Liebenswürdigkeit

Aus Yogawiki

Liebenswürdigkeit ist ein freundlicher Umgang, ein Verhalten, das von Freundlichkeit, Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen geprägt ist. Liebenswürdigkeit kann auch gespielt sein, ein Zeichen von Heuchelei.

Übertriebene Liebenswürdigkeit von Verkäufern wirkt manchmal sehr schräg. Wahre Liebenswürdigkeit kommt von innerer Liebe und Anteilnahme und führt zu respektvollem Umgang mit anderen. Jeder Mensch ist der Liebe würdig. Liebenswürdigkeit trägt dem Rechnung.

Swami Sivananda über Liebenswürdigkeit

Der indische Yogi, Guru und Yoga Meister Swami Sivananda schreibt in seinem Buch "How to Cultivate Virtues" über Sanftmut. Das englische Wort dafür ist "gentleness". Gentleness heißt Liebenswürdigkeit, Sanftmut, Freundlichkeit, Güte. Hier die Worte des Meisters:

Unter Liebenswürdigkeit versteht man den Seinszustand, oder die Charaktereigenschaft, sanft zu sein und gepflegte Manieren und milde Veranlagung zu haben. Liebenswürdigkeit ist die Zärtlichkeit der Empfindung. Es bedeutet Liebe und Rücksicht. Es bedeutet Verständnis. Liebenswürdigkeit ist Sanftmut, oder Anmut in der Veranlagung. Es bedeutet Milde und Gelehrigkeit. Es ist die Abwesenheit von Grobheit. Ein gütiger Mensch ist entgegenkommend, beschwichtigend und höflich. Er ist freundlich im Verhalten. Er ist frei von Ungezogenheit und Härte. Er ist gut und sanft.

Liebenswürdigkeit korrigiert was auch immer anstößig ist in deinen Manieren. Wenn jemand gütig ist, bedeutet dies nicht, er ist schwach und erfolglos. Nur die Starken können wirklich gütig sein. Nichts ist so stark wie Liebenswürdigkeit. Grobheit und Härte ist ein Zeichen von Schwäche, Ignoranz, Unhöflichkeit und Unwissenheit. Liebenswürdigkeit ist Stärke. Sanftheit beschreibt den angeborenen Charakter. Friedlich, weil man durch Training etwas unter Kontrolle bringt. Sanft, weil man sich an ein Temperament hält, das naturgemäß nicht einfach hervorgerufen wird. Sanftmütig ist ein Geist, der in Milde und durch Disziplin oder Leiden ausgebildet ist.

Liebenswürdigkeit als hilfreiche Tugend

Auszug aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Sukadev Bretz, Gründer und Leiter von Yoga Vidya, Yogalehrer, Meditationslehrer, spiritueller Lehrer, Seminar- und Ausbildungsleiter, Autor mehrerer Bücher. Sukadev Volker Bretz lernte 12 Jahre bei Swami Vishnu-devananda.

Warum ist Liebenswürdigkeit auch ein Gegenmittel gegen Angst? Wenn man Angst hat, dann lässt man alles Mögliche sein und man wird zum Teil sogar rücksichtslos. Man hat Lampenfieber und sagt Dinge ab und man spürt irgendwo ein Grummeln im Bauch usw. und das kann schließlich dazu führen, dass man sich immer weiter zurückzieht.

Ein Gegenmittel gegen diese Art von Ängsten ist durchaus Liebenswürdigkeit. Liebenswürdigkeit heißt natürlich auch, dass man liebevoll sein will, dass man Liebe zeigen will. Es gibt ein Gesetz: Das Positive überwindet das Negative. Swami Sivananda hat gerne gesagt: "Lasse das Positive das Negative überwinden." Du kannst nicht gleichzeitig liebenswürdig und wirklich ängstlich sein.

Die Angst kannst du zum Teil überwinden, indem du Mut entwickelst, du kannst die Angst überwinden, indem du Selbstvertrauen entwickelst. Aber manchmal, wenn du an Selbstvertrauen und Mut denkst, schwingt die Angst irgendwo im Hintergrund hinterher.

Wenn du aber überlegst, "wie kann ich liebenswürdig sein", dann verschwinden Gedanken an Angst. Du kannst überlegen, wenn du für jemanden einen Gefallen tun könntest, tue ihn einfach, ob du jetzt Angst davor hast oder nicht. Ich habe schon öfters meine Ängste überwunden, weil ich wusste, wenn ich das tue, dann helfe ich einem anderen.

Es war zwar eigentlich irgendwo etwas, was für mich eine Überwindung war, denn ich bin früher ein schüchterner Mensch gewesen, aber aus Hilfsbereitschaft habe ich vieles getan, auch etwas, was irgendwie erstmal ein bisschen Magengrummeln erstmal erzeugt.

Liebenswürdigkeit heißt auch, unabhängig von den persönlichen Emotionen, durch die man gerade durchgeht, trotzdem freundlich und liebenswürdig zu sein. Manchmal mag man sich über etwas ärgern und die natürliche Reaktion auf Ärger wäre, man schimpft, man zieht sich zurück, man haut ab oder schlägt zu oder was auch immer.

Liebenswürdigkeit ist auch ein Teil der Selbstkontrolle, man lässt sich nicht von Emotionen beherrschen. Liebenswürdigkeit ist auch verbunden mit Höflichkeit, darüber habe ich ja auch schon einen Vortrag gegeben. Liebenswürdigkeit heißt, auch wenn ich jetzt mich nicht danach fühle, auch wenn ich jetzt gerade müde bin, auch wenn ich gerade mich geärgert habe, wenn ich ängstlich bin, ich überlege: "Wie kann ich einem anderen Menschen helfen? Wie kann ich ihm behilflich sein?"

Nicht so sehr auf sich selbst und seine eigenen Emotionen achten, sondern Liebenswürdigkeit heißt, mehr überlegen: "Was kann ich tun, um anderen zu helfen?" Das Wort "Liebenswürdigkeit" ist vielleicht kein allzu schönes Wort, es heißt nämlich, man ist der Liebe würdig. Man muss also etwas Gutes tun, um sich der Liebe würdig zu erweisen. Diese etymologische Herkunft mag ich eigentlich nicht, ich mag eine andere etymologische Herkunft. Aus Würde heraus ist man voller Liebe und die Liebe gibt eine Würde.

Liebenswürdigkeit heißt auch, man erweist sich der großen Liebe als würdig, indem man Liebe ausdrückt. Letztlich, das ganze Universum ist ein Ausdruck von Liebe, so sagt es Swami Sivananda. "Gott ist die Liebe und wer in der Liebe ist, der ist in Gott und Gott ist in ihm", so ist ein Ausspruch in der Bibel.

Jesus hat auch gesagt: "Liebe Gott über alle Maßen und liebe deinen Nächsten wie dich selbst, darin liegt das gesamte Gesetz und die Propheten." Also, Altes und Neues Testament, könnte man sagen, oder die ganze Tora und die ganzen prophetischen Bücher, Liebe ist da drin.

Und diese große Liebe, um sie zu erfahren, dazu gilt es auch, Liebenswürdigkeit zu zeigen. Viele Menschen sehnen sich nach der ganz großen Liebe, sie vergessen aber, es braucht kleine Akte der Liebenswürdigkeit, die zur großen Liebe führt. Manche Menschen sagen: "Ja, ich wäre ja liebevoll, wenn andere es zu mir wären, aber zu mir ist keiner liebevoll." Das ist nicht die Vorgehensweise, die hilfreich ist.

Die Vorgehensweise, die hilfreich ist, statt anderen Vorwürfe zu machen, dass sie nicht liebevoll und liebenswürdig wären, selbst überlegen: "Wie kann ich selbst liebevoll sein? Wie kann ich selbst liebenswürdig sein? Wie kann ich mir, wie kann ich der großen Liebe würdig sein, die mir zuteil wird, schon allein dadurch, dass ich geboren bin, der großen Liebe, die mir zuteil wird, weil letztlich das Göttliche mich liebt und es zulassen kann. Und ich kann dieser großen Liebe, die überall ist, würdig sein, indem ich selbst Liebe ausdrücke." Und das heißt in der konkreten Bedeutung von Liebenswürdigkeit, in kleinen und konkreten Dingen.

Liebenswürdigkeit, - eine oft unterschätzte Eigenschaft, ähnlich wie Höflichkeit. Eine Eigenschaft, die so hilfreich ist, um sich selbst beherrschen zu lernen, um Liebe zu erfahren, letztlich auch, über Ängste hinauswachsen zu können, letztlich, um wirklich Liebe zu erfahren, Gott zu erfahren, Einheit zu erfahren. Jetzt überlege selbst, bist du ein Mensch, der öfters liebenswürdig ist? Bist du jemand, der liebenswürdig, höflich, zuvorkommend ist? Oder wo könntest du das mehr noch umsetzen? Kleine Handlungen führen langfristig zu großen Veränderungen.

Liebenswürdigkeit und andere Tugenden

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und geistigen Eigenschaften beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Liebenswürdigkeit in Beziehung zu anderen Tugenden und geistigen Eigenschaften sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Liebenswürdigkeit

Ähnliche Eigenschaften wie Liebenswürdigkeit, also Synonyme zu Liebenswürdigkeit sind z.B. Freundlichkeit, Höflichkeit, Warmherzigkeit, Leutseligkeit, Umgänglichkeit.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Liebenswürdigkeit übertrieben kann ausarten z.B. in Heuchelei, Scheinheiligkeit, Betrug, Schwärmerei. Daher braucht Liebenswürdigkeit als Gegenpol die Kultivierung von Klarheit, Vernunft, Verlässlichkeit, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit.

Gegenteil von Liebenswürdigkeit

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Liebenswürdigkeit, Antonym zu Liebenswürdigkeit :

Liebenswürdigkeit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

Vortragsmitschnitt zu Liebenswürdigkeit - Audio zum Anhören

Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Liebenswürdigkeit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden.

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Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Liebenswürdigkeit

Eigenschaften im Alphabet nach Liebenswürdigkeit

Literatur

Weblinks