Heinrich Zimmer

Aus Yogawiki
Version vom 19. Juni 2017, 07:12 Uhr von Sukadev (Diskussion | Beiträge) (Textersetzung - „Götter“ durch „Götter“)

Heinrich Zimmer (*1890 in Greifswald +1943 in New Rochelle, New York) war einer der bedeutendsten Deutschen Indologen und Geschichtswissenschaftler über die Südasiatische Kunst. Neben Max Müller beeinflusste er maßgeblich die Indische Philologie.

Der Indologe Heinrich Zimmer, hier im Alter von 43 Jahren. Er wurde am 6.12.1890 in Greifswald geboren und starb am 20. März 1943 in New Rochelle, New York.

Seine bekanntesten Werke beschäftigen sich mit den "Mythen und Symbolen Indischer Kunst und Zivilisation" und den "Philosophien Indiens". Seit 2010 gib es auch einen Lehrstuhl über die Philosophie und Intellektuelle Geschichte Indiens an der Universität Heidelberg. Heinrich Robert Zimmer studierte Sanskrit und Linguistik in Berlin, lehrte danach an der Universität in seiner Geburtststatt Greifswald und nahm anschließend den Lehrstuhl für Indische Philologie in Heidelberg an. Als er 1938 durch die Nazis seiner Lehrtätigkeit verwiesen wurde, wanderte Zimmer zunächst nach England aus, wo er am Ballilcollege in Oxford lehrte.

1940 emigrierte er in die USA (New Rochelle, New York) und wurde Gastlektor an der Columbia Universität. Dort lernet er auch seinen langjährigen Freund, Joseph Campbell kennen, der seine Vorlesungen besuchte. Dieser wurde auch nach Zimmers plötzlichem Tod an einer Lungenentzündung im Alter von 53 Jahren zum Herausgeber seiner letzten Schriften, die er in einer Serie von vier Büchern "Mythen und Symbole Indischer Kunst und Zivilisation, "Indische Philosophien", "die Kunst Indischen Asiens", und "The King and the Corpse" veröffentlichte. Friedrich Wilhelm gab einige seiner Aufsätze in den Büchern "Die Indische Weltenmutter" und "Buddhistische Legenden" heraus. Heinrich Zimmer pflegte auch eine langwierige Freundschaft mit Carl Gustav Jung, der nach Zimmers Tod ebenfalls sein Buch "Der Weg zum Selbst" an die Öffentlichkeit brachte.

Heinrich Zimmers Nachruf

aus „der Weg zum Selbst“ von Heinrich Zimmer

Carl Gustav Jung über Heinrich Zimmer

Als am 18. März dieses Jahres aus New York, wo er an der Columbia-Universität lehrte, die Nachricht vom plötzlichen Ableben Heinrich Zimmer's, des hervorragenden Indologen, der sich wie wenige in die Seele Indiens einzufühlen vermochte, hierher gelangte, befand sich das Manuskript des vorliegenden Buches seit zwei Jahren in der Schweiz. Zuerst lag es bei einem seiner Basler Freunde, dann ließ der Verstorbene es mir mit der Bitte zusenden, seine Drucklegung besorgen zu wollen, sofern dies möglich wäre. Es war mir also eine schmerzliche Pflicht und eine willkommene, wenn auch traurige Gelegenheit zugleich, meinem leider allzufrüh dahingegangenen Freunde Heinrich Zimmer meine Dankesschuld ein wenig dadurch abzutragen, dass ich, seinem Wunsche nachkommend, die Herausgabe seiner Vermächtnisschrift annahm. In jahrelangem geistigen Austausch mit seinem sprühenden Einfallsreichtum und seinem gründlichen Wissen um die seelischn Urgründe Indiens habe ich viel wertvolle Anregung von ihm empfangen. Seine Besuche in der Schweiz wurden stets zu Anlässen fruchtbaren Gedankenaustausches auch mit einem engem und weitem Kreis geistig interessierter Menschen. Im Psychologischen Club Zürich und Basel hat er uns eine Reihe schöner und tiefer Vorträge geschenkt und sich zahlreiche Freunde erworben. Im Juni dieses Jahres wurde sein Andenken im Zürcher Club durch eine Gedächtnisfeier geehrt, bei welcher auch Proben aus diesem seinem letzten Buche, aus dem Leben und der Lehre des [[Shri Ramana Maharshi]], vorgelesen wurden.

C. G. Jung über Zimmers letztes Werk – Der Weg zum Selbst

Die Weisheit und die Mystik des Ostens haben daher gerade uns sehr viel zu sagen, wenn schon sie ihre eigene, nicht nachzuahmende Sprache sprechen. Sie sollen uns an das erinnern, was wir in unserer Kultur an Ähnlichem besitzen und schon vergessen haben und unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was wir als unerheblich zur Seite schieben, nämlich auf das Schicksal unseres innern Menschen. Das Leben und die Lehren Shri Ramana's sind nicht nur für den Inder bedeutsam, sondern auch für den Abendländer. Sie sind nicht ein bloßes »document humain«, sondern eine warnende Botschaft an eine Menschheit, welche sich im Chaos ihrer Unbewusstheit und Unbeherrschtheit zu verlieren droht. Es ist daher wohl, im tiefem Verstande, kein Zufall, wenn Heinrich Zimmer’s letzte Schrift wie ein Vermächtnis gerade das Lebenswerk eines modernen indischen Propheten uns übermittelt, welcher so eindrücklich das Problem seelischer Wandlung veranschaulicht.

Emil Abegg über Heinrich Zimmer

Nachdem Heinrich Zimmer seinen Körper verließ verfasste Professor Emil Abegg einen Nachruf für die Züricher Zeitung, welcher auch im „der Weg zum Selbst“ veröffentlicht wurde

In dem kürzlich in Amerika verstorbenen Indologen Heinrich Zimmer ist ein Gelehrter. dahingegangen, dessen Wirken weit über sein engeres Fachgebiet hinausreichte und ihn im Geistesleben unserer Zeit eine bedeutende Stelle einnehmen ließ. Denn für ihn war die Deutung des indischen Geistes kein bloß fachwissenschaftliches Anliegen, sondern strahlte tief in alle geistigen Bezirke hinein und ließ ihre Probleme in Indiens Zauberspiegel in neuern, ungeahntem Lichte aufleuchten. Schon seine einzigartige Übersetzungskunst wies ihm unter allen, die für die Erschließung indischen Schrifttums wirkten, den höchsten Rang an. Noch nie war es gelungen, Werke indischer Literatur schon durch die bloße sprachliche Übertragung uns so nahe zu rücken und ihren Sinn so restlos auszuschöpfen, wie dies Zimmer in seinem buddhistischen Legendenkranz »Karma« und in der Wiedergabe einer der [[Bhagavad Gita]] verwandten religiösen Dichtung gelang, die er unter dem Titel »Anbetung Mir« veröffentlichte. Solche Übersetzungskunst war nur möglich aus einer ganz neuen, alle Tiefen des indischen Denkens erschließenden Schau heraus, vor allem durch eine bisher noch nie erreichte psychologische Einfühlung. Es kam Zimmer dabei die Berührung mit der Psychologie C. G. Jungs zustatten, der seinerseits derjenige unter den heutigen Psychologen ist, der sich am nachhaltigsten mit dem indischen Geist alter und neuer Zeit und mit seinem Träger, dem indischen Menschen, beschäftigt hat. Doch hat man bei Zimmer nie das Gefühl, dass diese psychologischen Erkenntnisse von außen an die Tatsachen herangetragen werden oder gar sie umzubiegen drohen; er scheint vielmehr auf Grund seiner eigenen Vertiefung in indisches Wesen zu Auffassungen gelangt zu sein, in denen er mit C. G. Jung zusammentraf und die dort ihre Bestätigung fanden. So war das Zusammenwirken des Indologen und des Psychologen für beide gleich fruchtbringend und hat unbestreitbar zu einem tieferen Verständnis indischen Denkens beigetragen. Schon dem Buche »Kunstform und Yoga im indischen Kultbild « (1926) sind diese psychologischen Einsichten für die Aufhellung eines zentralen Problems der indischen Kunst und Religion fruchtbar geworden. Das indische Kultbild kann in seiner Bedeutung für den Verehrer nur verstanden werden auf Grund der Yoga- Lehre, dass der Gläubige bei der mystischen Versenkung ins Kultbild im Wesen der Gottheit aufgehe, sich in der Kontemplation zu ihr erhebe. Von da aus erschließt sich Zimmer auch das Verständnis jener eigentümlichen, das Kultbild im Hinduismus und Buddhismus oft ersetzenden mystischen Diagramme und der Sprüche und Laute, die sich mit ihnen verbinden, und es erhellt sich ihm so mit einem Schlage ein vielgestaltiges Problem indischer Gottesverehrung. - In dem Büchlein »Ewiges Indien« sind dann alle Grundmotive indischen Denkens von ganz neuen Gesichtspunkten aus beleuchtet: Das Verhältnis der Einzelseele zur Allseele, ihre Wanderung im Kreislauf der Geburten und die fortwirkende Macht der Tat, die sie dabei leitet; die Beziehung der empirischen Form zum übersinnlichen Weltgrund als beherrschendes Problem der Metaphysik; die Lehre von der geistigen Zucht, die durch Erreichung höherer Bewusstseinszustände zu übersinnlicher Freiheit führt; die Vollkommenheit der Erkenntnis, die im Geiste eines Buddha aufleuchtet, und schließlich die Tantralehre, die Mann und Frau, Gott und Welt zusammen als das eine Göttliche in seinen einander bedingenden Aspekten offenbart. Schon hier zeigt sich, wie Zimmers Indienschau weit hinausgreift über ihren nächsten Zweck, in den oft abgrundtiefen Gedanken und Ahnungen, die in verschwenderischer Fülle ausgestreut werden. Die »Indischen Sphären« (1935) werden eröffnet und beherrscht durch eine Betrachtung über den Mythos, die zum Besten gehört, was darüber gesagt worden ist. Was die romantische Mythendeutung eines Creuzer und Görres anstrebte, aber sowohl wegen mangelhafter Kenntnis der Überlieferung als auch der Unzulänglichkeit der psychologischen Voraussetzungen nicht zu schaffen vermochte, das ist hier zur Vollendung gebracht, und fand dann seine Bewährung in der schon im nächsten Jahre erschienenen »Maya«, wo zum ersten Mal eine Gesamtdarstellung des indischen Mythos gegeben wurde, die über das bloß Tatsächliche hinausgeht und die wirkenden Kräfte aufzuzeigen sucht, die dieser bunten Welt zu Grunde liegen. Hier sind auf Grund einer wortgetreuen Wiedergabe der großen Mythensammlungen des Hinduismus, in der sich Zimmers Übersetzungskunst aufs neue glänzend bewährt, die Leitmotive mythischen Denkens vorgeführt und von tief eindringenden psychologischen Analysen durchsetzt. Der Mythos erscheint dabei nicht nur als Mittel, menschliche Grunderlebnisse und philosophische Erkenntnis in sinnliche Bilder zu kleiden, sondern auch als eine Macht der Seelenführung, wobei ihm der Ritus ergänzend zur Seite tritt.

Zimmers Werke können leicht den Eindruck erwecken, als handelte es sich in ihnen nur um geistreiches Spiel, das sich in blendenden und paradoxen Formulierungen gefällt. Wer aber die Tatsachen der indischen Überlieferung genau vergleicht, auf die er sich gründet, überzeugt sich mit immer neuem Staunen, wie treu er ihnen folgt und welch tiefgründiges Wissen diesem scheinbar freien Spiel des Geistes zugrunde liegt. Es ist sozusagen verkappte Wissenschaftlichkeit, die Zimmer darbietet. Wohl möglich, dass das gedankenlose Schlagwort von der Krisis der Wissenschaft - Wissenschaft ist etwas Ewiges und kann deshalb keiner Krisis unterliegen - in diesen Büchern scheinbar Nahrung findet, aber nur bei denen, die nicht ermessen können, wie viel ernst erarbeitetes Wissen sich hinter dieser spielenden Form verbirgt. Es wird sich niemand vermessen, zu sagen oder auch nur zu vermuten, was dieser hohe Geist, wäre es ihm vergönnt gewesen, länger zu wirken, uns noch geschenkt hätte. Vielleicht wäre er im realistischen Klima Amerikas dazu gelangt, unter Verzicht auf eine sich doch gelegentlich fast überspitzende Geistigkeit, zu schlichter Wissenschaftlichkeit zurückzufinden: Um so schwerer wäre in diesem Falle der Verlust, den für uns sein allzu früher Tod bedeutet.

Friedrich Wilhelm über Heinrich Zimmer

Im Vorwort zu „Buddhistische Legenden“ von Heinrich Zimmer schreibt der Germanist Friedrich Wilhelm über Heinrich Zimmer:

Der Indologe Heinrich Zimmer (geb. 1890 in Greifswald, gest. 1943 in New York) hat sich immer wieder mit den indischen Religionen auseinandergesetzt. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören »Kunstform und Yoga im indischen Kultbild« und seine psychologisch tiefschürfende Nacherzählung des Hindu-Mythos Maya, der indische Mythos. Zimmer wirkte nach dem ersten Weltkrieg, an dem er als Offizier teilgenommen hatte, in Heidelberg zunächst als Privatdozent, dann als Professor. Das Dritte Reich war seinem geistigen Habitus im Innersten zuwider. Da er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war, verlor er 1938 seine Professur. Im Juli 1938 emigrierte er mit seiner Familie nach England und lebte in Oxford, wo er das Ohr der gelehrten und politischen Welt (Duff Cooper u. a.) fand. Im Sommer 1940 reisten die Zimmers mit der »Excalibur« über den submarin verunsicherten Atlantik. In Baltimore und zuletzt an der Columbia University in New York fand Zimmer einen neuen Wirkungskreis, aus dem er 1943 durch Krankheit und Tod jäh entrissen wurde. Postum erschienen »The Art of Indian Asia« (New York 1955) und »Philosophie und Religion Indiens« (Zürich 1961, Neuauflage Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, '1973).

In Heinrich Zimmers „Die indische Weltenmutter“ beschreibt Friedrich Wilhelm Heinrich Zimmer folgendermaßen:

  • Ein Homo heidelbergensis, der Indologe Heinrich Zimmer (1890-1943), den wir anderen Deutschen 1939 außer Landes jagten, weil er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war.
  • Zimmers Schilderungen der indischen Sagenwelt wirken auch heute noch lesenswert und erlesen: Sie bringen das Urindische in deutscher Färbung.

»Das neue Buch von Heinrich Zimmer bekam ich auch in die Hände und finde das meiste darin ganz ausgezeichnet, die Formulierungen zum Teil glänzend, da und dort fast zu virtuos. Die ästhetische Seite des Indischen, die morallose, rein spielende Hingegebenheit an das Schauspiel, an den ewigen Fluss der Bilder, ist auf deutsch wohl noch nirgends so ausgedrückt worden.«

  • Die Beobachtung des Indienreisenden, dass nichts so phantastisch ist wie die Wirklichkeit, birgt die umkehrbare Wahrheit, dass nichts so wirklich ist wie das Phantastische, nichts so wirklich wie die Bilderwelt des Mythos, zumal des indischen Mythos in seiner zeitlosen Wirkmächtigkeit. Goethe hatte die indische Mythologie schaudernd betrachtet:

»Nichts schrecklicher kann dem Menschen geschehen, Als das Absurde verkörpert zu sehen.«

  • Zimmers autobiographische Skizze »Notizen zu einem Lebenslauf« verrät seine starke Mutterbindung und das hohe Gewicht, das er dem mütterlichen Erbe zumisst; hierin anders als Schopenhauer, denn Schopenhauers Verhältnis zur Mutter »war unglücklich, die tiefen Schatten über seinem einsamen Werk und Leben sind nicht davon zu trennen«.

Wie weit aber haben wir es gebracht. Unser Mantrazauber heißt E=Mc2, unser Flammenpfeil ist Napalm. Indessen die grausige Muttergöttin ist hin und wieder milde, edel und gut. Nach Ginsberg trägt sie dann das Gesicht der Greta Garbo (Greta Garbo's Face an Durga). In der Tat haben wir die Garbo »die Göttliche« genannt, und Durga bedeutet »die Unnahbare«, aber ein wichtiger Unterschied bleibt: Eine Garbo ohne Wimpernschläge ist unvorstellbar, indische Götter aber blinzeln nicht.

  • Thomas Mann bedankt sich bei dem ebenfalls in die USA emigrierten Zimmer in einem Brief, den wir hier erstmals vollständig abdrucken (Siehe hierzu schon F. Wilhelm, Thomas Mann über seine indische Legende, in : Euphorion, 64. Bd., 197o) : Pacific Palisades Cal. 28./W. 41
Lieber Herr Professor,
endlich habe ich Ihre Adresse. Hätte ich sie früher ausfindig zu machen gewusst, damals, als die englische Ausgabe der »Tr. H.« erschien, so hätte ich Ihnen gleich auch handschriftlich noch ein Exemplar zugeeignet. Ich hörte aber, Sie seien auf Lecture-Reisen. Nun mag es, da ich das Buch in Ihren Händen weiß, bis ich in den Osten komme (im Herbst wohl) und Sie und Frau Christiane hoffentlich sehe, bei der gedruckten Widmung bleiben, die meiner kleinen Amplifikation Ihres Forschungsproduktes voranzusetzen mir eine selbstverständliche Pflicht und ein Vergnügen war, — ein Vergnügen, weil sich wirklich die ganz bewusste Pflicht damit verband, bei dieser Gelegenheit soviel Scheinwerferlicht auf Ihre Person zu lenken, wie mir eben zu Gebote steht. Ich bin sehr froh, dass die Geschichte vor Ihnen besteht und bilde mir darauf nicht weniger ein wie auf die Zustimmung eines richtigen Hindus, der sogar so ähnlich hieß, wie Shridaman und in der Herald Tribune schrieb : »These enchanting descriptions of Indian scenery and saints, of Indian Gods and their mortal playthings, sound convincing even to a Hindu.« Das ist mehr, als ich erwarten durfte, denn während die ägyptische Sympathie sehr lange Wurzeln hat, die bis in die Knabenzeit zurückreichen, war die Kontaktnahme mit dem Indischen sehr geschwind und gelegentlich und vorbereitet eigentlich nur metaphysisch, durch Schopenhauer. Diesen hat Goethe nicht zu Ende gelesen, und im Sinnlichen hatte er sogar eine puschelhafte Abneigung gegen die indischen »Fratzen«. Trotzdem ist er um den »Paria« nicht herumgekommen, den er auch irgendwo aufgepickt hatte. Jetzt bin ich längst wieder beim Joseph. Er hat eben sein großes Religionsgespräch mit dem jungen Amenhoteb — die scène à faire. Das Religionsgespräch zwischen Faschismus und Bolschewismus hat rauhere Formen. Einfälle hat er schon, dieser Adolf, und eine gewisse Verwirrung ist jedenfalls wieder gestiftet, denn die bürgerliche Welt findet es doch gewiss im Grunde reizend, was die wackere Reichswehr da tat. Immerhin, für Polen hat sie 20 Tage gebraucht, und wenn sie etwa für Rußland vier oder fünfmal so viele braucht, so ist unser Adolf mit Gottes Hilfe verloren. Sigat!
Viele herzliche Grüße von Haus zu Haus
Ihr Thomas Mann
  • Thomas Mann weiß von Zimmer, dass die Muttergöttin furchtbare Opfer braucht, um fruchtbar zu bleiben und Blut der Lebenssaft ist, der ihre mütterliche Urkraft erhält.
  • Da wir uns im schlechtesten der vier zyklisch wiederkehrenden Weltalter befinden, ist für den indischen Mythos die moderne Weltlage nicht weiter verwunderlich. Die Große Göttin aber ist die eigentliche Weltkraft, die den endlosen Reigen der Existenz bewirkt, den zeitlosen Kreislauf der Wiedergeburten und Wiedertode, der als leidvoll begriffen wird und aus dem einen Erlösungsweg zu finden das gemeinsame Ziel der indischen Religionen ist.
  • Nur wer sein Nirvana findet, verweht aus dem Weltlauf, der nur ein Reigen zyklischer Krisen ist, wer es nicht findet, mag wie Heinrich Zimmer die Lage summarisch überblicken: »Immer wieder dieser blöde Frühling, immer wieder dieser tödliche Ernst zum göttlichen Stumpfsinn voll persönlicher Aufregungen und Krisen: dass sich die Hänse und Greten finden und das Notwendige, Wunderbare sich begibt, der stumme Ritus, der die Weltmutter freut; — immer wieder Kämpfe und Krämpfe, dass Reiche bersten und Grenzen zittern, Throne steigen und stürzen, dass sich das Unausweichliche begibt: Biographie und Weltgeschichte weiterläuft. Und immer war es wie noch nie: Tedeum, Friedensglocken von allen Türmen, Siegesflaggen über Stadt und Land; — immer wieder zauberhaft unerhört wie bei Tristan und Isolde, noch haben zwei sich so geliebt wie wir ... mit Schwüngen über die Milchstraße und zurück ins Kindbett — denn darauf war es doch unwillkürlich wieder einmal angelegt von der guten Weltmutter, der alten Kupplerin des Kosmos, der Großen Maya«

Siehe auch

Literatur

  • Der Weg Zum Selbst von Heinrich Zimmer, Rascher Verlag Zürich, 1944, 1. Auflage
  • Buddhistische Legenden von Heinrich Zimmer, Insel Verlag Frankfurt am Main 1985, 1. Auflage
  • Die Indische Weltenmutter von Heinricht Zimmer, Insel Verlag Frankfurt am Main, 1980