Situation ärgern? Eine andere Taktik des Ego ist verdrängen. Mag es sich um eine Krankheit oder um Verlust handeln, wir ignorieren Tatsachen und schauen weg mit der naiven Hoffnung, es würde sich schon von alleine lösen. Wir finden so viele Möglichkeiten uns abzulenken. Aber gerade diese Ablenkungen kosten uns Energie, die wir besser nützen könnten. Eine weitere typische Reaktion ist die Resignation. In schwierigen Situationen fühlen wir uns oft überfordert. Durch ein Gefühl von Hilflosigkeit identifizieren wir uns stark mit der Opferrolle und geben jeden Versuch auf, tätig zu werden. Wir sind überzeugt, dass uns nichts mehr helfen kann. Resigniert weilen wir in einem depressiven Geisteszustand und verhindern unbewusst eine Veränderung. Es ist ganz natürlich, dass unsere Pläne von Unvorhergesehenem durchkreuzt werden. Trotzdem brauchen wir nicht vom Kurs abzukommen und können Schwierigkeiten meistern und unsere Ziele erreichen.

Kriya Yoga als Werkzeug

In den Yoga-Sutras von Patanjali finden wir eine praktische und simple Formel um gerade auch die schwierigeren Lebensphasen zu bewältigen. Die Yoga-Sutras von Patanjali ist eine der wichtigsten Schriften des Yogas und befasst sich mit der Beherrschung des Geistes und des Denkens, also Raja Yoga. In diesem ca. 2500 Jahre alten Leitfaden empfiehlt uns der Autor gleich am Anfang des praktischen Teils (Kapitel II: Sadhana Pada) Kriya Yoga als Werkzeug. Eine konstruktive Möglichkeit Leiden zu vermindern. Dieser Begriff Kriya Yoga wird in verschiedenen Yogasystemen unterschiedlich verwendet. Das Sanskrit wort kriya bedeutet übersetzt Handlung oder Tat, also „Yoga der Tat“ als sinngemäße Übersetzung von Kriya Yoga. „Tapas, swadhyaya und ishvara pranidhana bilden den Kriya Yoga“, so Patanjali im Yoga Sutra 1, Kapitel II. Welche praktische Bedeutung diese drei kriyas gerade auch für unser tägliches Leben haben, wollen wir uns hier genauer anschauen.

Tapas

Wir haben bereits festgestellt, eine schwierige und unerwünschte Situation bringt uns in eine Depression und Opferrolle. Aber genau diese Haltung können und sollten wir vermeiden, und dafür müssen wir aktiv werden. Es leuchtet ein, dass wir eine Änderung nur durch Tätigwerden erreichen. Und schon alleine dadurch, dass wir handeln, soweit es uns möglich ist, kommen wir aus der Opferhaltung und der Depression heraus. Wir nützen unsere Willenskraft und die Möglichkeiten, die da sind. Natürlich bedeutet es auch gleichzeitig ein Verzicht, nämlich auf z.B. freie Zeit oder sogar bisherige Lebensgewohnheiten. Aber nur durch systematisches Handeln und die damit verbundene Disziplin und den Verzicht auf destruktive Gewohnheiten kommen wir voran. Patanjali fasst diesen Teil als tapas, also Askese und Disziplin zusammen. Es ist die erste Komponente des Kriya Yogas.

Kriya Yoga als Teil von Kundalini Yoga

Im Kundalini Yoga sind Kriyas kombinierte Energie-Erweckungsübungen. Manchmal wird jede Mudra als Kriya bezeichnet. Manchmal wird eine Kombination von Energie-Erweckungs-Übungen als Kriya Yoga bezeichnet. Bei Yoga Vidya unterscheidet man

  • Kleines Kriya Yoga
  • Mittleres Kriya Yoga
  • Großes Kriya Yoga

Kleines Kriya Yoga Das Kleine Kriya Yoga wird auch als "Ujjayi Meditation" bezeichnet. Die Ujjayi Meditation ist eine komplexe Meditationstechnik, in welcher kleine Mudras verbunden werden mit Mantras, mit einer speziellen Atem-Technik. Am besten lauschst du einer Ujjayi Meditationsanleitung...

Mittleres Kriya Yoga Das Mittlere Kriya Yoga ist eine Mudra-Reihe bestehend aus 10 verschiedenen Mudras, bei denen die Chakra-Leiter den mittleren Teil bildet:

Das Mittlere Kriya Yoga gilt als fortgeschrittene Energie-Reihe und kann nur direkt von einem kompetenten Lehrer erlernt werden. Als Grundvoraussetzung gilt das ausreichend lange Praktizieren von Pranayama, Asana und Meditation sowie eine Sattwige Ernährung.

Großes Kriya Yoga Zum großen Kriya Yoga hat Sukadev sich bisher ausgeschwiegen - es ist also nicht bekannt, was das Große Kriya Yoga in der Yoga Vidya Tradition ist... :-)


Kriya Yoga in der Tradition von Swami Satyananda

Swami Satyananda, auch Paramahamsa Satyananda genannt, 1923-2009, war ein Schüler von Swami Sivananda. Er verband die Lehren von Swami Sivananda mit verschiedenen Lehren aus den Tantras. Nach seinem Ausscheiden 1956 aus dem Sivananda Ashram Rishikesh hatte er einen (oder mehrere)Tantra Gurus, der/die ihn in diverseste Kundalini Yoga Techniken einführte(n). Swami Satyananda studierte auch viele der Tantra Texte. Aus diesen Quellen entwickelte er eine Weise, Aspiranten systematisch in den Techniken des tantrischen Kriya Yoga zu schulen. Tantrischer Kriya Yoga nach Swami Satyananda wird heute gelehrt in der Bihar School of Yoga und den mit ihr verbundenen Satyananda Yoga Zentren, in der Skandinavischen Yogaschule von Swami Janakananda sowie bei Yoga Vidya.

Kriya Yoga in der Tradition von Paramahamsa Yogananda

Am bekanntesten wurde der Name "Kriya Yoga" durch das Buch "Autobiographie eines Yogi" von Paramahamsa Yoganananda. Bei Paramahamsa Yogananada ist Kriya Yoga für eine Gruppe von Energie-Übungen, in die der Schüler vom Lehrer eingeweiht wird.

Guru-Linie

Paramahamsa Yogananda

Der Kriya Yoga wie er durch Paramahamsa Yogananda bekannt wurde, wird vom Guru auf den Schüler übertragen. Die Gurus bis zu Paramahamsa Yogananda sind:

  • Mahavatar Babaji
  • Lahiri Mahasaya: Lebte 1828-1895 in Varanasi, bürgerlicher Name Shyama Charan Lahiri; war verheiratet und hatte Kinder; gilt als selbstverwirklichter Meister, Schüler von Mahavatar Babaji
  • Sri Yukteswar Giri bzw. Shri Yukteshwar: Lebte 1855-1936 in Puji, bürgerlicher Name Priya Nath Karar; Mönch; Mitglied des Giri-Zweiges des Dashanami Swami Ordens von Shankaracharya; begründete die Yogoda Satsanga Society; Schüler von Lahiri Mahasaya
  • Paramahamsa Yogananda: Lebte 1893-1952; Schüler von Shri Yukteshwar Giri, den er im Alter von 17 Jahren traf; Reiste 1920 nach Amerika. 1920-1925 reiste er durch Amerika. 1925 etablierte er die Self Realization Fellowship (SRF) mit ihrem Hauptsitz in Los Angeles. Sein Hauptwerk "Die Autobiographie eines Yogi" erschien 1946 und wurde eines der meistgelesenen Yoga Bücher des 20. Jahrhunderts und war mitverantwortlich für die steigende Popularität des Yoga im Westen
  • Daya Mata: Lebte 1914-2010; leitete 1955-2010 die Self Realization Fellowship

Weitere Gurus in der Tradition von Lahiri Mahasaya

In der Tradition von Babaji und Lahiri Mahasaya gibt es eine Reihe weiterer Gurus, welche den von ihnen gelehrten Yoga als Kriya Yoga bezeichnen:

Kriya Yoga im Bhakti Yoga

Bhakti Yoga, der Yoga der Hingabe, besteht aus zwei Hauptelementen:

  • Hingabe als Geisteshaltung: Gottesverehrung im Alltag, Darbringen von allen Handlungen als Dienst an Gott, Annehmen aller Erfahrungen als Geschenk von Gott, Verehrung Gottes in seiner ganzen Schöpfung
  • Rituale und andere Handlungen (Kriyas bzw. Karmas), welche dazu beitragen, Bhakti, Hingabe, Gottesliebe zu erzeugen.

Der Teil im Bhakti Yoga, der aus Praktiken und Ritualen besteht, wird auch als Kriya Yoga, manchmal auch als Bhakti Karma Yoga bezeichnet. Rituelles Bhakti spielt besonders im Mimamsa, bzw. im Purva Mimamsa System, eine wichtige Rolle. Zu den Kriyas im Bhakti Yoga gehören:

Auch die verschiedenen Teile einer Puja, sowie einige der 9 Formen von Bhakti können auch eigenständig als Bhakti Kriya bezeichnet werden:

Bhakti Kriyas kann man ausführen als Sakama und als Nishkamya Praxis:

  • Sakamya heißt mit (Sa) Wünschen (Kama): Der Aspirant bringt seine Praktiken dar mit einem dafür geäußerten Herzenswunsch (Sankalpa)
  • Nishkamya heißt ohne (Nish) Wünsche (Kama): Der Aspirant verehrt Gott, ohne etwas dafür zu wollen - aus reiner Liebe zu Gott. Auch Gott zu verehren, um Gottes Gegenwart zu erfahren und Bhakti zu spüren, gilt als Nishkamya Kriya Yoga.

Sakamya kann nur eine Vorstufe für Nishkamya sein. Über Nishkamya Gottesverehrung wird Gott tatsächlich verwirklicht.

Bhakti Kriyas wirken auch, wenn sie mechanisch ausgeführt werden - da sie direkt auf den Geist und die Emotionen wirken. Die Bhakti Kriyas sind so, dass sie die Nadis, die Energiekanäle öffnen und die Chakras aktivieren. Durch die Bhakti Kriyas stimmt sich der Bhakta auf das Energiefeld Gottes (morphogenetisches Feld) ein und öffnet sich für Kripa, göttliche Gnade. Bhakti Kriyas können heilend wirken, die persönliche Ausstrahlung erhöhen, Erfolg bewirken. Bhakti Kriyas wirken besonders stark, wenn sie mit Hingabe, Konzentration und/oder Bewusstheit ihrer Bedeutung ausgeführt werden. Insbesondere ein Aspirant, der nach der Erfahrung Gottes strebt, sollte die Bhakti Rituale mit großer Hingabe und Achtsamkeit zelebrieren.

Literatur

Weblinks