Guru
Guru (Sanskrit: गुरु guru Adj. und m.) schwer, gewichtig; prosodisch lang; eine ehrwürdige, hochangesehene Person (Dual गुरौ gurau bedeutet "Vater und Mutter, Eltern"), Lehrer, Meister. Religiöser Titel für einen spirituellen Lehrer im Hinduismus, im Sikhismus und im Tantrischen Buddhismus. Die indische Tradition kennt vier Stufen des Guru. In der ersten Stufe sind die Eltern der Guru. Sie geben dem Mensch seinen Körper und spielen eine einführenden Rolle für das Leben mit seinen höhen und Tiefen.
Die zweite Gurustufe umfasst alle Lehrer, Universitätsdozenten, Handwerksmeister, also alle, die in der Ausbildung involviert sind. In Indien werden also gemäß der zweiten Stufe auch Ausbilder außerhalb von spirituellen Lebensbereichen als Guru bezeichnet. In der dritten Stufe kommt der spirituelle Meister zum Tragen. Laut der Advaya Taraka Upanishad steht "gu "für "Dunkelheit" und "ru" für "Auslöscher der Dunkelheit". So vernichtet der Guru die Unwissenheit seines Schülers. Ein Guru ist als Guru befähigt, wenn er selber in Verbindung zu Gott steht und das an seine Schüler weiter geben kann. Auch der Schüler muss gewisse Voraussetzungen mit sich bringen um traditionsgemäß eine enge und erfüllende Beziehung zum Guru aufzubauen.
Der Schüler sollte eine äußerst respektvolle Haltung dem Meister gegenüber einnehmen. Er sollte den Aufforderungen des Gurus konsequent und aufrichtig folgen. Wenn der Schüler offen für die Lehre des Meisters ist, wird sie sich fruchtbar bei ihm entwickeln. Letztlich gibt es den kosmischen Guru, auch Avatar genannt (vierte Stufe). Ein Avatar ist eine vollkommene Inkarnation Gottes. Dort führt der spirituelle Meister hin. In den Jahren von 1970 bis 1980 gab es viele Lehrer, die in den Westen kamen und sich als Guru bezeichneten. Sie waren jedoch nicht authentisch, da sie mit wenig Überzeugung und Verantwortungsbewusstsein agierten. Dadurch ist der Begriff Guru teilweise noch negativ besetzt.
Es gibt viele Yogis im Westen, denen es schwer fallen würde eine meist sehr strenge und autoritäre Unterweisung durch einen traditionellen indischen Guru anzunehmen. Aus diesem Grund wird der Guru im Westen oft durch allgemeine Schulung in der Yoga Praxis einschließlich von Ratschlägen für eine gesunde, ernährungsbewusste und angemessene Lebensfürung ersetzt. An diese mehr eigenständige Mentalität haben sich auch viele indische Yogameister eingestellt, wenn sie im Westen agieren.
Bedeutungen des Wortes Guru
Das Wort Guru hat verschiedene Bedeutungen und leitet sich unterschiedlich her:
- guru heißt "schwer, gewichtig"
- "gu" heißt auch "dunkel", "ru" heißt "beseitigen". Guru bedeutet also: der die Dunkelheit beseitigt
- Guru ist in der indischen Astronomie wie auch der Astrologie (Jyotish) der Planet Jupiter (Brihaspati). Da der Jupiter der größte aller Planeten ist, gilt er auch als der Lehrer der anderen Planeten. Der Jupiter beherrscht den Donnerstag (Guruvara).
Guru heißt im weiteren Sinne "Lehrer". Guru kann sein:
- Jeder, der einem etwas beibringt: In diesem Sinn ist auch der Fahrlehrer, der Mathematiklehrer ein Guru
- Jemand der einem etwas auf spirituellem Gebiet etwas beibringt
- Ein Yogalehrer
- Ein spiritueller Lehrer, der durch persönliche Anleitung dem Schüler hilft, höhere Bewusstseinsebenen zu erreichen
- Im Westen wird im weltlichen Kontext oft unter Guru eine besondere Autorität verstanden. So gibt es den "Internet-Guru", den "Mathematik-Guru" etc. Hier hat der Begriff "Guru" einen ähnlichen Begriffs-Wandel erfahren wie das Wort "Papst". So gibt (oder gab es) es ja auch den "Literatur-Papst" etc.
Der Guru als Spiritueller Lehrer
Arten von Gurus
Wenn wir jetzt nur die spirituelle Bedeutung des Begriffs Guru als "spiritueller Lehrer" nehmen, gibt es verschiedene Arten von Gurus:
- Sadguru und Upaguru: Jemand, der die höchste Verwirklichung erreicht hat, ist ein Sadguru. Jemand, der etwas lehren kann, aber noch nicht das Höchste erreicht hat, wird als Upaguru bezeichnet
- Diksha Guru und Siksha Guru: Jemand, der einem Schüler eine Einweihung gibt, ist ein Diksha Guru. Jemand, der einem Schüler etwas beibringt, aber nicht zu seinem persönlichen Meister wird, ist ein Sikshaguru.
Normalerweise hat ein Aspirant nur einen Diksha Guru, aber mehrere Siksha Gurus.
Braucht man einen Guru?
Eine Frage, die Aspiranten immer wieder stellen, ist: Braucht man einen Guru? Da wird dann meist der Begriff "Diksha Guru", also Einweihungs-Guru, bzw. persönlicher Lehrer, verstanden. Wenn man die bekannten indischen Selbstverwirklichten analysiert, findet man Folgendes:
- Selbstverwirklichte, die keinen Guru hatten, und die von selbst erwachten. Als Beispiele dafür gelten Dattatreya, Ramana Maharshi, Anandamayi Ma. Von diesen Meistern wird angenommen, dass sie im früheren Leben sehr weit gekommen sind, und in diesem Leben nur einen kleinen Anstoß brauchten, um zum Höchsten zu kommen
- Selbstverwirklichte, die mehrere Meister hatten. Oft haben diese Meister in jedem Lebensabschnitt einen anderen Meister/Meisterin gehabt. Beispiele dafür sind Ramakrishna und Swami Sivananda: Ramakrishna lernte von seinem älteren Bruder das Priestertum, er wurde von einer Meisterin namens Bhairavi in den weißen Tantra eingeführt, ein Vedanta Guru namens Tota Puri führte ihn zur Höchsten Verwirklichung (Nirvikalpa Samadhi). Swami Sivananda lernte die Grundlagen des Spirituellen Lebens von seinem Vater, er erlernte Prana-Techniken von einem Kalari-Lehrer. Er hatte als Jugendlicher Hatha-Yoga-Lehrer, Kirtan-Lehrer. In Malaysia lernte er Vedanta von einem Sadhu (Wandermönch). Swami Vishwananda wurde Swami Sivanandas Sadguru - die beiden waren aber nur kurz physisch zusammen. Die Grundlagen des Mönchslebens lernte Swami Sivananda von einem Swami Vishnu-devananda, Leiter des Swargashrams. Und er lernte mehr über Prana und Kundalini von einem Tantra Guru
- Selbstverwirklichte, die ihr ganzes Leben einem Sadguru folgten, sich von ihm ausbilden ließen, ihm dienten und von ihm angeleitet wurden. Dazu gehören Paramahamsa Yogananda, Swami Vivekananda, Swami Vishnu-devananda: Diese lernten ihren Meister in jungen Jahren kennen, und wurden von ihrem Meister im Lauf der Jahre und Jahrzehnte auf immer höhere Bewusstseinsebenen gehoben. Die Führung durch den Meister geht auch nach dem physischen Ableben des Meisters weiter. Natürlich lernen die Aspiranten konkrete Fähigkeiten auch von anderen Lehrern (Siksha Gurus). Aber ihr Hauptlehrer, der Diksha Guru, bleibt über all die Jahrzehnte gleich. So lernte Swami Vishnu-devananda Sanskrit und Kirtan von anderen Schülern von Swami Sivananda. Und er lernte fortgeschrittene Hatha Yoga Praktiken von einem anderen Hatha Yoga Guru einer anderen Tradition. Dabei bestand aber seine spirituelle Hauptverbindung immer zu Swami Sivananda. Die meisten Verwirklichten gehören in diese Kategorie.
Wie findet man seinen Guru?
"Ist der Schüler bereit, ist sein Meister nicht weit" - ist ein altes spirituelles Sprichwort. In diesem Sinn ist es nicht der Schüler, welcher den Meister sucht. Vielmehr ist es ein Zusammentreffen zwischen Lehrer und Schüler, welches dann geschieht, wenn der Schüler bereit ist. Um einen Guru zu finden, ist es am wichtigsten, sich selbst vorzubereiten. Wenn man sich entwickelt, erscheint einem ein spiritueller Lehrer - oder auch nicht. Es geschieht das, was geschehen soll.
Wie bereitet man sich auf seinen Guru vor?
Die Vorbereitung auf den Guru ist letztlich einfach: Der Aspirant praktiziert seine spirituellen Praktiken, bemüht sich um spirituelle Entwicklung, lebt ein ethisches Leben, geprägt von Yama, Niyama und Sattwa. Er kultiviert Mumukshuttwa, die tiefe Sehnsucht nach Befreiung, höchster Verwirklichung. Wenn es für seine Verwirklichung notwendig ist, wird ihm der Lehrer erscheinen. Arjuna z.B. praktizierte viele Jahrzehnte, bis er in seinem engsten Freund, Krishna, seinen Guru fand, der ihm die Weisheit der Bhagavad Gita lehrte und ihn ins Überbewusstsein führte. Swami Sivananda praktizierte mehrere Jahrezehnte, bevor er seinen Sadguru Swami Vishwananda fand. Ein Aspirant sollte also weniger seinen Guru suchen, sondern vielmehr selbst praktizieren und an sich arbeiten. Es hilft auch, den/die Meister der Tradition, in der man praktiziert, mit Ehrerbietung zu behandeln. In Indien wird jeder, der einem etwas beibringt, mit Respekt behandelt. Indem man jemanden, von dem man lernen will, mit Respekt behandelt, kann man das Wissen leichter aufnehmen.
Wer ist geeignet als Guru?
- Zum Siksha Guru ist jeder geeignet, der eine bestimmte Fertigkeit beherrscht.
- Zum Upaguru ist jeder geeignet, der schon etwas vorangeschritten ist auf dem spirituellen Weg.
- Diksha Guru kann jemand sein, der entweder selbst die Höchste Verwirklichung erreicht hat, oder von seinem Diksha Guru autorisiert wurde, Einweihungen (Diksha) zu geben.
- Sadguru kann nur jemand sein, der die Höchste Verwirklichung erreicht hat und eine Berufung durch das Göttliche erhalten hat.
Als spiritueller Aspirant ist es ist es oft gut, man folgt den Lehren eines Sadgurus, auch ohne ihn physisch zu kennen, bzw. auch, wenn der Meister nicht mehr in seinem physischen Körper ist. Und wenn möglich sucht man einen Schüler dieses Meisters, der schon eine Weile auf dem Weg ist und der einen dann konkret anleitet.
Sattwige, Rajassige und Tamassige Gurus
Nicht jeder, der als spiritueller Lehrer auftritt, ist auch ein authentischer, also ein "sattwiger" Guru. Auf spirituellem Gebiet gibt es Heilige und Scheinheilige, uneigennützig Dienende und Menschheitsverführer - und vieles dazwischen. Im Yoga unterscheidet man Sattwige, rajassige und tamassige Gurus
Der Sattwige Guru
Ein sattwiger Guru ist ein authentischer Guru. Er hat selbst praktiziert, einiges erfahren, er lehrt als Diener des Göttlichen seine Schüler, um ihnen zu helfen. Es gibt zwei arten von sattwigen Gurus:
- Die höchste Kategorie hat die höchste Verwirklichung, Nirvikalpa Samadhi erreicht
- Die niedrigere Kategorie hat zwar nicht die höchste Verwirklichung erreicht, aber tiefe Erfahrungen gemacht und schon viel an sich gearbeitet
Alle sattwigen Gurus haben folgende Charakteristika:
- Sie lehren, was in den Schriften steht. Die höchsten Wahrheiten sind schon uralt. Moderne Meister können zwar ihren Unterricht an die Erfordernisse der Modernen anpassen. Die Essenz ihrer Lehren ist jedoch schon in den Schriften - und die Meister können die Schriften auch angeben, nach denen sie lehren
- Ihre Lehren stehen in Übereinstimmung mit anderen Meistern. Es gibt ein herzliches Verständnis zwischen den großen Meistern der verschiedenen Traditionen
- Sie praktizieren, was sie lehren - und machen für sich selbst nicht zu viele Ausnahmen
- Sie leben ein einfaches Leben im Sinne von "einfach leben - erhaben denken"
- Sie leben ein ethisches Leben. Von besonderer Wichtigkeit sind Ahimsa (Gewaltlosigkeit), Satya (Wahrhaftigkeit), Brahmacharya (Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten), Aparigraha (Verstanden als Nichthorten, auch im Sinne von Nichthorten materieller Reichtümer)
- Sie machen keine falsche Versprechungen: Letztlich muss der Schüler die Arbeit selbst machen. Ein Lehrer kann nicht selbst die Arbeit für den Schüler machen - auch wenn er inspirieren und Energie übertragen kann, und in seiner Gegenwart Meditation leichter wird.
Der Rajassige Guru
Der Rajassige Guru ist spiritueller Lehrer mit einem starken Ego. Die Rolle des spirituellen Lehrers schmeichelt ihm. Er sucht die Verehrung, den Respekt und genießt die Aufmerksamkeit. Rajassige Lehrer lehren meist die klassischen Lehren, und ein Schüler kann viel auch von rajassigen Lehrern lernen. Der Schüler sollte jedoch wissen, dass er mit Bedacht prüfen muss, was der rajassige Lehrer ihm beibrint.
Der Tamassige Guru
Ein tamassiger Guru unterliegt entweder selbst der Illusion oder führt seine Schüler bewusst in die Irre. Im Bestfall ist ein tamassiger Guru harmlos - er lehrt Techniken, die zwar nicht zur Bewusstseinserweiterung führen, die aber auch keinen Schaden anrichten. Oder er lehrt eine Philosophie, die offensichtlich dem gesunden Menschenverstand und den Schriften widerspricht - lehrt aber nichts ethisch Verwerfliches. Im schlimmsten Fall führt ein tamassiger Guru seine Schüler ins Verderben. Fanatisierte Glaubenskämpfe, kollektive Selbstmorde können die Folgen sein. In vielen Fällen führen tamassige Gurus ihre Schüler in Abhängigkeit, was zu psychischem und physischen Schaden kommen kann. Oft werden ehemalige Schüler als "Abtrünnige" behandelt, manchmal regelrecht verfolgt. Häufig ist auch, dass das Ende der Welt vorhergesagt wird, welches nur von Anhängern des betreffenden Meisters überlebt werden wird.
Guru Bhakti, die Verehrung des spirituellen Lehrers
In Indien werden spirituelle Lehrer, die Gurus, mit großer Ehrerbietung behandelt. Oft wird gesagt, spiritueller Fortschritt ist ein Zusammenspiel dreier Faktoren:
- Eigenes Bemühen (Abhyasa)
- Göttliche Gnade (Ishwara Kripa)
- Segen des Meisters (Guru Kripa bzw. Shaktipat)
Ein spiritueller Guru lehrt nicht nur Techniken und spirituelles Wissen. Vielmehr lehrt er durch Inspiration, Energie-Übertragung, inner Führung - eben auf subtile Weise, die kaum beschreibbar ist. Das funktioniert sogar noch, wenn der Meister nicht mehr im physischen Körper ist. Damit das geschehen kann, muss der Schüler eine Verbindung zum Lehrer aufbauen. Diese wird aufgebaut über Guru Bhakti, Verehrung des Gurus. Möglichkeiten, Guru Bhakti zu entwickeln, sind:
- Shravana: Lesen von Büchern über den Guru, Anschauen von Filmen, Hören von Geschichten über den Guru
- Kirtana: Singen und Rezitieren von Liedern zur Verehrung des Gurus
- Smarana: Häufiges Erinnern an den Guru; Anschauen von Bildern des Meisters, innere Zwiesprache (Gebet) mit dem Meister Wiederholung eines Mantras, das man vom Guru oder einem seiner Schüler erhalten hat
- Archana: Rituelle Verehrung des Meisters oder seines Bildes, z.B. mit einer Puja, speziell einer Guru Puja bzw. Paduka Puja
- Vandana: Verneigen vor dem Bild des Meisters; inneres Verbeugen vor dem Guru
- Pada Sevana: Dienst zu Füßen des Meisters: Dem Meister dienen bzw. seinem Werk dienen. Oft heißt das, sich zu engagieren in einem Verein, einer Organisation, welche den Lehren des Meisters gewidmet ist
- Dasya: Sich als Diener fühlen des Meisters, innerlich den Meister um Führung bitten; alles dem Meister innerlich darbringen
- Sakhya: Sich als Freund des Meisters fühlen, die innere Verbundenheit und Liebe kultivieren, spüren und genießen
- Atma Nivedana: Vollständiges Darbringen an den Meister
Bevor man Guru Bhakti entwickelt, sollte man natürlich erst den Meister prüfen. Guru Bhakti sollte man nur gegenüber einem sattwigen Meister kultivieren. Insbesondere bei lebenden Personen ist große Vorsicht geboten.
Swami Sivananda über den Guru
Im Buch "Göttliche Erkenntnis" beschreibt Swami Sivananda den Guru folgendermaßen:
- "Der Guru ist Gott selbst, der sich in einer persönlichen Gestalt manifestiert, um den Aspiranten zu führen. Die Gnade Gottes nimmt die Gestalt des Gurus an. Den Guru zu sehen heißt Gott zu sehen. Der Guru ist eins mit Gott. Er inspiriert Hingabe in anderen. Seine Gegenwart reinigt alle. Der Guru ist wahrhaftig die Verbindung zwischen dem Individuum und dem Unsterblichen. Er ist ein Wesen, welches sich von Diesem zu Jenem erhoben hat und so freien Zugang in beide Regionen hat. Er steht an der Schwelle der Unsterblichkeit; und indem er sich bückt, zieht er die sich bemühenden Individuen mit einer Hand nach oben, und mit der anderen Hand erhebt er sie in das Reich unvergänglicher Seligkeit und unendlicher Wahrheit."
Der Sadguru
Um ein Guru zu sein, muß man einen Befehl Gottes haben.
Das einfache Studium von Büchern kann keinen Guru machen. Nur jemand, der die Veden studiert hat und direktes Wissen von Atman (Selbst) durch Anubhava (Selbstverwirklichung) hat, kann ein Guru sein. Nur ein Jivanmukta (ein lebendig Befreiter) ist ein wahrer Guru d.h. ein spiritueller Lehrer. Er ist der Sadguru. Er ist eins mit Brahman, dem Höchsten selbst. Er ist Kenner Brahmans.
Ein Sadguru hat unzählige Siddhis (übernatürliche Kräfte). Er besitzt alle göttlichen Aishwarya (den Reichtum Gottes).
Der Besitz von Siddhis ist aber nicht der Test für die Größe eines Weisen und ist kein Beweis für Selbstverwirklichung. Sadgurus zeigen meist keine Siddhis (Wunder). Nur manchmal tun sie dies, um die Aspiranten von der Existenz überphysischer Dinge zu überzeugen und ihnen Ermutigung und Glauben im Herzen zu geben.
Der Sadguru ist Brahman selbst. Er ist ein Ozean von Wonne, Wissen und Gnade. Er ist der Kapitän Deiner [[Seele. Er ist der Brunnen der Freude . Er beseitigt all Deine Probleme, Sorgen und Hindernisse. Er zeigt Dir den richtigen, göttlichen Pfad. Er zerreißt den Schleier der Unwissenheit. Er mach Dich unsterblich und göttlich. Er transformiert Deine niedere, diabolische Natur. Er gibt Dir das Rettungsseil des Wissens und zieht Dich hoch, wenn Du in diesem Ozean von Samsara (Welt von Geburt und Tod ) zu ertrinken drohst. Halte den Guru nicht einfach für einen normalen Menschen. Verehre Deinen Guru und verneige Dich vor ihm mit Hingabe.
Guru ist Gott . Ein Wort von ihm ist ein Wort von Gott. Er braucht nichts zu lehren. Selbst seine Gegenwart ist erhebend, inspirierend und aufwühlend. Der Guru ist wie ein Spiegel. In seiner Gegenwart zu leben ist spirituelle Erziehung.
Der Mensch kann am besten vom Menschen lernen. Daher lehrt Gott durch einen menschlichen Körper. In Deinem Guru hast Du das menschliche Ideal der Vollkommenheit. Er ist das Muster, in das Du Dich verwandeln möchtest. Dein Geist wird schnell überzeugt werden, daß eine solch große Seele geehrt und verehrt werden sollte.
Der Guru ist Moksha-Dwara (das Tor zur Befreiung). Aber der Aspirant muß durch dieses Tor hindurch gehen. Der Guru ist eine Hilfe, aber die eigentliche Aufgabe des praktischen Sadhana (spirituelle Praxis) fällt dem Schüler selbst zu.
Die Notwendigkeit eines Gurus
Für einen Anfänger auf dem spirituellen Weg ist ein Guru notwendig. Um eine Kerze zu entzünden braucht man eine brennende Flamme. Genauso kann nur eine erleuchtete Seele eine andere Seele erleuchten.
Einige Menschen meditieren einige Jahre lang allein für sich. Später spüren sie die Notwendigkeit eines Gurus. Sie treffen auf einige Hindernisse und wissen nicht, wie sie diese aus dem Weg räumen können. Dann begeben sie sich auf die Suche nach einem Meister.
Nur ein Mensch, der schon in Badrinath (indische Stadt)gewesen ist, kann Dir den Weg dahin erklären. Auf dem spirituellen Weg ist es noch viel schwieriger, den Weg allein zu finden. Der Geist wird Dich oft in die Irre führen. Der Guru dagegen wird in der Lage sein, Fallen und Hindernisse wegzuräumen, und Dich so auf den richtigen Weg führen. Er wird Dir sagen: “Dieser Weg führt Dich zur Befreiung; dieser führt Dich zur Bindung”. Ohne seine Führung magst Du auf nach Badrinath gehen wollen, aber in Delhi ankommen!
Die Schriften sind wie ein undurchsichtiger Wald. Es gibt viele zweideutige Passagen. Es gibt sogar scheinbare Widersprüche. Manche Teile der Schriften haben esoterische Bedeutungen und verborgene Erklärungen. Es gibt viele Querverweise, die man schwer allein finden kann. Du brauchst einen Guru, einen spirituellen Lehrer, der Dir die richtige Bedeutung erklären kann, der Dir die Zweifel nehmen kann und der Dir die Essenz der Lehren zeigen kann.
Ein Guru ist notwendig für jeden Aspiranten auf dem spirituellen Weg. Nur der Guru findet Deine Fehler heraus. Die Natur des Egoismus ist so, daß Du Deine eigenen Fehler nicht finden wirst. Genau wie ein Mensch sich seinen eigenen Rücken nicht direkt anschauen kann, genauso kann ein Mensch auch seine eigenen Fehler nicht entdecken. Man muß unter einem Guru leben, um die schlechten Eigenschaften und Fehler zu überwinden.
Der Schüler unter der Leitung eines Meisters (Gurus) ist davor sicher, auf Abwege zu geraten. Satsang, das Zusammensein mit dem Guru ist eine Rüstung und eine Burg gegen alle Versuchungen und ungünstigen Kräfte der materiellen Welt.
Man sollte Fälle derjenigen nicht aufzählen, die Vollkommenheit ohne das Lernen unter einem Guru erreicht haben. Denn diese großartigen Menschen sind die Ausnahmen des spirituellen Lebens. Wegen ihrer intensiven spirituellen Praktiken, selbstlosem Dienst, Studium und Meditation in einem früheren Leben kommen sie als spirituelle Meister in dieses Leben. Sie haben schon in einem früheren Leben unter einem Guru gelernt. Das gegenwärtige Leben ist nur die Fortsetzung davon. Daher wird die Wichtigkeit eines Gurus dadurch nicht gemindert.
Einige Lehrer führen ihre Schüler in die Irre. Sie sagen: Denke für Dich selbst. Unterwirf Dich nicht irgendeinem Lehrer." Wenn jemand sagt, “folge keinem Guru”, will er eigentlich selbst der Guru des Zuhörers sein. Gehe nicht zu solchen Pseudo-Gurus.
Ein Neuling braucht zunächst einen persönlichen Guru. Er kann nicht von Anfang an Gott als seinen Guru haben. Wenn er einen reinen Geist und ethische Vollkommenheit erreicht hat, vollkommen tugendhaft ist und über das Körperbewußtsein hinausgewachsen ist, kann er Gott direkt als seinen Guru haben.
Wie man einen Guru auswählt
Wenn Du Frieden in der Gegenwart eines Mahatmas (große Seele) findest, wenn Du von seinen Reden inspiriert bist, wenn er Deine Zweifel klären kann, wenn er frei ist von Gier, Ärger und Selbstsucht, wenn er liebevoll, selbstlos und ego-los ist, dann kannst Du ihn als Deinen Guru annehmen. Wer Deine Zweifel klären kann, wer bei Deinem Sadhana einfühlsam ist, wer Dein Glaubens- und Wertesystem nicht verwirrt, sondern Dir dort hilft, wo Du Dich befindest, in wessen Gegenwart Du Dich spirituell erhoben fühlst - der ist Dein Guru. Wenn Du einmal Deinen Guru ausgewählt hast, folge ihm. Gott wird Dich durch den Guru führen.
Benutze nicht zuviel Intellekt, wenn Du Deinen Guru auswählst. Du würdest nur scheitern. Wenn Du keinen Guru erster Klasse finden kannst, versuche den Anleitungen eines Sadhu (Weisen) zu folgen, der schon einige Jahre auf dem Pfad ist, Reinheit oder andere Tugenden hat und der sich etwas mit den Schriften auskennt. Genau wie ein Schüler der Mittelstufe einem Schüler der Grund- oder Orientierungsstufe etwas beibringen kann, wenn ein geprüfter Lehrer nicht da ist, und genau wie ein Assistenzarzt helfen kann, wenn der Chefarzt nicht da ist, so kann auch ein Guru zweiter Klasse Dir helfen.
Wenn du nicht in der Lage bist, selbst einen solchen Guru zweiter Klasse zu finden, kannst Du den Lehren aus Büchern großer Meister wie Shri Shankara und Dattatreya folgen. Du kannst ein Foto eines selbstverwirklichten Guru besorgen und dieses mit Glaube und Hingabe verehren. Langsam wirst Du Inspiration erhalten, und wenn die Zeit reif ist, mag der Guru sogar in einem Traum erscheinen und Dich einweihen und inspirieren. Ein ernsthafter Sadhaka (Aspirant) bekommt auf mysteriöse Weise Hilfe. Wenn die Zeit reif ist, bringt Gott Guru und Schüler auf geheimnisvolle Weise zusammen.
Gott hilft auf geheimnisvolle Weise
Gott hilft Seinen Verehrern auf wunderbare Weise. Eknath hörte einmal eine Stimme im Himmel, die sagte: “Suche Janardhan Pant in Deva Giri auf. Er wird Dich auf den richtigen Weg bringen und Dich führen”. Eknath folgte diesen Anweisungen und fand so seinen Guru. Tukaram empfing sein Mantra “Ramakrishna Hari” in einem Traum. Er wiederholte dieses Mantra und hatte eine Vision Krishnas. Krishna leitete Namdev dazu an, seine höhere Einweihung von einem Entsagten in Mallikarjuna zu nehmen. Die Königin Chudalai nahm die Gestalt von Kumbha Muni an, erschien so vor ihrem Mann Shikhidwaja im Wald und weihte ihn in die Geheimnisse von Kaivalya ein.
Madhura Kavi sah drei Tage lang ununterbrochen ein Licht am Firmament. Es führte ihn zu seinem Guru Nammalvar, der in Samadhi (im überbewußten Zustand) unter einem Tamarindenbaum in der Nähe von Tinnevelly saß. Vilvamangal verliebte sich in eine Tänzerin namens Chintamani. Sie wurde sein Guru. Tulsidas empfing Anleitungen von einem unsichtbaren Wesen und war so in der Lage, Hanuman zu sehen, und durch Hanuman auch Rama.
Fähige Schüler finden immer einen fähigen Guru. Verwirklichte Seelen sind gar nicht so selten. Aber normale Menschen können sie nicht so einfach erkennen. Nur wenige Menschen sind so rein und tugendhaft, daß sie die verwirklichten Seelen verstehen können. Nur sie können aus dieser Gesellschaft Nutzen ziehen. So lange es eine Welt gibt, gibt es auch Gurus und Schriften, um die strebenden Seelen auf dem Weg zur Selbstverwirklichung anzuleiten. Im Vergleich zum Goldenen Zeitalter (Satya Yuga) mag es heutzue weniger verwirklichte Seelen geben. Aber es gibt immer noch ausreichend, um den Aspiranten zu helfen. Möge jeder Mensch seinen Weg gemäß seinen Fähigkeiten, seinem Temperament und seinem Verständnis gehen. Sein wirklicher Guru wird ihn auf diesem Weg finden.
Siksha Gurus und Diksha Gurus
Der Mensch hat eine zweifache Pflicht auf dieser Welt. Erstens, sein Leben zu erhalten, und zweitens, sein Selbst zu verwirklichen. Um sein Leben zu erhalten, muß er sein tägliches Brot verdienen lernen. Um sein selbst zu verwirklichen, muß er dienen, lieben und meditieren lernen. Der Guru, der den Weg zur Selbstverwirklichung zeigt, ist der Diksha (Einweihungs-) Guru. Der Lehrer, der weltliche Dinge lehrt, ist der Siksha Guru. Man kann viele Siksha Gurus haben, eben genauso viele wie Dinge, die man zu lernen wünscht. Aber es kann für jeden nur einen Diksha Guru geben, nämlich denjenigen, der einen zu Moksha, Gottverwirklichung führt.
Bleibe bei einem Guru
Bohre nicht überall flache Löcher, wenn Du Wasser finden willst. Denn die Wasserlöcher werden schnell austrocknen. Finde eine geeignete Stelle und bündele all Deine Anstrengung dort. Du wirst einen tiefen Brunnen bohren können, der Dir für das ganze Jahr gutes Wasser geben wird.
Versuche auf die gleiche Weise die spirituellen Lehren eines Meisters tief aufzunehmen. Trinke von einem Menschen allein besonders tief. Sitze einige Jahre lang zu seinen Füßen. Es ist sinnlos, aus Neugier von einem Meister zum nächsten zu wandern und so in kürzester Zeit den Glauben zu verlieren. Ändere nicht ständig Deine Entschlüsse. Wenn Du zu verschiedenen Lehrern gehst und versuchst, all ihren Anleitungen zu folgen, wirst Du verwirrt werden und viele innere Zwiespalte bekommen.
Von einem Arzt bekommst Du eine Verschreibung. Von zwei Ärzten bekommst Du einen Ratschlag. Von drei Ärzten bekommst Du Deine eigene Beerdigung! Genauso ist es, wenn Du viele Gurus hast. Du wirst verwirrt sein und nicht wissen, was Du machen sollst. Ein Guru wird Dir sagen: “Mach dieses”. Der nächste wird sagen “Mach jenes”. Der dritte wird Dir sagen “Mach etwas ganz anderes”. Du wirst sehr erstaunt sein. Bleibe daher bei einem Guru und folge seinen Anweisungen. Höre allen zu, aber folge einem (einer). Respektiere alle, aber verehre einen (eine). Lerne von allen, aber nimm nur die Lehren von einem an. So wirst Du schnellen spirituellen Fortschritt haben.
Die Folge von Guru-Schüler
Das spirituelle Wissen wird von Guru zu Schüler weitergegeben. Gaudapacharya gab das Wissen seinem Schüler Govindacharya; Govindacharya seinem Schüler Shankara; Shankara seinem Schüler Sureshwaracharya. Matsyendranath gab das Wissen seinem Schüler Gorakhnath; Gorakhnath dem Nivrittinath; Nivrittinath dem Jnanadeva. Totapuri gab das Wissen dem Ramakrishna; Ramakrishna dem Swami Vivekananda. Ashtavakra formte das Leben von Janaka. Gorakhnath formte das Leben von König Bartrihari. Krishna brachte Arjuna und Uddhava auf den spirituellen Pfad, als ihr Geist sehr unruhig war.
Die Bedeutung von Einweihung
Ein Bhakta kann von einem Bhakta-Weisen auf dem Weg der Hingabe eingeweiht werden. Ein Meister des Yoga des Wissens kann einen Vedanta-Schüler in die großen Lehren der Upanishaden einweihen. Ein Raja Yogi kann einen anderen in das Raja Yoga einweihen. Aber ein vollständig verwirklichter Weiser, ein voll erblühter Yogi, kann die Einweihung für jeden Weg geben. Ein Weiser wie Shankaracharya oder Madhusudana Saraswati kann dem Schüler die Einweihung für den Weg geben, für den der Schüler geeignet ist. Der Guru wird durch Studium des Aspiranten seine Vorlieben, sein Temperament und seine Fähigkeiten herausfinden und so entscheiden, welcher der beste Pfad für ihn ist. Wenn sein Herz unrein ist, wird der Lehrer zu ein paar Jahren selbstlosen Dienstes raten. Anschließend wird der Guru herausfinden, für welchen Weg der Schüler bereit ist und ihn in diesen Weg einweihen.
Einweihung heißt nicht, einfach nur ein Mantra in die Ohren eines anderen zu sprechen. Wenn ein Schüler von den Gedanken eines anderen beeinflußt und inspiriert wird, hat er schon von ihm die Einweihung bekommen. Wenn ein Aspirant den Weg der Wahrheit gemäß den Büchern eines Weisen geht, ist dieser Weise zu seinem Guru geworden.
Das Übertragen spiritueller Kraft durch einen entwickelten Yogi
Genau wie Du jemand anderem eine Orange geben kannst, kann man auch einem anderen spirituelle Kraft übertragen. Die spirituellen Schwingungen des Meisters können tatsächlich in den Geist des Schülers übertragen werden. Der Guru kann dem Schüler, den er für geeignet hält, spirituelle Kraft durch einen Blick, eine Berührung, einen Gedanken, ein Wort oder allein durch seinen Willen übertragen.
Diese Fähigkeit kommt von der Guru-Schüler-Linie. Dies ist eine verborgene, mystische Wissenschaft, die von Guru zum Schüler weitergegeben wird. Jesus gab einigen seiner Schüler durch Berührung seine spirituellen Kräfte. Ein Schüler von Samarth Ramdas gab seine Kraft der Tochter einer Tänzerin, die sich in ihn verliebt hatte. Der Schüler schaute ihr in die Augen und gab ihr Bhava Samadhi (überbewußter Zustand). Sie wurde vollkommen transformiert und sehr spirituell.
Krishna berührte die Augen des blinden Surdas und öffnete dessen inneres Auge. Surdas erhielt das Wissen des Höchsten. Gauranga erzeugte in vielen Menschen allein durch Berührung göttliche Ekstase und gab ihnen so Glauben an das Höchste. Selbst Atheisten begannen nach seiner Berührung in den Straßen voller Ekstase zu tanzen und den Namen Gottes zu besingen.
Der Schüler sollte allerdings nicht damit zufrieden sein, spirituelle Kraft von seinem Guru erhalten zu haben. Er sollte sich intensivst mit spiritueller Übung um weitere Vervollkommnung bemühen. Shri Swami Vivekananda wurde von Shri Ramakrishna einfach berührt. Er hatte sofort die Erfahrung von Nirvikalpa Samadhi. Dennoch mußte er noch sieben weitere Jahre hart kämpfen, um die Vollkommenheit zu erreichen.
Gnade und eigene Anstrengung
Die Selbstverwirklichung kann nicht einfach als ein Wunder des Gurus kommen. Jesus, Rama Tirtha und alle anderen Weisen machten spirituelle Praktiken. Krishna leitete Arjuna dazu an, Verhaftungslosigkeit zu entwickeln und spirituelle Übungen zu praktizieren. Er sagte ihm nicht einfach: “Ich werde Dir jetzt die Befreiung schenken”. Gib daher die falsche Vorstellung auf, daß Dein Guru Dir den Zustand von Samadhi und Befreiung schenken wird.
Die Gnade des Gurus ist sehr notwendig. Das heißt aber nicht, daß der Schüler untätig sein sollte. Er sollte intensive spirituelle Übungen machen. Der Schüler selbst muß alle Arbeit machen. Heutzutage wollen viele Menschen einfach einen Wassertropfen von der Bettelschale eines Wandermönches bekommen und dann gleich in Samadhi eingehen. Sie sind nicht dazu bereit, irgendwelche spirituellen Übungen für Reinigung und Selbstverwirklichung zu machen. Sie wollen eine magische Pille, welche sie in den Zustand der Gottverwirklichung bringt. Wenn Du solch einer Illusion unterliegst, gib sie sofort auf.
Der Guru und die Schriften können Dir den Weg zeigen und Deine Zweifel klären. Aber Du selbst mußt die direkte Erfahrung und das intuitive Wissen bekommen. Ein Hungriger muß selbst essen. Wen es stark juckt, muß sich selbst kratzen.
Ohne Zweifel kann die Gnade des Gurus alles machen. Aber wie kann man seinen Segen bekommen? Indem man dem Guru gefällt. Man kann dem Guru nur gefallen, wenn man seine spirituellen Anweisungen genauestens befolgt. Daher folge den Anleitungen des Gurus sehr sorgfältig. Handle nach seinen Anweisungen. Nur dann verdienst Du seinen Segen, welcher dann alles machen kann."
Guru und das große Jenseits
Zusätzlich zu den vierfachen Qualifikationen wird für schnellen spirituellen Fortschritt auch bedingungslose Hingabe an seinen spirituellen Lehrer vom spirituellen Aspiranten verlangt. Einigen Aspiranten mit großer Hingabe zu Gott und festem Glauben an die Schriften, könnte es an der nötigen Intensität der Hingabe an ihren spirituellen Lehrer mangeln. Das liegt an ihrem unreinen niederen Geist, der die Cheshtas (instinktive Aktivitäten des physischen Körpers) des Lehrers bemerkt und diesen dann als einen der ihren ansieht, weil er keinen Unterschied zu den eigenen Taten entdecken kann. Sie verstehen und sehen den wahren Guru in der Persönlichkeit des Lehrers nicht. Dies ist eine große Gefahr auf dem spirituellen Pfad. Die Svetasvatara Upanishad sagt, dass die ultimative Wahrheit sich nur der hohen Seele offenbart, die höchstes Vertrauen in ihren spirituellen Lehrer hat. Wem diese Voraussetzung fehlt, der ist nicht dafür qualifiziert, die vedantischen Texte zu studieren, da diese Unreinheit des Intellektes der Erkenntnis der subtilsten darin enthaltenen Wahrheiten im Wege stünde. Das geheimste aller Geheimnisse bliebe für einen solchen Aspiranten geheim. Daher kommt es, dass große spirituelle Texte der Mehrheit verschlossen bleiben, selbst wenn sie gedruckt im Handel überall erhältlich sind. Der im Aspiranten bestehen bleibende Egoismus, bis er die letzte Sprosse der spirituellen Leiter hinter sich lässt, kann ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit jederzeit von der Leiter stürzen, es sei denn, er ist bei jedem Schritt extrem wachsam und aufmerksam. Jede kleinste Unachtsamkeit genügt für einen abrupten und tiefen Fall, so wie ein Ball, der, wenn er auf der obersten Stufe einer Treppe achtlos fallen gelassen wird, sofort wieder die gesamte Treppe bis hinunter auf den Boden fällt. Vollständige Hingabe an Gott und den eigenen spirituellen Lehrer, die sich vom eigenen Selbst nicht allzu sehr unterscheiden sind die einzige Rettung vor einer solchen Katastrophe. Der Fall eines Aspiranten aus spirituellen Höhen ist gefährlicher und schmerzhafter als ein Fall des physischen Körpers aus großer Höhe. Denn bei Letzterem kommt nur ein Körper zu Schaden, bei Ersterem kommt es zu Leiden in Form von durchreisenden Leben in mehreren Körpern. Die Schriften werden nicht müde die Wichtigkeit der Hingabe an den spirituellen Lehrer zu betonen. Die Chhandogya Upanishad sagt: "Eine Person, die einen Lehrer hat, kennt Brahman" (VI-14-ii). Die Tripad-Vibhuti Maha-Narayana Upanishad sagt: "So wie ein blind geborener Mensch kein Wissen über Farbe und Form hat, kann niemand das Wissen der Wahrheit ohne die Anweisungen eines Lehrers erlangen, selbst in zehn Millionen Äonen nicht" (Kapitel V). Die Advaya Taraka Upanishad schließt ihre Ausführungen über Atman-Brahman mit einem herrlichen Tribut an den spirituellen Lehrer. Selbst pragmatisches Wissen — die bloße Anhäufung von Informationen über die vergänglichen Objekte der Welt, nicht über ihre wahre Natur sondern nur über Namen und Form — lernt man nur mit einem Lehrer. Wie soll es dann erst mit dem Brahman-Wissen sein, dem Wissen über die Wirklichkeit, die hinter den Namen und Formen steckt! Es kann niemals ohne einen Lehrer erlangt werden. Dies ist die Erfahrung derer, die den spirituellen Pfad erfolgreich beschritten haben. Die Vernunft unterstützt diese Tatsache ebenfalls. Denn da Brahman-Wissen jenseits der Kenntnisse des Intellektes liegt, muss man sich auf seinen Lehrer verlassen. Der Lehrer, der in der spirituellen Weisheit erfahren ist und selbst in der Wahrheit unterwiesen, durch eine a geheimnisvolle Macht, gibt sein Wissen weiter.
Atman offenbart Atman dem Atman. Eine Darstellung aus dem täglichen Leben wird von Acharya Suresvara, in seinen Naishkarmya Siddhi gegeben, um zu zeigen, wie unmöglich es ist, die Rolle, die die Mahavakya ‘Tat-tvam-asi’ (Das bist du) in der Offenbarung der Wirklichkeit spielt, dem Aspiranten logisch zu erklären. Ein schlafender Mensch wird von einem Geräusch geweckt. Wie der Mensch erwacht ist, kann man nicht logisch erklären. Man kann nicht sagen, dass der Mensch den Ton gehört und deshalb aufgewacht ist, denn in der tiefen Schlafphase ist sein Hörorgan zusammen mit den anderen Sinnen und dem Geist abwesend und mit seiner Ursache verschmolzen. Können wir aber leugnen, dass der Mensch das Geräusch gehört hat? Nein, den hätte er es nicht gehört, wäre er nicht aufgewacht. Daher kann man nicht sagen, dass er nichts hört. Diese einfache Tatsache wird zum Mysterium, wenn wir versuchen sie zu erklären. Wenn die Handlungen der Mahavakya vom Lehrer an den Schüler weitergegeben werden, ist das ähnlich, sagt Acharya. Es ist unmöglich, sie rational zu erklären, denn es ist der Bereich des großen Jenseits, der außerhalb von dem liegt, was der menschliche Intellekt erfassen kann.
Während er diese Gebote Lesern, spirituellen Aspiranten auf dem Pfad gibt, betrachtet er die Rolle des Lehrers bei der Selbsterkenntnis und die grundsätzlich Notwendigkeit einer Einstellung von Hingabe an den Lehrer. Totakacharya bietet dem Lehrer seinen Gehorsam, der große, weltbekannte Acharya Sankara, der größte Erklärer der Philosophie, die unter dem Namen Advaita bekannt ist, in wunderschöner poetischer Sprache, zeigt er die Wichtigkeit der absoluten Hingabe des Schülers an den Lehrer auf, der die Unsterblichkeit gewährt. ‘O Herr, sagt der Autor, ‘Wie ein Pendel schwankte ich im niemals endenden Schwingen des Kreislaufes von Geburt und Tod, hervorgerufen durch die anfangslose Unwissenheit. In meinem Kopf drehen sich die Leiden meiner unzähligen Geburten aus allen möglichen Gebärmuttern, Höhen und Tiefen. Wie ein Kind, das sich aus Angst zu fallen an die Schaukel klammert, habe ich mich an dieses Leben auf der Durchreise geklammert, das Unwirkliche mit dem Wirklichen, das Gefühllose mit dem Gefühl und Schmerz mit Wonne verwechselt. O Retter, Du, der höchste unter den Weisen auf dieser Erde, gewähre deinen Schülern, die die vierfache Qualifikation besitzen und die sich dir hingeben, Befreiung aus der Knechtschaft dieses Daseins, indem Du ihnen das höchste Wissen von Atman-Brahman weitergibst. Du hast mit Deinen Anweisungen die Unwissenheit meines Geistes für immer zerstört, wie die leuchtende Sonne, die mit ihren Lichtstrahlen die Dunkelheit verschwinden lässt. Ich werfe mich wieder und wieder vor deinen heiligen Füßen nieder, durch meine Körper, meine Organe und meinen Geist. O mein Gebieter, Du, der größte der Paramhamsas bist mein Retter. Ich werde weiterhin zu Deinen Füßen verweilen und Dir mein Leben lang dienen.’
Die vierfachen Qualifikationen sind.
Unterscheidung zwischen Atman und Nicht-Atman, wirkliche Leidenschaftslosigkeit, die aus solcher Unterscheidung entstammt, die sechs Tugenden (nämlich Frieden des Geistes, Kontrolle der Sinne, Ruhe, Ausdauer, Vertrauen in den Lehrer und die Schriften und Einpünktigkeit des Geistes), und eine ernsthafte und brennende Sehnsucht, diesem Samsara zu entkommen.
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Bekannte Gurus
Die Guru Linie von Swami Sivananda und Yoga Vidya
In den großen Yoga-Traditionen werden die Meister der Tradition in Form einer Guru Parampara Stotra angerufen. Im klassischen Yoga heißt es, dass die Erfahrung des Yoga auch durch die Übertragung der Guruparampara Shakti erleichtert wird. Bei Yoga Vidya wird zu Beginn von Einweihungen und zum Abschluss von Ausbildungen folgende Guruparampara Stotra rezitiert:
Nārāyanam Padmabhavam Vasishtham Shaktim Cha Tatputra Parāsharam Cha Vyāsam Shukam Gaudapādam Mahāntam Govinda Yogindra Mathāsya Shishyam Shrī Shankarāchārya Mathāsya Padmapādam Cha Hastāmalakamcha Shishyam Tam Totakam Vārtikakāramanyān, Asmad Gurūn, Santatamānatosmi. Shruti Smriti Purānānām Ālayam Karunālayam, Namāmi Bhagavadpādam Shankaram Lokashankaram. Shankaram Shankarāchāryam Keshavam Bādarāyanam, Sūtrabhāshyakritau, Vande Bhagavantau Punah Punah. Ishvaro Gururātmeti, Mūrtibhedavibhāgine, Vyomavad Vyāptadehāya Shrī Dakshināmūrtaye Namah. Shrī Sivānandāya Te Namah. Shrī Vishnu-devānandāya Te Namah.
Dies ist die Shankaracharya Guru Sampradaya, also die Guru-Linie von Shankara bzw. Sankara. Hier eine Erläuterung der Brahma Vidya Gurus, welche in dieser Stotra angerufen werden:
- Narayana: Vishnu selbst gilt als der erste Guru. Bei Patanjali heißt es: Ishwara (Gott) selbst ist der Guru aller Gurus
- Padmabhava bzw. Padmanabha: Beiname von Brahma, dem Schöpfer
- Vasishtha ist der erste menschliche Guru dieser Tradition. Er wird als Sohn von Brahma bezeichnet. Er ist ein Brahma-Rishi, also ein Rishi, der Brahman verwirklicht hat. Seine Lehren werden in der Yoga Vasishtha beschrieben
- Shakti ist ein Guru, über den nicht so viel bekannt ist - er gilt aber als Verehrer der Shakti, der göttlichen Mutter. So ist die Shankaracharya Tradition eine übergreifende Tradition: In Indien gibt es ja eigentlich 3 Haupt-Traditionen: Vaishnava, Shakta und Shaiva. In der Shankaracharya Guru Parampara sind Meister aller drei Traditionen enthalten
- Tatputra - wörtlich "dessen Sohn" - ein Guru, über den nicht so viel bekannt ist
- Parashara - "der im Höchsten Verankerte" - ein weiterer etwas unbekannterer Guru
- Vyasa - einer der bedeutendsten indischen Gurus: Er gilt als Autor der Mahabharata, Sammler der Vedas, Erzähler der Puranas, Ahnherr der Pandavas, bekannt aus Mahabharata und Bhagavad Gita.
- Shuka, bzw. Sukadev - Sohn von Vyasa, selbstverwirklichter Guru, über den sehr viele Geschichten erzählt werden. Er hat die Puranas von seinem Vater gehört und weiter erzählt. Er hat Bhakti und Jnana gelebt, also Liebe und Weisheit. Janaka gilt als sein Guru.
Jetzt gibt es einen Zeitsprung - laut Tradition von etwa 4000 Jahren... In dieser Zeit ging die Gurulinie zwar weiter - aber über 150 verschiedene Gurus aufzuzählen, wäre vermutlich etwas lange...
- Gaudapada war ein wichtiger Yoga Meister und Guru aus dem 8. Jahrhundert. Er gilt als großer Vedanta-Lehrer
- Govinda war der wichtigste Schüler von Gaudapada. Die Tradition schreibt ihm mehrere Werke zu. Er war der Guru von Shankara
- Shankara lebte um 800 n.Chr., vermutlich 788-820 n.Chr. Er ist der bedeutendste der Brahma Vidya Gurus, die in dieser Guruparampara Stotram angerufen werden. Daher drehen sich einige der Verse um Shankara. Shankara ist der Matha, der Meister, schlechthin. Shankara hatte vier Haupt-Schüler, die alle in dieser Stotra angerufen werden:
- Padmapada - wörtlich "der Lotusfüßige", der besonders große Hingabe, Guru Bhakti, an seinen Meister hatte
- Hastamalaka - ein Schüler, welcher die Stille liebte
- Totaka, auch Trotaka genannt
- Vartikakaramanya, auch Sureshwara bzw. Mandana Mishra genannt. Sureshwara war der Gelehrteste unter Shankaras Schülern. Er war wesentlich älter als Shankara und galt lange Zeit als bedeutendster Guru seiner Zeit, bis er dann Schüler wurde von Shankara.
Die 4 Hauptschüler von Shankara begründen jeweils eine eigene Tradition. Swami Sivananda kommt aus der Sureshwara bzw. Saraswati-Tradition.
- Asmad Guru: Mein direkter Guru: Damit wird der eigene Guru verehrt
In den nächsten Versen wird vor allem Shankara angerufen und verehrt.
- Sivananda - Lebte 1887-1963, einer der bedeutendsten Yoga Meister des 20. Jahrhunderts
- Vishnudevananda - 1927-1993, einer der bedeutendsten Yoga Meister, welche den Yoga in den Westen gebracht haben
Gott als Guru
In Patanjali Yoga Sutra heißt es: "Sa pûrveshâm api guruh kâlenânavacchedât" (I 26): Unbegrenzt durch Zeit ist Er, von den ältesten Zeiten her, der Lehrer aller Lehrer. Fast alle indischen Guru-Linien beginnen mit einer Manifestation Gottes:
- Adinatha - Shiva selbst gilt als Guru des Hatha Yoga und der meisten Tantra Guru Linien
- Parvati - die Göttliche Mutter, ist für manche Tantra, Hatha und Kundalini Yoga Traditionen die erste Guru
- Narayana - Vishnu ist der erste Guru der Shankara und Vaishnava Traditionen
- Dattatreya, die Inkarnation aller Trimurtis (Brahma, Vishnu, Shiva), ist erster Guru einer Reihe von Guru Linien
Und natürlich: Viele Menschen haben die Höchste Verwirklichung erreicht, indem sie sich direkt Gott hingegeben haben, ohne einen menschlichen Guru
Bekannte Gurus der indischen Vergangenheit
Indien gilt als das Land der Heiligen, der Meister, Meisterinnen, der Gurus. Seit Tausenden von Jahren gibt es in jeder Generation eine Vielzahl von selbstverwirklichten Heiligen und Weisen. Hier eine kleine Auswahl von bekannteren Gurus:
- Brihaspati - der Guru der Engel (Devas)
- Sukracharya - der Guru der Asuras
- Vasishtha - ein Rishi aus vedischer Zeit
- Vishwamitra - neben Vasishtha der zweite Guru von Rama, und auch ein Brahma Rishi
- Valmiki - Autor des Ramayana
- Vyasa - Sammler der Vedas, Autor der Mahabharata, Erzähler der Puranas
- Ashtavakra - Autor der Ashtavakra Gita und Guru von Janaka
- Janaka - ein gottverwirklichter König, Schüler von Ashtavakra, Lehrer von Sukadev
- Bhishma - in der Mahabharata findet man seine Lehren, die einen besonderen Schwerpunkt auf Ethik und Dharma haben
- Drona - der Guru der Pandavas und Kauravas
- Krishna - er ist der Guru von Arjuna und Uddhava - und natürlich Avatar, göttliche Inkarnation
- Buddha - er gilt als Begründer des Buddhismus. In der Vaishnava Tradition gilt er als Avatar, als Inkarnation Vishnus
- Matsyendranath - erster menschlicher Hatha Yoga Guru, wichtiger Tantra Guru
- Gherandha - ein wichtiger Hatha Yoga Guru, auch verehrt als Shaiva, Shakta und Tantra Guru; Autor der Gherandha Samhita
- Gorakhnath - wichtiger Hatha Yoga Guru, Shaiva und Tantriker. Autor der Goraksha Sataka
- Patanjali - der Autor des Yoga Sutra. Er gilt auch als Autor eines Werks über Sanskrit Grammatik und eines Werkes über Ayurveda
- Kapila - Autor der Samkhya Sutras bzw. Sankhya Karika
- Shankara bzw. Sankara, Shankaracharya - bekanntester Vedanta-Meister
- Gauranga, auch Chaitanya bzw. Mahaprabhu genannt - vielleicht der wichtigste Vaishnava Guru, lebte ca. im 15. Jahrhundert
- Surdas, 1479-1586 - großer Verehrer von Krishna, schrieb Tausende von Liedern in seinem "Sur Sagar"
- Goswami Tulsidas, 1532-1623 - Autor der Ramcharitmanasa, einer Hindi Übersetzung bzw. Hindi Version der Ramayana. Er war auch ein Asket und bekannt für viele Wundertaten; auch Autor der Hanuman Chalisa, der 40 Strophen zur Verehrung von Hanuman
- Mirabai - ca. 16. Jahrhundert, wird auch als Avatar (Inkarnation) von Radha verehrt; große Heilige; komponierte und sang viele Lieder in Verehrung von Krishna
- Appayya Dikshitar (1520-1593) - großer Vedanta Guru
- Baba Lokenath, 1730-1890 (?)
Wichtige Gurus des 19-/20. Jahrhunders
Im 16./17./18. Jahrhundert stand Indien unter der Herrschaft der Moghul Kaiser. Waren einige wie Akbar sehr tolerant, so hat sich sein Enkel Aurangzeb nach Kräften darum bemüht, alle indischen Tempel zu zerstören und die traditionelle Religion zu unterdrücken. Ab dem 18.Jahrhundert kam Indien unter englische Fremdherrschaft. In den Wirren und Kriegen wurde Yoga in den Hintergrund gedrängt. Ende des 19. Jahrhunderts gab es dann eine Yoga Renaissance - und es manifestierten sich viele Yoga-Meister bzw. Gurus. Ihnen gemeinsam war das Credo: "Einheit in Verschiedenheit" (Unity in Diversity). "Namen sind viele - aber Gott ist eins". "Der Wege sind viele, aber Wahrheit ist eins". Diese Meister waren bestrebt, die Einheit der Religionen und spirituellen Traditionen zu betonen. Sie standen gegen den Alleinvertretungsanspruch einer einzigen Konfession, wie sie die christlichen Missionare vertraten, einer einzige Religion, wie sie im Islam manchmal vertreten wurde, und auch gegen die Konflikte zwischen verschiedenen Yoga Richtungen, wie sie in Streitgesprächen der Anhänger der verschiedenen Darshanas im indischen Mittelalter zum Ausdruck kamen.
Einige der großen Gurus bzw. Yoga-Meister/innen, welche die Renaissance des Yoga im 19. und 20. Jahrhundert einleiteten:
- Swami Dayananda, großer Reformer des 19. Jahrhunderts
- Ramakrishna Paramahamsa, 1836-1886, außergewöhnlicher Mystiker, lehrte die Einheit der Religionen und den ganzheitlichen Yoga
- Sarada Devi, 1853-1920, Ehefrau von Ramakrishna und selbst eine Heilige
- Swami Vivekananda, 1863-1902, wichtigster Schüler von Ramakrishna, begründete die Ramakrishna Mission in Indien. Er reiste einige Male für längere Zeit durch Amerika und Europa, begründete dort Vedanta Zentren. Vivekananda war der wichtigste Wegbereiter des Vedanta im Westen. Seine Bücher über die 4 Yoga Wege Jnana Yoga, Raja Yoga, Bhakti Yoga, Karma Yoga sind bis heute wichtige Grundlagenwerke
- Shirdi Sai Baba, 1838-1918, verband moslemische und hinduistische Spiritualität
- Paramahamsa Yogananda, 1893-1952, einer der ersten ganz großen Meister, welche das Yoga in den Westen gebracht haben
- Mahatma Gandhi, 1869-1948, verband als Yoga Meister politisches und soziales Engagement mit tiefer Spiritualität
- Swami Sivananda, 1887-1963
- Ramana Maharshi, 1879-1950, verwirklichte Vedanta, die Philosophie der Einheit in ihrer Advaita Ausprägung, also der reinen Non-Dualität
- Shri Aurobindo, 1872-1950, großer Hindu Gelehrter und (als junger Mann) indischer Freiheitskämpfer, lehrte den Integralen Yoga auf hohem philosophischen Niveau. Seine Hauptschülerin Mira Alfassa, "Die Mutter", verbreitete seine Lehren und begründete den Aurobindo Ashram in Pondicherry sowie Auroville und das Mantrimandir
- Neem Karoli Baba, ?-1973, war ein großer Bhakta von Hanuman. Seine Schüler nennen ihn Maharajji. Sein bekanntester Schüler war Ram Dass (Richard Alpert).
- Papa Swami Ramdas, 1884-1963, großer Verehrer von Rama. Seine Haupt-Praxis war die Wiederholun des Mantras Ram bzw. Shri Ram Jaya Ram Jaya Jaya Ram. Seine Hauptschülerin war Mother Krishnabai, die um ihn den Anandaashram errichtete
- Anandamayi Ma, 1896-1982, indische Heilige aus Ostbengalen.
Siehe auch
Literatur
- Das Yoga-Lexikon von Huchzermeyer, Wilfried
- Spirituelles Wörterbuch Sanskrit-Deutsch von Mittwede, Martin