Kunst und Wissenschaft

Aus Yogawiki

Aus dem Buch "Altindisches Leben: Die Cultur der vedischen Arier", nach den Samhita dargestellt von Heinrich Zimmer, Berlin 1879

Kapitel 13: Kunst und Wissenschaft

Dichtkunst

In Künsten finden wir die vedischen Arier noch im Kindesalter stehen; nur eine Kunst ist bei ihnen in voller Blüthe, die Dichtkunst. Das lyrische Lied ist schon so vollendet wie später nie mehr; Kraft vereinigt sich mit Gedrungenheit des Ausdrucks und schöner Form. Die gebundene Rede (vac chandasya) stand von Anfang im Dienst der Religion : in ihr pries man bei Opfern und Festen die Götter.

Den Sängern der vedischen Lieder muss schon ein festes Bewusstsein metrischer Gesetze inne gewohnt haben; die Anwendung derselben war zu einem wohlgeordnen (sudhita), den Göttern gefälligen Liede nothwendig, ein Verstoß gegen sie machte den Preisgesang zu einem ungeordneten (durdhita, vrjina). Es wird daher vielfach von der Dichtkunst geredet wie von gewissen Arbeiten der Hand, in denen man einige Fertigkeit erlangt hatte; vor allem gebraucht man für »dichten« den Ausdruck taksh »zimmern.« So heisst es: »Dies Lied zimmerten dir (atakshishuh) die nach Gütern verlangenden Menschen, wie einen Wagen ein kunstsinniger (dhira), geschickter Zimmermann« Rv. 1, 130, 6. »Ich, der Sänger habe diesen Preisgesang gezimmert dir, o Starker, wie ein kunstsinniger, geschickter (Mann) einen Streitwagen« Rv. 5, 2, 11. »0 Indra, finde Gefallen an unseren dargebrachten Gebeten, die wir dir, o kräftigster, darbrachten (akarma); wie prächtige, gut gearbeitete Gewänder, wie einen Wagen ein kunstsinniger, geschickter habe ich sie dir aus Verlangen nach Gut gezimmert (ataksham)« Rv. 5, 29, 15; weitere Stellen sind Rv. 1, 62, 13 ; 5, 73, 10 ; 10, 39, 14.

Daneben finden sich noch zwei Ausdrücke öfters, die nur die allgemeine Thätigkeit des Hervorbringens ausdrücken, kar »machen« und jan »hervorbringen, erzeugen« : »Diese stärkenden Gebete haben euch, o Açvin, die Grtsamada als Preislied gemacht (akran)« Rv. 2, 39, B. »Komm herbei, o Indra, wir wollen stärkende Gebete für dich machen (krnavamu)« Rv. 8, 51, 4. »Ein neues Preislied habe ich nun dem Agni, dem Falken des Himmels erzeugt (jijanam); ob er uns wohl Gut verschafft?« Rv. 7, 15, 4. »Dich soll herwenden zur Hülfe dieser Hymnus, den die Gotama erzeugten« Rv. 8, 88, 4: weitere Belege siehe bei Muir ST. 3, 133 ff.

Das Zimmern, das Machen bezieht sich nur auf die äussere Form, auf die Worte, in die das Gebet sich kleidet: »Dieser Preisgesang, der Schätze spendende, wurde dem Göttergeschlecht von den Sängern mit dem Munde (asaya) gemacht« heisst es Rv. 1, 20, 1. Das Material, wenn ich so sagen darf, ans dem die Hymnen gezimmert und verfertigt wurden, das lieferte der Geist (manas) in andächtiger Stimmung (dhi); es bekommt daher dhi geradezu die Bedeutung »Lied, Preislied« : »Euch sollen die Lieder (dhiyah) herwenden zu den Opfern« Rv. 1, 135, 5 u. o. Hierher gehört ferner ein anderer Ausdruck für »Gebet« brahman, welches »die als Drang und Fülle des Gemüths auftretende und den Göttern zustrebende Andacht« in concreter, für die Sinne fassbarer Gestalt ist. Einzelne Sänger gingen soweit, in dieser Erhebung des Gemüthes jede eigne Thätigkeit von sich abzuweisen und das Lied der in ihnen thätigen Macht der Götter zuzuschreiben : das der Marutschaar, Indra gesungene Lied (bráhman) heisst von den Göttern eingegeben (devatta) Rv. 1, 37, 4; 8, 32, 27; Vasishtha nennt seinen Gesang (manisha, dhi) göttlich (devi) Rv. 7, 37, 1. 9.

Spätere Dichter, Epigonen, die obwohl mit Augen und Ohren begabt, die himmlische Göttin weder sahen noch hörten und denen sie sich noch viel weniger hingab, wie die willige, schön gekleidete Gattin dem Gatten (Rv. 10, 71, 4), diese fabelten, um eigene Unfähigkeit zu verdecken, von einem wirklichen Verkehr der sangesreichen Vorfahren mit den Göttern. Die Stellen aus dem Rigveda hat Muir ST. 3, 141 ff. gesammelt und besprochen. Die noch spätere, nachvedische Zeit endlich führt die ihr heilig gewordenen Texte ganz auf Intuition zurück, so dass sogar der Name für die Sänger der vedischen Zeit rshi von einem der ältesten Grammatiker (Aupamanyava) von der Wurzel drç »sehen« abgeleitet wird. Yaska Nirukta 2, 11.

Ein Eingehen auf die einzelnen, zum Theil kunstvollen Metra, die in den vedischen Liedern uns begegnen, ist die Aufgabe einer vedischen Metrik. Der rythmische Bau der Verse ist im Allgemeinen ein viel freierer als in der späteren Poesie. Einzelne Unregelmässigkeiten sind nur scheinbar; sie schwinden, wenn wir zuweilen noch an anderen Stellen bezeugte, ältere Sprachformen an Stelle der überlieferten lesen. Diese Erkenntnis berechtigt uns jedoch keineswegs, nun auch überall strenge Regelmässigkeit im Sinne der mehr als 1000 Jahre jüngeren metrischen Gesetze zu verlangen und, wo solche nicht vorhanden ist, sie durch Annahme von möglichen und unmöglichen Formen herzustellen. Anderswo, beispielsweise auf dem Gebiete der altlateinischen oder altdeutschen Metrik, würden solche Experimente, wie sie nach Grassmanns Vorgange mit den vedischen Versen besonders von sprachvergleichender Seite immer kühner unternommen werden, derbe Zurückweisung erfahren. Adalb. Kuhns Untersuchungen sind viel mehr anregend als abschliessend.

In den jüngeren Liedern des Rigveda finden sich schon die technischen Namen der häufigst gebrauchten Metra, unter ihnen auch die der beiden in altéranischer und altgermanischer Poesie ebenfalls vorkommenden: Anushtubh und Gayatri. Es werden auch, worauf Roth in der Vorrede zu »Siebenzig Lieder des Rigveda übersetzt von Geldher und Kaegi« Seite VIII aufmerksam macht, häufig mehrere Verse zu einer Strophe verbunden; dies ist neuerdings auch für altéranische Poesie umfassender von K. Geldher in seiner Arbeit »Über die Metrik des jüngern Avesta« Tübingen 1877 gezeigt worden.

Besonders wohlgelungene Hymnen oder solche, an deren Darbringung eine sichtliche Erhörung der Götter sich geknüpft hatte, erbten in den Familien von Geschlecht zu Geschlecht fort. Die Nachkommen wendeten die Lieder mit einigen für den speciellen Fall nöthigen Veränderungen wieder an, dichteten wohl auch neue Verse hinzu »Mit einem alten Gebet putze ich meine Lieder heraus nach Kanvas Art, wodurch Indra Kraft empfängt« gesteht ein Sänger Rv. 8, 6,. 11 und zum Schluss desselben Hymnus heisst es: »Dies alte Andachtslied, das strotzt von Segensfülle, haben die Kanva um einen Spruch vermehrt« Rv. 8, 6, 43. »Indra, den von den Marut begleiteten, rufen wir mit altem Liede herbei zum Trunke dieses Soma« Rv. 8, 76, 6. Gegenüber diesem Geständnis finden wir, wie andere Sänger mit besonderem Stolz hervorheben, dass ihr Lied ein neues ist: »Das tadellose, heute neu gemachte (navajata adya) Loblied nehmt, o Indra und Agni, Vrtratöter, gnädig an« fleht Vasishtha Rv. 7, 93, 1. »Fürs allerneueste Lied (navyase naviyase suktaya) bereite nun (o Soma) die Pfade, nach alter Weise lass den Glanz aufleuchten« Rv. 9. 9, B. Die Stellen, in denen so das neue Lied angepriesen wird, sind zahlreich: Rv. 1, 109, 2; 2, 18, 3: 24, 1; 6, 50, 6; 7, 14, 4; 8, 23, 14 u. a.; siehe Muir ST. 3. 121-128.

Ein Versuch, die vedischen Lieder nach Gattungen zu classificieren, ist gemacht schon von Yaska im Eingang zum zweiten Theil des Nirukta (7, 1). Äusserlich unterscheidet er in ihnen drei Classen, je nachdem sie mittelbare, unmittelbare oder Selbstanrufungen enthalten. Die erste Classe umfasst also solche, in denen die Götter in dritter Person als abwesend (paroksha) angeredet werden: »Indra herrscht über Himmel und Erde« Rv. 10, 89, 10 ; die zweite Classe diejenigen, in denen Götter in zweiter Person als gegenwärtig (pratyaksha) angerufen sind: »0 Indra, schlage unsere Feinde« Rv. 10, 153, 4; die dritte Classe endlich bietet die Lieder, in denen der Verfasser in der ersten Person und in Bezug auf sich selbst spricht wie Rv. 10, 119.

Die beiden ersten Classen sind die zahlreichsten, am schwächsten vertreten ist die dritte Classe. Einzelne Lieder können Lobpreis enthalten ohne Bitte: »Indras Mannesthaten will ich nun verkünden« Rv. 1, 32, 1, andere Bitte ohne Lobpreis : »Möge ich klar sehend sein mit meinen Augen, glänzend von Antlitz und wohlhörend mit den Ohren«. Ferner kommen vor Fluch und Verwünschung: »Heute will ich sterben, wenn ich ein Yatudhana bin« Rv. 7, 104, 15 ; weiterhin findet sich Schilderung eines Zustandes : »Nicht gab es Tod, auch nicht Unsterblichkeit damals« Rv. 10, 129, 2; auch Besorgnis über einen Zustand: »Dein Freudengenosse könnte wohl heute wegeilen ohne zurück zu kehren« Rv. 10, 95, 14. Endlich findet sich Tadel und Lob: »Wer allein isst, trägt allein die Schuld« Rv. 10, 117, 6, »des Freigiebigen Haus ist wie ein Lotusteich« Rv. 10, 107, 10; so wird in dem Spielerhymnus das Spiel getadelt und der Ackerbau gelobt. In dieser Weise bewegen sich die erschauten Dichtungen der Rishi auf verschiedenen Gebieten.

Soweit Yaska. Seine Bemerkungen werden gegen Ende sehr wichtig; sie zeigen, dass auch dem orthodoxen Hindu, der den Veda fleissig studiert, die Beobachtung nicht entgehen kann, dass der Rigveda doch viele Stücke enthält, die zu der schon zu Yaskas Zeit als Glaubenssatz geltenden Lehre über den Ursprung der vedischen Poesie verzweifelt schlecht stimmen.

Den Kern und auch die grosse Masse der erhaltenen vedischen Poesie bilden lyrische Lieder; ihr Charakter ist, wie schon öfters hervorgehoben, ein religiöser. Brünstige Gebete steigen in Zeiten der Gefahr, sei es allgemeiner oder ein Individuum betreffender, aus der Seele zu den Göttern empor; laut und kräftig schallender Jubel erhebt sich zu des Himmels Kuppel und tritt in Preis - und Dankliedern vor die Götter, wenn die gewünschte Hülfe zu Theil wurde. Eine erotische Färbung bekommt diese religiöse Lyrik in den Hymnen an die Morgenröthe (Ushas), die Tochter des Himmelsvaters (duhitar Divas = gr. digátir diós), die vielfach als prächtige Jungfrau auftritt, der die männlich gedachte Sonne (surya) nachfolgt wie ein liebender Jüngling der geliebten Jungfrau (Rv. 1, 115, 2); vergleiche Rv. 1, 123, 10. 11: »Wie eine Jungfrau, herrlich von Gestalt nahst du, o Göttin, dem Gotte, der nach dir sich sehnet; lächelnd enthüllst du, Jugendliche, vor ihm deinen Busen, in Reiz erstrahlend. Herrlich von Aussehen wie eine von der Mutter geschmückte Jungfrau enthüllst du dich (deinen Körper tanvam) dem Anblick; lieblich leuchte weiterhin, o Morgenröthe, nicht haben diese Pracht andere Morgenröthen erreicht«.

Ein charakteristischer Zug ist den verschiedenen Schattierungen der ältesten indischen Poesie gemein: sie ist höchst realistisch. Nahezu jede Seite unserer Darstellung hat mehr oder minder belehrende Belege hierfür geliefert, so dass eine Ausführung dieses Punktes unnöthig ist.

In engster Verbindung mit der lyrischen Poesie steht die didaktische, die Spruchdichtung. Öfteres Eintreten ähnlicher Vorgänge bringt die Menschen leicht dahin, allgemeine Erfahrungssätze daraus zu ziehen. Diese Sprüche der Weisheit, geflossen aus der Gesamterfahrung eines Volkes, erben von Geschlecht zu Geschlecht fort. Ein Zusammenfassen solcher Erfahrungssätze in poetischer Form ist die Spruchdichtung. Dass bei dem vedischen Volke diese Richtung der Poesie Pflege genoss, dafür bieten die Lieder des Rigveda Zeugnis. Schon oben habe ich darauf hingewiesen, dass das Indra in den Mund gelegte Urtheil über das weibliche Geschlecht (Rv. 8, 33, 17) sehr ähnlich dem Odins ist in Hávamál 84. Rv. 10, 117, 1-6 finden wir eine Reihe solcher Sprüche vereinigt, die von Milde und Geiz handeln.

1. Die Götter wollen nicht, dass Hunger Strafe sei,
die Tode treten auch den satten Menschen an.
Wer Armen gerne gibt, der mindert nicht sein Gut,
des kargen Knausers nimmt indeß kein Mensch sich an.
2. Und wer dem Bettler, dem herabgekommnen Mann,
mit dem er früher gern verkehrte, sein Gesuch
Um Brot, woran es ihm nicht fehlt, mit hartem Herz
versagt, auch eines solchen nimmt kein Mensch sich an.
3. Der ist der rechte Geber, der den Bitter
beschenkt, der ausgehungert Essen heischt;
Dem Hilferufe kommt er gern entgegen
und macht zum Freund sich jenen für die Zukunft.
4. Das ist kein Freund, der nicht sein Brot mag theilen
mit einem treuen, ihm ergebnen Freunde;
Der kehrt den Rücken ihm — hier ist kein Bleiben —
und sucht sich lieber einen fremden Geber.
5. Wer's kann, der soll dem Hilfsbedürftigen spenden,
den fernern Weg des Lebens wohl bedenken.
Das Glück rollt hin und her wie Wagenruder,
bald kehrt es ein bei diesem, bald bei jenem.
6. Der Thor hat von dem Essen keinen Nutzen,
fürwahr ich sag: es wird ihm nur zur Strafe;
Er zieht sich keinen Lieben noch Genossen;
er isst allein - die Schuld ist ihm alleine.

Hieran schliessen sich in loserem Zusammenhang noch einige andere Sentenzen.

7. Die Pflugschar schafft das Brot, wenn man sie zieht;
wer seine Füsse regt, der kommt zum Ziele.
Dem Brahman bringt das Reden mehr als Schweigen;
ein Freund, der gibt, ist besser als ein Karger.
8. Der Einfuß schreitet schneller als der Zweifuß,
der Zweifuss überholt im Lauf den Dreifuß,
Der Vierfuß läuft dem Zweifuß auf der Ferse,
er schaut und steht, wo fünfe sich versammeln.
9. Zwei gleiche Hände schaffen nicht das Gleiche,
und Schwesterkühe milchen nicht das Gleiche.
Ein Zwilling gleicht dem andern nicht an Stärke,
und zwei Geschwister schenken nicht das Gleiche.«

(Siebenzig Lieder Seite 155 R.)

Auf diese Gattungen beschränkte sich jedoch die vedische Poesie nicht. Die tapfere That fand ihr Lied wie im germanischen Alterthum; die Thaten eines Volkes, eines Fürsten, in dessen Umgebung immer Sänger lebten, wurden laut durch Gesänge gepriesen. Solche historischen Siegeslieder, die in die Sammlung des Rigveda Aufnahme erlangten, sind, wie Roth zuerst zeigte, z. B. Rv. 7, 18. 33; 83; sie finden ihre beste Parallele in dem auf den westfränkischen König Ludwig den Dritten nach seinem Sieg über die Normannen (881) gedichteten Hymnus. Es waren die Fürsten auf diese Loblieder gewiss nicht minder eifersüchtig als die altn. Jarle auf die ihrer Skalden; ist es doch den Gottheiten der Flüsse Vipaç und Çutudri nicht gleichgültig, ob Viçvamitra unter den Menschen gut oder schlecht von ihnen rede: 'Dies Wort (vacas), o Sänger, vergiss nicht, das von dir künftige Geschlechter laut verkünden sollen; in Liedern preise uns (eigentlich habe an uns Gefallen), o Sänger, setze uns nicht herab unter den Menschen; Ehre sei dir« Rv. 3, 33, B.

Das Gegenstück zu dem Lobgedicht bildet das Spottlied. Sein Vorkommen ist uns durch Rv. 7, 103 bezeugt, worin das Aufwachen der Frösche zu Beginn der Regenzeit, ihr Gequake und ihre Lustigkeit mit dem Gesang somatrunkener Priester verglichen wird. Rv. 9, 112 haben wir eine Satire auf die Sucht der Menschen nach Geld und Gut.

Als eine Entwicklung didaktischer Poesie sind auch die Zauber- und Beschwörungsformeln aufzufassen, vermittelst welcher dem Menschen drohendes Unheil abgewendet, geheime Naturkräfte zu seinem Dienst gezwungen werden sollen. Das Feld dieser Poesie ist hauptsächlich Av. 1-7; 19, wenn auch im Rigveda, in den übrigen Theilen der Atharva-Samhita, sowie in den Yajustexten dieselbe ihre Vertreter hat. Für alle Vorfälle des Lebens eines Erdenpilgers von seiner Erzeugung bis zu seinem Tode finden wir hier Sprüche: Hervorrufung der Schwangerschaft in einer unfruchtbaren Frau (vehat) bezwecken Av. 3, 23; 5, 25; 6, 11. 81 ; Impotenz des Mannes suchen abzuhelfen Av. 4, 4: 6, 72. 101; für Schwangere und Wöchnerinnen dienen Av. 1, 11: 6, 17; mit den Segensprüchen Av. 2, 28. 29; 6, 110 wird der junge Erdenbürger empfangen; wichtigere Momente in der Jugend des vedischen Ariers behandeln Av. 6, 140. 68; 2, 13: mit Av. 6, 89. 102. 130. 131: 7, 36. 37. 38 will das Mädchen Gegenliebe in dem Herzen des heißgeliebten Jünglings erwecken; mit Av. 2, 30; 3, 25; 6, B. 9. 82 versucht der unglücklich liebende Jüngling Kamas sehnsuchtbefiederten Pfeil in das Herz der Spröden zu schleudern; im Herzen des geliebten Gegenstandes entstandene Eifersucht beseitigt Av. 6, 18; 7, 45, und die Versöhnung kommt durch Av. 6, 42. 43. 94. 139 zu Stande; Segenswünsche jeder Art über ein neuvermähltes Paar bieten Av. 14 und Rv. 10, 85: Eintracht in Familie stellen Av. 3, 30; 6, 64. 74; 7, 52. 94 wieder her; vermögen Av. 8, 1; 3, 11 und viele andere Sprüche den Sterblichen nicht von Krankheit und des Todes Banden zu befreien, dann bestattet man die irdische Hülle feierlichst und wünscht dem entflohenen Geist glückliche Fahrt und freundliche Aufnahme in Yamas Reich Rv. 10, 14. 16. 18: Av. 18.

Ins Ende der vedischen Zeit fallen schon die Anfänge der in späterer brahmanischer Periode so sehr gepflegten Speculation über den Ursprung der ersten Wesen, den Schöpfer des Weltalls, über das Verhältnis der sterblichen Menschen zur unsterblichen Gottheit. Auch dieses Wissen wurde in der Form des Liedes überliefert; hierher gehören Hymnen wie Rv. 10, 121. 129, die schon mehrfach Übersetzung fanden. Rv. 10, 90 behandelt, wie wir sahen, den Ursprung des Weltalls aus dem Urwesen Purusha und die Entstehung der Kasten; es stammt jedoch schon aus nachvedischer Zeit. Reicher ist der Atharvaveda; es gehören hierher 2, 1 ; 4, 1; 5, 1 u. a.

Mit der letzteren Art der didaktischen Dichtung steht eine andere Richtung der Poesie in engster Beziehung, die Räthseldichtung. Fasste man das Wissen über die Verhältnisse der Götter, die Entstehung des »Seins aus dem Nichtsein«, über das im Weltenraum Vorhandene und Vorgehende nicht erzählend, sondern in Fragen zusammen, so war das Räthsellied gegeben. Eine Reihe von Räthselsprüchen ist in dem dem Dirghatamas zugeschriebenen Hymnus Rv. 1, 164 erhalten. Man erkennt sehr leicht (vgl. Haug Sitzungsb. der Münchener Akad. der Wissenschaften 1875. 2, 457 ff.), dass hier nicht die poetische Arbeit eines Einzigen vorliegt. Verschiedene Räthselgruppen heben sich ohne Schwierigkeit ab; so beziehen sich die Fragen in den Versen 4 — 7 auf den Ursprung des ersten Geschöpfs, den Urheber des Alls, in 11-15 auf den Sonnenlauf, Jahreseintheilung in Jahreszeiten, Monate, Tage, Nächte; andere haben wiederum das Opfer und dessen Symbolik zum Vorwurf. Noch an manchen Stellen des Rigveda treffen wir solche Räthselfragen, meistens jedoch nur eingestreut; so z. B. Rv. 10, 88, 17 ff. 1, 105, 4 ff. Grössere Stücke dieser Art bietet der Atharvaveda wie 10, 2; 10, 7.

Fragen wir, bei welchen Gelegenheiten solche Räthsel gstellt und gelöst wurden, so ist kein Zweifel, dass es bei grösseren Festen, Opferversammlungen geschah, wo öfters mehrere berühmte Sänger zusammentreffen mussten. Dass Wettkämpfe in der Poesie vorkamen, ersehen wir aus Rv. 10, 71, 8. 11 deutlich; in Rv. 6, 9 liegt nach Kaegi (70 Lieder Seite 103) der Wettgesang eines jüngern Sängers gegen einen Älteren vor. Wenn wir uns erinnern, dass bei den Trtsu und ihren freigiebigen Herrschern nicht nur Vasishtha und Viçvamitra (d. h. Sänger aus dem Geschlechte beider) um den Vorrang stritten, sondern auch das Sängergeschlecht der Bharadvâja unter jenen thätig war (Rv. 6. 47, 22 ff.), so liegt es sehr nahe, in die Umgebung von Fürsten wie Divodasa oder Sudas solche Sängerkriege zu verlegen. Das feierlichste Opfer des indischen Alterthums, das noch in Gebrauch, war das Pferdeopfer (açvamedha); gegen Schluss desselben kam, wie aus V. B. 23 (T.S. 7, 4, 18) erhellt, solcher Wettstreit in der Kenntnis heiliger Dinge (brakmodya) vor.

Es fragt z. B. der Brahman den Hotar: »Wer wandelt wohl einsam und wer wird wieder geboren! Was ist Heilmittel gegen Kälte und welches ist das grosse Gefäß?«

Hierauf erwidert der Hotar:

»Die Sonne wandelt einsam, der Mond wird wieder geboren. Feuer ist Heilmittel gegen Kälte, die Erde ist das grosse Gefäss« und fragt seinerseits nun aus dem Brahman:

»Welches war der erste Begriff? Was war hochkräftig? Was war wohl schlüpfrig und was war bunt?«

Es antwortet der Brahman:

»Der Himmel war der erste Begriff, das Ross war was hochkräftiges. Die Somaseihe war schlüpfrig, die Nacht war bunt.«

Spätere Schriften berichten ausführlich über solche Wettkämpfe. So wünschte einst der König Janaka von Videha bei einem Opferfest, an dem die Weisen der Videha und der Kuru-Pancala versammelt waren, zu wissen, wer unter ihnen der gelehrteste sei in der Kenntnis des Brahman. Er liess 1000 Kühe festbinden und an die Hörner einer jeden zehn Mal zehn Pada Goldes. »Wer unter euch das Brahman am besten kennt, der nehme diese Kühe«, sprach er zu den versammelten Weisen. Ale keiner der andern dieser Aufforderung Folge leistete, befahl Yajnavalkya seinem Schüler, für ihn die Kühe fort zu treiben. Nun wurden die übrigen wegen seiner Anmaßung erzürnt, und es entspann sich eine Disputation zwischen Yâjnavalkya und Açvala, dem Opferpriester des Janaka, nebst sieben anderen Weisen; ja selbst eine Brahmanin Gargi legte dem Yajnavalkya Fragen vor. Er aber beantwortete alle Fragen und errang so den Preis (Çat. Br. 14, 6, 1 ff.). Ebenso behandelt die von Weber Ind. Stud. 9, 49ff. besprochene Ârsheya-Upanishad einen Wettstreit zwischen Viçvamitra, Jamadagni, Bharadvaja, Gautama, Vasishtha über das Wesen des Brahman; Vasishtha bleibt Sieger.

Ale Gattungen der Poesie werden Av. 15, 6, 3. 4 (cf. 11, 7, 24) aufgezählt: Rc, Saman, Yajus, Brahman; Itihasa, Purana, Gatha, Naraçamsi. Die Unterschiede der vier ersten - Lieder, Gesänge, Opferformeln, Segen- und Zaubersprüche - sind hinlänglich klar; unter Gatha, Naracamsi, Itihâsa versteht M. Müller Hist. of Anc. Sanskr. Litt. p. 40 »songs, legends, epic poems«. Nach Say. zu T.S. 7, 5, 11, 2 sind Gâtha »Götterlieder« (devatavishayakhyanapara mantrah), Naraçamsi »Heldenlieder« (manushyavishayakhyanapara rcah, manushyapraçamsapadaka naraçamsyah zu Çatap. Br. 11, 5, 6, 8). Yaska Nirukta 9, 9 sagt yena narah praçasyante sa navaçamso mantrah und citiert als einen Beleg Rv. 1, 126, 1 (s. Seite 170).

Die berühmtesten Sänger des indischen Alterthums werden Av. 4, 29 (vgl. 18, 3, 15. 16) aufgeführt: Angiras, Agasti, Jamadagni, Atri, Kaçyapa, Vasishtha, Bharadvaja, Gavishthira, Kutsa, Viçvamitra, Kakshivant, Kanva, Medhâtithi, Triçoka, Uçana kâvya, Gotama, Mudgala; vgl. Roth Zur Litt. p. 44 f. Sieben gelten als die Rishi der Vorzeit Rv. 10, 130, 7; 4, 42, B. Av. 11, 1, 1. 24; 12, 1, 39. V. S. 14, 28 ; 17, 26. 79 etc.; nach Çatap. Br. 14, 5, 2, 6 sind es Gotama, Bharadvaja, Viçvamitra, Jamadagni, Vasishtha, Kaçyapa, Atri.

Schreiben und Rechenkunst

Goldstücker, Panini pag. 15 ff., sucht die Kenntnis der Schrift schon ins höchste indische Alterthum zu verlegen; er ist geradezu geneigt, die Rishi ihre Lieder niederschreiben zu lassen. Dass die vedischen Texte zu dieser Annahme nicht den geringsten Anlass geben, hat Weber Ind. Stud. 5, 29 ff. genügend hervorgehoben. Dem vedischen Volke war die Kunst des Schreibens noch unbekannt.

Die Frage nach dem Ursprung der indischen Schrift ist zuletzt von Lassen eingehender besprochen worden Ind. Alterthumsk. 12, 1009 ff.; daselbst findet man auch eine Zusammenstellung der hierher gehörigen Literatur.

Eine bestimmte Art der Darstellung von Zahlbegriffen muss Grassmann dem vedischen Volke zuerkennen, wie aus seiner Seite 234 besprochenen Auffassung von ashtakarni hervorgeht. Nach Roths Deutung des Wortes ashtakarna fällt dieses Zeugnis weg.

Schliessen wir hier an das Wenige, das über Rechenkunst aus unseren Texten sich ergibt.

Die höchste Zahl, die der Rigveda kennt, ist ayuta; dass es den bestimmten Sinn 10 000 habe, lässt sich aus keiner Stelle erweisen, es bezeichnet immer die unbegränzte Vielheit. Die höchste bestimmte Zahl ist 100 000 (çata sahasra) Rv. 4, 32, 18: 8, 32, 18 u. ö. Beliebte Multiplicationszahlen sind 3 und 7: vgl. Weber Ind. Stud. 2, 88 Note, Elliot Memoirs 2, 48-78; Von Bruchzahlen kennt der Rigveda nur ardha halb - sami halb T.S. 1, 7, 1, 4 -, pada ein Viertel, tripod drei Viertel, çapha ein Achtel, kala ein Sechzehntel ; pada und çapha sind von dem Rindvieh entlehnt: ein Fuß, ein Huf, vgl. ashtaçapha paçu T.S. 5, 4, 11, 4. Als eine gemeinsame und grosse That Indras und Vishnus gilt Rv. 6, 69, 8 = Av. 7, 44, 1 = T.S. 3, 2, 11, 2 die Theilung von 1000 durch 3 (tredha).

Hoch hinauf reichen die Zahlenangaben in den Yajustexten. T.S. 4, 4, 11, 2 ff. = V. S. 17, 2 findet sich folgende Steigerung 1 (eka), 100 (çata), 1000 (sahasra), 10 000 (ayuta), 100 000 (niyuta), 1 000 000 (prayuta), 10 000 000 (arbuda), 100 000 000 (nyarbuda), 1 000 000 000 (samudra), 10 000 000 000 (madhya), 100 000 000 000 (anta), 1 000000 000 000 (parardha); ebenso V. S. 22, 34 = T.S. 7, 2. 20, 1. In einem Spruch Kath. 39, 6 ist hinter nyarbuda noch badra eingefügt, wodurch die Zahlen von samudra an um das Zehnfache grösser werden ; vgl. Weber ZDMG 15, 134.

Von Masseintheilung kommt nur vor angula Finger in (daçangulam Rv. 10, 90, 1, vyama Klafter, Mass der ausgespannten Arme Av. 6, 137, 2. T.S. 5, 1, 1, 4; 5, 2, 5, 1. Tausend aufeinander stehende Kühe ist nach der naiven Anschauung des Pancav. Br. 21, 1, 9; 16, 8, 6 der Himmel (asau lokah) von der Erde (asmallokat) entfernt.

Himmelskunde

Eine gute Pflege genoss bei den vedischen Ariern die Astronomie. Abgesehen von dem Reiz, der darin liegt, in sternenhellen Nächten die herniederfunkelnden Gestirne wieder und immer wieder zu betrachten, die auffallenderen und regelmässige Erscheinungen darbietenden zu benennen und zu beobachten, es trieben doch noch wesentlich praktische Zwecke dazu, sich am Himmel zurecht finden zu lernen. Hierdurch wurde man erst in Stand gesetzt, die feierlichen Opfer zu regeln und die irdischen Verhältnisse zu ordnen. Diejenigen Gestirne, nach denen beim vedischen Volke die bürgerlichen Zeiten sich richteten und die auch als Bestimmer der Festzeiten galten, waren Mond (mas, candramas) und Sonne.

Rv. 10, 85, 18. 19 heisst es von dem vereinigten Paar Soma (Mond) und Surya (Sonne): »Nacheinander wandeln sie beide in ihrer Wunderkraft, wie zwei spielende Kinder durchlaufen sie das Luftmeer (arnava v. I. des Av.); alle Wesen überschaut der eine, die Zeiten ordnend wird der andere immer neu geboren. Fort und fort entsteht er aufs Neue, als Vorläufer der Tage geht er den Morgenröthen voran; durch sein Kommen theilt er den Göttern ihren Theil zu und verleiht langes Leben, er der Mond.« Der ewige Wechsel des Mondes wird als besondere göttliche Weisheit und Grösse gepriesen: »Ihn, den einsam dahin wandelnden in der Versammlung vieler, den Jugendlichen verschlingt der altersgraue (d. h. das dunkle und alternde Stück rückt bei abnehmendem Monde immer weiter vor); schau an die Weisheit und Grösse (mahitvadya in mahitvamadya aufzulösen) der Gottheit, heute stirbt er, der gestern aufathmete (d. h. heute ist er tot, gestern lebte er und morgen wird er wieder leben) Rv. 10, 55, 5; vgl. Av. 10, 8, 32.

Gleich unabänderlich ist der regelmässige Wechsel von Sonne und Mond: »Wie durch Frost ihres Gefieders beraubte Wälder trauerte Vala um die durch Brhaspati geraubten Kühe. Eine unnachahmliche, im Laufe der Zeiten nicht wiederkehrende That, so lange Sonne und Mond abwechselnd aufgehen, vollbrachte er« Rv. 10, 68, 10. Vergleiche Rv. 1, 62, 8: »Von Alters her wandeln um Himmel und Erde die verschiedenfarbigen, sich ewig verjüngenden in eigenen Bahnen, die Nacht mit ihren schwarzen Wundern (d. h. die schwarze Nacht mit ihren Wundern), die Morgenröthe mit ihren flimmernden, beide abwechselnd.« Sonne und Mond sind des Himmels beide Augen: »Hehre Schönheit verliehen sie ihm, als sie, die Unsterblichen, des Himmels beide Augen schufen« Rv. 1, 72, 10.

Weit im Vordergrund vor dem Mond und den sonstigen Himmelslichtern steht dem vedischen Arier das glänzende Gestirn des Tages, die Sonne, bald männlich gedacht (Sura, surya), bald weiblich; in letzterem Falle gilt sie als des Savitar Tochter Rv. 10, 85, 9. Sie ist der an den Himmel versetzte Agni(dass Agni in der Welt überall derselbe ist, trete er am Himmel als das Licht der Sonne, in der Luft als Blitzstrahl, auf der Erde als Herdfeuer uns entgegen, findet sich deutlich Hr. 10, 88 ausgesprochen: Die indische Theologie hat dasselbe bekanntlich vielfach wissenschaftlich zu erweisen gesucht; vergl. Yaska Nir. 7, 23): »Als die heiligen Götter ihn an den Himmel setzten als Sonne, den Aditisohn , als das wandelnde Paar (Sonne und Mond) da war, da konnten alle Wesen sehen« Rv. 10. 88, 11. Die völlige Abhängigkeit alles menschlichen Lebens und Gedeihens von der Sonne war tief in des Volkes Bewusstsein eingedrungen; Savitar heisst daher »des Reichthums Grundlage, die Vereinigung der Reichthümer« Rv. 10, 139, 3.

Mit Dank blickte man an jedem neuen Tage zu dem flammenden Auge Mitra-Varunas empor, der Seele der belebten und unbelebten Natur: »Das lichte Antlitz der Götter steigt empor, des Mitra-Varuna und Agnis Auge: Himmel, Erde und Luftreich erfüllt Surya, er, die Seele des Lebenden und Unbelebten. Die glückbringenden Falben, die lichten, schimmernden Rosse Suryas steigen jubelnd begrüsst zu des Himmels Höhe, sie umeilen in einem Tage Himmel und Erde« Rv. 1, 115, 1. 3. Bald galt die Sonne als ein Wagen, auf dem Savitar am Himmel dahin fährt, bald war sie ein feuriges, muthiges Ross oder ein bunter Stier. Rv. 1, 164, 11 heisst sie das Rad der ewigen Ordnung (cakramrtasya), das unaufhaltsam rollende (anarva Rv. 1, 164, 2), nicht morsch werdende (ajara): seine Achse, die doch grosse Lasten trägt - in ihm bestehen nämlich alle Wesen Rv. 1, 164, 13 — erhitzt sich nicht, brennt in alle Ewigkeit nicht entzwei (Rv. 1, 164, 13).

Erregte schon der Wandel der Himmelskörper überhaupt gerechtes Staunen und wurde auf naivste Weise ausgedrückt, so war ein besonderes Räthsel für vedische Weisheit, dass die Sonne, nicht festgebunden und ungestützt, vom Himmelsgewölbe nicht herabfiel, sondern nach freien, eigenen Gesetzen dahin wandelte: »Ungestützt und nicht festgebunden, warum fällt sie (die Sonne), doch abwärts gewendet, nicht herab? Nach welchen ihr eigenen Gesetzen wandelt sie, wer sah es? Als des Himmels Stütze gemacht, erhält sie des Himmels Kuppel in ihrem Bestehen« Rv. 4, 13, 5. Neben und mit dem Monde war sie Ordnerin der Zeiten Rv. 5, 81, 1, worüber das Nähere später.

Die Sonnenfinsternis (suro markah Rv. 10, 27, 20) wird nur selten erwähnt; der Dämon, der sich der Sonne bemächtigt, heisst Svarbhanu:

»Als dich, o Sonne, der asurische Svarbhanu mit Finsternis überzog, da schauten alle Wesen wie ein Verirrter, der der Gegend unkundig ist.
Als du, o Indra, herabschlugest Svarbhanus vom Himmel her sich erstreckende Zauber (maya), da fand Atri die durch böse Finsternis verhüllte Sonne kraft des vierten Gebetes.«
Surya spricht:
»Nicht soll mich, der ich dein bin, der Schädiger aus Wuth mit Furcht verschlingen; du bist ein Freund, der wahrhaft Güter spendet, helft ihr beide mir, du und Varuna der König.«
»Der Beter die Presssteine anschirrend, dienend den Göttern mit Preis, demuthsvoll ihnen beistehend, Atri setzte des Surya Auge an den Himmel und beseitigte des Svarbhanu Zauber.
Die Sonne , die der asurische Svarbhanu mit Finsternis überzogen hatte, fanden die Atri wieder, denn nicht vermochten es die andern.«

Rv. 5, 40, 5-9. T.S. 2, 1, 2, 2 ff. ist hiernach eine Fabel gebildet. Rahu, der im Epos besonders als Verschlinger von Sonne (und Mond) gilt, kommt in vedischen Texten nur Av. 19, 9. 10 vor. Auf Verfinsterung der Sonne geht noch Av. 2, 10, 8.

Der Mond spielt in den Liedern der Rigveda keine bedeutende Rolle; die bemerkenewerthen Stellen sind schon im Vorhergehenden gegeben. Anders war dies in vorvedischer, in indogermanischer Periode; der Mond ist bei sämtlichen indogermanischen Völkern Zeitenmesser und Zeitenordner gewesen. Die einzelnen Mondphasen führen im Veda eigene Namen und erscheinen schon im Rigveda als Göttinnen personificiert. Ihnen wird ein besonderer Einfluss auf die Zeugung zugeschrieben. Raka kommt Rv. 2, 32, 4 ff. und 5, 42, 12 vor; neben ihr an ersterer Stelle Sinivali, »der Götter Schwester«, die leicht und viel gebärende (sushuma, bahusuvari) und Gungu. Die sonst nirgend mehr erwähnte Gungu identificiert Sayana zu Rv. 2, 32, 8 mit Kuhu.

Vereint werden die vier Mondphasen öfter in den Yajustexten erwähnt: Anumati, Raka, Sinivali, Kuhu T.S. 1, B. 8, 1: sie sind vier Gemahlinnen des Mondes T.S. 3, 4, 9, 1. Sinivali und Anumati werden Av. 6, 11. 3 in einem Epithalamium, Av. 2, 26, 2 in einem Viehsegen angerufen, Kuhu Av. 7, 47. An die Neumondsnacht (amavasya) ist Av. 7, 79, an die Vollmondsnacht (paurnamasi) Av. 7, 8O gerichtet. Aus unseren Texten lässt sich über das gegenwärtige Verhältnis der vier Göttinnen und der ihnen zu Grunde liegenden Mondphasen durch T.S. 3, 4, 9, 6 ins Klare kommen. Hiernach ist Raka die erste Hälfte des Monats, die Zeit des zunehmenden Mondes, Kuhu die des abnehmenden Mondes, Sinivali die Neumondsnacht, Anumati die Vollmondsnacht. Vergleiche Yaska Nir. 11, 31 ; Weber Ind. Stud. 5, 228 ff. Die den Mond verfinsternden Dämonen (grahaccandramasah)werden Av. 19. 9, 10 angerufen.

Unter den zahlreichen Sternen, in deren Mitte der Mond einsam dahin wandelte, beobachtete man einzelne und gab ihnen Namen; denn sind sie, die Beschützer der Ansiedelungen, der zwei- und vierfüßigen Wesen, auch alle Agnis Sprösslinge (jantavah Rv. 1, 94. 5), so zeichnen sich doch verschiedene aus. So kennt man im Rigveda aus indogermanischer Vorzeit her das Sternbild des grossen Bären, das Siebengestirn (rksha im Plur) : »Jene Sterne des Bären, die hoch oben stehen, sind nachts sichtbar: wohin doch gingen sie am Tage? Varunas unzerstörbare Werke beleuchtend wandelt der Mond in der Nacht dahin« Rv. 1, 24, 10.

Die sieben Sterne des grossen Bären heissen die 7 Rishi (sapta rshayah): »Jenseits jener 7 Sterne (d. h. jenseits der Sternenwelt) sind selig der Menschen Wünsche durch die Vollendung des Wunsches, dort wo man ihn den einen nennt« Rv. 10, 82, 2. Bei weiterem Vordringen ins eigentliche Hindostan trat das Sternbild immer mehr zurück; es ist nach Berichten der Griechen im südlichen Indien gar nicht sichtbar Ind. Stud. 2, 162. 165. 408. 409; 10, 271 ; vgl. A. Kuhn in Höfers Zeitschrift für die Wissenschaft der Spr. 1, 155 ff.

Mehrere Namen von Sternen und Sternbildern, die im Atharvaveda erwähnt werden, können wegen ihres vereinzelten Vorkommens nicht näher bestimmt werden. »Die drei kalakanja, die am Himmel wie Götter stehen, diese rufe ich insgesamt zur Hülfe, zur Unversehrtheit für diesen« Av. 6, 80, 2; ist der ebendaselbst genannte çvan divya der Hundsstern? Als ein Sternbild, das gutes Wetter verleiht, gilt der çakadhuma Av. 6, 128:

»Als die Sterne den Çakadhuma zum König machten, gutes Wetter brachten sie ihm dar: ,dies soll sein Herrschergebiet sein', sprachen sie.
Gutes Wetter sei uns am Mittag, gutes Wetter am Abend, gutes Wetter in der Frühe der Tage, gutes Wetter sei uns in der Nacht.
Tag und Nacht, den Gestirnen, Sonne und Mond, uns verleihe gutes Wetter, o König Çakadhuma.
Der du uns gutes Wetter verliehest am Abend, in der Nacht, am Tag; dir Çakadhuma, Sternenbeherrscher, sei immerdar Verneigung.« Vergleiche Weber Om. u. Port. p. 363.

In Rv. 1, 105, 10: »Die fünf Bullen dort, die in die Mitte des weiten Himmels traten - den Göttern ist dieses jetzt zu verkünden — kehren vereint zurück« hat man eine Hindeutung auf die 5 Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn gesucht; s. Benfey Or. und Occ. 3, 138, Ludwig Nachrichten pag. 4. Wegen des folgenden Verses: »Die schön geflügelten sitzen mitten im innern Heiligthum des Himmels, sie scheuchen den Wolf, der über rasche Wasser setzt, vom Pfad« denkt Benfey an 5 Aditya. Nach Weber, der in Betreff der astronomischen Verhältnisse die vedischen Schriften am eingehendsten durchforscht hat, sind die Planeten der vedischen Literatur völlig unbekannt: s. Ind. Stud. 9, 363, Ind. Litter. 2 267, Anm. 272; Whitney Journ. Amer. Or. Soc. 8, 67. Ihr frühestes Vorkommen ist nach Weber in der Maitray. Upan. 6, 16; vgl. Ind. Stud. 10, 240 Note. Dies ist nicht richtig. Auch unter den »am Himmel wandelnden (divicara) graha«, die Av. 19, 9, 7 neben den mondverschlingenden Dämonen (grahaçcandramasah), neben Râhu, den Kometen (dhumaketu) genannt werden, sind gewiss die Planeten gemeint. Freilich gehört dieser Spruch wie die beiden vorhergehenden zu den jüngsten Stücken des 19. Kanda, der selbst nur ein Nachtrag zur Atharva-Samhita ist, so dass für die Kenntnis der Planeten in älterer vedischer Zeit aus ihm nichts gefolgert werden kann. Aber auch anderen Theilen der Rk-Samhita ausser obiger Stelle sind dieselben nicht mehr fremd, wie wir gleich sehen werden.

Ehe wir uns der Zeiteintheilung zuwenden, ist noch ein schwieriger Punkt zu besprechen, die Frage, in wie weit den vedischen Samhita die Kenntnis der Nakshatra (Mondstationen) zuzuerkennen ist. Halten wir uns zuerst am Rigveda. M. Müller Hist. of Anc. Sanskrit Litt. pag. 212 sieht eine Anspielung auf dieselben in Rv. 10, 85, 2: »Durch Soma (d. h. durch den vergöttlichten und zur allgemeinen Naturessenz umgestempelten Somasaft) sind die Aditya stark, durch Soma ist die Erde groß, aber auch in jener nakshatranamupasthe (Sterne? Schoß) weilt der Soma (Mond) eingehegt.« Der Vers wird als sehr jung erwiesen wegen der Bezeichnung des Mondes durch soma; als Frucht priesterlicher Speculation lernen wir sie Rv. 10, 85, 3 kennen.

Ludwig, der Nachr. S. 4 M. Müller zustimmt, zieht als Stütze noch Rv. 10, 55, 3 an, wo es von Indra (?) heisst, »er leuchte allenthalben mit 34fachem Lichte, das gleichgestaltig ist, aber verschiedene Bahnen hat«; nach ihm sind gemeint Sonne, Mond, 5 Planeten und die 27 Nakshatra: der Himmel mit allen seinen Lichtern. Diese Deutung der sonst räthselhaften Zahl 34 ist im höchsten Grade ansprechend und darf wohl als vollkommen sicher gelten.

Ludwig weist ferner darauf hin, dass nach Rv. 1, 162, 18 dem Indra geopferten Rosse 34 Rippen vom Beile getroffen werden; da ein Pferd aber 36 Rippen hat, so muss die seltene Zahl 34 absichtlich gewählt sein. Zur weitern Stütze will ich noch T.S. 2, 3, 5, 1 anführen: »Prajapati hatte 33 Töchter, die gab er dem König Soma (Mond). Von ihnen wohnte derselbe (nur) der Rohini bei; die übrigen gingen deshalb voll Eifersucht weg. Er ging ihnen nach, suchte sie auf und verlangte sie wieder. Aber er (Prajapati) gab sie ihm nicht (sogleich) wieder, (sondern) er sprach: Stelle eine Ordnung fest, dass du ihnen gleichmässig beiwohnen willst, dann werde ich sie dir wiedergeben. Jener stellte eine Ordnung fest und er gab sie ihm wieder; da er aber von denselben nur der Rohini beiwohnte, befiel ihn der Yakshma«. Die 27 Nakshatra, Surya, bei welcher der Mond in der amavasya (Neumondsnacht) wohnt, und die 5 Planeten gelten hier ala Töchter Prajapatis.

Von den in den andern Samhita und sonstigen Schriften genannten Nakshatra finden wir die Namen mehrer im Rigveda erwähnt: Rv. 10, 85, 13 Agha und die beiden Arjuni (cf. Weber Ind. Stud. 5, 182), wofür Av. 14, 1. 13 die später üblicheren Namen Magha und Phalguni geboten werden. Ein weiteres Nakshatra hiess Tishya : »Mögen wir von euch gewährten Reichthum, o einsichtsvolle Marut, herbeifahren, der nicht ferne bleibt wie der Tishya am Himmel« Rv. 5, 54, 13; cf. 10, 64, B. Weber Abhandl. der Berl. Akad. 1861 Seite 290 will hier wohl mit Recht nicht an das Nakshatra dieses Namens als solches denken, sondern an einen besonders markierten Stern: der Name hängt offenbar aufs engste zusammen mit dem altb. tistrya, der in den Texten des Avesta öfters wiederkehrenden Bezeichnung des Sirius.

Ob die Stationen Revati und Punarvasu Rv. 10, 19, 1 in einem Spruch beim Austreiben des Viehes auf die Trift gemeint sind, ist höchst zweifelhaft; beide Wörter lassen sich an betreffender Stelle sehr wohl als Appellativa fassen: 'Kehret zurück, setzt euren Weg nicht fort, bei uns bleibet (an uns hängt euch), o Reiche ; Agni und Soma, ihr immer aufs neue Güter verleihende (punarvasu), verleiht uns Reichthum«. Vgl. Lassen Alterth. 12, 980.

Es ergibt sich also, dass die Kenntnis der 27 Nakshatra sowie der 5 Planeten dem ältesten Theile des Rigveda (Mandala 2-8) unbekannt ist; erst die als Ganzes jüngeren Sammlungen Mandala 1 und 10 kennen dieselben, nennen aber ihre Namen noch nicht. Diese finden wir in der Taittiriya-Samhita und im Atharvaveda. Die Taitt. S. 4, 4, 10, 1-3 nennt entsprechend den Stellen des Rigveda deren nur 27; Av. 19, 7 jedoch finden wir schon die spätere Zahl 28, die Reihe beginnt noch mit Krttika. Neu hinzugetreten ist Abhijit, wie auch T. Br. 3, 1, 2, 6 gegenüber der Stelle der Samhita.

Einzelne Mondstationen werden im Atharvaveda und in der Vaj. Samhita mehrfach erwähnt: »Aufgegangen ist das beglückende Sternenpaar mit Namen Vicrt: des Kshetriya unterste und oberste Schlinge löse es« Av. 2, 8, 1 : vgl. Av. 3, 7, 4; 6, 121, 3. »Unter der Jyeshthaghni, unter den beiden Vicrt, Yarnas Doppelgestirn ist er geboren; vor dem Mulabarhana schütze jenen« Av. 6, 110, 2; vgl. 112, 1. Jyeshthaghni ist die 16. Mondstation, die Av. 19, 7, 3 einfach Jyeshtha, T.S. 1. c. Rohini heisst. Mulabarhana (Mula Av. 19, 7, 3) ist synonym mit Vicrt. In der Stelle V. S. 9. 7 werden die 27 Gandharva, die im Anfang das Ross anschirrten, von Mahidhara auf die Nakshatra gedeutet. Soviel ich sehe, treten die Gandharva in dieser Anzahl sonst nicht mehr auf. Als Lieblingsgattin König Somas, d. i. des Mondes, gilt Rohini T.S. 2, 3, 5, 1 ff.

Auf die Frage nach dem Ursprung der Nakshatra ist hier nicht näher einzugehen. Ich schliesse mich vollkommen Webers Ansicht an, dass die einfachen Hirten und Ansiedler des Fünfstromlandes, wie wir sie kennen lernten, ebensowenig wie die phantastischen Denker der späteren Periode zu solchen Himmebeobachtungen und solcher Abtsraction fähig waren; man vergleiche besonders die Ind. Stud. 9, 358-364 gesammelten Angaben über die naiven komisch-astronomischen Vorstellungen, die in den Brahmana noch herrschen, also in einer Zeit, die schon längst die Mondstationen kannte.

An ein Mitbringen nach Indien aus früheren, den Semiten benachbarten Sitzen ist gar nicht zu denken. Einestheils ist das, was man aus skandinavischer Mythologie für Kenntnis der Nakshatra in indogermanischer Periode beibringt, völlig haltlos, wie Weber selbst ausführt Ind. Stud. 9, 243; sodann spricht dagegen, dass dieselben den ältesten Ganzen des Rigveda fremd sind. Sie stammen ohne Zweifel aus Babylon und sind mit der Kenntnis der Planeten auf demselben Wege zu den Indern gelangt, wie das älteste Gewicht (mana), wie die Fluthsage und die älteste genaue Tageseintheilung; siehe Seite 50 ff., 101.

Zur Zeit der Entstehung der Vajas. Samhita steht astronomische respect. astrologische Wissenschaft in Blüthe; es werden unter den Opfermenschen V. S. 30, 10. 20 erwähnt der Sternenschauer (nakshatradarça) und der Berechner, Astrolog (ganaka).

Kosmologische Vorstellungen

Nach dem kosmologischen Wissen der Sänger unterschied man drei grosse Lebensgebiete: Himmel (div), Erde (prthivi, bhumi, ksham, ksha, gma) und den zwischen beiden liegenden Luftraum (antariksha). Erstere beide werden häufig auch persönlich gedacht, der Luftraum nie; sodann finden sich beide als obere und untere Welt unter dem Namen rodasi zusammengefasst: dyavaprthivi rodasi ubhe Rv. 2, 1, 15 u. ö.

Die Erde dachte man sich aus drei übereinander liegenden Schichten bestehend, unterschied demgemäß drei Erden (tisro bhumih, tisrah prthivih), eine obere (parama), mittlere (madhyama) und untere (avama): »Wenn ihr, Indra und Agni, auf der obersten, mittleren, unteren Erde seid, von dort, o Stiere, eilt herbei, trinkt den gepressten Soma« Rv. I, 108, 9. Von diesen drei Erdschichten ist die, auf der wir wohnen, die beste (? höchste ? uttama) Av. 6, 21, 1.

Über sich hat die Erde den Luftraum, das antariksha; er heisst auch rajas Dunstkreis, insofern darin Nebel, Wolken und dergleichen sich bewegen: »Die Lüfte hat mit Wolken er durchwoben« Rv. 5, 85, 2; speciell ist er der himmlische (rajo divyam, rajo divah), obere (uttamam Rv. 9, 22 5, paramam Rv. 3, 30, 2) Luftraum, da es auch einen unteren (uparam) oder irdischen (parthivam) Luftraum unter der Erde gibt: »Der Erde Oberfläche, o Indra, breitetest du aus, du stütztest des Himmels Luftraum und den unteren« Rv. 1, 62, 5. »Du, o Savitar, erfülltest den himmlischen und den irdischen Luftrahm (rajamsi divyani parthiva) Rv. 4, 53, 3.

Letzterer, der untere Luftraum, befindet sich unter der Erde und wird von Surya während der Nacht durchwandert, während er am Tage den über der Erde befindlichen durchzieht: »Es durchrollen die lichte und schwarze Tageshälfte offenkundig die beiden Luftkreise« Rv. 6, 9, 1; die Nacht umwandelt Surya von beiden Seiten nach Rv. 5, 81, 4. Beide Gebiete stoßen aneinander Rv. 7, 80, 1.

Gleicherweise wie die Erde dachte man sich den Himmel, der Götter und Seligen Wohnsitz eingetheilt: »Wenn, o Marut, ihr am obersten (uttame), oder am mittleren, oder im untern Himmel, ihr Glückseligen, weilt« Rv. 5, 60, 6. »An Wasser reich (udanvati) ist der unterste Himmel, pilumati ist der mittelste, der dritte ist die Pradyaus, in welcher die Väter sitzen« Av. 18, 2, 48.

Nach Av. 4, 14, 3 (= V. S. 17, 67) steigt man von der Erde Rücken in den Luftraum, von dort in den Himmel (div), sodann zu des Himmels Decke (divo naka) und von hier endlich in die Lichtwelt (svarjyotis). Gleichbedeutend mit dem uttamo dyaus ist auch der uttaro und paryo dyaus Rv. 4, 26, 6; 6, 40, 5. Diesen jenseits des durchsichtigen Luftkreises liegenden unendlichen Himmelsraum dachte man sich als lauteres Licht, sagte daher auch statt divi (im Himmel) vielfach rocane divah (in des Himmels Glanz Rv. 1, 105, 5; 1, 155, 3 u. ö.); rocana ward als Lichtraum oft geradezu für div gesetzt, und so unterschied man auch drei Lichträume (trini, tri rocana Rv. 1, 149, 4. 1, 102, 8 neben tisro bhumih u. ö.). In diesem Lichtäther thronen die Aditya, die Lichtgötter; sehr häufig wird ihr Sitz parame rocane, parame vyoman erwähnt.

Wie weit man sich Erde und Himmel von einander entfernt dachte, erfahren wir aus Liedern des Rigveda nicht. »Tausend Tagereisen sind die beiden Fittiche (paksha) des zum Himmel (svarga) fliegenden gelben Hamsa voneinander entfernt« nach Av. 10, 8, 18 = 13, 2, 38; 3, 14. Es liegt hier, worauf schon Weber Ind. Stud. 9, 360 hinwies, dieselbe Anschauung vor wie Ait. Br. 2, 17; »1000 Tagereisen für ein Pferd (açvina) liegt die Himmelswelt von hier«. Nach der Vorstellung des Pancav. Br. 16, 8, 6; 21, 1, 9 ist die Himmelswelt (svargo lokah, asau lokah) von der Erde (asmallokat) soweit entfernt, wie tausend auf einander stehende Kühe.

Zur besseren Orientierung auf der Erde nahm man vier Richtungen an: Von hinten (paçcat Westen), von vornen (purastat Osten), von oben (uttarat Norden), von unten (adharat Süden) (Rv. 7, 72, 5; 10, 36, 14; 10, 42, 11). eine östliche (praci), südliche (dakshina), westliche (pratici), nördliche (udici) Av. 15, 2, 1 ff.

Nach diesen vier Himmelsrichtungen unterschied man vier Räume der Erde: »Vier Weltgegenden (pradiçah) hat die Erde« Rv. 10, 19, 8. »Ihr (der Wolke) entströmen Fluthen, durch dieselben leben die 4 Erdenräume« Rv. 1, 164, 42; hier bezeichnet catasrah pradiçah deutlich die ganze Welt, bhuvanani viçva. Ganz dem entsprechend denkt sich der Besprecher in Rv. 10, 58, 3 die Erde (bhumi) als viereckig (caturbhrshti). Werden fünf Richtungen gezählt (Rv. 9, 86, 29. Av. 3, 24, 3; 8, 9, 15; 13, 3, 6), so gilt als fünfte die nach der Mitte, wo man sich selbst befindet, die dhruva diç Av. 15, 14, 1-5; bei sechs kam urdhva hinzu, die Richtung von oben nach unten (uparishtat) Av. 3, 27, 6; 4, 14, 8; 12, 3, 55; 15, 4, 1; 18, 3, 34; bei sieben endlich kam zu den vorigen noch vyadhva, die zwischen Fußpunkt und Zenith (antarikshat) Av. 4, 40, vgl. 4, 14, B. »Sieben von verschiedenen Sonnen beschienene Himmelsrichtungen« nimmt der Sänger von Rv. 9, 114, 3 an; vgl. Rv. 1, 22, 16.

Etwas anders gestaltet sich die Erdkarte des Hiranyastupa Angirasa Rv. 1, 35, 8: »Die acht Gipfel (Spitzen) der Erde überschaute er, die drei Festländer (? tri dhanva yojana drei wüste Flächen?), die sieben Ströme; der goldaugige Gott Savitar kam heran, auserwählte Schätze dem Frommen spendend".

Die Anschauung, die sich bei Griechen und Nordgermanen findet, dass die Erde eine Scheibe sei, um die sich das Meer schlingt, begegnet in den vedischen Samhita nirgends; Çatap. Br. 7, 1, 1, 37 wird diese Erde (ayam lokah) kreisrund (parimandala) genannt. Die kosmischen Anschauungen der Brahmana hat Weber Ind. Stud. 9, 358-364 zusammengestellt.

Zeiteinteilung

»Nec dierum numerum, ut nos, sed noctium computant; sic constituunt sic condicunt: nox ducere diem videtur« berichtet Tacitus von den Germanen des Festlandes; skandinavische Quellen, altdeutsche Rechtsbücher (leg Salica »inter decem noctes«, Sachsenspiegel »uber virzehn nacht«) sowie noch engl. sennight, fortnight, nhd. Weihnachten, Fastnacht erweisen die Richtigkeit seiner Beobachtung. Ueber die Rechnung der Gallier nach Nächten berichtet Caesar, De belle Gall. 6, 18. Auch das Avesta zählt nach Nächten : tdo kshapanô ist die Zeit des Lebens Vend. 18, 61, Yaçna 61, 29.

Ebenso geht im indischen Alterthum die Nacht dem Tage vorher, wie ja aus dem Dunkel und der Kälte das Licht und die zeugende Wärme entstand. Rv. 10, 129. Zwölf Nächte schob man nach uralter Rechnung am Schluss des Mondjahres ein, um es mit dem Sonnenjahr in Uebereinstimmung zu bringen, wie wir noch sehen werden. Im grossen Jahresgewebe spannt die Nacht den Zettel auf , während die Tage den Einschlag bilden Av. 10, 7, 42. »Mit diesen Helden, die dir anhangen, die, o Schätzereicher, bei jedem Kampfe Schätze spenden, wollen wir wie die Himmel durch Glanz unsern Feinden überlegen sein und wollen uns noch viele Nächte und Herbste (d. h. Tage und Jahre) freuen (kshapo naaderna çaradaçca pürvlh)« fleht Vâmadeva Rv. 4, 16, 19. »Euch rufen wir heute herbei durch Opferguss, o güterreiche, die ihr reiche Labung sendet lange Zeit« (ati kshapah »Nächte hindurch«) Rv. 8, 26, 3. »Er, der Festes und Bewegliches mit der heiligen Ordnung befruchtet, dem viele ver¬schieden gestaltete Nächte (kshdpah zu betonen) Wachsthum verleihen mögen (d. h. der noch viele Tage, lange Zeit wachsen möge), er ward (für uns) gewonnen, der im Lichte sitzende Hotar, der alle Werke gedeihen (eigentlich zur Wahrheit) macht« Rv. 1, 70, 4. Auch Rv. 10, 95, 16 ratrih çaradaçcatasrah erinnert an Verbindungen wie Rv. 4, 16, 19. Daçaratra bezeichnet in Brahmana und Sütra »zehntägig« oder eine zehntägige Feier. Schwarze und weisse Tageshälfte (ahaçca krshnamahararjunam ca) rollen offenkundig durch die beiden Lufträume (Rv. 6, 9, I) ; beide zusammen bilden die Zeiteinheit Tag (ahan) und beide werden gleicherweise durch Savitar eingeführt: die dunkle Hälfte durch sein Weggehn, die helle durch das Hervortreten der von ihm gesendeten Ushas (Rv. 5, 82, 8). Beide Hälften werden auch durch die Duale ahani, dyava zusammengefasst; bei Tag und bei Nacht heisst diva naktawn.

Der Tag im engere Sinne , vom Herauffahren des Savitar bis zum Ausschirren, zerfiel in drei grössere Abschnitte; für sie finden wir in den vedischen Liedern eine Fülle stehender Be¬zeichnungen. Dieselben lassen sich nach zwei Gesichtspunkten anordnen: entweder benennen und charakterisieren sie mensch¬liche Beschäftigungen, die einer Tageszeit speciell eigen sind, oder sie haben ihre Namen aus der Natur und den zu dieser Zeit auffallendsten Erscheinungen derselben hergenommen.

Der Morgen. Tiefe Stille herrscht noch in der ganzen Natur ; über der Erde ist der weite Himmel mit seinen Wundern ausgebreitet; hoch oben stehen die beiden Bären (Rv. t, 24, 10), Agni's Sprösslinge ziehen dahin (Rv. 1, 94, 5): es ist noch aktu. Da steckt im Osten der duftigen Lüfte Ushas ihr erstes Zeichen aus, und bald wächst sie weiter und weiter in die Breite, bis sie den Schoss der Eltern (d. i. Himmel und Erde) erfüllt (Rv. 1, 124, 5); dann beginnt es zu dämmern, die Helle siegt immer mehr, Agni stellt sich in jedem Haus ein (Rv. 1, 124, 11) ; wie Diebe schleichen die Gestirne des nächtlichen Himmels weg (Rv. 1, 50, 2), es verlassen die Vögel ihr Nest und fliegen davon, die Menschen um Nahrung zu geniessen (pitubhajah) erheben sich (R.v. 1, 124, 12), aber auch um an die Arbeit zu gehen, denn nicht war der Gott jener Arier so gesinnt, wie der des Königs Salome, der »den Seinen im Schlaf gibt« (Psalm 127, 2): »nimmer¬mehr verschaffte Indra Schätze den Schlafenden« (Rv. 1, 53, 1). Von dieser Seite betrachtet wird der Morgen ushaso vyushti »der Ushas Aufleuchten«, vastu »das Tagen«, prabudh »die Zeit des Er¬wachens« genannt. Apiçarvara heisst er als der Theil des Tages, der an die Nacht gränzt, »Frühmorgen«, wenn der Agni ent¬zündet wird, und Menschen und Heerden sich um ihn sammeln Schdn ist es, deine Wunderkraft, sie leuchtet selbst den Thoren ein, Wenn sich um dich, o Agni, sammelt Mensch und Vieh, wenn Morgens (apiçarvare) du entzündet bist,.



Rv. 3, 9, 7. Ehe man die Heerden aufs Neue aus ihren Hürden auf die Weide trieb, wurden sie noch gemolken, daher heisst diese Tageszeit auch satiagava Zeit wo die Kühe zur Melkung ver¬sammelt sind : »Und kommt • zur Melkzeit (samgave) frühe her am Tage (prdtarahnala), zur Mittagszeit und bei der Bonne Weggang« Rv. 5, 76, 3; es liegt hier also eine ähnliche Zeitbestimmung vor wie im homer. aovAvrûvde. Eine andere Bezeichnung des Morgens haben wir in prapitva, welches ursprünglich das »Vor¬dringen« bedeutet, dann mit ahnah der Tagesanbruch, die Frühe (Rv. 4, 16, 12) und endlich ohne jeglichen Zusatz »die Frühe, der Morgen«: so erscheint prapitve öfters neben den beiden andern Tageszeiten (Rv. 7, 41, 4; 8, 1, 29). Weitere Benennungen der¬selben Tageszeit sind udita swryasya »beim Aufgang des Stiryat, pratar, pratarahnah; vgl. Roth Erläut. zu Nir. 3, 20. Die zweite Tageszeit ist der Mittag ; er wird bezeichnet durch tnadhyaria ahnana die Mitte der Tage (Rv. 7, 41, 4), mittags einfach durch madhye (Rv. 8, 27, 20), wo der Gegensatz abllipitve (Abends) klar ist. Gewöhnlich dient jedoch hierzu das Compo¬situm madhyamdina, wozu bisweilen pleonastisch der Genetiv divah hinzugefügt wird. Die dritte Zeit ist der Abend ; auch seine Benennungen lassen sich wieder in die erwähnten zwei Kategorien sondern. Insofern er die Zeit ist, in der die ganze Natur auf Savitar's Geheiss sich zur Rube begibt, heisst er ahhipi v a Einkehr, Heim¬kehr, auch abhipitva ahnam Einkehr der Tage (Rv. 1, 126, 3 : 4, 34, 5). Sehr schön schildert Grtsamada diese Seite des Abends Rv. 2, 38: »Es streckt der Gott die breite Hand, die Arme dort oben aus: und alles hier gehorcht ihm; Auf sein Geheiss begeben sich die Wasser, sogar des Windes Wehen legt sich ringsum. Mit Rennern ging die Fahrt — er spannt sie ab jetzt und bringt damit der eiligen Lauf zum Stehen; Des SchlangenstOssers heftigen Flug bezähmt er: wenn Savitar gebeut, so kommt die Lüserin. Zusammen rollt die Weberin den Aufzug, sein Werk gibt auf der Künstler mitten driHne: Der Gott hat sich erhoben, um die Zeiten zu scheiden kommt er, rastet nie — bier ist er! Wo Menschen wohnen da und dort verbreitet, erscheint Hausfeuers weithin heller Schirmer;


Das beste Theil vergibt dem Sohn die Mutter, weil ihm der Gott des Essens Lust erregte. Wer auf Erwerb gereist war kehret wieder, und aller Wandrer Sehnen strebt nach Haus, Man lasst was halb gethan um heim zu gehn: das ist des himmlischen Bewegers Ordnung. Der Fisch, der ew'ge Zappler, sucht, wenn's dunkelt, so gut er kann, im Wasser seinen Schutzort, Der Sohn des Ei's das Nest, den Stall die Heerde: vertbeilt hat Savitar die Thierwelt örtlich.. Siebenzig Lieder, Seite 46; vgl. Roth Erläut. zu Nir. 3, 15. Richtete man andererseits seinen Blick an den Himmel, so war der Abend der »Weggang, Ausgang des Sürya« (uditi, nimruc sûryasya) wie der Morgen »der Aufgang des Sürya«. Die Dämm-rung begann sich einzustellen und- als solche hiess die Zeit doslad. Ist Sürya endlich hinter dem Horizont verschwunden, hat von seinem Nagen die Füchse losgeschirrt, dann bedeckt die Nacht (ratri) mit ihrem Schleier alles (Rv. 1, 115, 4), und die Väter beginnen den nächtlichen Himmel mit Sternen zn schmücken wie ein braunes Ross mit Perlen Rv. 10, 68, 11; cf. Av. 19, 49, B.

Neben dieser uralten und von selbst eich ergebenden Ein¬theilung des eigentlichen Tages zerlegte man zur genaueren Stundenzählung Tag und Nacht in 30 Theile : »Gleichbleibend heut und gleich auch morgen befolgen sie (die Morgenröthen) des Varuna lang dauernde Satzung; die tadellosen duroblaufen dreissig Yojana (Wegstrecke, Station), jede einzelne ihren Plan, innerhalb eines Tages« Rv. t, 123, 8; siehe Roth im Wtb. s. kratu. Wir haben hier nach vieler Wahrscheinlichkeit eine Nachbildung der 60-Theilung von Tag und Nacht bei den Baby¬loniern. Yojana ist späterhin ein Wegmass von bestimmter Entfernung (-= 4 Kroça — 8 Gavytiti = 8000 Danda = 32000 Hasta), die nach einer Berechnung (s. Wtb. s. v.) etwa 21/2 engl. Meilen beträgt, d. h. 50 Minuten. Dies stimmt trefflich zu der Angabe des Sängers, wonach ein Yojana auf 48 Minuten Dauer sich berechnet. So viel beträgt auch die ungefähre Entfernung einer Parasange, welche ursprünglich ebenfalls ein babylonisches Mass ist. Av. 6, 131, 3 kann die Länge eines Yojana auch kaum grösser sein: »Wenn du eine Strecke von drei Yojana, von fünf Yojana oder gar die Tagereise eines Pferdes wegläufst, von dort kehre wieder um, sei Vater mir von Söhnen«. — Muhürta hat in den Sarhhita noch immer den allgemeinen Sinn »kleine Weile, Augenblick«.

Eine Zusammenfassung der Tage wurde durch den Mond¬wechsel gebildet. Die ewige und unabänderliche Wiederkehr von Neumond und Vollmond ergab von selbst wichtige Abschnitte für das bürgerliche und religiöse Leben des Volkes. Neumonds-nacht (amavasya) und Vollmondsnacht (paurnam:WO bildeten wie bei den alten Germanen (cum auf inchoatur luna auf impletur Tacitus, Germ. 11) die Grenzen zweier Abschnitte, die Knoten¬punkte (parvan). Durch erstere wurde die hellere Monatshälfte, die Zeit des zunehmenden Lichtes (ptirvapaksha, yava V. S. 14, 26. 31) eingeleitet, deren Personification die Göttin RAka war (T.S. 3, 4, 9, 6), durch die Vollmondsnacht, der Anumati vorstand, die dunklere Hälfte des Monats (aparapaksha, ayava), die man in der Göttin Kuhü verehrte. Ein solcher Halbmonat, von Neumondanacht bis Vollmonds-nacht, oder umgekehrt hiess pancadaça (vgl. franz. quinze jours) : »Wenn ich sie nur zum kämpfen veranlassen könnte die gott¬losen, auf ihre Person trotzenden, dann wollte ich dir zu Hause einen fetten Stier braten und beim Beginn des Halbmonats (paiikadaçam adverb. Accusativ wie naktam) von kräftigem Soma dir einschenken« Rv. 10, 27, 2.* Die indogermanische Religion war auf die Natur gegründet, und die Feste fallen daher mit natürlichen Erscheinungen zusammen. Die Feier der Neumonds¬und Vollmondsopfer (darçapurnantasa), die jeder Hausvater in späterer brahmanischer Zeit dreissig Jahre lang darbringen musste (Weber Ind. Stud. 10, 337), reicht gewiss in indogerm. Alterthum; sie ist auch in vedischer Periode bekannt, obwohl die Art der Begehung dieser Feier eine viel einfachere gewesen sein mag als in späterer Zeit: »Lasst uns Brennholz herbei¬tragen, wir wollen Opfergüsse für dich zubereiten dein gedenkend an jedem Knotenpunkt (der Zeit) ; führe zum Ziel unsere Gebete, damit wir noch lange leben; mögen wir, o Agni, in deiner Freundschaft keinen Schaden erleiden« Rv. 1, 94, 4. »Komm herbei, Indra, berausche dich am Soma bei allen Somafeeten (? viçvebhih somaparvabhih)« Rv. 1, 9, 1. »Sie kam herbei die Neumondsnacht, die Sammlerin der Güter, Labung, Gedeihen, Schätze mittheilend; der Neumondsnacht wollen wir mit Opferguss dienen; Labung strömen lassend (duhana) kam sie wie mit Milch heran« Av. 7, 79, 3. »Voll ist er von hinten und voll von vornen und auch in der Mitte siegte er in der Vollmondsnacht ; * in ihr mit den Göttern in Herrlichkeit zusammenwohnend wollen wir an des Himmels Höhe (nakasya prshthe) uns ergötzen durch Labungstrank. Dem kräftigen Stiere, dem Vollmonde opfern wir ; er verleihe unvergänglichen, unversieglichen Reichtbum« Av. 7, 80, 1. 2. Häufig findet sich die Feier in den Yajustexten erwähnt ; vgl. noch M. Müller Hist. of Ane. Sanskrit Litt. p. 490 ff.

Durch eine nochmalige Theilung der beiden Monatshälften, worauf das Zu- und Abnehmen des Mondes ebenfalls führte, kam man zu Wochen. So finden wir die achte Nacht (ashtaka) nach Vollmond Av. 15, 16, 2 erwähnt. An eine bestimmte hervor¬ragende Ashtakä, vielleicht die letzte des alten Jahres, ist der Spruch Av. 3, 10 gerichtet; sie ist Herrin (patnt) und Abbild (pratima) des Jahres (Av. 3, 10, 2); nach ihr regeln sich die Tage (T.S. 3, 3, 8, 4); vgl. noch T.S. 7, 4, 8, 1; 4, 3, 11, 3; Av. 8, 9, 10 ff.

Die Vereinigung zweier Halbmonate, die Zeit von Neumond bis wieder Neumond bildete einen Monat (mas, masa). Es waren also Mondmonate von 29/30 Tagen, nach denen man rechnete; ist doch. der Mond der an den Himmel gesetzte Ordner der Monate (vidhano masam) Rv. 10, 138, 6. Zwölf dieser natürlichen Abschnitte (354 Tage) stimmten ungefähr mit dem Umlauf des wichtigen Tagesgestirnes, der Sonne; sie bildeten daher die höhere Einheit, das Jahr (parivatsara, samvatsara, deren Element vats-, vergl. samvatsam Rv. 4, 33, 4, gleich gr. j*oç, lat. veins ist). Dasselbe heisst dvadaça, das Zwölftheilige : »Sie halten ein des Jahres (dvadaçasya) heilige Ordnung« Rv. 7, 103, 9. Die Rechnung des Jahres nach Mondmonaten ist, wie schon der Name für Monat zeigt. die ältere und kommt auch bei andern indogerm. Völkern vor; sie ergibt sich als vedisch schon daraus, dass die reife Frucht des menschlichen Mutterleibes garbho daçamasyaJ »zehn Monate alt« heisst Rv. 5, 78, 7. »Nachdem der Knabe zehn Monate in der Mutter gelegen hat, gehe er heraus lebend, unverletzt, lebend aus der lebendigen (Mutter)« heisst es Rv. 5. 78, 9. Vgl. noch Rv. 10, 184, 3; Av. 1, 11, 6: 3, 23, 2.

Nach Verlauf einiger solcher Jahre musste man wahrnehmen, dass Zeit überschüssig wurde ; denn innerhalb drei Jahren ge¬wann man bereits einen Ueberschuss von mehr als einem Monat. Diesem Uebelstande --- und man wird ihn schon in indogerma¬nischer Zeit erkannt haben, da er keinem Volke, welches bis 30 zu zählen versteht, verborgen bleiben kann — liess sich auf verschiedene Weise abhelfen: entweder schob man jedes Jahr zu einer bestimmten Zeit die überechüssigen Tage ein, oder man liess dieselben zusammen kommen und fügte von Zeit zu Zeit zu den 12 Monaten einen dreizehnten. Beides kam im vedischen Alterthum vor. Die erstere Weise ist die alterthümlichere, in indogermanische Vorzeit reichende; nach ihr schob man 12 Tage am Schluss (?) des Jahres, die 12 Tage des Wintersolstitiums ein und brachte so das 354tägige Mondjahr in Harmonie mit dem 366tägigen Sonnenjahr. Die Rbhu, die Genien der Jahreszeiten. die durch ihren Wechsel ihre Eltern (d. h. Himmel und Erde cf. Rv. 4, 36, 1) verjüngten, ruhen 12 Tage im Hause des Agohya Rv. 4, 33, 7: »Ale die Rbhu in der Gastfreundschaft des Agohya 12 Tage in Ruhe (sasantah) sich erfreut hatten, da schufen sie wieder schöne Gefilde, liessen Ströme fliessen: in dem trocknen Lande (dhanvan) sprossten die Pflanzen, die Niederungen füllten sich mit Wasser.« Agohya ist die »nicht zu bergende« Sonne (Savitar), in deren Haus die Rbhu ja auf ihrer Wanderschaft kamen (Rv. 1, 110, 2), nachdem sie ein Jahr lang (sainvatsam) die Kuh beschützt, ihren Körper gebildet und ihr Futter gebracht hatten (Rv. 4, 33, 4). Das Jahr ist zu Ende; die drei Jahres¬zeiten und die Sonne, die ihren tiefsten Stand erreicht hat, ruhen scheinbar 12 Tage : von dem Hunde aufgetrieben (budh Rv. 1. 161, 13) erheben sie sich und von Neuem beginnt der alte Wechsel des Jahres. Vgl. Ludwig Nachr. Seite 5 ff Durch diese 12 ausserhalb des Jahres stehenden Tage — oder auch Nächte, da dies ja die ältere Rechnung — wird das 1 2theilige Mondjahr noch einmal im Kleinen dargestellt, sie heissen daher des Jahres Abbild (samvalsarasya prating vrei dvadaça rntrayale) T. Br. 1, 1, 9, 10. Kith. 7, 15. Diese 12 Nächte des Wintersolstitiums hat Weber Om. u. Port. p. 388 auch aus Av. 4, 11, 11, sowie in andern an die Sarhhitä sich anschliessenden Schriften nachge¬wiesen; vgl. noch Ind. Stud. 10, 242 ff. Wie derselbe gleich¬falls 1. c. bereits erkannt hat, erhellt aus der Heiligkeit, in der »die 12 Nächte« bei den Germanen stehen, dass diese Jahres¬regulirung eine uralte, in indogermanische Zeit hinaufreichende ist. Auf die zweite Weise, d. h. durch Hinzufügung eines drei¬zehnten Monats regulierte offenbar der Sänger von Rv. 1, 25, 8 die Differenz zwischen Sonnen- und Mondjahren: »Er der feste Satzungen hat (Varuna), kennt die 12 Monate , die an Nach¬kommenschaft reichen, er kennt den, welcher hinzugebQren wird (ya upajllyate)« ; über die Einwendungen , die gegen diese Auf¬fassung des vierten Pada erhoben sind, siehe M. Müller Hist. p. 212. — Wie der Dichter von Av. 8, 9, 17: »Sechs kalte Monate und sechs heisse, sagen sie, gäbe es: die Zeit nennt uns, welche überschüssig ist (atirikta)« den Ueberschuss verrech¬nete, ist nicht zu bestimmen.

Die Hinzufügung eines Schaltmonats nach gewissen Zeit¬räumen gewann bei den Indern wie fast sämmtlichen alten Völ¬kern, fiber deren Kalenderwesen wir näher unterrichtet sind, die Oberhand. Zu einer bestimmten Zeit, die der Entstehung eines grossen Theiles unserer Texte vorangeht, erfuhr die Einschal¬tung eine feste Regelung. Dieselbe knüpft sich an eine genapere Beobachtung der Sonnenwenden, und es liegt die Vermuthung nicht allzuweit ab, das Aufkommen dieser Regelung mit dem durch die Kenntniss der Nakshatra, der fünf Planeten erweiter¬ten astronomischen Wissen in Berührung zu setzen. Man gab die Rechnung nach Mondjahren und Mondmonaten auf: 12 Monate, von denen jeder 30 Tage von Sonnenaufgang bis wieder Sonnen¬aufgang (ahoratre) hatte, machten ein Jahr von 360 bürgerlichen (savana) Tagen. Fünf solcher Jahre (1800 Tage) bildeten eine Periode, an deren Ende ein Monat von ebenfalls 30 Tagen hin¬zugefügt wurde. Diese Rechnung ist der fünfjährige Cyklus


(parlcaka yuga Pancav. Br. 17, 13, 17) nach Nycthemera. Deutlich wird er in vedischen Texten genannt. Rv. 3, 55, 18: »Des Helden Rossebesitz, o Stammesgenossen. wollen wir jetzt preisen ; die Götter kennen denselben : Sechsfach verbunden fahren je fünf; gross ist allein der Götter Asurawürde«. Die sechsfach verbundenen — natürlich zu je 2 — sind die 12 Mo¬nate des Jahres; je 5 solcher sechsfach verbundenen (d. h. Jahre) machen eine Periode aus; unter dem reichen Rossebesitz des Helden sind die 60 (+ 1) Monate der fünfjährigen Periode zu verstehen, sie sind ja angeschirrt (yuj) und fahren (vah). In dem grossen allegorischen Liede Rv. 1, 164, das, wie wir oben sahen, eine Reihe mehr oder minder lose zusammenhängender Räthsel¬sprüche enthält, von denen eine ganze Anzahl sich auf den Sonnenlauf, die Eintheilung des Jahres in Jahreszeiten, Monate, Tage, Nächte bezieht, heisst es Vers 14: »Mit dem Radkranz versehen (sanenzi) dreht sich das unalternde Rad ; an der aus¬gestreckten (Deichsel) ziehen 10 angeschirrte Zugthiere : des Snrya Auge wandert im Raum (von Raum umgeben), in diesem beruhen alle Wesen«. Unter den »10 angeschirrten Zugthieren« (daça yukt04) kann man kaum etwas anderes suchen, als die 10 Halbjahre (ayana) des fünfjährigen Yuga ; vgl. Weber Jenaer Litter. 1876, Art. 550. In demselben Liede kommen noch weiterhin hierhergehörige Sprüche vor: »Das zwölfspeichige Rad der ewi¬gen Ordnung rollt dahin um den Himmel, nicht nutzt es sich ab: an ihm befinden sich, o Agni, die 720 gepaarten Kinder« (Vers 11) ; »die zwölf Felgen, das eine Rad, die drei Naben, wer erkennt das (den Sinn)? an ihm sind gleichsam zusammen 360 beweg¬liche, schwankende Speichen« (Vers 48). Allegorisch sind die 12 Monate, 360 Tage und 3 Jahreszeiten gemeint. Auch Rv. 10, 189, 3 gehört her: »Die dreissig Häuser füllt sein (S6rya's) Glanz«. Av. 4, 35, 4 heisst der Monat 30speichig (trimçadara), das Jahr 12 speichig (dvadaçara). Nach Av. 13, 3, 8 besteht der dreissig¬gliedrige (iririzçadanga), dreizehnte Monat aus Nycthemera (aho¬ratrairvimita); demnach werden auch die andern Monate nach Sävanatagen berechnet worden sein, vgl. noch Rv. 10, 190, 2. Av. 10, 7, 6 ; 8, 23. V.S. 23, 41. Der Umfang des fünfjährigen Cyklus liess sich auch noch anders als nach dem bürgerlichen Zeitmasse ausmessen. Behielt man die synodischen Mondmonate zu je 291/2 bürgerlichen Tagen bei — das Jahr hatte also deren 354 — so waren, sei es inner¬halb der Periode, sei es am Ende derselben, 2 Monate von je 30 Slvanatagen einzuschalten (5 x 354 = 1770 + 60 = 1830). Von periodischen Mondmonaten (nalashatra, siderische Monate) zu 271/2 Nycthemera hatte der fünfjährige Cyklus 67; Sonnen¬monate endlich zu 301/2 Savanatagen gingen 60 auf das Yuga, ein Schaltmonat kommt nicht vor. Dass nach einem der drei letzt¬erwähnten Zeitmasse der fünfjährige Cyklus in vedischer Zeit berechnet wurde, dafür liegen in den Sarirhitä keine Andeutungen vor, man müsste denn in Av. 6, 128, 3:

Ahoratrabhyamnakshatrebhyah saryacandramasabhyar». Bhadrahamasmabhyatiz rajam chakadhûma tvatn krdhi

eine Anspielung sehen auf die bürgerlichen, siderischen, solaren und synodischen Monate.

In Betreff der Kenntniss des fünfjährigen Yuga ist Weber ZDMG. 15, 132 ff. anderer Ansicht: »Selbst das fünfjährige Yuga ist noch nicht einmal mit völliger Sicherheit im Veda nachzu¬weisen. Wie oft auch das Jahr mit seinen 360 Tagen behufs allegorischer Zwecke in den Brähmana genannt wird, nirgendwo erscheint eine feste, über dasselbe hinaus gehende Zeit¬eintheilung. Die in den Sarûhlta des Yajus zusammenstehenden Namen : samvatsara, parivatsara, idavatsara, anuvatsara, idvatsara, welche als Namen der fünf Jahre des Yuga gefasst werden, er¬scheinen hie und da auch zu sechs (mit Hinzufügung von iduvat¬sara oder vatsara), oder zu vier, zu drei, selbst zu zwei, so dass ihre chronologische Bedeutung jedenfalls eine schwankende ist«. Hiergegen ist zu bemerken, dass in allen Fallen, w o dem Jahr 360 Tage, dem Monat allgemein 30 Tage zuge¬schrieben werden, eine »feste über das Jahr hinaus gehende Zeiteintheilung« zu Grunde liegt, die nicht genannt, aber selbstverständlich ist. Denn blos um ein Jahr von 360 Tagen zu haben, wird man ganz gewiss nicht die höchst bequemen natürlichen Monate zu 29/30 Tagen geopfert haben; ein Vortheil erwuchs ja dadurch nicht, wohl aber Unbe¬quemlichkeiten mancher Art. Ein Gewinn wurde jedoch erreicht, wenn man dabei auf irgend eine Weise die Differenz zwischen Mondjahren und Sonnenjahren beseitigen konnte. Dies geschieht bei einem Jahr von 360 Nycthemera am einfachsten durch den fünfjährigen Cyklue. Da nun derselbe in einigen oben angeführten Stellen sicher vorliegt, so ist es am natürlichsten, denselben überall zu Grunde liegend zu denken, wo von 360 Tagen des Jahres die Rede ist.

Selbstverständlich wurde diese Rechnung nicht bei allen vedischen Stämmen und noch weniger gleichzeitig bei ihnen ein¬geführt — die Verhältnisse lagen eben anders als in Athen und Rom —; viele mögen auf andere Weise, die natürlichen Monate beibehaltend, den Unterschied zu heben gesucht haben. Annähernd erreichte man dies schon, wenn man ein Jahr ums andere einen 29 oder 30tägigen Schaltmonat einschob, wodurch man alle 2 Jahre 7 Tage zu viel rechnete. * Noch näher kam man der Wirklichkeit, wenn man nach drei Mondjahren einen Schaltmonat hinzufügte. Solche und ähnliche Cyklen von Mondjahre n werden wir anzunehmen haben, wo die Jahre zu zwei (Av. 8, 8, 23 s»ivatsara, parivatsara), drei (Av. 6, 55, 3. T.S. 5, 7, 2, 4 idr-, pari-, satiwafsara) oder vier neben einander erscheinen. Ale ein¬zelne Jahre des fünfjährigen Yuga werden aufgezählt V. S. 27, 45 Satitvatsara, Parivatsara, Idävatsara, Idvatsara, Vatsara; ebenso 30, 14-15. T.S. 5, 5, 7, 3-4. Auch bei demselben Yuga blieb ein Ueberschuss von beinahe 4 Tagen über das wahre Sonnen¬jahr; ihn zu beseitigen, reichten die astronomischen Kenntnisse. wie sie in unsern Texten vorliegen, nicht aus.

Nach Rv. 3, 55, 18 fahren die Monate sechsfach verbunden: Av. 10, 8, 5 ruft ein Sanger: »Dies erkenne, o Savitar : sechs sind Zwillinge, einer ist einzeln geboren; die Verwandtschaft suchen sie zu erhalten mit dem, der unter ihnen allein einzeln geboren ist«. Dies wird nun auch durch ihre Namen bestätigt, die in den Yajustexten öfters vorkommen: Madhu und Madhava, Çukra und Çuci, Nabhas und Nabhasya, Ish und 17rj, Sahas und Sahasya, Tapas und Tapasya (V. S. 7, 30; 22, 31). Die beiden ersten Bind Frühlingsmonate (V. S. 13, 25), die beiden folgenden Sommermonate (V. S. 14, 6), Nabhas und Nabhasya gehören der Regenzeit an (V. S. 14, 15), Ish und tlrj dem Herbst (V. S. 14, 16).

Sahas und Sahasya dem Winter (V. S. 14, 27), die beiden letzten endlich dem ersten Frühling, der kühlen Zeit (V. S. 15, 57); ebenso Av. 15, 4. Der dreizehnte Monat (Av. 13, 3, 8) oder Schaltmonat heisst V. S. 7, 30; 22, 31 Ariihaspati, Kath 35, 10 und 28, 14 Malimluca ; vgl. Sayana zu Çatap. Br. 10, 2, 6, t.

Die Vorstellung von den berüchtigten 4 Weltaltern, die nach Lassen Alterth. 1, 987 sich auf die Verehrung der 4 Phasen des Mondes in der vedischen Zeit gründen soll, ist der vedischen Periode fremd. Die Anfänge scheinen in das Ende derselben zu reichen: »Wir schaffen dir 100, 10 000, (? ayuta) Jahre, 2, 3, 4 Yuga« Av. 8, 2, 21. Hier hat Yuga zwar noch nicht den be¬stimmten Umfang, der später den vier Weltperioden zugelegt wird, begreift jedoch, da zwei Yuga mehr als 10 000 Jahre sein müssen, schon eine stattliche Reihe von Jahren; vgl. auch Rv. 8, 101 14 = Av. 10, 8, 3. V. S. 30, 18 bezeichnen akshardjan, krta, treta, dvapara, askanda deutlich 5 Würfel; ebenso sind T.S. 4, 3, 3, 1-2 aya, d. h. Wilde] gemeint :* siehe noch Muir ST. 1, 43 ff. Weber ZDMO. 15, 132. Schon in grauer Vorzeit, ehe die Indogermanen gelernt hatten, die Sonnenbahn beobachten und durch Theilung derselben vermittels einzelner Mondumläufe sich ein Jahr mit 12 Unter¬abtheilungen zu schaffen, hatte man eine Zeiteintheilung. Die¬selbe gründete sich auf die klimatischen Verhältnisse der Ursitze des indogermanischen Volkes. Nach denselben hatte man 2 Halb¬jahre gleichsam: Winter (hima) und Sommer (sama), kalte und warme Jahreszeit. In jener Periode rechnete man nicht nach Jahren sondern nach Wintern und Sommern ; ersteres häufiger, da, wie wir sahen, damals auch die Nächte zählten statt der Tage. Die Spuren der alten Rechnung haben sich noch bei den meisten indogermanischen Völkern erhalten : Nach Halbjahren (misseri), speciell Wintern, rechnet skandinavisches Alterthum, tvalibvintrus »zwölfwintrig« übersetzt bei Ulfilas gr. ii-côv chMexa; x,µaeoç, xgµasea bezeichnet bei Dorern die junge, einjährige Ziege ; lat. binto-, trinso-, aus *bi-hin .,

Gleiches treffen wir auch in den vedischen Liedern. Die Ausdrücke hima und sama haben nur noch die allgemeine Be¬deutung »Jahr« und kommen fast nur in stehenden Redensarten vor. Ihr ursprünglicher Sinn lässt sich nur aus der Etymologie oder den verwandten Sprachen erschliessen: himli — altb.:inna Winter, gr. xiuo- in dtfaxspoç; vgl. lit. iëmd, altalov.:ima Winter, sanskrit heman. Samä bedeutet an einigen Stellen des Athar¬vaveda noch Halbjahr, im Altb. ham nur Sommer; ebenso ist altkymr. ham, neukym., korn., arem. haf (Zeus Gramm. Celt.2 821) aestas, und ahd. sumar verhält sich ähnlich zu samt wie skrt. vatsara zu gr. ,Ftaoç.

Frühling, das Uebergangsstadium vom Winter zum Sommer, und Herbst, Ausgang des Sommers, galten damals noch nicht als besondere Jahreszeiten. Der Sänger von Av. 8, 9, 17 kennt sechs kalte und sechs warme Monate. Als man im weiteren Verlauf dem Ackerbau eine grössere Aufmerksamkeit zuwendete, setzte man noch eine dritte Jahreszeit hinzu, die Zeit der Ernte und Reife çarad; dies geschah während der Vereinigung mit den éranischen Stämmen, wie die Uebereinstimmung von altb. çaredha mit altind. çarad zeigt. * Auch çarad wird sowohl bei den in¬dischen als bei éranischen Stämmen zur Berechnung verwendet; ja in vedischer Periode trat, da der Ackerbau eine immer wich¬tigere Stelle erlangte, die Zeit der Reife und Ernte der Saaten so in den Vordergrund, dass der Wunsch, hundert Herbste zu leben, häufiger im Veda ist, als der hundert Winter. Am spätesten ge¬langte der Frühling dazu, als eigene Jahreszeit anerkannt zu werden. Sein Name vasanta** hängt zwar aufs Engste mit der

  • Umgekehrt fügten die europ. Völker eher den »Frühlinge hiuzu; so sind la() (flaae), 9(eoç, %*+,uaiv bei Griechen zuerst vorhanden, Odyssee 11, 192 kommt erst die rt9advia d,rwe7 zum 3 oç hinzu; von den festlân¬dischen Germanen berichtet Tacitus: •Items et ver et aestas inteliectum ac vocabulum habent, auctumni perinde nomen ac bona ignoranture Germ. 26; wegen Uebereinstimmung von altn. ear mit lat. ver, gr. tap dürfen wir gleiches auch von den Skandinaviern behaupten. In der Benennung des Herbstes gehen alle europ. Sprachen aus einander.

europäischen Bezeichnung zusammen (ftdap, ver, va r), er wird aber im Rigveda nur zweimal erwähnt, und zwar in Liedern des 10. Mançlala's (Rv. 10, 90, 6 ; 161, 4), war also von geringer Wichtigkeit. Die Dreitheilung des Jahres - Frühling-Vorsommer, Hoch¬sommer mit Regenperiode, Herbst als Erntezeit mit anschliessender Kälte - war demnach in vedischer Periode die herrschende; sie gründet sich auf die klimatischen Verhältnisse der damaligen Sitze des Volkes im Penjab, wo man noch heutigen Tages nur drei Jahreszeiten zählt: »Chaumâsa or Barkha, constitutes the four months of the rainy season. The rest of the year is comprised in Syäla, Jära or Mohära, the cold season and Dhripkäl or Kharsä the hot season«. Elliot Memoirs 2, 47. Einen wichtigen Beweis für die Eintheilung des Jahres in drei Jahreszeiten bei dem vedischen Volke können wir noch aus späterer Periode gewinnen.

Zu einer Zeit, als die indischen Arier längst ins eigentliche Hindostan vorgerückt waren und den dort vorgefundenen klima tischen Verhältnissen entsprechend 5 oder 6, ja 7 Jahreszeiten zählten, feierte man - wie bis auf den heutigen Tag - noch die caturmasya, d. h. Tertialopfer, am Beginn der oben genannten drei Jahreszeiten; vgl. Weber Nakshatra 2, 329 ff. Ist auch die Begehung dieser Opfer, wie sie Weber Ind. Stud. 9, 337 nach dem Çrautas. des weissen Yajus dargestellt hat, in ihren Einzelheiten jüngere Entwickelung, die Feier als solche ist gewiss uralt, und die Zeit, auf die sie fiel, aus einer Periode über¬kommen, in welcher das Volk noch andere Wohnsitze inne hatte. Als die vedischen Stämme aus dem Penjab nach Südosten vordrangen, wurden sie in veränderte klimatische Verhältnisse versetzt. Am häufigsten werden nun fünf Jahreszeiten (rtavah) gezählt: Frühling (vasanta), heisse Zeit (grishma), Regenzeit (varshah), Herbst (çarad), Winter (hemanta oder hemantaçiçirau) V. S. 10, 10 ff. T.S. 1, 6, 2, 3 ; 4, 3, 3, 1. 2 ; 5, 3, 1, 2 ; 5, 6, 10, 1; 5, 7, 2, 4 ; 5, 1, 10, 3; 5, 4, 12, 2; 7, 1, 18, 1-2. Av. 8, 2, 22 ; 8, 9, 15 ; 13, 1, 18. Daneben nahm man auch 6 Jahreszeiten an, offenbar um auf jede derselben 2 Monate zu bekommen; man schob zwischen Winter (hemanta) und eigentlichen Frühling einen Vorfrühling ein, die kühle Zeit (çirira) von Mitte Januar bis Mitte März; so Av. 6, 55, 2; 12, 1, 36; cf. 9, 5, 31-36; 15, 4. V. S. 13, 25; 14, 6. 16. 27; 15, 56; 21, 23 ff. T.8. 5, 1. 5, 2; 5, 1, 7, 3; 5, 2, 6, 1; 5, 1, 10, 5; 5, 1, 9, 1.

Aus demselben Bestreben, aus dem die Annahme einer sechsten Jahreszeit hervorging, schuf man ihrer sieben, nämlich in Schaltjahren. In ihnen wurde der 13. Monat als 7. Jahreszeit gerechnet (vergleiche Säyana zu Rv. 2, 40, 3) Av. 6, 61, 2; 8, 9, 18. Ein bestimmter Name für diese siebente Jahreszeit be¬gegnet nicht, wie auch natürlich ist, da dieselbe nicht mehr in klimatischen Verhältnissen ihren Grund hat, sondern in syste¬matisierendem Bestreben. Eine Zusammenfassung mehrerer Jahreszeiten hiess artava (Semester ?) : Jahreszeiten, Semester. Jahre Av. 3, 10, 9 ; Halbmonate, Monate, Jahreszeiten, Artava Av. 11, 7, 20; s. Wtb. a. v.

Auf 3, 5, 6, 7 Jahreszeiten ist eine Reihe der allegorischen Ausdrücke im Dirghatamaslied Rv. 1, 164 zu deuten: Drei Naben hat das den Sonnenlauf personificierende Rad Rv. 1, 164, 2: nach Yäska Nir. 4, 27 sind es G+rishma, Varsha, Hemanta. »In dem fünfspeichigen dahin rollenden bestehen alle Welten« RT. 1, 164, 13. Die Sonne heisst der Fürst, der sieben Söhne hat (Vers 1), sieben schirren daher auch der Sonne einräderigen Wagen an, ein Ross, das sieben Erscheinungsformen hat, fährt; sieben befinden sich auf ihm, dem siebenrädrigen Wagen, sieben Rosse fahren. Auf 6 Jahreszeiten bezieht Roth im Wtb. s. indu Rv. 1, 23, 15: »Er leitet mir mit den (wechselnden) Monden die sechs Verbundenen (die Jahreszeiten) zurück, wie mit den Rindern der Pflüger des Fruchtfeldes (zurück lenkt)«. Anders Benfey Or. und Ocoid. 1, 32 und Ludwig Rigveda 1 S. 269.


(Aus dem Buch "Altindisches Leben: Die Cultur der vedischen Arier", nach den Samhita dargestellt von Heinrich Zimmer, Berlin 1879)

Siehe auch

Literatur

Seminare

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/stichwortsuche/dfu/0/dtu/0/ex/0/fu/Indische%2BSchriften/ro/s/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS