Gottesliebe: Unterschied zwischen den Versionen

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Die nächste Stufe, von der ich erzählen will, ist Bhakti Yoga, alles Gott darbringen. Das kam interessanterweise nach der Phase der coolen Gelassenheit, als eine Phase, die besonders wichtig war. Ich muss allerdings sagen, Bhakta war ich schon von Anfang an. Schon als Kind habe ich Hingabe zu Gott gespürt. Es gab dann zwar in der Jugend eine Phase, wo ich mich von Gott entfernt hatte, wo ich überlegt hatte, wie kann Gott diese Ungerechtigkeiten zulassen, aber recht bald kam dann auch wieder tiefes Vertrauen zu Gott, tiefer Glaube zu Gott, auch mein Gebet hat mir tiefe Gottesnähe vermittelt. Ich kann also sagen, Bhakti Yoga war ein wichtiger Aspekt meines Wesens schon von Kindheit an. Bhakti Yoga ist also der Yoga der Hingabe, Yoga der Gottesverehrung, Yoga der Verbindung mit Gott, Yoga der Darbringung an Gott, Yoga des Gebetes. Aber zu bestimmten Zeiten ist Bhakti besonders wichtig geworden und bis heute ist Bhakti besonders wichtig. Interessanterweise habe ich ja gelernt bei einem Meister namens Swami Vishnudevananda, und dieser Meister galt als Autorität des Raja Yoga und Hatha Yoga, er konnte die fortgeschrittesten Asanas üben, er hatte mehrere Phasen von intensivem Pranayama, also bis zu vierzehn Stunden am Tag Pranayama, Atemübungen, das über mehrere Monate. Das hat er als Zwanzigjähriger bis Dreißigjähriger gemacht, das war diese intensivste Phase seiner spirituellen Praktiken. Er hatte auch in späteren Jahrzehnten seines Lebens immer wieder intensivste Phasen der Meditation gehabt. Aber ich habe ihn immer hauptsächlich als Bhakta eingestuft. Er war ein hochemotionaler Mensch. Er war ein Mensch, der sich begeistern konnte. Er war auch ein Mensch, der auch mal Trauer empfinden konnte. Er war auch ein Mensch, der seinem Ärger Ausdruck geben konnte, wenn jemand nicht seine Aufgabe getan hatte. Er konnte, wenn nötig, auch seinen Geist beherrschen. Aber er hat uns immer wieder vermittelt: „Bringe alles Gott dar, sowohl deine positiven Seiten wie auch deine scheinbar negativen Seiten.“ Er sagte: „Was auch immer du tust, wenn du es Gott darbringst, dann ist es in Ordnung.“ Swami Vishnudevananda hatte auch einen Vers am Abschluss der Meditationen rezitieren lassen, einen Vers aus der Bhagavad Gita, 18. Kapitel, Vers 66: „Bringe alles Gott dar, egal, ob du es für gut findest oder weniger gut findest. Wenn du alles Gott darbringst, dann wird Gott das alles zurechtrücken, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Gott wird alle deine Fehler beseitigen.“ Was ein bisschen auch heißt, wenn du alles Gott darbringst, dann machst du dich nicht schuldig, du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Hingabe zu Gott löst das Problem von Schuld und Sühne. Das Bhakti-System heißt dann, Gott wirkt durch alles, alles, was ist, kommt von Gott. Es gibt auch in der Bhagavad Gita im 11. Kapitel dieses großartige Beispiel: Arjuna hat eine Vision von Gott. Arjuna sieht die ganze Welt als Körper Gottes. Arjuna sieht, dass die ganze Welt letztlich in Gott existiert. Und er sieht, dass er selbst Teil dieses göttlichen Organismus ist, dass auch die Menschen, die scheinbar schlimme Dinge tun, dass die Teil des göttlichen Körpers Gottes sind. Wenn Gott allgegenwärtig ist, allmächtig, allwissend, dann wirkt er durch alle Wesen. Alles, was ist, kommt von Gott. Auf einer relativen Ebene heißt das auch, du hast genau die Eigenschaften, die Gott braucht, um durch dich zu wirken. Gott nutzt deine Erfolge und deine Misserfolge, Gott nutzt deine Fähigkeiten wie auch deine Fehler. Das war auch wieder etwas sehr Befreiendes. Letztlich, Gott wirkt auch durch die Fehler. Ich war, wie ich schon mal gesagt hatte, auch ein schüchterner Mensch und immer wieder wurde ich von meinen Lehrern in Situationen versetzt, wo ich Dinge tun musste, für die ich mich nicht für geeignet hielt oder dachte, ich bin nicht ausreichend gut. Und ich kann mich erinnern, dass eine meiner Lehrerinnen mir mal gesagt hatte: „Wenn Gott gewollt hätte, dass da jemand wäre, der besser ist als du, dann hätte er ihn da schon hingesetzt. Aber es ist jetzt deine Aufgabe und deshalb bist du der Richtige. Und zweifle nicht an der Weisheit Gottes.“ Diese Worte begleiten mich bis heute. Wann immer ich das Gefühl habe, ich bin in irgendeiner Situation, in der ich nicht ausreichend gut bin, in der ich nicht die richtigen Fähigkeiten habe und nicht ausreichend Zeit habe, dann denke ich daran: „Wenn Gott gewollt hätte, dass jemand wäre, der besser ist als du in der Situation, dann hätte er ihn dort hingestellt. Er hat dich dort hingestellt, also bist du der Richtige und auch in deinen Fehlern wirkt Gott.“ Das war etwas sehr Befreiendes. Auch habe ich mich mehr mit indischer Mythologie beschäftigt. Es gibt so viele Aspekte Gottes und sie stehen für so viele Aspekte des Geistes. In den Mythen verhalten sich dabei die Götter oft sehr menschlich, zum Teil sogar mit sehr menschlichen Schwächen, zum Teil sogar so, dass man sagen kann: „Wie kann man das als Gott bezeichnen, wenn der sich so und so verhält?“ Viele, die sich nicht mit indischer Mythologie auskennen, kennen das von der griechischen Mythologie auch. Interessanterweise, obgleich sie all diese menschlichen Schwächen scheinbar haben, gelten sie dennoch als Manifestation des Göttlichen. Im Vedanta-System, Yoga-Vedanta, die spirituelle Richtung, in der ich gelernt habe, die ich praktiziere, die ich lehre, dort gelten alle Götter nur als Manifestationen des einen Göttlichen. Aber sie gelten eben als Manifestationen des einen Göttlichen. Das muss heißen, dass auch menschliche Schwächen letztlich Teil des Göttlichen sind. Und so heißt es im Bhakti Yoga: „Bringe alles Gott dar, und dann wird Gott dich befreien. Es ist nicht deine Aufgabe, zur Erlösung zu kommen, sondern es ist Gottes Aufgabe, dir seine Gnade zu schicken. Deine Aufgabe ist es, Gott zu verehren, Gott zu ehren, Liebe zu Gott zu entwickeln, dich für die Gnade Gottes zu öffnen. Deine Aufgabe ist es, die Erfahrungen zu machen, alles zu tun, was dir entgegenkommt, bewusst zu sein, dass alles, was kommt, von Gott geschickt ist, dass du daran wächst. Und alle Aufgaben, die kommen, kommen deshalb, damit du daran wächst. Immer dann, wenn es irgendein Gefühl ist, und es geht ja um das Gefühl der Liebe, es geht um das Prinzip der Hingabe, dann ist es schwierig, darüber zu sprechen. Also nochmal. das Thema des Bhakti Yoga ist es, du spürst die Gegenwart Gottes, du vertraust darauf, dass es Gott gibt, du bist dir bewusst, alle Eigenschaften in dir sind Gaben Gottes. Du bringst alles Gott dar. Du gehst davon aus, was auch immer auf dich zukommt, ist Aufgabe Gottes, ist Erfahrung, die dir Gott schenkt, und was auch immer du tust, du bringst es Gott dar. Und wenn man mit dieser Lebenseinstellung lebt, dann ist Gott erfahrbar. Und dann ist eine tiefe Gelassenheit da, eben eine Gelassenheit, die kommt aus dem Glauben, Gelassenheit, die kommt aus der Gotteserfahrung, Gelassenheit, die kommt aus der Liebe Gottes. Diese Art von Gelassenheit ist eine sehr schöne Form von Gelassenheit, eine Gelassenheit voller Freude, voller Liebe, voller Engagement und Bejahung. Auch bei dieser Art von Gelassenheit gibt es ein Problem. Wenige Menschen haben eine tiefe Gotteserfahrung und einen tiefen Gottesglauben. Er ist nicht so einfach lehrbar. Man kann zwar sagen, wenn man intensive spirituelle Praktiken übt, dann wird oft Gott erfahrbar. Und wir erleben es ja auch bei unseren Yoga Vidya Ashram und unseren Seminarhäusern, dass bei intensiver Yogapraxis Menschen plötzlich eine Gotteserfahrung machen. Und aufbauend auf dieser Gotteserfahrung ist plötzlich Hingabe zu Gott und damit Bhakti Yoga möglich. Dennoch, Gotteserfahrung und Gottesglaube ist nicht einfach lehrbar und auch nicht so einfach erzeugbar. Manche Menschen mit intensiver Gottesbeziehung werden sogar zu Fanatikern. Das ist die Kehrseite des Glaubens an Gott und der Gotteserfahrung. Und auch wiederum viele Menschen, die eine Weile diese schöne Bhakti-Erfahrung hatten, verlieren sie. Es scheint so zu sein, dass es wenigen gelingt, dauerhaft tiefe Bewusstheit der Gegenwart Gottes aufrechtzuerhalten. Bei den meisten Menschen ist intensive Erfahrung der Nähe Gottes und der Verbundenheit mit Gott und Vertrauen an Gott etwas, was sie vielleicht ein paar Monate, ein paar Jahre haben, und dann ist man wieder auf dem Weg, dass man wieder seinen eigenen Schwächen ins Auge schaut, dass man wieder dualistische Weltanschauung haben kann usw. Aber das Schöne ist auch, wenn du einmal eine Weile intensive Gotteserfahrung hattest, wenn du eine Weile diese Erfahrung hattest, dass du Gott alles darbringen kannst und dass Gott durch dich wirkt, ein Glaube und ein Vertrauen bleibt. Du weißt: „Das ist noch möglich.“ Und du gehst von diesem Vertrauen auch aus. „Wenn es jetzt nicht möglich ist, Gott intensiv dauerhaft so zu erfahren, dann wird das auch einen Grund haben, Gott wird sich dabei etwas gedacht haben. Ich muss auf eine andere Weise den spirituellen Weg gehen.“ Für mich selbst kann ich sagen, dieser Glaube an Gott und dieses ständige Gefühl von Gottes Gegenwart, ist wie zu einer zweiten Natur von mir geworden. Trotzdem habe ich die Notwendigkeit gesehen, noch etwas anderes zu machen. Und das ist eben dieser Königsweg der Gelassenheit, auf den ich später weiter zu sprechen kommen werde, und auch darüber, was eine wichtige Grundlage ist für das, was ich später hatte, um diesen Königsweg zu lehren, das ist eben die Ablehnung jeglicher Form von dualistischer Weltanschauung. Es ist zwar jetzt paradox, wenn ich sage, ich will dualistische Weltanschauung ablehnen, um alles anzunehmen, und damit lehne ich ja etwas ab, um alles annehmen zu können. Als Vorbereitung auf das Thema kannst du selbst mal überlegen: Wie ist deine Erfahrung Gottes? Wie ist dein Glaube Gottes? Und ich hoffe, er ist kein dualistischer. Ich hoffe, du hast nicht das Bild eines strafenden Gottes. Leider ist das im Christentum immer noch verbreitet, dass Menschen Angst haben vor Gott. Es gibt ja gerade auch im Alten Testament da so einige Aussagen, die zwar am Ende des Alten Testamens relativiert worden sind, aber wo es dann heißt: „Ich bin ein eifersüchtiger Gott. Ich bin ein zorniger Gott.“ In späteren Phasen wurde das auch schon im Alten Testament relativiert, wo es um die Liebe Gottes geht und Gnade Gottes. Und gerade im Neuen Testament spricht Jesus ja ständig davon, dass Gott liebt, dass Gott vergibt, dass wir uns an Gott wenden können. Aber du kannst überlegen: Hast du tiefes Vertrauen in Gott, dass Gott auch durch dich wirkt und dass vor Gott alles ok ist? Oder hast du Angst vor Gott, dass du vor Gott sündig werden kannst? Gehst du davon aus, es gibt nur Gott, oder glaubst du an Teufel oder dunkle Kräfte oder das Negative im Menschen? Ich will es dir gleich sagen, ich glaube nicht an das Negative, ich glaube nur an das Positive. Und wie ich das mit der Tatsache, dass so viel Schlimmes in dieser Welt passiert, in Übereinstimmung bringen kann, darum geht es das nächste Mal. Vielleicht wird es nicht Hundertprozent logisch sein, aber ich meine, es ist eine gute Weltanschauung, eine gute Weltanschauung als Grundlage für uneigennütziges Handeln, für unbedingte Liebe und die Fähigkeit, alles anzunehmen, und vielleicht auch als Grundlage für Weltfrieden.
Schon als [[Kind]] habe ich [[Hingabe]] zu [[Gott]] gespürt. Es gab dann zwar in der Jugend eine Phase, wo ich mich von Gott entfernt hatte, wo ich überlegt hatte, wie kann Gott diese [[Ungerechtigkeit]]en zulassen, aber recht bald kam dann auch wieder tiefes [[Vertrauen]] zu Gott, tiefer [[Glaube]] zu Gott, auch mein [[Gebet]] hat mir tiefe Gottesnähe vermittelt. Ich kann also sagen, Bhakti Yoga war ein wichtiger Aspekt meines [[Wesen]]s schon von Kindheit an. Bhakti Yoga ist also der [[Yoga]] der Hingabe, Yoga der Gottesverehrung, Yoga der [[Verbindung]] mit Gott, Yoga der Darbringung an Gott, Yoga des Gebetes. Aber zu bestimmten Zeiten ist Bhakti besonders wichtig geworden und bis heute ist Bhakti besonders wichtig.  
 
Interessanterweise habe ich ja gelernt bei einem Meister namens [[Swami]] [[Vishnudevananda]], und dieser [[Meister]] galt als [[Autorität]] des [[Raja Yoga]] und [[Hatha Yoga]]. Er konnte die fortgeschrittesten [[Asana]]s üben, er hatte mehrere Phasen von intensivem [[Pranayama]], also bis zu vierzehn Stunden am [[Tag]] Pranayama, Atemübungen, das über mehrere Monate. Das hat er als Zwanzigjähriger bis Dreißigjähriger gemacht, das war diese intensivste Phase seiner spirituellen Praktiken. Er hatte auch in späteren Jahrzehnten seines [[Leben]]s immer wieder intensivste Phasen der [[Meditation]] gehabt. Aber ich habe ihn immer hauptsächlich als [[Bhakta]] eingestuft.  
 
Er war ein hochemotionaler [[Mensch]]. Er war ein Mensch, der sich begeistern konnte. Er war auch ein Mensch, der auch mal [[Trauer]] empfinden konnte. Er war auch ein Mensch, der seinem [[Ärger]] Ausdruck geben konnte, wenn jemand nicht seine Aufgabe getan hatte. Er konnte, wenn nötig, auch seinen [[Geist]] beherrschen. Aber er hat uns immer wieder vermittelt: „Bringe alles Gott dar, sowohl deine positiven Seiten wie auch deine scheinbar negativen Seiten.“ Er sagte: „Was auch immer du tust, wenn du es Gott darbringst, dann ist es in Ordnung.“ Swami Vishnudevananda hatte auch einen Vers am Abschluss der Meditationen rezitieren lassen, einen Vers aus der [[Bhagavad Gita]], 18. Kapitel, Vers 66:  
 
„Bringe alles Gott dar, egal, ob du es für gut findest oder weniger gut findest. Wenn du alles Gott darbringst, dann wird Gott das alles zurechtrücken, du brauchst dir keine [[Sorge]]n zu machen, Gott wird alle deine Fehler auflösen.“ Was ein bisschen auch heißt, wenn du alles Gott darbringst, dann machst du dich nicht schuldig, du brauchst kein schlechtes [[Gewissen]] zu haben. [[Hingabe]] zu Gott löst das [[Problem]] von [[Schuld]] und Sühne. Das Bhakti-System heißt dann, Gott wirkt durch alles, alles, was ist, kommt von Gott. Es gibt auch in der Bhagavad Gita im 11. Kapitel dieses großartige Beispiel: [[Arjuna]] hat eine [[Vision]] von Gott. Arjuna sieht die ganze Welt als Körper Gottes. Arjuna sieht, dass die ganze Welt letztlich in Gott existiert. Und er sieht, dass er selbst Teil dieses göttlichen Organismus ist, dass auch die Menschen, die scheinbar schlimme Dinge tun, dass die Teil des göttlichen Körpers Gottes sind.  
 
Wenn Gott allgegenwärtig ist, allmächtig, allwissend, dann wirkt er durch alle [[Wesen]]. Alles, was ist und kommt von Gott. Auf einer relativen [[Ebene]] heißt das auch, du hast genau die [[Eigenschaft]]en, die Gott braucht, um durch dich zu wirken. Gott nutzt deine Erfolge und deine Misserfolge, Gott nutzt deine Fähigkeiten wie auch deine Fehler. Das war auch wieder etwas sehr Befreiendes. Letztlich wirkt Gott auch durch die Fehler. Ich war auch ein schüchterner Mensch, und immer wieder wurde ich von meinen [[Lehrer]]n in Situationen versetzt, wo ich Dinge tun musste, für die ich mich nicht für geeignet hielt oder dachte, ich bin nicht ausreichend gut.  
 
Und ich kann mich erinnern, dass eine meiner Lehrerinnen mir mal gesagt hatte: „Wenn Gott gewollt hätte, dass da jemand wäre, der besser ist als du, dann hätte er ihn da schon hingesetzt. Aber es ist jetzt deine Aufgabe und deshalb bist du der Richtige. Und zweifle nicht an der [[Weisheit]] Gottes.“ Diese Worte begleiten mich bis heute. Wann immer ich das [[Gefühl]] habe, ich bin in irgendeiner [[Situation]], in der ich nicht ausreichend gut bin, in der ich nicht die richtigen [[Fähigkeit]]en habe und nicht ausreichend Zeit habe, dann denke ich daran: „Wenn Gott gewollt hätte, dass hier jemand wäre, der in der Situation besser ist als du, dann hätte er ihn dort hingestellt. Er hat dich dort hingestellt, also bist du der Richtige und auch in deinen Fehlern wirkt Gott.“ Das war etwas sehr Befreiendes.  
 
Auch habe ich mich mehr mit indischer [[Mythologie]] beschäftigt. Es gibt so viele Aspekte Gottes und sie stehen für so viele Aspekte des Geistes. In den Mythen verhalten sich dabei die Götter oft sehr menschlich, zum Teil sogar mit sehr menschlichen Schwächen, zum Teil sogar so, dass man sagen kann: „Wie kann man das als Gott bezeichnen, wenn der sich so und so verhält?“ Viele, die sich nicht mit indischer Mythologie auskennen, kennen das von der griechischen Mythologie auch. Interessanterweise, obgleich sie all diese menschlichen Schwächen scheinbar haben, gelten sie dennoch als [[Manifestation]] des Göttlichen. Im [[Vedanta]]-System, Yoga Vedanta, die spirituelle Richtung, in der ich gelernt habe, die ich praktiziere, die ich lehre, gelten alle Götter nur als Manifestationen des einen Göttlichen.  
 
Aber sie gelten eben als Manifestationen des einen Göttlichen. Das muss heißen, dass auch menschliche Schwächen letztlich Teil des Göttlichen sind. Und so heißt es im [[Bhakti Yoga]]: „Bringe alles Gott dar, und dann wird Gott dich befreien. Es ist nicht deine Aufgabe, zur [[Erlösung]] zu kommen, sondern es ist Gottes Aufgabe, dir seine [[Gnade]] zu schenken. Deine Aufgabe ist es, Gott zu verehren, Gott zu ehren, Liebe zu Gott zu entwickeln, dich für die Gnade Gottes zu öffnen. Deine Aufgabe ist es, die Erfahrungen zu machen, alles zu tun, was dir entgegenkommt, bewusst zu sein, dass alles, was kommt, von Gott geschickt ist, dass du daran wächst. Und alle Aufgaben, die kommen, kommen deshalb, damit du daran wächst.  
 
Immer dann, wenn es irgendein Gefühl ist, und es geht ja um das Gefühl der Liebe, es geht um das [[Prinzip]] der Hingabe, dann ist es schwierig, darüber zu sprechen. Das Thema des Bhakti Yoga ist: Du spürst die [[Gegenwart]] Gottes, du vertraust darauf, dass es Gott gibt, du bist dir bewusst, alle [[Eigenschaft]]en in dir sind Gaben Gottes. Du bringst alles Gott dar. Du gehst davon aus, was auch immer auf dich zukommt, ist Aufgabe Gottes, ist eine Erfahrung, die dir Gott schenkt, und was auch immer du tust, du bringst es Gott dar. Und wenn man mit dieser [[Lebenseinstellung]] lebt, dann ist Gott erfahrbar. Und dann ist eine tiefe [[Gelassenheit]] da, eben eine Gelassenheit, die aus dem [[Glauben]] kommt, Gelassenheit, die aus der Gotteserfahrung kommt, Gelassenheit, die aus der Liebe Gottes kommt. Diese Art von Gelassenheit ist eine sehr schöne Form von Gelassenheit, eine Gelassenheit voller [[Freude]], voller Liebe, voller [[Engagement]] und Bejahung.  
 
Auch bei dieser Art von Gelassenheit gibt es ein [[Problem]]. Wenige Menschen haben eine tiefe Gotteserfahrung und einen tiefen Gottesglauben. Er ist nicht so einfach lehrbar. Man kann zwar sagen, wenn man intensive spirituelle Praktiken übt, dann wird oft Gott erfahrbar. Und wir erleben es ja auch in unseren [[Yoga Vidya]] [[Ashram]]s und in unseren Seminarhäusern, dass bei intensiver Yogapraxis Menschen plötzlich eine Gotteserfahrung machen. Und aufbauend auf dieser Gotteserfahrung ist plötzlich Hingabe zu Gott und damit Bhakti Yoga möglich. Dennoch, Gotteserfahrung und Gottesglaube ist nicht einfach lehrbar und auch nicht so einfach erzeugbar. Manche Menschen mit intensiver Gottesbeziehung werden sogar zu Fanatikern. Das ist die Kehrseite des Glaubens an Gott und der Gotteserfahrung. Und auch wiederum viele Menschen, die eine Weile diese schöne Bhakti-Erfahrung hatten, verlieren sie. Es scheint so zu sein, dass es nur wenigen Menschen gelingt, dauerhaft tiefe Bewusstheit der Gegenwart Gottes aufrechtzuerhalten.  
 
Bei den meisten Menschen ist intensive Erfahrung der Nähe Gottes und der Verbundenheit mit Gott und Vertrauen an Gott etwas, was sie vielleicht ein paar Monate, ein paar Jahre haben, und dann ist man wieder auf dem [[Weg]], dass man wieder seinen eigenen [[Schwäche]]n ins [[Auge]] schaut, dass man wieder dualistische Weltanschauung haben kann usw. Aber das Schöne ist auch, wenn du einmal eine Weile intensive Gotteserfahrung hattest, wenn du eine Weile diese Erfahrung hattest, dass du Gott alles darbringen kannst und dass Gott durch dich wirkt, ein Glaube und ein Vertrauen bleibt. Du weißt: „Das ist noch möglich.“ Und du gehst von diesem Vertrauen auch aus. „Wenn es jetzt nicht möglich ist, Gott intensiv dauerhaft so zu erfahren, dann wird das auch einen Grund haben, Gott wird sich dabei etwas gedacht haben. Ich muss auf eine andere Weise den spirituellen Weg gehen.“ Für mich selbst kann ich sagen, dieser Glaube an Gott und dieses ständige Gefühl von Gottes Gegenwart, ist wie zu einer zweiten [[Natur]] von mir geworden.  
 
Als Vorbereitung auf das Thema kannst du selbst mal überlegen: Wie ist deine [[Erfahrung]] Gottes? Wie ist dein Glaube an Gott? Und ich hoffe, er ist kein dualistischer. Ich hoffe, du hast nicht das Bild eines strafenden Gottes. Leider ist das im [[Christentum]] immer noch verbreitet, dass Menschen [[Angst]] haben vor Gott. Es gibt ja gerade auch im Alten Testament da so einige Aussagen, die zwar am Ende des Alten Testamens relativiert worden sind, aber wo es dann heißt: „Ich bin ein eifersüchtiger Gott. Ich bin ein zorniger Gott.“ In späteren Phasen wurde das auch schon im Alten Testament relativiert, wo es um die Liebe und Gnade Gottes geht. Und gerade im Neuen Testament spricht [[Jesus]] ja ständig davon, dass Gott liebt, dass Gott vergibt, dass wir uns an Gott wenden können. Aber du kannst überlegen: Hast du tiefes [[Vertrauen]] in Gott, dass Gott auch durch dich wirkt und dass vor Gott alles okay ist? Oder hast du Angst vor Gott, dass du vor Gott sündig werden kannst?


==Siehe auch==
==Siehe auch==

Version vom 5. November 2014, 12:13 Uhr

Gottesliebe ist die Liebe des Menschen zu Gott sowie die Liebe Gottes zum Menschen und zur Schöpfung. Gottesliebe ist eine Gnade, Gottesliebe ist kultivierbar, entwickelbar: Der spirituelle Aspirant kann Liebe zu Gott entwickeln und kann sich öffnen für die Liebe Gottes. Der Weg der Gottesliebe wird im Yoga Bhakti Yoga genannt. Durch die Übungen des Bhakti Yoga kann der Yoga Aspirant Gottesliebe entwickeln. Durch Gottesliebe kommt der Aspirant zur Gotteserfahrung. Die Höchste Frucht der Gottesliebe ist die Erfahrung der Einheit mit Gott, die Gottverwirklichung.

Swami Sivananda

Swami Krishnananda über Gottesliebe

Höchste Wonne – die höchste Frucht der Gottesliebe

Swami Krishnananda

Gottesliebe ist Mittel und Frucht von Bhakti Yoga. Die Shrutis, wie die Veden und Upanishaden genannt werden, heben das Prinzip des Göttlichen über den Bereich der Schöpfung und lassen es am Firmament der absoluten Vollkommenheit weit über den Staub des Irdischen hinaus hell erstrahlen, sie erzeugen ein Gefühl von Hochachtung und furchteinflößender Ergebenheit und Hingabe an den ewigen Machthaber. Die Epen und Puranas dagegen sind freudig bestrebt, uns den Richter des Universums in eine trauliche Beziehung zu bringen, zu einem Freund, einem Philosophen und zu einem Führer der Menschheit in turbulenten Zeiten. Über Gottesliebe entsteht diese tiefe Beziehung von Mensch zu Gott.

Während Gott der mächtige Vater und Herrscher über alle Dinge ist, dem alle Abhängigen und Diener unterworfen sind, ist er dennoch der Freund des Menschen, wie in der Vorstellung von Narayana (Gott) und Nara (Mensch), die in Gottesliebe miteinander verbunden sind. Gott ist nicht zu trennen vom Wohlergehen des Menschen, Krishna lässt Arjuna nie im Stich, leistet ihm Beistand und hilft ungefragt und sogar unerwünscht. Denn häufig weiß der Mensch selber nicht, dass er Gottes Hilfe benötigt, aber Gott weiß es im Voraus. Es ist diese Vertrautheit, Innigkeit und Barmherzigkeit, mit der Gottesliebe in den epischen und Purana-Texten charakterisiert wird. Die Kameradschaft zwischen Gott und Mensch ist das besonders rührende Element, das hier verkündet wird im Unterschied zur alles übersteigenden Erhabenheit von Brahman, wie er in den Upanishaden beschrieben wird und zu den Göttern, wie sie in den Samhitas verehrt werden. Es ist der Sinn dieser besonderen Lehren, Religion nicht nur einfach praktikabel, sondern auch zu angenehmen und erfreulichen Mitteln des Dialogs mit Gott zu machen; mit Gott, der stets bei uns ist und auf die Bedürfnisse seiner Anhänger achtet. Die Beziehung zwischen Mensch und Gott in der Gottesliebe ist nun die Verklärung und Vergötterung der Gefühle, der Liebe und der Sehnsucht des Menschen, und die Sehnsucht und das Verlangen des Menschen werden konzentriert und auf die Gestalt Gottes gerichtet. Die Beziehung zwischen Krishna und Arjuna ist gezeichnet von Erhabenheit, Würde und Verwunderung und wie das kosmische und irdische Wesen im Einklang wirken.

Die innigste und vertrauteste Beziehung der Menschen mit Gott findet man laut Bhagavata Purana in der Gottesliebe der Gopis von Vrindavana, die dort ihren Höhepunkt erreicht. Während die Vater-Sohn-Beziehung, die Herr-Diener-Beziehung und die Mutter-Kind-Beziehung in der Tat Meisterstücke menschlicher Beziehungen sind, wird das Liebeserlebnis der Seele in der Verzückung der Gottesschau als der höchste Punkt betrachtet, den Liebe und Hingabe erreichen können. In der Brihadaranyaka-Upanishad wird die Innigkeit und Ekstase der Vereinigung der Seele mit dem Absoluten verglichen mit der Transzendenz-Erfahrung, wie sie vom Liebenden gefühlt wird, der sich in einer schnellen Umarmung mit der Geliebten vereinigt. Selten im Leben erhebt sich die Seele zur vollen Größe. Meistens arbeiten bei den täglichen Beschäftigungen der Menschen Verstand, Geist und Sinne mit voller Wucht, Heftigkeit und Leidenschaft. Man erwartet von der Seele, dass sie sich bei Bedarf an der Oberfläche zeigt und dabei ausnahmslos die gesamte Persönlichkeit mitzieht, bei Hunger, Schlaf und Sex. Die Totalität, die man in diesen Stadien erlebt, ist ein billiger Abklatsch der ganzen Größe, die man bei der Verschmelzung in der Gottesvereinigung erfährt. Gott ist nicht nur das furchteinflößende Gericht des Universums, sondern eine Quelle der Schönheit und des Zaubers, die die ganze Welt entzücken kann. Gott übersteigt jede Form von Schönheit und Liebenswürdigkeit, die irgendwo wahrnehmbar ist und lässt die Herzen der Dinge verschmelzen allein durch Seinen Anblick oder allein durch den Gedanken an seine Schönheit. Gott ist die Schönheit hinter aller Schönheit - sakshat manmath manmathah.

Religion verblasst zu einer eintönigen Beschäftigung, wenn sie zu einem Sammelsurium von Regeln und Gesetzen wird. Dadurch wird sie des Erschauerns beraubt, das man in der Gegenwart des Geliebten spürt. Religion ist nicht nur Disziplin, sondern auch Liebe, Gottesliebe, Liebreiz und Gnade. Einerseits ist das Beispiel von den Gopis eine Veranschaulichung von der überindividuellen Art des Verlangens der Seele nach Gott. Andererseits zeigt es, auf welche Art und Weise Gott durch Gottesliebe Sein Parlament und Seinen Rat, Seine Verordnungen und Regeln außer Kraft setzt, um ganz persönlich zu Seinem Anhänger zu eilen, ohne anderweitige Hilfsmittel einzusetzen. Im 22. Vers im 9. Kapitel der Bhagavad Gita ist das Versprechen Gottes, dass Er sich persönlich um Seine Verehrer kümmern wird, die untrennbar mit Ihm verbunden sind. Spirituelle Verzückung ist das Thema von 5 Versen im 10. Kapitel der Bhagavbruata, im dem Krishnas Tanz der Liebe beschrieben wird. Hier erklimmt die Verehrung eine Höhe bis zu dem Punkt des Zusammenbruchs, an dem das Individuum zerrinnt zu einem glückseligen Strom im Meer Gottes. Verehrung dieser Art ist Ragatmika-Bhakti , also die Verehrung durch Ekstase, im Gegensatz zu Gauna-Bhakti, einer formellen und disziplinierten Form der Verehrung. Ragatmika-Bhakti beginnt mit einer Erregung der Seele, einem Reiz, den sie wahrhaftig tief im Inneren und nicht durch den Verstand, den Geist oder die Sinne verspürt. Dies geschieht, wenn der Verehrer als erstes nach Gott ruft in einem Moment der Verlassenheit; als zweites wird er vorübergehend ohnmächtig durch die Erschöpfung, die durch die Intensität des brennenden Verlangens hervorgerufen wird; und drittens verfällt er in einen Zustand, in dem er voller Verzückung Gott imitiert, Seine Eigenschaften und Seine Taten. Und dann tanzt er im Zustand der Besessenheit, als ob das, was er imitiert, sich in ihm manifestiert hätte.

Die besten Darsteller in einer dramatischen Vorführung sind jene, die ihre eigene Identität verlieren und quasi mit der Rolle verschmelzen, die sie spielen. Die Gopis waren auf dieser vorletzten Stufe zur Vereinigung mit Gott. Dies führte sie später dann in einen Zustand, in dem sie alle erfahrungsgemäßen Bindungen an die Persönlichkeit, das Bewusstsein und alle äußeren Beziehungen nieder rissen in einem wahrlich verrücktmachenden Erlangen Schwindel erregender Höhen. Von dort strebt nicht nur der Verehrer nach Gott, sondern Gott höchstpersönlich eilt zum Verehrer; Gott hat mehr Verlangen nach dem Menschen als die Menschen nach Gott. Bei der Gottesliebe ist es nicht genug, wenn der Verehrer nach Gott verlangt; die höchste Verehrung ist, wenn Gott den Verehrer liebt und sich so verhält, als ob ER der Diener dessen wäre, der IHN liebt. Die Beispiele von Heiligen, die solch ein Leben der Gott-Besessenheit gelebt haben, können in der Geschichte religiöser Gedanken und Praktiken gefunden werden.

Bhakti Yoga – mit Gottesliebe zur Gelassenheit

Niederschrift eines Podcasts (2014) von Sukadev <mp3player>http://sukadev.podspot.de/files/44_bhakti-yoga_gottesliebe.mp3</mp3player>

Schon als Kind habe ich Hingabe zu Gott gespürt. Es gab dann zwar in der Jugend eine Phase, wo ich mich von Gott entfernt hatte, wo ich überlegt hatte, wie kann Gott diese Ungerechtigkeiten zulassen, aber recht bald kam dann auch wieder tiefes Vertrauen zu Gott, tiefer Glaube zu Gott, auch mein Gebet hat mir tiefe Gottesnähe vermittelt. Ich kann also sagen, Bhakti Yoga war ein wichtiger Aspekt meines Wesens schon von Kindheit an. Bhakti Yoga ist also der Yoga der Hingabe, Yoga der Gottesverehrung, Yoga der Verbindung mit Gott, Yoga der Darbringung an Gott, Yoga des Gebetes. Aber zu bestimmten Zeiten ist Bhakti besonders wichtig geworden und bis heute ist Bhakti besonders wichtig.

Interessanterweise habe ich ja gelernt bei einem Meister namens Swami Vishnudevananda, und dieser Meister galt als Autorität des Raja Yoga und Hatha Yoga. Er konnte die fortgeschrittesten Asanas üben, er hatte mehrere Phasen von intensivem Pranayama, also bis zu vierzehn Stunden am Tag Pranayama, Atemübungen, das über mehrere Monate. Das hat er als Zwanzigjähriger bis Dreißigjähriger gemacht, das war diese intensivste Phase seiner spirituellen Praktiken. Er hatte auch in späteren Jahrzehnten seines Lebens immer wieder intensivste Phasen der Meditation gehabt. Aber ich habe ihn immer hauptsächlich als Bhakta eingestuft.

Er war ein hochemotionaler Mensch. Er war ein Mensch, der sich begeistern konnte. Er war auch ein Mensch, der auch mal Trauer empfinden konnte. Er war auch ein Mensch, der seinem Ärger Ausdruck geben konnte, wenn jemand nicht seine Aufgabe getan hatte. Er konnte, wenn nötig, auch seinen Geist beherrschen. Aber er hat uns immer wieder vermittelt: „Bringe alles Gott dar, sowohl deine positiven Seiten wie auch deine scheinbar negativen Seiten.“ Er sagte: „Was auch immer du tust, wenn du es Gott darbringst, dann ist es in Ordnung.“ Swami Vishnudevananda hatte auch einen Vers am Abschluss der Meditationen rezitieren lassen, einen Vers aus der Bhagavad Gita, 18. Kapitel, Vers 66:

„Bringe alles Gott dar, egal, ob du es für gut findest oder weniger gut findest. Wenn du alles Gott darbringst, dann wird Gott das alles zurechtrücken, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Gott wird alle deine Fehler auflösen.“ Was ein bisschen auch heißt, wenn du alles Gott darbringst, dann machst du dich nicht schuldig, du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Hingabe zu Gott löst das Problem von Schuld und Sühne. Das Bhakti-System heißt dann, Gott wirkt durch alles, alles, was ist, kommt von Gott. Es gibt auch in der Bhagavad Gita im 11. Kapitel dieses großartige Beispiel: Arjuna hat eine Vision von Gott. Arjuna sieht die ganze Welt als Körper Gottes. Arjuna sieht, dass die ganze Welt letztlich in Gott existiert. Und er sieht, dass er selbst Teil dieses göttlichen Organismus ist, dass auch die Menschen, die scheinbar schlimme Dinge tun, dass die Teil des göttlichen Körpers Gottes sind.

Wenn Gott allgegenwärtig ist, allmächtig, allwissend, dann wirkt er durch alle Wesen. Alles, was ist und kommt von Gott. Auf einer relativen Ebene heißt das auch, du hast genau die Eigenschaften, die Gott braucht, um durch dich zu wirken. Gott nutzt deine Erfolge und deine Misserfolge, Gott nutzt deine Fähigkeiten wie auch deine Fehler. Das war auch wieder etwas sehr Befreiendes. Letztlich wirkt Gott auch durch die Fehler. Ich war auch ein schüchterner Mensch, und immer wieder wurde ich von meinen Lehrern in Situationen versetzt, wo ich Dinge tun musste, für die ich mich nicht für geeignet hielt oder dachte, ich bin nicht ausreichend gut.

Und ich kann mich erinnern, dass eine meiner Lehrerinnen mir mal gesagt hatte: „Wenn Gott gewollt hätte, dass da jemand wäre, der besser ist als du, dann hätte er ihn da schon hingesetzt. Aber es ist jetzt deine Aufgabe und deshalb bist du der Richtige. Und zweifle nicht an der Weisheit Gottes.“ Diese Worte begleiten mich bis heute. Wann immer ich das Gefühl habe, ich bin in irgendeiner Situation, in der ich nicht ausreichend gut bin, in der ich nicht die richtigen Fähigkeiten habe und nicht ausreichend Zeit habe, dann denke ich daran: „Wenn Gott gewollt hätte, dass hier jemand wäre, der in der Situation besser ist als du, dann hätte er ihn dort hingestellt. Er hat dich dort hingestellt, also bist du der Richtige und auch in deinen Fehlern wirkt Gott.“ Das war etwas sehr Befreiendes.

Auch habe ich mich mehr mit indischer Mythologie beschäftigt. Es gibt so viele Aspekte Gottes und sie stehen für so viele Aspekte des Geistes. In den Mythen verhalten sich dabei die Götter oft sehr menschlich, zum Teil sogar mit sehr menschlichen Schwächen, zum Teil sogar so, dass man sagen kann: „Wie kann man das als Gott bezeichnen, wenn der sich so und so verhält?“ Viele, die sich nicht mit indischer Mythologie auskennen, kennen das von der griechischen Mythologie auch. Interessanterweise, obgleich sie all diese menschlichen Schwächen scheinbar haben, gelten sie dennoch als Manifestation des Göttlichen. Im Vedanta-System, Yoga Vedanta, die spirituelle Richtung, in der ich gelernt habe, die ich praktiziere, die ich lehre, gelten alle Götter nur als Manifestationen des einen Göttlichen.

Aber sie gelten eben als Manifestationen des einen Göttlichen. Das muss heißen, dass auch menschliche Schwächen letztlich Teil des Göttlichen sind. Und so heißt es im Bhakti Yoga: „Bringe alles Gott dar, und dann wird Gott dich befreien. Es ist nicht deine Aufgabe, zur Erlösung zu kommen, sondern es ist Gottes Aufgabe, dir seine Gnade zu schenken. Deine Aufgabe ist es, Gott zu verehren, Gott zu ehren, Liebe zu Gott zu entwickeln, dich für die Gnade Gottes zu öffnen. Deine Aufgabe ist es, die Erfahrungen zu machen, alles zu tun, was dir entgegenkommt, bewusst zu sein, dass alles, was kommt, von Gott geschickt ist, dass du daran wächst. Und alle Aufgaben, die kommen, kommen deshalb, damit du daran wächst.

Immer dann, wenn es irgendein Gefühl ist, und es geht ja um das Gefühl der Liebe, es geht um das Prinzip der Hingabe, dann ist es schwierig, darüber zu sprechen. Das Thema des Bhakti Yoga ist: Du spürst die Gegenwart Gottes, du vertraust darauf, dass es Gott gibt, du bist dir bewusst, alle Eigenschaften in dir sind Gaben Gottes. Du bringst alles Gott dar. Du gehst davon aus, was auch immer auf dich zukommt, ist Aufgabe Gottes, ist eine Erfahrung, die dir Gott schenkt, und was auch immer du tust, du bringst es Gott dar. Und wenn man mit dieser Lebenseinstellung lebt, dann ist Gott erfahrbar. Und dann ist eine tiefe Gelassenheit da, eben eine Gelassenheit, die aus dem Glauben kommt, Gelassenheit, die aus der Gotteserfahrung kommt, Gelassenheit, die aus der Liebe Gottes kommt. Diese Art von Gelassenheit ist eine sehr schöne Form von Gelassenheit, eine Gelassenheit voller Freude, voller Liebe, voller Engagement und Bejahung.

Auch bei dieser Art von Gelassenheit gibt es ein Problem. Wenige Menschen haben eine tiefe Gotteserfahrung und einen tiefen Gottesglauben. Er ist nicht so einfach lehrbar. Man kann zwar sagen, wenn man intensive spirituelle Praktiken übt, dann wird oft Gott erfahrbar. Und wir erleben es ja auch in unseren Yoga Vidya Ashrams und in unseren Seminarhäusern, dass bei intensiver Yogapraxis Menschen plötzlich eine Gotteserfahrung machen. Und aufbauend auf dieser Gotteserfahrung ist plötzlich Hingabe zu Gott und damit Bhakti Yoga möglich. Dennoch, Gotteserfahrung und Gottesglaube ist nicht einfach lehrbar und auch nicht so einfach erzeugbar. Manche Menschen mit intensiver Gottesbeziehung werden sogar zu Fanatikern. Das ist die Kehrseite des Glaubens an Gott und der Gotteserfahrung. Und auch wiederum viele Menschen, die eine Weile diese schöne Bhakti-Erfahrung hatten, verlieren sie. Es scheint so zu sein, dass es nur wenigen Menschen gelingt, dauerhaft tiefe Bewusstheit der Gegenwart Gottes aufrechtzuerhalten.

Bei den meisten Menschen ist intensive Erfahrung der Nähe Gottes und der Verbundenheit mit Gott und Vertrauen an Gott etwas, was sie vielleicht ein paar Monate, ein paar Jahre haben, und dann ist man wieder auf dem Weg, dass man wieder seinen eigenen Schwächen ins Auge schaut, dass man wieder dualistische Weltanschauung haben kann usw. Aber das Schöne ist auch, wenn du einmal eine Weile intensive Gotteserfahrung hattest, wenn du eine Weile diese Erfahrung hattest, dass du Gott alles darbringen kannst und dass Gott durch dich wirkt, ein Glaube und ein Vertrauen bleibt. Du weißt: „Das ist noch möglich.“ Und du gehst von diesem Vertrauen auch aus. „Wenn es jetzt nicht möglich ist, Gott intensiv dauerhaft so zu erfahren, dann wird das auch einen Grund haben, Gott wird sich dabei etwas gedacht haben. Ich muss auf eine andere Weise den spirituellen Weg gehen.“ Für mich selbst kann ich sagen, dieser Glaube an Gott und dieses ständige Gefühl von Gottes Gegenwart, ist wie zu einer zweiten Natur von mir geworden.

Als Vorbereitung auf das Thema kannst du selbst mal überlegen: Wie ist deine Erfahrung Gottes? Wie ist dein Glaube an Gott? Und ich hoffe, er ist kein dualistischer. Ich hoffe, du hast nicht das Bild eines strafenden Gottes. Leider ist das im Christentum immer noch verbreitet, dass Menschen Angst haben vor Gott. Es gibt ja gerade auch im Alten Testament da so einige Aussagen, die zwar am Ende des Alten Testamens relativiert worden sind, aber wo es dann heißt: „Ich bin ein eifersüchtiger Gott. Ich bin ein zorniger Gott.“ In späteren Phasen wurde das auch schon im Alten Testament relativiert, wo es um die Liebe und Gnade Gottes geht. Und gerade im Neuen Testament spricht Jesus ja ständig davon, dass Gott liebt, dass Gott vergibt, dass wir uns an Gott wenden können. Aber du kannst überlegen: Hast du tiefes Vertrauen in Gott, dass Gott auch durch dich wirkt und dass vor Gott alles okay ist? Oder hast du Angst vor Gott, dass du vor Gott sündig werden kannst?

Siehe auch

Literatur

  • Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken (2012)
  • Swami Sivananda, Götter und Göttinnen im Hinduismus (2008)
  • Swami Sivananda, Bhakti und Sankirtan, Hrsg.: The Divine Life Society, 2007
  • Swami Sivananda, Inspirierende Geschichten (2005)
  • Swami Sivananda, Japa Yoga (2003)
  • Swami Sivananda, Göttliche Erkenntnis (2001)
  • Swami Sivananda, Autobiographie von Swami Sivananda (1999)
  • Swami Sivananda, Shrimad Bhagavad Gita. Erläuternder Text und Kommentar von Swami Sivananda (1998)
  • Swami Sivananda, Gedanken zur Kontemplation (1996)
  • Swami Sivananda, Hatha-Yoga. Der sichere Weg zu guter Gesundheit, langem Leben und Erweckung der höheren Kräfte (1964)
  • Swami Sivananda, Sadhana – Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
  • Swami Sivananda: Feste und Fastentage im Hinduismus, Yoga Vidya Verlag

Weblinks

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Bhakti Yoga

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