Heinrich Zimmer: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Yogawiki
Keine Bearbeitungszusammenfassung
K (Textersetzung - „==Siehe auch==“ durch „link=https://www.yoga-vidya.de/service/spenden/ ==Siehe auch==“)
 
(13 dazwischenliegende Versionen von 5 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
'''Heinrich Zimmer'''  (*1890 in Greifswald +1943 in New Rochelle, New York) war einer der bedeutendsten Deutschen [[Indologe]]n und Geschichtswissenschaftler über die Südasiatische [[Kunst]]. Neben [[Max Müller]] beeinflusste er maßgeblich die [[Indisch]]e [[Philologie]].
[[Datei:Heinrich_Zimmer.jpg|thumb|Der Indologe Heinrich Zimmer, hier im Alter von 43 Jahren. Er wurde am 6.12.1890 in Greifswald geboren und starb am 20. März 1943 in New Rochelle, New York.]]
[[Datei:Heinrich_Zimmer.jpg|thumb|Der Indologe Heinrich Zimmer, hier im Alter von 43 Jahren. Er wurde am 6.12.1890 in Greifswald geboren und starb am 20. März 1943 in New Rochelle, New York.]]
'''Heinrich Zimmer'''  (*1890 in Greifswald +1943 in New Rochelle, New York) war einer der bedeutendsten Deutschen [[Indologe]]n und Geschichtswissenschaftler über die Südasiatische [[Kunst]]. Neben [[Max Müller]] beeinflusste er maßgeblich die [[Indisch]]e [[Philologie]]. Seine bekanntesten Werke beschäftigen sich mit den "[[Mythe]]n und [[Symbol]]en Indischer [[Kunst]] und [[Zivilisation]]" und den "[[Philosophie]]n [[Indien]]s". Seit 2010 gib es auch einen Lehrstuhl über die [[Philosophie]] und Intellektuelle [[Geschichte]] Indiens an der Universität Heidelberg. Heinrich Robert Zimmer studierte [[Sanskrit]] und Linguistik in Berlin, lehrte danach an der Universität in seiner Geburtststatt Greifswald und nahm anschließend den Lehrstuhl für Indische Philologie in Heidelberg an. Als er 1938 durch die Nazis seiner Lehrtätigkeit verwiesen wurde, wanderte Zimmer zunächst nach England aus, wo er am Ballilcollege in Oxford lehrte. 1940 emigrierte er in die USA (New Rochelle, New York) und wurde Gastlektor an der Columbia Universität. Dort lernet er auch seinen langjährigen Freund, [[Joseph Campbell]] kennen, der seine Vorlesungen besuchte. Dieser wurde auch nach Zimmers plötzlichem Tod an einer [[Lunge]]nentzündung im Alter von 53 Jahren zum Herausgeber seiner letzten Schriften, die er in einer Serie von vier Büchern "Mythen und Symbole Indischer Kunst und Zivilisation, "Indische Philosophien", "die Kunst Indischen Asiens", und "The King and the Corpse" veröffentlichte. [[Friedrich Wilhelm]] gab einige seiner Aufsätze in den Büchern "Die Indische [[Weltenmutter]]" und "[[Buddhistische Legenden]]" heraus. Heinrich Zimmer pflegte auch eine langwierige Freundschaft mit [[Carl Gustav Jung]], der nach Zimmers Tod ebenfalls sein Buch "[[Der Weg zum Selbst]]" an die Öffentlichkeit brachte.


== Heinrich Zimmers Nachruf==
Seine bekanntesten Werke beschäftigen sich mit den "[[Mythe]]n und [[Symbol]]en Indischer [[Kunst]] und [[Zivilisation]]" und den "[[Philosophie]]n [[Indien]]s". Seit 2010 gib es auch einen Lehrstuhl über die [[Philosophie]] und Intellektuelle [[Geschichte]] [[Indien]]s an der Universität Heidelberg. Heinrich Robert Zimmer studierte [[Sanskrit]] und Linguistik in Berlin, lehrte danach an der Universität in seiner Geburtststatt Greifswald und nahm anschließend den Lehrstuhl für Indische Philologie in Heidelberg an. Als er 1938 durch die Nazis seiner Lehrtätigkeit verwiesen wurde, wanderte Zimmer zunächst nach England aus, wo er am Ballilcollege in Oxford lehrte.
 
1940 emigrierte er in die USA (New Rochelle, New York) und wurde Gastlektor an der Columbia Universität. Dort lernet er auch seinen langjährigen Freund, [[Joseph Campbell]] kennen, der seine Vorlesungen besuchte. Dieser wurde auch nach Zimmers plötzlichem Tod an einer [[Lunge]]nentzündung im Alter von 53 Jahren zum Herausgeber seiner letzten Schriften, die er in einer Serie von vier Büchern "Mythen und Symbole Indischer Kunst und Zivilisation, "Indische Philosophien", "die Kunst Indischen Asiens", und "The King and the Corpse" veröffentlichte. [[Friedrich Wilhelm]] gab einige seiner Aufsätze in den Büchern "[[Die Indische Weltenmutter]]" und "[[Buddhistische Legenden]]" heraus. Heinrich Zimmer pflegte auch eine langwierige [[Freundschaft]] mit [[Carl Gustav Jung]], der nach Zimmers Tod ebenfalls sein Buch "[[Der Weg zum Selbst]]" an die Öffentlichkeit brachte.
 
==Heinrich Zimmers Nachruf==


aus „der Weg zum Selbst“ von Heinrich Zimmer
aus „der Weg zum Selbst“ von Heinrich Zimmer
Zeile 10: Zeile 14:
Als am 18. März dieses Jahres aus New York, wo er an der
Als am 18. März dieses Jahres aus New York, wo er an der
Columbia-Universität lehrte, die Nachricht vom plötzlichen Ableben
Columbia-Universität lehrte, die Nachricht vom plötzlichen Ableben
Heinrich Zimmer's, des hervorragenden Indologen, der sich
Heinrich Zimmer's, des hervorragenden [[Indologe]]n, der sich
wie wenige in die Seele Indiens einzufühlen vermochte, hierher
wie wenige in die Seele [[Indien]]s einzufühlen vermochte, hierher
gelangte, befand sich das Manuskript des vorliegenden Buches seit
gelangte, befand sich das Manuskript des vorliegenden Buches seit
zwei Jahren in der Schweiz. Zuerst lag es bei einem seiner Basler
zwei Jahren in der Schweiz. Zuerst lag es bei einem seiner Basler
Freunde, dann ließ der Verstorbene es mir mit der Bitte zusenden,
[[Freund]]e, dann ließ der Verstorbene es mir mit der Bitte zusenden,
seine Drucklegung besorgen zu wollen, sofern dies möglich wäre.
seine Drucklegung besorgen zu wollen, sofern dies möglich wäre.
Es war mir also eine schmerzliche Pflicht und eine willkommene,
Es war mir also eine schmerzliche Pflicht und eine willkommene,
wenn auch traurige Gelegenheit zugleich, meinem leider allzufrüh
wenn auch traurige Gelegenheit zugleich, meinem leider allzufrüh
dahingegangenen Freunde Heinrich Zimmer meine Dankesschuld
dahingegangenen Freunde Heinrich Zimmer meine [[Dank]]esschuld
ein wenig dadurch abzutragen, dass ich, seinem Wunsche nachkommend,
ein wenig dadurch abzutragen, dass ich, seinem [[Wunsch]]e nachkommend,
die Herausgabe seiner Vermächtnisschrift annahm.
die Herausgabe seiner [[Vermächtnis]]schrift annahm.
In jahrelangem geistigen Austausch mit seinem sprühenden Einfallsreichtum
In jahrelangem geistigen Austausch mit seinem sprühenden Einfallsreichtum
und seinem gründlichen Wissen um die seelischen Urgründe
und seinem gründlichen [[Wissen]] um die [[seelisch]]n Urgründe
Indiens habe ich viel wertvolle Anregung von ihm empfangen.
[[Indien]]s habe ich viel wertvolle Anregung von ihm empfangen.
Seine Besuche in der Schweiz wurden stets zu Anlässen
Seine Besuche in der Schweiz wurden stets zu Anlässen
fruchtbaren Gedankenaustausches auch mit einem engem und
fruchtbaren [[Gedanke]]naustausches auch mit einem engem und
weitem Kreis geistig interessierter Menschen. Im Psychologischen
weitem Kreis geistig interessierter [[Mensch]]en. Im [[Psychologisch]]en
Club Zürich und Basel hat er uns eine Reihe schöner und tiefer Vorträge
Club Zürich und Basel hat er uns eine Reihe schöner und tiefer Vorträge
geschenkt und sich zahlreiche Freunde erworben. Im Juni
geschenkt und sich zahlreiche Freunde erworben. Im Juni
dieses Jahres wurde sein Andenken im Zürcher Club durch eine
dieses Jahres wurde sein Andenken im Zürcher Club durch eine
Gedächtnisfeier geehrt, bei welcher auch Proben aus diesem seinem
[[Gedächtnis]][[feier]] geehrt, bei welcher auch Proben aus diesem seinem
letzten Buche, aus dem Leben und der Lehre des Shri Ramana
letzten Buche, aus dem Leben und der Lehre des [[Shri Ramana
Maharshi, vorgelesen wurden.  
Maharshi]], vorgelesen wurden.  


===C. G. Jung über Zimmers letztes Werk – Der Weg zum Selbst===
===C. G. Jung über Zimmers letztes Werk – Der Weg zum Selbst===


Die Weisheit und die Mystik des Ostens haben daher gerade
Die [[Weisheit]] und die [[Mystik]] des [[Osten]]s haben daher gerade
uns sehr viel zu sagen, wenn schon sie ihre eigene, nicht nachzuahmende
uns sehr viel zu sagen, wenn schon sie ihre eigene, nicht nachzuahmende
Sprache sprechen. Sie sollen uns an das erinnern, was
[[Sprache]] sprechen. Sie sollen uns an das [[Erinnerung|erinnern]], was
wir in unserer Kultur an Ähnlichem besitzen und schon vergessen
wir in unserer [[Kultur]] an Ähnlichem besitzen und schon vergessen
haben und unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was wir als
haben und unsere [[Aufmerksamkeit]] auf das richten, was wir als
unerheblich zur Seite schieben, nämlich auf das Schicksal unseres
unerheblich zur Seite schieben, nämlich auf das [[Schicksal]] unseres
innern Menschen. Das Leben und die Lehren Shri Ramana's sind
innern [[Mensch]]en. Das [[Leben]] und die [[Lehre]]n Shri Ramana's sind
nicht nur für den Inder bedeutsam, sondern auch für den Abendländer.
nicht nur für den Inder bedeutsam, sondern auch für den Abendländer.
Sie sind nicht ein bloßes »document humain«, sondern eine
Sie sind nicht ein bloßes »document humain«, sondern eine
warnende Botschaft an eine Menschheit, welche sich im Chaos
warnende [[Botschaft]] an eine [[Menschheit]], welche sich im [[Chaos]]
ihrer Unbewusstheit und Unbeherrschtheit zu verlieren droht. Es
ihrer [[Unbewusstheit]] und Unbeherrschtheit zu verlieren droht. Es
ist daher wohl, im tiefem Verstande, kein Zufall, wenn Heinrich Zimmer’s
ist daher wohl, im tiefem [[Verstand]]e, kein [[Zufall]], wenn Heinrich Zimmer’s
letzte Schrift wie ein Vermächtnis gerade das Lebenswerk
letzte [[Schrift]] wie ein Vermächtnis gerade das [[Lebenswerk]]
eines modernen indischen Propheten uns übermittelt, welcher
eines modernen indischen [[Prophet]]en uns übermittelt, welcher
so eindrücklich das Problem seelischer Wandlung veranschaulicht.
so eindrücklich das [[Problem]] [[seelisch]]er Wandlung veranschaulicht.


===Emil Abegg über Heinrich Zimmer===
===Emil Abegg über Heinrich Zimmer===
Zeile 56: Zeile 60:
Nachdem Heinrich Zimmer seinen Körper verließ verfasste Professor Emil Abegg einen Nachruf für die Züricher Zeitung, welcher auch im „der Weg zum Selbst“ veröffentlicht wurde
Nachdem Heinrich Zimmer seinen Körper verließ verfasste Professor Emil Abegg einen Nachruf für die Züricher Zeitung, welcher auch im „der Weg zum Selbst“ veröffentlicht wurde


In dem kürzlich in Amerika verstorbenen Indologen Heinrich
In dem kürzlich in Amerika verstorbenen [[Indologe]]n Heinrich
Zimmer ist ein Gelehrter. dahingegangen, dessen Wirken weit
Zimmer ist ein Gelehrter. dahingegangen, dessen Wirken weit
über sein engeres Fachgebiet hinausreichte und ihn im Geistesleben
über sein engeres Fachgebiet hinausreichte und ihn im [[Geist]]esleben
unserer Zeit eine bedeutende Stelle einnehmen ließ. Denn
unserer Zeit eine bedeutende Stelle einnehmen ließ. Denn
für ihn war die Deutung des indischen Geistes kein bloß fachwissenschaftliches
für ihn war die [[Deutung]] des [[indisch]]en [[Geist]]es kein bloß fach[[wissenschaft]]liches
Anliegen, sondern strahlte tief in alle geistigen
Anliegen, sondern strahlte tief in alle geistigen
Bezirke hinein und ließ ihre Probleme in Indiens Zauberspiegel in
Bezirke hinein und ließ ihre [[Problem]]e in [[Indien]]s Zauberspiegel in
neuern, ungeahntem Lichte aufleuchten. Schon seine einzigartige
neuern, ungeahntem Lichte aufleuchten. Schon seine einzigartige
Übersetzungskunst wies ihm unter allen, die für die Erschließung
Übersetzungs[[kunst]] wies ihm unter allen, die für die Erschließung
indischen Schrifttums wirkten, den höchsten Rang an. Noch nie
indischen Schrifttums wirkten, den höchsten Rang an. Noch nie
war es gelungen, Werke indischer Literatur schon durch die bloße
war es gelungen, Werke indischer Literatur schon durch die bloße
sprachliche Übertragung uns so nahe zu rücken und ihren Sinn
sprachliche Übertragung uns so nahe zu rücken und ihren [[Sinn]]
so restlos auszuschöpfen, wie dies Zimmer in seinem buddhistischen
so restlos auszuschöpfen, wie dies Zimmer in seinem [[Buddhistische Legenden|buddhistischen
Legendenkranz »Karma« und in der Wiedergabe einer der Bhagavad-
Legendenkranz]] »[[Karma]]« und in der Wiedergabe einer der [[Bhagavad
Gita verwandten religiösen Dichtung gelang, die er unter dem
Gita]] verwandten [[Religion|religiösen]] Dichtung gelang, die er unter dem
Titel »Anbetung Mir« veröffentlichte. Solche Übersetzungskunst
Titel »Anbetung Mir« veröffentlichte. Solche Übersetzungskunst
war nur möglich aus einer ganz neuen, alle Tiefen des indischen
war nur möglich aus einer ganz neuen, alle Tiefen des indischen
Denkens erschließenden Schau heraus, vor allem durch eine bisher
[[Denken]]s erschließenden Schau heraus, vor allem durch eine bisher
noch nie erreichte psychologische Einfühlung. Es kam Zimmer
noch nie erreichte [[psychologisch]]e [[Gefühl|Einfühlung]]. Es kam Zimmer
dabei die Berührung mit der Psychologie C. G. Jungs zustatten, der
dabei die [[Berührung]] mit der [[Psychologie]] C. G. [[Jung]]s zustatten, der
seinerseits derjenige unter den heutigen Psychologen ist, der sich
seinerseits derjenige unter den heutigen Psychologen ist, der sich
am nachhaltigsten mit dem indischen Geist alter und neuer Zeit
am nachhaltigsten mit dem indischen [[Geist]] alter und neuer [[Zeit]]
und mit seinem Träger, dem indischen Menschen, beschäftigt hat.
und mit seinem Träger, dem indischen [[Mensch]]en, beschäftigt hat.
Doch hat man bei Zimmer nie das Gefühl, dass diese psychologischen
Doch hat man bei Zimmer nie das [[Gefühl]], dass diese psychologischen
Erkenntnisse von außen an die Tatsachen herangetragen werden
Erkenntnisse von außen an die Tatsachen herangetragen werden
oder gar sie umzubiegen drohen; er scheint vielmehr auf Grund
oder gar sie umzubiegen drohen; er scheint vielmehr auf Grund
Zeile 86: Zeile 90:
ihre Bestätigung fanden. So war das Zusammenwirken des Indologen
ihre Bestätigung fanden. So war das Zusammenwirken des Indologen
und des Psychologen für beide gleich fruchtbringend und hat
und des Psychologen für beide gleich fruchtbringend und hat
unbestreitbar zu einem tieferen Verständnis indischen Denkens beigetragen.
unbestreitbar zu einem tieferen [[Verständnis]] [[indisch]]en [[Denken]]s beigetragen.
Schon m dem Buche »Kunstform und Yoga im indischen Kultbild
Schon dem Buche »Kunstform und [[Yoga]] im indischen [[Kult]]bild
« (1926) sind diese psychologischen Einsichten für die Aufhellung
« (1926) sind diese [[psychologisch]]en Einsichten für die Aufhellung
eines zentralen Problems der indischen Kunst und Religion
eines zentralen [[Problem]]s der indischen [[Kunst]] und [[Religion]]
fruchtbar geworden. Das indische Kultbild kann in seiner Bedeutung
fruchtbar geworden. Das indische Kultbild kann in seiner [[Bedeutung]]
für den Verehrer nur verstanden werden auf Grund der Yoga-
für den Verehrer nur verstanden werden auf Grund der [[Yoga]]-
Lehre, dass der Gläubige bei der mystischen Versenkung ins Kultbild
Lehre, dass der Gläubige bei der mystischen Versenkung ins Kultbild
im Wesen der Gottheit aufgehe, sich in der Kontemplation zu
im Wesen der Gottheit aufgehe, sich in der [[Kontemplation]] zu
ihr erhebe. Von da aus erschließt sich Zimmer auch das Verständnis
ihr erhebe. Von da aus erschließt sich Zimmer auch das [[Verständnis]]
jener eigentümlichen, das Kultbild im Hinduismus und Buddhismus
jener eigentümlichen, das Kultbild im [[Hinduismus]] und [[Buddhismus]]
oft ersetzenden mystischen Diagramme und der Sprüche und Laute,
oft ersetzenden mystischen Diagramme und der Sprüche und Laute,
die sich mit ihnen verbinden, und es erhellt sich ihm so mit einem
die sich mit ihnen verbinden, und es erhellt sich ihm so mit einem
Schlage ein vielgestaltiges Problem indischer Gottesverehrung. -
Schlage ein vielgestaltiges [[Problem]] indischer [[Gottesverehrung]]. -
In dem Büchlein »Ewiges Indien« sind dann alle Grundmotive indischen
In dem Büchlein »[[Ewige]]s [[Indien]]« sind dann alle Grundmotive indischen
Denkens von ganz neuen Gesichtspunkten aus beleuchtet:
Denkens von ganz neuen [[Gesicht]]spunkten aus beleuchtet:
das Verhältnis der Einzelseele zur Allseele, ihre Wanderung im
Das Verhältnis der [[Einzelseele]] zur [[Allseele]], ihre Wanderung im
Kreislauf der Geburten und die fortwirkende Macht der Tat, die
Kreislauf der [[Geburt]]en und die fortwirkende [[Macht]] der [[Tat]], die
sie dabei leitet; die Beziehung der empirischen Form zum übersinnlichen
sie dabei leitet; die [[Beziehung]] der empirischen Form zum übersinnlichen
Weltgrund als beherrschendes Problem der Metaphysik;
Weltgrund als beherrschendes [[Problem]] der [[Metaphysik]];
die Lehre von der geistigen Zucht, die durch Erreichung höherer
die [[Lehre]] von der geistigen Zucht, die durch Erreichung höherer
Bewusstseinszustände zu übersinnlicher Freiheit führt; die Vollkommenheit
[[Bewusstseinszustand|Bewusstseinszustände]] zu [[übersinnliche]]r [[Freiheit]] führt; die [[Vollkommenheit]]
der Erkenntnis, die im Geiste eines Buddha aufleuchtet,
der [[Erkenntnis]], die im [[Geist]]e eines [[Buddha]] aufleuchtet,
und schließlich die Tantralehre, die Mann und Weib, Gott und
und schließlich die [[Tantra]][[lehre]], die [[Mann]] und [[Frau]], [[Gott]] und
Welt zusammen als das eine Göttliche in seinen einander bedingen-
[[Welt]] zusammen als das eine [[Göttliche]] in seinen einander bedingenden
den Aspekten offenbart. Schon hier zeigt sich, wie Zimmers Indienschau
Aspekten offenbart. Schon hier zeigt sich, wie Zimmers [[Indien]]schau
weit hinausgreift über ihren nächsten Zweck, in den oft abgrundtiefen
weit hinausgreift über ihren nächsten Zweck, in den oft abgrundtiefen
Gedanken und Ahnungen, die in verschwenderischer
[[Gedanke]]n und [[Ahnung]]en, die in verschwenderischer
Fülle ausgestreut werden. Die »Indischen Sphären« (1935) werden
[[Fülle]] ausgestreut werden. Die »[[Indischen Sphären]]« (1935) werden
eröffnet und beherrscht durch eine Betrachtung über den Mythos,
eröffnet und beherrscht durch eine Betrachtung über den [[Mythos]],
die zum Besten gehört, was darüber gesagt worden ist. Was die
die zum Besten gehört, was darüber gesagt worden ist. Was die
romantische Mythendeutung eines Creuzer und Görres anstrebte,
romantische Mythendeutung eines Creuzer und Görres anstrebte,
aber sowohl wegen mangelhafter Kenntnis der Überlieferung als
aber sowohl wegen mangelhafter Kenntnis der [[Überlieferung]] als
auch der Unzulänglichkeit der psychologischen Voraussetzungen
auch der Unzulänglichkeit der [[psychologisch]]en Voraussetzungen
nicht zu schaffen vermochte, das ist hier zur Vollendung gebracht,
nicht zu schaffen vermochte, das ist hier zur [[Vollendung]] gebracht,
und fand dann seine Bewährung in der schon im nächsten Jahre
und fand dann seine Bewährung in der schon im nächsten Jahre
erschienenen »Maya«, wo zum ersten Mal eine Gesamtdarstellung
erschienenen »[[Maya]]«, wo zum ersten Mal eine Gesamtdarstellung
des indischen Mythos gegeben wurde, die über das bloß Tatsächliche
des indischen Mythos gegeben wurde, die über das bloß Tatsächliche
hinausgeht und die wirkenden Kräfte aufzuzeigen sucht, die
hinausgeht und die wirkenden Kräfte aufzuzeigen sucht, die
dieser bunten Welt zu Grunde liegen. Hier sind auf Grund einer
dieser bunten Welt zu Grunde liegen. Hier sind auf Grund einer
wortgetreuen Wiedergabe der großen Mythensammlungen des
wortgetreuen Wiedergabe der großen Mythensammlungen des
Hinduismus, in der sich Zimmers Übersetzungskunst aufs neue
[[Hinduismus]], in der sich Zimmers Übersetzungskunst aufs neue
glänzend bewährt, die Leitmotive mythischen Denkens vorgeführt
glänzend bewährt, die Leitmotive mythischen [[Denken]]s vorgeführt
und von tief eindringenden psychologischen Analysen durchsetzt.
und von tief eindringenden [[psychologisch]]en [[Analyse]]n durchsetzt.
Der Mythos erscheint dabei nicht nur als Mittel, menschliche Grunderlebnisse
Der Mythos erscheint dabei nicht nur als Mittel, [[mensch]]liche Grunderlebnisse
und philosophische Erkenntnis in sinnliche Bilder zu kleiden,
und philosophische [[Erkenntnis]] in sinnliche Bilder zu kleiden,
sondern auch als eine Macht der Seelenführung. wobei ihm
sondern auch als eine [[Macht]] der [[Seele]]nführung, wobei ihm
der Ritus ergänzend zur Seite tritt.
der Ritus ergänzend zur Seite tritt.
Zimmers Werke können leicht den Eindruck erwecken, als handelte
 
es sich in ihnen nur um geistreiches Spiel, das sich in blendenden
Zimmers Werke können leicht den [[Eindruck]] erwecken, als handelte
es sich in ihnen nur um [[geist]]reiches [[Spiel]], das sich in blendenden
und paradoxen Formulierungen gefällt. Wer aber die Tatsachen
und paradoxen Formulierungen gefällt. Wer aber die Tatsachen
der indischen Überlieferung genau vergleicht, auf die er sich gründet,
der [[indisch]]en Überlieferung genau vergleicht, auf die er sich gründet,
überzeugt sich mit immer neuem Staunen, wie treu er ihnen
überzeugt sich mit immer neuem Staunen, wie treu er ihnen
folgt und welch tiefgründiges Wissen diesem scheinbar freien Spiel
folgt und welch tiefgründiges [[Wissen]] diesem scheinbar freien [[Spie]]l
des Geistes zugrunde liegt. Es ist sozusagen verkappte Wissenschaftlichkeit,
des [[Geist]]es zugrunde liegt. Es ist sozusagen verkappte [[Wissenschaft]]lichkeit,
die Zimmer darbietet. Wohl möglich, dass das gedankenlose Schlagwort von der Krisis der Wissenschaft - Wissenschaft
die Zimmer darbietet. Wohl möglich, dass das gedankenlose Schlagwort von der Krisis der Wissenschaft - Wissenschaft
ist etwas Ewiges und kann deshalb keiner Krisis unterliegen - in
ist etwas Ewiges und kann deshalb keiner Krisis unterliegen - in
diesen Büchern scheinbar Nahrung findet, aber nur bei denen, die
diesen Büchern scheinbar [[Nahrung]] findet, aber nur bei denen, die
nicht ermessen können, wie viel ernst erarbeitetes Wissen sich
nicht ermessen können, wie viel ernst erarbeitetes Wissen sich
hinter dieser spielenden Form verbirgt.
hinter dieser spielenden Form verbirgt.
Es wird sich niemand vermessen, zu sagen oder auch nur zu vermuten,
Es wird sich niemand vermessen, zu sagen oder auch nur zu vermuten,
was dieser hohe Geist, wäre es ihm vergönnt gewesen, länger
was dieser hohe [[Geist]], wäre es ihm vergönnt gewesen, länger
zu wirken, uns noch geschenkt hätte. Vielleicht wäre er im realistischen
zu wirken, uns noch geschenkt hätte. Vielleicht wäre er im realistischen
Klima Amerikas dazu gelangt, unter Verzicht auf eine sich
Klima Amerikas dazu gelangt, unter [[Verzicht]] auf eine sich
doch gelegentlich fast überspitzende Geistigkeit, zu schlichter Wissenschaftlichkeit
doch gelegentlich fast überspitzende [[Geist]]igkeit, zu schlichter [[Wissenschaft]]lichkeit
zurückzufinden: um so schwerer wäre in diesem
zurückzufinden: Um so schwerer wäre in diesem
Falle der Verlust, den für uns sein allzu früher Tod bedeutet.
Falle der [[Verlust]], den für uns sein allzu früher [[Tod]] bedeutet.


==Friedrich Wilhelm über Heinrich Zimmer==
==Friedrich Wilhelm über Heinrich Zimmer==


Im Vorwort zu „Buddhistische Legenden“ von Heinrich Zimmer schreibt der Germanist Friedrich Wilhelm über Heinrich Zimmer:
Im Vorwort zu „[[Buddhistische Legenden]]“ von Heinrich Zimmer schreibt der Germanist [[Friedrich Wilhelm]] über Heinrich Zimmer:


Der Indologe Heinrich Zimmer (geb. 1890 in Greifswald, gest. 1943 in New York) hat sich immer wieder mit den indischen Religionen auseinandergesetzt. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören »Kunstform und Yoga im indischen Kultbild« und seine psycholo¬gisch tiefschürfende Nacherzählung des Hindu-Mythos Maya. Der indische Mythos. Zimmer wirkte nach dem ersten Weltkrieg, an dem er als Offizier teilgenommen hatte, in Heidelberg zunächst als Privatdozent, dann als Professor. Das Dritte Reich war seinem geisti¬gen Habitus im Innersten zuwider. Da er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war, verlor er 1938 seine Professur. Im Juli 1938 emigrierte er mit seiner Familie nach England und lebte in Oxford, wo er das Ohr der gelehrten und politischen Welt (Duff Cooper u. a.) fand. Im Sommer 194o reisten die Zimmers mit der »Excalibur« über den submarin verunsicherten Atlantik. In Baltimore und zuletzt an der Columbia Uni¬versity in New York fand Zimmer einen neuen Wir¬kungskreis, aus dem er 1943 durch Krankheit und Tod jäh entrissen wurde. Postum erschienen »The Art of Indian Asia« (New York 1955) und »Philosophie und Religion Indiens« (Zürich 1961, Neuauflage Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, '1973).
Der [[Indologe]] Heinrich Zimmer (geb. 1890 in Greifswald, gest. 1943 in New York) hat sich immer wieder mit den [[indisch]]en [[Religion]]en auseinandergesetzt. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören »Kunstform und Yoga im indischen Kultbild« und seine [[psychologisch]] tiefschürfende Nacherzählung des Hindu-Mythos [[Maya]], der indische [[Mythos]]. Zimmer wirkte nach dem ersten Weltkrieg, an dem er als Offizier teilgenommen hatte, in Heidelberg zunächst als Privatdozent, dann als Professor. Das Dritte Reich war seinem geistigen Habitus im Innersten zuwider. Da er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war, verlor er 1938 seine Professur. Im Juli 1938 emigrierte er mit seiner Familie nach England und lebte in Oxford, wo er das [[Ohr]] der gelehrten und politischen [[Welt]] (Duff Cooper u. a.) fand. Im Sommer 1940 reisten die Zimmers mit der »Excalibur« über den submarin verunsicherten Atlantik. In Baltimore und zuletzt an der Columbia University in New York fand Zimmer einen neuen Wirkungskreis, aus dem er 1943 durch [[Krankheit]] und [[Tod]] jäh entrissen wurde. Postum erschienen »The Art of Indian Asia« (New York 1955) und »[[Philosophie]] und [[Religion]] [[Indien]]s« (Zürich 1961, Neuauflage Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, '1973).


in Heinrich Zimmers „Die indische Weltenmutter“ beschreibt Friedrich Wilhelm Heinrich Zimmer folgendermaßen:
In Heinrich Zimmers „[[Die indische Weltenmutter“]] beschreibt [[Friedrich Wilhelm]] Heinrich Zimmer folgendermaßen:


*Ein Homo heidelbergensis, der Indologe Heinrich Zimmer (1890-1943), den wir anderen Deutschen 1939 außer Landes jagten, weil er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war.
*Ein Homo heidelbergensis, der [[Indologe]] Heinrich Zimmer (1890-1943), den wir anderen Deutschen 1939 außer Landes jagten, weil er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war.


*Zimmers Schilderungen der indischen Sagenwelt wirken auch heute noch lesenswert und erlesen: sie bringen das Urindische in deutscher Färbung.
*Zimmers Schilderungen der [[indisch]]en Sagenwelt wirken auch heute noch lesenswert und erlesen: Sie bringen das Urindische in deutscher Färbung.


*Heinrich Zimmer hat sich immer wieder sehr einfühlsam mit dem indischen Mythos befasst, seine Chiffren psychologisch entschlüsselt, die in ihm enthaltenen Schichten des Unbewussten aufgedeckt. *Sehr einfühlsam ist auch Zimmers Prosa, was schon Hermann Hesse in einem Brief an Alfred Kubin über Zimmers Werk Indische Sphären (1935) lobend bemerkt:
*Heinrich Zimmer hat sich immer wieder sehr [[Gefühl|einfühlsam]] mit dem indischen [[Mythos]] befasst, seine Chiffren [[psychologisch]] entschlüsselt, die in ihm enthaltenen Schichten des [[Unbewusste]]n aufgedeckt.  


»Das neue Buch von Heinrich Zimmer bekam ich auch in die Hände und finde das meiste darin ganz ausgezeichnet, die Formulierungen zum Teil glänzend, da und dort fast zu virtuos. Die ästhetische Seite des Indischen, die morallose, rein spielende Hingegebenheit an das Schauspiel, an den ewigen Fluss der Bilder, ist auf deutsch wohl noch nirgends so ausgedrückt worden.«
*Sehr einfühlsam ist auch Zimmers Prosa, was schon [[Hermann Hesse]] in einem Brief an Alfred Kubin über Zimmers Werk [[Indische Sphären]] (1935) [[lob]]end bemerkt:


*Die Beobachtung des Indienreisenden, dass nichts so phantastisch ist wie die Wirklichkeit, birgt die umkehrbare Wahrheit, dass nichts so wirklich ist wie das Phantastische, nichts so wirklich wie die Bilderwelt des Mythos, zumal des indischen Mythos in seiner zeitlosen Wirkmächtigkeit. Goethe hatte die indische Mythologie schaudernd betrachtet:
»Das neue Buch von Heinrich Zimmer bekam ich auch in die [[Hand|Hände]] und finde das meiste darin ganz ausgezeichnet, die Formulierungen zum Teil glänzend, da und dort fast zu virtuos. Die ästhetische Seite des [[Indisch]]en, die [[moral]]lose, rein [[spiel]]ende [[Hingabe|Hingegebenheit]] an das Schauspiel, an den ewigen Fluss der Bilder, ist auf deutsch wohl noch nirgends so ausgedrückt worden.«


»Nichts schrecklicher kann dem Menschen geschehen, Als das Absurde verkörpert zu sehen.«
*Die [[Beobachtung]] des [[Indienreise]]nden, dass nichts so phantastisch ist wie die [[Wirklichkeit]], birgt die umkehrbare [[Wahrheit]], dass nichts so wirklich ist wie das Phantastische, nichts so wirklich wie die Bilderwelt des [[Mythos]], zumal des indischen Mythos in seiner zeitlosen Wirkmächtigkeit. Goethe hatte die indische [[Mythologie]] schaudernd betrachtet:


*Zimmers autobiographische Skizze »Notizen zu einem Lebenslauf« verrät seine starke Mutterbindung und das hohe Gewicht, das er dem mütterlichen Erbe zumisst; hierin anders als Schopenhauer, denn Schopenhauers Verhältnis zur Mutter »war unglücklich, die tiefen Schatten über seinem einsamen Werk und Leben sind nicht davon zu trennen«.
»Nichts schrecklicher kann dem [[Mensch]]en geschehen, Als das Absurde ver[[körper]]t zu sehen.«


*Die indische Muttergöttin, die in schaurigen und milden Aspekten unter vielen Namen auftritt (Kali, Durga, Lakshmi, Mahipmardini, Parvati, Gauri usw.), gehörte nicht zum Pantheon der Arier. Wie Gott Shiva (Schiwa), dem sie als personifizierte Kraft (Shakti) zuge¬ordnet wird, gehört sie zur archaisch-vorarischen Götterwelt. Bis zum heutigen Tag hat die Muttergöttin in Indien ihre Kraft bewahren können. Richtig ist, dass nach einer Sage die Götter Shiva, Vishnu, Agni u. a. ihre eigenen Waffen der Durga gegeben haben, damit sie den Büffeldämon töte.
*Zimmers autobiographische Skizze »Notizen zu einem Lebenslauf« verrät seine starke [[Mutter]]bindung und das hohe Gewicht, das er dem mütterlichen Erbe zumisst; hierin anders als [[Schopenhauer]], denn Schopenhauers Verhältnis zur Mutter »war unglücklich, die tiefen [[Schatten]] über seinem einsamen Werk und [[Leben]] sind nicht davon zu trennen«.


*Allen Ginsberg zeigt die Aktualität des Archaischen. Archaisch ist die Schädel¬girlande, das Bluttriefende, Bluttrinkende. Das deutet auf Kopfjäger und Menschenopfer, auf Menschenjagd und Kopfopfer. Und blutige Opfer waren immer mit dem Kult der Muttergöttin verbunden (zuletzt genügt dann ein Zicklein!).  
*Die indische [[Muttergöttin]], die in schaurigen und milden Aspekten unter vielen Namen auftritt ([[Kali]], [[Durga]], [[Lakshmi]], [[Mahipmardini]], [[Parvati]], [[Gauri]] usw.), gehörte nicht zum Pantheon der Arier. Wie [[Gott]] [[Shiva]] (Schiwa), dem sie als personifizierte [[Kraft]] ([[Shakti]]) zugeordnet wird, gehört sie zur archaisch-vorarischen [[Götterwelt]]. Bis zum heutigen Tag hat die Muttergöttin in Indien ihre Kraft bewahren können. Richtig ist, dass nach einer [[Sage]] die [[Götter Namen Liste von A-Z|Götter]] [[Shiva]], [[Vishnu]], [[Agni]] u. a. ihre eigenen Waffen der [[Durga]] gegeben haben, damit sie den Büffeldämon töte.
Wie weit aber haben wir es gebracht. Unser Mantrazauber heißt E=Mc2, unser Flammenpfeil ist Napalm.  
 
Indessen die grausige Muttergöttin ist hin und wieder milde, edel und gut. Nach Ginsberg trägt sie dann das Gesicht der Greta Garbo (Greta Garbo's Face an Durga). In der Tat haben wir die Garbo »die Göttliche« genannt, und Durga bedeutet »die Unnahbare«, aber ein wichtiger Unterschied bleibt: eine Garbo ohne Wimpernschläge ist unvorstellbar, indische Götter aber blinzeln nicht.
*Allen Ginsberg zeigt die Aktualität des Archaischen. Archaisch ist die [[Schädel]]girlande, das [[Blut]]triefende, Bluttrinkende. Das deutet auf [[Kopf]]jäger und [[Mensch]]en[[opfer]], auf Menschenjagd und Kopfopfer. Und blutige [[Opfer]] waren immer mit dem [[Kult]] der [[Muttergöttin]] verbunden (zuletzt genügt dann ein Zicklein!).  
Wie weit aber haben wir es gebracht. Unser [[Mantra]]zauber heißt E=Mc2, unser Flammenpfeil ist Napalm.  
Indessen die grausige Muttergöttin ist hin und wieder milde, edel und gut. Nach Ginsberg trägt sie dann das Gesicht der Greta Garbo (Greta Garbo's Face an [[Durga]]). In der Tat haben wir die Garbo »die Göttliche« genannt, und Durga bedeutet »die Unnahbare«, aber ein wichtiger Unterschied bleibt: Eine Garbo ohne Wimpernschläge ist unvorstellbar, indische [[Götter Namen Liste von A-Z|Götter]] aber blinzeln nicht.


*Thomas Mann bedankt sich bei dem ebenfalls in die USA emigrierten Zimmer in einem Brief, den wir hier erstmals vollständig abdrucken (Siehe hierzu schon F. Wilhelm, Thomas Mann über seine indische Legende, in : Euphorion, 64. Bd., 197o) : Pacific Palisades Cal. 28./W. 41
*Thomas Mann bedankt sich bei dem ebenfalls in die USA emigrierten Zimmer in einem Brief, den wir hier erstmals vollständig abdrucken (Siehe hierzu schon F. Wilhelm, Thomas Mann über seine indische Legende, in : Euphorion, 64. Bd., 197o) : Pacific Palisades Cal. 28./W. 41
Zeile 185: Zeile 192:
:Lieber Herr Professor,
:Lieber Herr Professor,


:endlich habe ich Ihre Adresse. Hätte ich sie früher ausfindig zu machen gewusst, damals, als die englische Ausgabe der »Tr. H.« erschien, so hätte ich Ihnen gleich auch handschriftlich noch ein Exemplar zugeeignet. Ich hörte aber, Sie seien auf Lecture-Reisen. Nun mag es, da ich das Buch in Ihren Händen weiß, bis ich in den Osten komme (im Herbst wohl) und Sie und Frau Christiane hoffentlich sehe, bei der gedruckten Widmung bleiben, die meiner kleinen Amplifikation Ihres Forschungsproduktes voranzusetzen mir eine selbstverständliche Pflicht und ein Vergnügen war, — ein Vergnügen, weil sich wirklich die ganz bewusste Pflicht damit verband, bei dieser Gelegenheit soviel Scheinwerferlicht auf Ihre Person zu lenken, wie mir eben zu Gebote steht. Ich bin sehr froh, dass die Geschichte vor Ihnen besteht und bilde mir darauf nicht weniger ein wie auf die Zustimmung eines richtigen Hindus, der sogar so ähnlich hieß, wie Shridaman und in der Herald Tribune schrieb : »These enchanting descriptions of Indian scenery and saints, of Indian Gods and their mortal playthings, sound convincing even to a Hindu.« Das ist mehr, als ich erwarten durfte, denn während die ägyptische Sympathie sehr lange Wurzeln hat, die bis in die Knabenzeit zurückreichen, war die Kontaktnahme mit dem Indischen sehr geschwind und gelegentlich und vorbereitet eigentlich nur metaphysisch, durch Schopenhauer. Diesen hat Goethe nicht zu Ende gelesen, und im Sinnlichen hatte er sogar eine puschelhafte Abneigung gegen die indischen »Fratzen«. Trotzdem ist er um den »Paria« nicht herumgekommen, den er auch irgendwo aufgepickt hatte. Jetzt bin ich längst wieder beim Joseph. Er hat eben sein großes Religionsgespräch mit dem jungen Amenhoteb — die scène à faire. Das Religionsgespräch zwischen Faschismus und Bolschewismus hat rauhere Formen. Einfälle hat er schon, dieser Adolf, und eine gewisse Verwirrung ist jedenfalls wieder gestiftet, denn die bürgerliche Welt findet es doch gewiss im Grunde reizend, was die wackere Reichswehr da tat. Immerhin, für Polen hat sie 20 Tage gebraucht, und wenn sie etwa für Rußland vier oder fünfmal so viele braucht, so ist unser Adolf mit Gottes Hilfe verloren. Sigat!
:endlich habe ich Ihre Adresse. Hätte ich sie früher ausfindig zu machen gewusst, damals, als die englische Ausgabe der »Tr. H.« erschien, so hätte ich Ihnen gleich auch handschriftlich noch ein Exemplar zugeeignet. Ich hörte aber, Sie seien auf Lecture-Reisen. Nun mag es, da ich das Buch in Ihren Händen weiß, bis ich in den Osten komme (im Herbst wohl) und Sie und Frau Christiane hoffentlich sehe, bei der gedruckten Widmung bleiben, die meiner kleinen Amplifikation Ihres [[Forschung]]sproduktes voranzusetzen mir eine selbstverständliche [[Pflicht]] und ein Vergnügen war, — ein Vergnügen, weil sich wirklich die ganz bewusste [[Pflicht]] damit verband, bei dieser Gelegenheit soviel Scheinwerferlicht auf Ihre Person zu lenken, wie mir eben zu Gebote steht. Ich bin sehr froh, dass die [[Geschichte]] vor Ihnen besteht und bilde mir darauf nicht weniger ein wie auf die Zustimmung eines richtigen [[Hindu]]s, der sogar so ähnlich hieß, wie Shridaman und in der Herald Tribune schrieb : »These enchanting descriptions of Indian scenery and saints, of Indian Gods and their mortal playthings, sound convincing even to a Hindu.« Das ist mehr, als ich erwarten durfte, denn während die [[Ägypten|ägyptische]] [[Sympathie]] sehr lange [[Wurzel]]n hat, die bis in die Knabenzeit zurückreichen, war die Kontaktnahme mit dem Indischen sehr geschwind und gelegentlich und vorbereitet eigentlich nur metaphysisch, durch [[Schopenhauer]]. Diesen hat [[Goethe]] nicht zu Ende gelesen, und im Sinnlichen hatte er sogar eine puschelhafte Abneigung gegen die indischen »Fratzen«. Trotzdem ist er um den »Paria« nicht herumgekommen, den er auch irgendwo aufgepickt hatte. Jetzt bin ich längst wieder beim Joseph. Er hat eben sein großes [[Religion]]sgespräch mit dem jungen Amenhoteb — die scène à faire. Das Religionsgespräch zwischen Faschismus und Bolschewismus hat rauhere Formen. Einfälle hat er schon, dieser Adolf, und eine gewisse Verwirrung ist jedenfalls wieder gestiftet, denn die bürgerliche [[Welt]] findet es doch gewiss im Grunde reizend, was die wackere Reichswehr da tat. Immerhin, für Polen hat sie 20 Tage gebraucht, und wenn sie etwa für Rußland vier oder fünfmal so viele braucht, so ist unser Adolf mit Gottes Hilfe verloren. Sigat!


:Viele herzliche Grüße von Haus zu Haus
:Viele herzliche Grüße von Haus zu Haus
Zeile 195: Zeile 202:
*Nur wer sein Nirvana findet, verweht aus dem Weltlauf, der nur ein Reigen zyklischer Krisen ist, wer es nicht findet, mag wie Heinrich Zimmer die Lage summarisch überblicken: »Immer wieder dieser blöde Frühling, immer wieder dieser tödliche Ernst zum göttlichen Stumpfsinn voll persönlicher Aufregungen und Krisen: dass sich die Hänse und Greten finden und das Notwendige, Wunderbare sich begibt, der stumme Ritus, der die Weltmutter freut; — immer wieder Kämpfe und Krämpfe, dass Reiche bersten und Grenzen zittern, Throne steigen und stürzen, dass sich das Unausweichliche begibt: Biographie und Weltgeschichte weiterläuft. Und immer war es wie noch nie: Tedeum, Friedensglocken von allen Türmen, Siegesflaggen über Stadt und Land; — immer wieder zauberhaft unerhört wie bei Tristan und Isolde, noch haben zwei sich so geliebt wie wir ... mit Schwüngen über die Milchstraße und zurück ins Kindbett — denn darauf war es doch unwillkürlich wieder einmal angelegt von der guten Weltmutter, der alten Kupplerin des Kosmos, der Großen Maya«
*Nur wer sein Nirvana findet, verweht aus dem Weltlauf, der nur ein Reigen zyklischer Krisen ist, wer es nicht findet, mag wie Heinrich Zimmer die Lage summarisch überblicken: »Immer wieder dieser blöde Frühling, immer wieder dieser tödliche Ernst zum göttlichen Stumpfsinn voll persönlicher Aufregungen und Krisen: dass sich die Hänse und Greten finden und das Notwendige, Wunderbare sich begibt, der stumme Ritus, der die Weltmutter freut; — immer wieder Kämpfe und Krämpfe, dass Reiche bersten und Grenzen zittern, Throne steigen und stürzen, dass sich das Unausweichliche begibt: Biographie und Weltgeschichte weiterläuft. Und immer war es wie noch nie: Tedeum, Friedensglocken von allen Türmen, Siegesflaggen über Stadt und Land; — immer wieder zauberhaft unerhört wie bei Tristan und Isolde, noch haben zwei sich so geliebt wie wir ... mit Schwüngen über die Milchstraße und zurück ins Kindbett — denn darauf war es doch unwillkürlich wieder einmal angelegt von der guten Weltmutter, der alten Kupplerin des Kosmos, der Großen Maya«


==´Siehe auch==
[[Datei:Spenden-Logo_Yoga-Wiki.jpg|link=https://www.yoga-vidya.de/service/spenden/]]
 
==Siehe auch==
*[[Carl Gustav Jung]]
*[[Carl Gustav Jung]]
*[[Weltmutter]]
*[[Weltmutter]]
*[[Himmelsfrau]]
*[[Himmelsfrau]]
*[[Kunstform und Yoga im indischen Kultbild]]
*[[Tantra Yoga]]
*[[Tantra Yoga]]
*[[Mutter]]
*[[Mutter]]
Zeile 228: Zeile 238:
*Die Indische Weltenmutter von Heinricht Zimmer, Insel Verlag Frankfurt am Main, 1980
*Die Indische Weltenmutter von Heinricht Zimmer, Insel Verlag Frankfurt am Main, 1980


[[Kategorie: Indische Philosophie]]
[[Kategorie:Indische Philosophie]]
[[Kategorie: Mythologie]]
[[Kategorie:Mythologie]]
[[Kategorie:Autor]]

Aktuelle Version vom 7. April 2020, 17:31 Uhr

Heinrich Zimmer (*1890 in Greifswald +1943 in New Rochelle, New York) war einer der bedeutendsten Deutschen Indologen und Geschichtswissenschaftler über die Südasiatische Kunst. Neben Max Müller beeinflusste er maßgeblich die Indische Philologie.

Der Indologe Heinrich Zimmer, hier im Alter von 43 Jahren. Er wurde am 6.12.1890 in Greifswald geboren und starb am 20. März 1943 in New Rochelle, New York.

Seine bekanntesten Werke beschäftigen sich mit den "Mythen und Symbolen Indischer Kunst und Zivilisation" und den "Philosophien Indiens". Seit 2010 gib es auch einen Lehrstuhl über die Philosophie und Intellektuelle Geschichte Indiens an der Universität Heidelberg. Heinrich Robert Zimmer studierte Sanskrit und Linguistik in Berlin, lehrte danach an der Universität in seiner Geburtststatt Greifswald und nahm anschließend den Lehrstuhl für Indische Philologie in Heidelberg an. Als er 1938 durch die Nazis seiner Lehrtätigkeit verwiesen wurde, wanderte Zimmer zunächst nach England aus, wo er am Ballilcollege in Oxford lehrte.

1940 emigrierte er in die USA (New Rochelle, New York) und wurde Gastlektor an der Columbia Universität. Dort lernet er auch seinen langjährigen Freund, Joseph Campbell kennen, der seine Vorlesungen besuchte. Dieser wurde auch nach Zimmers plötzlichem Tod an einer Lungenentzündung im Alter von 53 Jahren zum Herausgeber seiner letzten Schriften, die er in einer Serie von vier Büchern "Mythen und Symbole Indischer Kunst und Zivilisation, "Indische Philosophien", "die Kunst Indischen Asiens", und "The King and the Corpse" veröffentlichte. Friedrich Wilhelm gab einige seiner Aufsätze in den Büchern "Die Indische Weltenmutter" und "Buddhistische Legenden" heraus. Heinrich Zimmer pflegte auch eine langwierige Freundschaft mit Carl Gustav Jung, der nach Zimmers Tod ebenfalls sein Buch "Der Weg zum Selbst" an die Öffentlichkeit brachte.

Heinrich Zimmers Nachruf

aus „der Weg zum Selbst“ von Heinrich Zimmer

Carl Gustav Jung über Heinrich Zimmer

Als am 18. März dieses Jahres aus New York, wo er an der Columbia-Universität lehrte, die Nachricht vom plötzlichen Ableben Heinrich Zimmer's, des hervorragenden Indologen, der sich wie wenige in die Seele Indiens einzufühlen vermochte, hierher gelangte, befand sich das Manuskript des vorliegenden Buches seit zwei Jahren in der Schweiz. Zuerst lag es bei einem seiner Basler Freunde, dann ließ der Verstorbene es mir mit der Bitte zusenden, seine Drucklegung besorgen zu wollen, sofern dies möglich wäre. Es war mir also eine schmerzliche Pflicht und eine willkommene, wenn auch traurige Gelegenheit zugleich, meinem leider allzufrüh dahingegangenen Freunde Heinrich Zimmer meine Dankesschuld ein wenig dadurch abzutragen, dass ich, seinem Wunsche nachkommend, die Herausgabe seiner Vermächtnisschrift annahm. In jahrelangem geistigen Austausch mit seinem sprühenden Einfallsreichtum und seinem gründlichen Wissen um die seelischn Urgründe Indiens habe ich viel wertvolle Anregung von ihm empfangen. Seine Besuche in der Schweiz wurden stets zu Anlässen fruchtbaren Gedankenaustausches auch mit einem engem und weitem Kreis geistig interessierter Menschen. Im Psychologischen Club Zürich und Basel hat er uns eine Reihe schöner und tiefer Vorträge geschenkt und sich zahlreiche Freunde erworben. Im Juni dieses Jahres wurde sein Andenken im Zürcher Club durch eine Gedächtnisfeier geehrt, bei welcher auch Proben aus diesem seinem letzten Buche, aus dem Leben und der Lehre des [[Shri Ramana Maharshi]], vorgelesen wurden.

C. G. Jung über Zimmers letztes Werk – Der Weg zum Selbst

Die Weisheit und die Mystik des Ostens haben daher gerade uns sehr viel zu sagen, wenn schon sie ihre eigene, nicht nachzuahmende Sprache sprechen. Sie sollen uns an das erinnern, was wir in unserer Kultur an Ähnlichem besitzen und schon vergessen haben und unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was wir als unerheblich zur Seite schieben, nämlich auf das Schicksal unseres innern Menschen. Das Leben und die Lehren Shri Ramana's sind nicht nur für den Inder bedeutsam, sondern auch für den Abendländer. Sie sind nicht ein bloßes »document humain«, sondern eine warnende Botschaft an eine Menschheit, welche sich im Chaos ihrer Unbewusstheit und Unbeherrschtheit zu verlieren droht. Es ist daher wohl, im tiefem Verstande, kein Zufall, wenn Heinrich Zimmer’s letzte Schrift wie ein Vermächtnis gerade das Lebenswerk eines modernen indischen Propheten uns übermittelt, welcher so eindrücklich das Problem seelischer Wandlung veranschaulicht.

Emil Abegg über Heinrich Zimmer

Nachdem Heinrich Zimmer seinen Körper verließ verfasste Professor Emil Abegg einen Nachruf für die Züricher Zeitung, welcher auch im „der Weg zum Selbst“ veröffentlicht wurde

In dem kürzlich in Amerika verstorbenen Indologen Heinrich Zimmer ist ein Gelehrter. dahingegangen, dessen Wirken weit über sein engeres Fachgebiet hinausreichte und ihn im Geistesleben unserer Zeit eine bedeutende Stelle einnehmen ließ. Denn für ihn war die Deutung des indischen Geistes kein bloß fachwissenschaftliches Anliegen, sondern strahlte tief in alle geistigen Bezirke hinein und ließ ihre Probleme in Indiens Zauberspiegel in neuern, ungeahntem Lichte aufleuchten. Schon seine einzigartige Übersetzungskunst wies ihm unter allen, die für die Erschließung indischen Schrifttums wirkten, den höchsten Rang an. Noch nie war es gelungen, Werke indischer Literatur schon durch die bloße sprachliche Übertragung uns so nahe zu rücken und ihren Sinn so restlos auszuschöpfen, wie dies Zimmer in seinem buddhistischen Legendenkranz »Karma« und in der Wiedergabe einer der [[Bhagavad Gita]] verwandten religiösen Dichtung gelang, die er unter dem Titel »Anbetung Mir« veröffentlichte. Solche Übersetzungskunst war nur möglich aus einer ganz neuen, alle Tiefen des indischen Denkens erschließenden Schau heraus, vor allem durch eine bisher noch nie erreichte psychologische Einfühlung. Es kam Zimmer dabei die Berührung mit der Psychologie C. G. Jungs zustatten, der seinerseits derjenige unter den heutigen Psychologen ist, der sich am nachhaltigsten mit dem indischen Geist alter und neuer Zeit und mit seinem Träger, dem indischen Menschen, beschäftigt hat. Doch hat man bei Zimmer nie das Gefühl, dass diese psychologischen Erkenntnisse von außen an die Tatsachen herangetragen werden oder gar sie umzubiegen drohen; er scheint vielmehr auf Grund seiner eigenen Vertiefung in indisches Wesen zu Auffassungen gelangt zu sein, in denen er mit C. G. Jung zusammentraf und die dort ihre Bestätigung fanden. So war das Zusammenwirken des Indologen und des Psychologen für beide gleich fruchtbringend und hat unbestreitbar zu einem tieferen Verständnis indischen Denkens beigetragen. Schon dem Buche »Kunstform und Yoga im indischen Kultbild « (1926) sind diese psychologischen Einsichten für die Aufhellung eines zentralen Problems der indischen Kunst und Religion fruchtbar geworden. Das indische Kultbild kann in seiner Bedeutung für den Verehrer nur verstanden werden auf Grund der Yoga- Lehre, dass der Gläubige bei der mystischen Versenkung ins Kultbild im Wesen der Gottheit aufgehe, sich in der Kontemplation zu ihr erhebe. Von da aus erschließt sich Zimmer auch das Verständnis jener eigentümlichen, das Kultbild im Hinduismus und Buddhismus oft ersetzenden mystischen Diagramme und der Sprüche und Laute, die sich mit ihnen verbinden, und es erhellt sich ihm so mit einem Schlage ein vielgestaltiges Problem indischer Gottesverehrung. - In dem Büchlein »Ewiges Indien« sind dann alle Grundmotive indischen Denkens von ganz neuen Gesichtspunkten aus beleuchtet: Das Verhältnis der Einzelseele zur Allseele, ihre Wanderung im Kreislauf der Geburten und die fortwirkende Macht der Tat, die sie dabei leitet; die Beziehung der empirischen Form zum übersinnlichen Weltgrund als beherrschendes Problem der Metaphysik; die Lehre von der geistigen Zucht, die durch Erreichung höherer Bewusstseinszustände zu übersinnlicher Freiheit führt; die Vollkommenheit der Erkenntnis, die im Geiste eines Buddha aufleuchtet, und schließlich die Tantralehre, die Mann und Frau, Gott und Welt zusammen als das eine Göttliche in seinen einander bedingenden Aspekten offenbart. Schon hier zeigt sich, wie Zimmers Indienschau weit hinausgreift über ihren nächsten Zweck, in den oft abgrundtiefen Gedanken und Ahnungen, die in verschwenderischer Fülle ausgestreut werden. Die »Indischen Sphären« (1935) werden eröffnet und beherrscht durch eine Betrachtung über den Mythos, die zum Besten gehört, was darüber gesagt worden ist. Was die romantische Mythendeutung eines Creuzer und Görres anstrebte, aber sowohl wegen mangelhafter Kenntnis der Überlieferung als auch der Unzulänglichkeit der psychologischen Voraussetzungen nicht zu schaffen vermochte, das ist hier zur Vollendung gebracht, und fand dann seine Bewährung in der schon im nächsten Jahre erschienenen »Maya«, wo zum ersten Mal eine Gesamtdarstellung des indischen Mythos gegeben wurde, die über das bloß Tatsächliche hinausgeht und die wirkenden Kräfte aufzuzeigen sucht, die dieser bunten Welt zu Grunde liegen. Hier sind auf Grund einer wortgetreuen Wiedergabe der großen Mythensammlungen des Hinduismus, in der sich Zimmers Übersetzungskunst aufs neue glänzend bewährt, die Leitmotive mythischen Denkens vorgeführt und von tief eindringenden psychologischen Analysen durchsetzt. Der Mythos erscheint dabei nicht nur als Mittel, menschliche Grunderlebnisse und philosophische Erkenntnis in sinnliche Bilder zu kleiden, sondern auch als eine Macht der Seelenführung, wobei ihm der Ritus ergänzend zur Seite tritt.

Zimmers Werke können leicht den Eindruck erwecken, als handelte es sich in ihnen nur um geistreiches Spiel, das sich in blendenden und paradoxen Formulierungen gefällt. Wer aber die Tatsachen der indischen Überlieferung genau vergleicht, auf die er sich gründet, überzeugt sich mit immer neuem Staunen, wie treu er ihnen folgt und welch tiefgründiges Wissen diesem scheinbar freien Spiel des Geistes zugrunde liegt. Es ist sozusagen verkappte Wissenschaftlichkeit, die Zimmer darbietet. Wohl möglich, dass das gedankenlose Schlagwort von der Krisis der Wissenschaft - Wissenschaft ist etwas Ewiges und kann deshalb keiner Krisis unterliegen - in diesen Büchern scheinbar Nahrung findet, aber nur bei denen, die nicht ermessen können, wie viel ernst erarbeitetes Wissen sich hinter dieser spielenden Form verbirgt. Es wird sich niemand vermessen, zu sagen oder auch nur zu vermuten, was dieser hohe Geist, wäre es ihm vergönnt gewesen, länger zu wirken, uns noch geschenkt hätte. Vielleicht wäre er im realistischen Klima Amerikas dazu gelangt, unter Verzicht auf eine sich doch gelegentlich fast überspitzende Geistigkeit, zu schlichter Wissenschaftlichkeit zurückzufinden: Um so schwerer wäre in diesem Falle der Verlust, den für uns sein allzu früher Tod bedeutet.

Friedrich Wilhelm über Heinrich Zimmer

Im Vorwort zu „Buddhistische Legenden“ von Heinrich Zimmer schreibt der Germanist Friedrich Wilhelm über Heinrich Zimmer:

Der Indologe Heinrich Zimmer (geb. 1890 in Greifswald, gest. 1943 in New York) hat sich immer wieder mit den indischen Religionen auseinandergesetzt. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören »Kunstform und Yoga im indischen Kultbild« und seine psychologisch tiefschürfende Nacherzählung des Hindu-Mythos Maya, der indische Mythos. Zimmer wirkte nach dem ersten Weltkrieg, an dem er als Offizier teilgenommen hatte, in Heidelberg zunächst als Privatdozent, dann als Professor. Das Dritte Reich war seinem geistigen Habitus im Innersten zuwider. Da er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war, verlor er 1938 seine Professur. Im Juli 1938 emigrierte er mit seiner Familie nach England und lebte in Oxford, wo er das Ohr der gelehrten und politischen Welt (Duff Cooper u. a.) fand. Im Sommer 1940 reisten die Zimmers mit der »Excalibur« über den submarin verunsicherten Atlantik. In Baltimore und zuletzt an der Columbia University in New York fand Zimmer einen neuen Wirkungskreis, aus dem er 1943 durch Krankheit und Tod jäh entrissen wurde. Postum erschienen »The Art of Indian Asia« (New York 1955) und »Philosophie und Religion Indiens« (Zürich 1961, Neuauflage Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, '1973).

In Heinrich Zimmers „Die indische Weltenmutter“ beschreibt Friedrich Wilhelm Heinrich Zimmer folgendermaßen:

  • Ein Homo heidelbergensis, der Indologe Heinrich Zimmer (1890-1943), den wir anderen Deutschen 1939 außer Landes jagten, weil er mit Christiane von Hofmannsthal verheiratet war.
  • Zimmers Schilderungen der indischen Sagenwelt wirken auch heute noch lesenswert und erlesen: Sie bringen das Urindische in deutscher Färbung.

»Das neue Buch von Heinrich Zimmer bekam ich auch in die Hände und finde das meiste darin ganz ausgezeichnet, die Formulierungen zum Teil glänzend, da und dort fast zu virtuos. Die ästhetische Seite des Indischen, die morallose, rein spielende Hingegebenheit an das Schauspiel, an den ewigen Fluss der Bilder, ist auf deutsch wohl noch nirgends so ausgedrückt worden.«

  • Die Beobachtung des Indienreisenden, dass nichts so phantastisch ist wie die Wirklichkeit, birgt die umkehrbare Wahrheit, dass nichts so wirklich ist wie das Phantastische, nichts so wirklich wie die Bilderwelt des Mythos, zumal des indischen Mythos in seiner zeitlosen Wirkmächtigkeit. Goethe hatte die indische Mythologie schaudernd betrachtet:

»Nichts schrecklicher kann dem Menschen geschehen, Als das Absurde verkörpert zu sehen.«

  • Zimmers autobiographische Skizze »Notizen zu einem Lebenslauf« verrät seine starke Mutterbindung und das hohe Gewicht, das er dem mütterlichen Erbe zumisst; hierin anders als Schopenhauer, denn Schopenhauers Verhältnis zur Mutter »war unglücklich, die tiefen Schatten über seinem einsamen Werk und Leben sind nicht davon zu trennen«.

Wie weit aber haben wir es gebracht. Unser Mantrazauber heißt E=Mc2, unser Flammenpfeil ist Napalm. Indessen die grausige Muttergöttin ist hin und wieder milde, edel und gut. Nach Ginsberg trägt sie dann das Gesicht der Greta Garbo (Greta Garbo's Face an Durga). In der Tat haben wir die Garbo »die Göttliche« genannt, und Durga bedeutet »die Unnahbare«, aber ein wichtiger Unterschied bleibt: Eine Garbo ohne Wimpernschläge ist unvorstellbar, indische Götter aber blinzeln nicht.

  • Thomas Mann bedankt sich bei dem ebenfalls in die USA emigrierten Zimmer in einem Brief, den wir hier erstmals vollständig abdrucken (Siehe hierzu schon F. Wilhelm, Thomas Mann über seine indische Legende, in : Euphorion, 64. Bd., 197o) : Pacific Palisades Cal. 28./W. 41
Lieber Herr Professor,
endlich habe ich Ihre Adresse. Hätte ich sie früher ausfindig zu machen gewusst, damals, als die englische Ausgabe der »Tr. H.« erschien, so hätte ich Ihnen gleich auch handschriftlich noch ein Exemplar zugeeignet. Ich hörte aber, Sie seien auf Lecture-Reisen. Nun mag es, da ich das Buch in Ihren Händen weiß, bis ich in den Osten komme (im Herbst wohl) und Sie und Frau Christiane hoffentlich sehe, bei der gedruckten Widmung bleiben, die meiner kleinen Amplifikation Ihres Forschungsproduktes voranzusetzen mir eine selbstverständliche Pflicht und ein Vergnügen war, — ein Vergnügen, weil sich wirklich die ganz bewusste Pflicht damit verband, bei dieser Gelegenheit soviel Scheinwerferlicht auf Ihre Person zu lenken, wie mir eben zu Gebote steht. Ich bin sehr froh, dass die Geschichte vor Ihnen besteht und bilde mir darauf nicht weniger ein wie auf die Zustimmung eines richtigen Hindus, der sogar so ähnlich hieß, wie Shridaman und in der Herald Tribune schrieb : »These enchanting descriptions of Indian scenery and saints, of Indian Gods and their mortal playthings, sound convincing even to a Hindu.« Das ist mehr, als ich erwarten durfte, denn während die ägyptische Sympathie sehr lange Wurzeln hat, die bis in die Knabenzeit zurückreichen, war die Kontaktnahme mit dem Indischen sehr geschwind und gelegentlich und vorbereitet eigentlich nur metaphysisch, durch Schopenhauer. Diesen hat Goethe nicht zu Ende gelesen, und im Sinnlichen hatte er sogar eine puschelhafte Abneigung gegen die indischen »Fratzen«. Trotzdem ist er um den »Paria« nicht herumgekommen, den er auch irgendwo aufgepickt hatte. Jetzt bin ich längst wieder beim Joseph. Er hat eben sein großes Religionsgespräch mit dem jungen Amenhoteb — die scène à faire. Das Religionsgespräch zwischen Faschismus und Bolschewismus hat rauhere Formen. Einfälle hat er schon, dieser Adolf, und eine gewisse Verwirrung ist jedenfalls wieder gestiftet, denn die bürgerliche Welt findet es doch gewiss im Grunde reizend, was die wackere Reichswehr da tat. Immerhin, für Polen hat sie 20 Tage gebraucht, und wenn sie etwa für Rußland vier oder fünfmal so viele braucht, so ist unser Adolf mit Gottes Hilfe verloren. Sigat!
Viele herzliche Grüße von Haus zu Haus
Ihr Thomas Mann
  • Thomas Mann weiß von Zimmer, dass die Muttergöttin furchtbare Opfer braucht, um fruchtbar zu bleiben und Blut der Lebenssaft ist, der ihre mütterliche Urkraft erhält.
  • Da wir uns im schlechtesten der vier zyklisch wiederkehrenden Weltalter befinden, ist für den indischen Mythos die moderne Weltlage nicht weiter verwunderlich. Die Große Göttin aber ist die eigentliche Weltkraft, die den endlosen Reigen der Existenz bewirkt, den zeitlosen Kreislauf der Wiedergeburten und Wiedertode, der als leidvoll begriffen wird und aus dem einen Erlösungsweg zu finden das gemeinsame Ziel der indischen Religionen ist.
  • Nur wer sein Nirvana findet, verweht aus dem Weltlauf, der nur ein Reigen zyklischer Krisen ist, wer es nicht findet, mag wie Heinrich Zimmer die Lage summarisch überblicken: »Immer wieder dieser blöde Frühling, immer wieder dieser tödliche Ernst zum göttlichen Stumpfsinn voll persönlicher Aufregungen und Krisen: dass sich die Hänse und Greten finden und das Notwendige, Wunderbare sich begibt, der stumme Ritus, der die Weltmutter freut; — immer wieder Kämpfe und Krämpfe, dass Reiche bersten und Grenzen zittern, Throne steigen und stürzen, dass sich das Unausweichliche begibt: Biographie und Weltgeschichte weiterläuft. Und immer war es wie noch nie: Tedeum, Friedensglocken von allen Türmen, Siegesflaggen über Stadt und Land; — immer wieder zauberhaft unerhört wie bei Tristan und Isolde, noch haben zwei sich so geliebt wie wir ... mit Schwüngen über die Milchstraße und zurück ins Kindbett — denn darauf war es doch unwillkürlich wieder einmal angelegt von der guten Weltmutter, der alten Kupplerin des Kosmos, der Großen Maya«

Spenden-Logo Yoga-Wiki.jpg

Siehe auch

Literatur

  • Der Weg Zum Selbst von Heinrich Zimmer, Rascher Verlag Zürich, 1944, 1. Auflage
  • Buddhistische Legenden von Heinrich Zimmer, Insel Verlag Frankfurt am Main 1985, 1. Auflage
  • Die Indische Weltenmutter von Heinricht Zimmer, Insel Verlag Frankfurt am Main, 1980