Marma Therapie

Aus Yogawiki

Marma Therapie ist eine Disziplin im Ayurveda. Marmas sind Energiepunkte, Energiefelder im Körper bzw. im Feinstoffkörper, welche verantwortlich sind für den Fluss der Energien (Prana) und für die Funktion der Organe. Marma Therapie ist das bewusste Stimulieren dieser Marmas mittels verschiedener Techniken.

Ayurveda Marma Therapie

Artikel von Bhajan Noam

Grundlagen der Marma Therapie: Begriffserklärungen

Marma Punkte und Nadis

Ayurveda ist die Wissenschaft vom Leben (auch: vom langen und gesunden Leben). Ayus = Leben, Veda = Wissen. In den Schriften wird betont, dass Freiheit von Krankheit die Basis für die Verwirklichung der Lebensziele ist, wobei das höchste Ziel in der indischen Tradition die spirituelle Vervollkommnung darstellt. Ayurveda und Yoga stehen seit alters her in einer engen Verbindung. Die Therapien des Ayurveda beinhalten Anwendungen wie verschiedene Massageformen, Ölgüsse, Bäder, Erwärmungen und pflanzliche Heilmittel. Gleichzeitig wird der Patient ermutigt, eine gesunde Ernährung, Körperübungen und Atemübungen und eine positive geistige Grundhaltung in Form von Gleichmut und Frohsinn zu kultivieren, da negative Gemütszustände die körperliche Gesundheit in Mitleidenschaft ziehen.

Marma: Das Wort kommt wie die übrigen Begriffe aus dem Sanskrit und bedeutet „Gelenk“, auch „empfindliches Körperteil“. Im Ayurveda kennt man 107 solcher Stellen am Körper, die während einer Massage mittels verschiedener Techniken manuell stimuliert werden.

Marma Yoga ist eine Übungsform im Yoga, bei der man visuell, mental und vom Atem begleitet die Marmapunkte fokussiert. Dadurch wird ein Lösen der Anspannung und damit einhergehend ein verbesserter Energiestrom (Pranastrom) bewirkt.

Prana bezeichnet einmal die physische Atemluft, steht jedoch in den indischen Texten primär für die kosmische Energie, die lebensspendende Essenz, die der Atem dem Körper zuführt und über die Energiebahnen (Nadis) verteilt.

Nadi bezeichnet einen feinstofflichen Nervenkanal, durch den die Lebensenergie fließt. In den alten Texten wird die Anzahl als 72 000 beziffert, womit eine unendliche Zahl an Verbindungen gemeint ist (ähnlich der Nervenverbindung).

Sushumna, Ida, Pingala sind die drei Hauptenergiekanäle im Verlauf der Wirbelsäule. Sushumna ist der zentreale Energiekanal, der durch das Rückenmark verläuft. Ida und Pingala verlaufen gegenläufig spiralförmig um die Wirbelsäule. Die Basis aller drei Kanäle ist der Kreuzbein/Steißbeinbereich. Sushumna bedeutet wörtlich „liebenswürdig, freundlich, gnädig“. Dieser Energiekanal steigt auf bis zur Krone des Schädels, die „Brahmarandhra“ genannt wird. Ida hat in den vedischen Schriften die Bedeutung „Erfrischung, Belebung, Erholung“. Dieser Kanal nimmt Prana durch das linke Nasenloch auf und wirkt kühlend. Pingala mündet in das rechte Nasenloch, durch diesen Kanal fließt wärmende Energie. Pingala bedeutet „rötlich“, er wird auch Surya Nadi genannt, der Sonnen-Kanal.

Chakra heißt wörtlich „Rad, Kreis, Wirbel“. Es ist in feinstoffliches Austauschorgan (Aufnahme und Abgabe) für Prana, die kosmischen Energien. Nach der indischen Lehre gibt es sieben Chakras, die mit dem zentralen Energiekanal (Sushumna) verbunden sind. Die Marmapunkte gelten als sogenannte Nebenchakras.

Bhuta bezeichnet die fünf Elemente der materiellen Welt: Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther. Ziel einer ayurvedischen Behandlung ist es, diese fünf Elemente ins Gleichgewicht zu bringen.

Dosha ist ein Begriff für die drei Körpertemperamente Vata, Pitta, Kapha, aus deren Zusammenwirken körperliche, emotionale und geistige Vorgänge erklärt werden. Vata, Luft, hat die Eigenschaften leicht, trocken, fein, kalt und flüchtig; Pitta, Galle, wirkt heiß, scharf und stechend; Kapha, Schleim, steht für Festigkeit, Schwere und Kühle. Gunas sind die Ursprungsqualitäten Sattva (Ausgeglichenheit, Ruhe), Rajas (Tatendrang, Aggression), Tamas (Trägheit, Starrheit).


Die Entstehungsgeschichte der Marma-Therapie

Marmapunkte in Händen und Füßen spielen bei der Marma Therapie eine wichtige Rolle

Die Wissenschaft der Marma-Therapie geht weit zurück in die indische Zivilisationsgeschichte, die eine der ältesten der Menschheit ist. Wahrscheinlich ist sie 3000 Jahre alt oder älter. Früh schon erkannte man die Heilkraft, die von bestimmten Punkten am Körper ausgeht und eine geheimnisvolle Fernwirkung auf Organe und andere Körperteile ausübt. Es gab aber parallel dazu auch eine Kampfkunst, Kalaripayak genannt, die sich die Verletzbarkeit dieser Punkte zunutze machte. Deswegen wurde das Wissen lange geheim gehalten und nur von Meister zu Schüler weitergegeben. In der Chirurgie, die im Ayurveda ebenfalls schon früh praktiziert wurde, wusste man um die Marmapunkte und vermied es, diese bei chirurgischen Eingriffen zu verletzen. In gleicher Weise, wie von den Marmapunkten bei gekonnter Massage eine heilsame Wirkung ausgeht, kann eine Verletzung der Punkte zu einem gefährlichen Energieverlust führen. In den heutigen westlichen Ayurveda-Behandlungen spielt die Marma-Massage zwar eine wesentliche Rolle, bleibt aber meistens im Wellnessreich und nutzt selten die enormen therapeutischen Möglichkeiten, die uns mit ihr zur Verfügung stehen.


Die Marmapunkte

Marmapunkte sind sowohl Nerven- wie auch Energiepunkte. Sie liegen einerseits an Stellen, wo Nerven besonders an die Oberfläche treten und sind deshalb bei zu festem Druck schmerzhaft und eben auch leicht verletzbar, andrerseits sind es Punkte, die Energie empfangen und speichern und bei entsprechender Stimulierung durch eine Massage diese an die ihnen zugeordneten Bereiche abgeben.

Marmapunkte haben ein lokale Wirkung, eine Fernwirkung sowie eine allgemeine und ganzheitliche Wirkung.

Was die Namen der einzelnen Marmapunkte und deren Lage am Körper betrifft, gibt es unterschiedliche Schulen in Indien. Ich verwende die Namen, die ich gelernt habe und die sich größtenteils auch hier im Westen eingebürgert haben. Was deren Lage betrifft, orientieren wir uns an der Anatomie, denn jeder Punkt ist klar anatomisch zuordenbar. Die Marmapunkte stehen in energetischem Austausch mit den sieben Chakras, deren Funktionsweisen später im Skript ausführlich beschrieben werden.


Das Konzept der Marma-Therapie

Die anspruchsvolle Marma-Therapie wird als eine der hervorragenden Werkzeuge in der ayurvedischen Heilkunde bezeichnet. Die Vitalpunkte gelten als Sitz von Prana, der alles lenkenden und alles beeinflussenden Lebensenergie. Eine einfühlsam durchgeführte Therapie erhöht die Bioenergien (Doshas), in denen oft noch verschiedene Emotionen gehalten werden: Vata (Angst), Pitta (Wut) und Kapha (Starrsinn). In einem transformatorischen Prozess werden die subtilen Essenzen Ojas und Tejas freigesetzt. Ojas ist eine subtil-physische Kraft, die den ganzen Körper nährt und Gesundheit sowie spirituellen Fortschritt fördert. Tejas bedeutet „Glanz“, „Leuchten“, „Schönheit“ und ist das, was wir eine körperlich und spirituell gesunde, kraftvolle und würdevolle Ausstrahlung nennen. Durch meisterliches manipulieren der Marmapunkte wird eine auf Gesundheit, Wohlergehen und positiven Persönlichkeitswandel ausgerichtete Energie freigesetzt. Das gelingt, wenn der Therapeut sich während der Behandlung in den Zustand einer wachen Präsenz, einer meditativen Aufmerksamkeit versetzt. Dazu ist eine regelmäßige Meditationspraxis Voraussetzung.


Behandlungstechniken

Die Marmabehandlung ist eine therapeutische Berührung, bei der Massage und Druck auf die Marmapunkte ausgeübt wird. Es gibt unterschiedliche Techniken, um die Punkte zu stimulieren. Ayurveda nutzt häufig Kräuteröle, deren Rezepturen eine uralte Tradition haben. Ich benutze die praktikablere rein manuelle Variante, um Energie zu erhöhen, Flexibilität zu erzeugen, Toxine zu reduzieren und andere Veränderungen zu erzeugen, die eine Heilung herbeiführen. Dabei unterscheide ich vier Stufen der therapeutischen Beeinflussung:

1. Anfänger, die energetisch noch nicht viel spüren, werden zunächst mehr technisch arbeiten. Die übliche Vorgehensweise ist ein sanftes Druck geben auf dem jeweiligen Punkt, den Druck etwa fünf bis sieben Sekunden halten und wieder lösen; das kann einige Male wiederholt werden, bis man zum nächsten Punkt weitergeht. Hierbei bleiben wir im Wellnessbereich, es wirkt in gewisser Weise entspannend, hat aber keine besondere Tiefenwirkung. – Eine andere Technik ist ein langsames Kreisen mit dem Daumen, wobei ein an- und abschwellender Druck ausgeübt wird. Das Kreisen geschieht immer rechts herum (= Energie zuführend; links herum wäre Energie entziehend). Wichtig: jeden Punkt am Ende verschließen (ausstreichen).

2. Die zweite Stufe ist ein Begleiten des Atems, das bedeutet: beim Einatmen wird Druck gegeben und beim Ausatmen wird der Druck langsam und verzögert (wichtig!) gelöst. Über den Atemrhythmus dringen wir schon wesentlich tiefer in das energetische Geschehen ein. Da viele Menschen einen flachen und schnellen Atem haben, muss in dem Fall der Druck über zwei oder drei Atemzüge gehalten werden. Das übt man 10/12 mal an jedem Punkt aus. – Es können viel der Punkte auch mit Dehngriffen stimuliert und geöffnet werden.

3. Marmapunkte haben einen feinen energetischen Rhythmus, der sehr unterschiedlich sein kann. Sobald man beginnt diesen zu spüren, kann man sich sowohl mit dem „Druck geben und lösen“, wie auch mit dem „Kreisen“ in diesen Rhythmus mit hineinbegeben und ihn begleiten. Hierbei befinden wir uns schon auf einer tieferen Ebene, die einerseits unsere ganze Präsenz erfordert, andrerseits gezielter Heilprozesse anregen wird.

4. Prana-Heilung über die Marmapunkte. Dies ist die subtilste Stufe der Marma-Therapie. Der ayurvedische Heiler kann dabei ohne signifikante Berührung den physischen Zustand, wie auch besonders den Geist, die Gefühle und das tiefere Bewusstsein eines Menschen behandeln. Man nennt dies die subtile sattvische Form der Berührung. Sie setzt voraus, dass der Behandler gelernt hat, über den Atem Prana in sich anzureichern und über seine Hände in gezielter und wohl dosierter Weise abzugeben. Er wird zum Kanal für die Energie.

Eine besondere Form stellt die Behandlung der Marmapunkte mit Edelsteinen dar. Das kann mit unterschiedlichen Edelstein-Massagestäben geschehen oder durch ein Auflegen von Edelsteinen. In der Edelstein-Therapie gelten die Marmapunkte und ebenso die Chakras als günstigste Auflageflächen, weil beide besonders befähigt sind, die subtilen Energien aufzunehmen und weiterzuleiten. Die Beschäftigung mit diesem Thema in Bezug auf Patienten setzt allerdings eine hinlängliche eigene Erfahrung mit Edelsteinen voraus. – Statt einer manuellen Behandlung kann allerdings auch der Anfänger gängige Massagestäbe aus Rosenquarz oder Bergkristall einsetzen und die Massage in gleicher Weise wie unter 1. beschrieben durchführen. Die Steine müssen vor der Behandlung leicht erwärmt werden.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Behandlung mit Klang; das kann mittels Therapie-Stimmgabeln oder ausgewählter Klangschalen geschehen. Auch für Klangschwingungen haben sich die Marmapunkte wie auch die Chakras als besonders empfänglich erwiesen.


Ayurvedische Philosophie - Die Intention bei der Behandlung und die innere Einstellung des Patienten

Um eine Behandlung tiefgreifend wirksam zu gestalten, erzeugt der Therapeut ein gesammeltes (d.h. achtsames), empfindendes, handelndes Einswerden. Handelnder, Handlung und Empfangender sind in einem Energiekreislauf eingebunden, ohne dass der Therapeut sich selbst dabei aus dem Bewusstsein verliert. Er sieht den übergeordneten Prozess, an dem er, sein Tun und der Empfänger in gleicher Weise aber unterschiedlich beteiligt sind. Das nennt man im Ayurveda die sattvische (hohe, bewusste und reine) Kunst des Therapierens.

Dabei ist der Patient aufgefordert wach in seinem Körper zu sein und spürend mitzuempfinden, was er während des Behandlungsverlaufs wahrnimmt an Impulsen auf körperlicher, emotionaler oder gedanklicher Ebene und welche Veränderungen daraus erwachsen. Dem Patienten muss verständlich gemacht werden, dass Passivität keine anhaltende Veränderung bewirken kann.

Nur in der Begegnung "zweier Bewusstseins" (das des handelnden Therapeuten und das des aktiv empfangenden Patienten) leuchtet ein helles Licht der Heilung auf und breitet sich im Körper/Seele/Geist-System wirkgewaltig aus. Das Kranke und Schadhafte sowie alles bisher Unbewusste wird beseelt, von außen durch die Intention des Therapeuten und von innen durch die Intention des Patienten. Anstelle eines häufig nur funktionierenden Körpers und Geistes inkarniert sich nun eine ganzheitliche beseelte Wesenseinheit.

Atem (Prana) beseelt, wenn wir ihn beseelt annehmen; um ein Geschenk annehmen zu können, gehört die Eigenleistung dazu: das Öffnen der Hände und des Verstandes. Zum Annehmen des Neuen gehört das Loslassen alter Geschichten. Zum Annehmen der Freude – und das wahre Leben ist nichts anderes als ein Freudenspender – gehört das Loslassen der Schmerzen und des leidvollen Denkens. Dies zu unterstützen ist der Therapeut nach seinem ursprünglichen Selbstverständnis für eine Weile ein freundlicher Begleiter auf dem Weg.


Der Therapeut (eine kurze und prägnante Beschreibung)

Ein Therapeut lebt ein einfaches, sich selbst und der Natur zugewandtes Leben. Wenn er sich anderen zuwendet, geschieht dies stets als ein einmaliger Akt der Liebe - ohne Konsequenzen, und doch nicht ohne Folgen. Das meint, er vermeidet es, Erwartungshaltungen an ihn entstehen zu lassen. Das erst macht jede Begegnung so wertvoll und heilsam.

Er behandelt in einer gelassen und vertrauensvollen inneren Haltung. Deshalb meditiert er regelmäßig, um stets zentriert, geerdet und in seiner Kraft zu sein. Euphorie, Trauer, Wut und Begierde sind keine Freunde therapeutischer Tätigkeit, deshalb vermeidet oder transformiert es sie. Er spricht und arbeitet mit großem Einfühlungsvermögen, mit all seiner Kenntnis, mit Klarheit und aus tiefer Intuition.

Als Therapeut ist er sich seines Einflusses auf den Patienten bewusst. Er ist demütig gegenüber der Schöpfung und allen Wesen. Er ist stets wach und informiert und tritt mit der Autorität seiner Erfahrung, seines Wissens und Könnens auf, bleibt dabei aber ein bescheidener Diener des Lebens und ein beratender Freund.

Er trägt Verantwortung für seine Tätigkeit und deren Folgen. Er lässt sich keine Verantwortung aufbürden, die der Patient für sich selbst nicht tragen will oder auch scheinbar nicht zu tragen vermag. Deshalb wird er seinen Patienten zur rechten Zeit daran erinnern, die Verantwortung für sich selbst und seine Macht über sein Leben nicht auf- oder abzugeben. Er erklärt ihm in seinen Worten und nach dessen Verständnis, er möge Krankheit als eine vorüberziehende Wolke vor der Sonne seiner wahren Kraft und Lebendigkeit betrachten, er solle mit Geduld und Gelassenheit aber auch mit eigenem Einsatz und mit wachsender Selbsterkenntnis den Heilungsprozess begleiten.

Als Therapeut ist er zugleich auch ein weiser aber unaufdringlicher Lehrer, ein Aufklärer, der zu Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit ermutigt. Wirkliche Heilung bringt nur die Wahrheit, die jeden in der eigenen Tiefe beseelt. An diesem Kern rüttelt er mit seiner ganzen spirituellen Kraft. Das ist neben der vollkommenen Beherrschung seines Handwerks die eigentliche Arbeit. Sie ist die hohe Kunst wahren Menschseins und adelt den, der sie verinnerlicht hat.

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